Gericht | FG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 01.07.2014 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 6 K 6085/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Bescheide über Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag sowie über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals für 1995, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2012, zuletzt geändert am 26. Juni 2012, werden dahingehend geändert, dass die Sachausschüttung (verdeckte Gewinnausschüttung) von 17.186.000 DM auf 6.000.000 DM herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 12 % der Klägerin und zu 88 % dem Beklagten auferlegt.
Die Beteiligten streiten über die Steuerneutralität eines Umwandlungsvorganges auf den 01. Januar 1995.
Die Klägerin wurde am 04. Juli 1990 im Wege der Reorganisation des unselbständigen Betriebsteils V… des VEB B… durch die Treuhandanstalt als „C... GmbH“ gegründet. Mit Kaufvertrag vom 12. Dezember 1990 erwarben insgesamt zehn ehemalige Betriebsleiter und leitende Angestellte sowie der Bevollmächtigte als Treuhänder für weitere Mitarbeiter die Anteile an der Klägerin von der Treuhandanstalt. Die Klägerin firmierte danach als „D... GmbH“. In der Folge veräußerten einige Gesellschafter ihre Anteile an die übrigen Gesellschafter bzw. an die Klägerin.
Die Klägerin erzielte in den Jahren 1992 bis 1994 folgende Umsatzerlöse und handelsrechtlichen Jahresüberschüsse:
Jahr | Umsatz | Jahresüberschuss | ||
1992 | 63.316.320,76 DM | 679.306,89 DM | ||
1993 | 34.304.875,71 DM | 241.272,62 DM | ||
1994 | 55.852.964,22 DM | 1.835.634,60 DM |
Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 29. Juni 1994 eigene Anteile zum Nennwert von 75.000 DM zum Gesamtkaufpreis in Höhe von 3.600.000 DM von ihren Gesellschaftern. Weitere Anteile zum Nennwert von 63.000 DM erwarb die Klägerin mit Vertrag vom 10. August 1994 zum Gesamtkaufpreis in Höhe von 5.040.000 DM.
Die Klägerin stellte zum 31. Dezember 1994 folgende (vereinfachte) Handelsbilanz auf:
Aktiva | in TDM | Passiva | in TDM | |||
Grundstücke/Bauten | 2.611 | Stammkapital | 300 | |||
Anlagen/Maschinen | 1.841 | Gewinnrücklagen | 4.357 | |||
Sonstige Anlagen | … | Rücklage eigene Anteile | … | |||
Finanzanlagen | … | sonstiges Eigenkapital | … | |||
Vorräte | … | Rückstellungen | … | |||
In Ausführung befindliche Aufträge | … | Darlehen | … | |||
Forderungen | … | erhaltene Anzahlungen | … | |||
eigene Anteile | … | sonstige Verbindlichkeiten | … | |||
Bank- und Kassenbestände | … | |||||
Rechnungsabgrenzung | … | |||||
Verluste aus Rückstellungsbildung |
| |||||
Bilanzsumme | 56.239 | Bilanzsumme | 56.239 |
Im Eigentum der Klägerin standen betriebliche Grundstücke in L..., M..., N..., O..., P... sowie in Q....
Durch Abspaltungsvertrag vom 21. August 1995 wurden die „E... GmbH“ und die „F... GmbH“ neu gegründet. Ausweislich des Spaltungsvertrages waren zu diesem Zeitpunkt die Herren G..., H..., I..., J..., K... und L... mit einem Anteil von jeweils 28.500 DM (insgesamt 171.000 DM) an der Klägerin beteiligt. Anteile zum Nennwert von weiteren 129.000 DM hielt die Klägerin als eigene Anteile.
Die Klägerin firmierte nach der Abspaltung als „D... GmbH“. Das Stammkapital der E... GmbH wurde auf 1.000.000 DM und das Stammkapital der F... GmbH wurde auf 190.000 DM festgelegt. Gesellschafter der neu entstandenen Rechtsträger wurden ebenfalls zu gleichen Teilen die damaligen Gesellschafter der Klägerin mit Ausnahme der Klägerin selbst. Als Spaltungsstichtag wurde der 01. Januar 1995 bestimmt. Die Klägerin erstellte eine Übertragungsbilanz auf den 01. Januar 1995 sowie Eröffnungsbilanzen für die neu entstandenen Rechtsträger auf den 01. Januar 1995. Die Eintragungen in das Handelsregister des Amtsgerichts … erfolgten am …. Januar 1996.
Unter I. des Spaltungsvertrags vom 21. August 1995 wurde geregelt, dass die Gesellschaft über Immobilienbesitz verfüge und es beabsichtigt sei, die „Teilbetriebe“ S und A auf neu zu errichtende Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu übertragen. Ferner wurde geregelt, dass die „Teilbetriebe“ mit den Aktiven und den Passiven, wie aus Ziffer Nr. 9 Buchstaben a und b des Spaltungsplanes ersichtlich, übertragen werden sollten. Die zu übertragenden Aktiva und Passiva ergaben sich aus den als Anlagen beigefügten Bilanzen der „Teilbetriebe“. Ferner wurde geregelt, dass „sämtliche nicht bilanzierten materiellen und insbesondere immateriellen Vermögensgegenstände sowie sämtliche nicht bilanzierten Haftungsverhältnisse“, die dem jeweiligen „Teilbetrieb“ zuzuordnen seien, übergehen sollten.
Auf die E... GmbH gingen entsprechend der auf den 01. Januar 1995 aufgestellten Bilanz (zu Buchwerten) über:
Technische Anlagen und Maschinen | 721.065,00 DM | |
andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung | … DM | |
in Ausführung befindliche Aufträge | … DM | |
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen | … DM | |
sonstige Vermögensgegenstände | … DM | |
Bank- und Kassenbestände | … DM | |
aktive Rechnungsabgrenzungsposten | … DM | |
Steuerrückstellungen | ./. … DM | |
sonstige Rückstellungen | ./. … DM | |
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten | ./. … DM | |
erhaltene Anzahlungen | ./. … DM | |
sonstige Verbindlichkeiten | ./. … DM | |
abgespaltenes Vermögen (Buchwerte) | 3.715.230,15 DM |
Auf die F... GmbH gingen entsprechend der auf den 01. Januar 1995 aufgestellten Bilanz (zu Buchwerten) über:
Technische Anlagen und Maschinen | 1.120.179,00 DM | |
Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung | 29.018,00 DM | |
Vorräte | … DM | |
sonstige Rückstellungen | ./. … DM | |
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten | ./. … DM | |
abgespaltenes Vermögen (Buchwerte) | 232.931,50 DM |
Die Klägerin verbuchte den Abgang der Vermögensgegenstände und Schulden zum 01. Januar 1995 erfolgsneutral als Minderung der eigenen Kapitalkonten wie folgt:
abgespaltenes Reinvermögen (S) | 3.715.230,15 DM | |
abgespaltenes Reinvermögen (A) | 232.931,50 DM | |
Abgang Gewinnrücklage § 17 Abs. 4 DMBilG | ./. … DM | |
Abgang Gewinnvorträge | ./. … DM | |
Saldo | 0,00 DM |
Die Grundstücke und Geschäftsbauten verblieben im zivilrechtlichen Eigentum der Klägerin. In Bezug auf die Grundstücke M..., N... und L... schloss die Klägerin mit den neu entstandenen Rechtsträgern Mietverträge, damit diese als Mieter auf den Grundstücken ihren Geschäftsbetrieb fortsetzen konnten. Die Verträge vom 21. August 1995 sind als Mietverträge bezeichnet und wurden für die Dauer von 15 Jahren fest geschlossen (§ 2 (1) der Mietverträge). Die ordentliche Kündigung war ausgeschlossen, nicht jedoch die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (§ 2 (3) der Mietverträge). Eine Option zur Verlängerung der Mietzeit von fünf Jahren wurde den Mieterinnen eingeräumt. Nach § 2 (2) der Mietverträge sollte sich die Mietdauer automatisch um jeweils zwei weitere Jahre verlängern, soweit nicht fristgemäß gekündigt werde. Die Mieterinnen wurden verpflichtet, die Grundstücke und Gebäude zu erhalten und im übernommenen Zustand zurückzugeben (§ 6 (1) und (2) der Mietverträge). Ferner war die vorherige Zustimmung der Vermieterin für Umbauten an Wänden, Decken und Türen erforderlich (§ 6 (3) der Mietverträge).
