Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Berufungsfrist; Faxübermittlung; Anscheinsbeweis; Sendeprotokoll; Empfangsbericht;...

Berufungsfrist; Faxübermittlung; Anscheinsbeweis; Sendeprotokoll; Empfangsbericht; "OK-Vermerk"; Fehlbedienung; "aufgetauchtes" Schriftstück; fehlender Eingangsstempel; verzögerte Weiterleitung; Fälschungsmöglichkeit; Überzeugungsgrundsatz; Gesamtwürdigung; vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren; denkmalrechtliche Genehmigung; Denkmalbereich (Ensemble); Mietshausensemble; Gründerzeit; Denkmalliste; Denkmalfähigkeit; Denkmalwürdigkeit; sachverständige Beratung; fachkundige Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde; Verwertbarkeit; (architektur- und stadtentwicklungs-)geschichtliche Bedeutung; Veranschaulichung eines Entwicklungsprozesses; städtebauliche Bedeutung; öffentliches Erhaltungsinteresse; Gebäudeaufstockung; genehmigungspflichtige Maßnahme; Veränderung des Erscheinungsbildes; Gründe des Denkmalschutzes; "entgegenstehen"; "kategorienadäquate" Bewertung; Beeinträchtigung des Aussagewerts; Zeugniswert der Geschossanzahl; "Nachbesserung" der gutachtlichen Stellungnahme der Denkmalfachbehörde; Rechtsstaatsprinzip; privates Interesse


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 27.10.2011
Aktenzeichen OVG 2 B 5.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 14 Abs 1 S 2 GG, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 124a Abs 1 S 1 VwGO, § 124a Abs 2 S 1 VwGO, § 64 S 1 BauO BE, § 71 Abs 1 BauO BE, § 2 Abs 2 DSchG BE, § 2 Abs 3 DSchG BE, § 4 Abs 1 DSchG BE, § 11 Abs 1 S 1 Nr 1 S 3 DSchG BE, § 12 Abs 3 S 2 DSchG BE

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das der Klägerin am 23. März 2010 und dem Beklagten am 24. März 2010 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die denkmalschutzrechtliche Genehmigung einer Gebäudeaufstockung.

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem viergeschossigen Wohngebäude bebauten Grundstücks K… im Berliner Bezirk Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg. Das 1873 errichtete Gebäude ist Bestandteil einer unter der Bezeichnung „Kollwitzstraße 60/62, 69/71, 73-84, 87-88, Kollwitzplatz mit Mietshausbebauung (…)“ als Denkmalbereich (Ensemble) in der Denkmalliste Berlin eingetragenen Gruppe von Gebäuden, die auch Teile der Husemannstraße, der Knaackstraße, der Sredzkistraße und der Wörther Straße umfasst. Unter dem 25. Januar 2007 beantragte die Klägerin eine vereinfachte Baugenehmigung für ein Umbau- und Sanierungsvorhaben. Nachdem in diesem Rahmen zunächst eine zweigeschossige Aufstockung geplant war, beabsichtigt die Klägerin nach einer mit Schreiben vom 10. September 2007 erfolgten Antragsänderung nunmehr die Realisierung einer eingeschossigen Aufstockung sowie eines als Staffelgeschoss ausgebildeten Dachgeschosses.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 versagte das Bezirksamt Pankow von Berlin die bauaufsichtliche Genehmigung aus denkmalschutzrechtlichen Gründen. Neben dem Abbruch sämtlicher Dachkonstruktionen bedeute die Aufstockung eine wesentliche Beeinträchtigung des Denkmals, weil sie der ursprünglichen Bauepoche wesensfremd sei. Hierdurch würden auch die angrenzenden Denkmale des Ensembles in nicht unerheblicher Weise in ihrer Wirkung beeinträchtigt und der historische sowie städtebauliche Zusammenhang erheblich gestört. Die Klägerin legte hiergegen am 8. Januar 2008 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 26. Juni 2008 begründete. Darin wies sie u.a. darauf hin, dass laut Bauakte auf dem heutigen Grundstück K… am 25. September 1873 die Baugenehmigung für ein fünfgeschossiges Gebäude erteilt worden sei. Das historische Erscheinungsbild sei durch Sanierungsarbeiten in den Jahren 1935 und 1987 vernichtet worden.

Am 7. Oktober 2008 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2009 wies die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie - ergänzend zum Ausgangsbescheid - aus: Das Gebäude unterliege in seiner jetzigen Form, als viergeschossiges Mietwohnhaus, den Schutzvorschriften des Denkmalschutzgesetzes Berlin. Allein die Tatsache, dass in den historisch überlieferten Bauakten eine fünfgeschossige Bebauung beantragt gewesen sei, führe nicht zur Verneinung des Denkmalwerts. Mit der beantragten Maßnahme werde das Erscheinungsbild des Gebäudes von einem vier- auf ein fünfgeschossiges Gebäude verändert und damit der bauliche Zeugniswert (viergeschossiges Mietwohnhaus) erheblich gemindert.

Durch das angefochtene Urteil, das dem Kläger am 23. März 2010 und dem Beklagten am 24. März 2010 zugestellt worden ist, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Bezirksamtes Pankow von Berlin, Abteilung für Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung, Amt für Planen und Genehmigen – Bauaufsicht – vom 10. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 14. Januar 2009 verpflichtet, der Klägerin die Baugenehmigung nach dem Antrag vom 25. Januar 2007 in der Fassung des Antrags vom 10. September 2007 zu erteilen.

In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht aus, der Erteilung der Baugenehmigung stünden keine denkmalschutzrechtlichen Gründe entgegen. Da kein Verlust historischer Bausubstanz in Frage stehe, komme es allein darauf an, ob die mit der Dachgeschossaufstockung einhergehende Veränderung des Erscheinungsbildes den Denkmalwert des Ensembles mehr als nur geringfügig beeinträchtige. Zwar sei davon auszugehen, dass bei einem Denkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse bestehe, eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung nicht nur der Identität seiner Substanz, sondern auch seines Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung habe. Eine solche besondere künstlerische Bedeutung des Ensembles sei aber nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Vielmehr sei das Ensemble um den Kollwitzplatz aus städtebaulichen und geschichtlichen Gründen erhaltenswert. Maßgeblich sei daher, ob die konkrete historische Botschaft des Ensembles durch die Veränderung beeinträchtigt werde. Der Aussagewert des Ensembles um den Kollwitzplatz für die industrielle Bauweise als zeittypische städtebauliche Erscheinungsform im Prenzlauer Berg werde durch die Dachgeschossaufstockung, die ohne Verlust historischer Bausubstanz erfolge, nicht tangiert. Soweit das Ensemble auch von einer weitgehenden Einheitlichkeit der damaligen Bebauung und damit von der überwiegenden fünfgeschossigen Bauweise Zeugnis ablege, sei die abweichende Geschosszahl des Gebäudes der Klägerin gerade kein einheitsstiftendes Merkmal für das Ensemble. Auch eine mehr als geringfügige Beeinträchtigung der Dokumentation eines Entwicklungsprozesses sei nicht anzunehmen. Gegen die Annahme des Landesdenkmalamts, dass das Ensemble um den Kollwitzplatz die Entwicklung von der viergeschossigen zur fünfgeschossigen Bauweise dokumentiere, spreche zum einen die geringe Anzahl der nur viergeschossigen Gebäude im Bereich des Ensembles. Zum anderen zeuge der Umstand, dass für das Gebäude der Klägerin im Jahr 1873 eine Baugenehmigung für fünf Geschosse erteilt worden sei, dann aber nur vier Geschosse errichtet worden seien, von einer zufälligen Verteilung der vier- und fünfgeschossigen Bebauung und nicht von einer entsprechenden Entwicklung.

