Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 31.01.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 N 18.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 87 Abs 3 WasG BB, § 32 Abs 1 NatSchG BB, § 72 Abs 1 NatSchG BB, § 72 Abs 3 NatSchG BB, § 67 Abs 1 BNatSchG, § 4 ScharmützelLSchGebV BB |
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das der Klägerin am 17. Juni 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) wird abgelehnt.
Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Die Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten, ihr die wasserrechtliche Genehmigung für die Beibehaltung einer mobilen Steganlage auf der Seeseite ihres am S...see gelegenen Grundstücks zu erteilen, hilfsweise, für das genannte Vorhaben die Befreiung von den Verboten und Geboten der Rechtsverordnung über das Landschaftsschutzgebiet S...seegebiet oder des brandenburgischen Naturschutzgesetzes zu erteilen, hilfsweise, für das genannte Vorhaben eine Ausnahmegenehmigung von den Verboten des gesetzlichen Biotopschutzes zur erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigung von Röhrichtgesellschaften der Verlandungszonen und Gewässerufer zu erteilen. Die hierauf gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht aufgrund mündlicher Verhandlung vom 31. Mai 2013 durch der Klägerin am 17. Juni 2013 zugestelltes Urteil abgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet, weil das vom Senat allein zu prüfende Rechtsbehelfsvorbringen den von der Klägerin einzig geltend gemachten Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) nicht rechtfertigt.
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die von der Klägerin erstrebte wasserrechtliche Genehmigung gemäß § 87 Abs. 3 S. 1 und 2 BbgWG nur erteilt werden darf, wenn dem beabsichtigten Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen und ferner das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Diese Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht in selbstständig tragender Weise unter anderen mit der Begründung verneint, dass der Beibehaltung der Steganlage, abgesehen von der Möglichkeit der Befreiung, zwingende Verbote gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 und 5 LSG-VO entgegenstünden. Nach dieser Vorschrift sei es vorbehaltlich der nach § 5 zulässigen Handlungen in den Landschaftsschutzgebieten gemäß § 22 Abs. 3 BbgNatSchG insbesondere verboten, die Ufervegetation zu beschädigen oder zu beseitigen (Nr. 4) oder in Röhrichte einzudringen oder sich diesen wasserseitig dichter als fünf Meter zu nähern (Nr. 5). Diesen Verboten widerspreche die Steganlage und vor allen Dingen ihre Nutzung als Bade- und Anlegesteg. Denn aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich ohne weiteres, dass die mobile Steganlage von der Klägerin im S...see in einen ausgedehnten Röhrichtgürtel eingebracht werde, wenngleich dieser im Bereich der Nutzung ausgedünnt erscheine. Indem die Steganlage von der Klägerin als Bade- und Anlegesteg genutzt werde, nähere sie sich dem vorhandenen Röhrichtbestand wasserseitig dichter als fünf Meter. Zudem sei davon auszugehen, dass sich der Röhrichtgürtel bei Beibehaltung der Steganlage und ihrer Nutzung als Bootsanleger bzw. Badesteg – zumal in der Vegetationsperiode – nicht vollständig schließen könne.
Die hiergegen gerichteten Einwände der Klägerin greifen nicht durch. Soweit sie geltend macht, dass die genannte Verbotsvorschrift nur für menschliche Handlungen gelte, der Steg dagegen eine Sache sei und daher die Ufervegetation nicht beschädigen oder beseitigen könne, vernachlässigt sie, dass ihr Genehmigungsbegehren auf die Beibehaltung der Steganlage gerichtet ist, die bereits jetzt in den Röhricht eindringt und ein Schließen des Röhrichtgürtels dauerhaft verhindert. Insoweit ist es auch unerheblich, ob das Röhricht dort schon immer vorhanden war oder an den Steg „herangewachsen“ ist. Darüber hinaus verhält sich die Klägerin in ihrer Rechtsbehelfsbegründung nicht zu der Begründung des Verwaltungsgerichts, dass gerade die Benutzung des Stegs als Bade-und Anlegesteg dazu führt, dass sich Menschen wasserseitig mehr als fünf Meter dem Röhrichtbestand nähern. Die von der Klägerin aufgezeigte Alternative, den Steg soweit in den See hineinragen zu lassen, dass der Abstand von fünf Metern nicht unterschritten werden müsse, löst das Problem selbst unter Hintanstellung aller sonstigen Bedenken nicht, weil auch ein verlängerter Steg begangen werden müsste.
