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Visum; Studium; Zulassung; Ablehnungsgrund; Mißbrauch des Aufenthaltszwecks; Beurteilungsspielraum; eingeschränkte gerichtliche Kontrolle; intendiertes Ermessen; Lebensunterhaltssicherung; Verpflichtungserklärung; Leistungsfähigkeit des Verpflichtungsgebers; Krankenversicherungsschutz


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 07.05.2019
Aktenzeichen 3 B 64.18 ECLI ECLI:DE:OVGBEBB:2019:0507.3B64.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 5 Abs 1 EURL 2016/801, § 2 Abs 3 AufenthG, §§ 850ff ZPO, Art 20 Abs 2 Buchst f EURL 2016/801, Art 7 Abs 1 Buchst c EURL 2016/801, § 20c Abs 2 Nr 5 AufenthG, § 16 Abs 1 AufenthG, § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Visums zu Studienzwecken.

Die am 1. Juni 1989 geborene Klägerin ist Staatsangehörige Kameruns. Sie beantragte unter dem 4. April 2014 bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Yaoundé die Erteilung eines Visums zum Zweck des Studiums an der Technischen Universität (TU) C.... Mit dem Antragsformular legte sie unter anderem eine bedingte Zulassung der Hochschule vom 3. Februar 2014 im Studiengang Betriebswirtschaftslehre (Bachelor), die eine Teilnahme an einem Deutschkurs der Niveaustufe A2.1 ab Juni 2014 und den Beginn des Fachstudiums nach Bestehen der Sprachprüfung DSH zum Sommersemester 2015 vorsah, eine Verpflichtungserklärung ihres in Deutschland lebenden Vaters vom 22. Januar 2014, Bestätigungen des Sprachlernzentrums Douala über die Teilnahme an Deutschkursen der Stufen A1 und A2 sowie eine Übersicht vom 7. August 2013 zu den Noten ihres Baccalauréat de l'enseignement secondaire général vor. Zudem erklärte sie, dass sich ihr vorgesehener Aufenthaltsort in Sankt Augustin, dem Wohnort ihres Vaters, befinden werde.

Nachdem die Botschaft in Yaoundé die Erteilung eines Visums an die Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2014 abgelehnt und die Klägerin hiergegen mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. Mai 2014 remonstriert hatte, lehnte die Botschaft mit Remonstrationsbescheid vom 21. Mai 2014 den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Visums erneut ab, da die Klägerin die ernsthafte Studienabsicht und die Studienfähigkeit nicht habe überzeugend belegen können. Ihre bisherigen schulischen Leistungen seien eher nur ausreichend. Sie habe das Abitur erst mit 24 Jahren nach Wiederholung von vier Sekundarklassen mit denkbar knappem Ergebnis bestanden. Erhebliche Zweifel an der Studienabsicht der Klägerin ergäben sich auch aus der Angabe der Klägerin, trotz des beabsichtigten Studiums in Clausthal bei ihrem Vater in Bonn wohnen zu wollen. Um deutsche Sprachkenntnisse habe sie sich nur bis zum Niveau A1 bemüht. Für einen Kurs für das Niveau A2 habe sie sich zwar eingeschrieben, diesen jedoch nicht beendet. Sei schon vor der Einreise eines Ausländers hinreichend wahrscheinlich, dass mittels Ausnutzung einer Aufenthaltserlaubnis zum Studium eine ansonsten verwehrte Einreise in das Bundesgebiet ermöglicht werden soll, widerspräche eine Visumerteilung dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Einreisevorschriften.