Gegen das ihm am 24. März 2010 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. April 2010 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung eingelegt. Das Original der Berufungsschrift ist am 27. April 2010 per Post beim Verwaltungsgericht eingegangen. Ohne Anschreiben ging ferner am 15. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht ein ausweislich der Sendeangaben in der Kopf- bzw. Fußzeile am 23. April 2010 um 8.52 Uhr von dem Absender „BA Pankow Rechtsamt“ mit der Nummer +49-30-90295-2258 per Fax an den Empfänger „VG Berlin“ übermitteltes Exemplar der Berufungsschrift ein.

Der Beklagte macht geltend, die Berufungsfrist sei gewahrt, da der Berufungsschriftsatz vom 22. April 2010, wie sich aus dem beigefügten Sendebericht ergebe, am 23. April 2010 per Fax an das Verwaltungsgericht übermittelt worden sei. In der Sache trägt der Beklagte unter Vorlage einer „präzisierenden Denkmalwertbegründung“ des Landesdenkmalamtes vom 29. April 2010 im Wesentlichen vor, dass das Denkmalensemble von städtebaukünstlerischer, stadtentwicklungs-, architektur- und infrastrukturgeschichtlicher Bedeutung sowie von Bedeutung für das Stadtbild sei. Von den zwischen 1860 und 1873 errichteten viergeschossigen Bauten seien heute noch die Mietshäuser Schönhauser Allee 172, 174,177A und Kollwitzstraße 6,10, 12, 45, 50, 51, 54, 60 und 62 erhalten. Gerade weil in den folgenden Jahren die Bebauung immer dichter und um ein Geschoss erhöht errichtet worden sei, seien die innerhalb des Denkmalbereichs viergeschossig erhaltenen Mietshäuser K… somit wichtige Dokumente dieser frühen Phase der städtebaulichen Erschließung des Prenzlauer Bergs als Stadterweiterung von Berlin. Durch die Viergeschossigkeit wiesen sich die Häuser als erste errichtete Wohnhäuser im Karree aus und höben sich von den in den weiteren Bauepochen entstandenen fünfgeschossigen Häusern ab. Sie zeugten daher von einer gründerzeitlichen, qualitativ hochwertigen Bebauungsphase und hätten besondere geschichtliche Bedeutung. Als erstes von dem Deutsch-Holländischen Actien-Bauverein (DHAB) errichtetes, viergeschossiges Doppelhaus seien die überlieferten Wohnhäuser K… zudem von außerordentlich hohem städtebaulichen Wert. Die Fassadengestaltung des Wohnhauses K… sei durch die zweiteilige Anordnung von Rundbogenöffnungen in der siebenachsigen Ausdehnung ferner von künstlerischem Wert. In seinen vier aufsteigenden Geschossen und mit dem flachen, zur Straße nicht wahrzunehmenden Dach erscheine das Haus ausgewogen proportioniert. Ein Verlust der Viergeschossigkeit würde den Aussagewert des Wohnhauses im Einzelnen und den des Denkmalbereichs im Ganzen erheblich mindern. Denn gerade die viergeschossige Bauweise zeuge von dem Leitbild des DAHB, qualitativ vergleichsweise hochwertige Maßstäbe zu setzen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die geringe Anzahl der realisierten viergeschossigen Bauten gegen die vom Landesdenkmalamt dargestellte entwicklungsgeschichtliche Botschaft von einer viergeschossigen zu einer fünfgeschossigen Bauweise spreche, sei fachlich ebenso wenig nachvollziehbar wie die Annahme, die Zufälligkeit der viergeschossigen Ausführung werde auch durch die Tatsache belegt, dass in den historischen Bauakten von 1873 eine fünfgeschossige Planung beantragt und genehmigt worden sei; denn aktenkundige oder anderweitig bekannte Bauplanungen stimmten sehr oft nicht mit den realisierten Bauten überein.

Der Beklagte beantragt,

das der Klägerin am 23. März 2010 und dem Beklagten am 24. März 2010 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Die Berufungsschrift sei nicht fristgemäß beim Verwaltungsgericht eingegangen. Weder das vorgelegte Sendeprotokoll noch der Empfangsbericht des Verwaltungsgerichts begründeten den Beweis des Zugangs, da sich daraus nicht entnehmen lasse, welchen Inhalt die am 23. April 2010 von der Faxadresse des Beklagten übermittelte Seite gehabt habe. Auch das am 15. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Schriftstück könne den fristgerechten Zugang trotz der im oberen und unteren Bereich aufgedruckten Zeitangabe nicht hinreichend belegen; denn es sei nicht erklärlich, warum das Fax bei Eingang nicht mit einem Eingangsstempel versehen worden sei, die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts oder deren Geschäftsstelle nicht erreicht habe und seinen Weg nachträglich ohne Anschreiben in die Akte des Oberverwaltungsgerichts gefunden habe. Insbesondere im Hinblick auf den langen Zeitraum von knapp 2 Monaten, in dem das Schriftstück angeblich verschollen gewesen sei, bestehe die Möglichkeit einer Fälschung oder Manipulation. Lasse sich nicht klären, wer das Schriftstück wann und wo gefunden, erstellt und weitergeleitet habe bzw. ob es überhaupt beim Verwaltungsgericht eingegangen sei, und seien mehrere Möglichkeiten des Geschehensverlaufs in Betracht zu ziehen, scheide eine Indizwirkung aus. Einen eindeutigen Beweis habe der Beklagte, der für den fristwahrenden Zugang die Beweislast trage, nicht angetreten.

In der Sache verteidigt die Klägerin das Urteil des Verwaltungsgerichts. Das Gutachten des Landesdenkmalamts vom 19. April 2010 zum Denkmalwert verändere das Ursprungsgutachten vom 24. Juni 1996 in seiner Aussage wesentlich und sei den Interessen des Beklagten angepasst. Während das Ursprungsgutachten in erster Linie auf „die fünfgeschossigen Mietshäuser“, welche das Ensemble maßgeblich prägten, Bezug nehme, werde nunmehr behauptet, dass gerade die Viergeschossigkeit der Häuser K… von besonderer denkmalrechtlicher Bedeutung sei, weil sie sich von den in den weiteren Bauepochen entstandenen fünfgeschossigen Mietshäusern abhebe. Diese nachgeschobenen Behauptungen seien unglaubwürdig. Das gleiche gelte hinsichtlich der Bedeutungskriterien. Im Ursprungsgutachten sei - entsprechend dem Text der Unterschutzstellung – von geschichtlicher und städtebaulicher Bedeutung die Rede. Nachdem das Verwaltungsgericht festgestellt habe, dass in einem solchen Fall eine Veränderung möglich sei, die u.U. bei „künstlerischer Bedeutung“ nicht ohne weiteres möglich sei, komme das neue Gutachten nunmehr zu der Erkenntnis, dass das Denkmal auch von „künstlerischer Bedeutung“ und „wissenschaftlicher Bedeutung“ sei. Hieran werde deutlich, dass die Denkmalpflege versuche, „mit aller Gewalt“ denkmalrechtliche Versagungsgründe zu finden. Eine derartige Vorgehensweise sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar, da der Bürger bei der Planung eines Bauvorhabens keine verlässliche Grundlage mehr dafür habe, was er tun dürfe und was nicht. Die Neuauflage des Gutachtens leide überdies an offensichtlichen Mängeln. Zu Unrecht werde die Viergeschossigkeit als besondere historische Aussage bezeichnet. Die Argumentation, dass sich erst „in Folge des Gründerkraches“ die fünfgeschossige Bebauung durchgesetzt habe, werde dadurch widerlegt, dass die fünfgeschossige Bebauung für das Grundstück K… bereits vor dem Gründerkrach im Oktober 1873 geplant und beantragt worden sei. Dafür, dass der Deutsch-Holländische Actien-Bauverein dem Bauprojekt bezüglich der Geschossanzahl keinen besonderen Planungsinhalt beigemessen habe, spreche neben der ursprünglichen Baugenehmigung, der zufolge für das streitgegenständliche Gebäude fünf Geschosse geplant worden seien, auch der Umstand, dass einige Gebäude des Denkmalensembles in der Umgebung bis ca. 1900 nachträglich aufgestockt worden seien. Da die ursprüngliche Fassadengestaltung an dem Gebäude nicht mehr ablesbar sei, komme ihr nur ein untergeordneter Schutz zu. Ein Großteil der Fenster und der überwiegende Teil der Bausubstanz des Dachgeschosses sei nicht mehr vollständig erhalten. Die schützenswerten denkmalspezifischen Merkmale, zu denen insbesondere die Decken- und Wandgestaltungen der Durchfahrt, der Durchfahrtsraum und die erhaltenen Treppenhäuser, die bis in das 3. Geschoss mit Marmorstufen und Marmorzwischenpodesten ausgestattet seien, blieben hingegen auch nach der Aufstockung erhalten.

