Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 15.02.2019 | |
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Aktenzeichen | 5 K 1737/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2019:0215.5K1737.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Kläger sind seit 2004 Eigentümer des Grundstückes bestehend aus den Flurstücken Gemarkung B..., Flur 7..., Flurstück 1...und Gemarkung W..., Flur 7..., Flurstück 1... unter postalischer Anschrift I.... An das Grundstück schließt sich der Uferbereich des S...an. Das maßgebliche Gebiet ist nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „S...“ vom 11. Juni 2002 (LSG-VO) Teil des Landschaftsschutzgebiets „S...“.
Vom Grundstück reicht eine Steganlage in das Gewässer, welche im Stegkataster unter der Nummer L... erfasst ist. Die Steganlage steht aus einer Holzkonstruktion mit Holzbelag und hat die Abmessungen Länge 12,00 m, Breite 1,00 m. Zudem befindet sich am Uferbereich eine Slipanlage mit den Abmessungen Länge 11,00 m, Breite 2,50 m. Diese Anlage wurde – auch durch die Kläger seit 2004 – bei Bedarf immer wieder repariert und saniert. Links und rechts dieser Einrichtungen befinden sich insbesondere Röhrichtgesellschaften.
Für die Steganlage und die Slipanlage wurde durch den Beklagten unter dem 08. Januar 2007 eine bis zum 08. Januar 2017 befristete wasserrechtliche Genehmigung erteilt. Bereits 1930 wurde für eine seinerzeit bereits bestehende Steganlagen in Holzkonstruktion eine Genehmigung erteilt.
Mit Schreiben vom 27. September 2016 beantragten die Kläger die Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung über den 08. Januar 2017 hinaus. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid unter dem 26. Januar 2017 ab und wies auch den hiergegen erhobenen Widerspruch der Kläger mit Bescheid vom 05. April 2017 zurück. Dabei stützt sich der Beklagte ausweislich der Begründung auf § 87 Abs. 3 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) und vertritt die Auffassung, dem Vorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, da sich dies im Landschaftsschutzgebiet S... befinde. Nach der Schutzgebietsverordnung sei es insbesondere verboten, Ufervegetationen oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen und insbesondere sei es danach auch verboten in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern. Für das rein privat genutzte Vorhaben der Kläger komme auch eine Befreiung nicht in Betracht. Dabei sei auch zu beachten, dass bereits ohne die Schutzgebietsverordnung Röhrichtgesellschaften gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) als Biotope geschützt seien. Auch insoweit komme eine Ausnahme im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes oder insoweit eine Befreiung ebenfalls nicht in Betracht. Auch würden bereits befristet erteilte Genehmigungen nicht routinemäßig durch den Beklagten verlängert.
Mit der am 08. Mai 2017 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Der Erteilung einer Genehmigung stünden keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen und das Wohl der Allgemeinheit würde nicht beeinträchtigt. So könnten keine Röhrichte durch die Anlage beeinträchtigt oder gar zerstört werden. Denn am nämlichen Orte befinde sich – unstreitig – bereits seit 90 Jahren eine Steganlage. Vielmehr würde mit dem Fortbestehen der Steganlage ein für den S... typisches Kleinbiotop erhalten. In der Umgebung der Anlagen würde das Röhricht gut gedeihen, so dass sich in diesem Bereich das gesamte Ökosystem auf die Lücke eingestellt habe. Tatsächlich ginge mit der Schließung der Lücke die gegenwärtig vorhandenen Biodiversität der sehr gut ausgeprägten Biotopqualität verloren, was unter anderem zu einem Verlust von Lebensraum für den Steinbeißer führen würde, Die Kläger hätten am nämlichen Ort den Steinbeißer tatsächlich mehrfach gesehen und er sei für diesen Ort in 2017 im Rahmen eines Monitorings auch durch das Institut für Binnenfischer P... nachgewiesen worden. Innerhalb des Röhrichts sei der Steinbeißer hingegen nicht zu finden. Die weitere Nutzung der Anlage würde vielmehr auch dem Schutzgebietszweck entsprechen. Soweit der Beklagte das Näherungsverbot anspreche, verkenne er den Schutzzweck der Normen. Diesem ginge es erkennbar darum, das Eindringen von Menschen oder Booten in den Röhricht bzw. die Annährung zu verhindern. Sie könne sich aber nicht auf vom Ufer in den See hineinragende Boote und Steganlagen beziehen. Insofern würde man sich dem Röhricht nicht wasserseitig sondern gerade landseitig nähern.