Mit der hiergegen gerichteten Klage hat die Klägerin ihr Visumbegehren weiter verfolgt und im Wesentlichen vorgetragen, sie erfülle die Voraussetzungen nach § 16 AufenthG zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie verfüge über eine bedingte Zulassung der TU C.... Ein Nachweis von Kenntnissen der deutschen Sprache sei nicht erforderlich. Es sei nicht ersichtlich, worauf die Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Studienwunsches gründeten. Ihr Zeugnis widerspreche einer Zulassung an der Universität nicht, da es zumindest ausreichend sei. Es habe auch der TU C... vor der Zulassung vorgelegen. Die Finanzierung ihres Studiums sei durch die Verpflichtungserklärung ihres Vaters gesichert.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 21. Oktober 2015 verpflichtet, der Klägerin ein nationales Visum einschließlich eines studienvorbereitenden Sprachkurses zu erteilen. Die Voraussetzungen von § 16 AufenthG i.V.m. Art. 6 und 7 RL 2004/114/EG seien erfüllt. Die Klägerin sei von der TU C... gemäß Art. 7 Abs. 1 a) der Richtlinie aufschiebend bedingt durch das Bestehen der Sprachprüfung zu einem Studienprogramm zugelassen worden. Die Norm verlange nur die Zulassung zu einem Studienprogramm, ohne zwischen verschiedenen Arten der Zulassung zu differenzieren. Die von der Beklagten angeführten Zweifel an den Erfolgsaussichten des beabsichtigten Studiums führten zu keiner anderen Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des EuGH sei es den Mitgliedstaaten verwehrt, das Visum zu versagen, wenn Drittstaatsangehörige die abschließend aufgezählten Zulassungsbedingungen erfüllten. Damit dürften sie den Studienbewerbern bei erfolgter Zulassung durch die Hochschule insbesondere nicht entgegenhalten, dass sie wegen schlechter Schulnoten oder mangelnder Sprachkenntnisse keine hinreichende Aussicht auf einen erfolgreichen Abschluss des Studiums in angemessener Zeit hätten. Der Nachweis eines Missbrauchs setze voraus, dass präzise und konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch oder eine falsche Anwendung des in der Richtlinie festgelegten Verfahrens vorlägen. Hieran fehle es vorliegend. Die bisherigen schulischen Leistungen seien kein zulässiges Beurteilungskriterium. Anhaltspunkte für eine Missbrauchsabsicht ergäben sich auch nicht aus der französischen Muttersprache der Klägerin, da ihr Vater in Deutschland studiert habe und hier seit längerem tätig sei. Die Finanzierung des Studienaufenthalts sei durch den Vater gesichert. Die erforderliche Krankenversicherung sei nachgewiesen. Ein Ermessen stehe der Beklagten nicht zu, da § 16 Abs. 1 AufenthG durch die Richtlinie 2004/114/EG überlagert werde, so dass die Beklagte ein Visum zu erteilen habe, sofern die Bedingungen von Art. 6 und 7 der Richtlinie erfüllt seien.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor, der Visumerteilung stehe bereits entgegen, dass es an einem aktuellen Zulassungsbescheid bzw. einer entsprechenden Ersatzbescheinigung fehle. Darüber hinaus fehlten aktuelle Belege zur Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichenden Krankenversicherungsschutzes. Zudem sei die Erteilung eines Visums nach § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG ausgeschlossen, denn vorliegend bestünden Zweifel am angegebenen Aufenthaltszweck. Insoweit bestehe ein weiter Beurteilungsspielraum in Bezug auf die Voraussetzungen der Norm. Die Vorlage eines Zulassungsbescheides allein reiche nicht aus, um den Studienzweck nachzuweisen. Im Fall der Klägerin lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass sie den Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen werde, als zu denen, für die sie die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis beantragt habe. Es bestehe ein deutliches Missverhältnis zwischen dem nachgewiesenen Leistungsstand der Klägerin und den Anforderungen, die der angestrebte Studiengang stelle. Die Klägerin habe ihren Schulabschluss mit Defiziten im Bereich Mathematik abgelegt. Ein Studium der Betriebswirtschaftslehre erfordere jedoch im Allgemeinen gute mathematische Kenntnisse. Es bestehe der Verdacht, die Klägerin könne den Studienaufenthalt vor allem deshalb begehren, um einen gesetzlich nicht vorgesehenen Daueraufenthalt bei ihrem Vater zu begründen. Der Ausschlussgrund des § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG räume über den europarechtlichen Beurteilungsspielraum hinaus keinen zusätzlichen Ermessensspielraum ein.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Oktober 2015 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie rügt die Wahrung der Berufungsbegründungsfrist durch die Beklagte und verteidigt im Übrigen das erstinstanzliche Urteil.

Der Beigeladene hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Beigeladenen verwiesen. Die Akten haben im Verhandlungstermin vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Beigeladenen im Termin der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, weil er in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Entgegen der Rüge der Klägerin wahrt der am 21. August 2018 per Telefax eingegangene Schriftsatz der Beklagten vom 16. August 2018 die Berufungsbegründungsfrist nach § 124 Abs. 6 Satz 1 VwGO. Danach ist die Berufung im Fall ihrer Zulassung durch das Oberverwaltungsgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses zu begründen.

