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Entscheidung 26 Sa 667/13


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer Entscheidungsdatum 05.09.2013
Aktenzeichen 26 Sa 667/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 15 KSchG, § 3 BetrVG, § 60 BetrVG, § 61 BetrVG, § 103 BetrVG, § 52 BBiG, NATOTrStatZAbk, Art 7 EGRL 14/2002

Leitsatz

1. § 3 Abs. 1 TV MBTA ist zunächst dahingehend auszulegen, dass er den Schutz nach § 103 BetrVG uneingeschränkt mit einbezieht.

2. Die Bezugnahme des Tarifvertrages auf die für die Jugend- und Auszubildendenvertretung geltenden Vorschriften des BetrVG schließt den Kündigungsschutz nach § 15 KSchG mit ein.

3. Jedenfalls bei der hier vorgenommenen Auslegung wird den Wahlbewerbern und Auszubildendenvertretern auch ein effektiver Schutz iSd. der Richtlinie 2002/14, insbesondere nach Art. 7, gewährleistet (vgl. dazu EuGH 11. Februar 2010 - C-450/08 [Rs. Horst], NZA 2010, 286 = NJW 2010, 2563). Offen bleiben kann es daher hier noch, welche Konsequenzen sich aus dem Umstand ergeben, dass die nach § 52 BBiG gesetzlich vorgesehene Verordnung bisher nicht erlassen worden ist.

Tenor

1. Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13.02.2013 – 6 Ca 1430/12 – abgeändert und

a. festgestellt, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. Oktober 2012 nicht beendet worden ist,

b. die Beklagte verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen weiter zur Servicefachkraft Dialogmarketing auszubilden.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Ausbildungsverhältnis aufgrund einer Kündigung der Beklagten während der Probezeit beendet werden konnte, obwohl der Kläger zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Wahlbewerber war.

Die Parteien begründeten zum 1. September 2012 ein Ausbildungsverhältnis zur „Servicefachkraft für Dialogmarketing“. Der Ausbildungsvertrag sieht eine Probezeit von vier Monaten vor.

Die Beklagte führt die Berufsausbildung innerhalb des Ausbildungsbetriebs T. Ausbildung (nachfolgend: TA) durch. Der TA ist ein Betrieb innerhalb des Unternehmens der Beklagten mit eigener Geschäftsleitung und eigenem Betriebsrat. Innerhalb des Betriebes TA sind dezentral Ausbildungszentren (nachfolgend: AZ) gebildet. Der Kläger gehört dem AZ Potsdam mit dem Standort Frankfurt (Oder) an. Er war Wahlbewerber für die Wahl der Auszubildendenvertretung im Ausbildungszentrum Potsdam. Die Wahlvorschlagsliste, auf der der Kläger aufgeführt war, wurde am 10.10.2012 bekannt gemacht.

Der Kläger ist seit September 2013 Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Diese vereinbarte mit der Beklagten unter anderem den Tarifvertrag Mitbestimmung T. Ausbildung vom 12.10.2001 in der Fassung vom 20.03.2009 (TV MBTA).

In dem Tarifvertrag heißt es ua.:

„§ 1 Mitbestimmungsstruktur

(1) T. Ausbildung (im nachfolgenden TA genannt) stellt einen Betrieb mit einem Betriebsrat, Auszubildendenvertretungen bei den Ausbildungszentren (im nachfolgenden AZ genannt) und einer Konzern-Auszubildendenvertretung dar…

§ 2 Betriebsrat

(1) Die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte des Betriebsrats bestimmen sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes…

(2) Der Betriebsrat des TA nimmt für die Auszubildenden und die Auszubildendenvertretungen die Rechte nach § 103 BetrVG wahr.

§ 3 Auszubildendenvertretung

(1) Die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte der Auszubildendenvertretungen richten sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, nach den für Jugend- und Auszubildendenvertretungen geltenden Bestimmungen des BetrVG…

(2) Die Auszubildendenvertretungen erhalten die Rechte eines Betriebsrats nach § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 BetrVG. Die Führung von Rechtsstreiten und Einigungsstellenverfahren steht nur der Konzernauszubildendenvertretung zu.

(3) Die Auszubildendenvertretungen werden bei der Einstellung der Auszubildenden entsprechend § 99 Abs. 1 bis Abs. 3 BetrVG beteiligt. Verweigert die Auszubildendenvertretung die Zustimmung, kann die Einstellung nur nach Beratung mit der Konzernauszubildendenvertretung vorgenommen werden.

