Gericht | FG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 26.02.2020 | |
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Aktenzeichen | 2 K 2259/17 | ECLI | ECLI:DE:FGBEBB:2020:0226.2K2259.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Unter Änderung des Bescheids für 2015 über Umsatzsteuer vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 699.602,69 € festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 3.214,60 € festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Februar 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf -163.391,41 € festgesetzt; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat März 2016 vom 09.11.2017 wird die Umsatzsteuer auf 91.885,34 € festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Kläger ist ein Zweckverband und hält die Mehrheitsanteile an der B… GmbH. Der Kläger besteht seit dem 01.01.2013 und ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Mitglieder des Klägers sind die Stadt C… (Brandenburg) und die Gemeinde D… (Sachsen). Gemäß § 5 der Verbandssatzung (im Folgenden: VS) des Klägers vom 04.12.2012 mit erster Änderungssatzung vom 30.05.2013 sind die Verbandsversammlung und der Verbandsvorsteher die Organe des Klägers. Der Kläger schloss unstreitig privatrechtliche Verträge mit der B… GmbH ab.
Die beiden Mitgliedskommunen übertrugen dem Kläger nach der Verbandssatzung zahlreiche Aufgaben. Gemäß § 3 Abs. 1 VS handelt es sich um folgende Aufgaben:
- die Abwasserbeseitigung einschließlich Niederschlagswasserentsorgung
entsprechend den gesetzlichen Vorschriften,
- die Brauchwasserversorgung,
- sowie die mit dem Bau und Unterhalt der Straßen zusammenhängenden Aufgaben, die Straßenreinigung einschließlich Winterdienst sowie die Verkehrssicherungspflicht auf den verbandseigenen /Treuhandeigentum bzw. in eigentumsähnlichen Rechten stehenden Straßen. Mit der zweiten Änderungssatzung zur Verbandssatzung vom 23.07.2015 wurde der Aufgabenkreis des Klägers mit Wirkung zum 01.01.2016 erweitert auf die Trinkwasserversorgung und die Wahrnehmung von Aufgaben des Industrieparkmanagements.
Nach § 3 Abs. 2 S. 1 der geänderten Satzung gingen mit Entstehung des Klägers alle Rechte und Pflichten der Verbandsmitglieder zur Erfüllung der übertragenen Aufgaben auf den Kläger über. Dies umfasst auch die Planung, die Erstellung, den Betrieb, den Unterhalt sowie die Erneuerung erforderlicher Anlagen. Um seine Aufgaben zu erfüllen, kann sich der Kläger nach der Satzung Dritter bedienen. Zudem kann er seine Leistungen auch auf privatrechtlicher Basis mit den Verbrauchern oder Einleitern regeln sowie allgemeine privatrechtliche Entgelte erheben bzw. vereinbaren. Die Abwasserbeseitigung für das Gebiet des Klägers ist in der Satzung des Zweckverbandes A… über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 05.02.2013 (im Folgenden: Abwasserbeseitigungssatzung) geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Abwasserbeseitigungssatzung betreibt der Kläger zur Beseitigung des in seinem Gebiet anfallenden Abwassers zentrale Kanalisations- und Abwasseranlagen im Trennsystem als öffentliche Einrichtungen. Er betrieb im Streitzeitraum zwei jeweils rechtlich selbständige öffentliche Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserentsorgung sowie eine rechtlich selbständige öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserentsorgung. Gem. § 1 Abs. 3 Abwasserbeseitigungssatzung kann der Kläger die Abwasserbeseitigung ganz oder teilweise durch Dritte vornehmen lassen. Für die Abwasserbeseitigung von Grundstückseigentümern bestand ein Anschluss- und Benutzungszwang.
Der Anschluss und die Entsorgung gegenüber den Grundstückseigentümern richten sich im Übrigen nach den Allgemeinen Bedingungen für die Entsorgung von Schmutzwasser bzw. Niederschlagswasser (im Folgenden: AEB). Soweit solche nicht erlassen worden sind, richten sich diese Einzelheiten nach abgeschlossenen Einleiterverträgen, § 10 Abwasserbeseitigungssatzung.
Die Trinkwasserversorgung für das Gebiet des Klägers (Aufgabe des Klägers ab dem 01.01.2016) wurde in der Satzung über die Versorgung der Grundstücke mit Trinkwasser und die Anschlussbedingungen an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung im Versorgungsgebiet des Zweckverbandes vom 07.01.2016 geregelt. Diese Fassung der Satzung galt im Streitjahr 2016. Nach der Satzung betrieb der Kläger eine selbstständige öffentlich-rechtliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung in seinem Verbandsgebiet. Gem. § 1 Abs. 4 Trinkwassersatzung ließ der Kläger die Aufgabe der Wasserversorgung durch eine Konzessionärin (die B… GmbH) durchführen. Anschluss und Benutzung bestimmten sich nach der Trinkwassersatzung und im Übrigen nach den Allgemeinen Bedingungen der Konzessionärin. Die Konzessionärin führte die Versorgung auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch. Auch hinsichtlich der Trinkwasserversorgung ist in § 5 Abs. 1 Trinkwassersatzung ein Anschluss- und Benutzungszwang der Grundstückseigentümer festgelegt. Eigentümer der für die Ausübung der (beschriebenen) übertragenen Aufgaben erforderlichen Anlagen war der Kläger. Auch die dazugehörigen Ver- und Entsorgungsnetze sowie die Straßen im Verbandsgebiet standen in seinem Eigentum. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient sich der Kläger der B… GmbH.
Organisation der B… GmbH
Gesellschafter der B… GmbH waren seit dem 12.12.2014 die Stadt C…, die Gemeinde D… sowie der Kläger. Die Beteiligungsverhältnisse gestalteten sich wie folgt:
- Stadt C…: | 39.881,00 € |
- Gemeinde D…: | 10.226,00 € |
- Kläger: | 52.153,00 €. |
Rechnerisch hielt der Kläger damit einen Anteil von rund 51 %. Gemäß § 14 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags ergibt sich die Anzahl der Stimmen aus § 47 Abs. 2 GmbHG. Danach gewährt jeder Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme. Geschäftsführer der B… GmbH war bis 31.12.2015 Herr E…. Mit Wirkung zum 01.01.2016 wurde Herr F… zum Geschäftsführer bestellt und Herr E… abberufen. Seit 01.02.2017 sind Frau G… und Herr F… Geschäftsführer der B… GmbH. Den Geschäftsführern ist das Recht eingeräumt, die B… GmbH jeweils allein zu vertreten sowie Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder als Vertreter Dritter abzuschließen. Mit Beschluss vom 11.12.2014 wurde festgelegt, dass die Geschäftsführung des Klägers durch den Geschäftsführer der B… GmbH erfolgen soll.
Durchführung Abwasserentsorgung sowie Roh- und Brauchwasserversorgung durch die B… GmbH:
Zur Durchführung der Abwasserentsorgung schloss der Kläger mit der B… GmbH einen Konzessionsvertrag und einen Pachtvertrag.
Zum Konzessionsvertrag (im Folgenden: KV):
Die B… GmbH übernahm durch Vertrag vom 29.12.2014 mit dem Kläger für das räumliche Gebiet des A… die Pflicht des Klägers zur leitungsgebundenen Abwasserbeseitigung sowie der Roh- und Brauchwasserversorgung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung im Wege eines Konzessionsvertrages. Die B… GmbH führte die Abwasserbeseitigung sowie die Roh- und Brauchwasserversorgung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch. Hierbei war die B… GmbH den Weisungen des Klägers unterworfen. Der Umfang der Aufgabe bestimmte sich nach der Abwasserbeseitigungspflicht des Klägers. Die B… GmbH übernahm sämtliche Abwässer der Anschlussnehmer und stellte deren gesetzeskonforme Behandlung und Entsorgung sicher. Der Kläger setzte den Anschluss- und Benutzungszwang erforderlichenfalls durch. Die Finanzierung erfolgte, indem die B… GmbH privatrechtliche Niederschlags- und Schmutzwasserentgelte sowie Roh- und Brauchwasserentgelte von den Anschlussnehmern auf Grundlage privatrechtlicher Verträge erhob und zwar zuzüglich Umsatzsteuer, § 12 Abs. 2 KV. Gegenüber den Eigentümern erbrachte die B… GmbH die Leistungen auf Grundlage ihrer Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Schmutzwasserentsorgung (AEB-SW) und ihrer allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Niederschlagswasserentsorgung (AEB-NW) sowie privatrechtlicher Verträge. Zur Roh- und Brauchwasserversorgung schloss sie privatrechtliche Versorgungsverträge mit dem Nutzer. Gleichzeitig trug die B… GmbH sämtliche Abgaben, Beiträge, Versicherungen, Steuern und Gebühren, die unmittelbar die wasser-und abwassertechnischen Anlagen betreffen. Investitionen in die Anlagen der Abwasserentsorgung sowie Roh- und Brauchwasserversorgung nahm die B… GmbH auf Rechnung des Klägers vor, § 7 KV. In der Praxis schloss die B… GmbH derartige Verträge im Namen des Klägers nach dessen vorheriger Zustimmung ab.
Die B… GmbH durfte nach dem Konzessionsvertrag zur Durchführung dieser Aufgaben die Abwasserbehandlungsanlagen sowie Niederschlagswasserentsorgungsanlagen des Klägers benutzen. Sie betrieb diese Anlagen mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln. Hierzu pachtete die B… GmbH die benötigten Anlagen einschließlich aller dazugehörigen Ver- und Entsorgungsnetze, Grundstücke und Straßen vom Kläger. Hierzu schloss der Kläger mit der B… GmbH einen Pachtvertrag über die Abwasserbehandlungsanlagen I und II (im Folgenden: ABA I und ABA II) und der Niederschlagswasserentsorgungsanlage, Roh- und Brauchwasserversorgungsanlage sowie Straßen und Nebenanlagen für das Industriegebiet „H…" ab. Ebenfalls wurden die Straßen sowie die Straßenbeleuchtung an die B… GmbH verpachtet.
Die gepachtete Anlage ABA II durfte die B… GmbH zur Entsorgung von verunreinigtem bzw. kontaminiertem Wasser aus der Grundwasserreinigung im Industriepark nutzen. Hierbei ging es um die Entsorgung kontaminierter Grundwässer. Für die Erteilung dieser Erlaubnis erhielt der Kläger ein Nutzungsentgelt.
Seit 01.01.2016 war der Kläger laut seiner Satzung für die Trinkwasserversorgung im Industriepark A… zuständig. Am 19.02.2016 erfolgte eine Ergänzung des Konzessionsvertrags. Mit dieser Ergänzung übernahm die B… GmbH gegenüber dem Kläger die Wahrnehmung der Trinkwasserversorgung. Die Regelungen des Konzessionsvertrages die Abwasserentsorgung betreffend sollten auch für die Trinkwasserversorgung gelten. Investitionen in die Anlagen der Wasserversorgung nahm die B… GmbH für den Kläger vor. Auch insoweit erfolgte eine Vertretung des Klägers durch die B… GmbH beim Abschluss entsprechender Verträge. Auch bezüglich der Trinkwasserversorgung schloss die B… GmbH mit den Grundstückseigentümern privatrechtliche Verträge auf Grundlage ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Trinkwasserversorgung (AVB-TW).
