Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.02.2014 | |
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Aktenzeichen | 7 Sa 1832/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 TVG |
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19. September 2013 - 58 Ca 5857/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Tätigkeitszulage als Besitzstand für die Ausübung bestimmter Funktionen im Orchester bzw. für das Spielen von Nebeninstrumenten.
Der Kläger ist seit dem 01.08.1981 im Orchester der K. Oper Berlin als Klarinettist tätig. Im Arbeitsvertrag ist der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (im folgenden TVK) in der jeweils geltenden Fassung sowie die ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträge in Bezug genommen. Der Kläger ist Mitglied der Deutschen Orchestervereinigung, die Beklagte des Deutschen Bühnenvereins.
Der Kläger war bis zum 31.12.1986 stellvertretender erster (Solo) Klarinettist. Mit Wirkung vom 01.01.1987 wurde ihm die Funktion des ersten (Solo-)Klarinettisten und das Spielen des Nebeninstruments „Hohe Klarinette“ übertragen (Bl. 15 d.A.). Er erhielt dafür zum einen die tarifliche Zulage nach § 26 Abs. 3 Stufe 1 (jetzt § 20 Abs. 3 Stufe 1) zum anderen die Zulage nach Abs. 4. Mit Änderungsvertrag vom 18.07.2002 (Bl. 16 d. A.) übernahm der Kläger ab dem 01.09.2002 wieder die Funktion eines stellvertretenden ersten (Solo-)Klarinettisten. Die Abrede zum Nebeninstrument blieb unverändert. Der Kläger erhielt in diesen Funktionen die tarifliche Tätigkeitszulage der Stufe 2 sowie 50 % der Stufe 3 für das Spielen des Nebeninstruments.
Aufgrund von Engpässen an der Bassklarinette verhandelten die Parteien im Jahr 2009 erneut über eine Änderung der Tätigkeit des Klägers. Bei diesen Gesprächen brachte der Kläger zum Ausdruck, dass er einem Vertragswechsel nur zustimmen werde, wenn er finanziell nicht schlechter gestellt würde, als er bisher gestanden habe. Mit Datum vom 24.06.2009 änderten die Parteien den zwischen ihnen bestehenden Vertrag unter § 3 dahingehend, dass dem Kläger mit Wirkung ab 01.07.2009 anstelle der Tätigkeit eines ersten (Solo-)Klarinettisten die Tätigkeit eines zweiten Klarinettisten sowie das Spielen der beiden Nebeninstrumente „Hohe Klarinette“ und „Bassklarinette“ übertragen wurde. Für die Einzelheiten der Änderung wird auf Bl. 17 d.A. Bezug genommen. Im Anschluss daran teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 06.07.2009 (Bl. 19 d. A.) u. a. folgendes mit: „Da Sie seit dem 01.08.1981 die Tätigkeit des stellvertretenden ersten Soloklarinettisten ausüben, wird Ihnen nach § 26 Abs. 6 TVK die Tätigkeitszulage der Stufe 2 bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses weitergezahlt. Für das Spielen der Nebeninstrumente erhalten Sie nach § 26 Abs. 4 TVK die Tätigkeitszulage der Stufe 3 in voller Höhe“. Letzteres korrigierte die Beklagte mit Schreiben vom 09.12.2009 (Bl. 20 d. A.), in dem sie dem Kläger mitteilte, dass nach den Regelungen des TVK die Tätigkeitszulage der Stufe 3 mit dem Besitzstand zu verrechnen sei und daher ab Juli 2009 nur eine Tätigkeitszulage der Stufe 3 in Höhe von 50 % gezahlt werde. Der Kläger erhielt in der Folgezeit als Besitzstand eine Tätigkeitszulage der Stufe 2 in Höhe von zuletzt 335,97 Euro, 50% der Tätigkeitszulage der Stufe 3 in Höhe von zuletzt 84 Euro sowie eine (zwischen den Parteien außer Streit stehende) besondere Vergütung für das Spielen des ungewöhnlichen Instruments in Höhe von 78,86 Euro.
