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(Rentenversicherung - Versicherungspflicht - abhängige Beschäftigung - Geschäftsführer im Familienunternehmen (Pflegedienst) - Umsatzsteuerbefreiung)


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 08.01.2010
Aktenzeichen L 1 KR 30/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 7 Abs 1 S 1 SGB 4, § 1 S 1 Nr 1 SGB 6, § 4 Nr 16e UStG

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2008 wird aufgehoben, soweit darin der Bescheid vom 21. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 hinsichtlich der Rentenversicherungspflicht aufgehoben wurde und soweit festgestellt wurde, dass der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) seit dem 1. November 1990 keine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausübt.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht, ob der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) seit dem 1. November 1990 eine der Sozialversicherungspflicht unterliegende Beschäftigung ausübt.

Der 1951 geborene Kläger ist Jurist. Er errichtete im Februar 1990 zusammen mit seiner Ehefrau eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts unter dem Namen „Privatpflegedienst K GbR“. Die GbR wurde zum 31. Juli 1990 wieder aufgelöst. Seit November 1990 führte und führt die Beigeladene zu 3) den Privatpflegedienst ohne den Zusatz „GbR“ alleine weiter, nachdem der Kläger ihr seine Gesellschaftsanteile übertragen hatte. Zunächst firmierte das Unternehmen in der Folge unter „Privatpflegedienste R/K Inh. E K“. Zum 1. November 1990 wurde der Kläger bei der Beklagten als leitender Angestellter gemeldet. Es wurden Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung entrichtet. Von dem Arbeitsentgelt wurde und wird Lohnsteuer entrichtet. Es wurde und wird als Betriebsausgabe gebucht. Seit 1992 heißt das Unternehmen „Privatpflegedienste E und U R“.

Das Unternehmen wurde fast 15 Jahre lang von der Wohnung aus geführt. Das Bürozimmer diente in der Wohnung abends als Schlafzimmer.

1996 und 1997 trat der Kläger als Sicherungsgeber für Darlehensverpflichtungen der Beigeladenen zu 3) in Höhe von 323.000,- DM bzw. 141.570,- DM auf, indem er ein Wertpapierdepot verpfändete und die Rechte aus einer Grundschuld abtrat.

Der Kläger beantragte im Dezember 2005 bei der B die Feststellung, dass er in seiner Tätigkeit ab dem 1. November 1990 nicht sozialversicherungspflichtig sei. Beigefügt hatte er einen von ihm und seiner Frau (diese firmierend als Privatpflegedienste Inh. E R - Ärztin -) ausgefüllten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen. Danach ist der Kläger bis heute als Geschäftsführer/Leiter des Betriebes zu einem regelmäßig monatlichen Arbeitsentgelt von 6.314,45 Euro brutto beschäftigt. Ihm obliegen die Betriebsleitung und Geschäftsführung, die kaufmännische und betriebswirtschaftliche Leitung, das Controlling und die Organisation der Pflegekräfte. Ohne ihn müsste eine andere Arbeitskraft eingestellt werden. Er sei nicht an die Weisungen der Betriebsinhaberin gebunden und könne seine Tätigkeit frei bestimmen und gestalten. Neben dem Gehalt werde Weihnachtsgeld und eine Gewinnbeteiligung von 50 % des jährlichen Betriebsergebnisses gezahlt, worüber es keine schriftlichen Vereinbarungen gebe.

Die Beigeladene zu 3) gab an, dass ihr Ehemann von Anfang an berechtigt gewesen sei, nach außen im Namen des Betriebes aufzutreten. Die erteilte Handlungsvollmacht gelte unverändert fort.

Die B gab den Vorgang an die Beklagte ab, weil über diese für den Kläger die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden.

Die Beklagte holte eine Auskunft des zuständigen Finanzamtes Charlottenburg ein. Dieses reichte im Juni 2006 eine Anlage zum Prüfungsbericht vom 4. April 2002 ein, wonach die durchgeführte Lohnsteuer/Außenprüfung ergeben habe, dass ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden sei. Feststellungen zur tatsächlichen Durchführung des Arbeitsverhältnisses seien nicht getroffen worden. Anhaltpunkte, die gegen eine Anerkennung des Arbeitsverhältnisses sprächen, hätten sich jedoch nicht ergeben. In den Jahren 1998 bis 2001 sei jeweils Lohnsteuer aus 12.000,- DM monatlich gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2006 stellte die Beklagte gegenüber dem Kläger fest, dass seine Beschäftigung ab 1. November 1990 bei seiner Ehefrau der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege. In der Kranken- und ab Januar 1995 auch in der Pflegeversicherung sei er wegen Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenzen versicherungsfrei.

