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Entscheidung 9 UF 90/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.03.2011
Aktenzeichen 9 UF 90/10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 9. Juni 2010 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg - Az. 36 F 215/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Beschwerdewert wird auf 3.957 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der am …. April 1965 geborene Antragsteller und die am …. Mai 1963 geborene Antragsgegnerin, beide deutsche Staatsangehörige, haben am 4. Mai 1992 vor dem Standesamt in R… die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind zwei noch minderjährige Kinder hervorgegangen, die im Haushalt der Antragsgegnerin leben.

Mit seinem am 3. Dezember 2009 zugestellten Antrag vom 29. September 2009 hat der Antragsteller die Ehescheidung begehrt. Er hat behauptet, die Beteiligten hätten sich nach Scheitern einer im Dezember 2006 begonnenen Paartherapie spätestens Anfang März 2007 getrennt. Unstreitig hat er im Juni 2008 eine eigene Wohnung in G… bezogen; ferner hat er seine aus beruflichen Gründen in H… unterhaltene Zweitwohnung aufgegeben und ist dort zum 1. August 2008 in die Wohnung seiner neuen Partnerin gezogen.

Die Antragsgegnerin ist dem Scheidungsantrag entgegengetreten. Sie hat mit der Behauptung fortgesetzten gemeinsamen Wirtschaftens bis zur Zahlungseinstellung des Antragstellers im August 2009 das Vorbringen des Antragstellers zur Trennung in Abrede gestellt.

Mit Beschluss vom 9. Juni 2010 hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Zum Scheidungsausspruch hat das Amtsgericht ausgeführt, nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller sei im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auszug von einem Getrenntleben im Rechtssinne auszugehen. Konkrete Angaben zu einem gemeinsamen Wirtschaften im tatsächlichen Zusammenleben für die Zeit nach August 2008 sei die Antragsgegnerin schuldig geblieben. Gemeinsame Mahlzeiten und Ähnliches aus Anlass der Umgangsausübung zwischen dem Antragsteller und den Kindern seien keine ehelichen Gemeinsamkeiten. Das Scheitern der Ehe folge aus der räumlichen Trennung und dem Umstand, dass die Paartherapie erfolglos verlaufen sei und der Antragsteller seit August 2008 mit einer anderen Frau zusammenlebe.

Gegen den Scheidungsausspruch wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie betont, dass sie den Auszug des Antragstellers im Sommer 2008 nicht als Trennung empfunden habe, da noch lange Zeit danach Sachen von ihm in dem Einfamilienhaus verblieben seien und es zu regelmäßigen Umgangskontakten gekommen sei. Sie meint, die Finanzaufstellung belege durchaus ein gemeinsames Wirtschaften bis zur Zahlungseinstellung des Antragstellers im August 2009, den sie nunmehr ausdrücklich als Trennungszeitpunkt zugesteht. Noch bis zum Scheidungsantrag sei sie der Auffassung gewesen, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wiederhergestellt werden könne. Sie möchte ausdrücklich weiterhin an der ehelichen Lebensgemeinschaft festhalten und meint, ein - vom Antragsteller darzulegendes und zu beweisendes - Scheitern der Ehe könne nicht positiv festgestellt werden.

Der Antragsteller verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung betont, dass eine „Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Ehefrau undenkbar“ für ihn sei (Beschwerdeerwiderung vom 27. September 2010, dort Seite 3, Bl. 120 GA).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat die beteiligten Ehegatten gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 FamFG persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Februar 2011 (Bl. 139 f. GA) Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und form- und fristgerecht gemäß §§ 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 117 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO eingelegte und begründete Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Ehe der Parteien ist gemäß § 1565 Abs. 1 BGB gescheitert und war deshalb zu scheiden.

Die eheliche Lebensgemeinschaft der Beteiligten besteht unstreitig seit August 2009 nicht mehr; die Trennung liegt also inzwischen jedenfalls mehr als ein Jahr zurück. Allerdings kann nicht hinreichend sicher festgestellt werden, dass die Trennung tatsächlich schon drei Jahre zurückliegt. Die - bestrittenen - Angaben des Antragstellers im Rahmen seiner Anhörung vor dem Senat dahin, dass er bereits im Frühjahr 2007 der Antragsgegnerin ausdrücklich erklärt habe, sich trennen zu wollen, lassen sich durch weitere Indizien oder greifbare Anknüpfungspunkte in der Ausgestaltung der Lebensführung nicht untermauern. Aus den vom Amtsgericht angeführten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, kann die Trennung der beteiligten Ehegatten im Sinne von § 1567 Abs. 1 BGB tatsächlich auf den Sommer 2008 datiert werden.

Für den danach hier vorliegenden Fall einer mindestens einjährigen, aber noch nicht drei Jahre zurückliegenden Trennung der Eheleute, die auch nicht übereinstimmend auf die Scheidung antragen, besteht die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung für ein Scheitern der Ehe nach § 1566 Abs. 1 oder 2 BGB nicht. Der Senat ist allerdings nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der persönlichen Anhörung davon überzeugt, dass die Ehe der Beteiligten zerrüttet ist und nicht mehr erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen.

Allein der unbedingte Wille eines der beiden Ehepartner, an der Ehe festzuhalten, reicht nicht aus, um der Feststellung einer Zerrüttung der Ehe den Boden zu entziehen. Tatsächlich genügt es, wenn aus dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Eine Ehe gilt daher auch dann als zerrüttet, wenn nur ein Ehegatte sich - gleich aus welchen Gründen - endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zerrüttet angesehen wird, weil dann eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB, 69. Aufl., § 1565 Rdnr. 3 f. mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der Antragsteller hat glaubhaft erklärt, für ihn sei eine Rückkehr in das Eheleben mit der Antragsgegnerin ausgeschlossen; die Ehe sei nach seiner Einschätzung seit langem zerrüttet. Die endgültige Abkehr von der ehelichen Lebensgemeinschaft wird nicht allein durch das von ihm seit dem Spätherbst 2009 und mit Nachdruck auch gegen den erklärten Willen der Antragsgegnerin betriebene Scheidungsverfahren bestätigt. Es wird zudem durch die Einstellung der finanziellen Unterstützung der Antragsgegnerin im August 2009 dokumentiert und findet seinen Ausdruck insbesondere in der Zuwendung zu einer neuen Lebensgefährtin. Der Antragsteller hat Anfang 2007 zu einer neuen Partnerin gefunden, mit der er seit spätestens Sommer 2008 - mit der Aufgabe der eigenen Wohnung in H… - auch in einer häuslichen Gemeinschaft zusammen lebt.

Angesichts einer inzwischen gut 2 ½ Jahre währenden Trennungszeit und der anderweitigen verfestigten Partnerbindung des Antragstellers, besteht an dessen Entschlossenheit, die Ehe aufzukündigen und nicht mehr in diese zurückzukehren, kein ernsthafter Zweifel. Auch die Antragsgegnerin vermochte in ihrer Anhörung keine konkrete Perspektive für ihre Ehe aufzuzeigen. Auf den bloßen Wunsch der Antragsgegnerin, an der Ehe gleichwohl festzuhalten, kommt es danach nicht mehr an.

Die nach alledem gescheiterte Ehe ist daher zu Recht geschieden worden, so dass die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, der über § 113 Abs. 1 FamFG auch auf Ehesachen Anwendung findet; der Anwendungsbereich des § 150 FamFG ist für den hier vorliegenden Fall eines erfolglosen Rechtsmittels gegen einen die Scheidung aussprechenden Beschluss des Familiengerichts nicht eröffnet.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 40 Abs. 1, 43 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.