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Aufenthaltserlaubnis


Metadaten

Gericht VG Potsdam 8. Kammer Entscheidungsdatum 13.12.2011
Aktenzeichen 8 L 669/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 18a AufenthG, § 23a AufenthG, § 25a AufenthG, § 3 Abs 1 AufenthG, § 48 Abs 2 AufenthG, § 5 Abs 1 Nr 4 AufenthG, § 5 Abs 2 Nr 3 AufenthV, § 55 Abs 1 S 3 AufenthV, Art 8 Abs 1 MRK, Art 4 Abs 3 GG

Tenor

1. Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz vom 30. September 2011 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,- € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16. September 2011 gegen den Bescheid vom 12. September 2011 anzuordnen,

ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig. Zwar würde der Antragsteller in der Hauptsache die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begehren, mithin eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO erheben. Verpflichtungsklagen entfalten aber regelmäßig keine aufschiebende Wirkung, die gerichtlich angeordnet oder wiederhergestellt werden könnte, denn gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben lediglich Anfechtungswidersprüche und -klagen aufschiebende Wirkung. Jedoch ist im Geltungsbereich des § 81 Abs. 3 und Abs. 4 AufenthG ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dann statthaft, wenn mit der Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zugleich die durch die Antragstellung bewirkte Fiktion eines erlaubten Aufenthalts nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, einer ausgesetzten Abschiebung nach § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG oder eines als fortbestehend geltenden Aufenthaltstitels nach § 81 Abs. 4 AufenthG erloschen ist. In diesen Fällen beinhaltet die Versagung eines Aufenthaltstitels über die bloße Ablehnung einer Begünstigung hinaus eine Belastung für den betroffenen Ausländer. Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18, 18 a AufenthG am 29. Juli 2011 im Besitz einer bis zum 31. Juli 2011 befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 23a AufenthG. Der Antrag hat somit gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG die Fiktion ausgelöst, dass der Aufenthaltstitel bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend galt.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist aber unbegründet. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an einem weiteren vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet und dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des Ablehnungsbescheids vom 12. September 2011 fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil sich der angegriffene Ablehnungsbescheid bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist. Der Antragsteller hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit nach §§ 18, 18 a AufenthG.

a) Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18, 18 a AufenthG müssen über die speziellen Voraussetzungen der in das Ermessen der Ausländerbehörde gestellten Entscheidung nach § 18 Abs. 2 und § 18 a Abs. 1 AufenthG hinaus auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sein (OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. April 2011 – 13 ME 205/10 –, zit. nach juris, Rn. 5; VGH München, Beschluss vom 12. Februar 2009 – 10 CS 09.10 –, zit. nach juris, Rn. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 17. März 2009 - 11 S 448/09 –, zit. nach juris, Rn. 4; VG Berlin, Urteil vom 11. Juni 2010 – 4 K 322.09.V –, zitiert nach juris, Rn. 16). Dabei kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer an (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. Februar 2005 – 11 PA 345/04 –, zit. nach juris, Rn. 8).

Der Antragsteller erfüllt offenkundig nicht die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AufenthG. Nach § 3 Abs. 1 AufenthG dürfen nur Ausländer in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten oder gültigen Pass oder einen Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind (Satz 1). Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (Satz 2).

Der Antragsteller besitzt weder einen gültigen armenischen Pass noch ist er von der Passpflicht befreit. Er hat ferner keinen Anspruch auf Ausstellung eines Ausweisersatzes nach § 48 Abs. 2 AufenthG. Nach § 48 Abs. 2 AufenthG kann ein Ausländer dann der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung genügen, wenn er einen Pass weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann und die Bescheinigung als Ausweisersatz bezeichnet ist. Vorliegend besitzt der Antragsteller zwar keinen Pass, er könnte ihn allerdings in zumutbarer Weise erlangen. Die näheren Voraussetzungen für die Erteilung eines Ausweisersatzes sind in § 55 AufenthV geregelt. Darin wird der Begriff der Zumutbarkeit durch die Verweisung des § 55 Abs. 1 Satz 3 AufenthV auf § 5 Abs. 2 AufenthV konkretisiert. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV gilt u.a. als zumutbar die Ableistung der Wehrpflicht, sofern deren Erfüllung nicht ausnahmsweise aus zwingenden Gründen unzumutbar ist.

