Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 29. Senat | Entscheidungsdatum | 27.09.2013 | |
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Aktenzeichen | L 29 AS 2328/13 B ER | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 86b Abs 2 SGG, § 7 SGB 2, § 2 FreizügG/EU |
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2013 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin - Brandenburg Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt, beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
I.
Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1975 geborene Antragsteller zu 1) und die 1977 geborene Antragstellerin zu 2) sind miteinander verheiratet und die Eltern der in den Jahren 1995 bis 2011 geborenen Antragsteller zu 3) bis 10). Die Antragsteller sind rumänische Staatsbürger und, bis auf den Antragsteller zu 10), im Besitz von so genannten Freizügigkeitsbescheinigungen nach § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin vom 28. Dezember 2009 (Antragsteller zu 1] und 2]) bzw. des Bezirksamts Tempelhof-Schöneberg von Berlin vom 2. Februar 2010 (Antragsteller zu 3] bis 9]). Nach einer Anmeldebestätigung des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin sind sie seit dem 5. November 2009 in Berlin gemeldet.
Der Antragsteller zu 1) hat ausweislich einer Gewerbeanmeldung des Bezirksamts Neukölln von Berlin vom 1. Dezember 2009 ein Gewerbe mit einer Tätigkeit als „Kleintransporter bis 3,5 t“ angemeldet. Bei dem Antragsgegner gab der Antragsteller zu 1) als ausgeübtes Gewerbe „Abriss mit Kleintransporter“ und „Gebäudereinigung“ an.
Auf ihre Anträge auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erhielten sie solche von dem Antragsgegner zunächst antragsgemäß bis einschließlich Juni 2012.
Einen Weiterbewilligungsantrag vom 22. Mai 2012 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 4. Juni 2012 unter Hinweis auf den Leistungsausschluss des § 7 Absatz 1 S. 2 SGB II ab und wies den Widerspruch hiergegen mit Widerspruchsbescheid vom 4. September 2012 zurück. Ein Recht außer zur Arbeitsuche liege nicht vor. Insbesondere sei der Antragsteller zu 1) nicht als „niedergelassener selbständiger Erwerbstätiger“ im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU zu betrachten, da er als Laubsack- und Schrottsammler tatsächlich nur eine reine Sammeltätigkeit ausübe.
Das Sozialgericht Berlin lehnte mit Beschluss vom 23. Juli 2012 (Az. S 107 AS 16153/12 ER) einen Antrag der Antragsteller zu 1) bis 9) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die hiergegen bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erhobenen Beschwerden der Antragsteller wies das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 6. September 2012 (L 20 AS 1847/12 B ER) zurück. Das Sozialgericht Berlin habe den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt, da die Antragsteller vom wirksamen Leistungsausschluss erfasst seien. Eine selbständige Tätigkeit des Antragstellers zu 1) sei nicht glaubhaft gemacht worden; dieser sei allenfalls als Laub- und Schrottsammler tätig und eine solche Sammeltätigkeit stelle keine „Arbeitsleistung am Markt“ und damit keine selbständige Tätigkeit, die zu einem eigenen Aufenthaltsrecht führen könnte, dar.
Am 24. Oktober 2012 und am 20. Dezember 2012 beantragten die Antragsteller daraufhin erneut Leistungen nach dem SGB II und gaben wiederum als ausgeübte Tätigkeit „Abriss und Kleintransporte“ und „Gebäudereinigung“ an. Der Antragsgegner lehnte eine Leistungserbringung erneut aus den bereits genannten Gründen mit Bescheiden vom 25. Oktober 2012 und 3. Januar 2013 ab.
Auf einen erneuten bei dem Sozialgericht Berlin gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtete das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 25. Februar 2013 (Az. S 194 AS 1819/13 ER) den Antragsgegner für den Zeitraum „vom 21.01.2013 bis 31.01.07.2013“ zur Leistungserbringung nach einer zu treffenden Folgenabwägung, worauf der Antragsgegner in Ausführung dieses Beschlusses den Antragstellern mit Bescheid vom 14. März 2013 für den Zeitraum vom 21. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2013 Leistungen nach dem SGB II bewilligte.
