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Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Schließung einer Betriebskrankenkasse


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 2. Kammer Entscheidungsdatum 12.04.2012
Aktenzeichen 2 Sa 15/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 164 SGB 5

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23.11.2011 –21 Ca 8139/11 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf gesetzlicher Grundlage oder durch Kündigung der Beklagten geendet hat.

Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1974 beim Land Berlin in der dortigen Betriebskrankenkasse beschäftigt. Am 1. Januar 1999 ging das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsüberganges auf die „BKK B.“ über, die ihrerseits am 1. April 2004 mit der BKK H. zur hiesigen Beklagten fusionierte. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft Tarifbindung der Manteltarifvertrag für die Beschäftigten der Betriebskrankenkasse vom 1. Mai 2010 Anwendung; nach § 20 Abs. 1 MTV war das Arbeitsverhältnis der Klägerin nur noch aus einem in ihrer Person oder ihrem Verhalten liegenden wichtigen Grund außerordentlich kündbar. Die Klägerin ist einer Schwerbehinderten gleichgestellt.

Nachdem zuvor eine Überschuldung der Beklagten angezeigt worden war, ordnete das Bundesversicherungsamt mit Bescheid vom 4. Mai 2011 die Schließung der Beklagten zum 30. Juni 2011 an. Am 9. Mai 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis am 30. Juni 2011 ende.

Am 13. Mai 2011 unterbreitete der Landesverband Baden-Württemberg der Betriebskrankenkassen der Klägerin ein Angebot auf eine Beschäftigung bei der „BKK Sch., K./T. als Sachbearbeiterin Geschäftsbereich IT, Vergütung 2.800,00 EUR bis 3.500,00 EUR (unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung), Anzuwendender Tarifvertrag: Individual Vertrag“.

Die Klägerin nahm das Weiterbeschäftigungsangebot nicht an; sie schloss mit der Abwicklungskörperschaft einen bis zum 30.06.12 befristeten Arbeitsvertrag ab.

Nach Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes vom 23.05.11/24.05.11 sprach die Beklagte vorsorglich am 22.06.11 eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zum 30.06.11 und höchstvorsorglich zum „nächstmöglichen Termin“ (lt. Bekl. 31.03.2012) aus.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Berlin am 30. Mai 2011 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die gesetzliche Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses sowie später klageerweiternd gegen die ausgesprochenen Kündigungen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis sei nicht gemäß § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V beendet worden. Diese Vorschrift sei mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar; sie sei verfassungskonform vielmehr so auszulegen, dass die Arbeitsverhältnisse der nicht untergebrachten Arbeitnehmer mit dem Tag der Schließung unter Einhaltung der kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften und tariflichen Regelungen enden sollten. Eine Unterbringung sei ihr aber nicht ordnungsgemäß angeboten worden. Sie hat auch die vorsorglich ausgesprochene Kündigung für unwirksam gehalten.

Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe auf der Grundlage der Vorschrift des § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V geendet. Hierin sei kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu sehen. Denn die Betriebskrankenkasse habe aufgrund der Schließung zum 30. Juni 2011 ihre Rechtspersönlichkeit verloren und den Arbeitnehmern sei damit ihr Arbeitgeber von Rechts wegen „abhanden gekommen“. Ein etwaiger Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG sei aber jedenfalls gerechtfertigt gewesen. Denn wegen der gesetzlich angeordneten Haftung der anderen Betriebskrankenkassen für die Verbindlichkeiten der geschlossenen Kasse habe die Notwendigkeit bestanden, die Schließungskosten einschließlich der Personalkosten für die mithaftenden Betriebskrankenkassen zu beschränken. Nur so könne die finanzielle Überforderung der Versichertengemeinschaft vermieden und damit ein funktionierendes und für alle bezahlbares Gesundheitssystem erhalten werden. Das Unterbringungsangebot des Landesverbandes Baden-Württemberg der Betriebskrankenkassen habe den diesbezüglichen Anforderungen des § 164 Abs. 3 SGB V genügt. Jedenfalls aber sei die ausgesprochene Kündigung rechtswirksam; die ursprüngliche Arbeitgeberin der Klägerin habe ihre Rechtspersönlichkeit verloren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die dort gewechselten Schriftsätze sowie auf den ausführlichen Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23. November 2011 der Klage stattgegeben. Diese sei zulässig und begründet. Die Beklagte sei parteifähig im Sinne von §§ 50 Abs. 1 ZPO, 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Danach werde eine geschlossene Betriebskrankenkasse zur Abwicklung der Geschäfte als fortbestehend angesehen. Das Arbeitsverhältnis habe nicht von Rechts wegen oder gemäß § 164 Abs. 4 SGB V sein Ende gefunden. Eine Beendigung von Rechts wegen alleine durch die Schließung sei nicht gegeben, § 155 Abs. 1 SGB V ordne die Fiktion des Fortbestehens zur Abwicklung der Geschäfte an, die Vorschrift entspreche § 49 Abs. 2 BGB im Hinblick auf die Regelungen des Vereinsrechts. Die BKK bestehe als Abwicklungsgesellschaft fort. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 164 Abs. 4 SGB V sei nicht eingetreten. Die Klägerin sei ordentlich unkündbar; das Arbeitsverhältnis einer solchermaßen geschützten Arbeitnehmerin, die ein unzureichendes Unter-bringungsangebot nach § 164 Abs. 3 SGB V erhalte, ende nicht mit dem Tag der Schließung der BKK. Eine solche Arbeitnehmerin sei nicht als eine Arbeitnehmerin anzusehen, „die nicht nach Absatz 3 untergebracht worden sei“. Vielmehr komme ein Eintritt der Beendigungswirkung nur dann in Betracht, wenn die Arbeitnehmerin ein Angebot erhalten habe, das den Voraussetzungen des § 164 Abs. 3, 4 SGB V genügt habe. Dies ergebe sich aus der Systematik und dem Regelungszweck der Vorschrift; das Arbeitsgericht hat beides ausführlich dargestellt und diskutiert. Auch spreche die Wertung der Verfassung für die so vorgenommene Auslegung; denn die gesetzliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei tariflich unkündbaren Arbeitnehmern könne nur dann angenommen werden, wenn tatsächlich ein Unterbringungsverfahren durchgeführt worden sei. Dies folge aus Artikel 12 Abs. 1 GG; das Arbeitsgericht hat diesbezüglich ausführlich die entsprechenden Grundsätze dargestellt. Das Unterbringungsangebot vom 13. Mai 2011 genüge allerdings den gesetzlichen Anforderungen nicht. Aus ihm lasse sich nicht erkennen, ob bei einer Weiterbeschäftigung das frühere Arbeitsverhältnis der Klägerin und ihre Bedingungen anerkannt würden und insbesondere ob sie die ordentliche Unkündbarkeit behalten würde. Denn die Anrechnung der Vorzeiten ergebe sich nicht automatisch aus dem Manteltarifvertrag. Nähere Angaben über diese Frage hätte die Beklagte, die allerdings darlegungspflichtig gewesen sei, nicht machen können. Das Arbeitsverhältnis habe auch nicht durch die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen geendet, diese seien unwirksam. Es läge kein „wichtiger Grund“ im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor, die Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin sei gar nicht zum 30. Juni 2011 entfallen, da die Beklagte ihr die befristete Weiterbeschäftigung bis zum 31. Juli 2011 angeboten habe. Auch die zum 31. Dezember 2011 vorsorglich und hilfsweise ausgesprochene Kündigung sei unwirksam. Es sei keine Prognose erkennbar, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben sein werde. Die Beklagte führe Abwicklungsarbeiten durch, der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit sei nicht mit einer hinreichenden Prognose versehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 291 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses am 27. Dezember 2011 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 4. Januar 2012 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27. März 2012 – am 2. März 2012 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte und Berufungsklägerin rügt, dass das Arbeitsgericht materielles Recht falsch angewandt und eine fehlerhafte Auslegung entscheidungs-erheblicher Normen vorgenommen habe. Die Auslegung der §§ 155 Abs. 4, 164 Abs. 2 bis 4 SGB V sei unzutreffend erfolgt. Sie widerspreche den in dem Gutachten von Herrn Prof. G. aufgestellten Grundsätzen. Unter Bezugnahme auf zwischenzeitlich ergangene arbeitsgerichtliche Entscheidungen vertritt sie insbesondere die Auffassung, § 164 Abs. 4 SGB V sei auch auf ordentlich kündbare Arbeitnehmerinnen anwendbar, da die Vorschrift sonst sinnwidrig sei. Denn diese wären in solchen Fällen besser geschützt als unkündbare Arbeitnehmerinnen. Richtig sei die Auslegung, dass grundsätzlich alle Arbeitsverhältnisse im Falle der Schließung enden sollten, nur anderweitig untergebrachte Arbeitnehmerinnen sollten ihren Arbeitsplatz nicht verlieren. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene anderweitige Auslegung unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung sei fehlerhaft. Die Gesetzesbegründung sei vielmehr unscharf formuliert. Es sei auch keine Auslegung unter dem Gesichtspunkt einer Besserstellung gegenüber Insolvenzbetroffenen möglich. Vielmehr müsse die Auslegung beachten, dass die Vorschrift den Schutz des Gesundheitssystems und der Versicherungsgemeinschaft im Auge habe. Ansonsten bestehe die Gefahr des Dominoeffektes bei der Schließung einer Kasse. Deswegen sei auch der Eingriff in Artikel 3, 12 GG gerechtfertigt. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Schließung einer Betriebskrankenkasse nicht willkürlich erfolge. Es handele sich vielmehr um eine Entscheidung des Bundesversicherungsamtes, die dieses nach umfassender Prüfung und mit Vorlaufzeit vorgenommen habe. Insofern habe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Regelung zur Verfügung gestanden, nämlich im Hinblick auf den Schutz eines bezahlbaren und funktionierenden Krankenkassensystems. Wenn er insofern „Tabula rasa“ geschaffen habe, sei dies nicht grundsätzlich fehlerhaft; das Gesundheitssystem sei ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Auch sei die Rechtsansicht des Arbeitsgerichts über das Erfordernis eines Unterbringungsangebotes nicht zutreffend. Bereits die Formulierung „untergebracht werden“ spreche gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung. Die arbeitsgerichtliche Auslegung führe auch zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch zwischen der Regelung für kündbare und für nicht kündbare Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auch könne dem Arbeitsgericht im Hinblick auf die Kriterien der Zumutbarkeit des Unterbringungsangebotes nicht gefolgt werden. Räumliche Kriterien könnten jedenfalls keine Rolle spielen. Wenn also ein Arbeitnehmer, der ordentlich unkündbar sei, ein Angebot zur Weiterbeschäftigung in weiter räumlicher Entfernung erhielte und ablehne, ende sein Arbeitsverhältnis, was nach der Auslegung des Arbeitsgerichts dem nur kurzfristig beschäftigten Arbeitnehmer nicht passieren könne. Im Übrigen würde der Streit über die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung Jahre dauern und keine Rechtssicherheit ermöglichen; damit sei eine Entlastung des Haftungsverbundes nicht erreichbar. Die Bezugnahme des Arbeitsgerichts auf die sogenannte „Warteschleifenentscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts gehe fehl. Anders als dort sei die hier geschlossene Krankenkasse „pleite“. Dabei sei insgesamt zu berücksichtigen, dass die Betriebskrankenkasse eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, „blankes“ Arbeitsrecht könne nicht ohne weiteres zur Anwendung gelangen. Die Errichtung und/oder Schließung seien vielmehr Rechtsakte, dies habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und auch das Arbeitsgericht Stuttgart zu Recht so gesehen. Die Aufrechterhaltung aber der Rechtsverhältnisse zur „geschlossenen“ Körperschaft sei sinnwidrig. Die Arbeitsverhältnisse würden vielmehr ipso jure bei Verlust der Rechtsfähigkeit erlöschen. Jedenfalls sei aber die Kündigung, die unter dem Gesichtspunkt der Betriebsstilllegung ausgesprochen worden sei, gerechtfertigt.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. November 2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte hält die arbeitsgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Die Beklagte habe sich in der Berufung nur wenig mit dem Urteil auseinandergesetzt und stattdessen eine Vielzahl anderweitiger Entscheidungen zur Sache zitiert. Davon seien jedenfalls solche Fragestellungen für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevant, bei denen es um kündbare Beschäftigte gehe. Denn die Klägerin sei unkündbar gewesen. In der Sache sei festzustellen, dass die Beklagte die verfassungsrechtliche Problematik der gesetzlichen Regelung des § 164 Abs. 4 SGB V nicht zur Kenntnis nehme. Insbesondere seien etwaige Eingriffe mit dem durch Art. 12 GG gewährleisteten arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes abzuwägen. Soweit die Beklagte ausführe, auf den Sachverhalt könne nicht einfach „blankes Arbeitsrecht“ angewandt werden, sei dem zu widersprechen. Die geschlossene Kasse und die Körperschaft öffentlichen Rechts in Abwicklung blieben vielmehr ein und dasselbe Rechtssubjekt. Aus der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 27.09.2011 ergebe sich nichts anderes. Die Körperschaft öffentlichen Rechts werde für den Abwicklungszweck als fortbestehend fingiert, und zwar nicht als aktive Kasse mit allen Rechten und Pflichten, sondern nur teilrechtsfähig, beschränkt auf den Abwicklungszweck. Insgesamt sei festzustellen, dass die von der Beklagten zitierten abweichenden Entscheidungen der Arbeitsgerichte Hamburg und Stuttgart nicht zutreffend seien. Vielmehr sei die hiesige erstinstanzliche Entscheidung zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Schriftsatz der Beklagten und Berufungsklägerin vom 27. Februar 2012 (Bl. 316 ff. d. A.) und auf denjenigen der Klägerin und Berufungsbeklagten vom 10. April 2012 (Bl. 426 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG, 511 ZPO statthafte Berufung ist form- und fristgerecht im Sinne von §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die Berufung ist daher zulässig.