Schließlich verkenne der Beklagte, dass die Anlagen Bestands- und Vertrauensschutz genießen würden. Denn bis zum Ablauf der Befristung seien die Anlagen rechtmäßig genutzt worden. Selbst bei der letzten Genehmigung im Jahr 2007 sei die Landschaftsschutzgebietsverordnung bereits in Kraft gewesen, so dass auch daraus nicht ersichtlich sein, wie sich die Sachlage nun geändert habe, so dass die Kläger eine Fortgenehmigung bekehren könnten.
Zudem lassen die Kläger auf ein Moratorium verweisen und vertreten die Auffassung, es sei in dieser Sache dem Gleichbehandlungsgebot geschuldet, auch den Klägern die Wirkungen des Moratoriums zukommen zu lassen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Januar 2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2017, zugestellt am 12. April 2017, die am 27. September 2016 beantragte wasserrechtlichen Genehmigung zur Beibehaltung einer Steganlage und einer Slip-Anlage an der Bundeswasserstraße S...Gewässer – S...– linkes Ufer bei Kilometer 24, 115, vor dem Grundstück I..., Flur 7..., Flurstück 1...in 1... zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die im Jahr 2007 befristet erteilte Genehmigung sei mit Ablauf der Befristung zum 08. Januar 2017 ausgelaufen. So sei in Bezug auf das 90 jährige Bestehen von Steganlagen am nämlichen Ort zunächst zu beachten, dass die vor ca. 90 Jahren errichtete Anlage keinesfalls heute noch bestehen könne und daher nicht davon ausgegangen werden könne, dass die ursprünglich errichtete Anlage noch heute bestehe. Es sei daher zu beachten, dass mehrere Steganlagen und nicht eine bestimmte über die letzten Jahrzehnte genehmigt worden sein. Schließlich seien nach preußischem Recht erteilte Altgenehmigungen regelmäßig personengebunden mit der Maßgabe erteilt worden, dass bei baulichen Veränderungen oder Eigentümerwechsel diese erlöschen würden. Dies wäre auch zu DDR-Zeiten rechtlich ähnlich gewesen. Ausgehend von der für den Kläger 2007 erteilten befristeten Genehmigung sei Vertrauensschutz daher allenfalls bis Anfang 2017 gegeben.
Die Kläger würden bei ihrer Argumentation zur Schutzgebietsverordnung auch verkennen, dass neben der Erhaltung naturnaher Landschaft auch die Wiederherstellung ein Schutzgebietszweck sei. Daher sei es auch intendiert, dass unnatürliche Lücken im Rörichtgürtel durch den Wegfall von Steganlagen geschlossen würden. Soweit die Kläger einzelne Tierarten, die sich an die Lücke gewöhnt hätten, zur Rechtfertigung der Beibehaltung der Anlagen anführten, sei zu beachten, dass eine Abwägung zwischen den einzelnen geschützten Tierarten weder untereinander noch mit dem gesetzlich geschützten Biotop stattfinden könne. Insbesondere gäbe es keinen unbedingten Vorrang des Steinbeißers, da dann andere geschützte Flora und Fauna vernachlässigt würde. Vielmehr habe der Gesetz- und Verordnungsgeber eine eigene Entscheidung insoweit durch die Unterschutzstellung des Röhrichts getroffen. Im Übrigen sei der Steinbeiß auch nicht auf Stege oder durch Stege freigehaltene Stellen angewiesen, um Lebensraum zu finden, den auch im stehenden Gewässer sei sein Aufenthaltsort nicht fix. Letztlich sei zu beachten, dass dieser Fisch gerade auch im S...ausreichende Ausweichflächen in Ufernähe habe.