Der Kläger und die B… GmbH einigten sich auf einen ersten Nachtrag zum Pachtvertrag vom 29.12.2014 über die Abwasserbehandlungsanlagen I und II (ABA I und ABA II) und der Niederschlagswasserentsorgungsanlage, Roh- und Brauchwasserversorgungsanlage, der Trinkwasserversorgungsanlage einschließlich Netze sowie Straßen und Nebenanlagen für das Industriegebiet „H…". In der Präambel dieses Nachtrags wird auf die seit dem 01.01.2016 bestehende Trinkwasserversorgungspflicht des Klägers hingewiesen. Der Pachtgegenstand wurde um die Trinkwasserversorgungsanlage einschließlich der dazugehörigen Netze erweitert.
Der Kläger vertrat bereits im Besteuerungsverfahren die Auffassung, dass zwischen ihm und der B… GmbH eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestehe. Diese umfasse auch die von der B… GmbH als Pächterin zu zahlenden Entgelte. Daher behandelt der Kläger die Pachten als nicht steuerbare Innenumsätze. Aufgrund der seiner Meinung nach ausschließlich steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsleistungen der B… GmbH nahm der Kläger den vollen Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen vor, welche sich auf Investitionen in die Abwasserentsorgungsanlagen, Wasserversorgungsanlagen sowie das Straßenwegenetz mit den entsprechenden Medien bezogen. Gleichzeitig versteuerte er die in den Ausgangsrechnungen der B… GmbH ausgewiesenen Leistungen. Insbesondere versteuerte der Kläger nach seiner Darstellung:
- auf Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 3.491.644,10 € (Schmutzwasser) + 440.303,08 € (Niederschlagswasser) = 3.931.947,18 € (2015) und 5.206.457,40 € (Schmutzwasser) + 447.894,29 € (Niederschlagswasser) = 5.654.351,69 € (2016) Ausgangsleistungen in Form der Abwasserentsorgung der B… GmbH gegenüber Grundstückseigentümern;
- auf Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 139.148,89 € (2016) Ausgangsleistungen der B… GmbH in Form der Trinkwasserversorgung;
- auf Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 179.360,00 € (2015) und 185.810,52 € (2016) Ausgangsleistungen der B… GmbH in Form der Roh- und Brauchwasserversorgung zum Steuersatz von 19 %;
- auf Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 518.390,28 € (2015) und 520.683,81 € (2016) Ausgangsleistungen der B… GmbH in Form der Rohwasserversorgung (gemeint wohl Trinkwasserversorgung) zum Steuersatz von 7 %;
- auf Grundlage einer Bemessungsgrundlage von 979.109,25 € (2015) und 1.112.120,84 € (2016) weitere Ausgangsleistungen der B… GmbH in Form sonstiger Leistungen.
Straßenbewirtschaftung durch die I… AG
Das im Industriepark A… gelegene Straßenwegenetz stand ebenso wie dazugehörige Medien z. B. Trinkwasser- und Abwasserleitungen im Eigentum des Klägers. Bis zum 31.12.2012 war zum Teil noch die B… GmbH treuhänderisch Eigentümer des Straßenwegenetzes für die Gemeinde D… sowie Stadt C…. In der Funktion als Treuhänderin errichtete bzw. sanierte die B… GmbH Erschließungsanlagen im Industriegebiet H…. Umfasst davon waren die Infrastrukturanlagen. Mit Wirkung zum 01.01.2013 erfolgte die Vermögensübertragung von der Gemeinde D… sowie der Stadt C… auf den Kläger. Durch einen Nachtrag zum ursprünglichen Treuhandvertrag vom 20.12.2013 fassten der Kläger und die B… GmbH den Treuhandvertrag neu. Die Aufgaben der B… GmbH liegen gemäß § 3 Abs. 2 der Neufassung des Vertrags vor allem im Betrieb und der Betriebsprüfung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung inklusive der Netze, in der Straßenbewirtschaftung, im Industrieparkmanagement sowie in der Beratung aller „Beteiligten" im Industriepark. Die B… GmbH handelte dabei im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung (§ 4 der Neufassung des Treuhändervertrags). Finanzielle Mittel aus ihrer Stellung als Treuhänderin hat die B… GmbH gesondert zu verwalten, § 6 Abs. 2, 5 der Neufassung des Treuhandvertrags). Die B… GmbH erhielt von dem Kläger eine Vergütung für ihre Tätigkeit, § 8 Abs. 1 der Neufassung des Treuhändervertrags. Der Betrieb der Straßen und der übrigen Medienleitungen ist nach § 3 Abs. 2 des Treuhandvertrags Aufgabe der B… GmbH. Straßen und Medienleitungen waren der B… GmbH verpachtet. Zum Betrieb der Straßen schloss die B… GmbH zwei Betriebsverträge mit der I… AG. Außerdem schloss sie mit der I… AG zwei Nutzungsüberlassungsverträge. Investitionen in die Straßen und Medienleitungen tätigte der Kläger in den Streitjahren selbst.
Abschluss Betriebsvertrag
Die B… GmbH schloss mit der I… AG im Jahr 2004 Betreiberverträge für die Infrastrukturanlagen ab. Die B… GmbH handelte dabei im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Stadt C…. Nach beiden Betreiberverträgen obliegt der I… AG der Betrieb der Straßen und dazugehöriger Medienflächen. Die B… GmbH zahlt der I… AG ein Entgelt zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer für diese Tätigkeit. Durch die Nachträge zu den Betreiberverträgen erfolgte jeweils eine räumliche Ausweitung der Tätigkeit der I… AG. Dieses Betriebsführungsentgelt ersetzte der Kläger der B… GmbH, wobei in den Rechnungen zwischen B… GmbH und Kläger keine Umsatzsteuer ausgewiesen wurde.
Nutzungsüberlassungsverträge
Ebenfalls im Jahr 2004 schlossen die B… GmbH und die I… AG Nutzungsverträge über die Infrastrukturanlagen ab. Die B… GmbH handelte dabei im eigenen Namen aber auf Rechnung der Stadt C…. Durch beide Nutzungsverträge räumt die B… GmbH der I… AG das Recht auf Nutzung vertraglich genau bestimmter Infrastrukturanlagen ein. Hierbei handelt es sich vor allem um Straßen und darunter verlaufende Leitungen. Die Straßen sind nicht dem öffentlichen Gebrauch gewidmet. Die Nachträge zu den beiden Nutzungsverträgen beziehen sich auf den Umfang der Nutzungsüberlassung durch die B… GmbH bzw. auf Anpassungen des vereinbarten Entgelts als Gegenleistung der Nutzungsüberlassung. Die I… AG entrichtete die Zahlungen zzgl. Umsatzsteuer für die Nutzungsüberlassung unmittelbar an den Kläger
Investitionen
Soweit Investitionen in die Infrastrukturanlagen notwendig waren, tätigte der Kläger diese im eigenen Namen. Dementsprechend war er Empfänger der entsprechenden Eingangsleistungen Dritter. Der Dritte übersandte dem Kläger Rechnungen unter Ausweis von Umsatzsteuer.
Der Kläger machte aufgrund der seiner Meinung nach mit der B… GmbH umfassend bestehenden Organschaft den Vorsteuerabzug aus den Betriebsleistungen der I… AG geltend. Außerdem hat der Kläger den Vorsteuerabzug aus den Investitionen geltend gemacht. Der Kläger hat die von der B… GmbH durch die Nutzungsüberlassung an die I… AG entstandene Umsatzsteuer an die Finanzverwaltung abgeführt. Der Beklagte sah hinsichtlich der Übertragung des Betriebs der Straßenbewirtschaftung und der Bewirtschaftung der Medienleitungen auf die I… AG eine wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers nicht als gegeben an, da es sich seiner Meinung nach um eine vermögensverwaltende Tätigkeit handele. Er versagte den entsprechenden Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für Neubau- bzw. Modernisierungsmaßnahmen der Infrastrukturanlagen in Sachsen und Brandenburg. Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen über die Betriebsführung durch die I… AG erkannte er ebenfalls nicht an.
Der Beklagte vertrat im Verwaltungsverfahren die Auffassung, dass sich die Folgen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ausschließlich auf den unternehmerischen Bereich des Klägers erstrecken. Da die Abwasserentsorgung dem Hoheitsbereich zuzurechnen sei, sei die Verpachtung der Abwasserentsorgungsanlagen keine unternehmerische Tätigkeit. Insoweit bestehe keine Organschaft. Daher bestünde kein Vorsteuerabzug aus Aufwendungen des Klägers für die Abwasserentsorgungsanlagen ABA I und ABA II.
Die Auffassung der Prüferin zur umsatzsteuerlichen Organschaft sind in Tz. 16 des Prüfungsberichts vom 24.10.2017 (Bl. 14 der Gerichtsakte) niedergelegt. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger zu 51 % an der B… GmbH beteiligt sei und im Prüfungszeitraum Personenidentität zwischen dem Geschäftsführer der Organgesellschaft und dem Verbandsvorsteher des Klägers bestanden habe. Die Voraussetzungen der finanziellen und organisatorischen Eingliederung seien erfüllt. Eine wirtschaftliche Eingliederung sei aber nur insoweit gegeben, als der Kläger Unternehmer sei.
Hinsichtlich der Versorgung (Trinkwasser, Abwasser, Strom, Gas, Telekommunikation) und Straßenbewirtschaftung kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich der Überlassung eines gesamten Leitungsnetzes an einen rechtlich selbständigen Versorger grundsätzlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit gegeben sei, die regelmäßig die Tatbestände eines Verpachtungsbetriebs gewerblicher Art erfülle. Hinsichtlich der Abwasserleitungen und Abwasseranlagen verhalte es sich anders, da diese dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen seien. Die Straßenüberlassung an die I… AG stelle ebenso eine Vermögensverwaltung dar. Wegen fehlender Entgeltserhebung für die Straßenbenutzung an die Firmen durch den Eigentümer bzw. Betreiber sei allein aus Gewichtigkeitsgrenzen auch eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne eines Verpachtungsbetriebs gewerblicher Art zu verneinen. Es habe insoweit eine Minderung der Umsätze zu 19 % für 2015 um gerundet 138.825 € stattzufinden. Gleichzeitig sei eine Steuer nach § 14c Umsatzsteuergesetz –UStG – i.H.v. 26.376,70 festzusetzen (Bl. 17 der Gerichtsakte). Auch für die Voranmeldungszeiträume 01-03/2016 seien die Vorsteuern zu mindern, und zwar um: 4.720,19 € (01/2016), 108.793,27 € (02/2016) sowie 3.330,53 € (03/2016). Wegen der weiteren Einzelheiten der Änderung wird auf Tz. 18 des Berichtes Bezug genommen (Bl. 17 und 18 der Gerichtsakte).
