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Entscheidung 6 K 576/07


Metadaten

Gericht VG Cottbus 6. Kammer Entscheidungsdatum 29.10.2010
Aktenzeichen 6 K 576/07 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 6 KAG BB

Leitsatz

Das Fehlen einer Möglichkeit, nachweislich (etwa über einen Gartenzähler) nicht in die Entwässerungsanlage gelangte Wassermengen absetzen zu können, führt bei nicht homogener Struktur des Entsorgungsgebietes regelmäßig zur Unwirksamkeit einer am Frischwasserbezug ausgerichteten Maßstabsregelung.

Zur Frage der Inanspruchnahme der dezentralen Entsorgung des Einrichtungsträgers bei Beauftragung der Entsorgungsleistung bei der als Verwaltungshelfer tätigen Entsorgungsfirma.

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 06. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2007 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Gebühren für die Fäkalienentsorgung für das Grundstück ... Straße 114a in A-Stadt.

Mit Bescheid vom 06. Februar 2007 erhob der Beklagte Gebühren für die Fäkalienentsorgung für den Zeitraum 03.01. bis 31.12.2006. Hierbei setzte er eine Mengengebühr von 362,84 Euro sowie eine Grundgebühr in Höhe von 34,81 Euro fest. Zur Berechnung der Gebühr legte er eine anrechenbare Frischwassermenge von 94 m³ zu Grunde, wobei er den Jahreswasserverbrauch auf 105 m³ schätzte.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 17. Februar 2007 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2007 zurückwies. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Widerspruch zulässig aber unbegründet sei. Die maßgeblichen Satzungen seien formell und materiell rechtmäßig. Der Gebührenbescheid sei korrekt erstellt worden. Da eine Ermittlung der Entsorgungsmenge nicht möglich gewesen sei, sei eine Schätzung erforderlich gewesen.

Die Klägerin hat am 25. Mai 2007 Klage erhoben. Der Bescheid sei fehlerhaft. Sie habe bereits unter dem 29. März 2004 einen Antrag zur Errichtung einer Kleinkläranlage eingereicht, der mit dem Vermerk zurückgeschickt worden sei, dass eine Erschließung des Grundstücks über das öffentliche Abwassernetz in den Jahren 2006 bis 2008 erfolgen solle. Ferner habe sie unter dem 17. Januar 2007 einen als Fäkalienentsorgungsbescheid bezeichneten Bescheid erhalten, gegen den sie Widerspruch erhoben habe, der aber durch den Beklagten noch nicht verbeschieden worden sei. Der Beklagte weigere sich zudem beharrlich, die entsprechenden Satzungen auszuhändigen. Zudem könne der Beklagte weder für das Jahr 2007 noch für das Jahr 2006 Nachweise erbringen, dass er Leistungen erbracht habe. Zudem würde es sich bei den Nachweisen lediglich um privatrechtliche Vertragsunterlagen handeln. Soweit der Beklagte dann einen Entsorgungsnachweis der Firma XXX aus dem Jahre 2006 vorgelegt habe, werde bestritten, dass eine solche Abfuhr stattgefunden habe bzw. dass die Abfuhr durch den GWAZ selbst oder in dessen Auftrag erfolgt sei. Sie habe zu keinem Zeitpunkt Entsorgungsleistungen beim Beklagten angemeldet oder beantragt. Dies werde durch die Ordnungsverfügung des Beklagten vom 15. Mai 2007 bestätigt. Zwar habe am 22. November 2006 eine Zwangsabfuhr erfolgen sollen, indes habe die Klägerin den Zutritt zum Grundstück verweigert. Privat sei am 03. November 2006 die Firma XXX telefonisch beauftragt worden; der Auftrag sei dann am 08. November 2006 durchgeführt worden. Die Verfahrensweise, wie eine Beauftragung zu erfolgen habe, sei in der Satzung des GWAZ geregelt. Hiernach habe die Klägerin weder schriftlich noch fernmündlich eine Bestellung veranlasst.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 06. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und verteidigt die angegriffenen Bescheide. Soweit die Klägerin vortrage, dass über einen Antrag auf Genehmigung einer Kleinkläranlage noch nicht entschieden worden sei, sei der Beklagte hierfür nicht zuständig. Dies obliege der Wasserbehörde. Zwischenzeitlich sei vor dem Grundstück zudem die zentrale Entwässerungsanlage hergestellt. Der von der Klägerin angeführte Fäkalienentsorgungsbescheid habe keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Gebührenbescheides; dieser beruhe auf der Fäkaliensatzung. Am 09. November 2006 sei im Auftrag des GWAZ Fäkalwasser abtransportiert worden. Die Tatsache der erbrachten Abfuhrleistung durch die Firma XXX werde durch deren Unterschrift auf der Liste über erbrachte Abfuhrleistungen bestätigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten verwiesen. Vorgenannte Akten waren ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung wie die vom Beklagten eingereichten Satzungsunterlagen betreffend die Fäkaliensatzung und Fäkaliengebührensatzungen des B. .

