Gericht | FG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 13.11.2013 | |
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Aktenzeichen | 7 K 7001/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Umsatzsteuer 2009 wird abweichend von dem Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 14. November 2012 nach um 78.812,14 € niedrigeren, der Klägerin auf der Grundlage von § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG zugeschriebenen Umsätzen festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Revision wird zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2009, um sich nicht auf der Grundlage von § 13b Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr 2009 geltenden Fassung – UStG 2009 – hinsichtlich der Leistungen von ihr hinzugezogener Subunternehmungen als Steuerschuldnerin behandeln lassen zu müssen.
Die Klägerin ist eine auf den Anlagenbau angelegte Unternehmung in der Rechtsform ei-ner Kommanditgesellschaft – KG –. Sie entwickelte im Streitjahr 2009 ein im Wesentlichen aus 18 Einzelbauteilen bestehendes (Abluft-)Klimatechniksystem für industrielle Großfeuerungsanlagen, speziell für sogenannte [sog.] Ziehöfen. Es sollte der Abfilterung der von den Ziehöfen ausgehenden Abwärme beziehungsweise [bzw.] der von ihnen abgegebenen Staubpartikel dienen, um einen störungsfreien Betrieb der im Regelfall in den Werk-/Maschinenhallen der Produktionsunternehmen nebeneinander aufgebauten mehreren Ziehöfen zu gewährleisten.
Die Bereitstellung ihres Entlüftungssystems bot die Klägerin einer in B… geschäftsansässigen C… GmbH an. Wegen der Einzelheiten dieses Angebots nimmt das Gericht auf die in der Umsatzsteuer-Voranmeldungsakte (bei den Vorgängen für April 2009) befindliche Kopie (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 8. Juli 2009) Bezug. Die C… GmbH, die betreffend den Einbau-/Aufbau der Abluftanlage bei einer D… GmbH in E… dieser gegenüber eine Generalbeauftragtenstellung innehatte, nahm das Angebot unverändert an. Die Entlüftung der die Ziehöfen überdachenden Produktionshallen der D… GmbH erfolgte stets über separate Klimaanlagen.
Die unmittelbare Verbindung der Entrauchungsanlage der Klägerin mit den in den Werk-hallen laufenden Ziehöfen, die Verlegung und Befestigung der Trassen der Abzugsrohre sowie die Herstellung der für das Gesamtsystem erforderlichen elektrischen Anschlüsse ist nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften von entsprechend autorisierten Fachunternehmen vorzunehmen. Mit diesen Arbeiten betraute die Klägerin im Rahmen ihrer Aufbauverpflichtungen eine als F… firmierende, im Handelsregister beim Amtsgericht – AG – G… unter der Handelsregisternummer HRB … eingetragene GmbH, deren Unternehmensgegenstand unter anderem [u.a.] auf Werkleistungen im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung und des Rohrleitungsbaus, insbesondere der Errichtung von Klima- und Entlüftungsanlagen zielt. Grundlage der Beauftragung der F… GmbH mit Verrohrungs- und Isolierarbeiten betreffend Lüftung und Kälte sowie Anschlussarbeiten betreffend Kälteerzeugung und Zubehör bildete ein am 5. Dezember 2008 geschlossener „Bauvertrag (VOB/B)“. Wegen der Einzelheiten des Inhalts dieser Vereinbarung wird auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 zur Gerichtsakte [GA], Blatt [Bl.] 25 ff., vorgelegte Vertragsabschrift Bezug genommen. Entsprechende Montageleistungen erbrachte der Klägerin in gleicher Weise zum Teil auch die C… GmbH.
Die F…- und C… GmbH stellten der Klägerin ihre (Montage-)Leistungen jeweils mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung. Die Klägerin ihrerseits zog sie zum Vorsteuerabzug heran.