Zwar scheitert die Ausstellung eines armenischen Nationalpasses, mit dem die Passpflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erfüllt werden könnte, nach den insoweit glaubhaften Angaben des Antragstellers sowie der vorgelegten Auskunft der Konsularabteilung der armenischen Botschaft vom 30. Mai 2011 (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. April 2011, a. a. O., Rn. 5) daran, dass er in Armenien bislang seinen Wehrdienst nicht abgeleistet hat bzw. keinen Wehrpflichtpass vorlegen kann, aber es kann ihm zugemutet werden, seine Wehrpflicht oder einen gleichwertigen Ersatzdienst in Armenien abzuleisten.

Nach dem in § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV zu Tage tretenden Grundsatz ist nämlich die Erfüllung der Wehrpflicht grundsätzlich als zumutbar anzusehen, sofern sich nicht ausnahmsweise aus zwingenden Gründen anderes ergibt. Hierbei ist zum einen die Wertung des deutschen Gesetzgebers zu berücksichtigen, wonach die Durchsetzung der vormaligen Wehrpflicht auch ein zwingender Passversagungsgrund sein konnte (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 7 und Nr. 8 PassG). Infolgedessen ist es keineswegs ein sachfremder Grund, wenn ein Staat die Passerteilung von der Erfüllung der Wehrpflicht abhängig macht (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 8. September 2009 – 32 Ss 103/09 –, zit. nach juris, Rn. 6). Zum anderen ist auch die Folge einer Anerkennung der Wehrpflicht als unzumutbar in den Blick zu nehmen: Sie stellt einen Eingriff in die Passhoheit des Heimatstaates dar, der den Ausländer faktisch von der Erfüllung seiner staatsbürgerlichen Pflicht im Heimatstaat freistellt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. April 2011, a.a.O., Rn. 8).

In Anbetracht des daraus abzuleitenden strengen Maßstabs vermag die Kammer keine zwingenden Gründe zu erkennen.

Soweit es um eine Unzumutbarkeit der Wehrpflicht in der armenischen Armee selbst geht, vermögen die vorgelegten Dokumente zur Wehrpflicht in Armenien eine konkrete Gefährdungslage des Antragstellers nicht glaubhaft zu machen. Der Wehrdienst in Armenien selbst stellt sich nach den vorliegenden Unterlagen (TransKaukasus-Institut, Wehrpflicht in der Republik Armenien; Bericht vom 25. 10. 2007; Bericht von Thomas Hammarberg, Kommissionsbericht vom 9. Mai 2011; vgl. auch die Auskunft von Dr. Thessa Savvidis vom 1. Juli 2011 an das Verwaltungsgericht Schwerin) zwar als hart, bisweilen auch diskriminierend und mit der Gefahr für Leib und Leben verbunden dar, ohne allerdings in allen oder auch nur überwiegenden Fällen eine grundrechtsverletzende Behandlung (vgl. Bericht von Thomas Hammarberg, a. a. O.; i. Ü. so auch Dr. Savvidis, Seite 2 ff., a.a.O.) belegen zu können. Zwar finden sich deutliche Hinweise und in Einzelfällen auch Belege für erniedrigende und körperliche Misshandlung. Indessen wird dies festgestellt, ohne eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der Wehrdienstleistenden erhebliche Zahl von Übergriffen auf Wehrdienstleistende mit Todes- oder Verletzungsfolge anzugeben. Vielmehr vermögen sie keineswegs in der Breite eine Misshandlungspraxis zu belegen, welche eine konkrete Gefährdung des Antragstellers und damit die Unzumutbarkeit der Ableistung seines Wehrdienstes in Armenien „aus zwingenden Gründen“ glaubhaft erscheinen ließe. Der Umstand, dass der Wehrdienst 24 Monate dauert, der sog. Ersatzdienst (vgl. hierzu Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. November 2010 unter 1.6) hingegen 36 Monate und ein ebenfalls eingerichteter Alternativdienst außerhalb der Streitkräfte 42 Monate, stellt keinen Grund dar, welcher die Unzumutbarkeit des dortigen Wehrdienstes belegen könnte. Erkennbar gehört der Antragsteller auch nicht der Gruppe der Zeugen Jehovas an, für die das Auswärtige Amt in dem Lagebericht eine diskriminierende Inhaftierungswelle konstatiert hat.