Nachdem der Rechnungshof die Zahlung der Tätigkeitszulage nach Stufe 2 als Besitzstandszulage beanstandet hatte, weil der Kläger weder die Funktion des 1. (Solo-)Klarinettisten noch die Funktion des Stellvertretenden ersten (Solo-)Klarinettisten 25 Jahre ausgeübt hat, informierte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 11.01.2013 (Bl. 21 und 22 d. A.) darüber, dass die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Tätigkeitszulage nach der Stufe 2 als Besitzstand nicht vorliegen würden. Eine Zusammenrechnung der Tätigkeiten aus den Stufen 2 und 3 sei tarifwidrig. In Umsetzung dieses Schreibens strich die Beklagte dem Kläger die Tätigkeitszulage der Stufe 2 und zahlte ab Januar 2013 an den Kläger nur noch die Tätigkeitszulage der Stufe 3 für das Spielen der Nebeninstrumente in Höhe von 167,99 Euro sowie die besondere Vergütung für das Spielen des ungewöhnlichen Instruments. Außerdem forderte die Beklagte vom Kläger unter Berücksichtigung tariflicher Ausschlussfristen eine monatliche Überzahlung in Höhe von 251,98 Euro für den Zeitraum Juli bis Dezember 2012 zurück und verrechnete diese Beträge mit der dem Kläger auszuzahlenden Vergütung.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht am 22.04.2013 eingegangenen und der Beklagten am 02.05.2013 zugestellten Klage begehrt der Kläger zum einen die Zahlung des Differenzbetrages von 251,98 Euro monatlich für den Zeitraum Juli 2012 bis März 2013, eine weitere Zulage für das zweite Nebeninstrument in Höhe von monatlich 84 Euro für den Zeitraum November 2012 bis April 2013 sowie die Beibehaltung der Zahlung der Tätigkeitszulage nach der Stufe 2 sowie die Zahlung einer weiteren Zulage für das Spielen eines zweiten Nebeninstrumentes für die Zukunft.
Der Kläger hat vorgetragen, der Anspruch auf die Besitzstandszulage ergebe sich zum einen aus den tariflichen Regelungen zum anderen aus einer Zusage der Beklagten im Zusammenhang mit der Vertragsänderung. Die Beklagte habe ihm in einem der Vertragsänderung vorangegangenen Gespräch vom 29.05.2009 zugesagt, dass sich seine Vergütung nicht ändern werde und dies mit ihrem Schreiben vom 06.07.2009 nochmals bestätigt. Der Anspruch sei aber auch nach dem Tarifvertag gegeben. Er habe die zulagenpflichtige Tätigkeit mehr als 25 Jahre ausgeübt, da seine beiden Tätigkeiten der Stufe 1 und der Stufe 2 zusammenzurechnen seien. Die Tätigkeit als stellvertretender ersten (Solo-)Klarinettist sei in der Tätigkeit des ersten (Solo-)Klarinettisten enthalten. Außerdem müsse er für das Spielen eines weiteren Nebeninstruments eine weitere Zulage erhalten. Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, der Tarifvertrag sehe bei der Besitzstandsregelung gerade keine Zusammenrechnung der Tätigkeiten der Stufe 1 und 2 vor. Sie sei zum damaligen Zeitpunkt irrtümlich davon ausgegangen, dass der Kläger die Anforderungen des Tarifvertrages für die Zahlung der Zulage bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses erfüllt habe. Diese Rechtsauffassung habe sich auch in ihrem Schreiben vom 06.07.2009 widergespiegelt.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 19. September 2013, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach den tariflichen Regelungen seien für die Besitzstandszulage nach § 20 Abs. 7 TVK die Tätigkeiten in der Stufe 1 und der Stufe 2 nicht zusammenzurechnen. Dies folge aus dem eindeutigen Wortlaut des Tarifvertrages. An einer individuellen Zusage einer übertariflichen Zulage fehle es vorliegend. Soweit der Kläger eine weitere Zulage für das Spielen mehrerer Nebeninstrumente verlange, stünden dem die tariflichen Regelungen entgegen, die unabhängig von der Zahl der Nebeninstrumente nur eine Zulage vorsehen würden.