Mietgegenstand waren jeweils Teilflächen der Gesamtgrundstücke sowie genau spezifizierte Gebäude oder Räume. Insoweit wird auf die Mietverträge vom 21. August 1995 (Blatt 31 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Für die Grundstücke (Teilflächen) wurde ein Mietzins wie folgt vereinbart:
E... GmbH: | ||||||
Grundstück | Teilfäche | Mietzins je qm | Mietzins | |||
M... | 5.458 qm | 0,75 DM | 4.093,50 DM | |||
N... | 3.164 qm | 1,25 DM | 3.955,00 DM | |||
L... | 15.084 qm | 0,50 DM | 7.542,00 DM | |||
Summe Grundstücke | 15.590,50 DM | |||||
F... GmbH: | ||||||
Grundstück | Teilfäche | Mietzins je qm | Mietzins | |||
M... | 15.000 qm | 0,75 DM | 11.250,00 DM | |||
N... | 15.000 qm | 1,25 DM | 18.750,00 DM | |||
L... | 17.000 qm | 0,50 DM | 8.500,00 DM | |||
Summe Grundstücke | 38.500,00 DM |
Zusätzlich waren zahlreiche Gebäude und einzelne Räume Gegenstand der Mietverträge (u.a. Kessel- und Wagenhäuser, Bürobaracken, Trafo- und Messstationen, Schuppen, Labor- und Lagerräume, Werkstätten sowie Garagen). Insgesamt ergaben sich anfängliche monatliche Mietzinsen in Höhe von 30.241,25 DM (netto) für die E... GmbH sowie 44.976,75 DM (netto) für die F... GmbH.
Mit Vertrag vom 20. Februar 1996 erwarb die X.. GmbH (im Weiteren: „X..“), eine Tochtergesellschaft der … X.. A/S, jeweils 25 % der Anteile an der E... GmbH und der F... GmbH. Der Kaufpreis für die Anteile betrug insgesamt 5.000.000 DM und verteilte sich auf 4.202.500 DM (Anteil an der E... GmbH) sowie 797.500 DM (Anteil an der F... GmbH).
Nach einer Kapitalerhöhung von 300.000 DM auf 2.000.000 DM Stammkapital veräußerte der Gesellschafter G... mit Vertrag vom 28. Oktober 1998 seinen Anteil (nominal: 180.000 DM bzw. 9 %) an der Klägerin an die übrigen fünf Gesellschafter zum Kaufpreis von insgesamt 350.000 DM.
Nach der Abspaltung erzielten die Gesellschaften folgende Umsatzerlöse und Jahresüberschüsse:
Jahr | Klägerin | S | A | |||
Umsatz | Gewinn | Umsatz | Gewinn | Umsatz | Gewinn | |
in TDM | in TDM | in TDM | in TDM | in TDM | in TDM | |
1995 | 2.436 | 119 | 27.642 | 646 | 20.035 | 1 |
1996 | 6.943 | ./. 25 | 37.493 | 264 | 16.914 | ./. 8 |
1997 | 824 | 39 | 25.961 | 0,8 | 14.240 | 5 |
1998 | 286 | 38 | 36.493 | 18 | 15.195 | ./. 113 |
Ab dem Jahr 1999 stellte die F... GmbH den selbstständigen Betrieb des A und des Vertriebs von A ein (vgl. Prüfbericht des Jahres 1999 zum Jahresabschluss, S. 2) und beschränkte ihren Geschäftsbetrieb auf die Vermietung einer eigenen …anlage am Standort M.... Hierzu wurde am 17. November 1998 ein Mietvertrag für die …anlage ab dem 01. Januar 1999 geschlossen, der unter der Bedingung stand, dass der Pachtvertrag zwischen der Klägerin und der F... GmbH zum 31. Dezember 1998 beendet werde (§ 8 des Mietvertrags mit der Z... GmbH).
Mit Verschmelzungsvertrag vom 02. August 2000 wurde die F... GmbH zum 01. Januar 2000 auf die E... GmbH verschmolzen. Die Gesellschaft firmierte danach als E... GmbH. Mit Vertrag vom 20. März 2002 erwarb die X.. die restlichen 75 % der Anteile dieser Gesellschaft zum Kaufpreis in Höhe von 511.280 € (entspricht ca. 1 Mio. DM).
Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß veranlagt. Der Beklagte setzte mit Bescheid über Körperschaftsteuer 1995 vom 10. Juni 1997 die Körperschaftsteuer auf 103.977 DM fest (Steuerbilanzgewinn in Höhe von 231.562 DM und zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 231.061 DM).
Aufgrund der Prüfungsanordnung vom 28. April 1998 führte der Beklagte im Zeitraum vom 08. Juni 1998 bis zum 28. Juni 2001 (Tag der Schlussbesprechung) eine Betriebsprüfung für die Jahre 1992 bis 1996 durch. Ausweislich des Betriebsprüfungsberichts vom 13. November 2002 war der Betriebsprüfer der Ansicht, dass die Abspaltungen nicht zu Buchwerten hätten erfolgen dürfen (Tz. 48). Die Voraussetzungen einer steuerneutralen Abspaltung zu Buchwerten seien nicht erfüllt gewesen, da keine Teilbetriebe auf die abgespaltenen Gesellschaften übergegangen seien. Die Klägerin habe die Betriebsgrundstücke zurückbehalten, obwohl diese eine räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der abgespaltenen Gesellschaften gebildet hätten. Auf den Grundstücken hätten sich Werkstätten und umfangreiche Betriebsvorrichtungen befunden; ferner seien die Betriebsgenehmigungen in der Regel grundstücksbezogen. Die Nutzungsüberlassung durch langfristige Mietverträge sei dagegen nicht ausreichend.
Die Abspaltungen seien deshalb als Sachausschüttungen (verdeckte Gewinnausschüttungen) an die Gesellschafter der Klägerin - bewertet zum gemeinen Wert - sowie als Einlage der Wirtschaftsgüter in die aufnehmenden Kapitalgesellschaften gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen zu behandeln. Es seien alle in den übertragenen Vermögenswerten enthaltenen stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern. Ferner seien in nicht unwesentlichem Umfang auch immaterielle Wirtschaftsgüter (Firmenwert, Betriebsgenehmigungen, Kundenstamm und Auftragsbestand) übertragen worden.
Da keine detaillierten Unternehmensbewertungen für die Klägerin vor dem Umwandlungsstichtag vorliegen würden, seien die Unternehmenswerte für die abgespaltenen Teilbereiche insbesondere aus den Anteilsübertragungen vom 10. August 1994, vom 20. Februar 1996 und vom 28. Oktober 1998 abzuleiten. Die Gesellschaft habe am 10. August 1994 eigene Anteile im Umfang von 21 % zum Kaufpreis von 5.040.000 DM erworben; hieraus ergebe sich ein Gesamtwert der Klägerin in Höhe von 24 Mio. DM. Ferner habe die X.. als fremde Dritte am 20. Februar 1996 25 % der Anteile an den abgespaltenen Gesellschaften für insgesamt 5 Mio. DM erworben; hieraus lasse sich ein Gesamtwert dieser Gesellschaften in Höhe von 20 Mio. DM ableiten. Es sei deshalb von einer Sachausschüttung in Höhe von jeweils 3.333.333 DM an jeden Gesellschafter auszugehen (3.333.333 DM x 6 = 20.000.000 DM).
