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Entscheidung 12 Kls 1/19


Metadaten

Gericht LG Neuruppin Jugendkammer Entscheidungsdatum 12.06.2019
Aktenzeichen 12 Kls 1/19 ECLI ECLI:DE:LGNEURU:2019:0612.12KLS1.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Angeklagte wird wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff und in weiterer Tateinheit mit einem sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen sowie in vier weiteren Fällen wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen, jeweils in Tateinheit mit sexueller Nötigung, und in einem Fall davon in weiterer Tateinheit mit einem sexuellen Missbrauch eines Kindes zu einer

Gesamtfreiheitsstrafe von 3 - drei - Jahren und 8 - acht – Monaten

verurteilt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 Abs. 1, 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 9, 52, 53 StGB

Gründe

I.

Feststellungen zur Person

Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 65 Jahre alte Angeklagte wuchs in der Prignitz auf. Nach dem Schulabschluss der 8. Klasse erlernte er den Beruf des Agrotechnikers und arbeitete fortan - lediglich in den Jahren 1976/77 unterbrochen durch die Ableistung seines Wehrdienstes - in einer regionalen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft bis zu deren Auflösung Anfang der 1990er Jahre. Er heiratete eine 10 Jahre ältere Frau, die bereits 1981 verstarb. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, zu denen der Angeklagte seit langem keinen Kontakt unterhält. Vor circa acht Jahren lernte er die Kindesmutter der Nebenklägerin, Frau ..., kennen. Zu dieser Zeit und in den Folgejahren, bis ihm infolge eines Unfallgeschehens am 14.11.2013 vorübergehend die Fahrerlaubnis entzogen worden war, war der Angeklagte als Berufskraftfahrer tätig. Nach einem anschließenden kurzeitigen Bezug von ALG II wurde er sodann als erwerbsunfähig eingestuft und vorzeitig berentet. Seine gegenwärtige Rente beträgt 900,-- €. Aus der Lebensbeziehung mit Frau ..., welche die jetzt 14 Jahre alte Nebenklägerin und deren circa drei Jahre jüngeren Bruder ... mit in die Beziehung brachte, ging der jetzt sieben Jahre alte gemeinsame Sohn ... hervor.

Der Angeklagte wurde bislang wie folgt bestraft:

Am 09.12.2014, rechtskräftig seit dem 17.12.2014, erkannte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg gegen ihn wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort, begangen am 14.11.2013, auf eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,-- €.

Der Angeklagte wurde in dieser Sache am 31.01.2019 vorläufig festgenommen und befand sich bis zum Tag der Hauptverhandlung aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Neuruppin vom 01.02.2019 – 89 Gs 151/19 – ununterbrochen in Untersuchungshaft. Mit Verkündung des Urteils hob die Kammer den vorgenannten Haftbefehl auf und veranlasste seine unverzügliche Entlassung aus der Untersuchungshaft.

II.

Feststellungen zur Sache

1. Tatvorgeschichte

Nachdem der Angeklagte die Kindesmutter der am 11.08.2004 geborenen Nebenklägerin ... vor circa acht Jahren kennengelernt hatte, wurde Frau ... recht schnell vom Angeklagten schwanger und gebar den gemeinsamen, jetzt siebenjährigen Sohn .... Zunächst wohnte das Paar mit der Nebenklägerin und deren beiden jüngeren Geschwistern in der kleinen mütterlichen Wohnung in ..., einem Ortsteil von ... (Prignitz). Mit dem Heranwachsen der Kinder wurde die Wohnung zunehmend zu klein und der Angeklagte mietete in Absprache mit seiner Grundsicherung beziehenden Lebenspartnerin im selben Ort in einer Entfernung von wenigen 100 Metern eine 2 ½ -Zimmer-Wohnung an. Die Gründung einer gemeinsamen größeren Wohnung wurde verworfen, um die Einstufung als Bedarfsgemeinschaft unter Anrechnung des Einkommens des Angeklagten zu vermeiden. Die Nebenklägerin, die sich bereits während ihrer Kindheit nicht von ihrer Mutter ausreichend wahrgenommen und umsorgt fühlte, entschied sich, in die Wohnung des Angeklagten, den sie als ihren (Stief-)Vater akzeptierte, unter Zurverfügungstellung eines eigenen Zimmers mit einzuziehen, der diesem Wunsch nachkam. Auch die Kindesmutter war hiermit einverstanden. Ihre vordringliche Sorge bestand lediglich in dem sichergestellten fortlaufenden Bezug von Hartz IV und des Kindergeldes für die Nebenklägerin. Daraufhin wurde der Nebenklägerin in der Wohnung des Angeklagten ein Zimmer eingerichtet. Auch ihr Halbbruder Emil übernachtete gern beim Angeklagten. Er schlief dann im Doppelbett im Schlafzimmer. Tagsüber besuchte die Nebenklägerin die Schule, ihre jüngeren Brüder den Kindergarten bzw. ebenfalls die Schule, während die Eltern den Alltag organisierten. In den Nachmittags- und frühen Abendstunden sowie an den Wochenenden und Feiertagen hielt sich die ganze Familie gewöhnlich zunächst in der Wohnung von Frau ... auf. Am Abend kehrte der Angeklagte mit der Nebenklägerin - und auch mit ... je nach dessen Ansinnen - in seine Wohnung zurück.

