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Beschwerde in Familiensachen: Wiedereinsetzung bei Versäumung der Beschwerdefrist wegen Mittellosigkeit eines verfahrenskostenvorschussberechtigten minderjährigen Kindes


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 22.08.2019
Aktenzeichen 13 UF 104/19 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Leitsatz

1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung einer Beschwerdefrist aufgrund von Mittellosigkeit kann nur gewährt werden, wenn der Rechtsmittelführer seine persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist (vgl. BGH Beschl. v. 18.8.2015 – VI ZA 13/15, BeckRS 2015, 16485 BGH FamRZ 2015, 747) in ausreichender Weise dargetan hat. Hierzu gehört es insbesondere, dass er einen wahrheitsgemäß, vollständig und in sich widerspruchsfrei ausgefüllten Erklärungsvordruck (§ 117 ZPO) über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht, alle zur Glaubhaftmachung seiner Angaben in Bezug genommenen Belege beifügt und alle seine Erklärungen persönlich unterzeichnet hat (vgl. Senat FamRZ 2017, 734 m.w.N.).

2. Gehört zum Vermögen eines minderjährigen Beteiligten ein Verfahrenskostensvorschussanspruch gegen den ihn vertretenden Elternteil, so erstrecken sich die Prüfungsvoraussetzungen im Bewilligungsverfahren auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dieses Elternteils.

Tenor

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 26.03.2019 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1. Der minderjährige, im Haushalt seiner Mutter lebende Antragsgegner erbittet Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin in einer Kindesunterhaltssache.

Der Beschluss des Amtsgerichts vom 26.03.2019 ist seinem Verfahrensbevollmächtigen am 28.03.2019 zugestellt worden (211). Dieser hat mit Schriftsatz vom 29.04.2019 einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Beschwerde gestellt. Die dem Schriftsatz nicht beigefügte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der den Antragsgegner vertretenden Mutter ist am 03.05.2019 beim Amtsgericht eingegangen (83 VK Antragsgegner).

2. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 S 1 ZPO). Die beabsichtigte Beschwerde wäre wegen Nichteinhaltung der Fristen zur Beschwerde (§ 63 Abs. 1 FamFG) unzulässig und auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde wäre voraussichtlich erfolglos.

Die einmonatige Beschwerdefrist endete nach Zustellung des Beschlusses des Amtsgerichts Neuruppin am 28.03.2019 mit Ablauf des 29.04.2019, einem Montag, und bis dahin ist keine Beschwerde beim Amtsgericht eingegangen.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts sind vorliegend nicht erfüllt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsmittelführer, der vor Ablauf der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt hat, nur dann als ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Vornahme einer Frist wahrenden Handlung - wie hier der Beschwerde - verhindert anzusehen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags rechnen musste, weil er sich für bedürftig im Sinne der §§ 113 Abs. 1 FamFG i.V. m. 114 ff. ZPO halten durfte und aus seiner Sicht alles Erforderliche getan hatte, damit aufgrund der von ihm eingereichten Unterlagen ohne Verzögerung über sein Verfahrenskostenhilfegesuch entschieden werden konnte (vgl. BGH FamRZ 2018, 1525 m.w.N.). Das setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer seine persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe innerhalb der Rechtsmittelfrist (vgl. BGH Beschl. v. 18.8.2015 – VI ZA 13/15, BeckRS 2015, 16485 BGH FamRZ 2015, 747) in ausreichender Weise dargetan hat. Hierzu gehört es insbesondere, dass er einen wahrheitsgemäß, vollständig und in sich widerspruchsfrei ausgefüllten Erklärungsvordruck (§ 117 ZPO) über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht, alle zur Glaubhaftmachung seiner Angaben in Bezug genommenen Belege beifügt und alle seine Erklärungen persönlich unterzeichnet hat (vgl. Senat FamRZ 2017, 734 m.w.N.).

Daran fehlte es hier offensichtlich. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner ihn vertretenden und ihm verfahrenskostenvorschusspflichtigen Mutter ist erst am 03.05.2019 und somit nach Ablauf der insoweit einzuhaltenden Rechtsmittelfrist beim Amtsgericht eingegangen (83 VK Antragsgegner).

Zudem ließ sich auf ihrer Grundlage die Hilfsbedürftigkeit des Antragsgegners (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1, 119 Abs. 1 S 1 ZPO) nicht feststellen. Die Mutter des Antragsgegners hat in ihrer Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 03.04.2019 erheblich höhere Ausgaben geltend gemacht, als in ihrer Erklärung vom 15.02.2018 gegenüber dem Amtsgericht. Die nunmehr geltend gemachten monatlichen und quartalsweisen Ausgaben übersteigen ihr - von marginalen Erhöhungen beim Kindergeld und Unterhaltsvorschuss abgesehen - gleichgebliebenes Einkommen schon auf erste Sicht überschlägig um mehr als 500 € und sind damit greifbar unplausibel.

Überdies scheitert eine Bedürftigkeit der Mutter an einem Bausparguthaben bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG zur Bausparnummer … in Höhe von 6444,73 € zum 31.12.2017 (vgl. 53 VK), für das sie in der Folgezeit monatliche Sparraten von 190 € berücksichtigt wissen will, und dessen Wert sich auf dieser Grundlage bis zur beabsichtigten Einleitung des Beschwerdeverfahrens um mehr als 3200 € auf nahezu 9700 € erhöht hat. Dieser Vermögenswert überstieg bei Antragstellung für die II. Instanz das durch §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (BGBl. 2017 I S. 519) festgelegte Schonvermögen von 5.000 € für die gesetzliche Vertreterin des Antragsgegners und 500 € für den von ihr betreuten minderjährigen Antragsgegner an kleineren Barbeträgen oder sonstigen Geldwerten erheblich und war von ihr nach § 115 Abs. 1 S 1 ZPO zur Bestreitung der Verfahrenskosten einzusetzen (vgl. Senat FamRZ 2019, 962).

Ferner hat die Mutter entgegen den Vorgaben des Formulars unter dem dortigen Punkt G 5 die Angabe des Rückkaufwertes ihrer Rentenversicherung bei der Allianz Lebensversicherungs-AG unterlassen (vgl. 117 VK Antragsgegner).

Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.