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Entscheidung 10 WF 111/15


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 2. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 16.02.2016
Aktenzeichen 10 WF 111/15 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 55 FamGKG

Leitsatz

Gemäß § 55 Abs. 2 FamGKG setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Eine Entscheidung über den Wert einer gemäß § 140 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 oder 5 FamFG abgetrennten Folgesache hat erst, wenn über diese entschieden oder diese anderweitig erledigt ist, zu erfolgen.

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit es die Festsetzung des Verfahrenswertes für die Folgesache über den Versorgungsausgleich betrifft.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die zulässige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung.

1.

Die Beschwerde ist zulässig. Da die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin sie damit begründen, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde - wie in der Beschwerdeschrift auch zum Ausdruck gebracht - nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen der beteiligten Ehefrau eingelegt haben (Senat, JurBüro 1998, 421; FamRZ 2007, 2000; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 32 RVG Rn. 14), so dass das Beschwerderecht aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG folgt. Dabei finden die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG bzw. – hier – § 59 FamGKG entsprechend Anwendung (vgl. Senat, FamRZ 2007, 2000; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rn. 19, 22).

2.

Die Beschwerde ist nur – vorläufig – erfolgreich, soweit es den Wert für die Folgesache über den Versorgungsausgleich betrifft. Den Wert für die Ehesache hat das Amtsgericht im Hinblick auf § 43 FamGKG zutreffend festgesetzt.

a)

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren auf 6.855 € festgesetzt. Dies geschah in der mündlichen Verhandlung vom 28.7.2015, ohne dass das Amtsgericht eine Begründung für seine Wertfestsetzung abgegeben hat. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin hin hat das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 22.9.2015 eine kurze Begründung insoweit abgegeben, als es seine Berechnung wie folgt dargestellt hat:

((1.800 € + 827 €) – (900 € - 368 € - 190 €)) x 3 = 6.855 €.

Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wenden insoweit ein, dass auch das Kindergeld als Einkommen zu berücksichtigen sei. Dies trifft unter Beachtung insbesondere auch der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senat, FamRZ 2008, 1206; ebenso OLG Brandenburg, 4. Familiensenat, FamRZ 2011, 755, 756) zu, ist vom Amtsgericht aber bereits berücksichtigt worden.

Löst man die Klammern in der Berechnung des Amtsgerichts auf, ergibt sich nämlich folgende Berechnung:

Einkommen Ehemann

                

1.800 €

Einkommen Ehefrau

        

 +    

 827 €

abzgl. Unterhalt für drei Kinder (300 € x 3 =)

        

 -    

 900 €

zzgl. Kindergeld für die ersten beiden Kinder

        

 +    

 368 €

zzgl. Kindergeld für das dritte Kind

        

 +    

 190 €

insgesamt

                

2.285 €

Multipliziert man diesen Betrag, der sich für den einzelnen Monat ergibt, mit 3, errechnet sich der von dem Amtsgericht festgesetzte Wert von 6.855 €.

Dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin in ihrer ergänzenden Beschwerdebegründung vom 3.11.2015 zu einem Verfahrenswert für die Ehescheidung von 10.203 € gelangen, beruht allein darauf, dass sie das Kindergeld von 2 x 184 € und 1 x 190 € schon bei der Ermittlung einer Zwischensumme von 3.401 € mit 3 multipliziert haben, im Anschluss aber diese Zwischensumme, die auch die Monatseinkünfte für beide Ehegatten und den Abzug von 900 € für den Unterhalt der Kinder enthält, abschließend nochmals insgesamt mit 3 multipliziert haben.

b)

Die Festsetzung des Wertes für die Folgesache über den Versorgungsausgleich ist aufzuheben. Die Voraussetzungen für eine endgültige Wertfestsetzung liegen insoweit noch nicht vor.

Gemäß § 55 Abs. 2 FamGKG setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Eine Entscheidung hat das Amtsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 28.7.2015, in der die Wertfestsetzung erfolgt ist, durch den am Ende des Sitzungstages verkündeten Scheidungsbeschluss allein bezüglich der Ehesache getroffen. Die Folgesache über den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht bereits in der mündlichen Verhandlung vom 28.7.2015 abgetrennt. Mithin fehlt es insoweit an einer abschließenden Entscheidung.

Werden Folgesachen vom Verbund gemäß § 140 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2, 4 und 5 FamFG abgetrennt, behält das abgetrennte Verfahren nicht nur verfahrensrechtlich, vgl. § 197 Abs. 5 Satz 1 FamFG, sondern auch kostenrechtlich seinen Charakter als Folgesache (Keske, in: von Heitschel-Heinegg/Gerhardt/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 10. Aufl., 17. Kap. Rn. 18; Zöller/Lorenz, ZPO, 31. Aufl., § 137 FamFG Rn. 32). Deshalb verbleibt es trotz getrennter Kostenentscheidung und –abrechnung bei der Wertaddition (Keske, a.a.O.). Eine Entscheidung über die abgetrennte Folgesache hat erst, wenn über diese entschieden oder diese anderweitig erledigt ist, zu erfolgen. Bei der diesbezüglichen Abrechnung muss dann die Wertaddition vorgenommen werden und gegebenenfalls noch der Differenzbetrag im Hinblick auf die Kostenabrechnung bezüglich der Ehesache abgerechnet werden.

Über die abgetrennte Folgesache betreffend den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht nach wie vor nicht entschieden. In der Unterakte über den Versorgungsausgleich findet sich ein Vermerk, dass noch eine Auskunft der DEVK fehle.

Auch wenn aus Sicht der Beteiligten möglicherweise die Anzahl der Anrechte, die für die Wertfestsetzung nach § 50 Abs. 1 FamGKG maßgebend ist, festzustehen scheint, ist nicht ausgeschlossen, dass im weiteren Verlauf des Verfahrens ein weiteres Anrecht, das dem Versorgungsausgleich unterliegt, festgestellt wird, das vielleicht bislang irrtümlich übersehen worden war. Im Übrigen lässt sich erst nach Abschluss der Folgesache über den Versorgungsausgleich endgültig darüber befinden, ob nicht ausnahmsweise gemäß § 50 Abs. 3 FamGKG nach den besonderen Umständen des Einzelfalls aus Billigkeitsgründen ein höherer oder ein niedrigerer Wert festgesetzt werden muss, als er sich allein nach § 50 Abs. 1 FamGKG ergeben würde.

Für den Abschluss des Verfahrens über die Folgesache betreffend den Versorgungsausgleich wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass der Senat nunmehr – in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung - erstmals durch Beschlüsse vom 11.2.2016 (10 UF 65/15 und 10 WF 71/15) entschieden hat, dass es, wenn ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte sowohl in der allgemeinen Rentenversicherung in Form von Entgeltpunkten als auch in der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) in Form von Entgeltpunkten (Ost) erworben hat, diese in die Wertfestsetzung gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG als zwei Anrechte einzustellen sind.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG (vgl. auch Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rn. 22 f.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.