Dort begannen, als die Nebenklägerin 12 Jahre alt war, die sexuellen Handlungen des Angeklagten zum Nachteil des vor seinen Augen äußerlich vom Kind zu einem jungen Fräulein heranreifenden Mädchens. Es fing mit Berührungen des Angeklagten an der Brust und am Po der bekleideten Nebenklägerin an. Dann ging er dazu über, seine Hand auch schon mal unter ihre Kleidung zu schieben. Die Nebenklägerin ließ sich zunächst noch darauf ein, weil der Angeklagte ihr Entgegenkommen vorerst noch durch großzügige Erlaubnisse ihm Rahmen der Erziehung, zum Beispiel im Umgang mit ihren Freundinnen und bei der Handybenutzung, honorierte. Später, als sich die Handlungen spätestens ab dem Jahr 2018 wie nachfolgend beschrieben intensivierten und die Nebenklägerin dem Angeklagten deutlich ihren entgegenstehenden Willen zum Ausdruck brachte und sogar Widerstand leistete, reagierte der Angeklagte mit erzieherischer Strenge in Form von Verboten und Reglementierungen, obgleich hierfür aufgrund der sehr guten schulischen Entwicklung der Nebenklägerin und fehlender sonstiger Verhaltensauffälligkeiten aus erzieherischen Gründen kein Anlass bestand. So schrieb er ihr die Nutzungszeiten ihres Handys vor, untersagte nach Belieben den Kontakt mit Schulfreunden oder Verabredungen in dem Wissen, dass die Kindesmutter wegen des gestörten Verhältnisses zu ihrer Tochter nicht einschreiten würde.

2. Tatgeschehen

Im Einzelnen konnten folgende konkrete Tathandlungen festgestellt werden:

1. An einem Tag vor den Sommerferien im Jahr 2018, die in die Zeit vom 05.07.2018 bis zum 17.08.2018 fielen, schaute der Angeklagte mit der am 11.08.2004 geborenen Nebenklägerin ... Fernsehen im Wohnzimmer der gemeinsam genutzten Wohnung des Angeklagten in ... und forderte die Nebenklägerin dann auf, an seinem entblößten Geschlechtsteil mit der Hand zu manipulieren. Nachdem die Nebenklägerin dem zunächst widerwillig nachkam, erklärte sie ausdrücklich, dass sie das nicht wolle. Daraufhin umfasste der Angeklagte die Hand der Nebenklägerin und führte ihre Hand an seinem Penis auf und ab, bis es zum Samenerguss kam.

2. An einem Tag im Juli 2018, einen Tag vor der Fahrt der Nebenklägerin ins Ferienlager in den Sommerferien 2018, begab sich der Angeklagte zu ihr ins Kinderzimmer, um mit ihr sexuell zu verkehren. Als er anfing, die Nebenklägerin anzufassen und diese sich dagegen wehrte, hielt der Angeklagte sie an den Armen fest und äußerte: „wenn du nicht stillhältst, gebe ich dir so ein Ding, dann liegst du und bewegst dich nicht mehr". Trotz ihrer weiteren Gegenwehr gelang es dem untersetzten und deutlich schwereren Angeklagten, die Nebenklägerin auszuziehen und ihre Brüste anzufassen und zu lecken. Sodann schlug er sie, um ihre fortbestehende Gegenwehr zu unterbinden und drohte mit weiteren Schlägen. Die Nebenklägerin schaffte es dennoch, den Angeklagten wegzudrücken, der zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig entkleidet und kurz davor war, seinen Penis in die Scheide des Kindes einzuführen. Als dann das Telefon klingelte, gab der Angeklagte die weitere Tatausführung auf, weil er befürchtete, sein Sohn ..., der an diesem Tag bei ihm übernachtete, würde aufwachen.

3. An mindestens einem weiteren Tattag nach den Sommerferien 2018 begab sich der Angeklagte bereits vollständig entkleidet ins Kinderzimmer und legte sich zu der am 11.08.2018 14 Jahre alt gewordenen Nebenklägerin ins Bett. Dort fixierte er sie mit seinem Körpergewicht und knetete ihre Brüste und leckte an diesen. Da die Nebenklägerin sich hiergegen zur Wehr setzte, indem sie versuchte, den Angeklagten wegzudrücken, hielt er dabei ihre Arme fest.

4. An mindestens einem weiteren Tattag nach den Sommerferien im Jahr 2018 begab sich der Angeklagte, diesmal noch bekleidet, erneut ins Kinderzimmer. Er zog sich aus und begab sich ins Bett der Nebenklägerin. Dort drückte er seinen massiven Körper auf die auf dem Rücken liegende Nebenklägerin, um mit ihr sexuell zu verkehren. Vergebens versuchte die Nebenklägerin den ihr deutlich körperlich überlegenen Angeklagten wegzudrücken. Vielmehr gelang es dem Angeklagten, ihr Schlafoberteil hochzuschieben und die unbekleideten Brüste der Nebenklägerin zu lecken, indem er ihre Arme festhielt.