Der Berichterstatter hat am 28. Juli 2011 eine Augenscheinseinnahme durchgeführt. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges und der Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

I. Die - vom Verwaltungsgericht gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in dem angefochtenen Urteil zugelassene - Berufung ist nicht wegen Versäumung der einmonatigen Berufungsfrist des § 124a Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig. Zwar ist das Original der Berufungsschrift vom 22. April 2010 per Post erst am 27. April 2010 und damit nicht mehr innerhalb der Monatsfrist, die mit der Zustellung am 24. März 2010 zu laufen begonnen hat, eingegangen. Die Berufungsfrist ist jedoch dadurch gewahrt worden, dass der Berufungsschriftsatz bereits am 23. April 2010 per Fax beim Verwaltungsgericht eingegangen ist. Die hieran geäußerten Zweifel der Klägerin greifen nicht durch.

Zwar trifft es zu, dass weder der vom Beklagten vorgelegte Sendebericht noch der Faxempfangsbericht, den das Verwaltungsgericht auf Anfrage des Senats übersandt hat, für sich genommen ausreichen, im Wege des Anscheinsbeweises den Eingang der Berufungsschrift beim Verwaltungsgericht zu belegen, da aus beiden Dokumenten lediglich eindeutig erkennbar ist, dass am 23. April 2010 um 8.52 Uhr von dem Anschluss des Beklagten („BA Pankow Rechtsamt“) mit der Nummer +49-30-90295-2258 eine Seite per Fax an den Anschluss des Verwaltungsgerichts mit der Nummer +49 30 90148790 übertragen wurde. Da in dem vorgelegten Sendebericht nicht - wie bei vielen Geräten inzwischen üblich - auch eine Kopie der übermittelten Seiten ausgedruckt worden und daher nicht erkennbar ist, ob eine beschriftete oder eine unbeschriftete Seite übertragen wurde, lässt sich hierdurch nicht ausschließen, dass entweder - als Folge einer Fehlbedienung des Faxgerätes - lediglich die unbeschriftete Seite der Berufungsschrift übermittelt wurde (vgl. BFH, Urteil vom 8. Juli 1998 - I R 17-96 -, NVwZ 1999, 220, 221; BGH, Beschluss vom 10. August 2010 - VIII ZR 1/09 -, juris) oder - was trotz des „OK-Vermerks“ denkbar ist - die Datenübermittlung an einer Unterbrechung oder Störung im öffentlichen Netz gescheitert ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 -, NJW 1995, 665, 667; OLG München, Urteil vom 20. April 2011 - 20 U 4821/10 -, juris Rn. 9). Aufgrund des korrespondierenden - ebenfalls mit einem „OK-Vermerk“ versehenen - Faxempfangsberichts des Verwaltungsgerichts dürfte zwar eine Störung bei der Datenübermittlung weitgehend auszuschließen sein, nicht jedoch die Möglichkeit, dass versehentlich die unbeschriftete Seite der Berufungsschrift übermittelt worden ist.

Dass die Berufungsschrift tatsächlich am 23. April 2010 an das Verwaltungsgericht übermittelt worden ist, ergibt sich mit einem den Anforderungen an die Überzeugung im Sinne des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügenden, an Sicherheit grenzenden Grad an Wahrscheinlichkeit daraus, dass neben dem vom Beklagten vorgelegten Sendeprotokoll und dem hiermit korrespondierenden Faxempfangsbericht des Verwaltungsgerichts auch das am 15. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangene Exemplar der Berufungsschrift in die Gesamtwürdigung einzubeziehen ist, welches ausweislich der Sendeangaben in der Kopf- bzw. Fußzeile am 23. April 2010 um 8.52 Uhr - d.h. zu einem Zeitpunkt, der mit den entsprechenden Angaben sowohl des Sendeprotokolls des Beklagten als auch des Faxempfangsberichts des Verwaltungsgerichts übereinstimmt - von dem Absender „BA Pankow Rechtsamt“ mit der Nummer +49-30-90295-2258 per Fax an den Empfänger „VG Berlin“ übermittelt worden ist. Zwar hebt die Klägerin zu Recht als auffällig hervor, dass das fragliche Telefaxschreiben keinen Eingangsstempel des Verwaltungsgerichts aufweist und erst mit mehrwöchiger Verzögerung sowie ohne Anschreiben zur Akte gelangt ist. Auf Anfrage des Senats hat die stellvertretende Vorsitzende der 16. Kammer des Verwaltungsgerichts mit Schreiben vom 10. August 2011 hierzu erklärt, dass sich Informationen darüber, warum das Fax bei Eingang nicht mit einem Eingangsstempel versehen wurde, sowie über das weitere Schicksal dieses Faxes nicht mehr ermitteln ließen; nach dortiger Einschätzung sei davon auszugehen, dass das fragliche Fax nie die 16. Kammer des Verwaltungsgerichts bzw. deren Geschäftsstelle erreicht habe. Da allein die mit der Post am 27. April 2010 eingegangene Berufungsschrift vorgelegen habe, sei von der Geschäftsstelle der 16. Kammer als Datum des Eingangs der Berufungsschrift der 27. April 2010 vermerkt worden.