(4) § 78 BetrVG findet auch Anwendung auf Mitglieder der Auszubildendenvertretung. § 78 a BetrVG findet keine Anwendung…

(5) Die Auszubildendenvertretungen erhalten die Rechte eines Betriebsrats nach § 102 BetrVG bei Kündigung von Auszubildenden.

§ 4 Bildung der Auszubildendenvertretung bei den Ausbildungszentren

Wahlberechtigt zu den Auszubildendenvertretungen sind alle Auszubildenden des jeweiligen AZ. Wählbar sind alle Beschäftigten des T.konzerns aus der jeweiligen Region, in deren Betrieb Berufsausbildung durchgeführt wird, soweit sie das 25. Lebensjahr zum Wahlzeitpunkt noch nicht vollendet haben.“

Am 16.10.2012 teilte die Beklagte der Auszubildendenvertretung des Ausbildungszentrums Potsdam schriftlich mit, dass sie beabsichtige, das Berufsausbildungsverhältnis des Klägers während der Probezeit ordentlich zu kündigen. Zur Begründung berief sie sich auf fehlendes Engagement des Klägers. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anl. B2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 6.11.2012. Darin führte sie mehrere Einzelereignisse an. Mit Schreiben vom 19.10.2012 erwiderte der Vorsitzende der Auszubildendenvertretung, die Auszubildendenvertretung Potsdam sei nicht zuständig. Da der Kläger Bewerber zur Wahl der Auszubildendenvertretung sei, verfüge er über besonderen Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG. Der Betriebsrat T. Ausbildung (TA) sei nach § 103 BetrVG zu beteiligen.

Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 24.10.2012 ordentlich zum Ablauf desselben Tages, ohne zuvor den Betriebsrat beteiligt zu haben.

Ein Schlichtungsausschuss für Ausbildungsstreitigkeiten ist nicht gebildet. Der Kläger erhob am 25.10.2012 Klage bei dem Arbeitsgericht. Das Ergebnis der Wahl der Auszubildendenvertretung wurde am 12.11.2012 bekannt gegeben. Der Kläger stand auf der Liste der Ersatzmitglieder.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Kündigung habe sein Ausbildungsverhältnis nicht beendet. Dem stehe der Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 KSchG entgegen. Die Bezugnahme des § 3 Abs. 1 TV MBTA auf die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes erfasse nicht nur § 103 BetrVG, sondern angesichts des einheitlichen Regelungskomplexes auch den Schutz nach § 15 KSchG. Es sei kaum anzunehmen, dass die Tarifvertragsparteien Wahlbewerber und Mitglieder der Auszubildendenvertretung vor Ablauf der Probezeit und danach hätten ungleich behandeln wollen. Der Zweck des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in § 15 KSchG und des Zustimmungserfordernisses bei der außerordentlichen Kündigung nach § 103 BetrVG bestehe darin, im Interesse der Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassungsorgane die unbefangene Amtsausübung der gewählten Organmitglieder bzw. die unbefangene Bewerbung um derartige Ämter zu sichern. Die Tarifpartner hätten auch alle Wahlbewerber und Mitglieder der Auszubildendenvertretungen im Zusammenhang mit dem besonderen Kündigungsschutz gleich behandeln wollen. Jedenfalls sei § 15 KSchG analog anzuwenden. Im Übrigen hätte ein klärendes Gespräch mit dem Kläger genügt, um eine Wiederholung von Ungereimtheiten zu vermeiden. Außerdem hätte es auch einer Abmahnung bedurft. Weiter sei ihm aufgefallen, dass bei ähnlichen Versäumnissen anderer Auszubildender in seinem Lehrjahr nur mit einer Abmahnung reagiert worden sei.