Auch der Hinweis der Klägerin auf § 4 Abs. 2 und 3 LSG-VO führt nicht weiter. Denn § 4 Abs. 2 LSG-VO stellt lediglich „sonstige“ Handlungen, die geeignet sind, den Charakter des Gebietes zu verändern, den Naturhaushalt zu schädigen, das Landschaftsbild zu verunstalten, den Naturgenuss zu beeinträchtigen oder sonst dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen, unter Genehmigungsvorbehalt und erfasst damit keine Handlungen, die bereits unter die Verbotstatbestände des § 4 Abs. 1 LSG-VO fallen.
Ohne Erfolg macht die Klägerin ferner geltend, ihr sei eine Befreiung gemäß § 7 LSG-VO zu erteilen gewesen. Denn während die Belange des Naturschutzes wenn überhaupt nur unwesentlich betroffen seien, führe die Durchführung der Verbotsvorschrift dazu, dass sie ihr am See gelegenes Grundstück nicht als Wassergrundstück nutzen könne. Diese Eigenschaft bilde einen wesentlichen wertbildenden Faktor für das Grundstück. Vor allem beinhalte die Eigentümerstellung auch die Berechtigung, das Grundstück zu Erholungszwecken zu nutzen. Sie werde daher in ihrer Stellung als Eigentümerin erheblich eingeschränkt. Dieses Vorbringen hat bereits das Verwaltungsgericht gewürdigt und ausgeführt: Eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG setze in seiner zweiten Alternative unter anderem voraus, dass die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Das sei nicht der Fall. Der Klägerin stehe insbesondere kein von ihrem Eigentumsrecht nach Art. 14 GG umfasstes Recht auf Zugang zum See von einer in ihrem Eigentum stehenden Steganlage aus zu. Zur Nutzung des Sees könne die Klägerin vielmehr auf öffentlich zugängliche Steganlagen bzw. Flächen verwiesen werden, zumal die Wasserfläche des S...sees, in die der Steg eingebracht werde, nicht in ihrem Eigentum stehe. Die wasserrechtlichen Regelungen führten auch sonst nicht zu einem rechtswidrigen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, etwa aufgrund eines von der Klägerin befürchteten Wertverlustes ihres Grundstücks, sondern seien vielmehr Ausdruck der Sozialgebundenheit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG. Die Situationsgebundenheit des Grundstücks der Klägerin bringe es eben mit sich, dass sie, obwohl ihr Grundstück bis an den See heranreiche, wegen der hier zu beachtenden Schutzzwecke und Verbote der LSG-VO nicht unmittelbar von Ihrem Grundstück aus einen Zugang in den See nehmen könne. Vor allem aber übersehe die Klägerin, dass die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergebe, die nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz Sache des Gesetzgebers sei. Art. 14 GG garantiere ihr keinen verfassungsrechtlichen Schutz ihres Grundeigentums vor einem Wertverlust bzw. auf Werterhalt. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist der Begründung des Berufungszulassungsantrags nicht zu entnehmen.
Soweit die Klägerin darüber hinaus geltend macht, die Biotopschutzverordnung stehe der Beibehaltung der Steganlage nicht entgegen, fehlt es ebenfalls an einer substantiierten Auseinandersetzung mit der umfassenden Begründung der gegenteiligen Auffassung des Verwaltungsgerichts (EA S. 20, 21). Insbesondere vermag die Klägerin der Annahme des Verwaltungsgerichts, die Nutzung der Steganlage als Anleger verhindere, dass sich der Schilfgürtel in diesem Bereich komplett schließen könne, nichts entgegen zu setzen. Zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass eine von der Klägerin „hilfsweise“ begehrte Ausnahme vom Biotopschutz nicht zuzulassen sei, verhält sich die Begründung des Berufungszulassungsantrags ohnehin nicht.
Die abschließende Erwägung der Klägerin, die Genehmigung der Steganlage wäre „zweifellos und sofort erteilt worden“, wenn sie vor dem Abriss des die Natur stärker beeinträchtigenden Bootshafens beantragt worden wäre, führt ebenfalls nicht weiter, denn sie ist in jeder Hinsicht hypothetisch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).