Der Kläger meint, dass ihm der Vorsteuerabzug aus seinen Aufwendungen für die Abwasserbeseitigungsanlagen, die Erweiterung und Erneuerung der Infrastrukturanlagen sowie die Betriebsführung gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG zustehe. Er habe diese Eingangsleistungen für sein Unternehmen empfangen. Sein Unternehmen umfasse auch die B… GmbH. Die B… GmbH nutzte die Eingangsleistungen unmittelbar für steuerpflichtige Ausgangsleistungen der Abwasserentsorgung und der entgeltlichen Nutzungsüberlassung von Infrastrukturanlagen an die I… AG. Die B… GmbH sei seine Organgesellschaft. Auch nach Ansicht des Beklagten habe er einen unternehmerischen Bereich (Wasserversorgung). Dieser unternehmerische Bereich sei mit der B… GmbH wirtschaftlich verflochten. Insoweit bestehe unstrittig eine Organschaft. Selbst wenn er darüber hinaus Leistungen im Rahmen der Abwasserentsorgung sowie der Infrastrukturanlagen in einem seiner Auffassung nach nicht bestehenden nicht-wirtschaftlichen Bereich erbringen sollte, wäre die B… GmbH vollständig in ihn eingegliedert. Jedenfalls handele es sich bei der Verpachtung der Abwasserbeseitigungsanlagen sowie der Infrastrukturanlagen um keinen Hoheitsbetrieb. Vielmehr lägen wirtschaftliche Tätigkeiten auf Grundlage privatrechtlicher Verträge vor. Daher bestehe zwischen ihm und der B… GmbH insgesamt eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Die steuerpflichtigen Eingangsleistungen stünden in unmittelbarem Zusammenhang mit den Ausgangsleistungen der B… GmbH. Er und die B… GmbH empfingen die Eingangsleistungen daher für sein Unternehmen. Aufgrund derartiger privatrechtlicher Verträge sei der Umsatzsteuerausweis gegenüber der I… AG richtig. Zumindest wären die Umsätze der B… GmbH aus den Umsatzsteuerfestsetzungen gegen ihn herauszurechnen.
Er sei tauglicher Organträger und die B… GmbH sei in ihn eingegliedert. Die umsatzsteuerrechtliche Organschaft erstrecke sich auf seine Gesamttätigkeit. Auf die Frage, inwieweit er Unternehmer sei, komme es insofern nicht an. Auch die Verpachtung der Abwasserbeseitigungsanlagen sei daher unabhängig von ihrer Einordnung vom Organkreis umfasst. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts sei er geeigneter Organträger. Er übe die erforderliche wirtschaftliche Tätigkeit aus. Bereits durch die Verpachtung von Trinkwasser- sowie Roh- und Brauchwasserversorgungsanlagen an die B… GmbH liege zwischen den Beteiligten unstrittig eine unternehmerische Tätigkeit seinerseits vor. Durch die Verpachtung der für den Betrieb der Versorgungsbetriebe notwendigen Anlagen unterhalte er nunmehr einen Betrieb gewerblicher Art (im Folgenden: BgA) in der Form einer Verpachtungs-BgA im Sinne von § 2 Abs. 3 UStG, 4 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz – KStG –. Diese Verpachtungs-BgA erstrecke sich jedenfalls auf die erfolgte Verpachtung der Trinkwasserversorgungs- sowie Roh- und Brauchwasserversorgungsanlage. Die Umsätze seien als Innenumsätze im Ergebnis nicht steuerbar. Die finanzielle Eingliederung der B… GmbH ergebe sich aus der Inhaberschaft der Mehrheit seiner Stimmrechte an der B… GmbH. Die organisatorische Eingliederung ergebe sich aus der Geschäftsführeridentität zwischen ihm und der B… GmbH. Die wirtschaftliche Eingliederung setze eine wirtschaftliche Tätigkeit der Organgesellschaft in engem wirtschaftlichen Zusammenhang zum Gesamtunternehmen voraus. Die B… GmbH erbringe umfangreiche Leistungen im Bereich der Abwasserbeseitigung, der Wasserversorgung sowie dem Straßenunterhalt an ihn. Seine wirtschaftliche Tätigkeit liege vor allem in der Verpachtung der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen. Einerseits nutze die B… GmbH die von ihm gepachteten Anlagen für ihre Ausgangsleistungen. Andererseits erfülle die B… GmbH durch ihre Ausgangsleistungen eine seiner Aufgaben. Ohne Einschaltung der B… GmbH würde er bei dieser Aufgabenerfüllung selbst eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (vgl. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 i. V. m. Anhang I Ziff. 2 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – MwSt-SystRL –). Soweit der Beklagte im Zusammenhang mit der Verpachtung der Abwasserbeseitigungsanlagen die Regelungen aus den Körperschaftsteuerrichtlinien – KStR – 2015 anführe, seien diese für das Gericht nicht bindend.
Auf die Frage, ob und inwieweit er neben seinem wirtschaftlichen Bereich auch einen nicht wirtschaftlichen Bereich unterhalte, komme es nicht an. Der Bundesfinanzhof – BFH – habe bereits festgestellt, dass eine umsatzsteuerrechtliche Teilorganschaft nicht möglich sei (so BFH, Urteil vom 20.08.2009 V R 30/06, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2010, 863). Bei den Leistungen in den nichtwirtschaftlichen Bereich handele es sich um nicht steuerbare Innenleistungen, wenn die Organschaft durch eine wirtschaftliche Verflechtung mit dem unternehmerischen Bereich der juristischen Person des öffentlichen Rechts – jPöR – begründet sei. Weiterhin habe der BFH auch in einer aktuellen Entscheidung eine partielle Organschaft abgelehnt (so BFH, Urteil vom 22.02.2017 XI R 13/15, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2017, 464, Rn. 50).
Entgegen der Meinung des Beklagten bezögen sich die Sätze 2 und 3 von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG lediglich auf das Verhältnis von inländischen zu ausländischen Unternehmensteilen im Zusammenhang mit der Organschaft. Dies werde aus dem Wortlaut „den im Inland gelegenen Unternehmensteilen" (Satz 2) und „Diese Unternehmensteile" (Satz 3) unmittelbar deutlich. Beide Sätze bezögen sich nicht auf die Frage, ob ein ausschließlich im Inland gelegenes Rechtssubjekt lediglich partiell Mitglied einer Organschaft sein könne. Aus dem Wortlaut folge daher nicht, dass eine Tochtergesellschaft nur mit ihrem unternehmerischen Teil in den Organträger eingegliedert sein könne. Sie sei entweder vollständig oder gar nicht eingegliedert. Der vom Beklagten gezogene Umkehrschluss könne daher erst recht nicht gezogen werden.
Hinzu komme gerade im vorliegenden Fall Folgendes: Die B… GmbH erbringe Leistungen der Schmutzwasserentsorgung, der Brauchwasser- und (seit 01.01.2016) Trinkwasserversorgung gegenüber ihren Kunden. Beide Leistungen seien umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Wäre die Auffassung des Beklagten richtig, wäre umsatzsteuerrechtlich leistender Unternehmer im Rahmen der Brauchwasserversorgung er – der Kläger – und leistender Unternehmer der Schmutzwasserentsorgung die B… GmbH. Dies wäre der Fall, obwohl zivilrechtlich beide Leistungen unstrittig von der B… GmbH erbracht würden. Grundsatz des Umsatzsteuergesetzes sei die Einheit des Unternehmens. Ein Rechtssubjekt könne nicht in zwei Unternehmen aufgeteilt sein. Wie das Beispiel zeige, wäre aber gerade dies die Folge der Rechtsansicht des Beklagten. Auf die in der Klagebegründung zitierten Urteile des BFH vom 20.08.2009 - V R 30/06, BStBl. II 2010, 863 sowie vom 22.02.2017 XI R 13/15, UR 2017, 464 gehe der Beklagte nicht ein. Darin habe der BFH der partiellen Organschaft eine klare Absage erteilt.
Auch eine Entnahmebesteuerung komme nicht in Betracht. Die Regelungen über die Entnahmebesteuerung erstreckten sich nur auf Tätigkeiten für unternehmensfremde und private Zwecke, vgl. Art. 26 Abs. 1 MwSt-SystRL. Bei einer Verwendung für nicht wirtschaftliche Tätigkeiten i. e. S. griffen die Vorschriften dagegen nicht. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs –EuGH – (Urteil vom 15.09.2016 Rs. C-400/15, BFH/NV2016, 1870, Landkreis Potsdam-Mittelmark). Dieser Differenzierung des EuGH habe sich der BFH angeschlossen (BFH, Urteil vom 16.11.2016 XI R 15/13, BStBl. II 2018, 237, Rn. 25ff.). Sollte er einen hoheitlichen Bereich haben, wäre dieser Teil des nicht-wirtschaftlichen Bereichs im engeren Sinn.
Der Beklagte zitiere in Bezug auf die unentgeltliche Wertabgabe lediglich einige Vorschriften des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses – UStAE –. Er setzt sich nicht inhaltlich mit seiner Argumentation aus der Klagebegründung vom 08.05.2018 auseinander. Die vom Beklagten angeführte Entnahmebesteuerung bei einer Verwendung von Gegenständen für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinne dürfe das nationale Recht nicht vorsehen. Im Übrigen komme es zu einer derartigen Entnahme gar nicht. Sein Unternehmen umfasse auch die unternehmerischen Tätigkeiten der B… GmbH. Selbst wenn man entgegen diesen Ausführungen dem Gedanken des Beklagten folgte, dass er einen Hoheitsbereich „Abwasserentsorgung" habe, ergäbe sich nichts Anderes. Da eine partielle Organschaft nicht möglich sei, sei die B… GmbH vollständig in ihn eingegliedert. Seine Außenumsätze seien in diesem Fall ausschließlich steuerpflichtige Leistungen. Es käme daher auch insoweit zu keinen „Entnahmen" für den nichtwirtschaftlichen Bereich im engeren Sinne.