2. Die Berufung hatte in der Sache keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat in seiner ausführlichen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin weder auf gesetzlicher Grundlage noch durch die vorsorglich ausgesprochenen Kündigungen der Beklagten beendet worden sei. Das Berufungsgericht macht sich diese Ausführungen im Ergebnis und ganz überwiegend in der Begründung zueigen und sieht insoweit von nur wiederholenden Ausführungen ab, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz ist ergänzend nur auf Folgendes hinzuweisen:

2.1 Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Beklagte als passivlegitimiert angesehen. Dies ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V, nach welchem die Betriebskrankenkasse bis zur Abwicklung der Geschäfte als fortbestehend angesehen wird, soweit es der Zweck der Abwicklung erfordere. Zur „Abwicklung“ in diesem Sinne gehören auch die Beendigungen von Arbeitsverhältnissen sowie sich hieraus ergebende Rechtsstreitigkeiten.

2.2 Zu Recht ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch gesetzliche Anordnung beendet worden ist.

2.2.1 Gemäß § 155 Abs. 4 Satz 9 SGB V gelten die Regelungen des § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V für den Fall der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse mit der Maßgabe, dass § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V nur für Beschäftigte gilt, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann.

Daraus ergibt sich, dass denjenigen Beschäftigten, die nicht „Dienstordnungsangestellte“ sind und deren Arbeitsverhältnis nicht ordentlich kündbar ist, bei dem Landesverband der Betriebskrankenkassen oder einer anderen Betriebskrankenkasse eine Stellung anzubieten ist, die ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist. Das Verfahren ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 164 Abs. 3 Satz 4 SGB V: Jede Betriebskrankenkasse ist verpflichtet, entsprechend ihrem Anteil an der Zahl der Versicherten aller Betriebskrankenkassen unter anderem Anstellungen nach dem eben dargestellten Satz 3 anzubieten. Die Angebote sind den Beschäftigten in geeigneter Form zugänglich zu machen.

Nach § 164 Abs. 4 ist sodann davon auszugehen, dass die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, die nicht nach Abs. 3 untergebracht worden sind, mit dem Tag der Auflösung oder Schließung enden. Diese Rechtsfolge setzt nach dem Gesagten indes voraus, dass mit diesen Beschäftigten zuvor ein Unterbringungsverfahren durchgeführt worden ist, das den Anforderungen des § 164 Abs. 3 SGB V genügt.