Der Kläger hat – soweit noch von Bedeutung – beantragt,

1.festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.10.2012 nicht aufgelöst ist,
2.…,   
3.im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen als Auszubildenden „Servicekraft für Dialogmarketing“ weiterzubilden.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Wahlbewerbung des Klägers stelle keine Bewerbung zur Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar. § 15 Abs. 3 KSchG finde daher keine Anwendung. § 3 Abs. 1 TV MBTA betreffe nur die Rechte der Auszubildendenvertretungen, nicht aber die ihrer Mitglieder. Wie auch die Neufassung des § 3 Abs. 4 TV MBTA zeige, stünden für die Tarifvertragsparteien die Rechte des jeweiligen Gremiums und nicht die jedes einzelnen Mitglieds im Fokus.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet, die Anwendbarkeit des § 15 KSchG setze ebenso wie die des § 103 Abs. 1 BetrVG voraus, dass es sich um eine Wahl nach dem Betriebsverfassungsgesetz handele. Das sei hier aber gerade nicht der Fall gewesen. Die Tarifpartner hätten in dem TV MBTA insoweit bewusst eine vom Betriebsverfassungsgesetz abweichende Regelung getroffen. Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften scheide damit aus. Der Tarifvertrag sehe nur für die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Auszubildendenvertretung ein Zustimmungserfordernis des Betriebsrats entsprechend § 103 BetrVG vor. Der Wille der Tarifpartner lasse sich anhand der maßgeblichen Auslegungskriterien nicht hinreichend deutlich bestimmen. Ob durch den Verweis auf § 103 BetrVG in § 2 Abs. 2 TV MBTA ein Schutz auch für die Wahlbewerber habe geschaffen werden sollen, sei nicht zweifelsfrei zu ermitteln. Die verbleibenden Zweifel ließen sich auch nicht durch eine ergänzende Tarifvertragsauslegung beheben, da mehrere Möglichkeiten der Lückenschließung bestünden. Dem Tarifvertrag seien hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien Wahlbewerbern Sonderkündigungsschutz hätten einräumen wollen, nicht zu entnehmen. Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes nach § 103 BetrVG sei allein, die Kontinuität der Gremienarbeit durch Wahrung der personellen Zusammensetzung zu erhalten, indem verhindert werde, dass unbegründete außerordentliche Kündigungen des Arbeitgebers zu einer Entfernung der Gremienmitglieder aus dem Betrieb führen und die Gremienarbeit dadurch erschwert werde. Das könne aber ohne weiteres auch dadurch erreicht werden, dass der Kündigungsschutz ausschließlich auf die gewählten Mitglieder erstreckt werde.

Der Kläger hat gegen das ihm am 11.03.2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts am 10.04.2013 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.06.2013 – mit einem beim Landesarbeitsgericht am 10.06.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung seinen erstinstanzlichen Vortrag. Es entspreche dem übereinstimmenden Verständnis der Parteien und der gelebten Praxis, dass jedenfalls bei der außerordentlichen Kündigung von Wahlbewerbern der Sonderkündigungsschutz nach § 103 BetrVG gelte. Zu berücksichtigen sei bei der Auslegung, dass die tariflich geregelten Auszubildendenvertretungen zum Teil weitergehende Rechte als die gesetzliche Jugend- und Auszubildendenvertretung habe. Das Arbeitsgericht berücksichtige im Rahmen seiner Auslegung nicht, dass in § 2 Abs. 2 TV MBTA nicht nur von Auszubildendenvertretungen, sondern auch von Auszubildenden die Rede sei. Damit werde der Schutz offensichtlich auch auf den Kreis der Mitglieder der Auszubildendenvertretung erstreckt. Für den besonderen Schutz der Wahlbewerber spreche insbesondere, dass sich niemand zur Wahl stelle, wenn er damit rechnen müsse, nicht geschützt zu sein. Der Arbeitgeber könnte schrankenlos die Bildung des Gremiums von vornherein verhindern.

Der Kläger beantragt, nachdem er die Klage hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrags mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 13.02.2013 – 6 Ca 1430/12 – abzuändern und

1.festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. Oktober 2012 nicht beendet wurde,
2.die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Bedingungen weiter zur Servicefachkraft für Dialogmarketing auszubilden.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholt ebenfalls im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Die Auszubildendenvertretung sei zudem keine Arbeitnehmervertretung im Sinne des § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG. § 3 Abs. 5 S. 2 BetrVG sei auch nicht analog anwendbar. § 3 Abs. 1 TV MBTA - so die Beklagte nun in der Berufungsinstanz – verweise gar nicht auf § 103 BetrVG. Im Übrigen sprächen auch vernünftige Gründe dafür, dass die Tarifvertragsparteien materiellen Kündigungsschutz nicht zur Anwendung gebracht hätten. Nach Ablauf der Probezeit könne ein Ausbildungsverhältnis ohnehin nur durch außerordentliche Kündigung beendet werden. Eines weiter gehenden Schutzes bedürfe es nicht. So sei auch nach dem Willen des Gesetzgebers die Probezeit nicht fakultativ, sondern zwingend. Das ergebe sich aus den besonderen Umständen eines soeben begonnenen Ausbildungsverhältnisses. Eine bereits dauerhafte oder nur schwer lösbare Bindung solle gerade nicht begründet werden.