Ferner ist der Militärdienst nicht für den Antragsteller unzumutbar, weil er Kriegsdienstverweigerer wäre. Er hat kein staatlich anerkanntes Kriegsdienstverweigerungsverfahren durchlaufen und sein hierfür mehrfach in Bezug genommenes Schreiben vom 15. Juni 2006 stellt bereits seiner Überschrift nach nur eine persönliche Meinungskundgabe über den Wehrdienst in der armenischen Armee dar. Diese Stellungnahme enthält in bekenntnishafter Form, wenngleich inhaltlich nur dürftig durch Fakten unterlegt, eine ablehnende Haltung zum Wehrdienst aus religiösen und humanistischen Motiven. So appellativ und nachvollziehbar sie gehalten ist, so wenig begründet sie für sich eine stichhaltige und dauerhafte Gewissensentscheidung, die nach Artikel 4 Abs. 3 GG beachtlich wäre.

Sofern sich der Antragsteller auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. Oktober 2010 zum Aktenzeichen 13 ME 205/10 (juris) beruft, liegt der vorliegende Fall anders. Dem Antragsteller im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg wurde zu Gute gehalten, dass er bei einer Ausreise seine Berufsausbildung im Inland abbrechen müsste, um in Armenien seinen Grundwehrdienst anzutreten. Aus einer Vergleichsbetrachtung mit § 12 Abs. 4 WPflG folgerte das Oberverwaltungsgericht, dass der Abbruch der Berufsausbildung eine besondere Härte für den Antragsteller bedeuten würde und schlussfolgerte hieraus einen zwingenden Grund im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 3 AufenthV. So liegt es hier gerade nicht, denn die Beendigung der Ausbildung war dem Antragsteller bereits durch mehrfache Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ermöglicht worden. Vielmehr steht die Aufnahme der Erwerbstätigkeit als Aufenthaltszweck im Streit. Diesem Zweck kommt aber nach der Parallelwertung des § 12 Abs. 4 Satz 1 WPflG nur dann der Vorrang vor dem Wehrdienst zu, wenn es sich um eine einmalige und außergewöhnliche Berufschance handelte (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1993 – 8 C 32.92 – Buchholz, 448.0 § 12 WPflG Nr. 182; Beschluss vom 1. Februar 1996 – 8 C 47.95 – Buchholz, a. a. O. Nr. 190). Hierfür gibt der vorgelegte Arbeitsvertrag keinen Anhalt. Ihm ist auch nicht zu entnehmen, dass das auf ein Jahr befristete Arbeitsverhältnis automatisch verlängert oder in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt werden würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2006 – 6 C 22.05 – Buchholz a. a. O. Nr. 209).

b) Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, der das Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG rechtfertigen könnte. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn besondere, atypische Umstände vorliegen, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, aber auch dann, wenn höherrangiges Recht es gebietet (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2010 – 1 C 20.09 –, zit. nach juris, Rn 28).

Das sinngemäße Vorbringen des Antragstellers, er sei sog. „faktischer Inländer“, dessen Anspruch auf Achtung seines Privatlebens nach Artikel 8 Abs. 1 EMRK aufgrund seiner Verwurzelung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht im Falle einer Aufenthaltsbeendigung verletzt werden würde, überzeugt nicht. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Antragsteller bereits als Fünfjähriger in die Bundesrepublik mit seiner Familie eingereist ist, als Siebenjähriger wieder ausreiste, sich aber seit Anfang 1998, also seit seinem 10. Lebensjahr ununterbrochen in der Bundesrepublik aufhält. Dies wie auch seine damit einhergehende Schul- und Berufsausbildung in Brandenburg und Berlin, seine Freizeitaktivitäten im Verein Grün-Weiß Klein-… und anderen Sportvereinen, seine Sanitätsausbildung und anschließende ehrenamtlicher Betätigung, die offenkundig guten sprachlichen Voraussetzungen lassen zwar ohne weiteres das Potential erkennen, ein faktischer Inländer zu werden, belegen aber nicht schon für sich allein einen solchen Status.