Gegen dieses dem Kläger am 24. September 2013 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die er mit einem beim Landesarbeitsgericht am 24. Oktober 2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 22. November 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger behauptet unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens auch in der Berufungsinstanz, die Beklagte habe ihm jedenfalls eine übertarifliche Zulage zugesagt, indem sie seiner Forderung auf gleichbleibendes Entgelt nachgekommen sei und dies mit Schreiben vom 06.07.2009 nochmals bestätigt habe. Sowohl der Orchesterdirektor als auch die Operndirektorin der K. Oper hätten dem Kläger versprochen, dass er bei einem Vertragswechsel, der mit sehr viel zusätzlichem Übungs- und Vorbereitungsaufwand verbunden gewesen sei, nicht finanziell schlechter gestellt würde, als er bisher gestanden habe. Jedenfalls aber sei der Tarifvertrag dahingehend auszulegen, dass die Besitzstandszulage auch dann gezahlt werde, wenn die Tätigkeiten des (Solo-)Klarinettisten der Stufe 1 und der Stufe 2 mehr als 25 Jahre ausgeübt worden seien. Die Tätigkeit des stellvertretenden ersten (Solo-)Klarinettisten sei in der Tätigkeit des ersten (Solo-)Klarinettisten als wesensgleiches Minus enthalten. Davon sei die Beklagte auch ausgegangen, wie sich schon daraus ergebe, dass die Beklagte bei dem früheren Wechsel von der Soloklarinette zu der stellvertretenden Soloklarinette die Tätigkeitszulage der Stufe 1 an den Kläger noch für sechs Monate weitergezahlt habe, ohne ihm in dieser Zeit eine Tätigkeitszulage der Stufe 2 zu zahlen. Weiterhin stehe ihm nach den tariflichen Regelungen für das Spielen eines zweiten Nebeninstrumentes auch eine zweite Zulage der Stufe 3 zu.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.09.2013 – 58 Ca 5857/13 – abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.771,28 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.05.2013 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab April 2013 die Tätigkeitszulage der Stufe 2 als Besitzstandszulage gemäß § 20 Abs. 7 TVK in Höhe von derzeit 335,97 Euro brutto pro Monat bis zum Ausscheiden des Klägers aus dem Orchester der Beklagten weiterzuzahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger neben der bereits gezahlten Tätigkeitszulage eine weitere Tätigkeitszulage in Höhe von 50 v.H. der Zulage der Stufe 3 gemäß § 20 Abs. 5 Unterabs. 2 TVK in Höhe von derzeit 84,00 Euro brutto pro Monat zu zahlen;
4. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 2. und 3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger neben der bereits gezahlten Tätigkeitszulage der Stufe 3 eine weitere Tätigkeitszulage der Stufe 3 in Höhe von derzeit 167,99 Euro brutto pro Monat zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen zur Auslegung des Tarifvertrages und vertritt insbesondere die Auffassung, für den Besitzstand nach § 20 Abs. 7 TVK seien die Tätigkeiten in den verschiedenen Stufen nicht zusammenzurechnen und für die Nebeninstrumente stünde dem Kläger nach den tariflichen Regelungen nur einmal die Zulage zu. Eine übertarifliche Zulage habe die Beklagte zu keinem Zeitpunkt zugesagt. Bei Änderung des Vertrages sei sie – wie der Kläger – davon ausgegangen, dem Kläger stünde die Besitzstandszulage nach den tariflichen Regelungen zu. Dies spiegle sich in dem Schreiben der Beklagten vom 06.07.2009 wieder. Nachdem sie habe feststellen müssen, dass dies nicht der Fall sei, habe sie die Zahlung einstellen und im Rahmen der Ausschlussfristen die überzahlten Beträge zurückfordern müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungsterminen Bezug genommen.
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist von ihm fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).
Die Berufung des Klägers ist deshalb zulässig.
2. Die Berufung des Klägers hat in der Sache indes keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage insgesamt abgewiesen, weil dem Kläger weder die Tätigkeitszulage nach der Stufe 2 aus Gründen des Besitzstandes gemäß § 20 Abs. 7 TVK zusteht, noch er eine weitere Zulage nach der Stufe 3 für das Spielen eines zweiten Nebeninstrumentes verlangen kann.
2.1 Nach Aufgabe seiner Tätigkeit als stellvertretender erster (Solo-)Klarinettist mit Änderungsvereinbarung vom 24.06.2009 hat der Kläger keinen Anspruch mehr auf die Zahlung einer Tätigkeitszulage gemäß § 20 Abs. 3 Stufe 2. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger weder nach § 20 Abs. 7 als Besitzstandszulage zu, noch ergibt er sich aus einer Vereinbarung zwischen den Parteien zur Zahlung einer übertariflichen Zusage, noch als Schadensersatzanspruch oder aus den Regelungen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage.