Das von den Klägern angesprochene Moratorium betreffe jedenfalls den hier interessierenden Fall nicht. Denn es sei nur auf neue und laufende verwaltungsverfahrensrechtliche Verfahren anzuwenden, während mit Bescheid bzw. Widerspruchsbescheid abgeschlossene Verfahren davon nicht betroffen seien. Im Übrigen sei die rechtliche Relevanz des Moratoriums fraglich.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
I.
Das Gericht durfte in der Besetzung „Einzelrichter“ entscheiden. Denn mit Verfügung vom 05. November 2018 wurden die Beteiligten hierzu angehört und ein Übertragungsbeschluss gemäß § 6 Abs. 1 S 1 VwGO ist am 10. Januar 2019 gefasst worden.
II.
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
1.
Für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Steganlagen im Sinne von § 36 S. 2 Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist nach § 87 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 4 S. 1 Brandenburgisches Wassergesetz (BbgWG) eine (widerrufliche; nach alter Rechtlage befristete) Genehmigung erforderlich. Dies gilt auch für die Beibehaltung von nach Genehmigungsfristablauf nicht mehr genehmigten Anlagen, welche nach § 87 Abs. 5 BbgWG grundsätzlich nach ganz oder teilweisem Erlöschen der Genehmigung unter Herstellung des früheren Zustandes zu beseitigen sind. Dabei schließt die Genehmigungsentscheidung alle weiteren für das Vorhaben nach Landesrecht und nach dem Bundesnaturschutzgesetz erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulassungen ein, § 87 Abs. 3 S. 2 BbgWG.
2.
Über den Antrag der Kläger auf Beibehaltung der vorhandenen Steg- und Slipanlage vom 27. September 2016 war der Beklagte als untere Wasserbehörde zur Entscheidung berufen, § 124 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 und § 126 Abs. 1 BbgWG.
3.
Der Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. April 2017 ist jedoch rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in Ihren Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.
a.
Denn dem Vorhaben stehen insoweit zu beachtende öffentlich-rechtliche Bestimmungen entgegen. Denn bei dem unbestritten und aus dem Lichtbild der Verwaltungsakte ersichtlichen (Beiakte II, Blatt 86) vorhandenen Schilfgürtel (Röhricht) im verfahrensgegenständlichen Bereich, handelt es sich um ein nach § 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG, § 32 Abs. 1 Nr. 1 Brandenburgisches Naturschutzgesetz in der bis zum 31. Mai 2013 geltenden Fassung (BbgNatSchG a.F.) in Verbindung mit Ziff. 1.2 der Biotopschutzverordnung vom 07. August 2006 (GVBl. II, 438) in Verbindung mit § 42 Abs. 1 S. 1 Brandenburgisches Naturschutzausführungsgesetz (BbgNatSchAG) landesrechtlich geschütztes Biotop. Zudem handelt es sich auch um ein nach § 30 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bundesrechtlich geschütztes Biotop. Ferner steht die Steg- und Slipanlage auch im Widerspruch zu den Festsetzungen der im örtlichen Bereich einschlägigen Landschaftsschutzgebietsverordnung „S...“ – dort insbesondere § 4.
b.
Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von natürlichen oder naturnahmen Bereichen fließender oder stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche führen, sind gemäß § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1BNatSchG unzulässig. Dies gilt gemäß § 30 Abs. 2 S. 2 BNatSchG auch für die aufgrund Landesrechts gesetzlich geschützten Biotope. Darüber hinaus gelten landesrechtlich als Handlungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen können, insbesondere die Intensivierung oder Änderung der Nutzung der geschützten Biotope und der Eintrag von Stoffen, die geeignet sind, das Biotop nachteilig zu beeinflussen gemäß § 30 Abs. 8 BNatSchG in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BbgNatSchAG. Schließlich ist es nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LSG-VO verboten, Ufergehölze, die Ufervegetation oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen und es ist verboten, in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern.