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der angegriffene Fäkaliengebührenbescheid des Beklagten vom 06. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).

Allerdings dürfte die Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung nicht bereits daraus folgen, dass im Erhebungsjahr 2006, so wie die Klägerin vorträgt, kein Abtransport von Fäkalien durch den Beklagten oder dessen Beauftragten erfolgt sei. Nach § 8 der Fäkaliensatzung des GWAZ vom 12. April 2006 (im Folgenden FäkS), die nach deren § 11 rückwirkend zum 01. Januar 1998 in Kraft treten soll, kommt eine Gebührenerhebung zwar nur dann in Betracht, wenn tatsachlich eine Inanspruchnahme der dezentralen Entsorgung des Beklagten durch den Betroffenen erfolgt ist, da nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FäkS Entsorgungsgebühren für die Entsorgung der abflusslosen Sammelgruben erhoben werden. Insoweit setzt die Gebührenerhebung und zwar sowohl der Arbeits- bzw. Mengengebühr als auch der Grundgebühr, die ab dem 01. Januar 2006 zusätzlich erhoben wird, eine Inanspruchnahme in Form einer Entsorgung des Inhalts der abflusslosen Sammelgrube voraus. Indes dürfte entgegen der Behauptung der Klägerin von einem dem Beklagten zuzurechnenden Abtransport auszugehen sein. Dies folgt allerdings nicht allein aus dem Umstand, dass die Firma XXX seinerzeit auch für den GWAZ tätig geworden ist. Zieht der Zweckverband private Dritte zur Durchführung von Tätigkeiten im Bereich der dem Zweckverband obliegenden hoheitlichen Abwasserentsorgung hinzu, was in § 66 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgisches Wassergesetz ausdrücklich zugelassen ist, so kommt diesen die Rechtsstellung eines Verwaltungshelfers zu. Das bedeutet aber nicht, dass ein solches Unternehmen jedes Mal, wenn es eine abflusslose Sammelgrube entleert, als Verwaltungshelfer tätig ist; vielmehr kommt es darauf an, dass das Abpumpen gerade im Auftrag des Zweckverbandes erfolgt. Insoweit genügt es für sich genommen nicht, dass ein von dem Betroffenen beauftragtes Unternehmen ebenfalls für den entsorgungspflichtigen und entsorgungsberechtigten Zweckverband tätig ist. Entscheidend ist insoweit, dass das Abpumpen gerade im Auftrag des Zweckverbandes erfolgt (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Dezember 2009 -9 N 180.08-).

