Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 12.07.2017 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 B 9.16 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 51 Abs 1 Nr 1 VwVfG, § 11 Abs 4 AufenthG |
Nach rechtskräftiger Bestätigung einer Ausweisung eingetretene Tatsachen, die eine Änderung der maßgeblichen spezialpräventiven Gefahrenprognose rechtfertigen könnten, sind in dem in § 11 Abs. 4 AufenthG geregelten Verfahren über die nachträgliche Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen. Eine zukunftsbezogene Aufhebung der Ausweisung im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG kommt daneben nicht in Betracht.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juli 2014 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der 1964 in der Türkei geborene Kläger reiste im März 1981 im Wege des Familiennachzugs zu seinem seit 1970 in der Bundesrepublik arbeitenden Vater. Nach befristeten und unbefristeten Aufenthaltserlaubnissen wurde ihm im März 1990 eine Aufenthaltsberechtigung erteilt. Seit 1985 ist er mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet, mit der er fünf in den Jahren 1986, 1987, 1989, 1993 und 2002 geborene Kinder hat. Die Ehefrau ist im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltsrechts, das jüngste Kind besitzt zugleich die deutsche Staatsangehörigkeit.
Mit rechtskräftigem Strafurteil des Landgerichts Berlin vom 14. Januar 1999 – (535) 1 Kap JS 495/98 KS (11/98) – wurde der Kläger wegen Verabredung zum Mord zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts war er an der Planung eines Sprengstoffattentats auf ein Café eines kurdischen Inhabers mit Gefahr für eine unbestimmte Personenanzahl beteiligt, das nicht zur Ausführung gelangte. Am 5. September 2002 wurde er mit vierjähriger Bewährungsauflage entlassen.
Mit spezialpräventiv begründetem Bescheid vom 29. November 2000 wies das Landeseinwohneramt Berlin den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies dieselbe Behörde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2001 zurück. Die dagegen angestrengte Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. Juni 2002 (VG Berlin 10 A 84.01) ab, der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg (OVG Berlin, Beschluss von 16. März 2005 - 8 N 143.02 -).
Am 6. März 2012 beantragte der Kläger das Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Ausweisung gem. § 51 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfG Berlin. Auf seine im Hinblick auf den unbeschieden gebliebenen Antrag erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten durch Urteil vom 17. Juli 2014 verpflichtet, die Ausweisungsverfügung des Landeseinwohneramtes Berlin vom 29. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 29. Januar 2001 aufzuheben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Aufhebung der spezialpräventiv begründeten Ausweisung mit Wirkung für die Zukunft. Danach habe die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert habe. Das sei hier der Fall, denn die mit spezialpräventiven Erwägungen begründete Ausweisung lasse sich nach Überzeugung des Einzelrichters, die dieser aus dem gesamten Prozessstoff und insbesondere der mündlichen Verhandlung gewonnen habe, nicht mehr spezialpräventiv begründen. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Ausweisung anwendbar. Da für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im laufenden Anfechtungsprozess auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung abzustellen sei, was bedeute, dass ein zwischenzeitlich eingetretener Wegfall der spezialpräventiven Gründe zu berücksichtigen sei, sei es folgerichtig, dass dies auch nach Eintritt der Bestandskraft gelte. Ob man die Ausweisung deshalb als „VA mit Dauerwirkung“ bezeichne, könne dahinstehen, jedenfalls greife § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ein, der für derartige Verwaltungsakte vorsehe, dass das Verfahren wieder aufzugreifen und die entsprechende Entscheidung aufzuheben sei, wobei nur eine Aufhebung für die Zukunft (ex nunc) in Betracht komme. Nach den hier maßgebenden rechtlichen Maßstäben falle die anzustellende Prognose zu Gunsten des Klägers aus. Dieser habe seit seiner Haftentlassung am 5. September 2002 auch nicht ansatzweise Straftaten verübt, die eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellten. Er habe sich zwar hartnäckig dem Vollzug der Abschiebung entzogen, was auch zu seinen Lasten zu würdigen sei, auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger mit zwei Verkehrsdelikten (jeweils fahrlässige Körperverletzung) auffällig geworden sei. Diese Straftaten stünden jedoch in keinem inneren Zusammenhang zu der Straftat, wegen der er verurteilt worden sei. Vielmehr könne im Hinblick auf die nunmehr verstrichene Zeit von mehr als 15 Jahren seit der Verurteilung durch das Landgericht Berlin am 14. Januar 1999 nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger noch eine ernsthafte Gefahr für vergleichbare Rechtsgüter, wie sie der Verurteilung zu Grunde gelegen hätten, darstelle. Ein Fortwirken der die Familie des Klägers schwer belastenden Ausweisungsverfügung sei im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht mehr zu rechtfertigen. Die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG sei gewahrt. Es lasse sich schwer feststellen, wann die spezialpräventive Begründung für die Ausweisung entfallen sei. Das Gericht sei der Auffassung, dass dieser Umstand spätestens nach 15 Jahren seit Verkündung des Urteils des Landgerichts, also am 14. Januar 2014 eingetreten sei.