Auf der Grundlage des im Verwaltungsvorgang enthaltenen Fotos und der Draufsicht (Beiakte II, Blatt 86, 87) bestehen keine Zweifel daran, dass die gegenständliche Steganlage in einem ausgeprägten Schilfgürtel liegt. Es bedarf bei dieser Sachlage keiner ausführlichen Erläuterung, weshalb die Steg- und Slipanlage eine Beeinträchtigung des Schilfgürtels darstellt, die als erheblich und nachhaltig zu bewerten ist. Die weitere Manifestation der Steg- und Slipanlage und die Nutzung als Boots- und – ausweislich der Verwaltungsakte (Beiakte II, Blatt 49, 50) – auch als Badesteg ist die stärkste Form des Eindringens. Die Anlage und deren Nutzung, die als Einheit zu betrachten sind, verhindern das Schließen des Schilfgürtels. Dabei weist das Gericht darauf hin, dass es sich hierbei um gerichtlich voll überprüfbare Tatbestandsvoraussetzungen handelt. Durch die Anlage der Kläger wird verhindert, dass sich der Schilfgürtel in diesem Bereich komplett schließen kann. Sie stört damit die Wiederherstellung des Röhrichts als Lebensraum für wichtige Arten und beeinträchtigt zudem als naturfremde Anlage das Landschaftsbild des naturnahen Sees. In diesem Zusammenhang ist weiterhin auch die von der Anlage ausgehende Vorbildwirkung zu berücksichtigen. Die Anlage der Kläger stellt keinen Einzelfall dar. Am S... sind zahlreiche Stege vorhanden, die immer wieder den Schilfgürtel zerschneiden. Für die Entwicklung der Artenvielfalt und der Erhaltung der Funktion des Gewässers sind naturnahe und unverbaute Uferbereiche jedoch unverzichtbar. Soweit der Vortrag der Kläger dahingehend verstanden werden soll, die Anlage liege nicht inmitten des Schilfgürtels, sondern außerhalb bzw. innerhalb eines Streifens, der schon immer von Röhrichtbewuchs frei gewesen sei, ändert diese interessengeleitete Beschreibung nichts daran, dass der Bewuchs mit Schilfröhricht dicht an die Anlage und deren Nutzungsstreifen heranreicht und sich zur Überzeugung des Gerichts nach Entfernung der Anlage und Einstellung der Nutzung im nämlichen Bereich schließen wird. Soweit der Vortrag der Kläger weiter dahin verstanden werden soll, dass von einer erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines Biotops deshalb nicht die Rede sein könne, weil der Schilfgürtel durch die vorhandenen Anlagen und ihre Nutzung in keiner Weise angetastet werde, geht dies ebenfalls fehl. Denn insoweit verkennen die Kläger mindestens, dass der gesetzliche Schutz von Röhrichten als Biotop nicht dem Schutz dieser Pflanzen als solcher, sondern vielmehr dem Schutz eines unter anderem die darin lebenden Tierarten umfassenden Lebensraums dient (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. August 2012 – 11 S 15.11). Es liegt auf der Hand, dass die Tauglichkeit auch der an die Anlagen der Kläger angrenzenden Bereiche des Schilfgürtels etwa als Brut- und Rastplatz für Vögel schon durch die mit jeder Nutzung verbundenen Geräusche und Bewegungen nachhaltig beeinträchtigt wird. Dies gilt umso mehr, als der Steg der Kläger – wie bereits dargestellt – kein Einzelfall ist, sondern der Schilfgürtel am S... von zahlreichen – jedenfalls auch – ungenehmigten Steganlagen unterbrochen wird und einer Genehmigung der klägerischen Anlage – gerade wegen der damit verbundenen Öffentlichkeitswirkung – Präzedenzwirkung für weitere Fälle zukommen könnte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg a.a.O.).