5. Am 27.10.2018 kündigte der Angeklagte gegenüber der Nebenklägerin an, dass er abends wieder zu ihr ins Bett käme. Diesmal stellte die Nebenklägerin eine Videokamera auf und startete die Aufnahmefunktion unbemerkt von dem tatsächlich ins Zimmer kommenden Angeklagten. Der Angeklagte begab sich nur mit Unterwäsche bekleidet zur Nebenklägerin auf das Bett, zog die Bettdecke zur Seite, beugte sich über die auf dem Rücken liegenden Nebenklägerin und versuchte sie auszuziehen. Diese wehrte sich zwar, aber dem körperlich überlegenen Angeklagten gelang es zunächst, ihr Oberteil hochzuschieben. Er kniete sich zwischen ihre Schenkel und fixierte mit seinen Händen ihre Arme in Kopfhöhe auf dem Bett. Er äußerte dabei mehrfach, dass er mit ihr Geschlechtsverkehr haben wolle, was die Nebenklägerin trotz ihrer hilflosen Lage bestimmt und wiederholt mit den Worten: „Ich will das nicht!“ ablehnte. Daraufhin drohte er mehrfach damit, ihr die Hände zusammenzubinden. Sodann gelang es ihm, der Nebenklägerin die Schlafanzughose auszuziehen. Er drückte - für die Nebenklägerin schmerzhaft - deren Beine auseinander. Dann hockte er sich wieder zwischen ihre Schenkel und versuchte in dieser Position, seine Hose auszuziehen, was ihm allerdings nicht gelang, weil sich die Nebenklägerin sträubte, sowie der Angeklagte die Nebenklägerin an den Armen losließ, um sich mit seiner Hand die Hose runterzuschieben. Es gelang dem Angeklagten während dieses fast 20 Minuten währenden Geschehens, mehrfach die unbedeckten Brüste der Nebenklägerin anzufassen und daran zu lecken und auch ihren unbekleideten Intimbereich zu lecken, bis er schließlich von der sich weiter wehrenden Nebenklägerin abließ.

Die Nebenklägerin erzählte ihrer Freundin ... gelegentlich von den sexuellen Handlungen des Angeklagten und berichtete in den Sommerferien 2018 im Ferienlager auch einem Jungen davon, dass sie missbraucht werde. Ferner führte sie über die Übergriffe schriftliche Aufzeichnungen. Im Januar 2019 vertraute ... ihrer Mutter, Frau ..., die Schilderungen ihrer Freundin an. Sie übergab ihrer Mutter zur Bekräftigung Briefe der Nebenklägerin, die hiervon wusste und damit einverstanden war, weil sie sich Hilfe erhoffte, die sie von ihrer eigenen Mutter nicht erwartete. Ihr leiblicher Vater war im Sommer 2018 verstorben. ... informierte sodann sofort das Jugendamt, welches die Nebenklägerin in Obhut nahm und den Sachverhalt am 28.01.2019 eigenständig zur Anzeige brachte. Die Nebenklägerin ist nicht zu ihrer Familie zurückgekehrt. Sie lebt gegenwärtig immer noch in der Jugendhilfeeinrichtung „...“, wird aber in den Sommerferien 2019 zu ihrer Tante und deren Familie nach ... ziehen, während ihre Mutter zum Angeklagten hält.

III.

Einlassung des Angeklagten und Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Person und zum Werdegang des Angeklagten beruhen auf seinen eigenen und insoweit vorbehaltlos glaubhaften Angaben. Die Feststellungen zu der aufgeführten Vorstrafe hat die Kammer dem in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszug vom 03.06.2019 entnommen. Der Angeklagte hat hierzu bestätigende und erläuternde Angaben gemacht.

Die Feststellungen zu den Tathandlungen beruhen im Wesentlichen auf der geständigen Einlassung des Angeklagten, der den festgestellten Sachverhalt im vollen Umfang eingeräumt hat.

Der Angeklagte hat angegeben, dass er seine Taten bereue und alles gerne wiedergutmachen würde, wenn dies möglich wäre. Er habe der Nebenklägerin kurz vor seiner Inhaftierung, als diese bereits in der Einrichtung des Jugendamtes untergebracht worden sei, eine SMS geschrieben und sie um Verzeihung gebeten. Zudem habe er in der Untersuchungshaft einen Entschuldigungsbrief geschrieben, diesen aber bislang noch nicht an die Nebenklägerin abgeschickt.

Weiter hat er sich dahin eingelassen, dass ihm eine genaue zeitliche Einordnung der einzelnen Taten nicht mehr möglich sei, andererseits hat er gegen die in der Anklageschrift aufgeführten Tatzeiten, die sich maßgeblich auf die zeugenschaftlichen Angaben der Nebenklägerin bei der Ermittlungsrichterin stützen, keine Einwände erhoben. Die Lebens- und Wohnverhältnisse während der nach wie vor bestehenden Partnerschaft mit der Mutter der Nebenklägerin hat der Angeklagte ausführlich und glaubhaft beschrieben, wie sie den Feststellungen zugrunde gelegt worden sind.