Sollte das Gericht nicht die Auffassung teilen, dass sich die Organschaft auch auf nicht wirtschaftliche Bereiche erstrecke, so begründe jedenfalls die Verpachtung der Anlagen für die Abwasserbeseitigung eine unternehmerische Tätigkeit seinerseits. Er handele insoweit auf privatrechtlicher Grundlage. Gleiches gelte für die Nutzungsüberlassung der Infrastrukturanlagen. Hierdurch sei die B… GmbH auch insoweit in seinen unternehmerischen Bereich eingegliedert
Ob eine jPöR unternehmerisch tätig sei, richte sich nach § 2 Abs. 3 UStG a. F. Die Vorschrift sei dabei richtlinienkonform auszulegen. Handele eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wie er auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, komme es nach ständiger Rechtsprechung für die Annahme einer wirtschaftlichen, also unternehmerischen Tätigkeit nicht auf weitere Voraussetzungen an. Die Frage, ob Wettbewerb zu Dritten bestehe, könne dann dahinstehen. Handele die juristische Person des öffentlichen Rechts auf öffentlich-rechtlicher Grundlage sei sie trotzdem unternehmerisch tätig, wenn es anderenfalls zu größeren Wettbewerbsverzerrungen komme. Die Nutzungsüberlassung sämtlicher Anlagen für die Abwasserentsorgung sei im Wege eines Pachtvertrags vereinbart worden. Ein solcher richte sich materiell-rechtlich nach den Bestimmungen des Zivilrechts (§§ 581 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB –) und sei unzweifelhaft privatrechtlicher Natur. Folglich sei - unter Ausblendung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft - eine steuerbare Verpachtung und kein Hoheitsbetrieb seinerseits gegeben. Die Verpachtung der Infrastrukturanlagen an die B… GmbH erfolge ebenfalls auf privatrechtlicher Grundlage. Sollte dieser Verpachtung nicht der Pachtvertrag selbst zugrunde liegen, läge der Treuhandvertrag zwischen ihm und der B… GmbH zugrunde. Indem er der B… GmbH die Abwasserbeseitigungs- und Infrastrukturanlagen verpachte, begründe er eine unternehmerische Tätigkeit. Die B… GmbH sei in seinem unternehmerischen Bereich. Sie nutze die Anlagen für ihre eigenen steuerbaren Ausgangsleistungen. Es handele sich um Leistungen von erheblichem Gewicht. Die Anlagen bildeten für die B… GmbH die Grundlage ihrer Tätigkeit entsprechend einem Betriebsgrundstück.
Der Beklagte berufe sich darauf, dass seine Tätigkeit der Abwasserentsorgung hoheitlich ausgeführt werde. Gleiches bringe der Beklagte auf S. 3 (letzter Absatz) der Klageerwiderung vor. Er nehme aber selbst keine Abwasserentsorgung vor. Er verpachte lediglich die dafür notwendigen Anlagen an die B… GmbH. Diese B… GmbH nehme die Abwasserentsorgung vor. Die Aufgabe selbst stelle keine Leistung dar. Es komme daher vorliegend nicht darauf an, ob eine Abwasserentsorgung durch ihn hoheitlich wäre. Es komme ausschließlich darauf an, dass die Verpachtung von Gegenständen privatrechtlich erfolge.
Die von dem ihm bezogenen Eingangsleistungen seien steuerpflichtigen Ausgangsleistungen der B… GmbH unmittelbar zuzurechnen. Die B… GmbH erbringe unstrittig steuerpflichtige Ausgangsleistungen in Form der Abwasserentsorgung. Um das Abwasser der Eigentümer entsorgen zu können, benötige die B… GmbH seine funktionsfähigen Abwasserentsorgungsanlagen. Die Eingangsleistungen, welche sich auf die Abwasserentsorgungsanlagen bezögen, stünden daher in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen steuerbaren Ausgangsleistungen.
Der Beklagte sei unzutreffend der Auffassung, es handele sich bei der Verpachtung der Abwasserbeseitigungsanlagen und der Abwasserleitungen um ein Hilfsgeschäft zu einer hoheitlichen Tätigkeit, nämlich der Hauptleistung Abwasserentsorgung (S. 4 f.). Ein Hilfsgeschäft (oder eine Nebenleistung) könne es nur zu einer Hauptleistung des-selben Unternehmers geben. Die Abwasserentsorgung werde aber durch einen anderen Unternehmer, nämlich die B… GmbH ausgeführt. Die Abwasserentsorgung sei außerdem aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nicht zwingend Teil einer hoheitlichen Tätigkeit. Neben seiner Abwasserbeseitigungssatzung bestünden allgemeine Bedingungen für die Entsorgung von Schmutzwasser bzw. Niederschlagswasser. Würde er nicht die B… GmbH bei der Abwasserentsorgung einschalten, wäre er im Rahmen des „Wie" der Tätigkeit gegenüber den Nutzern auf privatrechtlicher Grundlage (nämlich den Allgemeinen Bedingungen für die Entsorgung von Schmutzwasser bzw. Niederschlagswasser) tätig. Er wäre somit nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig. Den vom Beklagten angenommenen Hoheitsbetrieb gäbe es auch in diesem Fall nicht.
Dass es zur Abgrenzung von hoheitlichen Tätigkeiten allein auf Wettbewerb ankomme, sei nicht richtig. Entscheidend sei neben fehlendem Wettbewerb auch ein Tätigwerden auf einer öffentlich-rechtlichen Handlungsgrundlage. Gerade an dieser Voraussetzung fehle es vorliegend. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe auch ein Wettbewerb zwischen ihm und privaten Dritten bei seiner Verpachtungsleistung.
Außerdem könne ein Hoheitsbetrieb zumindest aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nur auf Grundlage von erbrachten Leistungen entstehen. Anderenfalls würde es sich nicht um einen „Betrieb" handeln. Er erbringe im Zusammenhang mit der Abwasserentsorgung ausschließlich Verpachtungsleistungen. Hierbei handele es sich um Leistungen auf Grundlage zivilrechtlicher Verträge. Weiterhin spreche der Beklagte von einer „eigentlich(e) umsatzsteuerrechtliche(n) Beurteilung eines Hoheitsbetriebs in Abhängigkeit von der ertragsteuerechtlichen Einordnung eines BgA", die ausgehebelt werde. Eine derartige Abhängigkeit des Umsatzsteuerrechts vom Körperschaftsteuerrecht gebe es nicht. Der BFH habe in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass es entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung zum Körperschaftsteuerrecht keine 30.678 / 35.000 €-Grenze, keine Vermögensverwaltung und keine Beistandsleistungen gebe. Der BFH lege § 2 Abs. 3 UStG i. V. m. § 4 KStG umsatzsteuerrechtlich autonom aus. Da es bereits an einer öffentlich-rechtlichen Leistung fehle, könne die Verpachtung mit einer solchen keine einheitliche Leistung darstellen.
Die Infrastrukturanlagen schließlich überlasse die B… GmbH steuerpflichtig an die I… AG. Diese müssten einerseits instandgehalten werden, damit die B… GmbH ihre Pflichten gegenüber der I… AG erfüllen könne. Hierfür beziehe er – der Kläger – Eingangsleistungen. Außerdem stünden Verpachtung und Betriebsführung durch die I… AG ebenfalls in engem Zusammenhang. Sie seien aufeinander bezogen. Durch den dargestellten jeweiligen unmittelbaren Zusammenhang beziehe er die Leistungen für sein Unternehmen.
Die B… GmbH überlasse die Infrastrukturanlagen der I… AG zur Nutzung. Hierbei handele es sich jedenfalls um einen steuerbaren Ausgangsumsatz. Er sei auch insoweit Organträger. Einerseits sei eine partielle Organschaft nicht möglich. Selbst wenn eine solche möglich sein sollte, wäre er gegenüber der B… GmbH nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt tätig. Es handele sich insoweit nicht um § 14c UStG-Rechnungen.
Ergänzend sei zu der Frage der Verpachtung von Straßen und Nebenanlagen auszuführen, dass der Beklagte der Auffassung sei, es fehle an einer unternehmerischen Tätigkeit, da sein Pächter mit den Straßen weniger als 35.000 € Umsatz erziele. In diesem Zusammenhang sei es verwunderlich, dass der Beklagte nicht entsprechend BMF-Schreiben vom 27.07.2017, BStBl. II 2017, 1239 von den Grundsätzen der Rechtsprechung ausgehe. Wie bereits angeführt, sei eine derartige Umsatzgrenze für den BFH nicht entscheidend. Entscheidend sei die Verpachtung auf zivilrechtlicher Grundlage. Außerdem sei es nicht richtig, für die Beurteilung seiner Leistung auf die Verwendung der Leistung beim Leistungsempfänger abzustellen. Dies möge körperschaftsteuerrechtlich vielleicht möglich sein, umsatzsteuerrechtlich widerspreche es der Systematik des Umsatzsteuerrechts. Soweit man, wie der Beklagte meine, auf Umsatzerlöse abstellen möchte, könne es nur auf seine Umsätze ankommen. Er erziele pro Jahr 60.000 € Pachterlöse. Die I… AG als Pächterin, die ausschließlich unternehmerisch tätig sei, nutze die Straßen für ihr Unternehmen.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2019 hat der Kläger auf Anfrage mitgeteilt, dass die B… GmbH aus der Schmutzwasserentsorgung Umsätze in Höhe von 3.491.644,10 € im Jahr 2015, in Höhe von 326.240,98 € im Februar 2016 und in Höhe von 486.456,40 € im März 2016 erzielt habe. Im Januar 2016 habe es keine entsprechenden Einnahmen gegeben. Die B… GmbH habe aus der Niederschlagswasserentsorgung Umsätze in Höhe von 440.303,08 € im Jahr 2015 und 31.420,47 € im Januar 2016, 34,364,97 € im Februar 2016 sowie 4.707,47 € im März 2016 erzielt. Bei diesen Beträgen handele es sich jeweils um Nettobeträge. Die darauf entfallende Umsatzsteuer (19 %) habe er in seinen Umsatzsteuererklärungen berücksichtigt.
Aus der Straßenüberlassung erhalte die B… GmbH keine Zahlungen unmittelbar von der I… AG. Die I… AG habe im Jahr 2015 vielmehr an den Zweckverband Zahlungen in Höhe von 152.412,00 € und im ersten Quartal 2016 Zahlungen in Höhe von 76.206,00 € sowie jeweils 38.103,00 im Januar 2016 und März 2016 €) an den Zweckverband (jeweils netto) entrichtet. Die darauf entfallende Umsatzsteuer (19 %) habe er in seiner Umsatzsteuerjahreserklärung 2015 und den Umsatzsteuervoranmeldungen Januar 2016 und März 2016 berücksichtigt.
Nach seiner Auffassung komme es auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung nicht darauf an, ob Umsatzgrenzen im Rahmen der Straßenüberlassung überschritten seien. Er erhalte von der I… AG 14.583,00 € pro Quartal, also 58.332,00 € pro Jahr, allein für die Straßenüberlassung gezahlt. Zusätzlich erhalte er 60.000,00 € von der B… GmbH gezahlt. Wegen der Einzelheiten des Schriftsatzes vom 09.12.2019 wird auf diesen Bezug genommen.