Aus den oben genannten Gründen stellen die Anlagen der Kläger zur gerichtlichen Überzeugung auch einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 4 LSG-VO dar, wonach es verboten ist, Ufervegetationen oder Schwimmblattgesellschaften zu beschädigen oder zu beseitigen sowie gegen § 4 Abs. 1 Nr. 5 LSG-VO, der es verbietet, in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern. „Eindringen“ oder „wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern“ mag dabei grundsätzlich ein aktives Tun verlangen. Im Hinblick darauf, dass sich die streitgegenständliche Steganlage mitten im Lebensraum Röhricht befindet, sind die genannten Verbotstatbestände ohne weiteres betroffen. Das gilt dabei auch für den Tatbestand der wasserseitigen Näherung, denn die Stegnutzung durch belaufen und das An- und Ablegen eines Bootes an den Steg, wie auch dessen Nutzen im unmittelbaren Nahbereich und auch das Baden im nämlichen Bereich erfüllen diesen Tatbestand, ohne dass es auf die Anbindung der Anlagenkonstruktion an das Ufer ankommt.
c.
Vorstehendes gilt obschon in 2007 eine wasserrechtliche Genehmigung erteilt wurde. Denn selbst wenn die damalige Situation mit der heutigen vergleichbar sein sollte, wäre die damals erteilte Genehmigung möglicherweise bereits unter damaligen Umständen fehlerhaft gewesen. Aus der bereits Anfang 2017 ausgelaufenen Genehmigung können die Kläger nichts, jedenfalls aber nichts mehr, herleiten. Dass frühere Altgenehmigungen für die erst seit 2004 als Eigentümer eingetragenen Kläger unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes überhaupt interessant sein könnten, haben die Kläger offenbar in 2007 noch nicht einmal selbst so gesehen, denn nicht anders ist zu erklären, dass sie selbst in 2006 einen Genehmigungsantrag stellten und sodann die nur befristete Genehmigung akzeptierten. Aber auch unabhängig davon können sich die Kläger nicht auf etwaige Altgenehmigungen für Steganlagen am nämlichen Orte berufen. Denn der Gedanke des Bestandsschutzes für die aktuell bestehenden Anlagen kann nicht schon deshalb nicht greifen, weil der über die vergangenen Jahrzehnte in die seinerzeitige Holzkonstruktion erforderliche Eingriff so intensiv gewesen sein muss, dass er zu etwas Neuem geführt haben muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 75.71). Kennzeichen einer (bestandsschutzrechtlichen) Identität eines Bauwerks ist, dass das ursprüngliche Bauwerk nach wie vor als Hauptsache erscheint. Hieran fehlt es dann, wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen, wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen erheblich erweitert wird, oder wenn der mit der Instandsetzung verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juli 2010 – 11 N 39.10). Auch die Kläger können nicht behaupten, dass die ursprünglichen Anlagen am nämlichen Ort im Wesentlichen fortbestehen, sondern müssen anerkennen, dass die ursprüngliche Holzkonstruktion schlicht nicht mehr vorhanden ist, da Wind, Wetter und das Wasser die ursprüngliche Konstruktion nach menschlichem Ermessen jedenfalls so vernichtet hat, dass diese Konstruktion sich in der heutigen Anlage nicht mehr – schon gar nicht mehr in den tragenden Teilen – findet.
d.