Zur Begründung der vom Verwaltungsgericht „wegen der nicht abschließend geklärten Anwendbarkeit des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG auf die Ausweisung und der dabei maßgeblichen Grundsätze“ gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sowie mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2015 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend: Der Kläger habe nach der geltenden Rechtslage schon deshalb keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, weil der Gesetzgeber mit § 11 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 AufenthG eine spezielle Rechtsgrundlage für die (zukünftige) Anpassung der Wirkungen der Ausweisung bei Sachverhaltsänderungen, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks maßgebend seien, geschaffen habe. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts laufe im Ergebnis darauf hinaus, dass eine rechtskräftig gerichtlich bestätigte Ausweisungsentscheidung bei nachträglichen Änderungen in der Sachlage unabhängig von der Befristungsentscheidung einer steten Überprüfung unterzogen und damit in ihrer praktischen Konsequenzen nie bestandskräftig werden würde. Dies schließe nach der gesetzlichen Systematik und dem Willen des Gesetzgebers den Rückgriff auf die Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts und damit § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG aus. Selbst wenn man die vorstehende Vorschrift für anwendbar hielte, lägen deren Voraussetzungen nicht vor. Auch die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG sei nicht gewahrt. Schließlich sei die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu beanstanden, weil der Verpflichtungswillen nur über den in den Entscheidungsgründen festgestellten Anspruch auf Aufhebung der Ausweisung mit Wirkung für die Zukunft hinausgehe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Juli 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen.
Er hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, den Schriftsätzen des Beklagten sei nicht zu entnehmen, dass dieser gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung eingelegt habe.
Durch Bescheid vom 30. März 2016 lehnte der Beklagte es unter anderem ab, die Wirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG aufzuheben oder nachträglich weiter zu verkürzen. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies er durch Bescheid vom 2. Mai 2016 zurück. Das dagegen angestrengte Verwaltungsstreitverfahren – VG13 K 131.16 – hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. September 2016 wegen Vorgreiflichkeit des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Ausländerakte des Klägers ergänzend Bezug genommen.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Die bereits vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist mit Schriftsatz des Beklagten vom 19. August 2014 rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass dieser Schriftsatz nicht ausdrücklich als „Berufung“ bezeichnet worden ist. Er lässt nach seinem Inhalt aber keinen Zweifel daran, dass mit ihm das vom Verwaltungsgericht gegen sein Urteil vom 17. Juli 2014 zugelassene Rechtsmittel, nämlich die Berufung, eingelegt werden sollte. Der Schriftsatz enthält ausdrücklich einen Berufungsantrag, der gemäß § 124a Abs. 2 Satz 2 VwGO auch das angefochtene Urteil bezeichnet. Im Übrigen hat auch der Kläger das Rechtsmittel des Beklagten im Sinne einer Berufung verstanden, wie sein Erwiderungsschriftsatz vom 2. September 2014 erkennen lässt. Die erneute Zulassung der Berufung durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2015 ist zwar entbehrlich, aber auch unschädlich. Im Übrigen hat der Beklagte, nachdem ihm dieser Beschluss zugestellt worden war, die Berufung innerhalb der Monatsfrist erneut begründet.
Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat ihn zu Unrecht verpflichtet, die Ausweisungsverfügung des Landeseinwohneramts Berlin vom 29. November 2000 in der Fassung des Widerspruchbescheides dieser Behörde vom 29. Januar 2001 aufzuheben, wobei die Begründung des Urteils trotz des neutral gefassten Tenors keinen Zweifel daran lässt, dass die Aufhebung der Ausweisung mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) erfolgen sollte. Zwar ist die am 21. Juli 2012 erhobene Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig, weil der Beklagte über den Antrag des Klägers vom 6. März 2012 auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Ausweisung nicht entschieden hatte. Die Klage ist aber unbegründet, weil der Kläger ein Wiederaufgreifen des Verfahrens seiner Ausweisung nach § 51 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfG Berlin nicht beanspruchen kann.
Zwar hat das BVerwG mit Urteil vom 3. August 2014 – 1 C 29/02 – für nach ARB 1/80 aufenthaltsberechtigte türkische Staatsangehörige sowie mit Urteil vom 15. November 2007 – 1 C 45.06 – für sämtliche Ausländer entschieden, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich ist. Das rechtfertigt es aber nicht, mit dem Verwaltungsgericht anzunehmen, dass nach der rechtskräftigen Bestätigung der Ausweisung eintretende und für den Fortbestand des Ausweisungszweck relevante Sachverhaltsänderungen ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG rechtfertigen. Denn Sachverhaltsänderungen, die im rechtskräftig abgeschlossenen Anfechtungsprozess noch keine Berücksichtigung finden konnten, weil sie erst später entstanden sind, trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass es vorsieht, die Wirkungen der Ausweisung aufzuheben oder enger zu befristen.