Im Gegenzug mindere der Abgang der übertragenen Wirtschaftsgüter das steuerliche Ergebnis der Klägerin in Höhe der abgegangenen Buchwerte wie folgt:
Buchwerte der übertragenen Aktiva | … DM | |
Buchwerte der übertragenen Passiva | ./. … DM | |
Abgang Gewinnausschüttung für die Klägerin | ./. … DM | |
Korrekturen der Aktiva laut Betriebsprüfung | … DM | |
Korrekturen der Passiva laut Betriebsprüfung | … DM | |
Zwischensumme | 3.033.944,65 DM |
Ferner seien die aktivierten eigenen Anteile ebenfalls im Verhältnis 20 Mio. DM zu 24 Mio. DM (= 5/6) auszubuchen. Dies erfolge erfolgsneutral gegen die Rücklage für eigene Anteile. Da bei den eigenen Anteilen bislang die Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 34.873 DM nicht aktiviert worden seien, erfolge jedoch ein erfolgswirksamer Abgang eigener Anteile im Umfang von 5/6 der Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 29.060 DM (34.873 DM x 5/6). Somit sei insgesamt ein erfolgswirksamer Abgang wie folgt zu berücksichtigen:
Übertrag Zwischensumme | 3.033.944,65 DM | |
zuzüglich erfolgswirksamer Abgang eigene Anteile | 29.060,00 DM | |
Gesamtwert | 3.063.004,65 DM |
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und änderte die Bescheide am 21. März 2003 entsprechend. Der hier noch streitige Sachverhalt wurde zunächst in den Steuerbescheiden für 2004 (Minderung des Steuerbilanzgewinns um 3.063.005 DM sowie Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 20.000.000 DM) berücksichtigt.
Aufgrund anderer - hier nicht streitiger - Prüfungsfeststellungen setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer für 1995 mit Bescheid vom 21. März 2003 zunächst auf 69.892 DM herab. Dem lag ein Steuerbilanzgewinn in Höhe von 211.944 DM sowie ein um einen Verlustrücktrag (37.744 DM) aus dem Jahr 1996 gemindertes zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 155.317 DM zugrunde.
Die Klägerin legte hiergegen fristgerechte Einsprüche ein, die sie wie folgt begründete: Die Abspaltungen seien durchgeführt worden, um die X.., ein auf dem Geschäftsfeld A- und S bekanntes Unternehmen, zu beteiligen. Dies habe die Wettbewerbsfähigkeit verbessern sollen. Die X.. sei jedoch nicht an dem Geschäftsbereich T und an den Grundstücken interessiert gewesen, da im Bereich T eine zu starke Wettbewerbssituation geherrscht habe und die Grundstücke historisch bedingt zu groß bemessen gewesen seien. Ferner seien die Böden mit Altlasten belastet gewesen.
Nach funktionaler Betrachtungsweise hätten drei Teilbetriebe bestanden, da die nicht übertragenen Grundstücke langfristig verpachtet worden seien. Dies stehe insbesondere im Einklang mit der EU-Fusionsrichtlinie. Die Spaltung habe wegen der neuen gesetzlichen Regelungen auf unsicheren Erkenntnissen durchgeführt werden müssen. Dass der Umwandlungssteuererlass vom 25. März 1998 die Erfordernisse in Bezug auf die Teilbetriebe sehr eng auslege, war damals unbekannt. In der Literatur (u.a. Frotscher/Maas, Kommentar zu § 15 Umwandlungssteuergesetz 1995 -UmwStG 1995-, Rn. 25) werde ebenfalls vertreten, dass die Finanzverwaltung eine zu restriktive Auffassung vertreten habe. Hiernach sei auch eine langfristige Verpachtung von Grundstücken ausreichend. Es müsse somit Vertrauensschutz gewährt werden.
Hilfsweise seien die stillen Reserven (Gegenüberstellung der Buchwerte und der gemeinen Werte) zu versteuern; diese könnten jedoch nicht aus einem Gesamtunternehmenswert bzw. Teilwert abgeleitet werden. Aus dem Angebot der Firma Y... vom 01. Dezember 1994 ergebe sich ein gemeiner Wert für die …anlagen in N..., M..., L... und R... in Höhe von 1.185.000 DM. Im Vergleich zu den Buchwerten der übertragenen Sachanlagen in Höhe von 1.120.000 DM würden sich stille Reserven in Höhe von 65.000 DM für die Abspaltung der F... GmbH ergeben. Ferner habe der Dipl. Ing. K... die auf die E... GmbH übertragenen Sachanlagen in seinem Gutachten vom 20. Dezember 2001 mit 1.634.000 DM bewertet. Bei einem Buchwert von 1.205.331 DM würden sich somit die stillen Reserven auf 428.669 DM belaufen.
Immaterielle Wirtschaftsgüter oder Firmenwerte seien nicht übergegangen. Wegen der Überkapazitäten am Markt könne ein positiver Zukunftswert des Nettosachvermögens nicht unterstellt werden. Ein Firmenwert habe nicht entstehen können, da im Geschäftsbereich Aufträge nur über Ausschreibungen zu erhalten seien.
Der Beklagte hat die Einsprüche mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2012 (zugestellt am 02. Februar 2012) als unbegründet zurückgewiesen und die angefochtenen Bescheide zum Teil geändert. Der Sachverhalt sei im Veranlagungszeitraum 1995 zu erfassen, da der steuerliche Spaltungsstichtag auf den 01. Januar 1995, 0:00 Uhr bestimmt worden sei. Die Klägerin sei auf eine Verböserung in Bezug auf 1995 durch Schreiben vom 20. Dezember 2010 hingewiesen worden. Die Körperschaftsteuer für 1995 wurde auf 5.973.135 DM und der Gewerbesteuermessbetrag für 1995 auf 865.525 DM festgesetzt. Die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wurden gem. § 47 Körperschaftsteuergesetz -KStG- auf 271.948 DM (EK 50), auf 10.236.396 DM (EK 45), auf 3.901.699 DM (EK 02) und auf 3.901.669 DM (EK 04) festgestellt (im Tenor der Einspruchsentscheidung wurde fehlerhaft die Gesamtsumme des verwendbaren Eigenkapitals in Höhe von 16.585.982 DM als Bestand des EK 04 ausgewiesen).
Der Beklagte blieb bei seiner Auffassung, dass keine begünstigten Abspaltungen vorgelegen hätten. Die Sachausschüttung sei als verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 20.000.000 DM einkommenserhöhend und der Abgang der Buchwerte gewinnmindernd zu erfassen. Ausgehend von einem Steuerbilanzverlust in Höhe von 8.840.587 DM und nicht abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. steuerfreie Einnahmen (Investitionszulagen) ergebe sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 17.256.787 DM.
Die Voraussetzungen eines Teilbetriebs seien nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des § 16 Einkommensteuergesetz -EStG- zu beurteilen. Konstitutiv für einen Teilbetrieb seien in Bezug auf die Wirtschaftsgüter die wesentlichen Betriebsgrundlagen; dies richte sich nach einer funktionalen Betrachtungsweise. Bei den Betriebsgrundstücken handele es sich um funktional notwendige Grundlagen der Geschäftstätigkeit der abgespaltenen Gesellschaften.