Der Beklagte habe in seinem Schriftsatz vom 03.12.2019 die Fragestellung der Verfügung des Finanzgerichts vom 04.11.2019 nicht beantwortet. Das Gericht habe um Mitteilung von „konkreten hoheitlichen Tätigkeitsformen" gebeten. Der Beklagte habe lediglich die Abwasserentsorgung und damit im Zusammenhang stehende Überlassungen der Abwasseranlagen und Leitungsanlagen als hoheitliche Tätigkeiten benannt. Die Abwasserentsorgung selbst sei keine Tätigkeit von ihm – dem Kläger – (sondern eine solche der B… GmbH). Seine einzige Tätigkeit sei die Überlassung von Abwasser- und Leitungsanlagen. Die Überlassung derartiger Anlagen sei eine Vermietung und keine hoheitliche Tätigkeit. Insbesondere versäume der Beklagte vorzutragen, warum privatrechtlich ausgestaltete Nutzungsüberlassungen dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sein sollten.
Ob eine jPöR unternehmerisch tätig ist, richte sich nach der ständigen Rechtsprechung nach § 2 Abs. 3 UStG a. F.; § 2 Abs. 3 UStG a. F. sei dabei richtlinienkonform auszulegen. Handele eine KdöR, wie er, auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, komme es nach ständiger Rechtsprechung des BFH für die Annahme einer wirtschaftlichen, also unternehmerischen Tätigkeit nicht auf weitere Voraussetzungen an. Der Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen sein sollte. Der zwischen ihm und der B… GmbH als Grundlage der Abwasser- und Leitungsanlagenüberlassung geschlossene Vertrag sei als Pachtvertrag unzweifelhaft privatrechtlicher Natur. Für die Straßenüberlassung gestehe der Beklagte ausdrücklich zu, dass es sich dabei nicht um eine hoheitliche Tätigkeit handelte. Vielmehr liege eine Vermögensverwaltung vor. Die neuere Rechtsprechung des BFH behandele die Vermietung und die Verpachtung von unbeweglichem Vermögen (Vermögensverwaltung i. S. v. §14 S. 3 Abgabenordnung – AO –) als steuerbare Leistung (BFH, Urteil v. 20.08.2009 - V R 70/05, BStBl. II 2017, 825, Rn. 34 ff. für Büroraum- und Stellplatzüberlassung, wobei das Finanzamt laut Rn. 5 des Urteils ausdrücklich eine Vermögensverwaltung einer IHK angenommen hatte; Urt. v. 15.04.2010 - VR 10/09, BStBl. II 2017, 863, Rn. 25). Er habe demnach im Rahmen der Straßenüberlassung als Unternehmer gehandelt. Soweit der Beklagte eine andere Auffassung vertrete, leite er diese aus körperschaftsteuerrechtlichen Grundsätzen ab.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Bescheids für 2015 über Umsatzsteuer vom 09.11.2017 die Umsatzsteuer auf 699.602,69 € festzusetzen; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2016 vom 09.11.2017 die Umsatzsteuer auf 3.214,60 € festzusetzen; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Februar 2016 vom 09.11.2017 die Umsatzsteuer auf -163.391,41 € festzusetzen; unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat März 2016 vom 09.11.2017 die Umsatzsteuer auf 91.885,34 € festzusetzen; sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, sowie hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Tätigkeit der Abwasserentsorgung des Klägers werde – so der Beklagte – hoheitlich ausgeführt, es handele sich nicht um einen BgA des Klägers. Auch aus der Verpachtung der Abwasseranlagen und des Abwasserleitungsnetzes entstehe kein Verpachtungs-BgA, die Verpachtung sei dem Hoheitsbereich zuzurechnen. Dieser Hoheitsbereich der Abwasserentsorgung des Klägers als nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne stelle einen nichtunternehmerischen Teil des Klägers dar, welcher nicht vom umsatzsteuerlichen Organkreis umfasst werde. Ebenso gehöre die Verpachtung des Straßennetzes als Vermögensverwaltung zum nichtwirtschaftlichen und somit nichtunternehmerischen Bereich des Klägers und sei vom Organkreis ausgenommen. Zum Organkreis zähle allerdings der BgA Wasserversorgung und Überlassung des Netzbetriebes Versorgung, durch welchen der Kläger unternehmerisch tätig werde und nur mit diesen Bereichen als Organträger zu qualifizieren sei. Bei Leistungen der B… GmbH an den außerhalb des Organkreises liegenden Hoheitsbereich (Abwasserbereich) und Straßenbewirtschaftungsbereich des Klägers handele es sich um steuerbare und steuerpflichtige Umsätze und nicht um nichtsteuerbare Innenumsätze. Der Kläger sei für Eingangsleistungen, die den Hoheitsbereich und die Straßenbewirtschaftung beträfen, damit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die im Zusammenhang mit diesen Bereichen durch den Kläger erbrachten Leistungen nicht umsatzsteuerbar seien.
BgA und Hoheitsbereich
Die öffentliche Hand als juristische Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) betreibe wirtschaftliche Unternehmen, die als Regiebetrieb, Eigenbetrieb, Zweckverband und in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft, die sogenannte Eigengesellschaft geführt würden. Diese öffentlichen Unternehmen, insbesondere die kommunalen Unternehmen in der Hand von Gemeinden, kreisangehörigen Städten sowie kreisfreien Städten hätten öffentliche oder kommunalwirtschaftliche Betätigungsfelder. Dem gegenüber stünden die privaten Unternehmen als Einzelunternehmer, Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften mit ihren vielseitigen privatwirtschaftlichen Betätigungsfeldern. Gemeinsam sei der öffentlichen Hand sowie der Privatwirtschaft, dass sie sich gesellschaftsrechtlich jeweils auch in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft organisieren könnten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterlägen der Umsatzsteuer nur die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer ausführe. Zwar sei nach § 2 Abs. 1 UStG bereits derjenige Unternehmer, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübe. Allerdings gelte das für juristische Personen des öffentlichen Rechts gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur dann, wenn sie im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art – BgA – (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig seien. Damit seien öffentliche Unternehmen in der Organisationsform des Regiebetriebes, des Eigenbetriebes oder des Zweckverbandes Unternehmer und gemäß § 1 UStG mit ihren Umsätzen umsatzsteuerbar, wenn und soweit sie als BgA eingestuft würden. Andere Leistungen seien nicht steuerbar, es sei denn, die Behandlung als nicht steuerbar würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen.
Von der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit als Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft seien die nichtunternehmerischen Tätigkeiten zu unterscheiden. Diese Tätigkeiten umfassten die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne (i.e.S.) und die unternehmensfremden Tätigkeiten. Als unternehmensfremde Tätigkeiten würden Entnahmen gelten. Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S. seien als nichtunternehmerische Tätigkeiten, die nicht unternehmensfremd (privat) seien, z.B. hoheitliche Tätigkeiten einer jPdöR, Abschnitt 2.3. Abs. 1a UStAE. Gemäß § 1 Abs.1 Nr. 6 KStG seien Betriebe gewerblicher Art von jPdöR unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Gemäß § 4 Abs.1 KStG sei ein BgA einer jPdöR jede Einrichtung, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft diene und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der jPdöR wirtschaftlich heraushebe. Gemäß § 4 Abs.3 KStG gehörten zu den Betrieben gewerblicher Art auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität und Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienten. Nach § 4 Abs. 5 S.1 KStG gehörten zu den Betrieben gewerblicher Art – BgA – nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). In den Hinweisen zur Körperschaftsteuerrichtlinie (KStR) H4.4 werde konkretisiert, dass die Ausübung öffentlicher Gewalt eine Tätigkeit sei, die der öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten sei. Entsprechend R4 Abs.4 KStR könne eine Ausübung der öffentlichen Gewalt insbesondere anzunehmen sein, wenn es sich um Leistungen handele, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet sei; zu den Hoheitsbetrieben könnten daher insbesondere Anstalten zur Abführung von Abwässern gehören. Das Bundesministerium (BMF) führe in seinem Schreiben vom 11.12.2009 insbesondere aus, dass eine Tätigkeit der jPdöR, sofern es sich nicht um eine Tätigkeit eines Betriebs i. S. des § 4 Abs. 3 KStG handele, nur als wirtschaftlich (und damit unter den übrigen Voraussetzungen als BgA) einzustufen sei, wenn sie der jPdöR nicht eigentümlich und vorbehalten sei.
Abwasserentsorgung
Die Rechtsgrundlagen für staatliches Handeln im Bereich der Abwasserentsorgung seien in der Rahmengesetzgebung des Bundes im Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes, Wasserhaushaltsgesetz – WHG – enthalten. In § 56 S.1 WHG sei geregelt, dass Abwasser von den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen sei, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet seien (Abwasserbeseitigungspflichtige). Die zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten könnten sich zur Erfüllung ihrer Pflichten Dritter bedienen, § 56 S.3 WHG. Das im Land Brandenburg am 16.07.1994 in Kraft getretene Brandenburgische Wassergesetz – BbgWG – bestimme in der für die Streitjahre geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 02.03.2012 in § 66 Abs. Abs. 1 ausdrücklich, dass den Gemeinden die Aufgabe der Abwasserbeseitigung obliege. Gemäß § 50 Abs.1 Sächsisches Wassergesetz – SächsWG – vom 12.07.2013 obliege die Abwasserbeseitigungspflicht den Gemeinden oder der Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit die Aufgaben auf diese übertragen werden. Eine Privatisierung der Abwasserbeseitigung in dem Sinne, dass diese Aufgabe einhergehend mit der Übertragung der Entsorgungsverpflichtung mit befreiender Wirkung auf einen Dritten delegiert werde, sei im BbgWG und im SächsWG nicht vorgesehen. Zudem habe der Kläger in seiner Abwasserentsorgungssatzung einen Anschluss- und Benutzungszwang verankert. Dieser Tätigkeitsbereich des Klägers sei kein BgA im Sinne des § 4 Abs.1 KStG, sondern Hoheitsbetrieb. Ein Wettbewerb zu privaten Anbietern sei ausgeschlossen. Der Kläger mit der hoheitlichen Pflichtaufgabe der Abwasserbeseitigung werde weder nach der MwSt-SystRL (Art. 9 und 13 MwSt-SystRL) noch nach nationalem Recht unternehmerisch tätig. Ein realer oder potentieller Wettbewerb mit privaten Dritten bestehe nicht und die Nichtbesteuerung der hoheitlichen Betätigung führe nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, da die Abwasserentsorgung nicht mit befreiender Wirkung für den Kläger von Dritten angeboten werden könne. Der Kläger bediene sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung seiner Eigengesellschaft als Erfüllungsgehilfen. Das Brandenburgische und das Sächsische Wassergesetz unterschieden nicht zwischen den Verschmutzungsarten des Abwassers. Zum Begriff des Abwassers zählten neben den typischen Haushaltsabwässern auch Abwasser aus Industrie- und Gewerbebetrieben. Somit sei die Gemeinde/Stadt bzw. der dafür gegründete Zweckverband (Kläger) auch zur Entsorgung von verunreinigtem bzw. „kontaminiertem" Wasser, welches aufgrund des Mitnutzungsvertrages eingeleitet werde, hoheitlich verpflichtet. Das Entgelt, welches dem Kläger für den Mitnutzungsvertrag (Punkt 1.2.2.3. der Klagebegründung) gezahlt werde, sei dem Hoheitsbereich Abwasserentsorgung des Klägers zuzurechnen.