2.1.1 Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) zum einen kraft einzelvertraglicher Bezugnahme zum anderen wegen beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Dies steht zwischen den Parteien außer Streit. Die maßgeblichen tariflichen Regelungen lauten in ihrer Fassung vom 9.12.2009 wie folgt:
§ 20 Tätigkeitszulagen
(1) Der Arbeitgeber kann dem Musiker mit seiner Zustimmung bei der Einstellung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmte Tätigkeiten und das Spielen von Nebeninstrumenten übertragen. Die Übertragung bedarf der Schriftform. Der Arbeitgeber kann die Übertragung jederzeit widerrufen, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Der Widerruf bedarf der Schriftform. Er ist unwirksam, wenn er aus Gründen erfolgt, die nicht in der Leistungsfähigkeit oder der sonstigen Eignung des Musikers liegen.
(2) Der Musiker erhält während der Zeit, in der ihm eine der in Absatz 3 genannten Tätigkeiten oder das Spielen eines Nebeninstruments übertragen ist, eine Tätigkeitszulage. Die Höhe der Zulage richtet sich nach den Stufen der Absätze 3 und 5 und nach der Vergütungsgruppe des Orchesters, dem der Musiker angehört.
(3) Es werden zugeteilt:
der Stufe 1
die Tätigkeit als
….
Erster (Solo-)Klarinettist, …
der Stufe 2
die Tätigkeit als
…
Stellvertretender Erster (Solo-)Klarinettist…
der Stufe 3
….
(3a) Der Musiker, dem neben einer nach Absatz 3 zulageberechtigenden Tätigkeit der Stufe 2 eine andere nach Absatz 3 Stufe 2 oder Stufe 3 zulageberechtigende Tätigkeit übertragen ist, erhält neben der Tätigkeitszulage der Stufe 2 eine weitere Zulage in Höhe von 50 v.H. der Zulage der Stufe 3.
(4) Der Musiker mit Nebeninstrumenten, dem keine nach Absatz 3 zulageberechtigende Tätigkeit übertragen ist, erhält die Zulage der Stufe 3.
Der Musiker mit Nebeninstrumenten, dem eine nach Absatz 3 zulageberechtigende Tätigkeit übertragen ist, erhält neben der ihm für diese Tätigkeit zustehenden Zulage eine weitere Zulage in Höhe von 50 v.H. der Zulage der Stufe 3. Dies gilt nicht für …
Sind dem Musiker mehrere Nebeninstrumente übertragen worden, von denen eines ein ungewöhnliches Instrument (Protokollnotiz Nr. 2 zu § 6 Abs. 2) ist, erhält er für das Spielen des ungewöhnlichen Instrumentes eine besondere Vergütung nach § 27. Ist der Musiker zum Spielen mehrerer ungewöhnlicher Instrumente verpflichtet, erhält er für eines der ungewöhnlichen Instrumente die besondere Vergütung nach § 27; dieses Instrument ist im Arbeitsvertrag anzugeben. Für das Spielen des oder der anderen Nebeninstrumente gelten die Unterabsätze 1 und 2.
(5) ….
(6) Wird die Übertragung der Tätigkeit oder des Spielens von Nebeninstrumenten widerrufen oder gibt der Musiker im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber die zulageberechtigende Tätigkeit auf, wird die Zulage nach einer Dauer ihres Bezuges in demselben Orchester
von 5 Jahren für die Dauer von 3 Monaten,
von 10 Jahren für die Dauer von 6 Monaten
…
von 25 Jahren bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses
weitergezahlt.
2.1.1 Ein Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der Tätigkeitszulage der Stufe 2 als Besitzstand auch für die Zeit nach Beendigung der Ausübung der Funktion eines Ersten (Solo-)Klarinettisten folgt nicht aus § 20 Abs. 7 TVK. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Zulage nach dieser Vorschrift nicht. Unstreitig hat er weder die Zulage als erster (Solo-)Klarinettist noch die Zulage als stellvertretender erster (Solo-)Klarinettist für die Dauer von 25 Jahren bezogen. Eine Zusammenrechnung des Bezugs der Zulage als stellvertretender erster (Solo-)Klarinettist, die er in zwei Zeiträumen für insgesamt 13 Jahre und 3 Monate bezogen hat, mit der Zulage als erster (Solo-)Klarinettist, die er im Zeitraum vom 01.01.1987 bis 31.08.2002, also im Umfang von 15 Jahren und 8 Monaten bezogen hat, findet nicht statt. Eine solche Zusammenrechnung verschiedener Zulagen sieht der Tarifvertrag nicht vor.