Es seien keine Bewertungen der abgespaltenen Betriebsteile vorgelegt worden; dem Vortrag, wonach kein Firmenwert vorhanden gewesen sei, könne nicht gefolgt werden. Der gemeine Wert sei deshalb aus den zeitnahen Anteilsveräußerungen zu ermitteln. Es bleibe bei den Berechnungen der Betriebsprüfung. Auf die Veräußerungspreise könne zudem zurückgegriffen werden, da die Veräußerung von Anteilen an die X.. nicht zu einer Stärkung des Betriebskapitals der abgespaltenen Gesellschaften geführt habe; vielmehr sei der Kaufpreis in Höhe von 5 Mio. DM den Gesellschaftern der Klägerin zugeflossen. Wäre es dem fremden Dritten nicht auf die Kundenbeziehungen, die Betriebsstrukturen und das Renommee der Klägerin angekommen, hätte er auch unter eigenem Namen am Markt tätig werden können.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 27. Februar 2012. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem Einspruchsverfahren: Durch die Mietverträge habe den abgespaltenen Gesellschaften wirtschaftliches Eigentum zugestanden. Die Mietverträge seien auf 15 Jahre fest, mit Verlängerungsoptionen um weitere fünf Jahre, geschlossen worden. Eine solche langfristige Überlassung genüge nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteil vom 07. April 2010, I R 96/08, Bundessteuerblatt -BStBl-, II 2011, 467). In der Literatur werde dies ebenfalls als ausreichend angesehen (so Blumers, Der Betrieb -DB- 2001, 722). Auch das Urteil vom 02. August 2012 (IV R 41/11, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2012, 2053) lasse einen neuen Teilbetriebsbegriff erkennen, wonach auch langfristige Pachtverträge genügen würden (so Brandenberg, DB 2013, 17, 22).
Hilfsweise seien nur die stillen Reserven in Höhe von 493.490 DM aufzudecken. Die Ermittlung von Teilunternehmenswerten sei fehlerhaft. Immaterielle Wirtschaftsgüter seien nicht übertragen worden. Genehmigungen zum Betrieb der A seien in den Jahren 1992 und 1994 erteilt worden. Diese seien verdeckt über die Grundstücksmieten als Kostenumlage verpachtet worden. Die Klägerin hat als Nachweis einen Genehmigungsbescheid des …amtes … vom 09. Juni 1992 übersandt. Ausweislich der Genehmigung wurde der Klägerin die Genehmigung erteilt, auf dem Grundstück N... eine …anlage des Typs Y... zu betreiben. Soweit ein Geschäfts- oder Firmenwert gebildet worden sei, sei dieser bei der Klägerin verblieben.
Im Übrigen sei bislang unberücksichtigt geblieben, dass die X.. im Ergebnis für sämtliche Anteile an den abgespaltenen Gesellschaften nur 6 Mio. DM gezahlt habe. Die X.. habe bereits 1998 erkannt, dass der Kaufpreis für die ersten Anteile überhöht gewesen sei. Zum Nachweis hat die Klägerin ein Schreiben der X.. an die Gesellschafter der abgespaltenen Gesellschaften vom 03. April 1998 vorgelegt. In diesem führt der Geschäftsführer der X.. zur verschlechterten Finanzlage der abgespaltenen Gesellschaften aus und fordert Nachschüsse ein.
Der Beklagte hat am 26. Juni 2012 Änderungsbescheide erlassen und die Sachausschüttung von 20.000.000 DM auf 17.186.000 DM herabgesetzt, da die Eigenkapitalwerte der Klägerin abzuziehen seien. Diese würden sich entsprechend der Bilanzen auf den 31. Dezember 1995 für die E... GmbH auf 2.580.427,41 DM sowie für die F... GmbH auf 233.985,99 DM, insgesamt 2.814.000 DM gerundet belaufen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
1. die Bescheide über Körperschaftsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag sowie über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals für 1995, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 2012, zuletzt geändert am 26. Juni 2012, dahingehend zu ändern, dass bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens die verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe von 17.186.000 DM entfällt,
2. hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht eine steuerneutrale Abspaltung nicht anerkennt, bei der Sachausschüttung stille Reserven in Höhe von 493.490 DM aufgedeckt werden, sowie
3. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wiederholt seine Ausführungen aus der Einspruchsentscheidung.
Am 11. Dezember 2013 hat ein Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes stattgefunden. Der Senat nimmt Bezug auf das Protokoll in der Gerichtsakte Blatt 189 bis 195.
Der Senat hat mit Beschluss vom 10. Juli 2014 den verkündeten Tenor der Entscheidung in der Hauptsache berichtigt.
I. | Die Klage ist unzulässig, soweit sie gegen die Festsetzung der Zinsen gerichtet ist; denn eine bisherige Zinsfestsetzung wird geändert, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 Abgabenordnung -AO- berichtigt wird (§ 233a Abs. 5 Satz 1 AO). |
II. | Die im Übrigen zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als die Sachausschüttung in Höhe der gemeinen Werte des Reinvermögens auf den 01. Januar 1995 in Höhe von 6.000.000 DM zu bewerten ist. Soweit der Beklagte von insgesamt 6.000.000 DM übersteigenden gemeinen Werten ausgeht, sind die Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Im Übrigen ist die Klage unbegründet. |
1. | Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass sich die Folgen der Abspaltung ertragsteuerlich im Streitjahr 1995 auswirken. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung. |
2. | Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die Abspaltungen der Bereiche S und A von der Klägerin auf die E... GmbH bzw. auf die F... GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an die Gesellschafter der Klägerin nicht nach § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und § 11 Abs. 1 UmwStG 1995 begünstigt waren. Denn es wurden keine Teilbetriebe vollständig übertragen. |
a) | Nach § 15 UmwStG 1995 gelten die §§ 11 bis 13 UmwStG 1995 vorbehaltlich des § 16 UmwStG 1995 entsprechend, wenn ein Teilbetrieb einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf eine andere Körperschaft übertragen wird (Satz 1). Im Falle der Abspaltung muss das der übertragenden Körperschaft verbleibende Vermögen ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehören (Satz 2). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 können die übergegangenen Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz für das letzte Wirtschaftsjahr der übertragenden Körperschaft insgesamt mit dem Wert angesetzt werden, der sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung ergibt (Buchwert), soweit sichergestellt ist, dass die in dem übergegangenen Vermögen enthaltenen stillen Reserven später bei der übernehmenden Körperschaft der Körperschaftsteuer unterliegen und eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht. |
b) | Die Voraussetzungen des § 11 UmwStG 1995 müssen nicht weiter geprüft werden, da bereits keine Teilbetriebsübertragungen stattgefunden haben; denn die Klägerin hat funktional wesentliche Betriebsgrundlagen, namentlich Gebäude bzw. Grund und Boden, zurückbehalten und diese an die E... GmbH bzw. an die F... GmbH nur mietweise überlassen. |
aa) | Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - der sich der Senat anschließt - ist unter einem Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs zu verstehen, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist (vgl. BFH, Urteil vom 07. April 2010, I R 96/08, BStBl II 2011, 467, mit weiteren Nachweisen). Ein Teilbetrieb wird nur übertragen, wenn die Tätigkeit - beim übertragenden Rechtsträger - endgültig eingestellt wird und sämtliche zum Teilbetrieb gehörenden wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übergehen; dabei ist grundsätzlich auf die Situation aus der Sicht des Übertragenden zum Zeitpunkt der Übertragung abzustellen (vgl. BFH, Urteil vom 07. April 2010, a.a.O.). |