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 10.06. sowie vom 6.08.2013 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5.09.2013.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Die Berufung ist auch begründet. Das Ausbildungsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 24.10.2012 nicht aufgelöst worden.

1) Die Kündigung ist unwirksam. Sie war nach § 3 Abs. 1 TV MBTA iVm. § 15 Abs. 3 KSchG unzulässig. Es konnte daher dahinstehen, ob es hier nicht zudem einer Abmahnung bedurft hätte.

a) Das Ausbildungsverhältnis war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ordentlich unkündbar. Das folgt aus § 3 Abs. 1 TV MBTA iVm. § 15 Abs. 3 KSchG.

aa) § 15 KSchG findet keine unmittelbare Anwendung. Der Anwendungsbereich des § 15 KSchG erstreckt sich ebenso wie § 103 BetrVG auf Jugend- und Auszubildendenvertretungen iSd. §§ 60 ff. BetrVG (APS/Linck § 15 KSchG Rn 36, 37), nicht aber auf Auszubildendenvertretungen im reinen Ausbildungsbetrieb. Der Begriff der Jugend- und Auszubildendenvertretungen wird in den Vorschriften inhaltsgleich verwandt. Der Kläger war nicht Wahlbewerber für eine solche Jungend- und Auszubildendenvertretung. Er war Wahlbewerber für eine Auszubildendenvertretung nach dem TV MBTA. Der TV MBTA schafft in einem gesetzlich ungeregelten Bereich eigene Vertretungsstrukturen und Kompetenzen. Es ist danach allerdings auch nicht Zweck des TV MBTA, bestehende gesetzliche Rechte zu beseitigen (vgl. BAG 30. September 2008 – 1 ABR 81/07, Rn 22). Er füllt die mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Errichtung einer Jugend- und Auszubildendenvertretung nach § 60 BetrVG entstandene Lücke aus. Hintergrund ist der Umstand, dass es sich bei dem Betrieb TA (wie bei dessen Vorgängerbetrieben TTC/TT) um einen reinen Ausbildungsbetrieb handelt (vgl. zuletzt BAG 16. November 2011 – 7 ABR 48/10 - ZBVR online 2012, Nr. 6, 8, Rn. 18). Ausschließlicher Zweck dieses Betriebs ist die Durchführung der Berufsausbildung für andere Betriebe. Deshalb werden die Auszubildenden nicht im Rahmen der arbeitstechnischen Zwecke des Betriebs eingesetzt, sind also keine Arbeitnehmer.

bb) § 15 KSchG ist auch nicht über § 3 Abs. 5 Satz 2 BetrVG anzuwenden. Eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 5 Satz 2 BetrVG auf andere als die in der Vorschrift genannten Arbeitnehmervertretungen kommt nicht in Betracht. Dazu fehlt es an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Der Gesetzgeber hat die Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Jugend- und Auszubildendenvertretung und die Rechtsstellung ihrer Mitglieder nicht auf alle erdenklichen Beschäftigtenvertretungen für anwendbar erklärt, sondern ausdrücklich nur auf die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gebildeten Arbeitnehmervertretungen. Andere Vertretungen sind daher bewusst und nicht planwidrig von der Regelung des § 3 Abs. 5 Satz 2 BetrVG ausgenommen (vgl. BAG 13. August 2008 – 7 AZR 450/07, Rn. 24).

cc) § 15 KSchG findet aber aufgrund der Anordnung in § 3 Abs. 1 TV MBTA Anwendung.

(1) Die Tarifvertragsparteien konnten die Rechte und Pflichten der Auszubildendenvertreter grds. anders regeln, als dies das BetrVG für Mitglieder von Jugend- und Auszubildendenvertretungen vorsieht. Bei den auf der Grundlage des TV MBTA gebildeten Auszubildendenvertretungen handelt es sich um zusätzliche, im Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehene Gremien, für die die Bestimmungen des BetrVG nicht zwingend gelten und deren Befugnisse und Pflichten einschließlich der Rechtsstellung ihrer Mitglieder daher abweichend vom Betriebsverfassungsgesetz geregelt werden können (vgl. BAG 13. August 2008 – 7 AZR 450/07, Rn. 32). Die Vertretung der im Betrieb TA beschäftigten Auszubildenden durch Auszubildendenvertretungen stellt keine vom Gesetz abweichende, sondern eine zusätzliche Vertretung für die dem Ausbildungsbetrieb zugeordneten Auszubildenden dar (vgl. BAG 13. August 2008 – 7 AZR 450/07, Rn. 22). Das ist auch nach § 51 Abs. 2 BBiG grds. zulässig.

(2) § 3 Abs. 1 TV MBTA ist zunächst dahingehend auszulegen, dass er den Schutz nach § 103 BetrVG uneingeschränkt mit einbezieht.

(a) Der Wortlaut ist eindeutig. Danach richten sich ua. Wahl, Stellung und Rechte der Auszubildendenvertretungen nach den für Jugend- und Auszubildendenvertretungen geltenden Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes. § 103 BetrVG ist eine solche Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes. Die Norm sichert Wahl und Zusammensetzung des Vertretungsorgans durch den Schutz der Mitglieder und der Wahlbewerber.

(b) Das findet seine Bestätigung im Gesamtzusammenhang und in der Systematik der tariflichen Regelung. § 3 Abs. 1 TV MBTA verweist auf die Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, soweit „in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt“ ist. Die Ausnahmen finden sich ua. in den Absätzen 3 bis 4 des § 3 TV MBTA.

Zu keinem anderen Ergebnis gelangt auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 15. November 2006 (7 ABR 15/06 - AP Nr. 38 zu § 78 a BetrVG 1972 = NZA 2007, 1381 = EzA § 78a BetrVG 2001 Nr. 3). Das BAG legt diese Bestimmungen des Tarifvertrages dahin aus, dass die Tarifpartner sich in den Bereichen, in denen ihnen eine eigenständige Regelung nicht erforderlich erschien, auf eine Verweisung auf die gesetzlichen Vorschriften beschränkt hätten. Dies komme insbesondere in § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 zum Ausdruck, wonach sich jeweils die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte des Betriebsrats und der Auszubildendenvertretung „nach den für den Betriebsrat und die Jugend- und Auszubildendenvertretung geltenden Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes richten, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt“ ist. Es befasst sich dann weiter mit dem Verhältnis des § 3 Abs. 4 zu § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1. § 3 Abs. 4 sah allerdings damals noch eine besondere Regelung für die Übernahme von Auszubildenden vor. § 3 Abs. 4 Satz 1 entspreche – so das BAG - der in § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 verwandten Regelungssystematik für die Mitglieder der Auszubildendenvertretungen. Zunächst werde das Gesetz für anwendbar erklärt („... finden auch Anwendung ...“) und erst anschließend werde in § 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 eine gegenüber dem BetrVG „ausdrücklich andere“ Regelung über die voll freigestellten Mitglieder der Auszubildendenvertretungen getroffen. Das BAG geht also davon aus, dass § 3 Abs. 1 sich auch auf den individuellen Schutz der Mitglieder der Auszubildendenvertretung erstreckt. Im Ergebnis dient dieser Schutz – auch das stellt das BAG in der Entscheidung fest – dem Organ. So ist es zu verstehen, wenn es in der Entscheidung heißt, § 3 Abs. 4 befasse sich nicht mit den Auszubildendenvertretungen, sondern mit den Rechten ihrer Mitglieder.