Der Zulassungsbeschluss vom 13. Juli 2018 ist der Beklagten am 21. Juli 2018 zugestellt worden (§ 56 Abs. 1, § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO). Zwar erfolgte der Versand des Beschlusses ohne Beifügung des üblichen Formulars für Empfangsbekenntnisse. Dies ist vorliegend indes unschädlich, weil eine wirksame Zustellung nicht die Verwendung eines bestimmten Vordrucks für ein Empfangsbekenntnis erfordert. Vielmehr kann ein Empfänger den Zugang und seinen Annahmewillen auf beliebige Weise schriftlich bestätigen (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1987 - VIII ZR 160/86 - juris Rn. 6; Beschluss vom 16. März 1994 - XII ZB 159/93 - juris Rn. 7; Beschluss vom 12. September 2017 - XI ZB 2/17 - juris Rn. 12; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Februar 2019, § 56 Rn. 45a; Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 56 Rn. 34), insbesondere auch in einer das Datum der Zustellung benennenden und vom Zustellungsadressaten unterzeichneten Rechtsmittelschrift (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1987 - VIII ZR 160/86 - juris Rn. 6; Urteil vom 19. April 1994
- VI ZR 269/93 - juris Rn. 13; Beschluss vom 12. September 2017 - XI ZB 2/17 - juris Rn. 12).

So ist es auch hier. Die Beklagte hat im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 16. August 2018 einleitend angegeben, der Zulassungsbeschluss sei „bei der Beklagten eingegangen am 21.07.2018“. Der Schriftsatz ist durch Frau E... unterzeichnet, die innerhalb des Referats 509 des Auswärtigen Amtes, an das nach dem Rubrum des Beschlusses die Zustellung erfolgen sollte, die nach den Angaben der Beklagten im Schriftsatz vom 3. Januar 2019 und ihren Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung gemäß der internen Aufgabenverteilung als Prozessvertreterin für die Rechtsmittelinstanz für die Länder Afrikas zuständig und als solche die für die Entgegennahme von zuzustellenden Schriftstücken zuständige Sachbearbeiterin war und ist.

Das im Schriftsatz genannte Zustellungsdatum 21. Juli 2018 ist vorliegend maßgeblich. Dass der Beschluss nach den Angaben der Beklagten bereits am 18. Juli 2018 bei der Registratur eingegangen war, ist unbeachtlich. Denn im Fall einer Zustellung an Behörden kommt es für die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis auf die Annahme und Unterzeichnung durch deren Leiter bzw. den nach der Aufgabenverteilung für die Entgegennahme von Zustellungen zuständigen Bediensteten an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 9 B 466.89 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 13; OVG Münster, Beschluss vom 26. Juli 2006 - 15 A 3600/05 - juris Rn. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 11 S 2231/07 - juris Rn. 3; Meissner/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 56 Rn. 43c), hier auf die Annahme durch die zuständige Sachbearbeiterin Frau E....

2. Die Berufung ist begründet. Der ablehnende Remonstrationsbescheid vom 21. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Visums zu Studienzwecken.

a. Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, zu denen das erstrebte Visum zählt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG), grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juli 2013 - 1 C 15.12 - juris Rn. 7). Der Entscheidung des Senats sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1147), zugrunde zu legen.

b. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Nach dieser Norm wird einem Ausländer zum Zweck des Vollzeitstudiums an einer staatlichen Hochschule, an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis nach der Richtlinie (EU) 2016/801 erteilt, wenn der Ausländer von der Ausbildungseinrichtung zugelassen worden ist. Der Aufenthaltszweck des Studiums umfasst auch studienvorbereitende Maßnahmen und das Absolvieren eines Pflichtpraktikums, wobei zu den studienvorbereitenden Maßnahmen der Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses zählt, wenn der Ausländer zu einem Vollzeitstudium zugelassen worden ist und die Zulassung an den Besuch eines studienvorbereitenden Sprachkurses gebunden ist (§ 16 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 1 AufenthG).