bb) | Im Rahmen des Umwandlungssteuerrechts sind wesentliche Betriebsgrundlagen diejenigen Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Teilbetrieb erforderlich sind (normspezifische Auslegung des Teilbetriebsbegriffs). Als funktional wesentlich sind dabei alle Wirtschaftsgüter anzusehen, die für den Betriebsablauf ein erhebliches Gewicht haben, mithin für die Fortführung des Betriebes notwendig sind oder dem Betrieb das Gepräge geben (BFH, Urteile vom 19. Januar 1983, I R 57/79, BStBl II 1983, 312; vom 24. August 1989, IV R 135/86, BStBl II 1989, 1014, und vom 07. April 2010, a.a.O.). Ein Grundstück ist für den Betrieb wesentlich, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit bildet und es dem Unternehmen ermöglicht, seinen Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (BFH, Urteil vom 14. Februar 2007, XI R 30/05, BStBl II 2007, 524, m.w.N.). Demzufolge ist grundsätzlich jedes vom Betrieb genutzte Grundstück eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage, es sei denn, es ist im Einzelfall ausnahmsweise nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung für den Betrieb (vgl. BFH, Urteile vom 13. Juli 2006, IV R 25/05, BStBl II 2006, 804; vom 19. März 2009, IV R 78/06, BStBl II 2009, 803, und vom 03. September 2009, IV R 61/06, BFH/NV 2010, 404). |
cc) | Die von der Klägerin zurückbehaltenen Grundstücke sind als wesentliche Betriebsgrundlagen der Teilbetriebe S und A anzusehen; denn die E... GmbH bzw. die F... GmbH betrieben auf den Grundstücken ihre Betriebe. Die Grundstücke und weiteren Anlagen wurden von der Klägerin nicht auf die abgespaltenen Rechtsträger mit übertragen, sondern verblieben zivilrechtlich in ihrem Eigentum. Die Klägerin hat die Grundstücke zudem bewusst zurückbehalten, um Lasten von Verschmutzungen des Grund und Bodens nicht auf die abgespaltenen Rechtsträger zu übertragen und den Kaufpreis für die Anteile an diesen Rechtsträgern zu erhöhen. |
dd) | Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums für Zwecke des § 15 UmwStG 1995 genügt (dazu unter [1]). Ohnehin hat die Klägerin kein wirtschaftliches Eigentum auf die neu entstandenen Rechtsträger übertragen (dazu unter [2]). Ein einfaches Mietverhältnis in Bezug auf die wesentlichen Betriebsgrundlagen genügte nach § 15 UmwStG 1995 ebenfalls nicht (dazu unter [3]). Auch aus der Richtlinie des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, 90/434/EWG -Fusions-richtlinie- ergibt sich nichts Abweichendes (dazu unter [4]). |
(1) | Der Senat teilt nicht die Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen für Zwecke des § 15 UmwStG 1995 genügt. |
Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 07. April 2010 (a.a.O.) die Frage offen gelassen, ob von der Übertragung eines Teilbetriebes dann ausgegangen werden kann, wenn das aufnehmende Unternehmen durch die Gestaltung der Nutzungsüberlassung wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer des überlassenen Wirtschaftsgutes wird. Der Bundesfinanzhof konnte diese Streitfrage im Ergebnis offen lassen, da im Streitfall von der Annahme wirtschaftlichen Eigentums beim abgespaltenen Rechtsträger nicht ausgegangen werden konnte (Kündigungsmöglichkeit der Mietverträge von Grundstücken binnen Jahresfrist).
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass Grundstücke zivilrechtlich bis zum Zeitpunkt des Spaltungsbeschlusses real aufgeteilt werden müssen und nur aus Billigkeitsgründen im Einzelfall auch eine ideelle Teilung ausreichend sei (Bundesministerium der Finanzen -BMF- vom 25. März 1998, IV B 7-S 1978-21/98 -Umwandlungssteuererlass 1998-, BStBl I 1998, 268, Tz. 15.07). In der Literatur wird teilweise vertreten, dass die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen genügen würde, da die Rechtsauffassung des BMF schwer zu handhaben sei und in der Praxis zu erheblichen Unsicherheiten führe (so Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 6. Aufl. 2013, § 15 UmwStG, Rn. 78; Asmus in Haritz/Menner, 3. Aufl. 2009, § 15 UmwStG, Rn. 73; Schumacher in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, 1. Aufl. 2008, § 15 UmwStG, Rn. 146, und Frotscher in Frotscher/Maas, 2012, § 15 UmwStG, Rn. 115). Mit dem Schreiben betreffend die Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 11. November 2011 -Um-wandlungssteuererlass 2011- (IV C 2 – S 1978 – b/08/10001, BStBl I 2011, 1314) vertritt das BMF nunmehr auch die Auffassung, dass neben der Übertragung funktional wesentlicher Betriebsgrundlagen ergänzend auch die Begründung des wirtschaftlichen Eigentums ausreichend sein könne. Nur die bloße Nutzungsüberlassung sei nicht ausreichend (Tz. 15.07).
Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums bereits dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 UmwStG 1995 folgend nicht genügt, da die Norm einen zivilrechtlichen Vermögensübergang voraussetzt. Dies ergibt sich ferner aus der systematischen Verknüpfung der Normen des UmwStG 1995 mit dem Umwandlungsgesetz 1995 -UmwG 1995-. Erfasst ist Vermögen einer Körperschaft, das durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf andere Körperschaften übergeht. Eine Abspaltung von Vermögen zur Neugründung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG 1995 in Verbindung mit § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG 1995 liegt jedoch nur vor, wenn Ziel des Umwandlungsvorgangs die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums ist. Die Begründung wirtschaftlichen Eigentums ist dem Sachenrecht fremd (in diese Richtung auch Dötsch/Pung in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer, § 15 UmwStG, Rn. 52). Das Zivilrecht kennt den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums nicht, weshalb dieses auch nicht Gegenstand einer Umwandlung nach dem UmwG 1995 sein kann. Soweit § 246 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch -HGB- in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) nunmehr ebenfalls das wirtschaftliche Eigentum erwähnt, ist zu beachten, dass das Handelsbilanzrecht nach dessen Sinn und Zweck (insb. Gläubigerschutzprinzip) keinen rein zivilrechtsakzessorischen Eigentums- und Schuldenstatus darstellt. Der handelsrechtliche Bilanzausweis einer Schlussbilanz wich schon immer vom tatsächlich durch eine Umwandlung erfassten Vermögen ab.
Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass aus Praktikabilitätserwägungen heraus das UmwStG 1995 erweiternd auszulegen sei; denn dies ist im Anwendungsbereich bewusst eng gefasst. § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 bestimmt unmissverständlich, dass der zweite bis siebente Teil des Gesetzes - somit auch der hier entscheidende fünfte Teil (§ 15 und § 16 UmwStG 1995) - nur für Umwandlungen im Sinne des § 1 UmwG 1995 gilt. Nur in den §§ 20 ff. UmwStG 1995 (Einbringungen, Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft) hat das UmwStG 1995 einen eigenständigen und vom UmwG 1995 unabhängigen Anwendungsbereich. Soweit jedoch § 15 UmwStG 1995 ausdrücklich das Teilbetriebserfordernis erfordert, ist der Anwendungsbereich dieser steuerrechtlichen Vorschrift ausdrücklich kleiner als der des zivilrechtlichen UmwG 1995.
(2) | Ohnehin hat die Klägerin kein wirtschaftliches Mit- bzw. Teileigentum auf die E... GmbH bzw. die F... GmbH übertragen. |
Bei den abgespaltenen Rechtsträgern wäre nur von wirtschaftlichem Eigentum auszugehen, wenn diese die tatsächliche Herrschaft über die Grundstücke hätten ausüben können. Hierfür wäre erforderlich, dass sie die Klägerin für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Grundstücke wirtschaftlich hätten ausschließen können (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO).
