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Entscheidung OVG 6 B 16.09


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 22.11.2010
Aktenzeichen OVG 6 B 16.09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 15 BeamtVG, Art 33 Abs 5 GG, § 47 SGB 12, § 48 SGB 12

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der 1967 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die (unbefristete) Weitergewährung eines Unterhaltsbeitrages nach § 15 BeamtVG. Er war in der Zeit von März 1994 bis Dezember 1997 bei der Beklagten im Vorbereitungsdienst als Beamter auf Widerruf tätig. Mit Wirkung vom 4. Dezember 1997 wurde er als Verwaltungsinspektor zur Anstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Nachdem die Probezeit des seit August 2000 durchgehend dienstunfähig erkrankten Klägers mehrfach verlängert worden war, entließ ihn die Beklagte mit Ablauf des 31. Dezember 2002 wegen Dienstunfähigkeit aus dem Beamtenverhältnis auf Probe (Bescheid vom 15. Oktober 2002). Er erhielt ein Übergangsgeld nach § 47 Abs. 1 BeamtVG für die Zeit vom 1. Januar bis zum 15. Mai 2003 (Bescheid vom 12. Dezember 2002) und wurde in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, die ihm eine zunächst befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährte.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Antrag hin einen Unterhaltsbeitrag nach § 15 BeamtVG ab dem 1. Juni 2003 in Höhe der Differenz zwischen der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Mindestruhegehalt (Bescheid vom 28. Mai 2003, geändert durch Bescheid vom 24. Juli 2003). Der Unterhaltsbeitrag wurde zunächst bis zum 31. Dezember 2004 gewährt und wiederholt verlängert. Mit Bescheid vom 28. November 2007 bewilligte die Beklagte letztmalig die Weiterzahlung des Unterhaltsbeitrages bis zum 31. Mai 2008 unter Ablehnung weitergehender Leistungen und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: § 15 BeamtVG, der keinen Rechtsanspruch begründe, diene nicht dem Zweck, den Dienstherrn auf Dauer für den vollen Lebensunterhalt der entlassenen Beamten aufkommen zu lassen. Unterhaltsbeitrag auf Lebenszeit komme bei einer bereits bei Entlassung des Probebeamten bestehenden Erwerbsunfähigkeit nur dann in Frage, wenn trotz Nachversicherung der Dienstzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung die Wartezeit für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht erfüllt sei. Zwar hätten sich bei dem Kläger weder die gesundheitlichen Umstände, die bei der erstmaligen Bewilligung des Unterhaltsbeitrages und den Folgeentscheidungen maßgeblich gewesen seien, geändert noch die finanziellen Verhältnisse gebessert. Dennoch werde wegen des gesetzlichen Zwecks des § 15 BeamtVG, zum Ausgleich von Härten grundsätzlich nur einen zeitlich befristeten Beitrag zum Lebensunterhalt zu leisten, von einer Weitergewährung abgesehen, einerseits im Hinblick auf das Verhältnis zwischen der Dauer der vom Kläger für die Beklagte tatsächlich erbrachten Dienstleistung von lediglich 32 Monaten und der mehr als fünf Jahre lang gewährten Unterhaltsbeiträge, andererseits im Hinblick auf die dem Kläger zustehenden Rentenansprüche und die Möglichkeit, bei Bedarf ergänzende Leistungen nach dem SGB XII geltend zu machen. Die Auslauffrist solle dem Kläger die Möglichkeit geben, sich über weitergehende Ansprüche nach dem SGB XII zu informieren, gegebenenfalls entsprechende Anträge zu stellen und sich insbesondere um eine Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes zu bemühen, da mit dem Wegfall des Unterhaltsbeitrages auch die Beihilfeberechtigung entfalle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2008 wies die Beklagte den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch als unbegründet zurück. Ermessensfehler des Ausgangsbescheides seien nicht ersichtlich. Die Verweisung des Klägers auf Sozialhilfeansprüche sei nicht ausgeschlossen. Auch könne trotz der unveränderten Tatsachengrundlage im Rahmen des Ermessens zwischen mehreren rechtmäßigen Entscheidungen aus Billigkeitsgründen unter Abwägung der öffentlichen Belange und Interessen des Einzelnen entschieden werden.

