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Entscheidung 9 UF 40/20


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 19.06.2020
Aktenzeichen 9 UF 40/20 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0619.9UF40.20.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Königs Wusterhausen vom 13. Januar 2020 - Az. 5 F 645/19 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Mutter zu tragen.

III.   Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

IV.   Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die seit März 2016 getrennt lebenden Eltern des am … März 2009 geborenen A…-J… B…, den sie seither im wöchentlichen Wechselmodell betreuen. In den geraden Kalenderwochen hält sich A…-J… bei der Mutter auf, in den ungeraden Wochen beim Vater; der Wechsel erfolgt jeweils montags nach Schulschluss.

Im November 2019 hat die Mutter auf Erlass einer sämtliche Ferien des Landes Brandenburg und den Muttertag umfassenden gerichtlichen Ferien- und Feiertagsregelung zunächst nur für das Kalenderjahr 2020 angetragen.

Der Vater sah jenseits der längeren Sommerferien mit Blick auf das gelebte Wechselmodell keinen Anlass für eine gerichtliche Umgangsregelung.

Beide Eltern haben in der Folgezeit ausdrücklich eine allgemeine Ferienregelung über das Jahr 2020 hinaus begehrt.

Nach mündlicher Anhörung der Beteiligten hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 13. Januar 2020 die Sommerferien hälftig in der Weise geteilt, dass in den geraden Kalenderjahren die Mutter die ersten drei Wochen und der Vater die letzten drei Wochen mit A…-J… verbringt, während in ungeraden Kalenderjahren erst der Vater drei Wochen und anschließend die Mutter drei Wochen Umgang haben wird. Ferner hat das Amtsgericht angeordnet, dass A…-J… den 26. Dezember eines Jahres von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr bei dem ihn nicht regulär betreuenden Elternteil verbringt, wenn die Zeit vom 24. bis einschließlich 26. Dezember eines Jahres insgesamt in die Betreuungswoche eines Elternteils fällt. Für weitergehende Ferien- und Feiertagsregelungen hat das Amtsgericht mit Blick auf das praktizierte Wechselmodell und zur Vermeidung unnötiger Durchbrechungen der aus Sicht des Familiengerichts für A…-J… wichtigeren Umgangsroutine keinen Anlass gesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe Bezug genommen.

Gegen diese ihr am 16. Januar 2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 13. Februar 2020 eingegangene Beschwerde der Mutter. Sie erstrebt weiterhin eine Ferienregelung auf der Grundlage ihres – ausschließlich für das Jahr 2020 formulierten – Antrages aus erster Instanz. Die gerichtliche Regelung berücksichtige weder den Kindeswillen noch die Bedürfnisse der Mutter, insbesondere für die Sommerferien des laufenden Kalenderjahres.

Der Vater verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

Auch das Jugendamt sieht keinen Abänderungsbedarf.

Der Verfahrensbeistand hat nach neuerlicher persönlicher Anhörung des Kindes auf dessen bereits in der Vergangenheit geäußerten Wünsche Bezug genommen und den besonderen Wunsch A…-J… an einer regelmäßigen Anwesenheit am Geburtstag der Schwester am … Juli hervorgehoben.

II.

Die Beschwerde der Mutter ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthaft sowie form- und fristgerecht gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1 FamFG eingelegt worden. Das mithin zulässige Rechtsmittel bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Amtsgericht ist in einem nicht zu beanstandenden Verfahren nach umfassender Anhörung aller Beteiligten zu einer ausgewogenen und ausreichenden Umgangsregelung gelangt, die – auf der Grundlage des gelebten wöchentlichen Wechselmodells - die berechtigten Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt. In zulässiger Weise hat das Amtsgericht dabei in Abänderung von dem Grundsatz, dass regelmäßig bei einem Streit der Eltern über Einzelheiten des Umgangs der Umgang insgesamt in vollstreckbarer Weise festzulegen ist (vgl. Peschel-Gutzeit in Staudinger/Dürbeck, BGB, Neubearbeitung 2019, § 1684 Rn. 177), hier vorrangig allein dem streitigen Ferien-/Feiertagsumgang geregelt, weil sich dieser von dem regulären und unstreitigen Wechselmodell klar abgrenzen lässt (s. ausdrückl. Wache NZFam 2020, 300). Die Entscheidung ist sorgfältig und überzeugend begründet, weshalb der Senat zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe Bezug nimmt. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt ein anderes Ergebnis nicht.