Diese Grundsätze ergeben sich aus einer Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Dabei ist zunächst über die Verweisung in § 155 SGB V davon auszugehen, dass die Regelungen in § 164 SGB V auf den Fall der Schließung der Betriebskrankenkasse entsprechend anzuwenden sind.

Wortlaut und insbesondere systematischer Zusammenhang der Vorschriften im Rahmen des § 164 SGB V ergeben sodann, dass §164 Abs. 4 SGB V und § 164 Abs. 3 SGB V nicht nebeneinander, sondern in einem inneren Zusammenhang stehen. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 164 Abs. 4 SGB V, der ausdrücklich auf das Unterbringungsverfahren nach § 164 Abs. 3 SGB V verweist. Damit wird deutlich, dass das Unterbringungsverfahren nach § 164 Abs. 3 SGB V konstitutive Voraussetzung für die in § 164 Abs. 4 SGB V angeordnete Rechtsfolge der (gesetzlichen) Beendigung der Arbeitsverhältnisse ist. Der aufgezeigte Zusammenhang macht ebenso deutlich, dass § 164 Abs. 4 SGB V nicht alleine auf das „Ergebnis“ eines Unterbringungsverfahrens abstellt. Vielmehr setzt die Vorschrift voraus, dass auch das Verfahren selbst so durchgeführt worden ist, dass es den Maßgaben des § 164 Abs. 3 SGB V entspricht. Demnach muss den betroffenen Beschäftigten durch den Landesverband der Betriebskrankenkassen oder eine andere Betriebskrankenkasse eine Stellung angeboten worden sein, die ihnen „unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung zuzumuten ist“. Dieses Angebot musste den Beschäftigten in geeigneter Form zugänglich gemacht werden.

Für diese Auslegung des Zusammenhanges zwischen § 164 Abs. 4 und § 164 Abs. 3 SGB V spricht auch die Gesetzesbegründung, die davon ausgeht, dass „durch die entsprechende Anwendung des § 164 Abs. 2 bis 4 SGB V auch im Bereich der Betriebskrankenkassen die Beschäftigungsansprüche … der übrigen Beschäftigten in unkündbaren Arbeitsverhältnissen insoweit gesichert werden, als ihnen bei den anderen Betriebskrankenkassen eine ihrer bisherigen Stelle entsprechende Stelle anzubieten ist.“ (BT-Drucksache 16/9559, S. 19). Zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung hatte die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 11/2237, S. 212) darauf hingewiesen, dass „im Interesse des von der Auflösung oder Schließung einer Innungskrankenkasse betroffenen Personals vorgesehen wird, dass grundsätzlich … den übrigen Bediensteten der Krankenkasse die Weiterbeschäftigung entweder beim zuständigen Landesverband der Innungskrankenkassen oder bei einer anderen Innungskrankenkasse anzubieten ist. Die Übernahme der Beschäftigten soll zu denselben oder zumindest gleichwertigen Bedingungen erfolgen. Nur in den Fällen, in denen eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist, sollen die Vertragsverhältnisse enden.“

Aus diesen Hinweisen aus den Gesetzesbegründungen ergibt sich die Richtigkeit der dargelegten Zusammenhänge. Den betroffenen Beschäftigten ist ein zumutbares Weiterbeschäftigungsangebot beim Landesverband oder bei einer anderen Betriebskrankenkasse in geeigneter Weise zu unterbreiten; erfolgt hiernach keine „Unterbringung“, so soll das Arbeitsverhältnis gemäß § 164 Abs. 4 SGB V enden. Dabei bedarf es an dieser Stelle keines näheren Eingehens auf die Frage, welche Modalitäten dafür denkbar sind, dass eine Weiterbeschäftigung „nicht möglich“ ist.