Für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums muss die zivilrechtliche Rechtsposition (hier: Eigentum) derart ausgehöhlt sein, dass das zivilrechtliche Eigentum an den Grundstücken wirtschaftlich wertlos oder nahezu wertlos erscheint. Das ist nur der Fall, wenn die mit dem Vollrecht verbundenen rechtlichen Befugnisse (Verfügungsmacht über Substanz und Ertrag) dauerhaft einem anderen zustehen oder tatsächlich von einem anderen wahrgenommen werden können (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juli 2001, X R 23/99, BStBl II 2002, 281; Ratschow in Klein, 12. Aufl. 2014, § 39 Rn. 16 jeweils m.w.N.). Die Begründung von schuldrechtlichen Nutzungsverhältnissen ist in der Regel nicht ausreichend (vgl. BFH, Urteil vom 29. März 2007, IX R 14/06, BFH/NV 2007, 1471, m.w.N.). Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums sind dementsprechend das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte maßgeblich (BFH, Urteil vom 24. Januar 2012, IX R 69/10, BFH/NV 2012, 1099, m.w.N.).
Für Fälle des sog. Leasings ist anerkannt, dass der Leasingnehmer als lediglich schuldrechtlich Berechtigter als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen werden kann, wenn sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die (unkündbare) Grundmietzeit annähernd decken oder wenn der Leasingnehmer ein Recht auf Vertragsverlängerung oder Kauf des Leasinggegenstands ausüben kann und er dann keinen oder nur einen geringeren Mietzins oder Kaufpreis zu entrichten hat (vgl. BFH, Urteile vom 26. Januar 1970, IV R 144/66, BStBl II 1970, 264; vom 30. Mai 1984, I R 146/81, BStBl II 1984, 825).
Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ist der Senat nicht davon überzeugt, dass im Streitfall die zivilrechtliche Rechtsposition (Eigentum) der Klägerin derart ausgehöhlt war, dass das Eigentum an den Grundstücken für die Klägerin wirtschaftlich wertlos oder nahezu wertlos wurde. Hiergegen spricht bereits, dass weder die Klägerin noch die E... GmbH bzw. die F... GmbH die nötigen steuerlichen Folgen gezogen haben. Die Grundstücke wurden auch für steuerliche Zwecke weiterhin bei der Klägerin steuerlich erfasst. Spätestens bei der Verschmelzung der F... GmbH auf die E... GmbH im Jahr 2000 und beim Erwerb der übrigen 75 % der Anteile durch die X.. im Jahr 2002 hätte es nahegelegen, wirtschaftliches Eigentum bei der Klägerin oder aber bei der E... GmbH bzw. der F... GmbH zu dokumentieren. Gerade bei Erwerb der übrigen Anteile durch die X.. hätte das wirtschaftliche Eigentum der abgespaltenen Gesellschaften thematisiert werden müssen, da ausweislich der Einlassung der Klägerin die Zurückbehaltung der Grundstücke zum 01. Januar 1995 nur darauf beruhte, dass die X.. an dem Grundbesitz nicht interessiert gewesen sei.
Die Klägerin hat mit den abgespaltenen Rechtsträgern zwar langfristige Verträge mit Verlängerungsoption geschlossen; aber deshalb ist jedoch nicht von wirtschaftlichem Eigentum auszugehen. Allein die formell lange Mietdauer von 15 Jahren nebst Verlängerungsoption und der hohe monatliche Mietzins sprechen nicht für ein typisches Immobilien-Leasing und der Annahme von wirtschaftlichem Eigentum bei der F... GmbH bzw. bei der E... GmbH. Dass eine langfristige Bindung der Vertragsparteien wirtschaftlich nicht gewollt war, ist bereits aus der Stellung der Gesellschaften zueinander (Schwestergesellschaften mit einer Beteiligung der Gesellschafter der Klägerin in Höhe von 75 % bis zum 20. März 2002) abzuleiten. Denn gerade der gesellschaftsrechtliche Einfluss ließ das zivilrechtliche Eigentum der Klägerin nicht ausgehöhlt erscheinen, da in Bezug auf das Grundstück in N... bereits am 17. November 1998 abweichende Regelungen getroffen wurden. Für einen Ausgleich der einen oder anderen Vertragspartei hat die Klägerin nichts vorgetragen.
Gegen einen klassischen Leasing-Fall spricht zudem die einheitliche vertragliche Regelung in Bezug auf sämtliche Grundstücke und Gebäude bzw. Räume. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Grundmietzeit von 15 Jahren in Bezug auf jeden Mietgegenstand nahezu der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entsprach, da die Mietverträge in großem Maße lediglich unbebaute Grundstücke betrafen. Auf die nicht abnutzbaren Grundstücke entfiel bei der E... GmbH ein Anteil von ca. 51 % des Mietzinses (15.590,50 DM von 30.241,25 DM) und bei der F... GmbH ein Anteil von ca. 86 % des Mietzinses (38.500,00 DM von 44.976.75 DM). Gegen einen klassischen Leasing-Fall spricht ferner, dass nach Ablauf der Grundmietzeit weder eine Minderung des Mietzinses noch eine Kaufoption vereinbart wurde. Die Klägerin hat trotz eines Hinweises des Berichterstatters im Erörterungstermin vom 11. Dezember 2013 ihren Vortrag nicht erweitert oder substantiiert.
(3) | Der Verweis der Klägerin auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 02. August 2012 (IV R 41/11, a.a.O.) vermag den Senat nicht davon überzeugen, dass sogar bereits eine rein schuldrechtliche Nutzungsüberlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen genügen würde. Das zitierte Urteil ist zur Übertragung von Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG ergangen und betrifft die Frage, ob eine in zeitlichem bzw. sachlichem Zusammenhang stehende Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG entgegensteht. Dies hat der Bundesfinanzhof für den Streitfall (Streitjahr 2002) verneint. Die Privilegierungen nach § 6 Abs. 5 EStG und § 6 Abs. 3 EStG stünden nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt nebeneinander. Ein Rangverhältnis sei weder ausdrücklich geregelt, noch ließe es sich im Wege der Auslegung bestimmen. |
Die Klägerin bezieht sich auf die Auffassung von Brandenberg (DB 2013, 17, 22), wonach auch bei einer Umwandlung eine zeitgleiche Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG möglich und insgesamt unschädlich sei, mithin auch die Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen erlaubt sein müsse. Dem ist aus mehreren Gründen nicht zu folgen: Bereits Brandenberg bezieht sich nur auf die Einbringungsvorschriften (§§ 20, 24 UmwStG) und somit auf Sachverhalte, die nicht durch das zivilrechtliche UmwG vorgeprägt sind. Der Senat kann offen lassen, ob die Ansicht von Brandenberg zutreffend sein kann; denn es besteht ein qualitativer Unterschied zwischen einem echten Umwandlungsvorgang (Spaltung, Verschmelzung, Ausgliederung) und einer nur steuerlich begünstigten Einbringung nach § 20 bzw. § 24 UmwStG. Ferner besteht zwischen den Regelungen des UmwStG und der Einbringungsvorschriften des § 6 EStG ein deutliches Rangverhältnis: Das UmwStG ist spezielleres Recht (lex specialis) im Verhältnis zu den Bilanzierungsvorschriften des EStG. Soweit Voraussetzungen des speziellen Gesetzes nicht erfüllt sind, kann nach Auffassung des Senats nicht auf Regelungen des allgemeinen Gesetzes zurückgegriffen werden, da die Regelungen des UmwStG abschließend sind.
