Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 03.11.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 S 54.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 17 Abs 8 BNatSchG, § 146 Abs 4 VwGO |
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. August 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
I.
Der Antragsteller begehrt als Eigentümer des S. in Bad-S. vorläufigen Rechtsschutz gegen den durch Bescheid des Antragsgegners vom 11. Mai 2010 unter Zwangsgeldandrohung angeordneten vollständigen Rückbau nebst Untersagung der Nutzung der in den Scharmützelsee hineinragenden Steganlage R. und einen gleichzeitig ergangenen Gebührenbescheid.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 21. Mai 2010 erhobenen Widersprüche durch - dem Antragsteller am 9. September 2010 zugestellten - Beschluss vom 27. August 2010 hinsichtlich des Gebührenbescheids mangels vorheriger Durchführung eines behördlichen Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 6 VwGO und hinsichtlich der Rückbauanordnung mangels behördlicher Anordnung sofortiger Vollziehung als unzulässig, im Übrigen als unbegründet abgelehnt.
II.
Die - hiergegen rechtzeitig am 22. September 2010 erhobene und am 8. Oktober 2010 begründete - Beschwerde des Antragstellers hat auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht nach § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfenden Begründung, die sich ausschließlich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung und der Abwägung von öffentlichem Vollzugs- und privatem Aussetzungsinteresse befasst, keinen Erfolg.
Der Antragsteller macht zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass der Antragsgegner nachweispflichtig sei und diesen Nachweis nicht erbracht habe, wenn - wie vorliegend - die wasserbehördliche Genehmigung der Steganlage nicht mehr auffindbar und zudem unstreitig sei, dass eine solche - hier: in den 50er Jahren an Herrn M. - erteilt wurde. Denn derartige Genehmigungen seien nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 31. Juli 1991 - 1 B 63.89 - im Regelfall nicht personen-, sondern anlagenbezogen erteilt worden und deshalb übertragbar, sofern dies dort nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Dementsprechend sei hier vom Regelfall auszugehen und Bestandsschutz der Steganlage anzunehmen gewesen.
Ob diese Ausführungen zur regelmäßig anlagenbezogenen Erteilung einer wasserbehördlichen Genehmigung einer Steganlage im - zum Berliner Wassergesetz unter Rückgriff auf die Rechtslage nach dem Preußischen Wassergesetz bzw. die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zu dessen § 22 ergangenen - Urteil des OVG Berlin auch für die H. in den 50er Jahren, d.h. zu DDR-Zeiten, offensichtlich auch „nach § 22 WG“ erteilte Genehmigung (vgl. Streitakte Bl. 52 Rückseite) gelten - der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung vom 1. Juli 2010 ausgeführt, die Genehmigung sei zwar noch unter Geltung des Preußischen Wassergesetzes erteilt worden, aber nach § 50 Abs. 2 Wassergesetz der DDR vom 17. April 1963 erloschen -, ist im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nicht abschließend zu klären und muss deshalb offen bleiben.
Ob die Steganlage tatsächlich Bestandsschutz genießt, hängt zudem aber auch davon ab, ob nach Erteilung dieser Genehmigung Eingriffe in die Bausubstanz erfolgt sind, die zu etwas Neuem geführt haben, oder ob trotz zwischenzeitlicher Instandsetzungsarbeiten die Identität des Bauwerks erhalten geblieben ist (vgl. dazu die im Beschluss des Verwaltungsgerichts zitierte Rechtsprechung des Senats). Soweit der Antragsteller unter Vorlage mehrerer Fotos der Steganlage zur Beschwerdebegründung geltend macht, das Verwaltungsgericht habe den Bestandsschutz zu Unrecht angezweifelt, da nur einige unwesentliche Reparaturarbeiten durchgeführt worden seien, ist auch das im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit der notwendigen Gewissheit abschließend zu klären.
Sind mithin, wie auch das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die Erfolgsaussichten des Widerspruchsverfahrens offen, bedarf es einer Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses mit den entgegenstehenden privaten Interessen des Antragstellers. Die hierbei erforderliche Folgenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus.
Die weitere Nutzung einer - unterstellt - zumindest formell illegalen Steganlage würde eine negative Vorbildwirkung entfalten, worauf der Antragsgegner zu Recht hinweist. Ferner würde die weitere Nutzung insbesondere zum Bootsverkehr - dies legen die im Verwaltungsvorgang befindlichen Fotos der Steganlage mit einem dort abgelegten Katamaran nahe - den Eingriff in den Naturhaushalt fortsetzen und möglicherweise verstärken. Beidem wird mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung (nur) der Nutzungsuntersagung wirksam begegnet. Andererseits bleibt dem Antragsteller mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rückbauverfügung die Nutzungsmöglichkeit für die Zukunft erhalten, sollte sich der von ihm reklamierte Bestandsschutz im Hauptsacheverfahren bestätigen.
Soweit der Antragsteller geltend macht, bisher gebe es im Bereich der Steganlage keinen „durchgehenden Schilfgürtel“ und es bestehe die Gefahr, dass dieser sich bei Versagung vorläufigen Rechtsschutzes schließe, so dass ggf. vollendete Tatsachen geschaffen würden, die unter Umständen auch bei einem Erfolg im Hauptsacheverfahren nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden dürften, rechtfertigt das keine andere Beurteilung. Denn der Senat geht zum einen davon aus, dass sich die ausweislich der vorliegenden Fotos relativ große Lücke im Röhrichtbestand um die Steganlage nicht innerhalb kurzer Zeit schließen wird, zumal ein Wachstum außerhalb der inzwischen beendeten Vegetationsperiode auszuschließen ist. Zum anderen wird der Antragsgegner im laufenden Widerspruchsverfahren nunmehr umgehend sachverständige Feststellungen zu treffen haben, inwieweit insbesondere der Zustand der Stegpfähle sichere Schlüsse auf einen (bestandsschutzausschließenden) Neubau im o.g. Sinne in der Zeit deutlich nach der Neuerrichtung Mitte der 50er Jahre zulässt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).