Die Rechtsauffassung der Beklagten, § 164 Abs. 4 SGB V diene alleine dem Schutz des Gesundheitssystems und der Versichertengemeinschaft, ist nicht zutreffend. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass die Gesamtheit der diesbezüglichen Vorschriften (natürlich) auch darauf gerichtet ist, die Schließung von Kassen zu ermöglichen, ohne dass die übrigen Betriebskrankenkassen notwendigerweise mit in eine Schieflage geraten müssen. Und es ist richtig, dass der Schutz der Versichertengemeinschaft und die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitswesens hohe und wichtige Gemeinschaftsgüter sind. Indes führen diese (allgemeinen) Grundsätze nicht dazu, über Wortlaut und Systematik der Gesetzesbestimmungen hinausgehend zu Interpretationen der Regelungen zu gelangen, die den dort gesetzlich niedergelegten Schutz der Beschäftigten nicht Rechnung tragen würden.

Die Auffassung der Beklagten würde auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Artikel 12 Abs. 1 GG nicht gerecht. Dabei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützt ist. Artikel 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantiert neben der freien Wahl des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Das Grundrecht entfaltet seinen Schutz demnach gegen alle staatlichen Maßnahmen, die diese Wahlfreiheit beschränken. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Staat vom Einzelnen die Aufgabe eines Arbeitsplatzes verlangt. Direkte staatliche Eingriffe in bestehende Arbeitsverhältnisse müssen sich stets an dem Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes messen lassen. Eingriffe müssen sich ihrerseits jedenfalls an den Anforderungen messen lassen, die aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen (BVerfG vom 24.04.1991 – 1 BvR 1341/90 – NJW 1991, 1667).

Das Bundesverfassungsgericht hat auch in neuerer Zeit diesen Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG weiter konkretisiert. Insbesondere in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 (BVerfG vom 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 – NZA 2011, 400) hat es einen Eingriff des Gesetzgebers in dieses Grundrecht (schon) darin gesehen, dass dieser den betroffenen Arbeitnehmern per Gesetz einen neuen Vertragspartner zugewiesen hat, ohne den Arbeitnehmern ein § 613 a Abs. 6 BGB vorgesehenen Widerspruch einzuräumen.

Danach muss davon ausgegangen werden, dass von Verfassung wegen eine gesetzliche Beendigung von bestehenden Arbeitsverhältnissen allenfalls dann zulässig sein kann, wenn zum einen überragend wichtige Gemeinschaftsgüter einen Eingriff erfordern und dieser sich seinerseits an den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit messen kann.

Auch wenn man im Streitfalle – mit der Rechtsauffassung der Beklagten – die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitswesens und den Schutz der Versichertengemeinschaft als solche überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter anerkennen wollte, müsste doch der gesetzliche Eingriff in das Arbeitsverhältnis, insbesondere die gesetzliche Anordnung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten geprüft werden. Der für eine Beendigung vorrangige und konstitutive Vorgang eines ordnungsgemäßen Unterbringungsverfahrens nach den Maßstäben des § 164 Abs. 3 SGB V wäre danach das Mindestmaß dessen, was unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gefordert werden könnte. Infolgedessen ist die hier vorgenommene Auslegung des Zusammenhangs der Vorschriften des § 164 Abs. 4 SGB V und § 164 Abs. 3 SGB V unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere dem Schutzbereich des Artikel 12 Abs. 1 GG, zwingend, wenn man unter diesen Gesichtspunkten überhaupt von der Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Gesetz ausgehen wollte.

Die Argumentation der Beklagten, eine Auslegung, wie sie hier vorgenommen worden ist, führe zu einem nicht auflösbaren Widerspruch im Bezugspunkt derjenigen Arbeitsverhältnisse, die ordentlich kündbar seien, ist für den Streitfall nicht maßgeblich. Im Bezugspunkt der unkündbaren Beschäftigten ergibt sich aus den obigen Darlegungen, dass diese Auslegung zwingend ist. Ob und inwieweit Wertungswidersprüche zu den Rechtsverhältnissen der ordentlich kündbaren Beschäftigten vorhanden sind, ändert daran nichts. Sollten solche vorhanden sein, könnte dies allenfalls ein Indiz dafür sein, dass die Regelungen bezüglich der kündbaren Arbeitsverhältnisse einer anderweitigen Prüfung unterzogen werden müssten. Zu einer Änderung der hier vorgenommenen Auslegung der Vorschriften im Bezugspunkt der unkündbaren Arbeitsverhältnisse führt dies nicht; für diese gilt, dass ein ordnungsgemäßes Unterbringungs-verfahren zwingend vorgegeben ist.