Diese Umstände reichen jedoch für sich genommen - ohne weitere konkrete Anhaltspunkte - nicht aus, um die von der Klägerin erwähnte Möglichkeit einer Fälschung oder Manipulation dieses Schriftstücks als Geschehensablauf ernsthaft in Betracht zu ziehen. Denn die beschriebenen Auffälligkeiten lassen sich unter Berücksichtigung der weiteren erkennbaren Umstände in einen plausiblen Geschehensablauf einordnen. Da das per Fax übermittelte und als Blatt 217 zur Streitakte genommene Exemplar der Berufungsschrift in der linken oberen Ecke zwei ca. einen halben Zentimeter voneinander entfernte Durchstiche aufweist, die offensichtlich von einer entfernten Heftklammer herrühren, sowie in der oberen rechten Ecke in blauer Farbe die durchgestrichene Seitenzahl „127“ trägt, erscheint es möglich, dass das fragliche Blatt beim Verwaltungsgericht versehentlich mit einem anderen Schriftstück zusammengeheftet worden und als Blatt 127 zur Streitakte des betreffenden Verfahrens gelangt ist. Nach der Entdeckung dieses Fehlers wurde das Blatt möglicherweise unter Streichung der Seitenzahl 127 ausgeheftet, handschriftlich mit dem – anhand des erstinstanzlichen Aktenzeichens ermittelten – Aktenzeichen des vorliegenden Berufungsverfahrens versehen und „der Einfachheit halber“ formlos ohne Anschreiben dem Oberverwaltungsgericht zugeleitet. Dieser Geschehensablauf mag zwar – was der Klägerin einzuräumen ist – nicht den innerhalb des Verwaltungsgerichts üblichen Sorgfaltsanforderungen bei der Aktenführung sprechen, erscheint aber gleichwohl weitaus plausibler als der von der Klägerin in den Raum gestellte Verdacht einer strafrechtlich relevanten Fälschung des Schreibens durch Mitarbeiter der beklagten Behörde. Diesem Verdacht wäre nur dann weiter nachzugehen, wenn die Klägerin konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen hätte, auf welche Weise die Sendeangaben in der Kopf- bzw. Fußzeile, denen zufolge das - mit dem am 27. April 2010 per Post eingegangenen Original übereinstimmende - Schriftstück am 23. April 2010 um 8.52 Uhr von dem Absender „BA Pankow Rechtsamt“ mit der Nummer +49-30-90295-2258 per Fax an den Empfänger „VG Berlin“ übermittelt worden ist, gefälscht worden sein könnten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass eine derartige Fälschung ein äußerst berechnendes Vorgehen erfordert hätte, da nicht nur die Sendeangaben in der Kopf- bzw. Fußzeile auf einer Kopie der zuvor per Post übersandten Berufungsschrift hätten manipuliert werden müssen, sondern auch weitere, ggf. der Verschleierung der Urkundenfälschung dienende Ergänzungen wie etwa die Heftklammerspuren in der linken oberen Ecke sowie die in der oberen rechten Ecke in blauer Farbe durchgestrichene Seitenzahl „127“ auf dem Schriftstück hätten angebracht werden müssen. In Anbetracht dieses überaus komplexen Vorgehens wäre es unverständlich, warum der Urheber der Fälschung ein ebenso schlichtes wie bedeutendes Detail wie die Anbringung eines - ebenfalls gefälschten - Eingangsstempels des Verwaltungsgerichts hätte übersehen haben sollen. Auch ein Motiv für die von der Klägerin vermuteten strafbaren Handlungen ist nicht ansatzweise erkennbar. Abgesehen davon, dass das mit einer derartigen Urkundenfälschung verbundene strafrechtliche und disziplinarrechtliche Risiko für die betreffenden Bediensteten ohnehin in keinerlei Verhältnis zu der Bedeutung der Sache stünde, ist zu berücksichtigen, dass angesichts des vom Beklagten bereits mit dem Schriftsatz vom 18. Mai 2010 vorgelegten Sendeberichts, der mit dem Faxempfangsbericht des Verwaltungsgerichts korrespondiert, auch ein Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der möglicherweise versäumten Berufungsfrist (§ 60 Abs. 1 VwGO) Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

Weitere Möglichkeiten der Aufklärung des einschlägigen Sachverhalts, durch die die Indizwirkung des am 15. Juni 2010 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftstücks für den fristgemäßen Eingang der Berufungsschrift beim Verwaltungsgericht erschüttert werden könnte, sind weder von der Klägerin benannt worden noch sonst erkennbar. Da keine Veranlassung besteht, die von der Klägerin - ohne konkrete Anhaltspunkte - vermutete Fälschung bzw. Manipulation des genannten Schriftstücks durch Mitarbeiter des Beklagten als Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen, ist der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Umstände trotz der verbliebenen Ungewissheiten über den tatsächlichen Geschehensablauf von der Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung überzeugt.

II. Die mithin zulässige Berufung ist auch begründet.

Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist zu ändern und die Klage abzuweisen; denn der angefochtene Bescheid des Bezirksamtes Pankow von Berlin, Abteilung für Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung, Amt für Planen und Genehmigen – Bauaufsicht – vom 10. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 14. Januar 2009 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung der von ihr begehrten Genehmigung. § 71 Abs. 1 BauO Bln zufolge ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Die gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BauO Bln im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Anforderungen sind hier zwar unstreitig erfüllt. Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauO Bln sind jedoch darüber hinaus andere öffentlich-rechtliche Anforderungen zu prüfen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird. Hiermit korrespondierend bestimmt § 12 Abs. 3 Satz 2 DSchG Bln, dass die Baugenehmigung die denkmalrechtliche Genehmigung einschließt, wenn im Falle eines bauordnungsrechtlichen Genehmigungs- oder Zustimmungsverfahrens eine Genehmigung nach § 11 Abs. 1 und 2 DSchG Bln nicht gesondert beantragt wird. Die demnach zu prüfenden Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln für die Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung liegen nicht vor, da durch die Aufstockung des Gebäude K… um ein 5. Obergeschoss schützenswerte Teile des Denkmalbereichs (Ensembles) „Kollwitzstraße 60/62, 69/71, 73-84, 87-88, Kollwitzplatz mit Mietshausbebauung (…)“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG Bln in ihrem Erscheinungsbild verändert würden, ohne dass private Interessen an der Baumaßnahme überwiegen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse diese Maßnahme verlangt. Im Einzelnen:

1. Das Gebäude K… ist konstituierender Bestandteil des Denkmalbereichs (Ensembles) „Kollwitzstraße 60/62, 69/71, 73-84, 87-88, Kollwitzplatz mit Mietshausbebauung (…)“, der gemäß § 4 Abs. 1 DSchG Bln nachrichtlich in die Denkmalliste Berlin (Stand 14.01.2011, vgl. ) eingetragen ist.

Ein Denkmalbereich ist gemäß § 2 Abs. 3 DSchG Bln unter anderem eine Mehrheit baulicher Anlagen, deren Erhaltung wegen der geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung im Sinne des § 2 Abs. 2 DSchG Bln im Interesse der Allgemeinheit liegt, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist. Ein Denkmalbereich in Form eines Ensembles liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn es sich bei den baulichen Anlagen um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort, wie etwa bei einem Stadtviertel, handelt Solche baulichen Anlagen können unabhängig voneinander entstanden sein, müssen aber verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen und insoweit als historisch überlieferter Bestand in städtebaulicher Hinsicht Lebensformen vergangener Zeitschnitte widerspiegeln. Hierbei müssen die einheitsstiftenden Elemente einen „übersummativen“ Aussagewert für die städtebauliche Entwicklung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufweisen (vgl. zusammenfassend: Urteil des Senats vom 8. November 2006 - OVG 2 B 13.04 -, BRS 70 Nr. 202, m.w.N.).