2.1.1.1 Schon nach dem Wortlaut des Tarifvertrages muss die jeweilige Zulage für die den tariflichen Besitzstand begründende Dauer gezahlt worden sein. So heißt es in § 20 Abs. 7 TVK „nach einer Dauer ihres Bezugs“. Diese Regelung verweist also auf die jeweilige Zulage, deren Besitzstand begründet werden soll.
Nach dem Tarifvertrag handelt es sich bei den Zulagen der Stufe 1 und 2 sowie 3 nicht um eine einheitliche Zulage, die unter den Wortlaut in § 20 Abs. 7 TVK „ für die Dauer ihres Bezugs“ zu fassen wäre. Auch wenn in § 20 Abs. 2 TVK nur von “einer“ Tätigkeitszulage die Rede ist und § 20 Abs. 2 Satz 2 bei der „Höhe der Zulage“ nur von einer Zulage spricht, zeigt § 20 Abs. 4 TKV, dass der Tarifvertrag durchaus nach den Zulagen der unterschiedlichen Stufen und der Zulage für die Nebeninstrumente differenziert. Nach dieser Vorschrift erhält der Musiker mit einer nach Absatz 3 zulageberechtigenden Tätigkeit, dem eine weitere zulageberechtigende Tätigkeit übertragen wurde, nämlich eine „weitere“ Zulage in Höhe von 50% der Zulage der Stufe 3. Hinzu kommt der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 7 TKV. Die Zulage ist weiter zu gewähren, wenn die Übertragung der Tätigkeit oder das Spielen von Nebeninstrumenten widerrufen oder der Musiker einvernehmlich die zulageberechtigende Tätigkeit aufgibt. Würde es sich dabei um eine einheitliche Zulage (nur in unterschiedlicher Höhe) handeln, könnte der Fall des § 20 Abs. 7 TVK erst dann eintreten, wenn der Musiker überhaupt keine zulageberechtigende Tätigkeit mehr ausübt, d.h. auch kein Nebeninstrument mehr spielen würde. Abgesehen davon, dass sich der Kläger auch dann mit der Zulage für ein Nebeninstrument begnügen müsste, weil – da er noch ein Nebeninstrument spielt – der Sachverhalt des § 20 Abs. 7 noch nicht eingetreten wäre, wird daraus erkennbar, dass die Regelung in § 20 Abs. 7 TKV nur für die jeweilige Zulage in der jeweiligen Stufe vorgesehen ist.
2.1.1.2 Auch nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang ist eine Zusammenrechnung nicht vorgesehen. Weder enthält der Tarifvertrag Regelungen zur Zusammenrechnung der verschiedenen zulageberechtigenden Tätigkeiten bei der Begründung des Besitzstandes noch Regelungen darüber, in welcher Höhe die Zulage zu zahlen ist, wenn z.B. die höhere Zulage zuletzt, dafür aber nur kurze Zeit gezahlt oder aber umgekehrt die niedrigere Zulage zuletzt aber wesentlich kürzer gezahlt wurde als die höhere Zulage. Ein entsprechender Regelungsbedarf ist indes offensichtlich, da ein Wechsel von einer zulagenbegründenden Tätigkeit zu einer anderen kein so abseitiges Ereignis darstellt, als dass den Tarifvertragsparteien unterstellt werden könnte, sie hätten dieses Problem nicht gesehen. Auch dies spricht gegen den Willen der Tarifvertragsparteien die Tätigkeiten unterschiedlicher Stufen bei der Begründung des Besitzstandes zusammenzurechnen.