Für die Beantwortung der Frage, ob eine Firma, derer sich der Verband als Verwaltungshelfer bedient, auch im konkreten Fall als Verwaltungshelfer tätig wird, ist zunächst in den Blick zu nehmen, dass die im Verbandsgebiet ansässigen Benutzer aufgrund des durch Satzung angeordneten Anschluss- und Benutzungszwangs regelmäßig gehalten sind, die Entsorgung der Inhalte abflussloser Sammelgruben durch den abwasserbeseitigungspflichtigen Verband ausführen zu lassen. Eine solche Regelung enthält vorliegend § 4 Abs. 1 FäkS, wonach jeder Eigentümer eines im Gebiet des GWAZ liegenden Grundstücks verpflichtet ist, die Entsorgung der abflusslosen Sammelgruben ausschließlich durch den GWAZ zuzulassen und den zu entsorgenden Inhalt dem GWAZ zu überlassen. Mit Blick hierauf besteht, bedient sich ein Grundstückseigentümer zur Entsorgung des Inhalts abflussloser Sammelgruben der Einrichtungen des Verbandes insbesondere der vom diesem angebotenen Entsorgungswege, bereits eine Vermutung dafür, dass die Entleerung zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem angeordneten Benutzungszwang erfolgt ist. Ferner ist in den Blick zu nehmen, dass die Entsorgungstätigkeit der Firma für den Verband regelmäßig auf Grundlage eines Vertrages erfolgt und deren Tätigkeiten regelmäßig in Erfüllung der dem Träger der Einrichtung gegenüber eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen erfolgen. Ein solcher, das Rechtsverhältnis zwischen dem Träger der öffentlichen Abwasserentsorgung und dem für diesen tätig werdenden Dritten regelnder Vertrag besteht auch vorliegend, der Beklagte hat zur Gerichtsakte eine Abschrift des Vertrages zwischen dem GWAZ und der Firma XXX gereicht. Hiernach ist der Auftragsnehmer (die Firma XXX) dazu verpflichtet, in den Gemeinden des Verbandsgebietes die Inhalte der abflusslosen Sammelgruben zu übernehmen und diese zu der Fäkalannahmestation des GWAZ zu befördern und dort einzuleiten (vgl. § 3 Abs. 1 des Vertrages). Regelmäßig -so auch hier- beinhaltet der Vertrag dann auch Regelungen dazu, dass und wie die erbrachten Leistungen zu vergüten sind. § 6 Abs. 3 des Vertrages bestimmt, dass die Berechnung und Erhebung von Entsorgungsgebühren bei dem Kunden (Anm.: dem Gebührenschuldner) ausschließlich dem Auftraggeber und damit dem GWAZ obliegen und Mitarbeiter des Auftragsnehmers oder eines von diesem beauftragten Dritten u.a. nicht dazu berechtigt sind, Zahlungen von Kunden für Entsorgungsleistungen entgegen zu nehmen. Ist hiernach die Firma aufgrund der eingegangenen vertraglichen Verpflichtung mit dem GWAZ nicht berechtigt, Zahlungen von Kunden im Gebiet des GWAZ entgegen zu nehmen, so spricht dann ebenfalls eine Vermutung dafür, dass die erbrachten Entsorgungsleistungen aus Sicht der Firma solche sind, die sie im Verhältnis zum Verband in dessen Sinne und Auftrag erbringt. Andernfalls würde die Firma nämlich weder gegenüber dem GWAZ abrechnen können, noch könnte sie -möchte sie sich nicht einer Vertragsverletzung schuldig machen- die verursachten Kosten bei dem Inhaber der abflusslosen Sammelgrube abrechnen. Angesichts dessen wird die Firma regelmäßig auch nicht bereit sein, außerhalb ihrer Tätigkeit für den Verband Entsorgungsleistungen auf Grundlage eines privatrechtlichen, mit dem Inhaber der abflusslosen Sammelgrube im Verbandsgebiet eingegangenen Vertrages zu erbringen. Auch dies begründet eine freilich widerlegliche Vermutung dafür, dass der Verwaltungshelfer, entsorgt er die Inhalte abflussloser Sammelgruben im Verbandsgebiet, für den Verband auch in dieser Eigenschaft tätig geworden ist.