Die Ausführungen der Mutter lassen bereits weitestgehend eine inhaltlich-sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung vermissen und schon nicht erkennen, ob und ggf. wie die ausschließlich für das laufende Kalenderjahr konkret formulierten Umgangsanträge auf die kommenden Jahre übertragen werden sollen. Einzig die vom Amtsgericht für den Sommer 2020 getroffene Regelung zum Ferienumgang wird überhaupt konkret angegriffen.

Für eine abändernde Regelung für die bevorstehenden Sommerferien besteht indes auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kein Anlass. Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass – arbeits- bzw. umschulungsbedingt - keiner der Elternteile in den ersten drei Wochen der Sommerferien Urlaub nehmen kann und die erforderliche umfängliche Betreuung des gemeinsamen Sohnes in dieser Zeit nur unter Rückgriff auf den erweiterten Familienkreis  bewerkstelligt werden kann. Das allerdings trägt eine abändernde Entscheidung, die dann nur darauf gerichtet sein könnte, auch in den Sommerferien das wöchentliche Wechselmodell zu praktizieren, nicht. Dass die Mutter diese Variante – erneut ohne sachliche Begründung – präferiert, ist unter den obwaltenden Umständen kein ausreichend tragfähiger Anknüpfungspunkt.

In diesem Zusammenhang bleibt der vom Amtsgericht zutreffend angesprochene Aspekt hervorzuheben, dass sich der Vater mit seiner eher auf die zweite Ferienhälfte ausgerichteten Urlaubsplanung nicht nur an seinen – aus betrieblichen Gründen sehr frühzeitig geäußerten - Wünschen, sondern letztlich auch an den von der Mutter selbst noch am 18. November 2019 geäußerten Vorstellungen (die ersten beiden Ferienwochen für sie, weil nicht so viel Urlaub) orientiert hat. Gründe, weshalb in der Antragsschrift der Mutter vom 29. November 2019 dann plötzlich der Vater die ersten Ferienwochen mit A…-J… verbringen sollte, sind dort tatsächlich weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Noch in der Beschwerdeschrift vom 10. Februar 2020 wird nur abstrakt mitgeteilt, dass die Mutter aufgrund der Umschulungsmaßnahme „nicht so flexibel“ ist. Erstmals im Schriftsatz vom 20. Mai 2020 hat die Mutter geltend gemacht, in den ersten drei Sommerferienwochen keinen Urlaub nehmen zu können, was auf Auflage des Senates inzwischen auch tragfähig belegt ist. Ebenso ist belegt, dass die Halbschwester und die Großmutter mütterlicherseits eine Ferienbetreuung A…-J… in der Zeit vom 29. Juni bis zum 20. Juli 2020 nicht abdecken können. (Wie die Mutter unter diesen Umständen ein durchgehendes Wechselmodell gestalten will, bleibt ungeklärt.)

Ist damit aber jetzt von einer Verhinderung der Mutter in der umfänglichen Ferienbetreuung in der Zeit vom 29. Juni bis 20. Juli 2020 auszugehen, die dann notfalls unter - im Schreiben vom 5. Juni 2020 ausdrücklich angebotenem – Rückgriff auf die väterliche Familie auszugleichen sein wird, ist das noch kein Grund, A…-J… auch einen Ferienaufenthalt bei und mit dem Vater zu versagen. Der Vater hatte – wie auch er auf Auflage des Senats belegt hat - eine Urlaubsreise nach Übersee geplant, die der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen und zwischenzeitlich durch einen für die Zeit vom 24. Juli bis zum 7. August 2020 verbindlich gebuchten und bestätigten Ferienaufenthalt an der Ostsee ersetzt worden ist. Das ist – zugunsten des Vaters streitet ein wirksam gewordener Beschluss erster Instanz – überhaupt nicht zu beanstanden. Es erscheint mit Blick auf die besonderen Belastungen, die die pandemie-bedingten Kontaktbeschränkungen nicht für die Eltern, sondern gerade für die Alltagsgestaltung der Kinder mit sich gebracht haben, unter dem Aspekt des Kindeswohls im Gegenteil vielmehr förderlich, wenn A…-J… die Gelegenheit gegeben werden kann, diesen Alltag zu vergessen und andernorts neue Eindrücke zu sammeln und schöne Ferienerlebnisse zu haben.