Straßenüberlassung
Als BgA gelte gemäß § 4 Abs. 4 KStG auch die Verpachtung eines solchen Betriebes. Die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art sei dabei jede entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die in der Hand der verpachtenden juristischen Person des öffentlichen Rechts einen BgA im Sinne von § 4 Abs. 1 KStG darstellten (so BFH-Urteil vom 25.10.1989 V R 111/85, BStBl. II 1990, S. 868). Betriebe gewerblicher Art im Sinne von § 4 Abs. 1 KStG seien Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienten und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich heraushöben. Nach § 4 Abs. 4 KStG gelte die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art mittels gesetzlicher Fiktion ebenfalls als BgA. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es zu verhindern, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts sich der Körperschaftsteuer dadurch entzögen, dass sie Einrichtungen nicht selbst betrieben, sondern verpachteten. Die Verpachtungstätigkeit erfordere eine wirtschaftliche Bedeutsamkeit, also die Heraushebung der Verpachtungstätigkeit der jPdöR innerhalb ihrer Gesamtbetätigung. Dabei richte sich das erforderliche wirtschaftliche Gewicht der Verpachtung innerhalb der Gesamtbetätigung der jPdöR nicht nach dem Umfang der Verpachtungstätigkeit, sondern nach dem Umfang bzw. dem Gegenstand des dem Pächter gestatteten Betriebs. Die als Anhaltspunkt für die wirtschaftliche Selbständigkeit gewertete Jahresumsatzgröße von 35.000 € sei somit auf die Umsätze des Pächters und nicht auf die Pachterlöse der jPdöR zu beziehen, R 4.1. Abs. 5 S.7 KStR 2015 sowie Hermann/Heuer/Raupach Kommentar zum EStG/KStG, zu § 4 KStG Rz. 56. Da der Pächter – die I… AG – keine Umsätze durch die Überlassung des Straßennetzes an die Firmen des Industrieparks erziele, fehle es der Verpachtung des Klägers an der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit. Eine Verpachtungs-BgA liege nicht vor, sondern vielmehr eine nichtwirtschaftliche Vermögensverwaltung.
Unstreitig erfülle der Kläger zwar mit dem Bereich der Wasserversorgung und der Überlassung der Leitungsanlagen der Versorgung (Strom-, Gas- und Wasserleitungen) die Voraussetzungen für einen BgA gemäß § 4 Abs. 3 KStG. Mit diesen vorgenannten BgA werde der Kläger gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG zum Unternehmer. Der Bereich Abwasserentsorgung und Straßenbewirtschaftung sei aber als nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne dem nichtunternehmerischen Tätigkeitsbereich des Klägers zuzuordnen.
Organschaft
Der BFH greife in seinem Urteil V R 67/14 vom 02.12.2015, Rz. 19 seine Rechtsprechung im Urteil vom 09.10.2002, Az. V R 64/99 wieder auf und bestätige diese erneut. Hiernach werde gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sei (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft seien nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG auf Innenleistungen zwischen den im Erhebungsgebiet gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Eine juristische Person des privaten Rechts (GmbH), könne als Organgesellschaft mit einem anderen Unternehmer als Organträger grundsätzlich organschaftlich verbunden sein, wenn sie finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in das Unternehmen eines anderen Unternehmers (Organträger) eingegliedert sei. Auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts könne Organträger sein, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig sei. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts sei im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art unternehmerisch tätig (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG). Wenn und soweit sie öffentliche Gewalt ausübe, sei sie nicht wirtschaftlich tätig und könne insoweit auch nicht Organträger sein. Der Anwendungsbereich des UStG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts werde somit durch die Art ihrer Betätigung begründet und begrenzt. Sei eine juristische Person nach den erwähnten Grundsätzen wirtschaftlich tätig, sei damit auch zugleich der Rahmen ihres Unternehmens festgelegt. In diesem Bereich könne sie mit einer anderen juristischen Person (Organgesellschaft) organschaftlich verbunden sein. Der Kläger sei im Rahmen seiner Wasserversorgung und der Überlassung der Leitungsanlagen der Versorgung als BgA unternehmerisch tätig (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG). Mit seinem Abwasserbereich übe er dagegen öffentliche Gewalt und mit der Straßenüberlassung eine Vermögensverwaltung aus und könne insoweit auch nicht Organträger sein. Die Organträgerfunktion des Klägers sei auf die Wasserversorgung und die Überlassung der Leitungsanlagen der Versorgung beschränkt. Die B… GmbH sei mit ihrem gesamten Unternehmen, welches – aufgrund ihrer Gesellschaftsform der Kapitalgesellschaft – vollständig die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung umfasse, in den als unternehmerisch tätigen Teil des Klägers eingegliedert. Art. 11 MwStSystRL habe – wie § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG – die Verwaltungsvereinfachung im Auge. Die Behandlung als ein Steuerpflichtiger setzte voraus, dass ein Mitglied der Mehrwertsteuergruppe Zurechnungsadressat der steuerrechtlichen Pflichten und Rechte sei. Aus der Natur der Sache und dem Vereinfachungszweck des Art. 11 MwSt-SystRL folgte, dass diese Person den übrigen Beteiligten der Mehrwertsteuergruppe grundsätzlich übergeordnet sein müsse, damit diese Person die umsatzsteuerrechtlichen Pflichten der Gruppe erfüllen könne. Es verbleibe bei Leistungen der B… GmbH als Kapitalgesellschaft an den Kläger als jPdöR. Soweit diese Vorgänge Umsatzsteuer auslösten, schulde diese Umsatzsteuer aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft sodann der Kläger als Organträger. Alle Umsätze des Klägers und der B… GmbH seien in einer konsolidierten Umsatzsteuererklärung für den Kläger zusammenzufassen. Für den Fall, dass die eingegliederte Organgesellschaft einen nichtunternehmerischen Bereich innehabe, führe Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 UStG, Rz. 932, 933 zur Beschränkung auf das Unternehmen der Organgesellschaft aus, dass sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Sätze 2 und 3 UStG die Wirkungen der Organschaft auf die Unternehmensteile beschränkten und diese als ein Unternehmen zu behandeln seien. Nach dem klaren Wortlaut erstreckten sich die Wirkungen der Organschaft folglich nur auf das Unternehmen der Organgesellschaften. Im Beispielfall einer AG als Organgesellschaft mit teilweisen eigenen Umsätzen und teilweise nichtunternehmerischem Holding-Bereich, werde der Holding-Bereich nicht von der Organschaft erfasst. Die Leistungen des Organträgers gegenüber dem Holding-Bereich der AG seien steuerbar und steuerpflichtig. Nichts Anderes könne für den umgekehrten Fall für Leistungen der Organgesellschaft an den nicht vom Organkreis erfassten nichtunternehmerischen Bereich des Organträgers gelten. Der Kläger trage zudem vor, dass lediglich im Rahmen der Verwendung bzw. Nutzung zu unternehmensfremden Zwecken (privater Bedarf des Unternehmers, seines Personals oder allgemein unternehmensfremde Zwecke) dem Eingangsumsatz im Unternehmen ein weiterer Umsatz, nämlich eine unentgeltliche Wertabgabe, folge. Im Rahmen der übrigen nichtunternehmerischen Verwendung komme es zu keiner unentgeltlichen Wertabgabe, weil der Gegenstand oder die Dienstleistung nicht für Zwecke verwendet werde, die außerhalb des Unternehmens lägen. Der Hoheitsbereich einer jPdöR als nicht wirtschaftliche Tätigkeit sei somit nicht unternehmensfremd, sodass eine Privatentnahme i.S.d. § 3 Abs.1b und Abs. 9a UStG bei Verwendung eines Unternehmensgegenstandes im hoheitlichen Bereich nicht möglich sei. Dieser Schlussfolgerung des Klägers könne nicht gefolgt werden. Eine unentgeltliche Wertabgabe sei auch bei einer jPdöR möglich, Abschnitt 3.2. Abs.1 UStAE. Das Bundesministerium der Finanzen habe in seinem Schreiben vom 02.01.2014 die Fallgestaltungen für den Vorsteuerabzug zusammengefasst. Diese Grundsätze seien auch im Abschnitt 15.2c der UStAE verankert. Der Unternehmer sei nach § 15 Abs. 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für seine unternehmerischen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtige (Zuordnung zum Unternehmen). Beabsichtige der Unternehmer bereits bei Leistungsbezug, die bezogene Leistung ausschließlich für die Erbringung nicht entgeltlicher Leistungen (nichtunternehmerische Tätigkeiten) zu verwenden, sei der Vorsteuerabzug grundsätzlich zu versagen. Die nichtunternehmerischen Tätigkeiten seien in
- nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinne (nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S.),
hier Hoheitsbereich, und
- unternehmensfremde Tätigkeiten - privater Bedarf des Unternehmers als natürliche Person, privater Bedarf seines Personal - zu unterteilen.
Werde eine Leistung ausschließlich für unternehmerische Tätigkeiten bezogen, sei sie vollständig dem Unternehmen zuzuordnen (Zuordnungsgebot). Bei einer Leistung, die ausschließlich für nichtunternehmerische Tätigkeiten bezogen werde, sei eine Zuordnung zum Unternehmen hingegen ausgeschlossen (Zuordnungsverbot). Bei einer Leistung, die sowohl für die unternehmerischen als auch für die nichtunternehmerischen Tätigkeiten bezogen werde, sei zwischen vertretbaren Sachen und sonstigen Leistungen auf der einen Seite und einheitlichen Gegenständen auf der anderen Seite zu differenzieren:
a) Lieferungen vertretbarer Sachen und sonstige Leistungen seien entsprechend der beabsichtigten Verwendung aufzuteilen (Aufteilungsgebot).
b) Beabsichtige der Unternehmer, einen einheitlichen Gegenstand sowohl für die unternehmerische als auch die nichtunternehmerische Tätigkeit zu verwenden (teilunternehmerische Verwendung), gelte Folgendes:
aa) Teilunternehmerische nichtwirtschaftliche Verwendung i.e.S.
Bestehe die nichtunternehmerische Tätigkeit in einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit i.e.S. (vgl. Abschnitt 2.3 Abs. 1a UStAE), habe der Unternehmer kein Wahlrecht zur vollständigen Zuordnung (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 2010, V R 23/10, BStBl 2012 II S. 74); es bestehe grundsätzlich ein Aufteilungsgebot. Aus Billigkeitsgründen könne der Unternehmer den Gegenstand im vollen Umfang in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen. In diesem Fall sei eine spätere Vorsteuerberichtigung zugunsten des Unternehmers im Billigkeitswege nach Abschnitt 15a.1 Abs. 7 UStAE ausgeschlossen.
bb) Teilunternehmerische unternehmensfremde Verwendung
Bestehe die nichtunternehmerische Tätigkeit in einer unternehmensfremden Verwendung (Sonderfall), habe der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht. Er könne den Gegenstand - insgesamt seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen,
- in vollem Umfang in seinem nichtunternehmerischen Bereich belassen oder
- im Umfang der tatsächlichen (ggf. zu schätzenden) unternehmerischen Verwendung seiner unternehmerischen Tätigkeit zuordnen (vgl. BFH-Urteile vom 07.07.2011, V R 42/09, BStBl. 2014 II S. 76, und V R 21/10, BStBl 2014 II S. 81).
Der BFH habe in seinem Urteil vom 03.03.2010, V R 23/10, entschieden, dass bei einer teilweisen Verwendung für den unternehmerischen Bereich und den Hoheitsbereich als nichtwirtschaftlichen Tätigkeit i.e.S. ein Vorsteueraufteilungsgebot bestehe. Denn der Ausnahmefall eines Zuordnungswahlrechts (ob der Gegenstand ganz, teilweise oder gar nicht dem Unternehmen zugeordnet werde), welches zu einem vollständigen Vorsteuerabzug führen könne, gelte nicht für den Hoheitsbereich, denn dieser sei kein Privatbereich des Unternehmers als natürliche Person oder – unabhängig von der Rechtsform – kein Privatbereich des Personals. Sei eine Leistung jedoch zunächst ausschließlich für unternehmerische Tätigkeiten – hier BgA der jPdöR – bezogen worden, sei ein vollständiger Vorsteuerabzug möglich. Werde der Gegenstand später in den nichtunternehmerischen Bereich, speziell in den Hoheitsbereich als nichtwirtschaftliche Tätigkeit i.e.S. überführt oder hierfür verwendet, sei eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs.lb und Abs. 9a UStG möglich, Abschnitt 15.19. UStAE, Abschnitt 3.2. Absl UStAE, Abschnitt 3.4. Abs. 5a S 3 und 4 UStAE.
Es komme somit zu keiner anderen Folge, als dass die Gesamtheit aller BgA das Unternehmen der jPdöR darstellten und die nichtwirtschaftlichen Bereiche als nichtunternehmerische Tätigkeiten nicht zum umsatzsteuerlichen Unternehmen gehörten. Für Eingangsleistungen, die der Kläger für den Hoheitsbereich und die nichtunternehmerische Vermögensverwaltung Straßenüberlassung verwende, bestehe kein Vorsteuerabzug, weil Leistungen, die der Kläger im nichtunternehmerischen Bereich erbringe, nicht steuerbar seien. Entgegen der Auffassung des Klägers unter Punkt 2.3 sei ein Vorsteuerabzug des Klägers nicht nach der Steuerbarkeit und Steuerpflichtigkeit der Ausgangsumsätze der B… GmbH zu beurteilen, sondern nach den Ausgangsleistungen des Klägers.
Die Vorsteuern aus Kosten im Zusammenhang mit der Abwasserentsorgung seien zu 100 % gemindert worden. Die anteilige Vorsteuerkürzung aus Tz. 18 des Berichts sei nicht anhand des Verhältnisses der Umsätze aus den einzelnen Bereichen erfolgt. Die Vorsteuern für die Bereiche BgA Netzbetrieb Versorgung sowie Straßenbewirtschaftung seien anhand des Teils der Buchführung genannt „Straßen/Medien“ Brandenburg und Sachsen durch Schätzung zu je 1/3 aufgeteilt worden in Straßenbau bzw. Leitungsanlagen der Versorgung bzw. Leitungsanlagen Abwasser/Regenwasser. Abzugsfähig seien nach der Umsatzsteuer lediglich die Vorsteuern für Leitungsanlagenversorgung geblieben. Die konzessionsmäßige Übernahme der Abwasserentsorgung durch die B… GmbH sei unzulässig, so OLG Beschluss vom 28.08.2012, Az Verg W 19/11. In diesem Fall fehle der Erhebung privatrechtlicher Entgelte durch den Konzessionär als privatem Dritten die gesetzliche Grundlage. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten im Schriftsatz vom 27.08.2019 des Beklagten wird auf diesen Schriftsatz Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 13.01.2020 bringt der Beklagte ergänzend vor, dass die Entgelte für die Straßenüberlassung unter Bezug auf die Anl. 4. Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht wie folgt aufzuteilen seien:
Für das Kalenderjahr 2015:
Straßen Sachsen: | 4 x 3.582 € | 14.328 € |
Straßen Brandenburg: | 4 x 11.001 € | 44.004 €. |
Die Umsätze aus der Überlassung der Medienleitung (ohne Straßen) seien halbiert worden in die Überlassungsleitungsnetz Abwasser/Regenwasser (Entsorgung) und Leitungsnetz Versorgung.
Die Umsätze Medienleitungen Brandenburg hätten 4 x 23.520 € x 1/12= 47.040 € betragen. Damit ergäben sich nicht steuerbare Umsätze im Jahr 2015 i.H.v. 105.372 €.
Für Januar und März 2016 ergäben sich aufgrund einer sinngemäßen Berechnung nicht steuerbare Umsätze i.H.v. 26.343 €. Festzustellen bleibe, dass der Kläger für den Bereich Sachsen ausschließlich Umsätze aus der Straßenüberlassung Sachsen verbucht habe. Es stelle sich die Frage, ob im Bereich Sachsen keine Medien überlassen worden seien, oder ob diese Entgelte den Umsätzen Straßenüberlassungstaxen enthalten seien und deshalb auch hier noch eine Aufteilung erfolgen müsse. Auch bei den 60.000 € von der B… GmbH für die Straßenüberlassung laut Pachtvertrag handele es sich um einen nicht steuerbaren Umsatz, so dass sich auch hieraus kein Vorsteuerabzug ergäbe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf dieses Bezug genommen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die beigezogenen Akten des Beklagten verwiesen.
Die Klage ist begründet. Denn die angegriffenen Steuerbescheide sind rechtswidrig und der Kläger ist durch diese Bescheide in seinen Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Zunächst ist die Klage hinsichtlich der streitigen Abwasserentsorgung begründet.
Der Kläger ist als juristische Person tauglicher Organträger der B… GmbH. Diese war, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, sowohl finanziell als auch organisatorisch in den Kläger eingebunden. Denn der Kläger hält die Mehrheit in der B… GmbH und es bestand eine Geschäftsführeridentität. Auch wirtschaftlich spricht für eine Eingliederung in den Streitjahren, dass der Kläger umfangreich Anlagegüter, welche die B… GmbH für ihre Tätigkeit insbesondere im Rahmen der Abwasserentsorgung benötigte, an diese verpachtete. Der Kläger ist insoweit eindeutig auf privatrechtlicher Basis und nicht hoheitlich tätig geworden. Damit ist der Kläger selbst privatrechtlich tätig geworden und nicht etwa nur seine B… GmbH.
Es ist insoweit nicht auf die öffentlich-rechtlichen Vorgaben, den Gegenstand oder die Zielsetzung der Tätigkeit im Sinne einer Hoheitsaufgabe abzustellen, sondern allein darauf, ob die juristische Person des öffentlichen Rechts zulässigerweise in der Handlungsform eines privaten Wirtschaftsteilnehmers tätig geworden ist. Entscheidend ist die zulässig gewählte Handlungsform und nicht die gesetzlichen Vorgaben, wie etwa Zuweisung einer Abwasserbeseitigungspflicht als Pflichtaufgabe an kommunale Träger. Gerade die Verpachtung der Abwasserbehandlungsanlagen unterfällt als bloße zivilrechtliche Maßnahme keinesfalls der eigentlichen Abwasserbeseitigungspflicht.
Maßgebend für die Frage, in welchem Umfang nach diesem Grundsätzen eine Organschaft besteht, ist nach den beiden BFH-Urteilen vom 09.10.2002 V R 64/99 und vom 20.08.2009 V R 30/06, dass sich die Organträgerschafft nur insoweit erstrecken kann, als eine juristische Person des öffentlichen Rechts ihrerseits durch eigene Umsätze – nicht durch diejenigen der Organgesellschaft – unternehmerisch handelt und insoweit eine wirtschaftliche Eingliederung bejaht werden kann, als die Tätigkeit der Organgesellschaft mit ihrem Wirken gerade die wirtschaftliche/unternehmerische Tätigkeit des Organträgers fördert und die Förderung sich als von einigem Gewicht darstellt.
Sollte insoweit auf die vier einzelnen von der Umsatzsteuersonderprüfung aufgegriffenen Bereiche abgestellt werden, könnten höchstens hinsichtlich der Straßenüberlassung Zweifel bestehen. Hinsichtlich der anderen Bereiche inklusive der Abwasserbeseitigung hat der Kläger jedenfalls eine und die Tätigkeit der B… GmbH fördernde Tätigkeit von einigem Gewicht entfaltet und somit auch Umsätze erzielt, nämlich durch entsprechende Verpachtung. Für den Bereich der Straßenüberlassung schließlich wird insoweit jedenfalls vom Beklagten unwidersprochen vorgetragen, dass I… AG jährlich 60.000 € für die Straßennutzung an den Kläger gezahlt habe, was ebenfalls für eine erhebliche, privatrechtliche Tätigkeit durch den Kläger spricht.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aus Sicht des Senates, dass jedenfalls die eigene unternehmerische Tätigkeit, wie sie sich wohl etwa auch vom Beklagten unbestritten bei der Trinkwasserversorgung, aber auch bei Verpachtungen von Leitungsnetzen ohne Abwasserleitungen (Tz. 18 b des UP-Berichts) zeigt, für den Gesamtbereich der den Industriepark betreffenden Tätigkeiten des Klägers eine unternehmerische Tätigkeit darstellt und insgesamt das Handeln des Klägers prägt. Dass in anderen Bereichen (etwa bei der Abwasserentsorgung) hoheitliches Handeln stattgefunden hätte, ist nicht erkennbar; der Kläger hat sich hinsichtlich des Industrieparks insgesamt für eine privatrechtliche Ausgestaltung entschieden. Entscheidend ist aus Sicht des erkennenden Senates insoweit das deutlich vorliegende unternehmerische Gesamtkonzept des Klägers.
Der Beklagte vermochte auch nicht anzugeben, welche konkrete hoheitliche Tätigkeitsform der Kläger denn insoweit gewählt haben könnte. Es sind weder irgendwelche Beitragsbescheide ergangen noch bestehen insoweit auch nur Satzungen. Auch reichen für die Annahme eines Hoheitsbetriebs Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus, § 4 Abs. 5 KStG.