Bei der Entscheidung über die Denkmaleigenschaft eines Bauwerks oder eines Ensembles handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der der Denkmalschutzbehörde keinen Beurteilungsspielraum einräumt und gerichtlich voll überprüfbar ist (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 12. August 1994 - OVG 2 B 13.91 -, LKV 1995, 226). Bei der Beurteilung der Denkmalfähigkeit und -würdigkeit einer baulichen Anlage oder - wie hier - eines aus einer Mehrheit baulicher Anlagen bestehenden Ensembles wird sich das Gericht zwar regelmäßig sachverständiger Beratung bedienen müssen. Diese „sachverständige Beratung" muss nach gefestigter Rechtsprechung jedoch nicht durch ein Sachverständigengutachten verfahrensunbeteiligter Dritter geschehen; vielmehr kann das Gericht sowohl die von der Behörde im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachten, Äußerungen oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen als Urteilsgrundlage verwerten als auch auf fachkundige Stellungnahmen der Behörde selbst zurückgreifen, zumal diese auf Grund ihrer Erfahrung und ihres Wissensstandes in erster Linie dazu berufen ist, entsprechende Stellungnahmen abzugeben. Dabei steht die verfahrensrechtliche Stellung der Denkmalschutzbehörde als Beteiligter einer solchen Verwertung nicht entgegen, da allein die Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben den Verdacht mangelnder Unabhängigkeit bei der Bewertung nicht zu begründen vermag. Die Verwertbarkeit findet erst dort ihre Grenzen, wo die von der Behörde selbst erstellten gutachtlichen Äußerungen oder die von ihr herangezogenen fachwissenschaftlichen Stellungnahmen oder Veröffentlichungen für die Überzeugungsbildung des Gerichts ungeeignet oder unzureichend sind. Entscheidet das Gericht in solchen Fällen auf Grund eigener Sachkunde, muss es erklären, inwieweit es selbst über das erforderliche Fachwissen verfügt (vgl. zusammenfassend OVG Berlin, Urteil vom 18. November 1994 - 2 B 10.92 -, LKV 1995, 371; sowie ferner OVG Berlin, Urteil vom 12. November 1993 - OVG 2 B 38.90 -, BRS 56 Nr. 216; VGH Mannheim, Urteil vom 30. Juli 1985 - 5 S 229/85 -, BRS 44 Nr. 121; OVG Lüneburg, Urteil vom 2. Oktober 1987 - 6 A 71/86 -, NVwZ 1988, 1143, 1144; OVG Münster, Urteil vom 14. März 1991 - 11 A 264/89 -, BRS 52 Nr. 123; Haspel/Martin/Wenz/Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, Stand Juli 2008, Kommentar zu § 5, Anm. 3.8).

Hiervon ausgehend ist der Senat aufgrund der sachverständigen Erläuterungen des Landesdenkmalamtes von der geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung des Denkmalensembles sowie von dem öffentlichen Erhaltungsinteresse daran überzeugt. Ob auch eine künstlerische und wissenschaftliche Bedeutung zu bejahen ist, wie das Landesdenkmalamt in seiner denkmalfachlichen Stellungnahme vom 15. Mai 2009 erstmals geltend macht, erscheint fraglich, kann jedoch - weil es hierauf im Ergebnis nicht ankommt - dahinstehen.

a) Ist die geschichtliche Bedeutungskategorie des Denkmalschutzgesetzes erfüllt, wenn ein Bauwerk oder ein Ensemble historische Ereignisse oder Entwicklungen anschaulich macht (vgl. OVG Berlin, Urteile vom 11. Juli 1997 - OVG 2 B 15.93 -, BRS 59 Nr. 234, und vom 25. Juli 1997 - OVG 2 B 3.94 -, OVGE 22, 180, 181), hat das zum Denkmalbereich zusammengefasste Mietshausensemble jedenfalls stadtentwicklungs- und architekturgeschichtliche Bedeutung.

Bereits in den ursprünglichen Erläuterungen zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals vom 24. Juni 1996 wird nicht nur hervorgehoben, dass „das Mietshausensemble mit seiner weitgehend geschlossene überlieferten Bebauung und Ausstattung auf exemplarische Weise den Berliner Mietshausbau der Gründerzeit bis um 1890“ dokumentiert, sondern auch die (ablesbare) historische Entwicklung des Quartiers näher dargestellt. Danach sind die Mietshausquartiere nördlich und östlich des Kollwitzplatzes in zwei Abschnitten (Etappen) bebaut worden. Der erste Bauabschnitt 1873-75 war geprägt von der Tätigkeit des Deutsch-Holländischen Actien-Bauvereins, der das Areal parzelliert und in einem Zuge entlang der 1872 angelegten Kollwitzstraße fünfgeschossige und - was in den ursprünglichen Erläuterungen des Landesdenkmalamtes noch keine Erwähnung findet - zum Teil auch nur viergeschossige Mietshäuser unter Verwendung von in firmeneigenen Fabrikanlagen (Ziegelei, Holzwerkstätten, Schlosser- und Klempnerei) auf dem heutigen Helmholtzplatz hergestellter Materialien und vorgefertigter Ausstattungselemente errichten ließ. Die geschlossene, homogene Blockrandbebauung war mit der für die Gründerzeit charakteristischen, spätklassizistischen Fassadengestaltung und Grundrisslösungen für vorrangig bürgerliche Mieter bestimmt. In einem zweiten Bauabschnitt wurden zwischen 1880 und 1893 die fünfgeschossigen Mietshäuser westlich und nördlich des Kollwitzplatzes sowie der Husemannstraße spekulativ von verschiedenen Bauherren und Bauhandwerkern mit einer zumeist bereits der Neorenaissance verpflichteten, z.T. spiegelsymmetrischen Fassadengestaltung und z.T. dichteren Parzellenbebauung mit Seiten- und Quergebäuden errichtet.

Ergänzend hierzu ist den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten denkmalfachlichen Stellungnahmen des Landesdenkmalsamtes vom 15. Mai 2009 zum Denkmalwert der Mietshausbebauung rund um den Kollwitzplatz und vom 19. April 2010 zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals nach § 2 DSchG Bln in Bezug auf die Grundstücke K… zu entnehmen, dass die heutige Kollwitzstraße und der Kollwitzplatz wichtige Dokumente der Realisierung des „Bebauungsplan(es) der Umgebungen Berlins“, des so genannten „Hobrecht-Planes“, sind. Auf der Grundlage dieses Bebauungsplanes sind in den 1870er Jahren große Gebiete von neu entstandenen Baugesellschaften aufgekauft worden, um erschlossene Grundstücke teuer weiterzuverkaufen. Unter diesen Terraingesellschaften bildete der im Bereich der heutigen Kollwitzstraße und des Kollwitzplatzes tätige Deutsch-Holländische Actien-Bauverein (DHAB) eine Sonderstellung, da er versuchte, die städtebauliche Entwicklung des Gebietes auch qualitativ voranzutreiben, indem er selbst Bauherr wurde und repräsentative, weniger dicht gebaute Wohnhäuser mit größeren Wohnungen baute. Zugleich unternahm der DHAB auf einem von ihm erworbenen ausgedehnten Gelände, das sich zwischen der heutigen Prenzlauer und der Schönhauser Allee, im Süden etwa bis zur Höhe des Wasserturmes und im Norden bis zur Danziger Straße erstreckte, hier erstmals in größerem Umfang den Versuch, Mietshäuser fabrikmäßig herzustellen. Die ersten Bauanträge wurden im Sommer 1873 gestellt. Hierzu gehörten auch die Mietshäuser K…, die, obwohl fünfgeschossig beantragt, noch viergeschossig errichtet wurden. Nach dem so genannten Gründerkrach im Oktober 1873 setzte sich wegen spekulations- und nachfragebedingt gestiegener Bodenpreise in den verkehrstechnisch gut erschlossenen Bereichen die fünfgeschossige und geschlossene Bauweise durch. Innerhalb des Denkmalbereichs ist diese Entwicklung ablesbar. Während die viergeschossigen Mietshäuser K… die frühe Phase der städtebaulichen Erschließung des Prenzlauer Berges als Stadterweiterung von Berlin verkörpern, stellen die erst Mitte der 1880er Jahre, nach dem Konkurs des DHAB entstandenen Mietshäuser in der Husemann- und in der Sredzkistraße einen späteren Bebauungsabschnitt dar.