Die Klägerin, die die Visumerteilung nach ihren Angaben erstrebt, um in Deutschland einen Sprachkurs und ein Studium der Betriebswirtschaftslehre (Bachelor) an der TU C... zu absolvieren, verfügt im maßgeblichen Zeitpunkt bereits nicht über eine (auch nur durch die Absolvierung eines studienvorbereitenden Sprachkurses bedingte) aktuelle Zulassung zu einem Studium an der TU C... (vgl. zur Notwendigkeit aktueller Zulassung OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. April 2017 - OVG 3 B 20.16 - juris Rn. 19; zu bedingten Zulassungen nach § 16 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vgl. Fleuß, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: Mai 2019, AufenthG § 16 Rn. 21; Diest, ZAR 2017, 251, 252). Eine Bestätigung der Hochschule, dass sie sich - etwa zum Wintersemester 2019/2020 oder zum Sommersemester 2020 - immatrikulieren könne, hat die Klägerin trotz entsprechender Hinweise in der Berufungsbegründung vom 21. August 2018 und in der gerichtlichen Verfügung vom 16. April 2019 nicht vorgelegt. Die zuletzt beim Verwaltungsgericht eingereichten Unterlagen vom 24. September 2015 über eine durch das Bestehen der DSH-Sprachprüfung bedingte Zulassung zum Wintersemester 2016/2017 sowie eine Anmeldebestätigung gleichen Datums für einen Intensivsprachkurs Deutsch als Fremdsprache der Niveaustufe A2.1 zum 29. Februar 2016 oder alternativ zum 13. Juni 2016 vermögen den Anforderungen des § 16 Abs. 1 AufenthG nicht mehr zu genügen, da sie sich allein auf in der Vergangenheit liegende Zeiträume beziehen.

c. Darüber hinaus und unabhängig davon steht einer Visumerteilung der Ablehnungsgrund nach § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG entgegen, auf den sich die Beklagte in der Berufungsbegründung ausdrücklich berufen hat. Diese Bestimmung ist zwar erst durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union zur Arbeitsmigration vom 12. Mai 2017 (BGBl. I S. 1106) mit Wirkung vom 1. August 2017 und damit nach Erlass des ablehnenden Bescheides der Beklagten eingefügt worden, vorliegend angesichts des für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkts der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz aber dennoch zu berücksichtigen.

Gemäß § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG kann der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG abgelehnt werden, wenn Beweise oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Ausländer den Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen wird als zu jenen, für die er die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis beantragt.

aa. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen kommt der zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

§ 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG dient der Umsetzung des in Art. 20 Abs. 2 Buchst. f) der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. EU L 132, S. 21) normierten Tatbestands (BT-Drs. 18/11136 S. 54), nach dem ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn der Mitgliedstaat Beweise oder ernsthafte und sachliche Anhaltspunkte dafür hat, dass der Drittstaatsangehörige seinen Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen würde als jene, für die er die Zulassung beantragt. Dieser im ursprünglichen Entwurf der Kommission (COM (2013) 151 final S. 53) zur Neufassung der Richtlinie über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen u.a. zu Studienzwecken nicht enthaltene Ablehnungsgrund wurde im Normgebungsverfahren durch den Rat der Europäischen Union in seinem Standpunkt in erster Lesung vom 10. März 2016 (14958/2/15 REV 2, S. 55) eingefügt und damit begründet, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden soll, gegen Missbrauch und falsche Anwendung der in der Richtlinie festgelegten Verfahren vorzugehen (14958/2/15 REV 2 ADD 1, S. 17). Er korreliert mit dem Erwägungsgrund 41 der Richtlinie, der ausführt, dass die Mitgliedstaaten angemessene Prüfungen durchführen oder Nachweise verlangen können sollten, wenn Zweifel an den Antragsgründen bestehen, um im Einzelfall die Pläne des Antragstellers in Bezug auf das Studium zu bewerten und dem Missbrauch und der falschen Anwendung des in der Richtlinie festgelegten Verfahrens vorzubeugen.

Aus dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 2 Buchst. f) RL (EU) 2016/801 und seiner Begründung im Standpunkt des Rates vom 10. März 2016 ergibt sich, dass damit der in der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 2004/114/EG anerkannte, wenngleich nicht explizit normierte Ablehnungsgrund in den Richtlinientext aufgenommen werden sollte. Nach dem Urteil des EuGH vom 10. September 2014 - Rs. C-491/13, Ben Alaya - (juris Rn. 34) waren die Mitgliedstaaten befugt, die Schlüssigkeit eines Antrags auf Zulassung der Einreise zu Studienzwecken zu prüfen und hierfür im Einklang mit dem 15. Erwägungsgrund (der im Wesentlichen dem 41. Erwägungsgrund der Richtlinie (EU) 2016/801 entspricht) alle Nachweise zu verlangen, die für die Prüfung der Schlüssigkeit erforderlich sind, um jeder missbräuchlichen oder betrügerischen Inanspruchnahme des in dieser Richtlinie festgelegten Verfahrens vorzubeugen. Nach den Schlussanträgen des Generalanwaltes Mengozzi vom 12. Juni 2014 in diesem Verfahren (juris Rn. 48) ergab sich aus dem 15. Erwägungsgrund, dass die Mitgliedstaaten berechtigt sind, einen Drittstaatsangehörigen die Zulassung zur Einreise zu verweigern, wenn sich aus der Prüfung der Akten und aus allen relevanten Umständen ergibt, dass präzise und konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch oder eine falsche Anwendung des in der Richtlinie 2004/114/EG festgelegten Verfahrens vorliegen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. April 2017 - OVG 3 B 20.16 - juris Rn. 22).