(4) | Letztlich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die Fusionsrichtlinie einen abweichenden Teilbetriebsbegriff voraussetzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein abweichender Begriff bereits nicht ersichtlich (BFH, Urteil vom 02. August 2012, a.a.O., m.w.N.), denn der funktionelle Aspekt des Betriebes stehe auch hier im Vordergrund. Ferner hat der Gesetzgeber erst durch das UmwStG 2006 einen einheitlichen Teilbetriebsbegriff geschaffen (zur Diskussion vgl. Graw, Der Teilbetrieb im Umwandlungssteuerrecht nach dem Umwandlungssteuer-Erlass 2011, IFSt Schrift Nr. 488, 2013, S. 19 ff.). Für den hier streitigen Umwandlungsvorgang des Jahres 1995 ist auch mangels grenzüberschreitender Umwandlung ein Rückgriff auf die Fusionsrichtlinie nicht geboten. |
3. | Da ein Teilbetrieb nicht übertragen wurde, ist im Streitfall das Bewertungswahlrecht des § 11 Abs. 1 UmwStG 1995 nicht entsprechend anwendbar. Die Übertragungen stellen daher eine verdeckte Gewinnausschüttung in Form einer (anteiligen) Sachausschüttung der einzelnen übertragenen Wirtschaftsgüter an die Gesellschafter und deren Einlage in die E... GmbH bzw. in die F... GmbH gegen Gewährung entsprechender Gesellschafterrechte dar (vgl. BFH, Urteil vom 20. August 1986, I R 150/82, BStBl II 1987, 455). Für die Bemessung der Sachausschüttung sind die übertragenen Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 9 Bewertungsgesetz -BewG-). Die Sachausschüttung darf das Einkommen nicht mindern (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Da die Klägerin im Streitfall die einzelnen übertragenen Wirtschaftsgüter erfolgsneutral zu Buchwerten gegen das Kapitalkonto ausgebucht hat, ist dadurch eine verhinderte Vermögensmehrung in Höhe der Differenz der Buchwerte zu den wahren Werten (vgl. BFH, Beschluss vom 26. Oktober 1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348), also in Höhe der stillen Reserven, eingetreten, die außerbilanziell zu korrigieren ist. |
Der Senat ist davon überzeugt, dass weder die Berechnung der Klägerin (dazu unter a) noch die Berechnung des Beklagten (dazu unter b) allein zutreffend sind. Es ist vielmehr von stillen Reserven und einem Geschäfts- bzw. Firmenwert in Höhe von insgesamt 2.051.838,40 DM in dem auf die E... GmbH und auf die F... GmbH übertragendem Vermögen auszugehen (dazu unter c).
a) | Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, dass lediglich stille Reserven in Höhe von insgesamt 493.490 DM aufzudecken sind; denn in diesem Wert sind nur stille Reserven der …anlagen in N..., M..., L... und R... sowie stille Reserven der auf die E... GmbH übertragenen Sachanlagen enthalten. Der Berechnungsweise der Klägerin ist bereits deshalb nicht zuzustimmen, da die von ihr ermittelten Werte erheblich von den (zur Verifikation hochgerechneten) Gesamtwerten für die abgespaltenen Rechtsträger abweichen. Ferner ist zu beachten, dass das Gutachten des Dipl. Ing. K... erst am 20. Dezember 2001 und somit nahezu sechs Jahre nach dem Spaltungsstichtag erstellt wurde. Die Klägerin hat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung nur in unzureichendem Maße beigetragen; denn auch nach den Hinweisen im Erörterungstermin vom 11. Dezember 2013 hat die Klägerin nicht zu möglichen stillen Reserven bzw. stillen Lasten in den übrigen Bilanzpositionen vorgetragen. Es entspricht nach Auffassung des Senats nicht der Lebenserfahrung, dass die gemeinen Werte von Waren oder auch sonstigen Rückstellungen den handelsrechtlichen Buchwerten entsprechen. Die lange Verfahrensdauer kann die Klägerin nicht entlasten, da die Streitpunkte zumindest seit Ende der Betriebsprüfung (Schlussbesprechung vom 28. Juni 2001) bekannt waren. Der Senat war deshalb nicht dazu verpflichtet, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Das finanzgerichtliche Verfahren kennt zwar keine formelle Beweisführungslast; die Beteiligten sind jedoch gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO bei der Sachverhaltsaufklärung heranzuziehen (vgl. BFH, Beschluss vom 14. März 2007, VIII B 131/06, BFH/NV 2007, 1176). Je weniger die Beteiligten ihrer Mitwirkungspflicht aus § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO nachkommen, desto weniger ist der Senat grundsätzlich zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet (BFH, Beschluss vom 06. Mai 2005, XI B 239/03, BFH/NV 2005, 1605). |
b) | Die Berechnung des Beklagten, wonach aus Anteilsveräußerungen vor und nach dem Spaltungsstichtag ein Gesamtwert der abgespaltenen Rechtsträger zu ermitteln sei, kann Mittel einer sachgerechten Schätzung der gemeinen Werte sein. Zutreffend ist der Beklagte zwar davon ausgegangen, dass vom ermittelten Gesamtwert der Gesellschaften wiederum die Summe des Reinvermögens (Eigenkapital) abzuziehen ist; er ist aber fehlerhaft von der Summe des Eigenkapitals der abgespaltenen Rechtsträger auf den 31. Dezember 1995 (2.814.000 DM) ausgegangen. Ferner kam der Beklagte zu einer doppelten Gewinnminderung, da er zugleich den Abgang der Buchwerte des Vermögens innerbilanziell als Gewinnminderung erfasste. Tatsächlich in Abzug zu bringen ist der Wert, um den sich bei der Klägerin zum Spaltungsstichtag (01. Januar 1995) deren Eigenkapital vermindert hat (hier 3.715.230,15 DM und 232.931,50 DM). Dieser Betrag ist durch den Beklagten zutreffend innerbilanziell als Gewinnminderung erfasst worden. |
c) | Der Senat ist davon überzeugt, dass neben den im Spaltungsplan ausgewiesenen Wirtschaftsgütern zugleich weitere vermögenswerte Positionen auf die E... GmbH und auf die F... GmbH übertragen wurden (dazu unter aa). Dem Senat steht eine eigene Schätzungsbefugnis zu, da die Klägerin nur unzureichend Unterlagen und Nachweise vorgelegt hat (dazu unter bb). |
aa) | Der Senat ist davon überzeugt, dass sich bei der Klägerin ein Geschäfts- bzw. Firmenwert gebildet hatte und dieser anteilig auf die E... GmbH übergegangen ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass sich im Bereich „A“ ein Firmen- bzw. Geschäftswert gebildet hat; denn hierbei handelt es sich allein um einen Betrieb der Produktion und des Verkaufs von …gut. Die Qualität des …guts wird jedoch maßgeblich durch die eingesetzten Produktionsmittel und Maschinen bestimmt. |
Die Klägerin hat ausweislich ihres eigenen Vortrags insbesondere an Ausschreibungen des öffentlichen S… teilgenommen. Insoweit ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin in den Jahren 1991 bis 1994 durch erfolgreiche Teilnahme an Ausschreibungsprozessen und mangelfreier Werkleistungen für die öffentliche Hand einen Geschäftswert gebildet hat, indem sie ihre Leistungen zuverlässig und fachkundig erbracht hat. Nach den bis zur Abspaltung anzuwendenden allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen -VOB/A- waren Bauleistungen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu vergeben (§ 2 Nr. 1 VOB/A). Entscheidende Merkmale bei öffentlichen Ausschreibungen waren somit die Eignung und der Angebotspreis (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2001, X ZR 100/99, WM 2002, 305). Nur bei der Auswahl zwischen gleich geeigneten Bietern durfte das Prinzip „bekannt und bewährt“ nicht den Ausschlag geben. Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, dass ein möglicher Firmen- bzw. Geschäftswert bei der Klägerin verblieben sein muss; denn bei der Klägerin verblieb der - nach ihrem eigenen Vortrag - unrentablere Teil des T…, während insbesondere der rentable und veräußerbare Bereich „S“ abgespalten wurde.