Folgt man diesen Ausführungen des Landesdenkmalamtes, handelt es sich bei dem Mietshausensemble rund um den Kollwitzplatz um eine städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für die historische Entwicklung nicht nur des konkreten Quartiers, sondern auch des Berliner Mietshausbaus der Gründerzeit bis um 1890. Das verbindende, einheitsstiftende Merkmal ist die geschlossene, homogene Blockrandbebauung mit mehrgeschossigen Mietshäusern, die die für diesen Zeitabschnitt charakteristischen Fassaden- und Grundrissgestaltungen aufweisen. In Bezug auf die geschichtliche Bedeutung kommt indes gerade auch den Unterschieden in der Ausführung zwischen der früheren Bauphase ab 1873 und den späteren Bauabschnitten in den 1880er Jahren im Bereich nördlich des Kollwitzplatzes ein denkmalrechtlich relevanter Zeugniswert zu, da hierdurch die historische Entwicklung hin zu einer dichteren, weniger großzügigen Bebauung anschaulich gemacht wird.

b) Das - geschlossen erhaltene - Mietshausensemble um den Kollwitzplatz hat zugleich auch städtebauliche Bedeutung.

Die städtebauliche Bedeutung deckt sich hier weitgehend mit der architektur- und stadtgeschichtlichen Bedeutung. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Bedeutungskategorien fließend sein können und eine städtebauliche Bedeutung unter anderem dann anzunehmen ist, wenn stadtbaugeschichtliche oder stadtentwicklungsgeschichtliche Unverwechselbarkeiten vorliegen (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 6. März 1997 – OVG 2 B 33.91 -, NVwZ-RR 1997, 591, 591). Diese Voraussetzungen sind hier wegen der bereits in den ursprünglichen Erläuterungen des Landesdenkmalamtes zum Vorliegen der Merkmale eines Denkmals vom 24. Juni 1996 dargelegten bauzeittypischen Gestaltungsmerkmale in Bezug auf Fassaden, Grundrisse, Dimensionierung und Anordnung der Baukörper auf den Grundstücksflächen sowie des exemplarischen Charakters für den Berliner Mietshausbau der Gründerzeit bis um 1890 zu bejahen.

Soweit eine städtebauliche Bedeutung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes eine stadtbildprägende Außenwirkung der betreffenden Gebäude und damit eine gewisse optische „Dominanz“ voraussetzt (vgl. OVG Berlin, Urteile vom 11. Juli 1997 - OVG 2 B 15.93 -, BRS 59 Nr. 234, und vom 25. Juli 1997 - OVG 2 B 3.94 -, OVGE 22, 180, 182 f.), ist diese Voraussetzung mit Blick auf die Ausdehnung des Ensembles und die vom öffentlichen Straßenraum aus ohne Einschränkung gegebene Erlebbarkeit zu bejahen. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf das streitgegenständliche Gebäude K…; denn dieses befindet sich – wie sich bereits dem vorliegenden Kartenmaterial entnehmen lässt und sich durch die Augenscheinseinnahme bestätigt hat – in zentraler Lage an der südöstlichen Seite des Kollwitzplatzes und ist daher nicht nur von der unmittelbar angrenzenden Kollwitzstraße, sondern auch von zahlreichen anderen Standpunkten im Bereich des Kollwitzplatzes sowie zusätzlich – worauf die Vertreterin der Unteren Denkmalschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – auch von dem rückwärtig angrenzenden Gelände der Synagoge an der Rykestraße aus sichtbar.

c) Ob auch die künstlerische und wissenschaftliche Bedeutungskategorie erfüllt ist, kann - wie bereits erwähnt - offen bleiben, da es hierauf nicht ankommt. Die Ausführungen in der gutachtlichen Stellungnahme des Landesdenkmalamtes vom 19. April 2010 dürften diese Feststellung allerdings nicht tragen können, da dort von vornherein nur der künstlerische Wert der „flachen Fassadengestaltung“ des Wohnhauses K…im Hinblick auf die „zweireihige Anordnung der Rundbogenöffnungen in der siebenachsigen Ausdehnung“ hervorgehoben wird.

d) An der Erhaltung des Mietshausensembles um den Kollwitzplatz in seiner überlieferten Gestalt als eines stadtentwicklungs- und architekturgeschichtlich sowie städtebaulich bedeutsamen Gebäudekomplexes besteht wegen der genannten Bedeutungskategorien auch ein öffentliches Interesse.

Ein solches Interesse der Allgemeinheit ist anzunehmen, wenn eine allgemeine Überzeugung von der Denkmalwürdigkeit eines Gebäudes bzw. eines Ensembles und der Notwendigkeit ihrer Erhaltung besteht. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Denkmalwürdigkeit in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines Kreises von Sachverständigen eingegangen ist (vgl. OVG Berlin, Urteile vom 6. März 1997 – OVG 2 B 33.91 -, NVwZ-RR 1997, 591, 591). Dass diese Voraussetzung in Bezug auf das Mietshausensemble um den Kollwitzplatz erfüllt ist, erscheint dem Senat nicht zweifelhaft und wird auch von der Klägerin nicht bestritten. Insbesondere sind auch keine derart weit reichenden baulichen Veränderungen erfolgt, dass die geschichtliche und städtebauliche Bedeutung des Ensembles nicht mehr sichtbar ist, wodurch die Indizfunktion der – hier auf der geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung beruhenden – Denkmalfähigkeit des Ensembles für das öffentliche Erhaltungsinteresse ausnahmsweise entfallen würde (vgl. Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 – OVG 2 B 12.06 -, BRS 73 Nr. 204).

2. Die beantragte Aufstockung des Gebäudes K… um ein 5. Obergeschoss ist zweifellos eine die Genehmigungspflicht auslösende Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 DSchG Bln, da hierdurch das Gebäude als konstituierender Bestandteil des Denkmalbereichs in seinem Erscheinungsbild verändert würde (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG Bln).

3. Da nicht erkennbar ist, dass ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt, ist die Genehmigung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzung ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht erfüllt.

a) Auf die vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich aufgeworfene Frage „nach der Reichweite des denkmalschutzrechtlichen Schutzes eines Ensembles, das aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen erhaltenswert ist, in Abhängigkeit von seiner jeweiligen historischen Botschaft“ kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die diesbezüglichen Überlegungen der Vorinstanz nicht ganz eindeutig erscheinen. Soweit das Verwaltungsgericht zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 21. Februar 2008 (- OVG 2 B 12.06 -, BRS 73 Nr. 204) verweist, wonach die wertende Einschätzung, ob das Schutzobjekt durch die Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt, „kategorienadäquat“ zu erfolgen hat, d.h. sich an den für das Schutzobjekt maßgeblichen Bedeutungskategorien orientieren muss, ist die aufgeworfene Frage geklärt und hat deshalb schon keine grundsätzliche Bedeutung. Sollte das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgehen, dass dem Erscheinungsbild eines Ensembles, das „nur“ aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen erhaltenswert ist, lediglich ein eingeschränkter Schutz zukommt, dürfte dem ein Missverständnis der Ausführungen des Senats in dem erwähnten Urteil zugrunde liegen. Zwar ist danach grundsätzlich davon auszugehen, dass bei einem Denkmal, an dessen Erhaltung insbesondere auch aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung hat. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Umkehrschluss, dass hinsichtlich des Erscheinungsbildes eines Ensembles, das „nur“ aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen erhaltenswert ist, grundsätzlich von einem niedrigeren Schutzniveau auszugehen ist. Ob das Schutzobjekt durch die beabsichtigte Maßnahme eine mehr als nur geringfügige Beeinträchtigung erfährt, kann vielmehr nur im Rahmen einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden.

