Gericht | OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 28.10.2013 | |
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Aktenzeichen | 3 WF 113/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 114 ZPO |
Die isolierte Geltendmachung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich kann mutwillig sein, wenn 20 Tage zuvor im Scheidungstermin der Antrag zur Folgesache über den Zugewinnausgleich, für die Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden war, zurückgenommen worden ist.
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
I.
Unter dem 27.5.2010 beantragte der Antragsgegner, die am 10.9.1996 geschlossene Ehe der Beteiligten zu scheiden. Im Scheidungsverbundverfahren machte die Antragstellerin einen Anspruch auf Zugewinnausgleich als Folgesache mit einem Stufenantrag geltend. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 26.9.2012 wurde ihr Verfahrenskostenhilfe auch für die Folgesache über den Zugewinnausgleich bewilligt. In der mündlichen Verhandlung vom 2.11.2012 erklärten die Beteiligten die Auskunftsstufe hinsichtlich der Folgesache über den Zugewinnausgleich für erledigt. Eine Bezifferung des Anspruchs durch die Antragstellerin erfolgte nicht. Vielmehr nahm sie in der mündlichen Verhandlung vom 20.6.2013 ihren Antrag hinsichtlich der Folgesache über den Zugewinnausgleich zurück. Am selben Tag wurde durch Beschluss des Amtsgerichts die Ehe der Beteiligten geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt.
Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 10.7.2013 beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 36.217,03 € zu verpflichten. Zugleich hat sie Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe versagt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die erneute Geltendmachung des Zugewinnausgleichs in einem isolierten Verfahren sei mutwillig. Im Übrigen sei der Vortrag zur Begründung des Antrags auf Zugewinnausgleich unschlüssig und unsubstanziiert.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie macht geltend, der Antrag sei nicht mutwillig, da eine Bezifferung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich im Ehescheidungsverfahren nicht möglich gewesen sei. Soweit das Amtsgericht von einer nur teilweisen Erfolgsaussicht ausgegangen sei, habe die Pflicht bestanden, zumindest teilweise – jedenfalls unter Beschränkung des Gegenstandswerts – Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
II.
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe versagt.
1.
Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig ist.
Mutwillen liegt vor, wenn ein Beteiligter, der keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, vgl. § 114 Abs. 2 ZPO in der ab 1.1.2014 geltenden Fassung (siehe BGBl. 2013 I, Seite 3533). Ein nicht bedürftiger Beteiligter hätte im vorliegenden Fall bei verständiger Würdigung aller Umstände von der separaten Rechtsverfolgung als isolierte Familienstreitsache abgesehen und stattdessen die Folgesache über den Zugewinnausgleich im Scheidungsverbund weiterverfolgt.
Allerdings ist die Geltendmachung einer zivilprozessualen Scheidungsfolgensache, also einer Familienstreitsache, außerhalb des Verbundverfahrens grundsätzlich nicht mutwillig im Sinne des § 114 ZPO (OLG Brandenburg, 1. Familiensenat, FamRZ 2007, 911; Verfahrenshandbuch Familiensachen –FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 190). Zwar entstehen aufgrund der Streitwertaddition und des degressiven Anstiegs der Gebühren im Verbundverfahren insgesamt geringere Kosten als bei isolierter Geltendmachung einer Folgesache. Für die Beurteilung der Mutwilligkeit kommt es aber nicht auf die insgesamt anfallenden Kosten, sondern darauf an, ob ein nicht bedürftiger Beteiligter aus Kostengesichtspunkten von einer isolierten Geltendmachung der Folgesache in der Regel absehen würde. Ein kostenbewusster vermögender Beteiligter wäre aber in erster Linie auf die allein ihn treffenden Kosten bedacht. Insoweit ist von Bedeutung, dass der obsiegende Beteiligte in der isoliert geltend gemachten Folgesache einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Gegner gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 91 Abs. 1 ZPO erlangen könnte, während die Kosten der Folgesachen im Regelfall gegeneinander aufgehoben würden, § 150 Abs. 1 FamFG (vgl. BGH, FamRZ 2005, 786, 787).
Wenn danach die Geltendmachung einer Scheidungsfolgensache außerhalb des Verbundverfahrens grundsätzlich nicht mutwillig ist, bedeutet dies nicht, dass bei isolierter Geltendmachung niemals Mutwillen angenommen werden könnte. Vielmehr ist gerade im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin mutwillig ist.
Zu Recht hat das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Zugewinnausgleich auch im Rahmen der bereits anhängig gewesenen Folgesache im Scheidungsverbund, für die sie Verfahrenskostenhilfe erhalten hatte, hätte geltend machen können. Die Behauptung, ihr sei dort eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht möglich gewesen, ist schon vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin nur 20 Tage, nachdem sie den Antrag in der Folgesache zurückgenommen hatte, das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und eine Bezifferung vorgenommen hat.
Ebenfalls zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass die Antragstellerin mit ihrem Vortrag, es habe zur Bezifferung noch ein Privatgutachten eingeholt werden müssen, nicht durchdringen kann. Ein solches Gutachten hat sie bis heute nicht vorgelegt. Die Bezifferung in der Antragschrift vom 10.7.2013 erfolgte auf der Grundlage der vom Antragsgegner unter dem 11.10.2012 erteilten Auskunft. Diese Auskunft aber hätte die Antragstellerin bereits im Scheidungsverbundverfahren zur Bezifferung nutzen können.
2.
Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach alledem mutwillig ist, bedarf es keiner abschließenden Prüfung der Erfolgsaussicht. Nur vorsorglich wird auf Folgendes hingewiesen:
Zutreffend ist der Ausgangspunkt der von Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde angestellten Überlegungen, dass bei eingeschränkter Erfolgsaussicht die teilweise Gewährung von Verfahrenskostenhilfe im Umfang des erfolgversprechenden Begehrens geboten ist (vgl. FamVerf/Gutjahr, § 1 Rn. 61). Dem Amtsgericht ist aber darin beizupflichten, dass die Ausführungen der Antragstellerin nicht in vollem Umfang nachvollziehbar sind. Soweit das Amtsgericht darauf hinweist, nach den eigenen Angaben der Antragstellerin belaufe sich das Endvermögen des Antragsgegners auf 125.000 € und nicht, wie von ihr angegeben, auf 75.640 €, stände dies, da es sich um eine Abweichung zugunsten des Antragsgegners handelte, der Annahme einer (teilweisen) Erfolgsaussicht nicht entgegen. Wenn allerdings das Grundvermögen mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erworben worden ist, so dass es – worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat – gemäß § 1374 Abs. 2 BGB (auch) dem Anfangsvermögen zuzurechnen ist, könnte auch bei summarischer Betrachtung ein im Zusammenhang mit diesem Vermögenswert erzielter Zugewinn des Antragsgegners nicht angenommen werden. Es verbliebe bei dem behaupteten Sparvermögen von 25.640,75 €, das nach Abzug des Anfangsvermögens von 25,95 € zu einem Zugewinn des Antragsgegners von 25.614,70 € führen würde. Abzüglich des vorgetragenen Zugewinns der Antragstellerin von 3.000 € errechneten sich 22.614,70 €. Die Hälfte hiervon, das sind 11.307,35 €, wäre der Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.