Am 20. Juni 2013 beantragten die Antragsteller erneut die Weiterzahlung der Leistungen nach dem SGB II und behaupteten wiederum eine selbständige Tätigkeit des Antragstellers zu 1) für „Kleintransporte“ und „Abriss“. Auch diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 25. Juni 2013 aus den bereits bekannten Gründen ab.
Die Antragsteller haben daraufhin bei dem Sozialgericht Berlin am 1. August 2013 erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und behauptet, gegen den ablehnenden Bescheid vom 25. Juni 2013 sei bereits Widerspruch eingelegt worden. Der Antragsteller zu 1) gehe seit dem 1. Dezember 2009 einer selbständigen Tätigkeiten nach und verfüge daher über ein weiteres Aufenthaltsrecht. Selbst wenn aber nur ein Aufenthaltsrecht zu Arbeitsuche bestünde, könne der Leistungsausschluss nicht greifen, da dieser europarechtswidrig sei.
Im Gerichtsverfahren haben die Antragsteller neben den bereits bekannten Unterlagen (Gewerbeanmeldung, Freizügigkeitsbescheinigungen u.a.) „Rechnungen“ sowie dazugehörige „Quittungen“ des Antragstellers zu 1) an Herrn ... über „Fundamente einbetonieren“ (200 € vom 26. Oktober 2012), „Dachboden mit Spanlatte abgedeckt“ (500 € vom 29. November 2012), „Dammstoff unterhalb der Dachsparren angebracht“ (500 € vom 27. Dezember 2012) und „Hilfsarbeiten“ (500 € vom 30. Januar 2013) vorgelegt. Außerdem haben sie „Rechnungen“ nebst „Quittungen“ des Antragstellers zu 1) an A B GmbH über „Hilfsarbeiten“ (450 € vom 26. März 2013, 400 € vom 26. April 2013 und 450 € vom 23. Mai 2013) eingereicht. Eine A B GmbH ist bei dem Handelsregister Berlin Charlottenburg mit der HRB B und einem Geschäftsführer seit dem 14. Januar 2013 eingetragen.
Der Antragsgegner hat ausgeführt, dass die eingereichten „Rechnungen“ und „Quittungen“ nicht zur Glaubhaftmachung einer tatsächlich ausgeübten selbständigen Tätigkeit geeignet seien, da sie allein vom Antragsteller zu 1) ausgefertigt worden wären und keinen Nachweis über die tatsächliche Tätigkeit zuließen. Zudem sei bemerkenswert, dass die Auszahlung des Entgelts angeblich in bar erfolgte, obwohl der Antragsteller zu 1) ein Konto besitzt. Ein tatsächlicher Geldfluss könne danach nicht nachvollzogen werden.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 14. August 2013 (S 203 AS 18641/13 ER) den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig ab dem 1. August 2013 bis zur Bekanntgabe einer Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Juni 2013, längstens jedoch bis zum 31. Januar 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch dem Grunde nach zu bewilligen. Die Antragsteller hielten sich ausweislich der Freizügigkeitsbescheinigungen rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland auf und der Antragsteller zu 1) sei erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II. Er verfüge zwar nicht über eine erforderliche Arbeitsgenehmigung, sei aber selbständig tätig. Deshalb greife ein eventueller Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II auch nicht, da nicht nur ein Aufenthaltsrecht zu Arbeitsuche bestehe. Die nach allem gebotene Folgenabwägung führe daher zur Leistungsbewilligung
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 27. August 2013 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Nach wie vor sei ein Anordnungsanspruch lediglich behauptet und nicht durch geeignete Beweismittel glaubhaft gemacht oder gar bewiesen. Im Übrigen bleibe für eine Folgenabwägung kein Raum, wenn das Gericht von der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches ausgehe.