Zu den einzelnen Handlungen hat der Angeklagte keine konkreten Angaben machen wollen, da ihm dies unangenehm sei. Es sei damals so gewesen, dass die Nebenklägerin mit in seine Wohnung in ein eigenes Zimmer habe ziehen wollen, als sich die Familie einvernehmlich auf zwei Haushalte aufgeteilt habe. Dies sei nicht in seinem Sinne gewesen, aber die Nebenklägerin habe sich in diesem Punkt durchgesetzt. Damit wolle er jedoch nicht zum Ausdruck bringen, dass die Nebenklägerin eine Teilschuld an seinen Taten trage. Der Umgang mit der Nebenklägerin sei jedenfalls nicht einfach gewesen, er habe viele Verbote bezüglich Handynutzung und ihrer Freizeitgestaltung ausgesprochen. Andererseits hat er aber auch davon gesprochen, dass ... schon früh sehr selbstständig gewesen sei. Die Schule sei bei ... „gelaufen“. Sie sei eine sehr gute Schülerin. Auch Probleme mit Drogen oder Alkohol oder in sonstiger Art, die Anlass für Reglementierungen hätten sein können, hat er für seine Stieftochter ausdrücklich verneint. An der Glaubhaftigkeit dieses Geständnisses bestehen keine Zweifel.

Die Kammer hat das Geständnis des Angeklagten überprüft und, insbesondere weil die Nebenklägerin das festgestellte Tatgeschehen detailliert geschildert hat, als glaubhaft erachtet. Die Nebenklägerin hat im Rahmen einer nach § 58a StPO in Bild und Ton aufgezeichneten ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmung am 18.03.2019, die durch Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung gemäß § 255a Abs. 2 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, anschaulich und ohne Belastungstendenz bekundet, dass die Übergriffe des Angeklagten begonnen hätten, als sie in der 7. Klasse gewesen sei, was unter Berücksichtigung der ebenfalls von ihr offenbarten Tatsache, dass sie im aktuellen Schuljahr (2018/2019) die 9. Klasse besuche, folglich im Alter von 12 Jahren der Fall war. Angefangen habe es mit Anfassen am Po und an den Brüsten, wenn sie an ihm vorbeigegangen sei. Irgendwann habe er auch unter die Kleidung gefasst, was sie noch erduldet habe, da er ihr ansonsten Verbote ausgesprochen hätte. Es sei dann immer schlimmer geworden, so dass sie sich gewehrt habe. Dies habe dazu geführt, dass der Angeklagte ihr zum Beispiel die Nutzung ihres Handys untersagt habe. Er habe auch gesagt, wenn sie ihn nicht „ranlasse“, dürfe sie nicht ins Ferienlager oder zu Freunden, sie habe sich deshalb wie eine Sklavin gefühlt. An einem Tag noch vor den Sommerferien 2018 habe der Angeklagte im Wohnzimmer seiner Wohnung beim Fernsehen seine Hose runtergezogen und von ihr verlangt, dass sie ihm einen runterhole. Sie habe das nicht gewollt, aber trotzdem kurz mit ihrer Hand an seinem Penis manipuliert. Nachdem sie dann aufgehört und ihre Hand weggenommen habe, sei er damit nicht einverstanden gewesen. Er habe ihre Hand genommen, mit dieser seinen Penis umfasst und dann weitergemacht, bis er zum Samenerguss gekommen sei. Sie habe dann in den letzten Sommerferien (mithin im Sommer 2018) einem Jungen namens ... im Ferienlager von diesem Missbrauch berichtet, weil sie zu diesem Jungen Vertrauen gefasst habe.

Es sei - so die Zeugin weiter - auch immer wieder passiert, dass der Angeklagte abends in ihr Zimmer gekommen sei und im Bett Geschlechtsverkehr von ihr verlangt habe. Dies sei ein- oder zweimal im Monat geschehen und immer sehr ähnlich abgelaufen. Er habe ihre Arme nach oben gezogen und festgehalten und versucht, ihre Schlafhose auszuziehen, was ihm auch oft gelungen sei. Er habe dann immer ihre Brüste und auch manchmal ihren Intimbereich geleckt. An einem Tag im Juli 2018, dem Tag vor der Abfahrt ins Ferienlager in den letzten Sommerferien, habe er sie dabei auch geschlagen und ihr gedroht, dass er ihr so ein Ding verpassen werde, wenn sie sich weiter wehre, dass sie sich dann nicht mehr bewegen könne. An diesem Tag sei er kurz davor gewesen, mit seinem Penis in ihre Scheide einzudringen, habe es aber nicht geschafft, weil er durch das Klingeln des Telefons unterbrochen worden sei. Der Angeklagte sei bei weiteren Übergriffen in ihrem Bett manchmal auch nackt gewesen, wenn er sich in ihrem Zimmer vollständig entkleidet habe, bevor er zu ihr ins Bett gekommen sei. Es sei ihm dabei trotz ihrer Gegenwehr immer gelungen, ihre Brüste zu kneten und zu lecken, weil er ihre Arme über ihrem Kopf festgehalten habe. Zum Geschlechtsverkehr sei es jedoch nie gekommen, weil sie sich gewehrt habe. Einmal habe sie eine solche Situation mit ihrer Videokamera aufgenommen, nachdem er angekündigt habe, er werde abends noch zu ihr ins Bett kommen. An dem Abend habe er dann wieder ihre Bettdecke weggezogen, obwohl sie diese festgehalten habe. Anschließend habe er auch ihr T-Shirt hoch und ihre Hose ausgezogen, obwohl sie sich gewehrt habe. Er habe wie immer ihre Arme festgehalten und ihre Brüste geknetet und geleckt. Er habe sie auch im Genitalbereich geleckt und damit gedroht, ihre Hände zu fesseln, wenn sie sich weiterhin zur Wehr setze. Sie habe sich aber so heftig gewehrt, dass er schließlich gegangen sei.