Am 16. Juli 2009 begann bei der Klägerin eine auf den Prüfungszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 30. April 2009 auf die Steuerschuldnereigenschaft als Leistungsempfängerin sowie den Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) bezogene Umsatzsteuer-Sonderprüfung. In seinem hierüber aufgenommenen Bericht vom 10. August 2009 hob der Prüfer betreffend drei der Klägerin seitens der F… GmbH mit Datum vom 29. Januar 2009 über 7.500,-- € nebst 1.425,-- € Umsatzsteuer, vom 16. März 2009 über 14.500,-- € nebst 2.755,-- € Umsatzsteuer bzw. unter dem 30. April 2009 über 10.000,-- € nebst 1.900,-- € Umsatzsteuer gestellte Rechnungen sowie hinsichtlich weiterer drei der Klägerin von Seiten der C… GmbH gestellter Rechnungen mit Datum vom 30. Januar 2009 über 6.985,45 € nebst 1.327,24 € Umsatzsteuer, vom 28. Februar 2009 über 12.582,74 € nebst 2.390,72 € Umsatzsteuer bzw. unter dem 1. März 2009 über 27.244,40 € nebst 5.176,44 € Umsatzsteuer hervor, dass in dieser Beziehung Bauleistungen der Klägerin angesprochen seien, da sie sich als eigene Leistungen diejenigen Arbeiten zurechnen lasse müsse, die ihr von den von ihr als Subunternehmungen herangezogenen F…- und C… GmbH erbracht worden seien. Schuldnerin der hierauf entfallenden Umsatzsteuer sei auf der Grundlage von § 13b Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG die Klägerin als Leistungsempfängerin (Tz. 14 des Berichts).
Die Klägerin trat diesen Prüfungsfeststellungen mit Schreiben vom 2. September 2009 entgegen. Betreffend Tz. 14 des Berichts hob sie hervor, selbst keine Bauleistungen im Sinne von § 13b UStG bzw. von § 48 des Einkommensteuergesetzes – EStG – zu erbringen. Die von ihr bisher nur als Prototyp entwickelte Klimaanlage bilde ihrerseits kein Gebäude und stelle auch kein mit dem Erdboden verbundenes oder auf diesem aufgrund seiner Schwere ruhendes Bauwerk dar. Dem zur Folge könne § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG nicht zu ihren Lasten zum Tragen kommen.
In anderer Beziehung verfasste der Prüfer später einen Ergänzungsbericht zum Bericht vom 10. August 2009. Seinen zu § 13b UStG eingenommenen Rechtsstandpunkt behielt er aber bei (Tz. 13 dieses Ergänzungsberichts).
Mit Schreiben vom 25. November 2009 hielt die Klägerin wiederum entgegen, dass die von ihr projektierte Klimaanlage bisher in keiner Weise Teil der Substanz eines Gebäudes geworden sei. Vielmehr habe sie sie bislang in lediglich experimenteller Form als Forschungs- und Anschauungsobjekt entwickelt und erstellt. Als bloßes Ausstellungsobjekt angedacht und bei der D… GmbH verwirklicht sei sie nicht in die Gebäudesubstanz eingegangen. Insofern könne ihr gegenüber nicht von Bauleistungen gesprochen werden.
Mit den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheiden für die Monate Januar bis April 2009 alle vom 2. Dezember 2009 wertete der Beklagte die Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbe-richte aus und behandelte die Klägerin gestützt auf § 13b UStG betreffend die Leistungen der F…- und C… GmbH als Steuerschuldnerin.
Hiergegen erhob die Klägerin am 29. Dezember 2009 Einspruch. Sie könne bezogen auf ihr Klimatechnikanlagenprojekt nicht als bauleistendes Unternehmen angesehen werden.
Ausweislich ihrer Stellungnahme vom 8. Februar 2010 ging die Zentrale Umsatzsteuer-Sonderprüfungsstelle des Beklagten unter Bezugnahme auf eine Rückfrage bei dem (Ziehöfen-)Produktionsunternehmen D… GmbH weiterhin davon aus, dass der Einbau der Klimaanlage der Klägerin eine Bauleistung ausmache. Denn sie werde im Sinne von Abschnitt 182a Abs. 7 der Umsatzsteuer-Richtlinien aufwändig in oder an einem Bauwerk in-stalliert. Dies spiegelten die hohen Herstellungskosten der mit rund 394.000,-- € (netto) abgerechneten Anlage der Klägerin und zudem die nicht unbeträchtlichen Rechnungen der von ihr hinzugezogenen Subunternehmungen wieder.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2010 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Ergänzend zu der von ihm übernommenen Begründung in der vorgenannten Stellungnahme vom 8. Februar 2010 hob er hervor, dass wie zur Bestätigung Grundlage der Hinzuziehung der F… GmbH eine zwischen ihr und der Klägerin selbst als Bauvertrag überschriebene Vereinbarung gewesen sei.