Der Hinweis der Kläger auf im S... vorhandene geschützte Tier- und Pflanzenarten und insbesondere den Steinbeißer rechtfertigt dabei auch keine andere Beurteilung. Denn es ist nicht ersichtlich oder auch nur substantiiert vorgetragen, dass der Scheinbeißer – obschon unterstellt wird, dass dieser Fisch auch im nämlichen Bereich der Anlagen der Kläger anzutreffen ist – durch eine etwaige Beseitigung der Anlagen mehr als nur geringfügig beeinträchtigt wird. Denn es gibt schon keinerlei Hinweise darauf, dass sich der Steinbeißer ausschließlich im Bereich der klägerischen Anlagen aufhalten würde und nicht hinreichende andere vergleichbare Bereiche im S... nutzen könnte, wie der Beklagte unter Hinweis auch auf die Größe des Sees vorträgt. Die bloße Behauptung der Kläger, die Bereiche gingen gerade am S... so massiv zurück, dass eine Gefährdung dieses Fisches zu fürchten sei, bleibt unbelegt. Weder der schriftsätzliche Vortrag, noch die von den Klägern vorgelegten Unterlagen lassen dies hinreichend substantiiert erkennen. Auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, ob die Kläger insoweit Konkretes vortragen könnten, wurde durch ihren Bevollmächtigten lediglich auf den Vortrag und vorgelegte Unterlagen hingewiesen; diese aber enthalten substantiiert-Konkretes nicht. Dabei ist auch in den Blick zu nehmen, dass nicht etwa die Steg- und Slipanlage als solche, sondern auch nach den Ausführungen der Kläger nur der Offenbereich im Röhrichtgürtel für den Steinbeißer von Bedeutung sein könnte. Schließlich ist dem Gericht auch bekannt, dass zahlreiche weitere Steganlagen im Uferbereich des Sees sich befinden, so dass noch nicht einmal der Wegfall dieser konkreten künstlich im Röhricht offen gehaltenen Stelle sich als erkennbar prekär darstellen dürfte. Schließlich ist dabei auch in den Blick zu nehmen, dass die konkrete fachliche Einschätzung und Abwägung der einzelnen Ziele des Naturschutzes der Bewertung der Naturschutzbehörde obliegt. Angesichts dessen, dass mit der vorliegenden Entscheidung der bundes- und landesgesetzliche angeordnete Schutz des Röhrichtgürtels wie auch der spezielle örtliche Schutz des Röhrichts aufgrund der landesrechtlichen gerade für den nämlichen Bereich geltenden Schutzgebietsverordnung umgesetzt wird, zeigen auch die weitschweifenden Ausführungen der Kläger zum Steinbeißer keinen Abwägungsfehler in der Entscheidung des Beklagten auf. Dass der Beklagte insoweit sogar überhaupt keine Abwägung vorgenommen hätte, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung behaupten ließen, ist weder aus dem Verwaltungsvorgang, noch aus dem schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten nachvollziehbar. Vielmehr hat der Beklagte vorgetragen, dass die Abwägung zwischen Natur- und Artenschutz vorgenommen werden müsse und noch nicht einmal die für Fischbestände zustände Fachbehörde nichts zugunsten der Genehmigung der Steg- und Slipanlage der Kläger ins Feld geführt habe.
Im Übrigen ist zu beachten, dass es in diesem Verfahren nicht um die tatsächliche Beseitigung, sondern zunächst lediglich um die Frage der Genehmigung der Anlage(n) geht. Diese Fragen betreffen aber auch bei Unterstellung der sämtlichen klägerischen Behauptungen die Problematik des Steinbeißers noch nicht einmal direkt.
3.
Zu Recht hat der Beklagte auch keine Befreiung von dem Verbot nach § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNatSchG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 BbgNatSchAG in Verbindung mit Nr. 1.2 und 1.1 Biotopschutzverordnung nach § 67 Abs. 1 S. 1 BNatSchG erteilt. Insoweit sei unterstellt, dass die Befreiungsregelung auch für den vorliegenden Fall zur Anwendung kommt, obschon die Schutzgebietsverordnung nicht darauf verweist.
a.
Danach kommt eine Befreiung in Betracht, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) oder wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege zu vereinbaren ist (Nr. 2).
b.
Geht es um (andere) Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist grundsätzlich zu beachten, dass der Gesetzgeber in der Regel die mit den naturschutzrechtlichen Verboten und Geboten verfolgten öffentlichen Interessen als gewichtig genug betrachtet, um die damit verbundenen Konsequenzen zu rechtfertigen. Nur ausnahmsweise, wenn ein vom Normgeber nicht bedachter Fall vorliegt, kann ein anderes öffentliches Interesse vorrangig sein (zum Vorstehenden bereits VG Frankfurt Oder, Urteil vom 14. Mai 2014 – 5 K 1019/11; P. Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, 2. Auflage, § 67 BNatSchG Rn. 8). Ein solches ist hier bereits nicht ersichtlich.
c.