Auch hinsichtlich des Ablehnungsgrundes des Art. 20 Abs. 2 Buchst. f) RL (EU) 2016/801 kommt den Mitgliedstaaten der in der Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 2004/114/EG anerkannte Beurteilungsspielraum zu, der ihnen bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels zu Studienzwecken - einschließlich der Prüfung einer etwaigen missbräuchlichen Inanspruchnahme des in der Richtlinie festgelegten Verfahrens - eröffnet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 10. September 2014 - Rs. C-491/13, Ben Alaya - Rn. 33; s. auch Urteil vom 4. April 2017 - Rs. C-544/15, Fahimian - Rn. 37). Denn trotz der Neufassung der Richtlinie haben weder die Systematik noch die Zielsetzung der Zulassung von Drittstaatsangehörigen für einen Aufenthalt zu Studienzwecken eine grundlegende Veränderung erfahren.

Die Ausübung dieses Beurteilungsspielraums durch die Behörde unterliegt nur daraufhin der gerichtlichen Überprüfung, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. April 2017 - OVG 3 B 20.16 - juris Rn. 24).

bb. Unter Zulegung dieser Maßstäbe unterliegt die Annahme der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG durch die Beklagte keinen Bedenken. Eine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes ist nicht festzustellen. Eine Verletzung von Verfahrensbestimmungen ist weder geltend gemacht noch sonst erkennbar.

(1) Nach Auffassung der Beklagten liegen im Fall der Klägerin hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass sie den Aufenthalt zu anderen Zwecken als denen des Studiums nutzen wird. So bestehe ein deutliches Missverhältnis zwischen dem nachgewiesenen Leistungsstand der Klägerin und den Anforderungen des angestrebten Studienganges. Sie habe ihren Schulabschluss mit Defiziten im Bereich Mathematik abgelegt, das Studium der Betriebswirtschaftslehre erfordere jedoch im Allgemeinen gute mathematische Kenntnisse. Auch durch die fehlenden Bemühungen der Klägerin zum Erwerb der erforderlichen Deutschkenntnisse entstünden Zweifel am angegebenen Aufenthaltszweck. Zudem habe die Klägerin nach ihren Angaben bei ihrem Vater in Sankt Augustin wohnen wollen, obwohl sich die Universität in C... befinde. Dies insbesondere nähre den Verdacht, dass die Klägerin den Studienaufenthalt vor allem deshalb anstrebe, um einen gesetzlich nicht vorgesehenen Daueraufenthalt bei ihrem Vater zu ermöglichen.

(2) Die Beklagte ist bei ihrer Beurteilung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen.

Die Klägerin hat ihr Baccalauréat nach dem vorgelegten Zeugnis mit der Gesamtnote 10 bestanden. Dies ist nach dem Notensystem der frankophonen Provinzen Kameruns, das eine Notenskala von 0 bis 20 umfasst, die unterste Bestehensnote (vgl. die Angaben im Anabin-Infoportal zu ausländischen Bildungsabschlüssen der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen der KMK, https://anabin.kmk.org/ no_cache/filter/bildungswesen.html?tab=first&land=251). Das Fach Mathematik hat sie mit der Note 7,5 gerade nicht bestanden. Die Klägerin hat diese Feststellungen nicht in Frage gestellt oder einen abweichenden Sachverhalt mitgeteilt. Die Bedeutung, die die Beklagte vor allem diesem Umstand beimisst, ist nicht zu beanstanden. Die TU C...weist in ihren Informationen zum Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaftslehre ausdrücklich darauf hin, dass mathematische Kenntnisse für viele Prüfungen notwendige Voraussetzung und damit wichtig seien, um zu einem erfolgreichen Abschluss des Studiums zu kommen.