Der Kläger erhob im Juli 2006 Widerspruch. Die Beklagte habe ausgeblendet, dass er weder wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert sei noch einem - auch keinem eingeschränkten - Weisungsrecht bei der Ausübung seiner Tätigkeiten unterliege. Er und seine Ehefrau hätten das Unternehmen gemeinsam aufgebaut, hafteten gemeinsam für die betrieblichen Verbindlichkeiten und führten das Unternehmen gemeinsam und gleichberechtigt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 23. November 2006 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. In der mündlichen Verhandlung hat er ausgeführt, maßgeblich für den Wechsel der Unternehmensform 1990 seien steuerliche Gründe gewesen. Weil er keine medizinische Ausbildung besitze, wäre Umsatzsteuerpflicht entstanden. Der Stempel „Privatpflegedienste E R - Ärztin -“ werde aus rein steuerlichen Gründen benutzt. Er habe zur Gründung des Unternehmens etwa 250.000,- DM eingebracht. Er habe später Aktien verkauft, um das Darlehen abzulösen. In den letzten Jahren habe das Bruttoarbeitsentgelt immer so in etwa 6.000,- Euro betragen. Seine Tätigkeit umfasse den administrativen Bereich. Er sei zuständig für die Einstellung der Mitarbeiter. Er verhandele mit den Kassen und führe teilweise Gespräche mit den Patienten und deren Angehörigen.

Die Beigeladene zu 3) hat erklärt, ihre Aufgabe bestehe darin, den medizinischen Teil der Arbeit abzudecken. Sie erstelle die Dienstpläne für 50 bis 60 Mitarbeiter. Sie sorge für die Qualitätssicherung der Pflegedienstleistungen. Sie habe zur Anfangsfinanzierung des Unternehmens nichts beigetragen. Für ihren Ehemann erstelle sie keine Dienstpläne.

Mit Urteil vom 3. Dezember 2008 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) seit dem 1. November 1990 keine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) ausübe. Nach Auffassung der Kammer überwögen die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Die gewollte gemeinsame Selbständigkeit habe mit der Auflösung der GbR nicht geendet. Der Kläger führe mindestens gleichwertig mit seiner Ehefrau das Unternehmen. Die gemeinsame Unternehmerschaft komme auch in der Namensführung zum Ausdruck. Die steuerrechtliche Behandlung des Klägers als Arbeitnehmer dürfe damit auf dem Prüfstand stehen. Dies sei jedoch Aufgabe des Finanzamtes, hier ggf. Korrekturen vorzunehmen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beigeladenen zu 2) vom 27. Januar 2009. Der Kläger sei nicht Geschäftsführer des Unternehmens im Sinne der Rechtsprechung zum Geschäftsführer einer Familien-GmbH. Das Unternehmen sei ein Einzelunternehmen, für welches ausschließlich seine Ehefrau hafte.

Es sei auch nach dem Vortrag des Klägers und der Beigeladenen zu 3) nicht so, dass dieser alleine das Risiko der Existenzgründung getragen habe. Darlehensnehmerin sei nämlich nicht er gewesen, sondern seine spätere Ehefrau. Der Kläger sei als Sicherungsgeber aufgetreten, eine Konstellation, die unter Partnern bzw. Eheleuten häufig auftrete.

Der Kläger hat Steuerunterlagen seiner Ehefrau eingereicht. Aus dem Ergänzungsbericht des Finanzamtes Charlottenburg vom 17. März 1998 ergibt sich, dass nach Ansicht des Finanzamtes in den Jahren des Prüfzeitraumes 1992 bis 1996 die Voraussetzungen zu einer Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 e Umsatzsteuergesetz (UStG) gegeben gewesen seien, weil Pflegedienstleistungen im erforderlichen Umfang gegenüber gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe erbracht worden seien.