Die Antragsteller haben auf Nachfrage des Senats zu Nachweisen für die behauptete selbständigen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren beispielsweise durch Vorlage schriftlicher Aufträge oder durch schriftliche Erklärungen der Auftraggeber unter Benennung der ladungsfähigen Anschrift mitgeteilt, dass lediglich die bereits in der ersten Instanz eingereichten Anlagen zur Glaubhaftmachung der selbständigen Tätigkeit vorlägen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behelfsverwaltungsakten des Antragsgegners (Bände IV und V, ) Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und begründet und richtet sich, entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller in dessen Schriftsatz vom 17. September 2013 gegen den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin in vollem Umfang. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss den Antragsgegner zu Unrecht vorläufig zur Leistung verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (OVG Hamburg, NVwZ 1990, 975).
Für den Zeitraum bis zur Entscheidung des erkennenden Senates ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens anerkannt werden. Diese sind in einem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas Anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Hierzu sind Tatsachen jedoch weder glaubhaft gemacht worden, noch sonst für das Gericht ersichtlich.
Darüber hinaus ist auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Zumindest dieser fehlende Anordnungsanspruch steht der begehrten einstweiligen Anordnung auch für die Zukunft entgegen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben
(erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II
1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen,
3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt (§ 7 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGB II).
Nach diesen Regelungen ist der begehrte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne der Legaldefinition des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X und damit nicht glaubhaft gemacht.
Ob die einzelnen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch nach § 7 SGB II vorliegen würden, kann dahinstehen, weil die Antragsteller jedenfalls nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen wären, da für sie als Ausländer vorliegend ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allenfalls zum Zweck der Arbeitsuche in Betracht kommt.
Schon am Bestehen eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitsuche bestehen erhebliche Zweifel. Insoweit ist festzustellen, dass ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche schon deshalb kaum als möglich erscheint, weil die Antragsteller nicht im Besitz einer erforderlichen Arbeitsgenehmigung sind. Zudem haben die Antragsteller eine konkrete Arbeitssuche nicht einmal behauptet. Hierzu verweist der Senat auf den Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. August 2012 (3 B 202/12 m.w.N., zitiert nach juris), wonach für eine Arbeitsuche zwar keine starren Fristen gelten, ein unbeschränktes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt jedoch auch nicht gewährt wird. Deshalb seien nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten sogar aufenthaltsbeendigende Maßnahmen grundsätzlich zulässig, wenn der Unionsbürger nicht nachweisen könne, mit konkreter Aussicht auf Erfolg nach Arbeit gesucht zu haben. Vorliegend sind seit der behaupteten Einreise der Antragsteller im Jahre 2009 weit über sechs Monate vergangen, ohne dass eine Arbeitsuche mit konkreter Aussicht auf Erfolg ersichtlich wäre, so dass deshalb schon ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche kaum als glaubhaft gemacht angesehen werden könnte.
Ob ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche tatsächlich besteht, kann bei einem dann nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II greifenden Leistungsausschluss jedoch dahinstehen.
Ein anderes Aufenthaltsrecht der Antragsteller lässt sich jedenfalls nicht erkennen.
Nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/EU) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2004, 1950, 1986) haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Gemäß § 2 Abs. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU in der seit dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 86) sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt:
1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige),
3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätige Dienstleistungen im Sinne des Artikels 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind,
4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen,
5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4,
6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4,
7. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben.
Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Freizügigkeitsgesetz/EU bleibt das Recht nach Absatz 1 für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei
1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall,
2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit,
3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat.
Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Insbesondere ein Aufenthaltsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU ist vorliegend nicht glaubhaft gemacht, da eine „niedergelassene selbständige Erwerbstätigkeit“ im Sinne dieser Regelung nicht glaubhaft gemacht ist.
Insoweit ist zunächst auf die Ausführungen des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 6. September 2012 (L 20 AS 1847/12 B ER) zu verweisen. Das Landessozialgericht hat schon damals darauf hingewiesen, dass die vom Antragsteller zu 1) ausgeübte Sammeltätigkeit keine Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Regelung darstellt. Dem folgt auch der erkennende Senat.