Vor diesem Hintergrund mag die Klägerin zwar plausibel gemacht haben, dass sie entgegen der erstgenannten Vermutung die Entsorgung des Inhalts der abflusslosen Sammelgrube auf dem Grundstück ... Straße 114a in A-Stadt entgegen des in der Satzung vorgesehenen Benutzungszwangs hatte vornehmen lassen wollen. Indes spricht vieles dafür, dass sie, indem sie letztlich die Entsorgung dann doch von der Firma XXX tatsächlich hat ausführen lassen, gleichwohl die dezentrale Entsorgung des Beklagten in Form einer Entsorgung über den Verwaltungshelfer in Anspruch genommen hat und diese Firma auch als Verwaltungshelfer für den GWAZ tätig geworden ist. Entscheidend dürfte hierbei sein, dass die Klägerin von der Firma keine Abrechnung erhalten hat und sich die Firma auch geweigert hat, der Klägerin gegenüber abzurechnen. Allein, dass die Firma einen Auftrag der Klägerin entgegen genommen hat, sich zur Entsorgung des Inhalts der abflusslosen Grube bereit erklärt und diese im Jahr 2006 auch durchgeführt hat, dürfte einen begründeten Schluss auf das Bestehen einer vertraglichen Vereinbarung nämlich noch nicht zulassen, weil die Firma aufgrund ihrer dem GWAZ gegenüber eingegangenen Verpflichtungen ohnehin verpflichtet war, die Entleerung von abflusslosen Sammelgruben im Verbandsgebiet durchzuführen. Darauf, dass die Klägerin eine Entleerung nicht beim GWAZ angemeldet hat, dürfte es nicht ankommen. Auch wenn § 6 Abs. 1 der Fäkaliensatzung eine Anmeldung und Antragstellung beim Beklagten und nicht bei der Entsorgungsfirma vorsieht, dürfte dies nicht ausschließen, dass der Verwaltungshelfer Entsorgungsaufträge gleichsam als Vertreter oder Bote mit Wirkung für den letztlich entsorgungspflichtigen Verband entgegen nehmen kann. Eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Entsorgungsfirma hätte dagegen eine vertragliche Einigung vorausgesetzt, die die Pflicht der Firma zur Entsorgung des Inhalts der abflusslosen Sammelgrube auf der einen Seite und die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung eines Entgelts für die zu erbringenden Leistungen auf der anderen Seite beinhaltet haben dürfte. An letzterer dürfte es aber mangels Abrechnung gefehlt haben. Dies dürfte der Klägerin auch bewusst gewesen sein. Sie hat nämlich in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, dass sie bereits im Jahre 2004 keine Abrechnung von der Firma erhalten hat. Davon, dass die Firma im Jahr 2006 Entsorgungsleistungen auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages ohne Entgelt erbringt, konnte sie nicht ausgehen.

All dies mag offen bleiben. Der Bescheid ist nämlich rechtswidrig, weil es dem Beklagten an der erforderlichen Rechtgrundlage für die Erhebung der hier streitgegenständlichen Fäkaliengebühren ermangelt. Es fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (KAG) erforderliche Satzungsgrundlage. Nach dieser Vorschrift dürfen Abgaben nur aufgrund einer Abgabensatzung erhoben werden. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Satzung dabei mindestens den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit angeben. Daran fehlt es hier. Die der Gebührenerhebung zugrunde liegende und gemäß ihres § 11 rückwirkend zum 01. Januar 1998 in Kraft getretene Fäkaliensatzung des GWAZ vom 12. April 2006 ist nichtig, weil sie nicht den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG erforderlichen Mindestinhalt aufweist.

Es fehlt eine wirksame Regelung zum Gebührenmaßstab für die Mengengebühr mit der Folge, dass dieser Mangel die Gesamtnichtigkeit der Satzung -jedenfalls in ihren die Gebühren regelnden Bestandteilen- nach sich zieht. In § 8 FäkS ist insoweit lediglich bestimmt, dass zur Berechnung der Schmutzwassermengen 90% des Trinkwasserverbrauchs des Kunden in Ansatz gebracht werden. Mit dieser Regelung hat der GWAZ zur Berechnung der Gebühr den sog. Frischwassermaßstab gewählt, der auch im Bereich der abflusslosen Sammelgruben grundsätzlich ein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab sein dürfte (ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. Urteil vom 22. November 2006 – 6 K 1091/04, S. 9 f.d. E.A.). Ihm liegt die Überlegung zu Grunde, dass derjenige, der eine bestimmte Menge an Frischwasser bezieht, auch einen bestimmten Anteil davon der Entwässerungseinrichtung zuführen wird, wobei unter Zugrundelegung vergleichbarer Verhältnisse die endgültig auf den Grundstücken verbrauchten Wassermengen nicht in nennenswertem Maße voneinander abweichen, dass also umso mehr Schmutzwasser der Entwässerungseinrichtung zugeführt wird, je mehr Frischwasser bezogen wird. Soweit dennoch auf Abwasserseite beachtliche Reduzierungen der zu entsorgenden Mengen in Betracht zu ziehen sind, dürften vorrangig rechtswidrige Verhaltensweisen als Ursache anzunehmen sein. Namentlich eine anderweitige Entsorgung außerhalb eines bestehenden Anschluss- und Benutzungszwanges (etwa Abfuhr durch günstigere Unternehmer, illegale Einleitung ins Grundwasser, Betrieb einer Kleinkläranlage mit anschließender Verrieselung ohne entsprechende Befreiung vom Anschlusszwang) kann zu einer Reduzierung der Entsorgungsmenge führen. Denkbar ist auch die (ebenfalls rechtswidrige) Nutzung undichter Sammelgruben. Solche rechtswidrigen Verhaltensweisen muss der Verband jedoch bei der Wahl des Maßstabes nicht berücksichtigen; er darf vielmehr rechtmäßiges Verhalten der Gebührenpflichtigen voraussetzen. Denn für die Beurteilung, ob ein offensichtliches Missverhältnis zu der Inanspruchnahme i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG besteht, muss ausschließlich auf ein rechtmäßiges Nutzungsverhalten der Einrichtungsbenutzer abgestellt werden. Bei rechtmäßigem Verhalten aber erscheint die hinter dem Frischwassermaßstab stehende Annahme nicht willkürlich (vgl. Düwel in Becker/Benedens/Deppe/Düwel/Kluge/Schmidt, KAG Bbg. Komm., § 6 Rn. 1050; VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 18.06.2007 -5 K 1572/02-, zitiert nach Juris).

