Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Widerruf von Waffenbesitzkarten; Verurteilung wegen Geldwäsche zu 90 Tagessätzen;...

Widerruf von Waffenbesitzkarten; Verurteilung wegen Geldwäsche zu 90 Tagessätzen; keine ausnahmsweise Überprüfung der strafgerichtlichen Feststellungen; einfacher Regelstreitwert bei Widerruf mehrerer Waffenbesitzkarten aufgrund einheitlichen Lebenssachverhalts


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 30.06.2010
Aktenzeichen OVG 11 S 5.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 45 Abs 2 S 1 WaffG, § 4 Abs 1 Nr 2 WaffG, § 5 Abs 2 Nr 1a WaffG

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird - insoweit unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Dezember 2008 - für beide Rechtzüge auf je 7.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Durch Bescheid vom 12. Juni 2008 widerrief der Antragsgegner drei dem Antragsteller erteilte Waffenbesitzkarten und traf die in § 46 Abs. 1 und 2 WaffG vorgesehenen Begleitverfügungen. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruchs anzuordnen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg, denn die gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu berücksichtigende Beschwerdebegründung rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine waffenrechtliche Erlaubnis voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn der Antragsteller wurde durch seit dem 25. September 2007 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom selben Tage wegen Geldwäsche zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt (§§ 261 Abs. 1 Nr. 4a, Abs. 2, Abs. 1 i.V.m. § 263 Abs. 1, § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB). Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch.

1. Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, zu Unrecht verurteilt worden zu sein, weil er die ihm angelastete Tat nicht vorsätzlich begangen habe. Denn das Gesetz stellt für die in der Regel anzunehmende Unzuverlässigkeit in § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG lediglich auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Straftaten ab. Damit will das Gesetz sichern, dass die behördliche Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auf tragfähiger Grundlage erfolgt. Das gerichtliche Strafverfahren, in dem der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und im Zweifel zugunsten des Betroffenen zu entscheiden ist, bietet dafür eine besondere Gewähr. Daraus folgt, dass sich die Behörde auch auf die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts stützen darf. Sie darf grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1a WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. April 1992 - 1 B 61/92 -, GewArch 1992, 314; Beschluss vom 21. Juli 2008 - 3 B 12/08 -, RdL 2008, 268, zit. nach Juris).

Einen derartigen Sonderfall hat der Antragsteller mit der Beschwerdebegründung nicht dargelegt. Er macht geltend, dass die strafgerichtliche Hauptverhandlung nur 15 Minuten gedauert und eine Beweisaufnahme nicht stattgefunden habe, weshalb die "hohe Richtigkeitsvermutung", die strafgerichtliche Urteile im Allgemeinen beanspruchen würden, hier nicht unterstellt werden könne. Hiermit kann der Antragsteller schon deshalb nicht durchdringen, weil er die von ihm geltend gemachten Umstände selbst zu vertreten hat. Denn wie er vorträgt, hat er die Verurteilung zu 90 Tagessätzen akzeptiert, weil ihm sein Verteidiger erklärt habe, dass er damit keine Eintragung im Führungszeugnis zu besorgen habe, und dass für den Fall der Fortführung des Strafverfahrens weitere Termine unter Vernehmung von Zeugen durchgeführt werden müssten, was für den Antragsteller mit erheblichem Zeitaufwand und auch mit erheblichen Anwaltskosten verbunden sei. Er habe daher aus rein wirtschaftlichen Erwägungen - auf den anwaltlichen Rat hin - die Verfahrensweise geschehen lassen. Diese Umstände sprechen nicht gegen, sondern im Gegenteil für die vom Amtsgericht Oranienburg unter Bezugnahme auf die Gründe des Strafbefehls vom 16. Mai 2007 festgestellte Straftat des Antragstellers. Denn hätte der Antragsteller, wie er behauptet, nicht gewusst, dass der von ihm abgehobene Geldbetrag aus einer rechtswidrigen Vortat im Sinne von § 261 StGB stammte, hätte er nicht wegen vorsätzlicher Geldwäsche oder - bei leichtfertiger Unkenntnis - allenfalls unter Zugrundelegung des geringeren Strafrahmens des § 261 Abs. 5 StGB verurteilt werden können. Folglich hätte für ihn kein Grund bestanden, einer gegenüber dem Strafbefehl lediglich um fünf Tagessätze abgesenkten Geldstrafe zuzustimmen. Das gilt umso mehr, als der Antragsteller meint, zwei Zeugen für sich in Anspruch nehmen zu können, auf deren eidesstattliche Versicherungen er sich nunmehr beruft. Soweit der Antragsteller weiterhin geltend macht, er habe sich in einem Irrtum befunden und hätte das Urteil niemals akzeptiert, wenn er gewusst hätte, dass sich bereits eine Verurteilung zu 60 Tagessätzen Geldstrafe auf seine waffenrechtlichen Erlaubnisse nachteilig auswirken könne, bezieht sich dies auf das Strafmaß, rechtfertigt aber ebenfalls nicht die Annahme, die seiner Verurteilung zu Grunde liegenden tatsächlichen strafgerichtlichen Feststellungen seien offensichtlich unzutreffend.

2. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt ferner nicht die Annahme, die gesetzliche Regelvermutung der Unzuverlässigkeit sei im Falle des Antragstellers ausnahmsweise entkräftet. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 21. Juli 2008 - 3 B 12/08 -, RdL 2008, 268, zit. nach Juris) kann die Vermutung der Unzuverlässigkeit nur bei Vorliegen solcher Umstände als ausgeräumt erachtet werden, die einen Ausnahmefall kennzeichnen. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung des Betroffenen ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzes in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der für den Waffenbesitz vorausgesetzten Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen nicht gerechtfertigt sind. Derartige Umstände liegen gemessen am Beschwerdevorbringen nicht vor. Dass der Antragsteller in geordneten Verhältnissen lebt, seit über einem Jahrzehnt im Umgang mit Waffen erfahren ist, sich nach seinem Vortrag (sonst) nichts habe zu Schulden kommen lassen, und sich auch nicht regelmäßig in einem Milieu bewege, in dem üblicherweise Straftaten begangen werden, begründet keinen Ausnahmefall, vielmehr sieht der Gesetzgeber ansonsten beanstandungsfreies Verhalten als Regelfall an.

3. Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, ihm sei durch den Antragsgegner nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden, kann dies nicht bestätigt werden. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 gem. § 28 VwVfG Gelegenheit gegeben, sich zum Sachverhalt zu äußern, wovon dieser mit Schriftsatz vom 27. März 2008 ausgiebig Gebrauch gemacht hat. Die am Ende dieses Schriftsatzes erbetene weitere Stellungnahmemöglichkeit, sollte der Antragsgegner "wider Erwarten Bedenken haben, die waffenrechtlichen Erlaubnisse... unangetastet zu lassen", war nach alledem nicht veranlasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei lege der Senat ebenso wie das Verwaltungsgericht den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) zugrunde, setzt bei dem Widerruf mehrerer Waffenbesitzkarten aufgrund eines einheitlichen Lebenssachverhalts nach ständiger Rechtsprechung jedoch nur einmal den Regelstreitwert an (vgl. Senatsbeschluss vom 27. April 2006 - OVG 11 N 1.06 -, Juris Rz. 8). Hieraus ergibt sich für ein entsprechendes Hauptsacheverfahren ein Streitwert von 5000 € zuzüglich 12 mal 750 €, also insgesamt 14.000 €, der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren war. Dementsprechend hat der Senat die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG geändert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).