Soweit nunmehr „Rechnungen“ und „Quittungen“ vorgelegt werden, die zudem eine andere selbständige Tätigkeit belegen sollen, führt auch dies nicht zu einer gelungenen Glaubhaftmachung.
Hier ist zunächst festzustellen, dass schon Art und Umfang der behaupteten selbständigen Erwerbstätigkeit nicht glaubhaft gemacht sind.
Ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 1. Dezember 2009 hat der Antragsteller zu 1) nur eine selbständige Erwerbstätigkeit im Bereich „Kleintransporter bis 3,5 t“ angemeldet. Nach den vorgelegten „Rechnungen“ hat er aber angeblich im Zeitraum von Oktober 2012 (Rechnung Nr. 12012) bis Januar 2013 (Rechnung Nr. 1/2013) ausschließlich für Tätigkeiten ausgeübt („Fundamente einbetonieren“, „Dachboden mit spanlatte abgedeckt“, „Dammstoff unterhalb Dachsparren angebracht“ und „Hilfsarbeiten“) die dem angemeldeten Gewerbe als „Kleintransporter“ nicht zugerechnet werden könnten. Dasselbe gilt für die späteren „Hilfsarbeiten“ für die mit dem Geschäftsführer . Nachdem der Antragsteller zu 1) außerdem ausschließlich immer nur für einen vermeintlichen „Auftraggeber“ (zunächst für Herrn ... und später für die GmbH) tätig gewesen sein will, bestehen zudem erhebliche Zweifel, ob nicht ungenehmigte abhängige Beschäftigungen vorlagen, so dass von selbständigen Tätigkeiten überhaupt nicht ausgegangen werden könnte.
Außerdem hat der Antragsgegner schon im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass den vorgelegten „Rechnungen“ und „Quittungen“ kaum ein Beweiswert zugemessen werden kann. Hierbei handelt es sich erkennbar um vermeintliche „Belege“, die allein vom Antragsteller zu 1) gefertigt worden sind und die daher kaum als objektiv oder unangreifbar anzusehen sind. Bemerkenswert ist insoweit, dass auf den vermeintlichen Rechnungen nicht einmal eine Kontoverbindung angegeben ist, obwohl der Antragsteller zu 1) über ein Konto verfügt, auf welches die früheren Überweisungen durch den Antragsgegner erfolgten. Abgesehen davon, dass diese Unterlagen keine Bestätigung einer tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung enthalten, kann nach diesen Unterlagen deshalb nicht einmal von einem tatsächlich belegten Geldfluss ausgegangen werden. Denn auch die vermeintlichen „Quittungen“ hat der Antragsteller zu 1) ausgestellt. Bemerkenswert ist zudem, dass die erste „Rechnung“ angeblich vom „26. Oktober 2012“ datiert, also einem Zeitpunkt kurz nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. September 2012. In diesem Zusammenhang ist schließlich zu berücksichtigen, dass der vermeintlichen Auftragsgeber GB und der Geschäftsführer der GmbH, P B, denselben Nachnamen haben. Sowohl der Zeitpunkt der Ausstellung der ersten Rechnung unmittelbar nach dem ablehnenden Beschluss des Landessozialgerichts als auch die zweifelhafte Identität der vermeintlichen Auftraggeber sprechen gegen einen Beweiswert der vorgelegten „Belege“. Beide Umstände sprechen vielmehr dafür, dass es sich um fingierte Belege als Reaktion auf die kurz zuvor erfolgte Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg handelt.
Wie der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden hat (vergleiche schon Beschluss vom 21. Juni 2006, L 29 B 314/06 AS ER, zitiert nach juris), ist bei der Prüfung ob von einer gelungenen Glaubhaftmachung eines behaupteten Anspruches auszugehen ist, nicht entscheidend auf die Angaben des Klägers abzustellen. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv erkennbaren Umständen. Insofern ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Erklärungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für einen behaupteten Anspruch zu erfüllen, immer weniger glaubhaft werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Januar 1998 - 12 M 345/98 -, FEVS 48, Seite 545 m.w.N.).
Belastbare Beweismittel/Mittel der Glaubhaftmachung, beispielsweise in Form von unbeteiligten Dritten ausgestellte Urkunden oder abgegebenen Erklärungen, konnten die Antragsteller auch auf Nachfrage des Senats nicht vorlegen.
Lässt sich danach aber ein Aufenthaltsrecht allenfalls aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, so greift der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II, der nach Ansicht des Senats anwendbar ist.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass er eine Europarechtswidrigkeit dieser Regelung nicht feststellen kann. Im Anschluss an die Entscheidung des 20. Senats des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 29. Februar 2012 ( L 20 AS 2347/11 B ER, zitiert nach juris) hat der Senat schon mehrfach darauf hingewiesen (unter anderen in den Beschlüssen vom 5. März 2012, L 29 AS 414/12 B ER, vom 7. Juni 2012, L 29 AS 920/12 B ER, vom 12. Juni 2012, L 29 AS 914/12 B ER, vom 22. Juni 2012, L 29 AS 1252/12 B ER und vom 9. November 2012, L 29 AS 1782/12 B ER, jeweils zitiert nach juris), dass nur eine Überzeugung von der Europarechtswidrigkeit dieser Regelung ausnahmsweise berechtigen könnte, dieses formelle Gesetz nicht anzuwenden. Die Nichtanwendung eines in Kraft getretenen Gesetzes (hier § 7 Absatz 1 S. 2 Nr. 2 SGB II) stellt einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar (vgl. zur Aussetzung des Vollzugs eines Gesetzes BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2009, 1 BvR 2492/08, zitiert nach juris) und birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG). Nicht zuletzt deshalb ist nach Art. 100 GG ein Gesetz auch nur dann nicht anzuwenden und das Verfassungsgericht anzurufen, wenn das zur Entscheidung berufene Gericht von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt ist.
Dieser Maßstab gilt nach Ansicht des Senats auch bei einer vermeintlichen Europarechtswidrigkeit der anzuwendenden einfachgesetzlichen Regelung. Es wäre ein eklatanter Wertungswiderspruch, wenn lediglich „Zweifel“ an der Vereinbarkeit einer einfachgesetzlichen Norm mit der Verfassung noch zur Anwendung des Gesetzes führen, solche Zweifel im Hinblick auf Europarechtliche Regelungen, die nicht einmal den Rang von Verfassungsrecht haben, aber zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung berechtigen würden. Entsprechend kann eine Nichtanwendung allenfalls dann in Betracht kommen, wenn das erkennende Gericht zu der Überzeugung eines Verstoßes der anzuwendenden Regelung gegen höherrangiges europäisches Recht kommt. Eine solche Überzeugung von einem Verstoß des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II gegen Recht der Europäischen Union konnte und kann der Senat aus den in den oben genannten Beschlüssen genannten Gründen nicht gewinnen. Der Senat verweist insoweit auf seine bisherige Rechtsprechung, insbesondere die oben genannten Beschlüsse, und sieht von einer Wiederholung der Ausführungen hierzu ab.
Schließlich besteht wegen der nicht feststellbaren Europarechts- bzw. Völkerrechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses auch nicht die Möglichkeit einer Entscheidung über eine Folgenabwägung, weil dies letztlich zur Nichtanwendung der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II und zu einer unzulässigen Durchbrechung des Prinzips der Gewaltenteilung führen würde (ständige Rechtsprechung des Senats, ausführlich u.a. Beschluss vom 22. August 2013, L 29 AS 1952/13 B ER, m.w.N., zitiert nach juris).
Danach ist abschließend festzustellen, dass jedenfalls zumindest aufgrund des anzuwendenden Leistungsausschlusses § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches nicht gelungen ist.
Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i.V.m. § 119 Absatz 1 S. 2 ZPO ohne Prüfung zu bewilligen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, weil der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat.
Durch diesen Beschluss hat sich auch der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 201 SGG) erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).