Auch spricht gegen eine von den Tarifvertragsparteien gewollte Zusammenrechnung der Stufe 1 mit der Stufe 2, dass nicht alle Tätigkeiten der Stufe 2 als Basis in der Stufe 1 enthalten sind, die Stufe 1 also generell auf die Stufe 2 aufbauen würde. So erhält der stellvertretende erste Solopauker nur dann die Tätigkeitszulage der Stufe 2, wenn er auch zum Spielen des Schlagzeuges verpflichtet ist. In der Stufe 2 führen zudem bestimmte Instrumente, die als Hauptinstrumente gespielt werden, schon zu der Tätigkeitszulage der Stufe 2, ohne dass damit weitere Funktionen verknüpft sein müssten. Diese Instrumente finden sich nicht alle in der Stufe 1 wieder. Hätten die Tarifvertragsparteien aber nur für einen Teilbereich den Bezug der Zulage nach Stufe 1 und 2 zusammenrechnen wollen, weil diese als Minus enthalten wären, hätten sie dies für die entsprechenden Funktionen und Instrumente regeln müssen. Die fehlende Regelung lässt erkennen, dass dies von den Tarifvertragsparteien gerade nicht gewünscht war.
2.1.1.3 Sinn und Zweck der Regelung in § 20 Abs. 7 bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Wie bei Kündigungsfristen geht es vorliegend darum, dass der Musiker nach einer bestimmten Dauer der Ausübung einer konkreten Tätigkeit die dafür erhaltene Zulage als Besitzstand entweder für die einer Kündigungsfrist vergleichbaren Zeitspanne oder aber nach 25 Jahren bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, noch weiter erhalten soll. Eine Zusammenrechnung der Tätigkeiten innerhalb der verschiedenen Stufen unabhängig von der Dauer des Bezuges in der einzelnen Stufe würde indes dazu führen, dass z. B. derjenige, der für längere Zeit ein Nebeninstrument spielt, dann Funktionen der Stufe 2 übernimmt und später Funktionen der Stufe 1 unabhängig von seiner Tätigkeit in der Stufe 1 und unabhängig von der Dauer des Bezuges dieser Zulage eine Weiterzahlung verlangen könnte. Dies entspricht nicht dem Zweck, einen sozialen Besitzstand für eine Übergangszeit oder auf Dauer zu gewähren, der für diese Stufe noch nicht entstanden ist.
2.1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit der Beklagten über die Weitergewährung dieser Zulagen. Da es an einem tariflichen Anspruch fehlt, müsste eine solche Vereinbarung auf die Gewährung einer übertariflichen Zulage gerichtet sein. An einer solchen Vereinbarung fehlt es vorliegend. Die Änderungsvereinbarung vom 24.06.2009, mit der die Parteien das Ergebnis ihrer vorangegangenen Vertragsverhandlungen schriftlich festgehalten und diese abgeschlossen haben, enthält nur Regelungen zur Änderung der Tätigkeit, nicht aber zu etwaigen Zahlungsverpflichtungen der Beklagten. Dies spricht dafür, dass die Parteien zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen sind, dem Kläger stehe die Weiterzahlung der Zulagen nach den tariflichen Regelungen zu. Insofern bedurfte es keiner Regelung der Vergütung im Vertrag. Für weitergehende Zusagen im Vorfeld fehlt es an der Zusage einer übertariflichen Zulage.
Das Schreiben der Beklagten vom 06.07.2009 enthält ebenfalls keine einzelvertragliche Zusage einer übertariflichen Zulage, die der Kläger angenommen hätte. Das Schreiben spiegelt ebenfalls nur die übereinstimmende Rechtsauffassung der Parteien wieder, dem Kläger stehe die Zulage nach den tariflichen Regelungen zu. Mehr sagt die Beklagte dort nicht zu und mehr haben die Parteien nicht vereinbart. Dies zeigt sich insbesondere an dem in dem Schreiben enthaltenen Verweis auf die Regelungen des Tarifvertrages.
2.1.3 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung der Zulage als Schadensersatzanspruch, weil die Beklagte ihn bei Abschluss der Vereinbarung nicht darüber aufgeklärt hat, dass ihm die Zulage nach dem Tarifrecht zustehe. Zwar trifft den Arbeitgeber im Rahmen seiner Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB eine Hinweis- und Aufklärungspflicht über die Umstände, die der anderen Vertragspartei unbekannt, aber für ihre Entscheidung im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind (vgl. BAG vom 14.07.2005 – 8 AZR 300/04 – AP Nr. 41 zu § 242 BGB Auskunftspflicht). Im vorliegenden Fall fehlt es aber an der Verletzung einer schadensersatzbegründenden Aufklärungspflicht. Die Beklagte hatte denselben Wissensstand wie der Kläger und ging – ebenso wie der Kläger – davon aus, aus dem Tarifvertrag ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Tätigkeitszulage aus Besitzstand bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Ein Informationsgefälle zwischen den beiden Arbeitsvertragsparteien, die Aufklärungs- und Hinweispflichten hätten begründen können, lag nicht vor. Insofern greift wiederum der Grundsatz, dass jede Partei für die Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen selbst zu sorgen hat.