Ihre am 11. Juni 2010 eingereichte Klage richtet die Klägerin inzwischen auf den die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Januar bis April 2009 aufnehmenden Umsatzsteuer-(jahres-)bescheid 2009 vom 14. November 2012. Zur Begründung verweist sie wiederholend und vertiefend auf ihr Vorbringen im Vorverfahren.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 2009 abweichend von dem Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 14. November 2012 nach um 78.812,14 € niedrigen, ihr auf der Grundlage von § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG zugeschriebenen Umsätzen festzusetzen,
und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte stützt seine Rechtsverteidigung auf die Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2010, an der er festhält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuer-Vorauszahlungen; 1 Band Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen; 1 Band Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakten; 1 Band K.-Akten) alle zur St.-Nr. … Bezug genommen.
Die Klage ist begründet. Die Umsatzsteuerfestsetzung 2009 vom 14. November 2012 ist, soweit sie die Klägerin auf der Grundlage von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 hinsichtlich der Leistungen der von ihr hinzugezogenen Subunternehmungen als Steuerschuldnerin behandelt, rechtswidrig und verletzt sie daher in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 schuldet der Leistungsempfänger die (Umsatz-)Steuer, wenn er Unternehmer ist, der Leistungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2009 erbringt. § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2009 führt dabei Werklieferungen und sonstige Leistungen auf, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen.
§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 geht seinerseits zurück auf Art. 27 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie zur Mehrwertsteuer – 77/388/EWG – 6. EG-Richtlinie – und die auf dieser Grundlage ergangene Entscheidung des Rates vom 30. März 2004 2004/290/EG (Amtsblatt [ABl] der Europäischen Union [EU] 2004, Nr. L 94/59). Da die seit dem 1. Januar 2007 geltende Mehrwertsteuersystemrichtlinie – 2006/112/EG – MwStSystemRL – eine gleich lautende Regelung enthält, gilt die Entscheidung 2004/290/EG auch im Streitjahr (Finanzgericht – FG – Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 7 K 7345/12 – Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2013, 1446, 1447).
Nach Art. 1 Entscheidung 2004/290/EG ist die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 1. April 2004 ermächtigt worden, bei bestimmten Lieferungen von Gegenständen und Erbringungen von Dienstleistungen den Empfänger als Mehrwertsteuerschuldner zu bestimmen. Zu diesen Dienstleistungen zählen laut Art. 2 Abs. 1 Entscheidung 2004/290/EG unter anderem [u.a.] die Erbringung von Bauleistungen an einen Steuerpflichtigen. Dass die Bundesrepublik Deutschland mit der Regelung nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 diese unionsrechtliche Ermächtigung nur eingeschränkt aufgenommenen hat, indem sich die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nicht auf jegliche Bauleistungen bezieht, sondern nur auf mit Bauwerken zusammen hängende Leistungen und auch nur auf solche gegenüber einem Unternehmer, der ebenfalls Bauleistungen erbringt, ist unbedenklich (Gerichtshof der Europäischen Union – EuGH –, Urteil vom 13. Dezember 2012 – C 395/11 [BLV Wohn- und Gewerbebau GmbH] – Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2013, 63 Leitsatz [LS] 2, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2012, 2593, Mehrwertsteuerrecht – MwStR – 2013, 23).
Für die Abführungspflicht nach § 13b UStG 2009 für Bauleistungen kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang der Leistungsempfänger im Vorjahr Bauleistungen erbracht hat. Denn die Gesetzesfassung des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG und der Wortlaut der dieser zugrunde liegenden Entscheidung 2004/290/EG in der Gegenwartsform („erbringt“ bzw. „bei der Erbringung“) lässt es zu, auch solche Unternehmer unter § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG zu fassen, die in der Vergangenheit noch keine Bau-leistungen erbracht haben, deren unternehmerisches Wirken jedoch in der Gegenwart bereits über Vorbereitungshandlungen zur Erbringung von Bauleistungen hinaus gegangen und in den zeitlich gestreckten Vorgang der Leistungserbringung eingetreten ist (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Mai 2013 – 7 K 7345/12 – aaO. S. 1448).