Soweit bundesgesetzlich nunmehr zufolge § 67 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG auf eine „Unzumutbarkeit“ im Einzelfall abgestellt wird, die an die Stelle der nicht beabsichtigten Härte getreten ist, muss die Behörde bei der Prüfung der Zumutbarkeit auch hier die Bewertung durch den Normgeber beachten und daher annehmen, dass der Normgeber diejenigen naturschutzrechtlichen Konsequenzen, die bei allen oder den meisten Betroffenen vorherzusehen sind, für zumutbar hält. Auch insofern verhält es sich im Ergebnis nicht anders als bisher bei Prüfung der nicht beabsichtigten Härte (P. Fischer-Hüftle a.a.O. Rn. 14). Es muss sich also um einen Ausnahme- bzw. Sonderfall handeln. Eine hieraus folgende Härte ist nach allgemeinem Verständnis gekennzeichnet durch das Erfordernis eines atypischen Sachverhaltes, in dem die Anwendung der Norm zu einem Ergebnis führen würde, das dem mit ihr verfolgten Zweck widerspricht. Das ist für das Vorhaben der Kläger nicht festzustellen. Vielmehr gilt, dass die Belange des Naturschutzes weder von relativ geringem Gewicht sind, noch die Belange der Kläger sich hier als besonders schutzwürdig erweisen (zum Vorstehenden bereits VG Frankfurt Oder, a.a.O). Vielmehr stehen den privaten Belangen der Kläger – die Nutzung einer eigenen privaten Steg- und Slipanlage – gewichtige öffentliche Belange, nämlich die Erhaltung und die Renaturierung des schützenswerten Röhrichts, entgegen. Schließlich ist den Klägern auch nicht insgesamt die Möglichkeit eines Anlegeplatzes genommen, da sie auf zugelassene gemeinschaftliche Anlagen rund um den See zurückgreifen können.
d.
Im Übrigen würde das Vorliegen einer unzumutbaren Härte nicht ausreichen. Zusätzlich muss die durch die Befreiung herbeigeführte Abweichung von den naturschutzrechtlichen Ge- und Verboten mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar sein. Das erfordert eine Abwägung mit den für die Befreiung streitenden geführten Anforderungen. Eine Vereinbarkeit mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist nur gegeben, wenn diese Belange offensichtlich gegenüber den anderen, die Befreiung begründenden Anforderungen, von untergeordneter Bedeutung sind. Die Regelung findet dort ihre Grenzen, wo wesentliche Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf dem Spiel stehen, da diese Belange nicht beliebig zurückgedrängt werden können (zum Vorstehenden bereits VG Frankfurt Oder, a.a.O). Steht als Folge einer Befreiung zu befürchten, dass dem Verbot nach § 30 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNatSchG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 BbgNatSchAG in Verbindung mit Nr. 1.2 und 1.1 Biotopschutzverordnung nicht Genüge getan würde, so ist diese Befreiung mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege unvereinbar.
e.
Auch in diesem Zusammenhang greifen die von den Klägern unter Hinweis auf das Vorkommen des Steinbeißers angeführten Argumente nicht durch, da sie jedenfalls bereits nicht erkennen lassen, dass der Beklagte den Rahmen seiner naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative verlassen hätte.
f.
Soweit die Kläger ein Moratorium ansprechen, nach welchem derzeit durch den Beklagten keine weiteren Ausgangs- und Widerspruchsbescheide erlassen werden, spielt dies bei der rechtlichen Beurteilung dieser Sache nicht hinein, denn jedenfalls können die Kläger aufgrund eines solchen Moratoriums keinen Rechtsanspruch auf Genehmigungserteilung herleiten. Überdies auch deshalb nicht, weil der Beklagte mitteilt, das Moratorium gelte nicht für bereits anhängige gerichtliche Verfahren, sondern nur für neue und noch nicht abschließend entschiedene Verwaltungsverfahren. Zudem teilte der Beklagte mit, das Moratorium werde zum 28. Februar 2019 nach derzeitigem Stand ohne Ergebnis auslaufen.
4.
Nach alledem ist auch eine Rechtsverletzung durch Ablehnung der Genehmigungserteilung nicht ersichtlich.
III.
1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
2.
Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich.