Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und teilweise begründet. Er hat wegen der Unfallfolgen einen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. für die Zeit vom 2. Juni 2003 bis zum 25. Juni 2007.
Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 56 SGB VII. Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die sechsundzwanzigste Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Unstreitig hat der Kläger am 29. Mai 2003 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte mit dem Bescheid vom 20. Januar 2004 anerkannt hat. Die Beklagte ist bei ihm auch davon ausgegangen, dass bis zum 1. Juni 2003 Arbeitsunfallfolgen in Form einer akuten Belastungsreaktion vorlagen. Nach Auffassung der Beklagten waren die über den 1. Juni 2003 hinaus bestehenden psychischen Beschwerden jedoch nicht auf das Ereignis vom 29. Mai 2003 zurückzuführen, es handle sich dabei um unfallunabhängig bestehende Erkrankungen.
Dem kann sich der Senat hinsichtlich der Nichtgewährung von Leistungen ab 02. Juni 2003 nicht anschließen. Der Kläger litt auch über den 02. Juni 2003 hinaus unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dies folgt aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten der Ärztin L und der Dr. M, die nachvollziehbar dargelegt haben, dass die bei dem Kläger festgestellten Symptome depressive Stimmung, Verzweiflung, Panik, Selbstunsicherheit, Intrusionen und Vermeidung geradezu lehrbuchhaft den Symptomen einer solchen Erkrankung, die sie nach dem ICD-10 entsprechend bezeichnet haben (F 43.1), entsprechen. Gestützt wird diese Diagnose auch durch die Befunde der den Kläger behandelnden Dipl.-Psych. D, des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie G und der den Kläger für die zuständige Rentenversicherung begutachtenden Chefärztin Dr. B.
Danach steht für den Senat fest, dass der Kläger unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 ICD-10) leidet.
Zur Feststellung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in Folge eines Versicherungsfalles muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens (z. B. bei einem Sprunggelenksbruch, der zu einer Versteifung führt) oder direkt (z. B. bei einer Amputationsverletzung) ein Ursachenzusammenhang nach der im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006, Az. B 2 U 1/05 R, zitiert nach Juris).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Da Verschulden bei der Prüfung eines Versicherungsfalles in der gesetzlichen Unfallversicherung unbeachtlich ist, weil verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs. 2SGB VII), erfolgt im Sozialrecht diese Unterscheidung und Zurechnung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG Urteil vom 10. Juni 1955, Az. 10 RV 390/54, BSGE 1, 72, 76). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. „Wesentlich“ ist nicht gleichzusetzen mit „gleichwertig“ oder „annähernd gleichwertig“. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil vom 11. Dezember 1963, Az. 5 RKn 31/60, SozR Nr. 69 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 12. Februar 1970, Az. 7/2 RU 262/67, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl 2010, Kapitel 1.5, S 24 f.). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSG Urteil vom 30. Juni 1960, Az. 2 RU 86/56, BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSG Urteil vom 12. Februar 1970, Az. 7/2 RU 262/67, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als „wesentlich“ anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden (BSG Urteil vom 27. Oktober 1987, Az. 2 RU 35/87, BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG Urteil vom 31. Juli 1985, Az. 2 RU 74/84, SozR 2200 § 548 Nr. 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die „Auslösung“ akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG Urteil vom 27. Oktober 1987, Az. 2 RU 35/87, BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr. 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 jeweils RdNr. 11; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O.). Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen.
Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (vgl BSG Urteil vom 19. September 1974, Az. 8 RU 236/73, BSGE 38, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr 4; BSG Urteil vom 09. Dezember 2003, B 2 U 8/03 R, SozR 4-2200 § 589 Nr. 1).
Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt (vgl zu den Unterschieden BSG Urteil vom 28. Juni 1988, Az. 2/9b RU 28/87, BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91; Krasney in Brackmann, a. a. O., § 8 RdNr. 312), bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären (vgl. schon BSG Urteil vom 12. Februar 1970, Az. 7/2 RU 262/67, SozR Nr. 6 zu § 589 RVO). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Es geht dabei nicht um die Ablösung der für das Sozialrecht kennzeichnenden individualisierenden und konkretisierenden Kausalitätsbetrachtung durch einen generalisierenden, besondere Umstände des Einzelfalls außer Betracht lassenden Maßstab, sondern um die Bekräftigung des allgemeinen beweisrechtlichen Grundsatzes, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (BSG Urteil vom 19. März 1986, Az. 9a RVi 2/84, SozR 3850 § 51 Nr. 9; BSG Urteil vom 10. Dezember 1987, Az. 9a RV 36/85, SozR 1500 § 128 Nr. 31; BSG Urteil vom 17. Dezember 1997, Az. 9 RVi 1/95, SozR 3-3850 § 52 Nr. 1; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, III RdNr. 47, 57; Rauschelbach, MedSach 2001, 97; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kap 5.1.15.2, S 154).
Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind (vgl. BSG Urteil vom 18. Dezember 1962, Az. 2 RU 189/59, BSGE 18, 173, 176 = SozR Nr. 61 zu § 542 RVO). Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so, wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat „anhand“ des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.
Diese vom Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 09. Mai 2006 (Az. B 2 U 1/05 R, zitiert nach Juris) ausführlich dargelegten Grundlagen der Theorie der wesentlichen Bedingung gelten für alle als Unfallfolgen geltend gemachten Gesundheitsstörungen und damit auch für psychische Störungen.
Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge und die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund von ihnen ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei dem Verletzten vorliegen und seine Erwerbsfähigkeit mindern (BSG Urteil vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/84, zitiert nach Juris; vgl. BSG Urteil vom 19. August 2003 - B 2 U 50/02 R, zitiert nach Juris). Dies ist vorliegend die bereits oben beschriebene posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1 ICD-10), die auch im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall des Klägers vom 29. Mai 2003 zurückzuführen ist.
Zur Überzeugung des Senates hat der Kläger durch den im Februar 2000 erlebten gravierenden Arbeitsunfall zunächst eine partielle posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, die folgenlos ausgeheilt war. Nach Aussage der Sachverständigen L hatte der Kläger den ersten Unfall mit Hilfe einer Verhaltenstherapie recht gut bewältigen können. Dem entspricht, dass die Beklagte bleibende Folgen dieses Unfalls nicht festgestellt und demgemäß auch nicht anerkannt hatte.
Durch den Unfall vom 29. Mai 2003 zeigte sich nun das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die eigentliche Dekompensation des Klägers wurde dabei erst durch den zweiten streitgegenständlichen Unfall ausgelöst. Die Umstände dieses Unfalles, die Beule an der Lok, die Blutspuren und der um Fassung ringende Zugführer wirkten nach dem für den Senat auch insoweit schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachten der Ärztin L, als Trigger, also als Elemente, die das Wiedererleben einer traumatischen Situation hervorrufen. Dies bedeutet, dass die traumatisierte Person sich so fühlt, als befände sie sich in der alten traumatischen Situation. Ursache dafür, dass es zu einem Wiedererleben kommen konnte, war damit zwar der Unfall vom 06. Februar 2000, der selbstverständlich nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass das Wiedererleben entfiele. Nach den oben dargelegten Grundsätzen kann es jedoch mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist dann allein relevant, ob das (jetzige) Unfallereignis auch wesentlich war. Von überragender Bedeutung für die Ausbildung des Vollbildes einer posttraumatischen Belastungsstörung war danach der zweite Unfall, denn die Gesundheitsstörungen des ersten Unfalles waren auch nach Ansicht der Beklagten folgenlos ausgeheilt.
Das Ereignis vom 29. Mai 2003 war auch nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand geeignet eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen, denn es erfüllte auch das so genannte „A-Kriterium“. Zutreffend haben sowohl die Sachverständige Dr. M als auch die Sachverständige L ausgeführt, dass der Unfall aus dem Jahr 2003 nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern vor dem Hintergrund der beim Unfall am 6. Februar 2000 gemachten Erfahrungen des Klägers bewertet werden muss. Dem entspricht, dass das Bundessozialgericht (Urteil vom 09. Mai 2006, Az. B 2 U 1/05 R, zitiert nach Juris) ausführt, dass der Versicherte so geschützt ist, wie er die Arbeit antritt. Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass das Ereignis vom 29. Mai 2003, in dem es objektiv betrachtet für den Kläger sowie für alle anderen Fahrgäste zunächst lediglich zu einer Vollbremsung des Zuges auf freier Strecke kam, vor dem Hintergrund der lebensbedrohlichen Erfahrungen des Unfalls vom 6. Februar 2000, bei dem neun Menschen ums Leben kamen und die Hälfte der 300 mitreisenden Passagiere verletzt wurden, bei dem Kläger zu ganz anderen Empfindungen und Wahrnehmungen führte, als dies bei einer nicht vorgeschädigten Person der Fall gewesen wäre.
Nach alledem sind zur Überzeugung des Senats die bei dem Kläger vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen (auch) Folge der posttraumatische Belastungsstörung und auch über den 2. Juni 2003 hinaus hinreichend wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall vom 29. Mai 2003 zurückzuführen.
Der Bewertung des Arbeitsunfalls vom 29. Mai 2003 als wesentliche (Teil-)Ursache der beim Kläger noch bis zur Untersuchung durch die Sachverständige Dr. M bestehenden psychischen Einschränkungen steht auch nicht die offenbar bestehende Vulnerabilität für psychische Erkrankungen des psychiatrischen Formenkreises entgegen. Zwar hat bereits Dr. E darauf hingewiesen, dass die vorzeitige Beendigung des Wehrdienstes wegen psychiatrischer Probleme, die Befassung mit der eigenen Homosexualität, die nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. B zum Verlassen von Familie und Ehefrau durch Flucht in die Bundesrepublik geführt hat, und der Tod des HIV-infizierten Lebenspartners 1993 nicht ohne psychiatrische Probleme abgegangen sein dürften. Die nachgewiesene psychiatrische Behandlung in der ehemaligen DDR von 1981 bis 1988 ist ein Indiz dafür. Allerdings schließt dies – wie die Beklagte offenbar meint – aber nicht aus, dass ein traumatisches Ereignis jedenfalls vorübergehend zu einer wesentlichen Ursache für die Folgen einer so genannten posttraumatischen Belastungsstörung nach F 43.1 ICD-10 wird. So liegt es hier. Dementsprechend hat auch die Sachverständige Dr. M eine Anpassungsstörung mit ängstlich-depressiver Entwicklung bei depressiver Persönlichkeitsstruktur mit altruistischen Zügen als unfallfremde Gesundheitsstörungen diagnostiziert. Diese Erkrankungen, die letztlich zur Berentung wegen voller Erwerbsminderung geführt haben, schließen aber das Bestehen von Unfallfolgen nicht aus, sie sind vielmehr von diesen zu trennen. So bedarf die unfallunabhängige ängstlich-depressive Symptomatik auch nach Auffassung der Sachverständigen L weiter psychotherapeutischer Behandlung.
Zur Überzeugung des Senats betrug die MdE lediglich vom 02. Juni 2003 bis zum 25. Juni 2007 20 v. H.; seither lässt sich eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht mehr feststellen.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet den durch die körperlichen, seelischen und geistigen Folgen des Versicherungsfalles bedingten Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Steht die unfallbedingte Leistungseinbuße fest, so ist zu bewerten, wie sie sich im allgemeinen Erwerbsleben auswirkt (BSG, Urteil vom 29. November 1956, Az: 2 RU 121/56, BSGE 4, 147, 149; Urteil vom 27. Juni 2000, Az: B 2 U 14/99 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 7; Urteil vom 02. Mai 2001, Az: B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Dabei sind die medizinischen und sonstigen Erfahrungssätze ebenso zu beachten wie die Gesamtumstände des Einzelfalles (vgl. BSG, Urteil vom 02. Mai 2001, Az. B 2 U 24/00, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Wie weit die Unfallfolgen bzw. die Folgen der anerkannten Berufskrankheit die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Versicherten beeinträchtigen, beurteilt sich in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet. Um die MdE einzuschätzen sind die Erfahrungssätze zu beachten, die die Rechtsprechung und das versicherungsrechtliche sowie versicherungsmedizinische Schrifttum herausgearbeitet haben. Auch wenn diese Erfahrungssätze das Gericht im Einzelfall nicht binden, so bilden sie doch die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985, Az: 2 RU 60/84, SozR 2200 § 581 Nr. 23; Urteil vom 26. November 1987, Az: 2 RU 22/87, SozR 2200 § 581 Nr. 27; Urteil vom 30. Juni 1998, Az: B 2 U 41/97 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 5; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 SGB VII Rn. 10.3). Sie sind in Rententabellen oder Empfehlungen zusammengefasst und bilden die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet. Hierdurch wird gewährleistet, dass alle Betroffenen nach einheitlichen Kriterien begutachtet und beurteilt werden. Insoweit bilden sie ein geeignetes Hilfsmittel zur Einschätzung der MdE (vgl. BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, Az: B 2 U 49/99 R, HVBG-INFO 2001, 499, 500 ff.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die MdE wie dargestellt zu bemessen. Der Senat folgt hinsichtlich der Einschätzung der MdE dem Gutachten der Sachverständigen Dr. M. In der einschlägigen unfallrechtlichen Literatur werden folgende Abstufungen gebildet (Mehrhoff/Meindl/Muhr: Unfallbegutachtung, 12. Auflage, 2010, Kapitel 4.4, S. 252; ähnlich Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., Kapitel 5.1, S. 157):
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Belastungsstörung mit emotionaler Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit
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in geringerem Ausmaß, allgemeiner Leidensdruck auch mit leichteren vegetativen Beschwerden, ohne wesentliche soziale Anpassungsschwierigkeiten
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bis 10 v. H.