Einen unzutreffenden Sachverhalt legt die Beklagte auch nicht in Bezug auf die Bemühungen zum Erwerb der deutschen Sprache zugrunde. Die Klägerin hat nach ihren Angaben in Kamerun nach dem Baccalauréat zwei Deutschkurse (A1 und A2) besucht, ohne dass bei diesen nachgewiesen wäre, dass sie sie durchgehend und mit Erfolg wahrgenommen hat; die eingereichten Bescheinigungen datieren jeweils vom Beginn des angegebenen Kurszeitraumes. Noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht im Oktober 2015, mithin gut eineinhalb Jahre nach Erlass des Remonstrationsbescheides, hat sie nur angegeben, einen Sprachkurs der Niveaustufe A1.2 oder A2 erfolgreich absolviert zu haben (ohne allerdings hierüber eine schriftlichen Nachweis vorzulegen). Auf die vor der mündlichen Verhandlung geäußerte Bitte des Senats um aktuelle Information zu absolvierten Sprachkursen hat sie allein die bereits bekannte Bestätigung des Sprachlernzentrums Douala vom 17. Dezember 2013 eingereicht.

Auch in Bezug auf die familiären Bindungen der Klägerin nach Deutschland und auf ihre Angaben im Visumantrag, ihren Aufenthalt beim Vater in Sankt Augustin nehmen zu wollen, hat die Beklagte keine unzutreffenden Tatsachen berücksichtigt. Die Klägerin selbst hat vielmehr diesen Umstand in der Berufungserwiderung nochmals bestätigt, indem sie erklärt hat, dass ihre „gesamte unmittelbare Familie … schon seit langer Zeit in Deutschland lebt“.

Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 16. August 2018 der Klägerin noch vorgehalten hat, es fehle an einer überzeugenden Begründung für einen Fachwechsel vom Logistik- und Transportmanagement, das sie in Kamerun studierte, zur Betriebswirtschaftslehre, hat sie daran in der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgehalten.

(3) Eine Verkennung des anzuwendenden Gesetzesbegriffs lassen die Ausführungen der Beklagten nicht erkennen. Dies gilt namentlich im Hinblick auf die Berücksichtigung der schulischen Leistungen der Klägerin bei den konkreten Anhaltspunkten. Soweit das Verwaltungsgericht - wenngleich unter den seinerzeit maßgeblichen Prüfungspunkten des übergreifenden Ablehnungsgrundes nach der Ben Alaya-Entscheidung des EuGH - ausführt, es handele sich dabei für sich genommen nicht um ein zulässiges Beurteilungskriterium, ist dem in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Nach den Ausführungen des Generalanwalts Mengozzi im Verfahren C-491/13 (Schlussanträge vom 12. Juni 2014, juris Rn. 52) sollen die schulischen Leistungen zwar als solche keinen Ablehnungsgrund darstellen können, sie können aber einen Gesichtspunkt unter anderen darstellen, der bei der Beurteilung der Schlüssigkeit des Zulassungsantrags berücksichtigt werden kann. Als solchen hat ihn die Beklagte aber erkennbar herangezogen, die ihren Eindruck des nicht ernstlich gewollten Studienzwecks auf mehrere Indizien - darunter auch, aber nicht nur das Zeugnis - gestützt hat.

(4) Die Beurteilung der Beklagten, aus den genannten Umständen sei der Schluss zu ziehen, dass die Klägerin ihren begehrten Aufenthalt nicht zu Studienzwecken anstrebe, sondern vielmehr einen Familiennachzug ermöglichen wolle, ist nachvollziehbar und lässt eine Verletzung allgemeingültiger Bewertungsmaßstäbe nicht erkennen, insbesondere erscheint sie nicht willkürlich. Allein der Umstand, dass auch eine andere Bewertung der Anhaltspunkte möglich erscheinen mag, zeigt noch keine Überschreitung des Beurteilungsspielraumes auf.

cc. Sind danach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG erfüllt, räumt das Gesetz der Beklagten - anders als diese meint - auf der Rechtsfolgenseite Ermessen ein. Schon aus dem Wortlaut des einleitenden Satzteils des § 20c Abs. 2 AufenthG („Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis … kann abgelehnt werden, wenn …“) ergibt sich, gerade auch angesichts der abweichenden Formulierung in § 20c Abs. 1 AufenthG („Eine Aufenthaltserlaubnis … wird nicht erteilt, wenn …“), dass die Ausländerbehörde bzw. die Auslandsvertretung keine gebundene Entscheidung zu treffen hat, sondern eine Versagung auf der Grundlage des § 20c Abs. 2 AufenthG eine Ermessensentscheidung ist. Auch die Richtlinie (EU) 2016/801 trägt die Einschätzung der Beklagten nicht. Vielmehr differenzieren die Ablehnungsgründe in Art. 20 RL (EU) 2016/801 - der Systematik des § 20c AufenthG entsprechend - zwischen zwingenden („Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn …“) in Abs. 1 und solchen Ablehnungsgründen in Abs. 2, die in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt sind („Die Mitgliedstaaten können einen Antrag ablehnen, wenn …“), darunter der hier relevante Art. 20 Abs. 2 Buchst. f) RL (EU) 2016/801.

In den Fällen des § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG ist die Ermessensausübung jedoch durch die unionsrechtlich von Art. 20 Abs. 2 Buchst. f) RL (EU) 2016/801 vorgegebene Zielrichtung der Norm, eine missbräuchliche Ausnutzung des zu Ausbildungs- oder Erwerbszwecken eröffneten Zugangs und eine Zweckentfremdung des Aufenthalts zu verhindern und damit der Entstehung ordnungswidriger Zustände entgegenzuwirken, in Richtung einer Versagung der Aufenthaltserlaubnis vorgezeichnet, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Denn die öffentlichen Interessen an der Sicherung eines mit dem in Anspruch genommenen Aufenthaltszweck konformen Aufenthalts überwiegen im Allgemeinen die privaten Belange des Ausländers, denen eine Schutzwürdigkeit nicht zukommt, wenn nach den konkreten Anhaltspunkten eine zweckentsprechende Nutzung des (beabsichtigten) Aufenthalts nicht gewährleistet ist. Ähnlich wie Soll-Vorschriften sind auch Vorschriften zu verstehen, die zwar die Behörde zu einer Ermessenentscheidung ermächtigen, gleichzeitig aber ausdrücklich oder doch nach Sinn und Zweck hinreichend deutlich zu erkennen geben, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Entscheidung im Regelfall in einem bestimmten Sinn ergehen soll, sogenannte „intendierte“ Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 1980 - 4 B 67.80 - juris Rn. 6; Urteil vom 5. Juli 1985 - 8 C 22.83 - juris Rn. 22; Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4.16 - juris Rn. 40 f.; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 40 Rn. 65).

Ist eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, so müssen nach den Grundsätzen über das intendierte Ermessen besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen; liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, so versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst und bedarf es daher keiner weiteren Ausführungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2017 - 5 C 4.16 - juris Rn. 40; Urteil vom 16. Juni 1997 - 3 C 22.96 - juris Rn. 14). Hier liegen keine besonderen Umstände vor, die eine andere Handhabung des Ermessens rechtfertigen würden.

Im Übrigen hat die Beklagte im Schriftsatz vom 17. April 2018 ausdrücklich das ihr nach Inkrafttreten des § 20c Abs. 2 Nr. 5 AufenthG eröffnete Ermessen - zulässigerweise (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 1 C 14.10 - juris Rn. 8 ff.) - nachträglich ausgeübt.

d. Schließlich steht einer Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Visums entgegen, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 AufenthG nicht nachgewiesen sind. Eine ausreichende Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) während des beabsichtigten Studienaufenthalts hat die Klägerin nicht belegt.

Hierzu liegt allein die bereits im Visumverfahren eingereichte Verpflichtungserklärung ihres in Deutschland lebenden, eingebürgerten Vaters vom 22. Januar 2014 vor. Darin verpflichtete sich dieser vom Tag der Einreise der Klägerin an bis zur Beendigung ihres Aufenthalts oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck die Kosten für den Lebensunterhalt der Klägerin nach § 68 AufenthG zu tragen.

Zwar ist eine Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG grundsätzlich geeignet, die Regelerteilungsvoraussetzung des gesicherten Lebensunterhalts zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 29; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2012 - OVG 2 B 10.11 - juris Rn. 40 ff.; Hailbronner, AuslR, Stand: November 2018, AufenthG § 2 Rn. 46).

Auch ist vorliegend davon auszugehen, dass die Erklärung weiterhin wirksam ist, denn sie wurde ohne eine zeitliche Beschränkung abgegeben. Allein durch die Beendigung des Aufenthalts oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels soll nach dem Erklärungsinhalt die eingegangene Verpflichtung beendet werden. Aus der Regelung des § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1936) zum 6. August 2016 in Kraft getretenen Fassung, die eine Begrenzung der Erstattungspflicht auf fünf Jahre vorsieht, ergibt sich nichts anderes. Denn gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 AufenthG beginnt der Zeitraum (erst) mit der durch die Verpflichtungserklärung ermöglichten Einreise des Ausländers, die im Fall der Klägerin bislang nicht erfolgt ist.