Allerdings ist auch zu beachten, dass dem Frischwassermaßstab die Annahme zu Grunde liegt, dass die jeweils auf den Grundstücken "verbrauchte", also nicht in die Kanalisation oder abflusslose Sammelgrube abgegebene Wassermenge verhältnismäßig gleich ist und er es -ohne Modifikation- nicht ermöglicht, erheblichen Ungleichheiten Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. März 1995 -8 N 3.93-, zitiert nach Juris) ist insoweit folgendes zu beachten:

"Zwar dürfen Benutzungsgebühren nicht nur nach dem konkret nachgewiesenen Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung ("Wirklichkeitsmaßstab"), sondern auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden, wenn keine zwingenden gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehen. Diese pauschalierende Abweichung von der tatsächlichen Inanspruchnahme wird von der Notwendigkeit eines praktikablen, wenig kostenaufwendigen und damit auch den Gebührenzahlern zugute kommenden Erhebungsverfahrens getragen und läßt sich deshalb ebenfalls auf den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität zurückführen. Der Frischwasserbezug ist grundsätzlich ein solcher zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab für die Berechnung der Entwässerungsgebühren (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. März 1985, a.a.O., und vom 12. Februar 1974 - BVerwG VII B 89.73 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 21; Schieder/Happ, BayKAG, Art. 8, Anm. 8.4). Er bezieht seine Rechtfertigung aus zwei Annahmen: Erstens muß davon ausgegangen werden können, daß die Menge des in die öffentliche Entwässerungsanlage eingeleiteten Schmutzwassers etwa der Menge des bezogenen Frischwassers entspricht; zweitens muß angenommen werden können, daß nach den örtlichen Verhältnissen des Abrechnungsgebiets im Regelfall die jeweils auf den Grundstücken "verbrauchte", also nicht in die Kanalisation abgegebene Wassermenge verhältnismäßig gleich ist und - falls ein Grenzwert festgelegt ist - daß diese Relation bis zu dem Grenzwert in etwa gewahrt bleibt (BVerwG, Beschluß vom 12. Februar 1974, a.a.O., und Urteil vom 14. April 1967 - BVerwG VII C 15.65 - BVerwGE 26, 317 <320>; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6. Februar 1986, a.a.O.). Unter diesen Gesichtspunkten ist der Frischwassermaßstab mit Blick auf die bei normaler Wohnnutzung typischerweise alle Grundstücke eines im wesentlichen einheitlichen Gebietes gleich treffenden - überdies geringen - Verluste durch den Wasserverbrauch beim Kochen, Trinken etc. gerechtfertigt, zumal insoweit ein konkreter Nachweis praktisch ausgeschlossen ist. Hingegen läßt es der Frischwassermaßstab nicht zu, erhebliche Ungleichheiten infolge unterschiedlicher industrieller oder gewerblicher Nutzung (vgl. hierzu Schremmer, KStZ 1982, 21 <23 ff.>, KStZ 1986, 67 ff., KStZ 1991, 208 ff. und KStZ 1993, 141 ff.) oder infolge unterschiedlichen Verbrauches für die Gartenbewässerung völlig unberücksichtigt zu lassen; denn insoweit fehlt es an der vorausgesetzten (zweiten) Annahme der relativ gleichen Wirkung der pauschalierenden Vernachlässigung. Der Frischwasserbezug ist in solchen Fällen nur dann ein brauchbarer Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wenn die Gebührensatzung die Möglichkeit vorsieht, nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitete Wassermengen abzusetzen (BVerwG, Beschluß vom 12. Juni 1972 - BVerwG VII B 117.70 - Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 132) und wenn nicht - wie hinzuzufügen ist - ein etwaiger Grenzwert wegen seiner Höhe im Regelfall einer Nichtberücksichtigung solcher anderweitig verbrauchter Wassermengen in Wahrheit gleichkommt. Die durch die Absetzbarkeit bewirkte "Verfeinerung des verhältnismäßig groben, an der bezogenen (Frisch- )Wassermenge anknüpfenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs" nähert diesen einem Wirklichkeitsmaßstab an (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. August 1992 - 12 A 11011/92 - KStZ 1993, 196 <197>) und ist jedenfalls bei nicht homogen strukturierten, durchweg gleiche Wasserverbrauchsgewohnheiten aufweisenden Abrechnungsgebieten in der Regel geboten."