2.2.2 Die Durchführung eines solchen ordnungsgemäßen Unter-bringungsverfahrens war für das Berufungsgericht nicht erkennbar.

Die hierfür darlegungspflichtige Beklagte vermochte nicht darzutun, dass das der Klägerin vom Landesverband Baden-Württemberg vorgelegte „Weiterbeschäftigungsangebot“ den Maßgaben des § 164 Abs. 3 SGB V genügt hätte.

Der Klägerin war im Streitfalle vom Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg mit Schreiben vom 13. Mai 2011 ein Beschäftigungsangebot übermittelt worden, das folgenden Inhalt hatte: „BKK Sch., K./T. als Sachbearbeiterin Geschäftsbereich IT, Vergütung 2.800,00 EUR bis 3.500,00 EUR (unter Berücksichtigung der Fähigkeiten und bisherigen Dienststellung), Anzuwendender Tarifvertrag: Individual Vertrag“.

Dass dieses Angebot der Klägerin „zumutbar“ im Sinne von § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V gewesen wäre, konnte vom Berufungsgericht nicht festgestellt werden. Zwar war das Angebot nicht unbestimmt. Das Angebot erwies sich nicht als zu unbestimmt im Hinblick auf die angegebene Vergütung. Denn es war die Verdienstspanne von 2.800,00 EUR bis 3.500,00 EUR angegeben und bewegte sich damit in einem Bereich der Vergütung, die die Klägerin zuletzt erzielt hat.

Das Berufungsgericht hat es auch dahinstehen lassen, ob – wie es das Arbeitsgericht meint – das Angebot insofern zu unbestimmt und nicht zumutbar gewesen ist, weil in ihm nicht angegeben worden war, ob die früheren Beschäftigungszeiten und insbesondere der Status der Unkündbarkeit anerkannt würden. Bei diesen Fragestellungen handelt es sich möglicherweise um Rechtsfolgen einer etwaigen Weiterbeschäftigung, die nicht zwingend bereits im Angebot niedergelegt sein müssen.

Das Berufungsgericht vermochte indes nicht zu erkennen, inwieweit der der Klägerin angesonnene Ortswechsel „zumutbar“ war. Dabei war allerdings im Grundsatz davon auszugehen, dass zur Zumutbarkeit im Sinne von § 164 Abs. 3 SGB V auch ein Ortswechsel bei der Beschäftigung gehören musste. Denn Ausgangspunkt ist ja gerade die Schließung einer Betriebskrankenkasse an einem bestimmten Ort; dabei ist es nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern wird es überwiegend so sein, dass am gleichen Ort nicht ohne weiteres eine weitere Betriebskrankenkasse ansässig ist, die ihrerseits in der Lage ist, vom Arbeitsplatzverlust bedrohte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der betroffenen Betriebskrankenkasse aufzunehmen. Die Zumutbarkeit in § 164 Abs. 3 SGB V konnte mithin nicht bereits an der Notwendigkeit eines Ortswechsels scheitern.

Dessen ungeachtet ist die Ausgangssituation indes die, dass über den Bundesverband bei ihm selbst oder einzelnen Landesverbänden besetzbare Stellen für die von der Schließung betroffenen Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer aufgezeigt werden mussten. Sofern diese – wie zumeist anzunehmen sein wird – regional, gegebenenfalls bundesweit, verteilt sind, musste sich jedoch die Aufgabe stellen, die von dem Arbeitsplatzverlust durch Schließung einer Krankenkasse betroffenen Arbeitnehmer auf diese Stellen zu verteilen. Diese Verteilung hatte zumindest im Rahmen des billigen Ermessens (§ 106 GewO) stattzufinden, wenn man nicht sogar die Vorschriften des § 1 Abs. 3 KSchG entsprechend anwenden wollte. Denn es ist davon auszugehen, dass auch bei der Verteilung betroffener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine bestimmte Anzahl freier Arbeitsstellen – ähnlich dem Vorgehen bei einer Betriebsstilllegung und einer nur begrenzten Anzahl von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen – die vorhandenen freien Arbeitsplätze nach „sozialen Gesichtspunkten“ zu vergeben sind. Dabei wird in erster Linie nach der Qualifikation und Geeignetheit für die Besetzung der Stelle zu fragen sein; kommen indes für eine zu besetzende Stelle mehrere Betroffene gleichermaßen in Frage, so muss zwischen diesen eine Auswahl in dem genannten Sinne stattfinden.