Bei dem Geschäfts- oder Firmenwert der Klägerin handelte es sich nach Auffassung des Senats auch nicht um einen zu vernachlässigenden Betrag; denn die Klägerin hatte in den letzten drei Wirtschaftsjahren vor der Abspaltung einen durchschnittlichen Jahresüberschuss in Höhe von 918.738 DM (1992: 679.306,89 DM; 1993: 241.272,62 und 1994: 1.835.634,60 DM) erzielt, bezogen auf das Stammkapital in Höhe von 300.000 DM mithin eine Eigenkapitalverzinsung von durchschnittlich ca. 300 %. Dass der Geschäfts- bzw. Firmenwert auf die E... GmbH übergegangen ist, wird auch deutlich durch die weitere Entwicklung der Jahresüberschüsse. Die E... GmbH erzielte Jahresüberschüsse in Höhe von ca. 646.000 DM (1995) und in Höhe von ca. 264.000 DM (1996), während die F... GmbH nur ein leicht negatives Ergebnis erzielte.
Der Senat ist nach den zuletzt vorgelegten Unterlagen nicht davon überzeugt, dass vermögenswerte Lizenzen oder Genehmigungen von der Klägerin auf die abgespaltenen Rechtsträger übertragen wurden. Ausweislich der mit Schriftsatz vom 19. Juni 2014 übersandten Genehmigung für die …anlage in N... handelte es sich um eine grundstücksbezogene Genehmigung. Ob tatsächlich eine verdeckte Rechtspacht im Umfang von 0,05 DM je Quadratmeter und Jahr kalkuliert wurde, kann daher dahinstehen. Auch soweit vermögenswerte Lizenzen bzw. Genehmigungen aus der Zeit als VEB bestanden haben sollten, ist das Gericht davon überzeugt, dass auch hier eine Grundstücksbezogenheit und nicht eine Personenbezogenheit gegeben sein dürfte, da das Vermögen der Klägerin erst durch die Treuhandanstalt privatisiert wurde.
bb) | Dem Senat steht eine eigene Schätzungsbefugnis in Bezug auf die gemeinen Werte zu (vgl. § 96 Abs. 1 2. Halbsatz FGO). |
Für abweichende gemeine Werte des Vermögens und der Schulden hat die Klägerin im Hilfsantrag nur punktuell vorgetragen. Es ist deshalb von stillen Reserven in Höhe von 64.821 DM (gemeine Werte: 1.185.000 DM ./. Buchwert 1.120.179 DM) sowie in Höhe von 428.669 DM (gemeine Werte: 1.634.000 DM ./. Buchwert 1.205.331 DM) auszugehen. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob in den weiteren Wirtschaftsgütern stille Reserven oder stille Lasten enthalten waren; denn durch Schätzung eines Gesamtunternehmenswertes ergibt sich als Residualgröße ein Geschäfts- bzw. Firmenwert, der beim aufnehmenden Rechtsträger gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 15 Jahren ab dem 01. Januar 1995 abzuschreiben ist.
Der gemeine Wert der insgesamt abgespaltenen Vermögen und Schulden ist - mangels anderer Angaben und Unterlagen - zu schätzen. Da der gemeine Wert durch den Preis bestimmt wird, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, sind die Anteilsveräußerungen insbesondere an den fremden Dritten (X..) eine taugliche Schätzungsgrundlage.
Die X.. hatte mit Kaufvertrag vom 20.02.1996 jeweils 25 % der Anteile an der E... GmbH und an der F... GmbH zum Gesamtkaufpreis in Höhe von 5.000.000 DM erworben. Sie ging somit im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen von einem Gesamtwert der abgespaltenen Gesellschaften in Höhe von 20.000.000 DM aus. Dieser hohe Kaufpreis konnte nach dem Vortrag der Klägerin nur erzielt werden, da die Klägerin die durch Umweltschäden wertgeminderten Grundstücke zurückbehielt. Der Senat ist dennoch nicht davon überzeugt, dass der Kaufpreis in jedem Fall im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen gewesen wäre; vielmehr ist davon auszugehen, dass die X.. einen nicht unerheblichen Teil des Kaufpreises in unbegründeten Erwartungen an die Entwicklung der Geschäftsbetriebe in den neuen Bundesländern knüpfte. Der Senat ist der Ansicht, dass der Kaufpreis des Vertrags vom 20. März 2002 auch trotz der hohen zeitlichen Differenz zwischen Abspaltungsstichtag und Tag des Anteilskaufvertrags heranzuziehen ist. Denn erst durch eine Gesamtbetrachtung beider Anteilskaufverträge (1996 und 2002) ergibt sich ein objektiver gemeiner Wert, da durch den niedrigeren Kaufpreis für die übrigen 75 % der Anteile zugleich der überhöhte Kaufpreis des Jahres 1996 ausgeglichen wurde.
Der Senat geht deshalb davon aus, dass der gemeine Wert der abgespaltenen Gesellschaften insgesamt 6.000.000 DM und somit der Geschäfts- bzw. Firmenwert in Bezug auf den Teilbereich S 1.558.348,40 DM betrug.
Für die abgespaltenen Gesellschaften ergeben sich somit folgende (anteiligen) gemeinen Werte:
E... GmbH | ||||
Übergegangenes Vermögen (Buchwerte) | 3.715.230,10 DM | |||
Stille Reserven des Anlagevermögens | 428.669,00 DM | |||
Geschäfts- bzw. Firmenwert | 1.558.348,40 DM | |||
Gemeiner Wert | 5.702.247,50 DM | 5.702.247,50 DM | ||
F... GmbH | ||||
Übergegangenes Vermögen (Buchwerte) | 232.931,50 DM | |||
Stille Reserven des Anlagevermögens | 64.821,00 DM | |||
Geschäfts- bzw. Firmenwert | 0,00 DM | |||
Gemeiner Wert | 297.752,50 DM | 297.752,50 DM | ||
Summe | 6.000.000,00 DM |
Die Sachausschüttung ist deshalb zum gemeinen Wert in Höhe von 6.000.000 DM zu bewerten. Durch die innerbilanziell zu erfassenden Buchwertabgänge ergibt sich eine Einkommenserhöhung bei der Klägerin von 2.051.838,40 DM (gemeiner Wert in Höhe von 6.000.000 DM abzgl. Buchwerte zum 01. Januar 1995 in Höhe von insgesamt 3.948.161,60 DM).
III. | Die Revision war nicht zuzulassen, da die Frage, ob der Übergang wirtschaftlichen Eigentums für das Buchwertprivileg des § 15 UmwStG 1995 genügt, nicht streitentscheidend ist, da bereits kein wirtschaftliches Eigentum auf die abgespaltenen Rechtsträger übergegangen ist (vgl. dazu unter II. 2. b) dd) [2]). |
IV. | Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 136 FGO. Die Kostenquote der Klägerin beträgt 12 %, denn sie hat stille Reserven in Höhe von 2.051.838,40 DM zu versteuern. Der Beklagte unterliegt in Höhe von 88 % (17.186.000 DM abzgl. 2.051.838,40 DM). |
V. | Der Tenor war gemäß § 107 Abs. 1 FGO durch Beschluss vom 10. Juli 2014 zu berichtigen, weil dem Senat bei Verkündung des Tenors nach Schluss der Sitzung vom 01. Juli 2014 eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist. In der Beratung des Senats wurde Einigkeit in Bezug auf den gemeinen Wert der abgespaltenen Rechtsträger in Höhe von 6.000.000 DM erzielt. Bei der Verkündung wurden die angefochtenen Bescheide dahingehend geändert, dass die Sachausschüttung (verdeckte Gewinnausschüttung) von 17.186.000 DM auf 2.051.838,40 DM herabgesetzt wird. Insoweit hat der Berichterstatter den in der Beratung diskutierten Gesamtwert der stillen Reserven (gemeiner Wert in Höhe von 6.000.000 DM abzgl. der Buchwerte in Höhe von 3.948.161,60 DM) in die Urteilsformel übertragen und nicht den Wert der Sachausschüttung. Es handelte sich mithin um einen Übertragungsfehler von den Beratungsunterlagen. |