In der Hauptverhandlung ist die von der Nebenklägerin heimlich mit ihrer Kamera gefertigte Videoaufzeichnung in Augenschein genommen worden, die den von ihr insoweit geschilderten Geschehensablauf zeigt. Die Fotokamera der Marke „Nikon“ ist nach der Anzeigenerstattung durch das Jugendamt ausweislich des hierzu verlesenen Sicherstellungsprotokolls vom 30.01.2019 an jenem Tage von der Nebenklägerin an die Polizei in der Jugendhilfeeinrichtung „...“ übergegen worden. Die Bilddatei DSCN0378.AVI ist mit der Datumsangabe des 27.10.2018 versehen. Die Nebenklägerin konnte diesem Geschehen zwar kein konkretes Datum zuordnen, hält dieses Datum jedoch für plausibel. Da sich keine Anhaltspunkte für eine falsche Zeiteinstellung der Kamera der Nebenklägerin ergeben haben, ist die Kammer davon überzeugt, dass diese Videoaufnahme am 27.10.2018 entstanden ist. Es ist auf dem Video zu sehen, dass der Angeklagte über einen Zeitraum von fast zwanzig Minuten versucht, den Geschlechtsverkehr mit der Nebenklägerin zu erzwingen. Er wendet körperliche Gewalt an, indem er die Arme der Nebenklägerin festhält und ihre Beine auseinanderdrückt. Nach etwa zehn Minuten gelingt es ihm, die Hose der Nebenklägerin auszuziehen, die immer wieder sagt, dass sie das nicht wolle, sich windet und gegen den über ihr hockenden Angeklagten stemmt. Der Angeklagte kündigt ihr darauf hin mehrfach an, er werde ihre Hände zusammenbinden, dann habe sie verloren und könne sich nicht mehr wehren. Er werde so lange machen, bis er „ihn“ drin habe. Weiter ist - wenn auch unscharf - zu erkennen, dass er seinen Kopf wiederholt in Brusthöhe der Nebenklägerin bewegt. Zudem sind sein Stöhnen und Kussgeräusche zu hören. Er spricht aus, dass sie schöne kleine Brüste und eine schöne Muschi habe, die er jetzt feucht mache. Nachdem er immer wieder versucht, die sich sträubende Nebenklägerin zu positionieren, beugt er sich erneut mit den Worten, dass er „es“ jetzt ansabbere, nach unten. Es ist dann zu erkennen, dass er sein Gesicht gegen den Genitalbereich der Nebenklägerin drückt. Nach 18 Minuten und 57 Sekunden endet abrupt das Video, sehr wahrscheinlich mangels weiterer Speicherkapazität, ohne dass es bis dahin zum Geschlechtsverkehr gekommen ist.


Die Kammer hat daher keine Zweifel an der Richtigkeit der Schilderungen der Nebenklägerin bezüglich der festgestellten Taten, zumal auch die Umstände der Anzeigenerstattung keine Hinweise darauf geben, dass die Nebenklägerin den Angeklagten – auch nur in Teilen – falsch belastet.

Aus der im Einverständnis mit den Verfahrensbeteiligen in der Hauptverhandlung verlesenen polizeilichen Vernehmung der Zeugin ... ergibt sich hierzu, dass ihre Tochter ..., die mit der Nebenklägerin eng befreundet sei, bereits im Sommer 2018 Andeutungen gemacht habe, dass bei der Nebenklägerin zu Hause etwas nicht stimme. Im Januar 2019 habe ... dann erzählt, dass die Nebenklägerin vom Angeklagten missbraucht werde und ihr drei Briefe der Nebenklägerin zum Lesen übergeben, die damit einverstanden gewesen sei. Sie - die Zeugin ... - habe daraufhin am nächsten Tag von sich aus das Jugendamt informiert. Der in der Hauptverhandlung auszugsweise verlesenen Strafanzeige ist zu entnehmen, dass ein Mitarbeiter des Jugendamts am 28.01.2019 die Anzeige erstattet hat, nachdem er dienstlich Kenntnis von einer Straftat erhalten hatte. Danach spricht für eine Falschbezichtigung des Angeklagten durch die Nebenklägerin nichts, die nachvollziehbar bekundet hat, sie sei nicht zur Polizei gegangen, weil sie ihre Familie nicht habe zerstören wollen.