Richtig ist, dass A…-J… dann auch in diesem Jahr nicht am Geburtstag seiner Schwester am … Juli zugegen sein kann. Der Senat hat durchaus zur Kenntnis genommen, dass das Kind sich eine Teilnahme am – schon im vergangenen Jahr verpassten - Geburtstag der Schwester sehr wünscht, hält dies aber weder für das laufende Kalenderjahr noch für die Folgejahre für ein taugliches (allein)entscheidendes Kriterium für die Ferienaufteilung. Selbst wenn man unterstellt, dass der Geburtstag der 19-Jährigen - in diesem Alter wird in aller Regel eher in der Peergroup als in der Familie groß gefeiert - innerfamiliär ein zwingend taggebundenes und nicht nachholbares Ereignis von herausgehobener Bedeutung sein sollte (wofür nichts vorgetragen ist; ein Vorfeiern von Weihnachten etwa ging beim Vater im vergangenen Jahr ebenso problemlos wie das Nachfeiern des eigenen Geburtstages des Kindes dort), stünde dies nicht in einem angemessenen Verhältnis zu einer verpassten/verkürzten Ferienreise (im letzten Jahr eine Kreuzfahrt, jetzt die Reise an die Ostsee). Es muss stark bezweifelt werden, dass A… selbst – vor eine entsprechende Wahl gestellt - zu einem anderen „Abwägungsergebnis“ käme; dies wäre jedenfalls nicht in seinem wohlverstandenen Interesse. Jenseits des laufenden Kalenderjahres hat das Amtsgericht diesem Aspekt allerdings insoweit Rechnung getragen, als die hälftige Teilung der Sommerferien rollierend, also einmal beginnend mit dem einen Elternteil und im Folgejahr beginnend mit dem anderen Elternteil gestaltet worden ist. Das führt dazu, dass A…-J… bis 2024 (nur für diesen Zeitraum besteht bereits eine feste Ferienplanung des Brandenburgischen Bildungsministeriums) an drei von fünf Jahren am Geburtstag der Schwester im mütterlichen Haushalt sein wird.

Soweit die Mutter die erstrebte Neuverteilung der anstehenden Sommerferien damit begründet, dass die familiengerichtliche Regelung durch die Verknüpfung mit dem wöchentlichen Wechselmodell im konkreten Fall zu einem jeweils vier Wochen währenden Aufenthalt bei einem Elternteil führt, trägt auch das nicht. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Mutter mit ihrem vorgerichtlichen Ansinnen, der Vater möge doch die Ferienbetreuung des Sohnes in der Zeit vom 3. bis 30. Juli 2020 übernehmen, ersichtlich grundsätzlich weder für sich noch für A…-J… ein Problem darin gesehen hat, wenn Vater und Sohn vier Wochen am Stück miteinander verbringen. Dieses Argument ist also offenbar eher verfahrenstaktischer Natur. Im Übrigen muss eine – ausschließlich aus Gründen der Unfähigkeit der Eltern, hier zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen, notwendige - gerichtliche Regelung abstrakt-generell und gleichzeitig in einer für alle Beteiligten noch verständlichen und vor allem zuverlässig handhabbaren Weise formuliert sein. Vor diesem Hintergrund ist im Streitfall die (rollierende) Aufteilung der Sommerferien in zwei gleichgroße Blöcke eine gleichermaßen geeignete und ausgewogene Regelung. Für den bereits angesprochenen Zeitraum feststehender (und grundsätzlich jährlich „wandernder“) Sommerferien (bis einschließlich 2024) ist eine derartige gleichmäßige Aufteilung der Ferien, die sowohl Blöcke einer jeweils vierwöchigen Betreuung des Kindes verhindert und zugleich auch einen Aufenthalt bei der Mutter am Geburtstag der Schwester sicherstellt, schlicht nicht möglich.