Hiervon ausgehend erweist sich die in der FäkS bestimmte Maßstabsregelung als unwirksam, weil sie keine Möglichkeit vorsieht, nachweislich nicht in die abflusslose Sammelgrube gelangte Wassermengen (etwa über einen Gartenzähler) abzusetzen. Insoweit ist zum einen festzustellen, dass das Verbandsgebiet des GWAZ im Jahre 2006 (nunmehr Entsorgungsgebiet EI) zum einen flächenmäßig und von der Zahl der Einwohner beträchtlich war. Es ist auch nicht weitestgehend gleichmäßig strukturiert. Zu diesem gehören neben urban geprägten Strukturen in der Stadt A-Stadt auch kleine und mittlere Gemeinden (vgl. hierzu die in § 1 Abs. 1 der Fäkaliensatzung und der Fäkaliengebührensatzung vom 25. Januar 2007 enthaltene Nennung der Orte zur Anlage E I). Selbst die Stadt A-Stadt ist insoweit in ihrer Struktur nicht einheitlich. Vorzufinden sind etwa gewerblich genutzte Grundstücke und solche, die mit größeren, mehretagigen Objekten bebaut sind, die wohl überwiegend zur Vermietung genutzt werden. Im Stadtgebiet finden sich aber ebenso überwiegend durch Einfamilienhäuser geprägte Siedlungsstrukturen mit kleinerem aber auch größerem Grundstücksanteil. Hiervon wiederum werden einige Grundstücke zu einem größeren, andere zu einem geringeren Teil versiegelt sein, während andere Gründstücke eine größere Grünfläche andere wiederum eine größere gärtnerisch genutzte Fläche aufweisen. Zum Verbandsgebiet gehören dann auch noch Orte und Ortsteile die sich in Struktur, Bauweise und Nutzung der Grundstücke als dörflich darstellen, wie dies etwa bei XXX, XXX, XXX, XXX oder XXX der Fall ist, aber auch z.B. für XXX oder XXX gelten wird. Auch diese Orte bzw. Ortsteile sind nicht einheitlich strukturiert. Neben größeren Orten und Dörfern (z.B. XXX) gibt es auch kleinere bis kleinste Dörfer. In diesen finden sich wiederum kleinere und größere Grundstücke mit unterschiedlich großer Bebauung und mit erheblichen Unterschieden in Umfang und Art der Freilandnutzung. Zudem ist aufgrund der Größe des Verbandsgebietes davon auszugehen, dass nicht alle Grundstückseigentümer vorhandene Grün- und Gartenflächen in vergleichbarem Umfang bewässern werden und eine Bewässerung nicht auf sämtlichen Grundstücken in vergleichbarer Art und Weise bewerkstelligt wird. Während ein Teil der Grundstückseigentümer Grünflächen nur spärlich bewässern wird oder gar ganz auf eine Bewässerung etwa der Rasenflächen verzichtet, werden andere Grundstückseigentümer -etwa weil sie besonderen Wert auf eine gepflegte Rasenfläche legen- in beträchtlichem Umfang Wasser auf Grünflächen aufbringen; zudem wird wiederum hiervon ein Teil die benötigten Wassermengen über Regenauffangbehältnisse oder über vorhandene Brunnensysteme gewinnen, während andere Grundstückseigentümer mangels derartiger Anlagen darauf angewiesen sind, das zur Bewässerung erforderliche Wasser über die öffentliche Wasserversorgung zu beziehen. Mit Blick hierauf kann nicht angenommen werden, dass das Verbandsgebiet des GWAZ, wie es im Jahre 2006 bestand und nunmehr das Entsorgungsgebiet E I bildet, insgesamt in seiner Nutzungs- und Bebauungsstruktur derart homogen geprägt ist, dass die Annahme gerechtfertigt sein könnte, dass die Menge des auf dem Grundstück verbleibenden und endgültig verbrauchten Wassers nahezu identisch sein könnte. Vielmehr ist allein aufgrund der inhomogenen Struktur der zum Verbandsgebiet gehörenden Orte (urban oder dörflich geprägt), des Vorhandenseins kleinerer und größerer Grundstücke mit -vor allem- kleinerem oder größerem Grünland- und Gartenanteil davon auszugehen, dass sich wegen der daran anknüpfenden unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten und -gewohnheiten etwa bei der Grünland- und Gartenbewässerung abweichende Mengen des auf den jeweiligen Grundstücken endgültig verbleibenden Wassers ergeben. Angesichts dessen bedarf es der notwendigen Korrektur des (ungenauen) Wahrscheinlichkeitsmaßstabes durch eine konkrete "Wirklichkeitskomponente", nachweisbar in erheblichem Umfang nicht in die Kanalisation eingeleitete Wassermengen etwa über einen separaten Gartenzähler absetzen zu können. Hieran fehlt es der Satzung. Dafür, dass der Beklagte letztlich von der Erforderlichkeit einer Abzugsmöglichkeit ausgeht, spricht, dass im Bereich der zentralen Abwasserentsorgung über das öffentliche zentrale Entwässerungssystem die Gebührensatzung eine Abzugsmöglichkeit bereits im Jahre 2006 vorgesehen hat. Zudem hat der Beklagte selbst die Notwendigkeit einer Verfeinerung des relativ groben Frischwassermaßstabs bei der Bemessung der Gebühren für die Fäkalienentsorgung aus abflusslosen Sammelgruben erkannt und in seinen ab dem 01. Januar 2007 geltenden Gebührensatzungen die Möglichkeit vorgesehen, nicht in die Grundstücksentwässerungsanlage gelangte Wassermengen über zugelassene und geeichte Messeinrichtungen nachzuweisen und die derart nachgewiesenen Wassermengen auf Antrag abzusetzen (vgl. § 8 Abs. 6 der Gebührensatzung zur Fäkaliensatzung vom 25. Januar 2007). Schließlich konnte auch der Beklagte den Verzicht auf eine Abzugsmöglichkeit für nicht in die abflusslose Sammelgrube gelangte Wassermengen in der hier maßgeblichen Satzung vom 12. April 2006 nicht plausibel machen. In der mündlichen Verhandlung führte der Beklagte insoweit aus, dass eine Rechtfertigung für die gewählte Satzungsregelung nicht gegeben werden könne.