Jedoch setzt die Berücksichtigung einer Verpflichtungserklärung im Rahmen der Sicherung des Lebensunterhalts voraus, dass derjenige, der die Erklärung abgegeben hat, leistungsfähig ist, d.h. nach seinem Einkommen oder Vermögen in der Lage ist, den Bedarf des Ausländers hinsichtlich der Kosten seines Lebensunterhalts zu decken (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 32; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2012 - OVG 2 B 10.11 - juris Rn. 45 m.w.N.). Dies lässt sich hier nicht feststellen. Die bislang vorliegende Berechnung trägt die Prognose einer Sicherung des Lebensunterhalts der Klägerin im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG schon wegen des Alters der zugrunde gelegten Einkommensnachweise aus dem Jahr 2013 nicht. Ob der Vater weiterhin berufstätig ist und über ein Einkommen in Höhe des bislang nachgewiesenen Gehalts verfügt, ist nicht erkennbar, da die Klägerin trotz des gerichtlichen Hinweises vom 16. April 2019 keine aktualisierten Unterlagen eingereicht hat. Selbst wenn man das im Jahr 2013 nachgewiesene Einkommen von 3.400 Euro netto zugrunde legte, würde dies nicht ausreichen. Für die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichtungsgebers sind nicht die Regelbedarfssätze nach dem SGB II, sondern die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO heranzuziehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 33). Nach diesen verbliebe - auch wenn man die Ehefrau des Vaters mit Blick auf die Mitteilung, diese sei als Fachärztin für Innere Medizin tätig, bei der Ermittlung des unpfändbaren Einkommens unberücksichtigt ließe (vgl. § 850c Abs. 4 ZPO) - angesichts der Unterhaltspflicht des Vaters der Klägerin für drei Kinder gemäß der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2017 (BGBl. I S. 750) ein pfändbarer Betrag von 409,21 Euro, der deutlich unterhalb des für die Klägerin erforderlichen Bedarfssatzes nach § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BAföG i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG von 649 Euro liegt.

e. Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob der Visumerteilung darüber hinaus auch der Umstand entgegensteht, dass die Klägerin im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine aktuell gültige Krankenversicherung, die über eine bloße Reiseversicherung hinausgeht, nachgewiesen hat.

Zwar setzt § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 10.12 - juris Rn. 17) nicht voraus, dass ein Visumantragsteller bereits im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt einen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat, denn da der Gesetzgeber das Bestehen ausreichenden Krankenversicherungsschutzes im Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Lebensunterhaltssicherung zugeordnet hat, genügt für die von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geforderte Prognoseentscheidung, dass der Ausländer diese Voraussetzung nach der Einreise erfüllen kann und wird, was auch aufgrund des aus § 152 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) folgenden Kontrahierungszwangs angenommen werden kann.

Die Regelungen der Richtlinie (EU) 2016/801 sehen hingegen strengere Vorgaben im Hinblick auf den Krankenversicherungsschutz vor. Gemäß der allgemeinen Bedingung in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c) RL (EU) 2016/801 muss ein Ausländer zur Zulassung zum Aufenthalt Nachweise darüber vorlegen, dass er über eine Krankenversicherung verfügt oder - falls dies im nationalen Recht vorgesehen ist - eine Krankenversicherung beantragt hat, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind. Zudem muss die Versicherung für die Dauer des geplanten Aufenthalts gültig sein. Art. 5 Abs. 1 RL (EU) 2016/801 gibt vor, dass ein Ausländer nach der Richtlinie nur dann zugelassen wird, wenn sich nach der Prüfung der Unterlagen ergibt, dass er unter anderem die allgemeinen Bedingungen des Art. 7 RL (EU) 2016/801 erfüllt. Für diese besteht auch kein Vorbehalt günstigerer mitgliedstaatlicher Bestimmungen nach Art. 4 Abs. 2 RL (EU) 2016/801. Ob danach der in zeitlicher und sachlicher Hinsicht ausreichende Krankenversicherungsschutz nach den europarechtlichen Vorgaben bereits vor der Visumerteilung zu Studienzwecken gesichert sein muss, bedarf vorliegend - wie ausgeführt - nicht der Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.