Allerdings hat die Kammer noch ein anderes bemerkenswertes Detail aus der verlesenen Zeugenvernehmung der ... entnommen. In ihrer Vernehmung hat die Zeugin beiläufig erwähnt, dass der Nebenklägerin einmal vom Angeklagten grundlos verboten worden sei, auf eine Garagenparty zu Silvester 2018/2019 ihrer Tochter ... zu kommen, obwohl er die Familie ... gekannt habe, worin die Kammer eine Stütze für die von der Nebenklägerin offenbarten und vom Angeklagten zugestandenen Verbote und Reglementierungen sieht, für die aus erzieherischer Sicht kein Grund bestand und einzig dazu dienten, Macht zu demonstrieren und die Nebenklägerin für sein sexuelles Verlangen gefügig zu machen.

Insgesamt hat sich aus der geständigen Einlassung des Angeklagten und den übrigen in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln der festgestellte Sachverhalt ergeben, wobei das – im Sinne der Anklage – vollumfängliche Geständnis des Angeklagten ohne jede Abweichung in der Beweisaufnahme bestätigt worden ist.

Die Erkenntnis, dass die Nebenklägerin derzeit noch in der Jugendhilfeeinrichtung lebt, aber ein Umzug zu der ebenfalls in der hiesigen Region lebenden Tante vorbereitet werde, stützt die Kammer auf die glaubhaften ihrer Betreuers in der Einrichtung, des Zeugen .... Im Rahmen seiner Vernehmung hat er zudem bestätigt, dass die Nebenklägerin eine sehr gute Schülerin sei, auch wenn es zu Beginn der Unterbringung einen vorübergehenden schulischen „Einbruch“ gegeben habe. Überdies hat er zum Verhältnis der Nebenklägerin zu ihrer Mutter ausgeführt, dass letztere den Kontakt ablehne. So habe sie es - obwohl ihre Tochter bereits seit Monaten im „...“ untergebracht sei, noch immer nicht geschafft, bestimmte Sachen von zu Hause, auf die ... Wert lege bzw. die sie benötige, in der Einrichtung zu übergeben.

IV.

Rechtliche Würdigung

Der Angeklagte hat sich hiernach in allen fünf Fällen des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen gemäß § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB schuldig gemacht. Er hat zwar nicht mit der Mutter der Nebenklägerin in einem Haushalt, aber nach den festgestellten Umständen trotzdem in eheähnlicher Gemeinschaft im Sinne der Vorschrift gelebt. Eine eheähnliche bzw. lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft im Sinne von § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist eine Lebensgemeinschaft zwischen zwei Personen, die auf Dauer angelegt ist, keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen und damit über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BGH, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 1 StR 625/17 –, Rn. 10, juris). So liegt der Fall hier. Die Beziehung des Angeklagten mit der Mutter der Nebenklägerin besteht seit acht Jahren ohne weitere partnerschaftliche Beziehungen. Aus dieser Verbindung ist der gemeinsame, jetzt sieben Jahre alte Sohn ... hervorgegangen, der gemeinsam erzogen wird. Der Angeklagte hat auch für die von einem anderen Mann abstammende Nebenklägerin und deren Bruder ... die Vaterrolle übernommen. Das Paar lebte mit den drei Kindern zunächst in einer gemeinsamen, aber mit dem Heranwachsen der Kinder zu klein gewordenen Wohnung zusammen. Die Gründung eines zweiten, gesonderten Hausstandes durch den Angeklagten war lediglich der Tatsache geschuldet, nicht als Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II unter Anrechnung seines Einkommens eingestuft zu werden, was bei einem gemeinsamen Hausstand der Fall gewesen wäre. Die Wohnung des Angeklagten befand sich - einvernehmlich bewusst gewählt - nur wenige hundert Meter fußläufig von der Wohnung seiner Partnerin entfernt. Tagsüber organisierte das in den letzten Jahren nicht (mehr) erwerbstätige Paar seine Zeit einvernehmlich. Nach dem alltäglichen Ende der Schul- und Kindergartenzeit fanden sich die Kinder sodann in der mütterlichen Wohnung ein und die Familie verbrachte den Abend gemeinsam, ebenso wie die Wochenenden und Feiertage. Die Wohnung des Angeklagten diente im Wesentlichen nur als Schlafstätte und Rückzugsmöglichkeit für den Angeklagten, die Nebenklägerin und häufig auch für deren Halbbruder ....

Bezüglich der Taten zu 1. und 2. hat der Angeklagte zudem jeweils tateinheitlich (§ 52 StGB) einen sexuellen Missbrauch von Kindern nach § 176 Abs. 1 StGB verwirklicht, da die Nebenklägerin zum Zeitpunkt dieser Taten noch nicht 14 Jahre alt gewesen und die Erheblichkeitsschwelle des § 184h StGB aufgrund der Intensität der sexuellen Handlungen überschritten worden ist.