Einen gesonderten Antrag des Klägers auf Weitergewährung des Unterhaltsbeitrages über den 31. Mai 2008 hinaus lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 11. Januar 2008 mit inhaltsgleicher Begründung ebenfalls ab. Auch der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2008).

Das Verwaltungsgericht hat die gegen sämtliche Bescheide gerichtete Klage mit Urteil vom 17. September 2009 als unbegründet abgewiesen und zugleich die Berufung zur Klärung der Frage zugelassen, ob und inwieweit § 15 BeamtVG die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages auf Dauer ermögliche. Diese Frage hat es selbst verneint und zur Begründung ausgeführt: Die Befristung stehe im Ermessen des ehemaligen Dienstherrn. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.

Zur Begründung der hiergegen gerichteten Berufung führt der Kläger im Wesentlichen aus: Seit dem 1. Januar 2010 sei ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer bis zum Erreichen der Altersgrenze bewilligt worden. Mittlerweile sei er als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 80 vom Hundert anerkannt und erhalte Hilfe zur Pflege gemäß § 61 ff. SGB XII. Weiterhin erhalte er aktuell Leistungen der Grundsicherung in Höhe von monatlich rund 430 Euro. Das erstinstanzliche Urteil sei unrichtig. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beziehe sich ausschließlich auf Fälle des Disziplinarrechts, wo der Unterhaltsbeitrag aufgrund anderer Vorschriften gewährt werde und andere Zwecke verfolge. Zudem seien die zugrundeliegenden Sachverhaltskonstel-lationen nicht vergleichbar. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Sie habe nicht ausreichend geprüft, ob ausnahmsweise die Bewilligung des Unterhaltsbeitrages auf Lebenszeit in Betracht komme. Dies sei durch die Verwaltungsvorschriften nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich zugelassen. Es sei ermessensfehlerhaft, anzunehmen, der Kläger müsse sich auf Sozialhilfeansprüche verweisen lassen. Das schlössen die Verwaltungsvorschriften ausdrücklich aus. Es sei auch fehlerhaft, auf die Dauer der geleisteten Dienstzeit abzustellen. Die Verwaltungsvorschriften gäben hierfür nichts her. Aus ihnen sei vielmehr zu folgern, dass die gesamte Lebenszeit für die Bemessung des Unterhaltsbeitrags zu berücksichtigen und eine zeitliche Befristung daher vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt sei. Erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er geltend gemacht, dass durch den Wegfall des Unterhaltsbeitrags auch sein Beihilfeanspruch entfalle und eine Versorgungslücke entstehe; das Sozialamt übernehme nur die Beiträge für die private Krankenversicherung, aber darüber hinaus keine Leistungen zur Krankenbehandlung. Da die private Krankenversicherung Leistungsausschlüsse enthalte, seien nicht alle laufenden Kosten, die infolge der chronischen Erkrankungen des Klägers entstünden, abgedeckt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. September 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2008 sowie des Bescheides vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2008 zu verpflichten, dem Kläger über den 31. Mai 2008 hinaus einen Unterhaltsbeitrag gemäß § 15 BeamtVG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages über den 31. Mai 2008 hinaus oder auf Neubescheidung seines hierauf gerichteten Begehrens (§§ 113 Abs. 5, 114 VwGO).