Die angesprochenen Probleme der Feriengestaltung im Sommer des laufenden Kalenderjahres belegen allerdings eindrucksvoll die Notwendigkeit einer generell- abstrakten Ferienregelung auch über 2020 hinaus. Gründe, weshalb die Mutter – abweichend von den insoweit erstinstanzlich übereinstimmend geäußerten Vorstellungen beider Eltern – nunmehr (wohl ?) nur noch eine Ferien- und Feiertagsregelung für das restliche Jahr 2020 begehrt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat wird eine solche beschränkte Regelung zur Vermeidung vergleichbaren Streits in der Zukunft jedenfalls nicht vornehmen.

Auch im Übrigen tritt der Senat den Überlegungen des Familiengerichts dahin bei, dass bei dem gelebten wöchentlichen Wechselmodell eine gerichtliche Ferienregelung mit dem Inhalt einer hälftigen Aufteilung der regelmäßig 14-tägigen Oster- und Herbstferien von vornherein nicht veranlasst ist. Besondere Gründe, weshalb in dieser Zeit von dem Wechselmodell abgewichen werden sollte, hat die Mutter zu keiner Zeit vorgetragen. Solche sind auch sonst – insbesondere auch für das laufende Kalenderjahr - nicht ersichtlich. Die Osterferien sind inzwischen abgelaufen; die erste Woche der Herbstferien 2020 fallen in eine gerade Kalenderwoche, so dass A…-J… ohnehin vom 12. bis 19. Oktober 2020 bei der Mutter aufhältig sein wird. Warum es hier im berechtigten oder gebotenen Interesse des Kindes oder der Mutter sein sollte, abweichend von diesem regelmäßigen Wechselrhythmus einen Ferienaufenthalt bei der Mutter vom 11. bis 18. Oktober 2020 anzuordnen, erschließt sich nicht ansatzweise.

Gleiches gilt für die von der Mutter erstrebte Regelung über Weihnachten und Silvester (2020). Mit der vom Amtsgericht gefundenen Regelung ist sichergestellt, dass A…-J… über Weihnachten jeweils Gelegenheit zum Feiern mit beiden Elternteilen hat und Silvester abwechselnd bei dem einen oder anderen Elternteil (in den nächsten fünf Jahren im Übrigen auch hier dreimal mit der Mutter, was den gegenüber dem Verfahrensbeistand und der Amtsrichterin geäußerten Wünschen des Kindes entgegenkommt) verbringen kann.

Eine Regelung zum Muttertag des laufenden Kalenderjahres hat sich bereits durch Zeitablauf erledigt. In den nächsten beiden Jahren fällt dieser Tag ohnehin in den Regelumgang der Mutter. Jenseits dessen hat das Amtsgericht die Eltern hinsichtlich solcher besonderen Tage (wie etwa auch den von der Mutter in ihrer Antragstellung nicht berücksichtigten sog. Vatertag oder die Geburtstage des Kindes und der Eltern) zu Recht darauf verwiesen, dass es den Eltern unbenommen bleibt, eigenständig abweichende Vereinbarungen zum regelmäßigen Wochenintervall zu treffen, und ein Bedarf für eine gerichtliche Regelung insoweit grundsätzlich nicht besteht. Hierzu hat das Familiengericht anknüpfend an die Ausführungen des Jugendamts zu Recht das besondere Interesse des – an ADHS leidenden und deshalb besonders auf Sicherheit und Stabilität seiner Lebensumstände angewiesenen – A…-J… an der Aufrechterhaltung der Alltagsroutine mit wöchentlichen Wechseln betont, das die Eltern auch im Falle einvernehmlicher Änderungen besonders im Blick behalten sollten.

Der Senat hat von einer erneuten mündlichen Anhörung der Beteiligten abgesehen (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Das Amtsgericht hat die Kinder und die übrigen Verfahrensbeteiligten (erst) am 13. Januar 2020 angehört; die Beteiligten haben ihre gegenläufigen Standpunkte im Beschwerdeverfahren schriftlich ausgetauscht und vertieft; die geäußerte Willenshaltung des Kindes ist durch die Mutter und den Verfahrensbeistand anschaulich vermittelt worden. Daraus ergibt sich ein ausreichend verlässliches und vollständiges Bild. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren und besseren Erkenntnisse der Senat durch eine eigene persönliche Anhörung gewinnen könnte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.