Hinsichtlich der Taten 2. bis 5. hat der Angeklagte in weiterer Tateinheit eine sexuelle Nötigung gemäß § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB verwirklicht, da er jeweils gegen den erkennbaren Willen der Nebenklägerin gehandelt und dabei Gewalt angewendet hat, indem er jeweils mit einiger, erheblicher Kraftentfaltung ihre Arme festhielt, um ihre Gegenwehr zu unterbinden. Zudem drückte er im Fall 5. die Schenkel der sich dagegen sträubenden Nebenklägerin mit Kraftaufwand auseinander.

Eine solche Gewaltanwendung war bei der Tat zu 1. nicht festzustellen. Das Führen der Hand des Opfers zur Vornahme sexueller Handlungen stellt sich nicht als Überwindung eines Widerstands des Opfers dar, bei der der Täter physische Kraft entfalten und einen körperlich wirkenden Zwang ausüben muss (BGH, Beschluss vom 31.07.2013, 2 StR 318/13). Deshalb hat die Kammer die Tat zu 1. als sexuellen Übergriff gemäß § 177 Abs. 1 StGB in weiterer Tateinheit zu §§ 174 Abs. 1 Nr. 3, 176 Abs. 1 StGB gewürdigt, da er zwar nicht mit Gewalt, aber gegen den erkennbaren Willen der Nebenklägerin sexuelle Handlungen von ihr an sich vornehmen ließ.

V.

Strafzumessung

Bei der Strafzumessung hat die Kammer für die Tat zu Ziffer 1. den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt, der von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reicht. Dieser stellt die schwerste Strafandrohung der insgesamt drei in diesem Fall verletzten Strafgesetze dar (§ 52 Abs. 2 StGB).

Bei der konkreten Bemessung der Einzelstrafe für diese Tat hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er ein von Reue getragenes Geständnis abgelegt hat und aufgrund seines relativ hohen Alters und seiner familiären Bindung, insbesondere zu seinem Sohn ..., als besonders haftempfindlich anzusehen ist. Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, dass er es aufgrund des von ihm begangenen Deliktstypus sehr schwer unter den anderen Mitgefangenen haben wird. Schließlich ist für den Angeklagten gewichtig mildernd bewertet worden, dass er bislang - mit Ausnahme einer nur ganz geringfügigen Vorbelastung wegen eines Straßenverkehrsdelikts - unbescholten durchs Leben gegangen ist.

Zu Lasten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er die Manipulation an seinem erigierten Penis so lange vornehmen ließ, bis es zum Samenerguss kam, womit diese Missbrauchshandlung angesichts der sich daraus ergebenden Dauer und Intensität im Spektrum vergleichbarer Fälle dieses Deliktstypus bereits als leicht überdurchschnittlich zu bewerten ist. Überdies war deutlich zu seinem Nachteil zu beachten, dass er neben dem sexuellen Missbrauch der kindlichen Nebenklägerin auch noch einen sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen und einen sexuellen Übergriff verwirklicht hat. Die Kammer hat daher in diesem Fall auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten erkannt.

Für die Taten zu Ziffer 2. bis 5. stand der Kammer zunächst als schwerste Strafandrohung der von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen des § 177 Abs. 5 StGB zur Verfügung. Sodann hat sie für diese vier Fälle die Anwendung des minder schweren Strafrahmens des § 177 Abs. 9 StGB geprüft und nur für die Taten zu Ziffer 3. und 4. bejaht.

Anhaltspunkte dafür, dass auch in den Fällen 2. und 5. die mildernden Faktoren beträchtlich überwiegen und das gesamte Bild der einzelnen Taten und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß sonst vorkommenden Fälle in einem Maße nach unten abweichen, dass die Anwendung des normalen Strafrahmens für den Angeklagten eine unzumutbare Härte bedeuten würde, sind nach Auffassung der Kammer nicht gegeben.

Im Fall 2. sprechen zwar wieder das reuige Geständnis, seine besondere Haftempfindlichkeit und seine bisherige Unbescholtenheit mit Ausnahme einer geringfügigen, nicht einschlägigen Vorbelastung für den Angeklagten. Zu seinen Lasten wirkt sich jedoch aus, dass es bei der Tat zu 2. über das Festhalten hinaus zu einer Misshandlung in Form eines Schlages und der Androhung weiterer Schläge gekommen ist und die Intensität der sexuellen Handlung erheblich war, da er schon kurz davor stand, in sie einzudringen. Außerdem hat er zugleich den sexuellen Missbrauch eines Kindes und den sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen verwirklicht, sodass es im Ergebnis mangels eines deutlichen Überwiegens der mildernden Faktoren bei der Anwendung des Regelstrafrahmens verblieben ist.

Bei der konkreten Strafzumessung im Fall 2. hat die Kammer die vorgenannten für und gegen den Angeklagten sprechenden Erwägungen (reuiges Geständnis, Haftempfindlichkeit, geringe Vorbelastung einerseits sowie Erheblichkeit der Nötigungsmittel, Handlungsintensität und tateinheitliche Verletzung von insgesamt drei Strafgesetzen andererseits) zwar eine Strafe noch im unteren Bereich des Regelstrafrahmens für tat- und schuldangemessen erachtet, die jedoch spürbar die Mindeststrafe von einem Jahr zu überschreiten hatte. Die Kammer hat deshalb für die Tat zu 2. auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt.