Keine andere Beurteilung des Gebührenmaßstabes ist angezeigt, weil zur Berechnung der Fäkaliengebühr nicht die gesamte dem Grundstück zugeführte Frischwassermenge sondern lediglich 90% des Trinkwasserverbrauchs in Ansatz gebracht werden. Dies kann nicht die erforderliche Verfeinerung des Frischwassermaßstabs durch eine Abzugsmöglichkeit ersetzen. Einer solchen Regelung liegt die Annahme zu Grunde, dass ca. 10% des Frischwassers nicht in die Grundstücksentwässerungsanlage und namentlich in die abflusslose Sammelgrube gelangen werden und auf dem Grundstück verbleiben. Unbeschadet dessen, ob der Wert von 10% gegriffen ist oder nach den vom Beklagten gewonnenen Erfahrungswerten die durchschnittlichen Verluste von Wasser auf den Grundstücken darstellen könnte, werden von dieser Regelung alle Grundstückseigentümer gleich betroffen. Individuellen Wasserverbrauchsgewohnheiten kann ein pauschaler, alle Gebührenschuldner zu Gute kommender Abzug nicht Rechnung tragen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 04. Oktober 2001 - 9 A 366/00-, juris). Zudem wirkt eine solche Regelung keinesfalls begünstigend. Zwar wird ein Abzug von 10% vorgenommen und damit auf den ersten Blick die Gebührenlast geringer. Indes kann die Maßstabsregelung nicht isoliert betrachtet werden, sondern es bedarf insoweit des Blickes auf den Gebührensatz. Letzterer ist das Ergebnis einer Kalkulation aus den bei dem Verband für die Entsorgung der Inhalte abflussloser Sammelgruben anfallenden Kosten und der erwarteten Maßstabseinheiten. Bleiben die Kosten gleich, verringern sich aber die Maßstabseinheiten, wie dies bei einem Pauschalabzug von 10% der Fall ist, bewirkt dies, dass bei einer Kalkulation des kostendeckenden Gebührensatzes der Gebührensatz je Maßstabseinheit entsprechend steigen wird. Dies wiederum hat zur Folge, dass eine Verringerung der letztlich von jedem einzelnen zu entrichtenden Gebühr nicht eintreten wird und die Gebührenpflichtigen im Ergebnis mit der Gebühr belastet werden, die bei einer Bemessung der Gebühr nach 100% des Frischwasserbezugs und dann verringertem Gebührensatz auch entstehen würde. Insoweit stellt sich eine solche pauschale 10%-Abzugsregelung als "Null-Summen-Spiel" heraus, denn einer Verringerung der individuellen Einleitungsmenge auf der einen Seite steht eine entsprechende Erhöhung des Gebührensatzes gegenüber (vgl. OVG Münster, a.a.O.).