Zum einen ist der Aufenthaltsstatus des Antragstellers bislang nicht verfestigt, denn er wurde nach dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylfolgeverfahrens am 21. Dezember 2004 zunächst nur geduldet und erhielt erst ab 21. Dezember 2006 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 a AufenthG. Diese im Ergebnis zwei Mal bis zum 31. Juli 2011 verlängerte Aufenthaltserlaubnis beruhte auf einer Entscheidung der Härtefallkommission des Landes Brandenburg mit der Zielrichtung, dem Antragssteller zu ermöglichen, zunächst das Fachabitur zu erreichen und anschließend (seit 2008) die Ausbildung zum Bürokaufmann abschließen zu können. Diese der Sache nach auf einen vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet abzielenden Zweckrichtungen spiegeln sich teilweise in den Nebenbestimmungen zu den Aufenthaltserlaubnissen wieder. Mehrfach ist dem Antragsteller bzw. dem für ihn auftretenden Diakonischen Werk seitens der Ausländerbehörde erläutert worden, dass die Erfüllung der Passpflicht eine notwendige Bedingung seines Verbleibs im Bundesgebiet sei. Auch konnte er nicht glaubhaft machen, dass er schon gegenwärtig wirtschaftlich in den hiesigen Lebensverhältnissen der Bundesrepublik verwurzelt wäre. Der in Kopie vorliegende Arbeitsvertrag mit der Firma … GmbH ist auf den Zeitraum vom 1. Juli 2011 bis zum 30. Juni 2012 befristet. Dass dem Antragsteller eine Entfristung dieses Arbeitsverhältnisses glücken könnte oder anderweitige Arbeitsmöglichkeiten bei der von ihm erworbenen beruflichen Qualifikation offen stünden, erscheint zwar nicht ausgeschlossen, belegten indessen angesichts des sich erst vollziehenden Eintritts in das Erwerbsleben noch nicht hinreichend eine wirtschaftliche Verwurzelung. Eine schützenswerte eheliche oder familiäre Beziehung des Antragstellers i. S. von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG besteht ebenso wenig.

Auf der anderen Seite ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller in einem Ausmaß den Lebensverhältnissen seines Herkunftsstaates entfremdet wäre, dass seine Ausreise nach Maßgabe von Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich wäre (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Februar 2009 – 11 S 3244/08 –, zit. nach juris, Rz. 20; VG Potsdam, Beschluss vom 12. Juli 2011 – VG 8 L 336/11 – S. 4 des Entscheidungsabdrucks). Seine Familie, bestehend aus Vater, Mutter und zwei Schwestern, lebt in Armenien. Er selbst kann sich zur Überzeugung der Kammer auf Armenisch verständigen; er hat diese Sprache durch seine Familie als erste Sprache in Armenien in seinen ersten sechs Lebensjahren erworben und sich bei natürlicher Betrachtungsweise auch nach seiner Einreise in die Bundesrepublik mit seinen Angehörigen in seiner Muttersprache jedenfalls bis zum Jahr 2005 verständigt. Er läuft daher, entgegen den Behauptungen seines Verfahrensbevollmächtigten, nicht Gefahr, infolge von Verständigungssschwierigkeiten als Befehlsverweigerer einer straf- und menschenrechtswidrigen Behandlung in der Armee ausgesetzt zu sein.

Tatsächlich konnte der Antragsteller nicht nur seine Schulausbildung im Jahr 2005 zu Ende führen, sondern erwarb das Fachabitur an der OSZ „…“ in ... , arbeitete nebenher als Verwaltungsgehilfe beim Diakonischen Werk e.V. ab 2007 und absolvierte anschließend eine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation von 2008 bis 2011 mit Erfolg. Infolge dieser durchgängig aus humanitären Gründen seitens des deutschen Staates und seinen Einrichtungen eröffneten und genutzten Möglichkeiten wird der Antragsteller voraussichtlich in der Lage sein, in Armenien seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Ohne dass es streitgegenständlich wäre, stünde dem Antragsteller infolgedessen auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG zu, denn seine Ausreise ist nicht aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich. Aus den oben genannten Gründen ist es ihm zuzumuten, seinen Wehrdienst in Armenien abzuleisten. Eine Erlaubniserteilung nach § 25a Abs. 1 AufenthG würde ausscheiden, weil der Antragsteller den Antrag nicht mehr vor Vollendung des 21. Lebensjahres stellen kann, § 25a Abs. 1 Nr. 3 AufenthG.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Wert des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.