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 15 BeamtVG. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift kann einem Beamten auf Lebenszeit, der vor Leistung einer Dienstzeit von fünf Jahren wegen Dienstunfähigkeit oder Erreichens der Altersgrenze entlassen ist, ein Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Ruhegehalts bewilligt werden. Nach Absatz 2 gilt das Gleiche für einen Beamten auf Probe, der wegen Dienstunfähigkeit oder wegen Erreichens der Altersgrenze entlassen ist. Auf den Unterhaltsbeitrag besteht danach kein Rechtsanspruch. Ob und in welcher Höhe ein Unterhaltsbeitrag bewilligt wird, hat der Dienstherr vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Sein Ermessen ist nur bezüglich der oberen Grenze des Unterhaltsbeitrages durch dessen Höhe beschränkt; weitere gesetzliche Grenzen des Ermessens bestehen nicht. Die Vorschrift dient nur dem Ausgleich von Härten und nicht etwa der Sicherstellung des standesgemäßen Lebensunterhalts. Leistungen nach § 15 BeamtVG unterfallen insbesondere nicht Artikel 33 Abs. 5 GG, der ein grundrechtsgleiches Recht auf amtsangemessene Alimentation und auf Fürsorge des Dienstherrn gewährt. Der Unterhaltsbeitrag tritt nicht an die Stelle des weggefallenen Anspruchs auf Dienstbezüge, sondern ist seiner Rechtsnatur nach ein eigenständiger Anspruch. Er kann weder mit dem Ruhegehalt noch mit der Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung verglichen werden. Er ist nicht Ausdruck beamtenrechtlicher Alimentation, die ohne Bezug zu bestimmten Bedürfnissen des Beamten gewährt wird, sondern setzt die Beendigung der Fürsorge- und Alimentationspflicht des Dienstherrn gerade voraus. Die das Beamtenverhältnis überdauernde Fürsorgepflicht des Dienstherrn beruht jedenfalls hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung nicht auf einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Artikel 33 Abs. 5 GG, sondern auf einfachem Gesetzesrecht. Die Milderung der Folgen einer Entlassung aus dem Dienst durch Gewährung eines Unterhaltsbeitrages ist verfassungsrechtlich nicht in einem bestimmten Maß gefordert. Deshalb steht es dem Gesetzgeber frei, den Unterhaltsbeitrag hinsichtlich seiner Höhe und seines zeitlichen Umfangs in den Grenzen des Willkürverbots (Artikel 3 Abs. 1 GG) zu beschränken (vgl. zum disziplinarrechtlichen Unterhaltsbeitrag: BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2008 - 1 DB 2/08 -, ZBR 2009, S. 56 ff., Rn. 25 bei juris; ferner Plog/Wiedow, BeamtVG, § 15, Rn. 3; Stadler in: Fürst u.a., GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Richterrecht Wehrrecht, Teil 3a Versorgungsrecht, § 15 BeamtVG, Rn. 5). Die Entscheidung der Beklagten, die Weitergewährung eines Unterhaltsbeitrages an den Kläger über den 31. Mai 2008 hinaus abzulehnen, hält sich im Rahmen der durch § 15 BeamtVG gesetzten Grenzen und ist frei von Ermessensfehlern, insbesondere liegt kein Verstoß gegen die ermessensbindenden Verwaltungsvorschriften vor.

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 15 BeamtVG, denn er ist als Probebeamter wegen Dienstunfähigkeit entlassen worden. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und hiervon ging auch das Verwaltungsgericht aus. Ihm steht damit dem Grunde nach ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Unterhaltsbeitrag nach § 15 BeamtVG zu. Die gerichtliche Nachprüfung beschränkt sich insoweit darauf, ob die Behörde einen zutreffenden Sachverhalt zugrundegelegt, den Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG beachtet und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens hinreichend berücksichtigt hat. Das ist der Fall.

Es ist nicht ersichtlich, dass die Behörde bei Erlass des Widerspruchsbescheides den Sachverhalt verkannt hat. Insbesondere hat sie die bis dahin (unveränderte) gesundheitliche und wirtschaftliche Situation des Klägers berücksichtigt. Dass sie sich bei der Ablehnung der Weiterbewilligung für ihre Ermessensausübung maßgeblich davon hat leiten lassen, dass der Kläger mit Ablauf des Bewilligungszeitraums bereits seit mehr als fünf Jahren einen Unterhaltsbeitrag erhalten haben würde, ist nicht zu beanstanden. Es entspricht den Vorgaben der das Ermessen bindenden Verwaltungsvorschriften. Nach deren Ziffer 15.1.2 ist ein Unterhaltsbeitrag grundsätzlich auf Zeit zu bewilligen.