Eine weitere gesetzliche Definition dafür, ob alle mit einem Bauwerk verbundenen Arbeiten, insbesondere auch die Lieferung eines Einrichtungsgegenstandes, der von Seiten des liefernden Unternehmers aufgebaut und/oder fest mit einem Gebäude verbunden wird, eine Bauleistung im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2009 bilden, fehlt indes. Dem Gesetzgebungsverlauf zu § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG ist aber zu entnehmen, dass von der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienenden Leistungen nur dann zu sprechen ist, wenn sie mit einer Substanzveränderung an dem Bauwerk zusammen hängen.
§ 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG in der Fassung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 (Bundestags-Drucksache – BT-Drs – 15/1502) bezog sich zunächst auf Bauleistungen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG (BT-Drs 15/1502, S. 11). Unter dem Begriff der Bauleistungen sollten daher alle Leistungen zu verstehen sein, die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Der Begriff des Bauwerks sei weit auszulegen und umfasse demzufolge nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen. Allerdings setze die Annahme einer Bauleistung voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirke, das heißt [d.h.] eine Substanzveränderung im Sinne einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirke, hierzu aber auch Erhaltungsaufwendungen zählten (BT-Drs 15/1502, S. 32).
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren schlug der Bundesrat vor, § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG dahin zu fassen, dass eine Umkehrung der Steuerschuldnerschaft als Leistungsem-pfänger für Werklieferungen und sonstige Leistungen zur Herstellung und Erweiterung ei-nes Gebäudes gelten solle. Der Begriff der Bauleistungen werde hierdurch im Interesse der Rechtsklarheit und um unionsrechtliche Maßgaben (Art. 27 der 6. EG-Richtlinie) zu er-füllen, auf das Wesentliche beschränkt. Der sachliche Anwendungsbereich werde eng gefasst und beschränke sich auf den Schwerpunkt des Gefährdungspotentials in der Baubranche bei Herstellung oder Erweiterung eines Gebäudes. Der umfassende und zu Abgrenzungsschwierigkeiten führende Begriff des Bauwerks werde vermieden (BT-Drs 15/1798, S. 9, 10).
Die Bundesregierung entgegnete, der Vorschlag des Bundesrates schränke den Anwendungsbereich der vorgesehenen Regelung erheblich ein (nur Herstellung und Erweiterung von Gebäuden an zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger), stelle dabei weitgehend auf nicht umsatzsteuerrechtliche Begriffe ab und weiche daneben auch von den ertragsteuerrechtlichen Regelungen der Bauabzugssteuer ab. Der Vorschlag des Bundesrates erscheine insgesamt komplizierter, weil die betroffenen Unternehmer für er-trag- und umsatzsteuerliche Zwecke unterschiedliche Abgrenzungskriterien bei der steuerlichen Behandlung von Bauleistungen anwenden müssten. Die Bundesregierung halte daher grundsätzlich an der von ihr vorgeschlagenen Regelung fest (BT-Drs 15/1798, S. 19).
Auf diesem Hintergrund lassen sich die in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2009 bezeichneten Werklieferungen und sonstige Leistungen, die mit Ausnahme von Planungs- und Überwachungsleistungen der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, im Ausgangspunkt mit Bauleistungen im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 3 EStG gleichsetzen (Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, Stand: Juli 2012, § 13b UStG nF Rn. 366) bzw. von Art. 199 Abs. 1 Buchstabe a) der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – MwStSystRL – hiernach erstrecken sich Bauleistungen auch auf Reparatur-, Reinigungs-, Wartungs-, Umbau- und Abbrucharbeiten im Zusammenhang mit einem Grundstück (Mößlang, in: Sölch/Ringleb, UStG, Stand: September 2012, § 13b UStG Rn. 33).
Bauleistungen liegen solchermaßen aber nur dann vor, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauwerk ausgeführt werden, nämlich mit Anlagen, die mit dem Erdboden fest verbunden sind; dazu genügt es, dass sie infolge eigener Schwere auf ihm ruhen (Mößlang, aaO. § 13b UStG Rn. 34). Nach den Gesetzgebungserwägungen zu § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG muss aber von vornherein hinzukommen, dass sich die fraglichen Leistungen unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks im Sinne einer Substanzveränderung in Form der Erweiterung, Verbesserung oder Beseitigung desselben auswirken (ebenso etwa auch: Umsatzsteuer-Anwendungserlass – UStAE – 13b.2 Bauleistungen Abs. 3; Leonard, in: Bunjes, UStG, 11. Aufl. 2012, § 13b UStG Rn. 24; Henseler, in: Hartmann/Metzenma-cher, UStG, Stand: 7/08, § 13b UStG Rn. 30; kritisch dagegen: Stadie, aaO. § 13b UStG nF Rn. 369 betreffend Gerüstbauarbeiten).