Zutreffend hat der Beklagte zwar erkannt, dass es sowohl nach Bundesrecht als auch nach dem sächsischen bzw. brandenburgischen Landesrecht einen Anschlusszwang bezüglich der Abwasserentsorgung gibt. Die Eigenschaft als Organträger kann grundsätzlich jeder Unternehmer ausfüllen. Auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts kann Organträger sein, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig ist. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art unternehmerisch tätig (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1980). Wenn und soweit sie öffentliche Gewalt ausübt, ist sie nicht wirtschaftlich tätig (Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -- Richtlinie 77/388/EWG --) und kann insoweit auch nicht Organträger sein (vgl. dazu Urteil des BFH vom 18.02.1965 V 189/62 U, Amtliche Sammlung des BFH –BFHE – 82, 72, BStBl III 1965, 272). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts kann aber neben der Ausübung öffentlicher Gewalt eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, die in den Anwendungsbereich des Umsatzsteuerrechts fällt. Der Anwendungsbereich des UStG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts wird somit durch die Art ihrer Betätigung begründet und begrenzt (so ausdrücklich BFH, Urteil vom 09.10.2002 V R 64/99, BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375).
Eine wirtschaftliche Tätigkeit führt eine juristische Person des öffentlichen Rechts aus, wenn sie im eigenen Namen gegen Entgelt Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringt. Sie muss dabei auf privatrechtlicher Grundlage und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen tätig sein (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Die Modalitäten ihrer Tätigkeit dürfen nicht durch ihr Sonderrecht bestimmt sein (vgl. dazu Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften – EuGH – vom 14.12.2000 Rs. C-446/98 -Camara Municipal do Porto-, Slg. 2000, I-11435, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2001, 108; vom 12.12.2000 Rs. C-408/97 -Kommission/Niederland-, Slg. 2000, I-6417, UR 2000, 527; vom 12.12.2000 Rs. C-359/97 -Kommission/Vereinigtes Königreich-, Slg. 2000, I-6355, UR 2000, 518). Auch wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts danach im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig wird, kann sie als Unternehmer behandelt werden, wenn anderenfalls größere Wettbewerbsverzerrungen (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 06.02.1997 Rs. C-247/95 -Marktgemeinde Welden-, Slg. 1997, I-779, UR 1997, 261) eintreten würden (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) oder in Bezug auf die in Anhang D der Richtlinie 77/388/EWG aufgeführten Tätigkeiten, sofern deren Umfang nicht unbedeutend ist (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). Schließlich können auch bestimmte, nach Art. 13 und 28 der Richtlinie 77/388/EWG steuerfreie Tätigkeiten so behandelt werden, als oblägen sie den öffentlichen Einrichtungen im Rahmen der öffentlichen Gewalt (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG). Ist eine juristische Person nach den erwähnten Grundsätzen wirtschaftlich tätig, ist damit auch zugleich der Rahmen ihres Unternehmens festgelegt. In diesem Bereich kann sie mit einer anderen juristischen Person (Organgesellschaft), die sie durch die Mehrheit der Stimmrechte finanziell und durch die Art und Weise der Geschäftsführung auch organisatorisch beherrscht, organschaftlich verbunden sein, wenn und soweit die Organgesellschaft auch wirtschaftlich in ihr Unternehmen eingegliedert ist.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zudem bei richtlinienkonformer Auslegung nach Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG (Vorgängerregelung zur MwSt-SystRL) eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 KStG, wenn sie Leistungen gegen Entgelt auf privatrechtlicher Grundlage unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer erbringt (so BFH, Urteil vom 20.08.2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl II 2010, 863 ). Hieraus folgt, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG Unternehmer sind, wenn sie "wirtschaftlich" tätig sind. Im Hinblick auf die erforderliche richtlinienkonforme Auslegung liegt eine derartige wirtschaftliche Tätigkeit dann vor, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts Tätigkeiten unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer ausübt. Daher ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts unternehmerisch (wirtschaftlich) tätig, wenn sie Leistungen gegen Entgelt auf privatrechtlicher Grundlage erbringt und somit nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen handelt (so ausdrücklich BFH-Urteile in BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795; vom 12.10.2004 V R 15/02, BFH/NV 2005, 388; vom 03.07.2008 V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II 2009, 213, unter II. 2.). Die Ausübung öffentlicher Gewalt i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG erfordert demgegenüber eine Tätigkeit, bei der die Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen der eigens für sie geltenden rechtlichen Regelung handelt.
Der Kläger kann sich grundsätzlich auch auf diese richtlinienkonforme Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs berufen, entgegenstehende Verwaltungsanweisungen wie z.B. der Umsatzsteuer-Anwendungserlass oder die Körperschaftsteuerrichtlinien, sind für das Gericht in keiner Weise bindend.
Dies gilt auch insbesondere hinsichtlich der Frage, ob sich die wirtschaftliche Tätigkeit innerhalb der Gesamttätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechtes wirtschaftlich heraushebt, in dem bestimmte Umsatzgrenzen bzw. Gewinngrenzen überschritten werden (vgl. BFH, Urteil vom 03.03.2011 R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nach dem letztgenannten Urteil Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die sich aus ihrer Gesamtbetätigung heraushebt (richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1999 i.V.m. § 4 KStG entsprechend Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG). Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es nach diesem Urteil für ihre Unternehmereigenschaft auf weitere Voraussetzungen nicht an. Übt sie ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, z.B. durch Verwaltungsakt aus, ist sie Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Nach § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes handelt eine juristische Person des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer, soweit sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Gewalt ausübt. Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 14.12.2000 C-446/98, Fazenda Pública, Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr. 16, m.w.N.) legt der BFH den Begriff der öffentlichen Gewalt unter Beachtung des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform aus (vgl. BFH-Urteil vom 15.04.2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 1574, m.w.N.). Danach ist die Nichteinbeziehung wirtschaftlicher Tätigkeiten (entgeltlicher Leistungen) bei den Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt kumulativ von zwei Voraussetzungen abhängig, nämlich der Ausübung von Tätigkeiten durch eine öffentliche Einrichtung und der Vornahme dieser Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt.
Hat die juristische Person des öffentlichen Rechtes die Abwasserbeseitigungsaufgaben auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen, wie z.B. eine städtische Wasserwerke GmbH, übertragen, welches gegenüber den Kunden (Nutzung) im eigenen Namen auftritt, so bestehen grundsätzlich die Leistungsbeziehungen zwischen diesem Unternehmen und den Kunden. Gleichzeitig erbringt der Unternehmer gegenüber der juristischen Person des öffentlichen Rechts Dienstleistungen (so ausdrücklich BFH Urteil vom 20.12.2001 V R 81/99 BFHE 197, 352, BStBl II 2003, 213). |
Eine partielle Organschaft existiert, was der Kläger durchaus zutreffend vorträgt, nicht (vgl. BFH, Urteil vom 22. Februar 2017 XI R 13/15, BFHE 257, 160), doch ist dies für das Gesamtergebnis nicht mehr entscheidend.
Auch hinsichtlich der Verpachtung der Straßen und der Nutzungsverträge bezüglich der Anlagen des Abwasserbereichs ist die Klage begründet. Die entsprechenden Leistungen für die Anlagen der Abwasserversorgung und der damit verbundenen Leistungen sind zwar für die hoheitlich zugewiesene Abwasserentsorgung eingesetzt worden, der Kläger ist aber insoweit selbst nur privatrechtlich tätig geworden.
Da der Kläger aufgrund privatrechtlicher (Austausch)-Verträge handelt, wird er im Rahmen der Vermögensverwaltung tätig. Die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ist grundsätzlich eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit. Dem Begriff der Vermögensverwaltung kommt dabei umsatzsteuerlich für die Unternehmerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch einen Betrieb gewerblicher Art keine Bedeutung zu (so ausdrücklich Korn in Bunjes, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 15. Aufl., § 2 Rz. 203 unter Verweis auf die ausdrückliche dementsprechende Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 15.04.2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BStBl II 2017, 863).
Dass die konzessionsmäßige Übernahme der Abwasserentsorgung durch die B… GmbH unzulässig war, wie vom Beklagten im Schriftsatz vom 27.08.2019 vorgetragen, ist insoweit irrelevant. Das Brandenburgisches Oberlandesgericht hat im Beschluss vom 28.08.2012 – Verg W 19/11 –, juris ausdrücklich entschieden, dass die Abwasserbeseitigungspflichtigen nach § 56 Satz 1 WHG und § 66 Abs. 1 Satz 1 BbgWG bei der Abwasserbeseitigung zwar einen Erfüllungsgehilfen zuziehen können. Es sei jedoch gesetzeswidrig, dass ein Konzessionär im eigenen Namen Abwasserbeseitigungsverträge schließen und Entgelte sowie Baukostenzuschüsse erheben solle. Relevant ist insoweit die tatsächlich verwirklichte Handlungsform und diese war privatrechtlicher Natur. Auch kommt es für die Frage, ob eine (umfassende) Organschaft vorliegt, darauf an, ob die Tätigkeitsform des Klägers zulässig war. Dieser hat aber jedenfalls zulässigerweise privatrechtliche Pachtverträge abgeschlossen.
Für den Fall, dass wegen der hoheitlich zugewiesenen Aufgabe der Abwasserentsorgung lediglich die Straßenüberlassung, privatrechtlicher Natur gewesen wäre und insoweit den Vorsteuerabzug eröffnete, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, dass ihm insoweit eine Aufteilung von Eingangsleistungen, welche in die Medien bzw. in die jeweils darüber liegende Straße eingegangen wären, nicht möglich wäre. In diesem Falle kämen lediglich weitere Vorsteuern wegen der Straßenüberlassung für 2015 i.H.v. 4.424,98 € und für den ersten Voranmeldungszeitraum 2016 i.H.v. 898,70 € in Betracht. Insoweit könnte nach Schätzung des Senates nur eine hälftige Aufteilung der insoweit in der Anl. 3 zum Prüfungsbericht für gemischte Aufwendungen Straßen/Medien angefallenen Vorsteuern erfolgen. Gleichzeitig wären aber die bisher von der B… GmbH erzielten Umsätze, welche in den Umsatzsteuererklärungen des Klägers berücksichtigt worden sind, in den angefochtenen Steuerbescheiden zum Abzug zu bringen, wie sie mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 09.12.2019 vorgetragen und vom Beklagten nicht bestritten worden sind. Diese Fragen sind letztlich aber nach der vom Senat gefundenen Lösung nicht mehr relevant.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung – ZPO – i.V.m. §§ 151 Absatz 3, 155 FGO.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war nicht für notwendig zu erklären, weil kein Vorverfahren geschwebt hat, es handelt sich um eine Sprungklage. Vorverfahren ist das durch einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingeleitete Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsstreit vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient, vgl. § 44 Abs. 1 FGO (vgl. BFH, Beschluss vom 08.10.1971 – II B 32/69 –, BFHE 103, 399, BStBl II 1972).
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die B… GmbH erbringt vorliegend privatrechtliche Leistungen, die eigentlich jedenfalls teilweise hoheitlich sind und der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugewiesen sind, sodass auf diesem Wege der Vorsteuerabzug eröffnet wird. Die Frage dürfte in der Praxis für eine Vielzahl ähnlicher Gestaltungen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sein.