Die zeitliche Befristung steht im Einklang mit dem Charakter des Unterhaltsbeitrages als Übergangsleistung. Dieser wird regelmäßig nur auf Zeit bewilligt (Plog/Wiedow, a.a.O., § 15, Rn. 20a; Stadler in: Fürst u.a., a.a.O., § 15 BeamtVG, Rn. 14; Bauer in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Erl. 4 zu § 15 BeamtVG, Nr. 3.1). Anderenfalls würde der Unterhaltsbeitrag nach § 15 BeamtVG auf eine Zusatzversorgung hinauslaufen, die ihrem Charakter als Übergangsleistung widerspräche. Dies gilt in besonderem Maße in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Probebeamter wegen Dienstunfähigkeit entlassen wurde. In solchen Fällen kann nämlich regelmäßig angenommen werden, dass die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Erwerbsunfähigkeit zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreichen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG für die Gewährung eines Ruhegehalts vorausgesetzte Mindestdienstzeit von fünf Jahren u.a. in der Annahme des Gesetzgebers wurzelt, dass erst nach Ablauf dieses Zeitraums regelmäßig ein hinreichend festes Band zwischen Dienstherrn und Beamten besteht, das es rechtfertigt, ihm dauerhaft Versorgungsansprüche zu gewähren. Dem würde eine Auslegung des § 15 BeamtVG widersprechen, die im Ergebnis ohne Erfüllung der Mindestdienstzeit nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG ebenfalls auf eine dauerhafte Versorgung - wenn auch auf niedrigerem Niveau - hinausliefe.

Soweit der Kläger geltend macht, es sei ermessensfehlerhaft, dass die Behörde sich in dem angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage befasst habe, ob der Unterhaltsbeitrag ausnahmsweise auf Lebenszeit zu bewilligen sei, wie dies Ziffer 15.1.2 der Verwaltungsvorschriften vorsehe, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Danach ist zwar ausnahmsweise die Bewilligung des Unterhaltsbeitrages auf Lebenszeit möglich, sofern die besonderen Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen. Hier sind aber solche Umstände weder ersichtlich noch dargelegt. Wie das in den Verwaltungsvorschriften weiter angeführte Regelbeispiel zeigt, muss es sich um Fälle handeln, in denen der Betroffene über keinerlei Absicherung seines Lebensunterhalts verfügt, in denen die von der Norm auszugleichende Härte also unvermindert fortdauert. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Es ist daher unschädlich, dass der Bescheid insoweit keine ausdrücklichen Erwägungen enthält. Solche hätte die Behörde hier nur anstellen müssen, wenn die Umstände dies nahe gelegt hätten, was nicht der Fall ist. Zwar war absehbar, dass die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Klägers aufgrund seiner auch damals erkennbaren gesundheitlichen Situation noch weiter andauern würde, weil die bewilligte Erwerbsunfähigkeitsrente seinen Bedarf nicht deckte. Das führt für sich genommen aber nicht dazu, von dem Unterhaltsbeitrag als Übergangsleistung eine Ausnahme zu machen. Ausnahmen insoweit mögen danach etwa dann in Betracht kommen, wenn die bewilligte Rente derart niedrig ist, dass sie einer weitgehenden Nichtversorgung gleichkommt. Davon kann vorliegend indessen keine Rede sein. Der Kläger erhielt zum damaligen Zeitpunkt eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monatlich 744,20 Euro (Bescheid der BfA vom 12. Mai 2003, Bl. 84 ff. VV). Ob die Verwaltungsvorschriften, soweit sie die ausnahmsweise Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages auf Lebenszeit vorsehen, mit den gesetzlichen Vorgaben, namentlich dem Charakter des Unterhaltsbeitrags als Übergangsleistung, überhaupt vereinbar sind, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung.

Der Einwand, es sei ermessensfehlerhaft, den Kläger auf Sozialhilfeleistungen zu verweisen, weil Ziffer 15.1.5 der Verwaltungsvorschriften deren Nachrangigkeit gegenüber dem Unterhaltsbeitrag ausdrücklich vorsehe, überzeugt nicht. Zwar trifft es zu, dass nach der genannten Ziffer bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Antragstellers Leistungen, die aufgrund anderer Gesetze oder Verordnungen subsidiär gewährt werden, bei denen also der Unterhaltsbeitrag als Einkommen berücksichtigt wird (z.B. Sozialhilfeleistungen), außer Betracht gelassen werden sollen. Diese Einschränkung bezieht sich aber allein auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Betroffenen. Davon unberührt bleibt die hier im Vordergrund stehende Frage, für welche Dauer der Unterhaltsbeitrag bewilligt werden soll. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Klägers hat die Behörde den (möglichen) Bezug von Sozialleistungen nicht zugrunde gelegt.