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in stärkerem Ausmaß, insbesondere mit sozial-kommunikativer Beeinträchtigung
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10-20 v. H.
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in erheblichem Ausmaß, insbesondere mit starker sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, auch angstbestimmten Verhaltensweisen
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20-30 v. H.
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in schwerem Ausmaß, insbesondere mit starker sozial-kommunikativer Beeinträchtigung, Angstzuständen und ausgeprägtem Vermeidungsverhalten, Antriebsminderung, vegetativer Übererregtheit (unter Umständen mit körperlicher Symptomatik)
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30-50 v. H.
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Bei dem Kläger lag in der Zeit vom 02. Juni 2003 bis zum 25. Juni 2007 eine Belastungsstörung in stärkerem Ausmaß vor, so dass die MdE mit 20 v. H. zutreffend zu bewerten war. Eine Belastungsstörung mit erheblichem Ausmaß lässt sich dagegen entgegen der Ansicht der Sachverständigen L nicht feststellen. Bereits der Gutachter Dr. E hat in seinem Gutachten von April 2004 ausgeführt, dass der Kläger ein Fitnessstudio besucht und sich viel abverlange, wie seine verschwielten Hände zeigen würden. Anlässlich der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. M ließ sich lediglich noch eine Restsymptomatik, d. h. eine Belastungsstörung in geringem Ausmaß feststellen, die allenfalls noch eine MdE von 10 v. H. bedingt. Insbesondere verkennt die Ärztin L, dass bei dem Kläger als Vorschaden nicht nur das Ereignis vom 06. Februar 2000 in Betracht kommt. Sie selbst hat eine unfallunabhängige, behandlungsbedürftige, psychiatrische Erkrankung festgestellt. Der Senat hat bereits oben auf die weiteren Probleme des Klägers und eine etwa siebenjährige Behandlung in der ehemaligen DDR durch eine Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie hingewiesen. Sowohl Dr. E als auch Dr. M haben hiermit zusammenhängende und damit unfallfremde psychiatrische Erkrankungen festgestellt, die bei der Bildung der MdE nicht berücksichtigt werden dürfen. Dauerhafte Unfallfolgen bestehen daher nicht.
Die Einwände der Beklagten, dass entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 19. August 2003, Az. B 4 U 50/02 R) jeder Arbeitsunfall für sich betrachtet werden müsse und keine Gesamt-MdE gebildet werden dürfe, ist zwar grundsätzlich zutreffend, führt im vorliegenden Fall jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Die Sachverständigen haben keineswegs eine Gesamt-MdE auf der Grundlage beider Arbeitsunfälle gebildet, sondern lediglich ausgeführt, dass die Psyche des Klägers durch den ersten Unfall im Sinne einer partiellen posttraumatischen Belastungsstörung vorgeschädigt war, sich die Beschwerden jedoch durch die Verhaltenstherapie zurückgebildet haben und sich nunmehr durch den zweiten Unfall am 29. Mai 2003 das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickelt und gezeigt hat. Erkennbar hat keine der beiden Sachverständigen dabei eine Gesamt-MdE gebildet, sondern die Einschränkungen des Klägers aufgrund des Unfalls vom 29. Mai 2003 bestimmt und gewürdigt. Vor diesem erneuten, zweiten Unfall ließen sich andauernde Unfallfolgen des ersten Unfalles nicht feststellen, wovon auch die Beklagte ausgeht, wie sich der beigezogenen Akte hinsichtlich dieses Unfalls (Aktenzeichen 2000 000 6 000) entnehmen lässt.
Nach alledem ist der Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.