1. Diesbezüglich regelt § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl. I Seite 1386) ausdrücklich, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Abs. 2 (nachträglich) verkürzt werden kann. Gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 AufenthG soll das Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Durch § 11 Abs. 4 AufenthG hat der Gesetzgeber „eine spezielle Rechtsgrundlage zur nachträglichen Verlängerung oder Verkürzung der Frist sowie zur Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots geschaffen. Damit wird für Änderungen der Frist der Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder überflüssig und das Verfahren für die Behörden vereinfacht“. Eine Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann angezeigt sein, wenn Umstände eintreten, die das Gewicht des öffentlichen Interesses, den Ausländer aus dem Bundesgebiet fernzuhalten oder ihm die Erteilung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet vorzuenthalten, verringern. „Eine Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist insbesondere angezeigt, soweit die general- bzw. spezialpräventiven Gründe für die Sperrwirkungen es nicht mehr erfordern oder zur Wahrung der schutzwürdigen Belange des Betroffenen“ (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT.-Drs. 18/4097, Seite 36). Diese § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG verdrängende Spezialregelung trägt den Interessen des Ausländers hinlänglich Rechnung. Sie ermöglicht die sofortige Wiedereinreise des Ausländers und die Erteilung von Aufenthaltstiteln gegebenenfalls auch ohne vorherige Ausreise.
2. Aber auch vor Erlass des § 11 Abs. 4 AufenthG galt nichts wesentlich anderes.
a) Zum einen entsprach es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass in bestimmten Fällen eine vollständige Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung geboten sein konnte. Damit entfiel das Erfordernis einer Fristbestimmung wie auch der Ausreise aus Deutschland. Dies konnte zum einen deshalb geboten sein, weil seit Verfügung einer nicht vollzogenen Ausweisung ein so langer Zeitraum verstrichen war, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehen spezial- oder generalpräventiven Gründe entfallen waren. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG konnte sich aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erforderten. Ein Anspruch auf Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung setzte nicht die vorherige Ausreise des Ausländers voraus. Lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Gründe für die Festsetzung einer Sperre im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG mehr vor, entfiel damit auch das Erfordernis der Ausreise (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. März 2014 – 1 C 2/13 –, juris, Rz. 13,14).
b) Zum anderen hatte das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 4. September 2007, auf das der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 15. Mai 2012 – 11 S 20.12 – (Seite 6 des Entscheidungsabdrucks) und vom 10. Mai 2010 – 11 N 29.09 – (Seite 5 des Entscheidungsabdrucks) hingewiesen hatte, zu dem Verhältnis des Widerrufs einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen ausgeführt, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 VwVfG nach seiner Rechtsprechung jedenfalls dann ausscheide, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen gehe, die für den Fortbestand des Ausweisungzwecks erheblich seien. „In diesen Fällen“ komme auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht in Betracht (– 1 C 21/07 –, juris, Rz. 13, unter Verweis auf Urteil vom 7. Dezember 1990 – 1 C 13.99 –). In seiner späteren Entscheidung vom 22. Oktober 2009 – 1 C 15/08 –, juris, Rz. 39) hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich ausgeführt, dass die Berücksichtigung von Änderungen der Sachlage einer Bescheidung im Rahmen der Befristung nach § 11 AufenthG vorbehalten ist (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. April 2012 – 18 B 355/12 –, Rz. 6, juris,). Soweit sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung darauf beruft, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 22. Oktober 2009 – 1 C 15.08 – und – 1 C 26.08 – § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG auf die Ausweisung angewendet habe, ist dem entgegenzuhalten, dass es insoweit in beiden Verfahren um die rückwirkende Aufhebung der Ausweisung ging.
Auf die vom Beklagten ebenfalls angegriffene Annahme des Verwaltungsgerichts, die Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG sei hier gewahrt, weil sie „spätestens“ nach 15 Jahren seit Verkündung des Urteils des Landgerichts, also am 14. Januar 2014 zu laufen beginne, kommt es nach alledem nicht an.
Ob dem Kläger ein Anspruch auf Aufhebung des durch die Ausweisung bewirkten Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 4 AufenthG zusteht, ist vorliegend nicht zu prüfen. Ein solches Begehren ist Gegenstand der vom Verwaltungsgericht ausgesetzten Klageverfahrens VG 13 K 131.16 gegen den Bescheid des Beklagten vom 30. März 2016 und seinen Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2016 und betrifft einen anderen Streitgegenstand (vgl. diesbezüglich im Übrigen auch BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 – 1 C 27/16 –, Rz. 15, juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.