Die entsprechende Regelung gibt es (erst) seit 1992 zuvor waren nach § 4 Nr. 16 UStG nur Heime derart begünstigt.

Für die Jahre 1990 und 1991 ist das Finanzamt davon ausgegangen, dass ein Großteil der Leistungen umsatzsteuerbefreit gemäß § 4 Nr. 14 UStG gewesen sei aus der Tätigkeit als Arzt oder einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit gewesen sei.

Die Beigeladene zu 2) hat ergänzend vorgebracht, die vorgelegten Steuerunterlagen führten zu keiner geänderten Bewertung.

Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. Dezember 2008 aufzuheben, soweit darin der Bescheid vom 21. Juni 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 hinsichtlich der Rentenversicherungspflicht aufgehoben wird und soweit festgestellt wird, dass der Kläger in seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3) seit dem 1. November 1990 keine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV ausübt.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2) sei nicht berechtigt Berufung einzulegen, weil sie in erster Instanz keinen Antrag gestellt habe.

Nach den alleine maßgeblichen Umständen des konkreten Einzelfalles sei er nicht in das Unternehmen eingegliedert. Abhängigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV scheide deshalb zwingend aus. Dass Meldungen zur Sozialversicherung erfolgt seien, Lohnsteuer entrichtet und entsprechend unternehmerseitig die Beiträge auch verbucht worden seien, seien bloße Reflexwirkungen der gesellschaftsrechtlichen Konstellation, aufgrund derer der Kläger nicht alleiniger oder Mehrheitsgesellschafter gewesen sei und sei.

Die Beklagte hat im Erörterungstermin am 8. Juni 2009 erklärt Anschlussberufung einzulegen.

Diese sei angezeigt, weil die Entscheidung im Falle der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteiles auch rechtswirksam hinsichtlich der Arbeitsförderung ergehen solle. Sie hat diese wieder zurückgenommen und

beantragt,

der Berufung der Beigeladenen zu 2) stattzugeben.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beigeladenen zu 2) ist zulässig, soweit es die Rentenversicherungspflicht betrifft. Entsprechend war ihr Begehr auszulegen. Sie wird durch das Urteil im Sinne des § 54 Abs. 1 und Abs. 2 SGG beschwert und ist deshalb zur Berufung befugt. Sie kann wie alle anderen Versicherungsträger ihre Belange gegenüber der Einzugsstelle wahrnehmen, auch als Drittbetroffene in einem Verfahren eines Versicherten gegen die Einzugsstelle. Speziell für die hier betroffene Rentenversicherung kommt hinzu, dass ihre Leistungen wesentlich von der Beitragsentrichtung abhängen und diese durch etwaige Schadensersatzansprüche des Rentenversicherungsträgers gegen die Einzugsstelle nicht gesichert werden (vgl. ausführlich BSG, U. v. 01.07.1999 –B 12 KR 2/99R- BSGE 84, 136,139). Der Stellung eines ausdrücklichen Klageantrages in erster Instanz hat es nicht bedurft.

Die Berufung der Beigeladenen zu 2) hat Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des von diesem angefochtenen Bescheides der Beklagten. Dieser ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch -SGB VI) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV.

Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine „Beschäftigung“ vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, sowie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG-Urteile vom 8. August 1990, 11 RAr 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 Seite 14 und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 Seite 45) (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 0/04 R - Juris).

Auf dieser Grundlage ist beispielsweise zu beurteilen, ob ein Vertreter einer juristischen Person zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht (so für GmbH-Geschäftsführer BSG, a.a.O.).

Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 72/92 - NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG, Beschluss vom 23. Februar 1995 - 12 BK 98/94 -).

Auch die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu ziehen. Es ist eine Würdigung der Gesamtumstände erforderlich, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen den Angehörigen ernsthaft und eindeutig gewollt, entsprechend vereinbart und in der Wirklichkeit auch vollzogen wurde (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - USK 2002 - 42).

