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Berufung; einstimmige Entscheidung durch Beschluss; Visum; Paraguay; volljähriger Familienangehöriger; Familiennachzug zur Mutter; außergewöhnliche Härte; Unzulässigkeit der Klage; Rechtsschutzbedürfnis; visumsfreie Einreise; Aufenthaltserlaubnis; Familiennachzug zur Ausübung der Personensorge; Zuständigkeit der Auslandsvertretung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 11.04.2011
Aktenzeichen OVG 2 B 14.10 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 125 Abs 2 S 3 VwGO, § 130a VwGO, § 28 Abs 1 S 1 Nr 3 AufenthG, § 36 Abs 2 AufenthG, § 71 Abs 2 AufenthG, § 15 AufenthV, Art 1 Abs 2 EGV 539/2001, Anhang II EGV 539/2001

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das dem Kläger am 19. August 2009, der Beklagten am 20. August 2009 und der Beigeladenen am 21. August 2009 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 4. Juli 1988 geborene Kläger ist paraguayischer Staatsangehöriger und begehrt ein Visum zum Familiennachzug zu seiner Mutter. Nachdem die Beigeladene ihre Zustimmung versagt hatte, lehnte die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción den Antrag mit Bescheid vom 13. März 2008 ab. Hiergegen erhob der Kläger am 11. Juli 2008 Klage, die er mit seinem schlechten Gesundheitszustand begründete. Am 1. Januar 2009 reiste der Kläger visumsfrei gemäß § 15 AufenthV in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 und Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 in das Bundesgebiet ein. Die am 26. März 2009 beantragte Erteilung eines Aufenthaltstitels lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 23. November 2009 ab.

Mit Urteil vom 14. August 2009, das dem Kläger am 19. August 2009, der Beklagten am 20. August 2009 und der Beigeladenen am 21. August 2009 zugestellt worden ist, hat das Verwaltungsgericht Berlin die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Asunción vom 13. März 2008 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, es liege entgegen der Auffassung der Beklagten eine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Berufung.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. August 2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und die Beigeladene haben keine Anträge gestellt und sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert.

Am 3. Januar 2011 hat die Beigeladene dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt.

Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung nach § 130a VwGO angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 130a VwGO, weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.

Das in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage ist im Zeitpunkt dieser Entscheidung entfallen. Dies ist schon deshalb offensichtlich, weil dem Kläger am 3. Januar 2011 eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zur Ausübung der Personensorge nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt worden ist. Die begehrte Visumserteilung ist damit gegenstandslos geworden.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Rechtschutzbedürfnis für die Klage auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte nach § 36 Abs. 2 AufenthG nicht erst mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, sondern bereits in dem - noch vor der erstinstanzlichen Entscheidung liegenden - Zeitpunkt entfallen ist, in dem der Kläger nach seiner visumsfreien Einreise in das Bundesgebiet gegenüber der Ausländerbehörde geltend gemacht hat, er könne eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen. Spätestens hiermit hat er nämlich seine Absicht zur Begründung eines Daueraufenthaltsrechts bekundet. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Visumserteilung kam seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in Betracht, da die Zuständigkeit der Auslandsvertretung entfallen ist (vgl. § 71 Abs. 2 AufenthG) und sich der mit dem vom Ausland aus zu betreibenden Visumsverfahren verfolgte Zweck, den Zuzug von Ausländern zu kontrollieren und zu steuern, durch eine nachträgliche Visumserteilung nicht erreichen ließe (vgl. zuletzt Beschluss des Senats vom 18. Februar 2011 - OVG 2 M 10.11 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5 000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).