2.1.4 Eine Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB verlangt der Kläger nicht. Insofern kann dahinstehen, ob vorliegend überhaupt eine schwerwiegende Veränderung iSv. § 313 Abs. 1 BGB vorliegt.
2.1.5 Aus diesen Gründen war ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Tätigkeitszulage nach § 20 Abs. 3 Stufe 2 iVm. § 20 Abs. 7 TVK nicht gegeben.
2.2 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Zulage nach § 20 Abs. 5 TVK für das Spielen eines zweiten Nebeninstruments. Die Beklagte hat ausweislich ihrer Abrechnung dem Kläger für den Zeitraum, indem sie die Zulage nach § 20 Abs. 3 zurückgefordert hat, die Zulage nach § 20 Abs. 5 TVK für das Spielen der vertraglich vereinbarten Nebeninstrumente in einem Umfang von 100 % gezahlt. Damit ist sie den Verpflichtungen des Tarifvertrages nachgekommen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Tarifvertrag kein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Zulage für das Spielen eines zweiten oder dritten Nebeninstrumentes. Die tariflich geregelte Zulage in § 20 Abs. 5 vergütet das Spielen eines oder mehrerer Nebeninstrumente mit einer Zulage der Stufe 3.
Der eindeutige Wortlaut der tariflichen Regelung steht einem Anspruch des Klägers bereits entgegen. § 20 Abs. 5 TVK spricht nicht nur von dem Musiker mit einem Nebeninstrument, sondern regelt die Zulage für den Musiker, der mehrere Nebeninstrumente spielt. § 20 Abs. 5 TVK enthält ausdrücklich den Plural für die Instrumente („Musiker mit Nebeninstrumenten“). Darüber hinaus schließt § 20 Abs. 5 unter Abs. 4 ein Verständnis der tariflichen Regelung dahingehend aus, der Musiker habe für jedes Nebeninstrument einen Anspruch auf die Zulage. Denn § 20 Abs. 5 Unterabs. 4 regelt die besondere Vergütung für den Musiker, dem mehrere Nebeninstrumente übertragen wurden, von denen eines ein ungewöhnliches Instrument ist und sieht für diesen Fall vor, dass der Musiker für das Spielen des ungewöhnlichen Instrumentes eine besondere Vergütung erhält. Bei mehreren ungewöhnlichen Instrumenten hingegen wird die besondere Vergütung nach § 21 nur für eines dieser Instrumente gezahlt, für das Spielen des oder der anderen Nebeninstrumente aber auf die Unterabsätze 1 und 2 verwiesen, wonach dem Musiker entweder die Zulage der Stufe 3 bzw. bei Zusammentreffen mit anderen Instrumenten die Zulage der Stufe 3 in Höhe von 50 % zustehen soll. Gegen die Interpretation des Klägers spricht darüber hinaus, dass der Tarifvertrag bei einem Zusammentreffen der verschiedenen Zulagen nach Abs. 3 bzw. nach Abs. 3 und Abs. 5 die weitere Zulage um 50 % kürzt (§ 20 Abs. 4 und § 20 Abs. 5 Unterabs. 2 TVK), ohne eine solche Kürzungsmöglichkeit für das Zusammentreffen von zwei Nebeninstrumenten vorzusehen.
2.3 Aus den gleichen Gründen hat das Arbeitsgericht zu Recht den Hilfsantrag des Klägers zurückgewiesen. Auch dieser ist auf die Zahlung einer weiteren Zulage für das Spielen eines zweiten Nebeninstrumentes gerichtet. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus den Regelungen des Tarifvertrages nicht, der das Spielen der Nebeninstrumente unabhängig von deren Zahl mit einer Zulage honoriert.
3. Aus all diesen Gründen folgt, dass die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen, mit der Folge, dass er gemäß § 97 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
4. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Frage, ob die verschiedenen zulageberechtigenden Tätigkeiten nach § 20 Abs. 3 TVK für die Besitzstandsregelung nach § 20 Abs. 7 TKV zusammenzurechnen sind oder nicht, ist von grundsätzlicher Bedeutung.