Auch hier gilt, dass nicht die Vereinbarungen der Beteiligten, sondern die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben (BSG SozR 2200 § 1227 Nrn. 4 und 8). Nach der Rechtssprechung des BSG, der der Senat folgt, ist bei Fremdgeschäftsführern einer GmbH regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen und nur in begrenzten Einzelfällen hiervon abzusehen. Ein solcher Ausnahmefall kann bei Familienunternehmen vorliegen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die zum Beispiel dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon ist insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (vgl. BSG Urteil vom 8. Dezember 1987 -7 Rar 25/86 BB 1989,72; Urteil vom 14. Dezember 1999 -B 2 U 48/98 R - USK 9975).

Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist von einem Überwiegen der Merkmale abhängiger Beschäftigung auszugehen. Dass auch gewichtige Gründe für eine gegenteilige Bewertung sprechen, muss deshalb für das Ergebnis zur Gänze unberücksichtigt bleiben:

Im Unternehmen der Beigeladenen zu 2) hat diese ein Letztentscheidungsrecht. Sie tritt nach außen hin bewusst und gewollt als einzige im Rechtsverkehr auf. Ihr Ehemann ist als Geschäftsführer nur ihr Vertreter.

Die Beigeladene zu 3) ist „vom Fach“. Sie ist nicht vollständig von ihrem Ehemann abhängig. Ein Indiz für eine abhängige Arbeitnehmereigenschaft ist es deshalb, dass der Kläger einen oder mehrere ansonsten anzustellende Arbeitnehmer ersetzt.

Die Eheleute haben die gewählte rechtliche Konstruktion (Einzelunternehmer, Arbeitsvertrag) auch nicht geändert, obwohl der Grund für die Auflösung der GbR im Jahr 1990 bereits 1992 weggefallen war. Seit 1992 kann nämlich ein Pflegedienst wie der der Beigeladenen zu 2) nach Maßgabe des § 14 Nr. 16 e UStG Umsatzsteuer befreit sein, auch soweit es nicht um freiberufliche (ärztliche) Tätigkeit geht.

Für abhängige Beschäftigung spricht auch, dass der Kläger eine regelmäßige Bezahlung erhält. Dies ist auch nicht so gering, dass nur von einer familienhaften Mithilfe ausgegangen werden kann. Dass der Kläger gelegentlich auf Gehalt verzichtet – durch Verzicht auf Auszahlung bzw. durch Gewährung eines verlorenen Zuschusses, steht dem nicht entscheidend entgegen. Auch normale Arbeitnehmer verzichten nicht selten im Interesse am Erhalt ihres Arbeitsplatzes auf Gehalt.

Er hatte und weiter keine eigene Betriebsstätte und kann nicht über die eigene Arbeitskraft frei verfügen.

Für abhängige Beschäftigung spricht hier ferner mit starkem Gewicht, dass die Eheleute sowie ihre Steuerbevollmächtigten über Jahre von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bzw. einer lohnsteuerpflichtigen Beschäftigung ausgegangen sind und dies auch gegenüber den Steuerbehörden so angegeben haben. Die Gehaltszahlungen werden als Betriebsausgaben verbucht. Auch insoweit gehen sie also von einem gelebten Arbeitsverhältnis aus. Es unterliegt nicht ihrer Disposition, die Wirkungen des Vertragsverhältnisses nach Maßgabe ihrer Individualnützlichkeit auf bestimmte Rechtsgebiete zu beschränken (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 juris Rdnr. 20).

Die Verpfändung von Wertpapieren und Stellung einer Grundschuld zur Absicherung der Unternehmensgründung und die Ablösung von Verbindlichkeiten stellen sich zwar als Tragung eines Unternehmerrisikos dar, welches aber die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte nicht gewichtig genug nivelliert. Soweit der Kläger im Außenverhältnis möglicherweise auch für Schulden seiner Ehefrau haftet, weil durch den Namen des Pflegedienstes der Eindruck einer Gesellschaft entstehen könnte, stellt dies ebenfalls kein die Einschätzung entscheidend veränderndes Moment dar.

Dass die Eheleute über die Jahre hin alle Geschäftsangelegenheiten einvernehmlich regeln, das Unternehmen als ihr gemeinsames Familienunternehmen begreifen ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht entscheidend. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Der Kläger ist kostenbefreit nach § 183 Satz 1 SGG, weil er Versicherter ist, obwohl er mit dem Prozess gerade inzident Gegenteiliges feststellen lassen will. Der Kläger hat in der Sache einen Teilerfolg erzielt.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 116 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung.