Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Streitwert - Maßnahme - Pflegeversicherung

Streitwert - Maßnahme - Pflegeversicherung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 27. Senat Entscheidungsdatum 05.10.2011
Aktenzeichen L 27 P 23/11 B ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 52 GKG

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Februar 2011 geändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf 100.000,00 € festgesetzt.

Im Übrigen werden die darüber hinausgehende Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) sowie die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2) zurückgewiesen.

Für das Beschwerdeverfahren werden Gebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet.

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe des Streitwertes für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 111 P 155/10 ER I.

In diesem Verfahren hat die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Maßnahmenbescheid der Antragsgegner vom 9. März 2010 beantragt, in welchem sie unter Fristsetzung und Androhung der Kündigung des Versorgungsvertrages zur Beseitigung diverser bei der Prüfung ihrer ambulanten Pflegeeinrichtung vom 1. Dezember 2009 monierter Qualitätsmängel aufgefordert wurde. Nachdem die Antragsgegner im Hinblick auf das Ergebnis der Wiederholungsprüfung vom 27. Mai 2010 erklärt hatten, dass der Maßnahmenbescheid nicht vollzogen werde, haben die Beteiligten das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit Beschluss vom 18. Februar 2011 hat das Sozialgericht den Beteiligten die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 12.500 € festgesetzt. Hierbei ist es von fünf Maßnahmekomplexen ausgegangen, die es jeweils mit 5.000,00 € bewertet hat. Den sich hieraus ergebenden Betrag hat es mit der Begründung, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handele, um die Hälfte reduziert.

Dagegen richtet sich die im eigenen Namen erhobene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, die unter Berücksichtigung der im Maßnahmenbescheid aufgelisteten 39 Einzelmaßnahmen eine Erhöhung des Streitwertes auf 195.000,00 € begehren. Die Antragsgegner haben ebenfalls Beschwerde eingelegt, mit der sie eine Herabsetzung des Streitwertes auf den Auffangstreitwert von 5.000,00 € geltend machen, da der Sach- und Streitstand keine anderweitigen Anhaltspunkte biete.

II.

Über die gemäß §§ 172, 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 68 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 3 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässigen Beschwerden ist mangels originärer Einzelrichterzuständigkeit im Bereich des SGG durch den Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zu entscheiden (vgl. hierzu Landessozialgericht -LSG- Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2010, L 22 R 963/09 B, sowie Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2009, L 11 B 7/09 KA, bei Juris). Die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Deren darüber hinaus gehende Beschwerde sowie die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2) sind unbegründet.

Die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren S 111 P 155/10 ER I sind aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) beschwerdebefugt. Danach kann ein Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Wertes beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwertes wären die Prozessbevollmächtigten der Klägerin beschwert, so dass ein eigenes Interesse an der Festsetzung des geltend gemachten höheren Streitwertes besteht.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat auch insoweit teilweise Erfolg, als der Streitwert für das Verfahren vor dem Sozialgericht auf 100.000,00 € festzusetzen ist.

Gemäß §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert im sozialgerichtlichen Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, soweit in den Vorschriften des GKG, insbesondere in § 52 Abs. 2 bis 7 GKG, nichts anderes bestimmt ist. Das Sozialgericht hat danach den Streitwert in dem angefochtenen Beschluss vom 18. Februar 2011 zu Unrecht auf 12.500,00 Euro festgesetzt. Diese Wertfestsetzung wird der Bedeutung der Sache für die Antragstellerin in dem vorangegangenen Verfahren nicht gerecht. Der Senat stellt unter Beibehaltung seiner bisherigen Rechtssprechung (vgl. Beschlüsse des Senats vom 7. Oktober 2010, L 27 P 51/10 B RG, vom 7. Juli 2010, L 27 P 12/10 B, vom 10. Dezember 2009, L 27 P 41/09 B RG) auf die der Antragstellerin auferlegten einzelnen Maßnahmen mit Regelungscharakter ab, sofern diese jeweils einen eigenen Streitgegenstand darstellen, weshalb für jede einzelne der Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen ist. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) sind diese zu addieren.

Dem Maßnahmenbescheid vom 9. März 2010 entnimmt der Senat zwanzig verschiedene Regelungen, nämlich hinsichtlich der Ablauforganisation (Pkte. 4.3, 4.4 und 4.5 des Prüfberichts), der konzeptionellen Grundlagen (Pkte. 5.2 und 5.3), der Maßnahmen der externen Qualitätssicherung (Pkt. 6.2), der Berücksichtigung des Expertenstandards des DNQP (Pkt. 6.3), der Förderung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (Pkt. 6.5), der Mitarbeiterliste (Pkt. 6.6), des prospektiven Fortbildungsplans (Pkt. 6.7), des Vorhaltens von Fachzeitschriften (Pkt. 6.8), der nachweislichen Anwendung eines geeigneten Einarbeitungskonzepts für neue Mitarbeiter (Pkt. 6.9), der vollständigen Pflegedokumentation (Pkte. 7.2, 11.3, 11.8, 12.7, 12.8, 12.10, 12.11, 13.4, 13.5, 15.4 und 15.6), der Anwendung eines angemessenen Hygienemanagements (Pkte. 8.1, 8.2 und 8.3), der aktiven Kommunikation mit dem behandelnden Arzt (Pkt. 10.1), der Medikamentenvergabe (Pkt. 10.16), des pflegerischen Schmerzmanagements (Pkt. 10.21), der Beratung über Dekubitusgefahren und deren Vermeidung (Pkte. 11.7 und 11.9), der Beratung über Maßnahmen bei Kontrakturgefahren und deren Berücksichtigung (Pkte. 11.11 und 11.12), der Beratung über Maßnahmen der Flüssigkeitsversorgung (Pkt. 12.5), der Aufklärung über Ernährungsdefizite (Pkt. 12.9), der Berücksichtigung individueller Wünsche (Pkte. 12.13 und 15.3), und der Beratung über Maßnahmen bei Demenz und Informationen über den Umgang mit Demenzkranken (Pkte. 14.2 und 14.4). Diese Maßnahmen bilden jeweils selbständige Streitgegenstände, die grundsätzlich auch in verschiedenen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung hätten gestellt werden können, sodass für jede einzelne Maßnahme der Auffangstreitwert von 5.000,00 Euro gemäß § 52 Abs. 2 GKG, mithin insgesamt 100.000,00 € (20 x 5.000,00 €), anzusetzen ist, da der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts nach § 52 Abs. 1 GKG keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Eine Reduzierung des Auffangstreitwertes im Hinblick darauf, dass es sich bei der Hauptsache um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gehandelt hat, ist ausgeschlossen, da § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG für sozialgerichtliche Verfahren im Sinne des § 86b SGG ausdrücklich auf § 52 Abs. 2 GKG verweist.

Der Umstand, dass die Antragsgegner diese in rechtlicher Hinsicht selbständigen Regelungen in einem einzigen Bescheid, hier dem Maßnahmenbescheid vom 9. März 2010, zusammenfasste, ändert nichts daran, dass es sich um verschiedene Streitgegenstände handelt. Die auf Herabsetzung des Streitwertes auf den nur einmal anzusetzenden Auffangstreitwert von 5.000,00 € gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführer zu 2) hat deshalb keinen Erfolg.

Die darüber hinaus gehende Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) hat aus den vorgenannten Gründen keinen Erfolg. Zwar enthält der Maßnahmenbescheid insgesamt 39 Einzelpunkte. Der Senat vermag daraus jedoch lediglich die oben aufgeführten zwanzig selbständigen Regelungen zu erkennen.

Die Entscheidung über Gebühren und Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG, 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.