Die Auffassung des Klägers, der Unterhaltsbeitrag nach § 15 Abs. 2 BeamtVG übernehme bei entlassenen Probebeamten die Funktion ergänzender Unterhaltssicherung, ist zwar nicht unzutreffend, geht aber am Kern der Problematik vorbei. Den Unterhalt sichern soll der Unterhaltsbeitrag stets. Damit ist aber noch keine entscheidende Erkenntnis für die hier interessierende Frage gewonnen, für welche Dauer er zu gewähren ist.

Die Ansicht des Klägers, die Behörde habe zu Unrecht die Dauer der abgeleisteten Dienstzeit der Dauer des gewährten Unterhaltsbeitrags gegenübergestellt, der Wortlaut der Verwaltungsvorschriften gebe hierfür nichts her, ist unzutreffend. Es ist nicht ermessensfehlerhaft, bei der Frage der zeitlichen Befristung des Unterhaltsbeitrags die Dauer der geleisteten Dienstzeit heranzuziehen. Dieses Kriterium trägt dem Umstand Rechnung, dass mit zunehmender Dienstdauer das Band zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn gefestigt wird, so dass eine über die Dienstzeit hinausgehende Fürsorge umso eher wahrgenommen werden kann, je länger die Dienstzeit gedauert hat. Dass die Verwaltungsvorschriften sich hierzu nicht ausdrücklich äußern, hindert die Behörde nicht an der Heranziehung dieses Kriteriums. Die Behörde ist in ihrem Ermessen - wie dargestellt - grundsätzlich frei. Die Verwaltungsvorschriften binden dieses Ermessen zwar dahingehend, dass sie im Interesse einheitlicher Verwaltungspraxis daran auszurichten sind, hindern aber in den gesetzten Grenzen nicht die Heranziehung weiterer Gesichtspunkte. Jedenfalls lässt sich ihnen vorliegend nichts entnehmen, was den Schluss rechtfertigte, allein die darin aufgeführten Gesichtspunkte seien bei der Ausübung des Ermessens unter Ausschluss jedes anderen Aspekts heranzuziehen.

Der vom Kläger angeführte 2. Halbsatz der Ziffer 15.1.4 der Verwaltungsvorschriften, wonach bei der Bewilligung des Unterhaltsbeitrags die Dauer der Dienstzeit angemessen berücksichtigt werden soll, steht dem nicht entgegen. Zum einen dürfte sich diese Bestimmung lediglich auf die Höhe des Unterhaltsbeitrags beziehen, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang zu Halbsatz 1 ergibt, in dem für die Bewilligung des Unterhaltsbeitrags auf die wirtschaftliche Lage abgestellt wird. Zum anderem gibt die Vorschrift ungeachtet dessen auch lediglich ein Kriterium an die Hand, ohne insoweit abschließende Vorgaben zu machen. Die Orientierung der zeitlichen Dauer der Bewilligung des Unterhaltsbeitrags an der Dauer der geleisteten Dienstzeit ist damit jedenfalls nicht ausgeschlossen, sondern wird durch diese Bestimmung eher sogar gestützt.

Auch der Hinweis des Klägers auf Satz 2 der Ziffer 15.1.6 der Verwaltungsvorschriften geht fehl. Danach sind bei der Bemessung des Unterhaltsbeitrages in den Fällen der Entlassung wegen Dienstunfähigkeit § 5 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 BeamtVG anzuwenden. D.h., es ist für die maßgebende Besoldungsgruppe die Stufe zugrundezulegen, die der Beamte bis zum Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze hätte erreichen können (§ 5 Abs. 1 BeamtVG) und die Zeit zwischen der Entlassung und der Vollendung des sechzigsten Lebensjahres ist zu zwei Dritteln der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zuzurechnen (§ 13 Abs. 1 BeamtVG). Diese Regelung betrifft aber - wie der Kläger selbst einräumt - lediglich die Bemessung des Unterhaltsbeitrags der Höhe nach. Über die Dauer, für die er zu gewähren ist, enthält die Vorschrift dagegen keine Vorgaben. Die Folgerung des Klägers, hieraus ergebe sich, dass der Gesetzgeber des § 15 BeamtVG eine zeitliche Befristung des Unterhaltsbeitrags nicht gewollt habe, ist nicht gerechtfertigt. Der Kläger verkennt insoweit, dass sich aus den von der Exekutive zur Vereinheitlichung der Ermessensausübung erlassenen Verwaltungsvorschriften keine Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers des § 15 BeamtVG entnehmen lassen.