b) Die - danach allein maßgebliche – Prüfung des konkreten Einzelfalls ergibt, dass die Aufstockung des Gebäudes K… um ein 5. Obergeschoss sowohl den geschichtlichen Aussagewert als auch die städtebauliche Bedeutung des Ensembles in mehr als geringfügiger Weise beeinträchtigen würde; denn den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Landesdenkmalamtes zufolge kommt gerade auch den Unterschieden hinsichtlich der Geschossanzahl zwischen der früheren Bauphase ab 1873 und den späteren Bauabschnitten in den 1880er Jahren im Bereich nördlich des Kollwitzplatzes ein denkmalrechtlich relevanter Zeugniswert zu, indem hierdurch ein historischer Entwicklungsprozess anschaulich gemacht wird, an dessen Anfang im Bereich der heutigen Kollwitzstraße und des Kollwitzplatzes die Tätigkeit des Deutsch-Holländischen Actien-Bauvereins mit dem Versuch stand, die städtebauliche Entwicklung des Gebietes durch den Bau repräsentativer, weniger dicht gebauter, zum Teil nur viergeschossiger Wohnhäuser mit größeren Wohnungen auch qualitativ voranzutreiben, und der in den späteren Bauphasen, insbesondere nach dem so genannten Gründerkrach im Oktober 1873, aufgrund der spekulations- und nachfragebedingt gestiegenen Bodenpreise vor allem im Bereich der Husemann- und der Sredzkistraße in eine zunehmend dichtere, durchgehend fünfgeschossige, geschlossene Bebauung mündete. Eine „Angleichung“ der Geschosszahl der wenigen verbliebenen viergeschossigen Gebäude an die überwiegend vorhandene fünfgeschossige Bebauung der späteren Bauphasen würde die Erlebbarkeit dieser baugeschichtlichen Entwicklung im Straßenbild praktisch vernichten. Auch die städtebauliche Bedeutung des Ensembles, die die zugehörigen baulichen Anlagen regelmäßig als räumlich-kubische Einheit umfasst (vgl. Urteil des Senats vom 8. November 2006 - OVG 2 B 13.04 -, BRS 70 Nr. 202), würde deshalb durch die Aufstockung beeinträchtigt. Zudem führen An- und Aufbauten typischerweise zu einer Verzerrung der Proportion und Silhouette eines Hauses (vgl. zu diesem Gesichtspunkt VGH München, Beschluss vom 14. September 2010 - 2 ZB 08.1815 -, juris Rn. 5), was sich innerhalb eines Denkmalbereichs in Form eines Ensembles regelmäßig - so auch hier - auf das Gesamtgefüge auswirkt.

Die von der Klägerin vorgebrachten Einwände gegen die Heranziehung der Ausführungen der Denkmalfachbehörde im Rahmen der Bewertung der Beeinträchtigung des geschichtlichen Aussagewerts und der städtebauliche Bedeutung des Ensembles teilt der Senat nicht. Zwar trifft es zu, dass in der vom Beklagten übersandten gutachtlichen Stellungnahme des Landesdenkmalamts vom 19. April 2010 zum Teil andere Aspekte als in dem Ursprungsgutachten vom 24. Juni 1996 hervorgehoben werden. Nicht zutreffend ist jedoch die Behauptung, dass das spätere Gutachten das frühere Gutachten in seiner Aussage wesentlich verändere. Es handelt sich vielmehr lediglich um eine Präzisierung der Aussagen der Denkmalfachbehörde. Dass das Ursprungsgutachten die „fünfgeschossigen Mietshäuser“ als das Ensemble maßgeblich prägende bauliche Anlagen hervorhebt, kann bei sachgerechter Interpretation nicht so verstanden werden, dass gerade die Fünfgeschossigkeit als wesentliches, den Zeugniswert begründendes Merkmal zu betrachten ist. Vielmehr handelt es sich offensichtlich um eine zusammenfassende, typisierende Beschreibung der im Denkmalbereich vorhandenen Gebäude, bei denen es sich - wie auch die Augenscheinseinnahme ergeben hat - tatsächlich ganz überwiegend um fünfgeschossige Mietshäuser handelt. Dass in dem Gutachten des Landesdenkmalamts vom 19. April 2010 nunmehr ausgeführt wird, dass sich die Häuser K… und K… durch die Viergeschossigkeit „als erste errichtete Wohnhäuser im Quarreé“ auswiesen und „von den in den weiteren Bauepochen entstandenen fünfgeschossigen Mietshäusern“ abhöben, steht hierzu nicht in Widerspruch. Vielmehr handelt es sich offensichtlich um eine Verdeutlichung derjenigen baulichen Unterschiede, an denen sich die historische Entwicklung der Bebauung besonders plastisch ablesen lässt. Dass in dem Gutachten vom 19. April 2010 nunmehr zusätzlich auch eine wissenschaftliche und künstlerische Bedeutung geltend gemacht wird, mag zwar eine eingehendere Prüfung der Tragfähigkeit dieser Ausführungen erforderlich machen, lässt jedoch die Feststellungen zur geschichtlichen und städtebauliche Bedeutung, die mit denen des Ursprungsgutachtens von 1996 in den wesentlichen Punkten übereinstimmen, unberührt.

Unabhängig davon, dass hier allenfalls eine Präzisierung, nicht aber eine wesentliche Änderung der Aussagen der Denkmalfachbehörde festgestellt werden kann, folgt der Senat auch nicht der Auffassung der Klägerin, dass es die Verwertbarkeit einer gutachtlichen Stellungnahme grundsätzlich in Frage stelle, wenn das Landesdenkmalamt seine fachliche Einschätzung bei erneuter Begutachtung aus Anlass einer konkret geplanten Baumaßnahme korrigiert. Gerade innerhalb eines größeren Denkmalbereichs wird vielfach erst ein konkretes Bauvorhaben dazu führen, dass ein einzelner, denkmalschutzrechtlich relevanter Aspekt eingehender in den Blick genommen wird, der bei einer früheren, möglicherweise gröberen Bestandsaufnahme des gesamten Denkmalbereichs noch nicht in seiner ganzen Bedeutung erkannt wurde. Der hier vorliegende Fall scheint dem Senat für ein solches mehrstufiges Prüfungsverfahren exemplarisch zu sein: Weil es sich bei dem streitgegenständlichen Gebäude K… um nahezu das einzige viergeschossige Gebäude im Denkmalbereich handelt, wurde die Ablesbarkeit der bauhistorischen Entwicklung im Ursprungsgutachten von 1996 im Wesentlichen nur unter Hinweis auf die Entwicklung der Fassaden- und Grundrissgestaltungen sowie die zunehmend dichtere Parzellenbebauung mit Seiten- und Quergebäuden begründet. Erst aus Anlass der von der Klägerin geplanten Aufstockung wurde die Viergeschossigkeit des Gebäudes K… im Verhältnis zur Fünfgeschossigkeit der später errichteten Gebäude als weiteres, sogar besonders prägendes Zeugnis für die bauliche Entwicklung innerhalb des Denkmalbereichs in aller Deutlichkeit wahrgenommen. Die auf diesem Erkenntniszuwachs beruhende „Nachbesserung“ der gutachtlichen Stellungnahme des Landesdenkmalamtes ist auch nicht – wie die Klägerin geltend macht – mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass staatliches Handeln für den Bürger auch bei der Errichtung eines Bauvorhabens berechenbar bleiben muss. Die „Transparenz und Vorhersehbarkeit“ des Verwaltungshandelns wird jedoch nicht in rechtlich relevanter Weise dadurch beeinträchtigt, dass im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens von Ausführungen eines denkmalrechtlichen Unterschutzstellungsgutachtens abgewichen wird, dem im Übrigen ohnehin keine Außenwirkung zukommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Bauwillige – was nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten hier geschehen ist – behördlicherseits bereits frühzeitig auf die denkmalschutzrechtlichen Bedenken hingewiesen worden ist.