Auch im Fall 5. hat die Kammer die Anwendung des minder schweren Strafrahmens verneint. Hier konnte wegen der erdrückenden Beweislage mit Blick auf die Videoaufnahme das reuige Geständnis schon nicht mit demselben Gewicht zu Gunsten des Angeklagten in die Abwägung eingestellt werden wie in den übrigen Fällen. Zwar waren ihm auch in diesem Fall abermals noch seine Haftempfindlichkeit und seine nur geringe Vorbelastung zu Gute zu halten. Andererseits spricht im Fall 5. gegen ihn, dass er (im Unterschied zu den Fällen 3. und 4.) überdies den Genitalbereich der Nebenklägerin geleckt hat, was bereits als erhebliche sexuelle Handlung zu bewerten ist. Zudem zog sich das Geschehen fast 20 Minuten und damit eine nicht unbeträchtliche Zeit hin. Außerdem hat er über die Gewaltanwendung massive Drohungen ausgesprochen und zugleich den sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen nach § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht. Die Kammer hat daher auch für diese Tat im Ergebnis die Anwendung des minder schweren Strafrahmens nach § 177 Abs. 9 StGB verworfen.

Bei der konkreten Strafzumessung für die Tat zu Ziffer 5. hat die Kammer die vorgenannten, bereits bei der Prüfung der Anwendung des minder schweren Strafrahmens erörterten für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte erneut abgewogen und im Ergebnis für diese Tat auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten erkannt.

Bezüglich der Taten zu 3. und 4. ist jeweils einen minder schweren Fall bejaht worden, da es sich (im Vergleich zu den Fällen 2. und 5.) bei dem in diesen Fällen in Rede stehenden Kneten bzw. Lecken der Brüste um einen relativ niederschwelligen Übergriff gehandelt hat und auch die Gewaltanwendung noch relativ maßvoll ausfiel. Folglich ist die Kammer bei der konkreten Strafzumessung für diese beiden Taten von einem Strafrahmen ausgegangen, der von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reicht.

Zugunsten des Angeklagten sprachen in den beiden vorgenannten Fällen wiederum sein reuiges Geständnis, seine Haftempfindlichkeit und seine nur geringe Vorbelastung. Auch waren Intensität der sexuellen Handlung und der angewandten Gewalt als durchschnittlich zu bewerten. Zu seinen Lasten wirkte sich allerdings aus, dass er mit ein und derselben Handlung jeweils zwei Gesetzesverstöße begangen hat. Im Ergebnis ihrer Abwägung hat daher die Kammer für die Taten zu Ziffer 3. und 4. jeweils auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten erkannt.

Aus den vorgenannten Einzelstrafen war gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe von zwei Jahren eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, welche gemäß § 54 Abs. 2 StGB die Summe der Einzelstrafen von sieben Jahren und fünf Monaten nicht erreichen durfte.

Die Kammer hat nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände auf eine

Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten

erkannt.

Im Rahmen der Gesamtschau der einzelnen Straftaten und ihrem Verhältnis zueinander sowie der Person des Angeklagten unter Berücksichtigung der bei der Bemessung der Einzelstrafen vorgenommenen Gewichtung der Strafzumessungsumstände hat die Kammer bei der Findung der Gesamtstrafe zwar zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Einzeltaten bezüglich der Nebenklägerin eine Tatserie bildeten und dadurch insoweit in einem recht engen Zusammenhang standen, was einen straffen Zusammenzug der Strafen nahelegt. Dabei hat die Kammer aber auch nicht unbeachtet gelassen, dass das Ende der Tatserie auf das couragierte Verhalten der Nebenklägerin und der Mutter ihrer Freundin zurückzuführen ist, wobei die von der Nebenklägerin gefertigte Videoaufnahme eine derart überzeugende Beweiskraft hatte, dass nicht nur im Fall 5., sondern auch in den übrigen Fällen hierdurch die strafmildernde Wirkung des Geständnisses des Angeklagten zu relativieren war.

Andererseits hat sich strafschärfend ausgewirkt, dass der Angeklagte sich hier in einer besonderen Hartnäckigkeit strafbar gemacht hat, indem über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren sein zunächst mit flüchtigen und obszönen Berührungen der Nebenklägerin beginnendes Verhalten in einer selbstverständlichen Weise bis zu den verfahrensgegenständlichen Handlungen steigerte und dabei auf die sich dem zunehmend widersetzende Nebenklägerin zusätzlich mit spürbaren und ungerechten Verboten und Reglementierungen gegenüber dem pubertierenden Mädchen in dem sicheren Wissen reagierte, dass die Kindesmutter der Nebenklägerin wegen des gestörten Mutter-Kind-Verhältnisses nicht beistehen würde.

Nach Abwägung dieser für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungskriterien hat die Kammer eine Gesamtstrafe für angemessen erachtet, die sich noch im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens zu bewegen hatte, aber deutlich die Einsatzstrafe von zwei Jahren übersteigt. Eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten stellt einen gerechten Schuldausgleich für das gesamte vom Angeklagten begangene Unrecht dar und wird allen anerkannten Strafzwecken gerecht.

VI.

Kosten

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465, 472 StPO.