Die Tarifpartner haben diese Systematik in § 3 Abs. 4 TV MBTA in der Fassung vom 20. März 2009 nun noch klarer zum Ausdruck gebracht. Die Fassung, über die das BAG in der zitierten Entscheidung vom 15. November 2006 zu befinden hatte, erklärte in seinem Satz 1 § 78 und § 78 a BetrVG ausdrücklich für anwendbar. Die Sätze 2 und 3 des Abs. 4 sahen eine Sonderregelung für die Fälle des Ausscheidens voll freigestellter Mitglieder der Auszubildendenvertretung wegen Erreichens der Altersgrenze vor. Nach der durch das BAG herausgearbeiteten Systematik hatte § 3 Abs. 4 Satz 1 allerdings wohl schon damals eher eine klarstellende Funktion, mit der die Tarifpartner eine Fehlinterpretation der Sätze 2 und 3 des § 3 Abs. 4 vermeiden wollten. Die hier maßgebliche Fassung des TV MBTA aus dem Jahre 2009 enthält – systematisch klarer – in § 3 Abs. 1 die generelle Verweisung auf das Betriebsverfassungsgesetz und in den Absätzen 2 bis 4 die Ausnahmen (Einschränkungen und Erweiterungen). § 3 Abs. 5 betrifft eine Zuständigkeitsregelung. Es wird in Abgrenzung zu § 2 Abs. 2 geregelt, dass die Rechte eines Betriebsrats nach § 102 bei der Kündigung von Auszubildenden die Auszubildendenvertretung wahrnimmt. Demgegenüber nimmt nach § 2 Abs. 2 TV MBTA der Betriebsrat für die Auszubildenden und die Auszubildendenvertretungen die Rechte nach § 103 BetrVG wahr.

Durch die Zuständigkeitsregelung unter § 2 Abs. 2 TV MBTA wird im Übrigen deutlich, dass die Tarifpartner von diesem Verständnis ausgegangen sind. Die Zuständigkeitsregelung setzt gerade voraus, dass § 103 BetrVG Anwendung findet. Die Formulierung „Auszubildenden und Auszubildendenvertretungen“ legt es im Übrigen nahe, so der Kläger zutreffend, dass es keine Einschränkungen im Bereich des Individualschutzes geben sollte.

(c) Die Tarifgeschichte steht dem nicht entgegen. Die Tarifpartner haben zwar auch in der Neuregelung § 103 BetrVG nicht ausdrücklich angesprochen. Hierzu gab es aber auch keine Veranlassung, da die Entscheidung des BAG § 78 a BetrVG betraf und nicht § 103 BetrVG. Die Tarifpartner haben § 3 TV MBTA aber systematisch eindeutiger gefasst, was die nun durch die Arbeitgeberin vertretene Auffassung klar ausschließt. Bezüglich der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 103 BetrVG gab es auch zu keinem Zeitpunkt Streit. Die Beklagte hat die Auffassung, § 103 BetrVG finde keine Anwendung, erstmals in der Berufungsinstanz geäußerten, wohl auch nur im Hinblick auf die durch das Arbeitsgericht vertretene Auffassung, dass auf § 103 BetrVG nur insoweit Bezug genommen worden sei, als es dort um die Mitglieder des Organs gehe, nicht aber um die Wahlbewerber.

(d) Im Übrigen entspricht die Beteiligung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG im Falle der Kündigung von Auszubildendenvertretern auch der gelebten Praxis.

(3) Die Bezugnahme auf die für die Jugend- und Auszubildendenvertretung geltenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes schließt den Kündigungsschutz nach § 15 KSchG mit ein.

Die Tarifpartner haben zwar in § 3 Abs. 1 TV MBTA ausdrücklich nur auf die für die Jugend- und Auszubildendenvertretung geltenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes Bezug genommen. Die Bezugnahme auf den davon eingeschlossenen § 103 BetrVG bezieht eine Anwendung des § 15 KSchG mit ein. Das ergibt sich aus der Systematik, insbesondere aber aus Sinn und Zweck der Tarifregelung (zutreffend Klinkhammer, Festschrift „50 Jahre Bundesarbeitsgericht“, 963, 969).

§ 15 KSchG und § 103 BetrVG sind miteinander verzahnt. § 103 BetrVG schützt die Amtsausübung des Betriebsrats. Dessen Mitglieder sollen in ihrer Amtsausübung nicht durch die Furcht vor einem Verlust des Arbeitsplatzes beeinträchtigt werden. Ergänzend zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung von Betriebsratsmitgliedern durch § 15 KSchG schützt § 103 BetrVG die Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassungsorgane auch gegenüber außerordentlichen Kündigungen, indem er hierfür ein Zustimmungserfordernis aufstellt. Der Betriebsrat soll Gelegenheit haben, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. § 103 BetrVG gewährleistet, dass bei fehlender Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung das Mitglied des Vertretungsorgans bis zur gerichtlichen Klärung der Zulässigkeit der Kündigung sein Amt ausüben kann. Zugleich werden Wahlbewerber geschützt, um das Wahlverfahren abzusichern, und denjenigen, die sich zur Übernahme eines Amtes bereit erklären, einen gewissen Schutz zu gewähren.