Ohne Erfolg versucht die Klägerin die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens vom 19. April 2010 ferner mit dem Hinweis auf inhaltliche Widersprüche zu belegen. Ihr Vortrag, die Argumentation, dass sich erst „in Folge des Gründerkraches“ die fünfgeschossige Bebauung durchgesetzt habe, werde dadurch widerlegt, dass die fünfgeschossige Bebauung für das Grundstück K… bereits im Juli 1873, d.h. 3 Monate vor dem Gründerkrach im Oktober 1873, geplant und beantragt worden sei, übersieht, dass es für die den Denkmalwert begründende Verdeutlichung der baulichen Entwicklung nicht auf – möglicherweise in Archiven noch vorhandene – Bauunterlagen ankommen kann, sondern in erster Linie auf die in der Örtlichkeit wahrnehmbare tatsächliche Bauausführung abzustellen ist. Maßgeblich ist also, dass das Mietswohnhaus auf dem Grundstück K… im Jahr 1873, d.h, vor den durch den „Gründerkrach“ ausgelösten Entwicklungen tatsächlich als lediglich viergeschossiges Gebäude errichtet worden ist, während die in den folgenden Jahren in der Umgebung, insbesondere nördlich des Kollwitzplatzes entstandenen Gebäude durchgehend fünf Geschosse aufweisen. Aus dem gleichen Grund vermag auch die hiermit in Zusammenhang stehende Erwägung des Verwaltungsgerichts nicht zu überzeugen, dass die geringe Anzahl der nur viergeschossigen Gebäude im Bereich des Ensembles gegen die beschriebene „entwicklungsgeschichtliche Botschaft des Ensembles“ spreche, und der Umstand, dass für das Gebäude der Klägerin im Jahr 1873 eine Baugenehmigung für fünf Geschosse erteilt worden sei, dann aber nur vier Geschosse errichtet worden seien, von einer „zufälligen“ Verteilung der vier- und fünfgeschossigen Bebauung zeuge. Von einer „Zufälligkeit“ wäre nur auszugehen, wenn es sich bei dem viergeschossigen Gebäude um einen „Ausreißer“ handeln würde, der für die betreffende Bauepoche nicht repräsentativ wäre. Hiervon kann keine Rede sein; denn das Landesdenkmalamt hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 19. April 2010 einleuchtend begründet, dass und aufgrund welcher historischen Umstände ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Bauzeit und Geschosszahl anzunehmen ist. Da es für die denkmalschutzrechtlich relevante Veranschaulichung der baulichen Entwicklung - wie dargelegt - allein auf die im Orts- und Straßenbild tatsächlich erlebbare Bauausführung ankommt und gerade das in der ersten – von repräsentativer, weniger dichter Bebauung geprägten - Bauphase errichtete Gebäude K… nur viergeschossig ausgeführt worden ist, während die später entstandenen Gebäude durchgehend fünf Geschosse aufweisen, handelt es sich bei der Viergeschossigkeit um ein baugeschichtlich besonders bedeutsames Merkmal.

Durch den von der Klägerin unter Bezug auf die Ortsbegehung am 28. Juli 2011 hervorgehobenen Umstand, dass die ursprüngliche Fassadengestaltung an dem Gebäude nicht mehr ablesbar sei und ein Großteil der Fenster sowie zumindest der überwiegende Teil der Bausubstanz des Dachgeschosses nicht mehr vollständig erhalten sei, wird die Feststellung, dass die Aufstockung des Gebäudes K… um ein 5. Obergeschoss sowohl den geschichtlichen Aussagewert als auch die städtebauliche Bedeutung des Ensembles in mehr als geringfügiger Weise beeinträchtigen würde, nicht in Frage gestellt, sondern eher noch bestätigt. Denn je weniger Aussagekraft die Fassadengestaltung aufgrund der späteren Überformung hat, desto größere Bedeutung dürfte den übrigen Merkmalen wie etwa der Geschossanzahl zukommen, um eine historische Einordnung des Gebäudes innerhalb des Denkmalensembles zu ermöglichen. Auf die Frage, wieviel Originalsubstanz noch vorhanden ist, kommt es für die Beurteilung, ob das Erscheinungsbild des Denkmalbereichs beeinträchtigt wird, nicht an. Der Hinweis der Klägerin, dass die „schützenswerten denkmalspezifischen Eigenschaften der K… (…) auch nach der Aufstockung erhalten“ blieben, beruht auf einem unzulässig engen Verständnis des Denkmalschutzes. Geschützt sind nämlich nicht nur die – durch eine Aufstockung nicht berührten - Decken- und Wandgestaltungen der Durchfahrt, der Durchfahrtsraum und die erhaltenen Treppenhäuser, die bis in das 3. Geschoss mit Marmorstufen und Marmorzwischenpodesten ausgestattet sind, sondern – wie ausgeführt – auch die vor allem bauhistorisch bedeutsame Viergeschossigkeit und die städtebaulich bedeutsame Kubatur des Gebäudes. Gegen die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Denkmalbereichs durch die Aufstockung des Gebäudes K… lässt sich schließlich auch nicht einwenden, dass - wie die Vertreterin des Landesdenkmalamtes im Ortstermin ausgeführt hat - einige Gebäude des Denkmalensembles in der Umgebung bis ca. 1900 nachträglich aufgestockt worden seien; denn entscheidend ist – wie bereits mehrfach erwähnt -, dass gerade an der überlieferten Viergeschossigkeit des in der ersten Bauphase entstandenen Gebäudes K… abgelesen werden kann, dass die erste Bauphase im Vergleich zur Folgezeit von einer repräsentativeren, weniger dichten Bebauung geprägt war.

c) Ein überwiegendes privates Interesse, hat die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Interpretation des Tatbestandsmerkmals „entgegenstehen“ in § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln die den Denkmalschutzinteressen gegenläufigen privaten Interessen des Eigentümers zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit einer solchen Interessenabwägung folgt bereits aus dem Begriff „entgegenstehen“ selbst, dessen Sinngehalt eine abwägende Bewertung von sich gegenüberstehenden Positionen voraussetzt. Sie ist auch verfassungsrechtlich geboten, denn die denkmalschutzrechtliche Unterschutzstellung und das damit verbundene Genehmigungsverfahren für bestimmte Maßnahmen sind nur dann zulässige Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG), wenn die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Gemeinwohlbelange des Denkmalschutzes in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden (vgl. zum Ganzen zusammenfassend: Urteil des Senats vom 21. Februar 2008 – OVG 2 B 12.06 -, BRS 73 Nr. 204, m.w.N.). Im vorliegenden Fall wird der Klägerin zwar eine möglicherweise rentablere Nutzung ihres Eigentums durch die denkmalschutzrechtliche Versagung der Aufstockung verwehrt. Angesichts des vorliegend zu bejahenden erheblichen öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Viergeschossigkeit des Gebäudes K… und damit des überkommenen Erscheinungsbildes des Ensembles wäre ein überwiegendes privates Interesse bei der nach § 11 Abs. 1 Satz 3 DSchG Bln vorzunehmenden Interessenabwägung nur dann anzunehmen, wenn ohne die beantragte Baumaßnahme eine wirtschaftlich tragfähige Nutzung des zum Denkmalbereich gehörenden Gebäudes praktisch ausgeschlossen wäre. Hierfür ist nichts ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.