Müssen sich Bauleistungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 auf ein Bauwerk beziehen, scheidet die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers daher aus, wenn sie den Einbau/Aufbau einer sog. Betriebsvorrichtung betreffen. Denn Betriebsvorrichtungen bleiben ungeachtet der Regelungen des bürgerlichen Rechts in den §§ 93 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – über wesentliche Gebäudebestandteile einerseits und Scheinbestandteile andererseits bewegliche Sachen und machen trotz ihrer gegebenenfalls [ggf.] festen Einfügung in ein Gebäude kein Bauwerk aus.
Als Betriebsvorrichtungen bestimmt § 68 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes – BewG – Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Aus dem Erfordernis des "Zugehörens zu einer Betriebsanlage" leitet sich ab, dass der Begriff der Betriebsvorrichtung Gegenstände voraussetzt, durch die das Gewerbe unmittelbar betrieben wird. Zwischen der Betriebsvorrichtung und dem Betriebsablauf muss ein ähnlich enger Zusammenhang bestehen, wie er üblicherweise bei Maschinen gegeben ist. Hingegen reicht es nicht aus, wenn eine Anlage für einen Betrieb lediglich nützlich oder notwendig oder auch gewerbepolizeilich oder bauordnungsrechtlich vorgeschrieben ist. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden (Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil 9. August 2001 – III R 43/08 – Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 196, 429, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2002, 100, 103, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst – DStRE – 2002, 223 [zu einer Be-/Entlüftungsanlage in einem Friseursalon]).
Der erkennende Senat hält es für richtig, entsprechend dem allgemeinen Begriffsverständnis in anderen Regelungsbereichen wie etwa im Investitionszulagenrecht auch bezogen auf die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Bau-leistungen nach § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 Betriebsvorrichtungen nicht als Bauwerke zu behandeln. So erscheint ihm angesichts der vom Gesetzgeber laut der Gesetzgebungsgeschichte zu § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 UStG 2009 offenkundig gewollten einengenden Auslegung/Anwendung der umgekehrten Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers für Bauleistungen und nicht zuletzt auch angesichts des Ausnahmecharakters dieser Gesetzesbestimmung, die grundsätzlich für deren restriktive Auslegung streitet, nicht begründbar, dass mit der hinter der unionsrechtlich weitergehenden Ermächtigung zurückbleibenden Beschränkung auf Bauwerksleistungen in § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG 2009 gleichwohl jegliche, insbesondere mit (bloßen) Betriebsvorrichtungen zusammen hängende Bauleistungen einbezogen sein sollten.
Hieran gemessen erbringt die Klägerin mit der Einrichtung/Aufstellung ihres Klimaanlagensystems insbesondere für Ziehöfen keine Bauleistung. Der Aufbau ihrer Anlage steht in keinem (unmittelbaren) Zusammenhang mit einem Bauwerk. In dieser Beziehung ist an erster Stelle hervorzuheben, dass das Entrauchungssystem der Klägerin nicht der Be-/Entlüftung der die Ziehöfen überdachenden Werkhallen selbst dient, dafür vielmehr ein gesondertes Klimaanlagensystem vorhanden bzw. vonnöten war/ist. So erläuterte der Geschäftsführer der Klägerin den Zweck/die Funktionsweise des von ihr entwickelten (Kli-ma-)Anlagenabluftsystems im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. November 2013 mit Verweis auch auf den auf die Werk-/Produktionshallen der D… GmbH bezogenen (Bau-)Anlagenplan damit, dass beim Betrieb/Öffnen der (zur Produktion insbesondere von Solarzellenplatten) bestimmten Ziehöfen unerwünschte Staubpartikel aufgewirbelt worden seien, die den Produktionsprozess der Nachbaröfen gestört hätten. Zwecks Herstellung sog. Reinraumbedingungen in der Halle habe ihre Anlage deswegen die austretende Luft ansaugen, filtern sowie wieder als Frischluft der Halle zuführen sollen. Im Prinzip sei aber durch die Kühlung der Öfen und die bauseits vorhandene Klimaanlage ein Aufenthalt in der Halle auch schon vorher möglich gewesen. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde die von der Klägerin errichtete Anlage abgebaut werden, wenn die Ziehöfen ihrerseits wegen Erreichens/Überschreitens ihrer Laufleistungsdauer entfernt würden. Diese vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. November 2013 unwidersprochen ge-bliebene Darstellung der Arbeitsweise der Entrauchungsanlage der Klägerin zeigt nichts auf, in welcher Weise sie in einem näheren (Funktions-)Zusammenhang mit den Werk-/Produktionshallengebäuden der D… GmbH stehen sollte. Es kommt hinzu, dass der Aufbau der Abzugsanlage der Klägerin, insbesondere auch die Anbringung der erforderlichen Abführungsrohre an Decken und Wänden der Maschinenhallen ebenso wie die Verbindung mit den vorhandenen elektrischen Anschlüssen, keine (größeren) Umbauten an der Gebäudesubstanz, das heißt [d.h.] an dem Baukörper der Produktionshallen, nach sich ziehen. Unter diesen Umständen ist eine – und sei es auch nur entferntere – Nutzungssteigerung (vergleichbar etwa dem Einbau einer Rolltreppe in ein Bauwerk) oder auch nur Nutzungsbeibehaltung der Substanz der Werk-/Maschinenhallen nicht begründbar.
Die vom Geschäftsführer der Klägerin im Verhandlungstermin noch einmal hervorgehobenen Verhältnisse weisen die von der Klägerin konzipierte Be-/Entlüftungsanlage vielmehr als Betriebsvorrichtung aus. Die Bestimmung der klägerischen Anlage liegt ausschließlich in der Sicherstellung eines störungsfreien Laufs der von dritter Seite, den Produktionsunternehmen, hier der D… GmbH, in deren Werkhallen mehr oder weniger zufällig nebeneinander stehenden (mehreren) Ziehöfen. Sie dient daher unmittelbar nur den Maschinenanlagen hier der D… GmbH und damit im Sinne einer Betriebsvorrichtung direkt der Ausübung deren Gewerbetätigkeit.
Dem entsprechend lässt sich die Montage der Abluftanlage der Klägerin nicht als Einrichtungsgegenstand der Werkhalle selbst ansehen; sie weist keinen näheren Funktionszusammenhang mit den sie überdachenden Bauwerken auf. Eine irgendwie geartete Ausstattung der Werkhallen (anstelle nur der dort arbeitenden Ziehöfen) liegt nicht vor.
Hiernach kann das Vorliegen einer mit einem Bauwerk zusammenhängenden Bauleistung der Klägerin auch nicht entsprechend 13b.2 Bauleistungen Abs. 5 Nr. 2 UStAE damit begründet, dass die Anlage fest mit einem Gebäude (Werkhallen) verbunden wird und sie von ihm nicht ohne größeren Aufwand getrennt werden kann. Eine derartige Verbindung vermag nicht zu ersetzen, dass durch den Einbau des Klimaabluftsystems der Klägerin nicht (verändernd) auf die Substanz des vorhandenen Baukörpers eingewirkt wird. Ebenso wenig verliert durch dieses Abgrenzungskriterium die klägerische Anlage ihre Eigenschaft als Betriebsvorrichtung.
Zugunsten des Beklagten vermag schließlich nicht durchzugreifen, dass die Klägerin die F…- und C… GmbH auf der Grundlage von so bezeichneten Bauverträgen als Fachunternehmen hinzugezogen hat. Denn die Überschreibung der zwischen der Klägerin und der F…- und C… GmbH geschlossenen Verträge vermag die nötigen Voraussetzungen für das Vorliegen von Bauleistungen der Klägerin selbst nicht zu ersetzen.
Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 135 Abs. 1 FGO, betreffend den Ausspruch zur Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO sowie bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO, 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO –.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Es ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und es liegen auch ansonsten weder eine einheitliche erstinstanzliche Rechtsprechung noch übereinstimmende Kommentierungen zur Reichweite sonstiger Leistungen vor, die im Sinne von § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Im Übrigen weicht der Senat mit seiner Entscheidung von Nr. 13b.2 Bauleistungen Abs. 5 Nr. 2 UStAE ab.