Fehlt es damit an einer wirksamen Regelung zum Gebührenmaßstab für die Mengengebühr, so zieht dies die Gesamtnichtigkeit der Satzung in ihren gebührenrechtlichen Bestandteilen nach sich. Für die in der Satzung ebenfalls geregelte Grundgebühr (§ 7 FäkS), die sich nach der Größe des eingebauten Wasserzählers bemisst, folgt dies daraus, dass nach § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG Grundgebühren nur neben einer Mengen- oder Arbeitsgebühr erhoben werden können. Für eine Anwendung des Rechtsgedankens aus § 139 BGB ist -soweit es die Regelungen zu den Gebühren für die Fäkalienentsorgung betrifft- dann ebenfalls kein Raum, weil es insoweit nicht auf den mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers, sondern allein auf den gesetzlich geforderten Mindestinhalt einer Abgabensatzung ankommt (vgl. OVG Brandenburg, Beschluss vom 12. März 1998 -2 B 36/98-).

Auch früheres Satzungsrecht vermag nicht als Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung zu dienen. Sämtlichen Vorgängersatzungen ist die (unwirksame) Maßstabsregelung gemeinsam; sie sehen -wie die Fäkaliensatzung vom 12. April 2006- keine Möglichkeit vor, (nachweislich) nicht in die Grundstücksentwässerungsanlage eingeleitete Wassermengen absetzen zu können. Auch die Nachfolgesatzung kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Die Gebührensatzung zur Fäkaliensatzung des GWAZ vom 25. Januar 2007 erfasst den hier streitgegenständlichen Erhebungszeitraum nicht; diese Satzung misst sich nach ihrem § 11 lediglich Rückwirkung bis zum 01. Januar 2007 bei. Nichts anderes gilt für die im Amtsblatt für den GWAZ vom 29. Oktober 2010 veröffentlichte 3. Änderungssatzung, die die Vertreterin des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung übergeben hat. Jene (vollständig beschlossene Änderungs-) Satzung soll nach ihrem § 11 erst am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft treten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) auf 397,65 Euro festgesetzt.