Dass dies im Bezugspunkt der Klägerin geschehen sei, war von der Beklagten nicht vorgetragen. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Schließung 58 Jahre alt und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Diese Gesichtspunkte mussten bei dem ihr gegenüber abgegebenen Weiterbeschäftigungsangebot berücksichtigt werden. Dass das Angebot, das der Klägerin konkret vorgelegt worden ist, diesen Anforderungen genügt hätte, war von der Beklagten nicht näher erläutert.

Zu einer solchen Erläuterung war die Beklagte ungeachtet des Umstandes in der Lage, dass nicht sie, sondern der Landesverband das Angebot abgegeben hatte. Die Satzungslage der Beklagten im Bezugspunkt der Landesverbände verpflichtet sämtliche Beteiligten gegeneinander zur Unterrichtung und Beratung, so dass die Beklagte diesbezüglich nicht ohne Informationen bleiben musste.

Die Beklagte hätte in diesem Zusammenhang vortragen müssen, dass es keine geeigneten milderen Maßnahmen für die „Unterbringung“ der Klägerin gegeben hätte. Erst in einem solchen Fall wäre die Klägerin im Rahmen einer sekundären Behauptungslast verpflichtet gewesen, ihrerseits – nach ihren Erkenntnissen und Möglichkeiten – darzutun, weswegen sie von anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten als den angebotenen ausgehen konnte.

2.2.3 War demgemäß nicht zu erkennen, dass das der Klägerin am 13. Mai 2011 unterbreitete Beschäftigungsangebot „zumutbar“ im Sinne von § 164 Abs. 3 SGB V war, so konnte vom Vorliegen eines ordnungsgemäßen Unterbringungsverfahrens nicht ausgegangen werden. Nach der hier vertretenen Auffassung vom Zusammenhang zwischen § 164 Abs. 4 SGB V und § 164 Abs. 3 SGB V war mithin nicht davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin ipso jure sein Ende gefunden hätte.

2.2.4 Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die von der Beklagten vorsorglich ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 24. Mai 2011 aufgelöst worden. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Beklagte sich diesbezüglich in der Berufungsbegründung ausreichend mit der Argumentation des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt hätte, war doch jedenfalls zu erkennen, dass die Beklagte hinreichende Kündigungsgründe, zumal für eine außerordentliche Kündigung, nicht vorgetragen hat. Der von ihr zuletzt genannte Gesichtspunkt einer „Betriebsstilllegung“ bleibt jeder Detaillierung im Hinblick auf Zeitpunkt, Art und Weise, Abarbeitung der noch vorhandenen Tätigkeiten usw. schuldig. Soweit sich solches aus dem Hinweis auf das Fehlen einer Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin ergeben sollte, stand dem bereits entgegen, dass noch Abwicklungsarbeiten in unbestimmter Größe und in einem unbestimmten Zeitraum abzuleisten waren, so dass aus der bloßen Bezeichnung heraus nicht erkennbar war, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin nicht mehr bestanden hätte.

2.3 Der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages ändert an den soeben getroffenen Feststellungen nichts; die Parteien haben diesen Vertrag nicht zur Ersetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses, sondern „zusätzlich“, mithin zur Beschäftigung während des Laufes der weiteren Auseinandersetzungen abgeschlossen.

3. Nach alledem musste die Berufung der Beklagten mit der Folge zurückgewiesen werden, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

4. Die Zulassung der Revision erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung und darauf, dass an unterschiedlichen Landesarbeitsgerichten parallele Rechtsstreitigkeiten anhängig sind.