Dass der Kläger mittlerweile in der gesetzlichen Rentenversicherung als dauerhaft erwerbsunfähig gilt und darüber hinaus pflegebedürftig ist, kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Ausübung der Rechtmäßigkeit des Ermessens der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses der Widerspruchsbescheide, ist.

Welcher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrundezulegen ist, richtet sich primär nach dem materiellen Recht (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 31. März 2004 - 8 C 5/03 -, BVerwGE 120, 246 ff., Rn. 35 bei juris m.w.N.). Welcher Zeitpunkt danach maßgeblich ist, kann sich nicht nur aus entsprechenden ausdrücklichen Regelungen ergeben, sondern ist auch durch Auslegung der entsprechenden Vorschrift, insbesondere im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck, zu ermitteln. Vorliegend ergibt sich aus dem Zweck des Unterhaltsbeitrags als Übergangsleistung, dass auf den Zeitpunkt der Ermessensausübung abzustellen ist. Ob und in welcher Höhe Unterhaltsbeitrag gewährt wird, richtet sich nach den jeweils im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Verhältnissen. Ändert sich an diesen Verhältnissen in entscheidungserheblicher Weise etwas, so wird die Bewilligung nicht rechtswidrig, sie kann lediglich mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (Bauer in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, a.a.O., Erl. 6 zu § 49 BeamtVG). Das erfordert aber ein gesondertes Verwaltungsverfahren, in dessen Rahmen sodann gegebenenfalls eine neue Ermessensentscheidung zu treffen und nicht etwa die frühere Ermessensentscheidung gleichsam „fortzuschreiben“ ist.

Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erhobene Einwand, dass eine Versorgungslücke für den Kläger entstehe, weil er mit Einstellung des Unterhaltsbeitrages aus der Beihilfeberechtigung herausfalle und wegen bestehender Leistungsausschlüsse bei der privaten Krankenversicherung weder diese noch das Sozialamt sämtliche laufenden Kosten übernähme, rechtfertigt aus mehreren Gründen keine abweichende Entscheidung.

Zum einen ist dieser Vortrag gänzlich unsubstanziiert. Weder den Verwaltungsvorgängen der Beklagten noch den Ausführungen des Klägers im Klageverfahren lässt sich entnehmen, dass bestimmte, medizinisch notwendige Leistungen von seiner Krankenversicherung nicht übernommen werden. Der Kläger hätte aber Anlass zu entsprechendem Vortrag gehabt, denn der Verlust des Beihilfeanspruchs, mit dem die behauptete Versorgungslücke einhergehen soll, war von Anfang an Gegenstand der Auseinandersetzung im vorliegenden Verfahren. Es war insoweit allein die Rede davon, dass sich die Krankenversicherungsbeiträge erhöhen würden (vgl. Schriftsatz vom 18. März 2008, Bl. 43 f. der Streitakte) bzw., dass der Kläger 10 v.H. seiner Krankenaufwendungen selbst tragen müsse, was monatlich im Durchschnitt 70 Euro entspräche (Sitzungsprotokoll des Verwaltungsgerichts vom 17. September 2009, Bl. 61 f. der Streitakte). Vor diesem Hintergrund hätte er daher die nunmehr behaupteten Leistungsausschlüsse näher darlegen und substanziieren müssen. Daran fehlt es. Im Übrigen konnte die Behörde etwaige Leistungsausschlüsse bei ihren Ermessenserwägungen auch nicht berücksichtigen, da sich aus den im Verwaltungsvorgang befindlichen Unterlagen nichts Derartiges ergibt. Dem Kläger hätte es oblegen, diesen allein in seiner Sphäre liegenden Aspekt vorzutragen.

Zum anderen ist aber auch die Behauptung, wegen der Leistungsausschlüsse entstünde eine Versorgungslücke, nicht nachvollziehbar. Sollten diese Leistungsausschlüsse tatsächlich bestehen, wäre nach der Gesetzeslage das Sozialamt verpflichtet, die notwendigen Leistungen zu erbringen (vgl. §§ 47, 48 SGB XII).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.