Der Tarifvertrag beabsichtigt die Bildung einer zusätzlichen Auszubildendenvertretung. § 3 Abs. 1 TV MBTA iVm. § 103 BetrVG bezweckt den Schutz des Vertretungsorgans und seiner Mitglieder vor außerordentlicher Kündigung der Vertretungsorgane und ihrer Mitglieder. Die Norm soll aber auch die Bildung des Gremiums ermöglichen. § 4 Satz 2 TV MBTA sieht ausdrücklich – wie § 61 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. BetrVG für die Jugend- und Auszubildendenvertretung – keine zeitliche Schwelle für die Wählbarkeit vor. Das hat seinen Sinn in der kurzen Amtszeit des Organs. Der Ausschluss der Wählbarkeit während der ersten Monate - wie nach § 8 BetrVG für den Betriebsrat – oder auch nur für die Dauer der Probezeit im Ausbildungsverhältnis führte dazu, dass ein erheblicher Teil der Auszubildenden von dem Vertretungsorgan von vornherein ausgeschlossen wäre. Die Wahlen finden regelmäßig in der Probezeit von denjenigen Auszubildenden statt, die im Wahljahr eingestellt werden. Das wird im Schnitt bei jedem zweiten Auszubildenden der Fall sein. Viele Auszubildende könnten rein faktisch nur ein Jahr der Auszubildendenvertretung angehören, wollten sie auf den Schutz vor einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf der Probezeit warten. Daher kommt dem Schutz der Wahlbewerber gerade während der Probezeit hier besondere Bedeutung zu. Der Arbeitgeber kann das Ausbildungsverhältnis während der Zeit der Wahl zur Auszubildendenvertretung ohne Begründung und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden. Ohne den Schutz des § 15 KSchG liefe ein Großteil der Auszubildenden, die sich aufstellen lassen, Gefahr, gerade während der Probezeit entlassen zu werden. Das führte im Ergebnis zu dem, was durch die tarifliche wie durch die gesetzliche Regelung an sich ausgeschlossen werden sollte. Viele Auszubildende ließen sich mangels Schutzes nicht aufstellen. Eine Bewerbung könnte geschützt erst zu den nächsten Wahlen, dh. für alle, die in einem Wahljahr mit der Ausbildung begonnen haben, im dritten Ausbildungsjahr erfolgen.

Dass die Tarifpartner diesen Zusammenhang und den damit verbundenen Schutz während der Probezeit hätten aufbrechen wollen, kommt in dem Tarifvertrag nicht zum Ausdruck. Aufgrund dieser Systematik hat auch das BAG in seiner Entscheidung vom 29. Januar 1981 (2 AZR 778/78 – AP Nr. 10 zu § 15 KSchG 1969 = NJW 1982, 252 = EzA § 15 nF KSchG Nr. 26, zu III der Gründe, Rn. 28 bei Juris) die Formulierung in § 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut „Die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung gelten für die Betriebsvertretung der zivilen Arbeitskräfte bei einer Truppe und einem zivilen Gefolge, soweit in dem auf diesen Artikel Bezug nehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls nicht etwas anderes bestimmt ist.“ dahingehend ausgelegt, dass damit auch auf § 15 KSchG verwiesen sei. Im zu entscheidenden Fall sah das BAG daher die ausgesprochene ordentliche Kündigung als nach § 15 KSchG unzulässig und damit als unwirksam an.

Die Versagung eines Schutzes vor ordentlicher Kündigung während der Probezeit hätte zudem noch viel weiter gehende Auswirkungen. Nicht nur die Wahlbewerber wären in erheblichem Umfang ungeschützt. Schutzlos wären bis zum Ablauf der Probezeit auch die in dieser Zeit gewählten Mitglieder der Auszubildendenvertretung. Wäre der Kläger gewählt oder als Ersatzmitglied herangezogen worden, hätte er ungeachtet seiner Tätigkeit für das Gremium keinerlei Schutz vor einer – zudem entfristeten – Kündigung. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Tarifpartner das bezweckt haben. Eine Absicht, Wahlbewerber, aber auch Mitglieder der Ausbildungsvertretung während der Probezeit der Auszubildenden ungeachtet der dargestellten Zusammenhänge schutzlos zu stellen, hätte angesichts der gravierenden Folgen einer besonderen Festlegung in dem Tarifvertag bedurft. Das ist aber gerade nicht geschehen. Die damit für die Beklagte verbundenen Risiken sind überschaubar. Sie entsprechen denen, die jeder Arbeitgeber trägt, bei dem eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gebildet ist. Die gesetzliche Regelung, auf die hier Bezug genommen worden ist, differenziert hinsichtlich des Kündigungsschutzes gerade nicht danach, ob die Probezeit schon beendet ist oder nicht. Wahlbewerber der nach §§ 60 ff. BetrVG gebildeten Jugend- und Auszubildendenvertretung genießen ab dem ersten Tag der Ausbildung den Kündigungsschutz nach § 15 KSchG.

Wie leicht sich hingegen die ohne den Schutz des § 15 KSchG vorhandenen Risiken realisieren können, zeigt uU. gerade der vorliegende Sachverhalt. Zwar kann einem Auszubildenden während der Probezeit ohne besondere Rechtfertigung gekündigt werden. Ob die Beklagte von dieser Möglichkeit angesichts der Folgen für einen jungen Menschen unabhängig von der Wahlbewerbung bereits vor Ablauf von zwei Monaten Gebrauch gemacht und nicht zumindest die Probezeit ausgeschöpft hätte, erscheint eher fraglich, ohne dass es darauf ankommt, ob sie – wie der Kläger behauptet – im Falle von Pflichtverletzungen vor der Kündigung von Auszubildenden idR. ohnehin zunächst eine Abmahnung ausspricht.

(4) Es kommt danach nicht mehr darauf an, ob im Falle einer anderen Auslegung der Tarifnorm auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorläge. Tarifnormen sind allerdings grundsätzlich so auszulegen, dass sie nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht geraten. Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen, die mit zwingendem höherrangigem Recht in Einklang stehen und damit auch Bestand haben. Lässt eine Tarifnorm eine Auslegung zu, die zu einem mit höherrangigem Recht vereinbaren Ergebnis führt, ist sie in diesem Sinne anzuwenden (vgl. BAG 21. Februar 2013 – 6 AZR 524/11 - NZA 2013, 625, Rn. 19). Jedenfalls bei der hier vorgenommenen Auslegung wird den Wahlbewerbern und Auszubildendenvertretern auch ein effektiver Schutz iSd. der Richtlinie 2002/14, insbesondere nach Art. 7, gewährleistet (vgl. dazu EuGH 11. Februar 2010 – C-450/08 [Rs. Horst], NZA 2010, 286 = NJW 2010, 2563). Offen bleiben kann es daher hier auch noch, welche Konsequenzen sich insoweit aus dem Umstand ergeben, dass die nach § 52 BBiG gesetzlich vorgesehene Verordnung bisher nicht erlassen worden ist.

b) Nach allem kam es auch nicht mehr darauf an, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte.

2) Der Kläger kann die Fortsetzung der Ausbildung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu den Bedingungen des Ausbildungsvertrages verlangen. Wenn der Auszubildende ein noch nicht rechtskräftiges positives Urteil erlangt hat und wenn seine Interessen an der Fortsetzung der Ausbildung die der Arbeitgeberin an einer Nichtausbildung übersteigen, kann er verlangen, vorläufig weiter ausgebildet zu werden. Will die Arbeitgeberin trotz gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung den vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch abwehren, muss sie zusätzliche über die Ungewissheit des Prozessausgangs hinausgehende Umstände vortragen, aus denen sich ihr überwiegendes Interesse an der Nicht-Weiterausbildung des Auszubildenden ergibt. Es gelten die durch das Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zum vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch (vgl. dazu BAG 27. Februar 1985 – GS 1/84 – EzA § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 9 = NZA 1985, 702, zu C II der Gründe). Solche Umstände hat die Beklagte hier nicht vorgetragen. Angesichts des Beginns des Ausbildungsjahrs werden sich auch keine praktischen Schwierigkeiten ergeben.

III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

IV. Die Kammer hat die Revision im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage zugelassen, ob Wahlbewerber für die Auszubildendenvertretung in der Probezeit Schutz vor ordentlichen Kündigungen genießen.