Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 02.04.2014 | |
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Aktenzeichen | 5 M 2/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Auf den Antrag des Vollstreckungsgläubigers vom 03. Februar 2014 wird die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 02. Juli 2013 (Az.: VG 8 K 1083/08) verfügt.
2. Die Bürgermeisterin der Gemeinde ... wird wegen eines nominalen Betrages von 419,48 € zuzüglich 20,50 € Zinsen vom 13. März 2013 bis zum 01. April 2014 nebst weiteren Zinsen i. H. von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach einem Tageszinssatz von 0,0502 € ab dem 02. April 2014 einschließlich der dem Vollstreckungsgläubiger durch die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten entstandenen Vollstreckungskosten i. H. von 21,42 € und unter Beachtung der nach § 850c Zivilprozessordnung - ZPO - pfändbaren Beträge an Gerichtsstelle beauftragt, die bereits fälligen oder künftig fällig werdenden Forderungen der Vollstreckungsschuldnerin gegenüber der Drittschuldnerin aufgrund bestehender Rentenanwartschaften durch Pfändung einzuziehen.
3. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Vollstreckungsverfahrens.
I.
Der Vollstreckungsgläubiger betreibt die Vollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts vom 02. Juli 2013 – VG 8 K 1083/08. Die Vollstreckungsschuldnerin hat am 13. September 2011 die eidesstattliche Versicherung gemäß § 903 ZPO (AG Köpenick, Niederschrift vom 13. September 2011 - 31 M 666/11) abgegeben. Ausweislich des Vermögensverzeichnisses hat sie Rentenanwartschaften bei der Drittschuldnerin erworben.
II.
1.
Über den Vollstreckungsantrag entscheidet grundsätzlich das Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. § 167 Abs. 1 VwGO). Bei einer Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand – wie hier – richtet sich die Vollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz (des Bundes) - VwVG, § 169 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vollstreckungsbehörde i.S.d. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes ist der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges, der für die Ausführung der Vollstreckung eine andere Vollstreckungsbehörde oder einen Gerichtsvollzieher (an Gerichtsstelle) in Anspruch nehmen kann (vgl. § 169 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
2.
Die Vollstreckung wegen Geldforderungen – wie hier aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 02. Juli 2013 – erfolgt gemäß § 169 Abs. 1 VwGO nach § 3 Abs. 1 VwVG durch Vollstreckungsanordnung des Gläubigers (hier vom 31. Januar 2014).
3.
Auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers war die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 02. Juli 2013 (Az.: VG 8 K 1083/08) zu verfügen, da es sich hierbei um einen Vollstreckungstitel handelt (§ 168 Abs. 1 Nr. 4 VwGO) und die Vollstreckungsschuldnerin trotz besonderer Mahnung gemäß § 3 Abs. 3 VwVG den im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Betrag bislang nicht an den Vollstreckungsgläubiger geleistet hat. Die tenorierten Beträge ergeben sich aus dem
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4.
Die Voraussetzungen für die von der beauftragten Vollstreckungsbehörde zu erlassende Pfändungs- und Einziehungsverfügung liegen vor. Rechtsgrundlage hierfür sind die §§ 5 Abs. 1 VwVG, 309, 314 Abgabenordnung – AO. Hinsichtlich der zu beachtenden Pfändungsgrenzen gilt § 850c ZPO entsprechend (§ 167 Abs. 1 VwGO).
Die hier in Rede stehenden zukünftigen Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch Pfändung eingezogen werden sollen, sind auch pfändbar (§ 829 ZPO, § 54 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I)). Soweit vorliegend eine Rentenanwartschaft als künftige laufende Geldleistung i. S. von § 54 Abs. 4 SGB I durch Pfändung eingezogen werden soll, steht ihrer Pfändung und Einziehung nicht entgegen, dass ein Pfändungspfandrecht bei der Pfändung künftiger Forderungen erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem die gepfändete Forderung tatsächlich entstanden ist (FG München, Urteil vom 02. Januar 2013 – 14 K 2609/11 juris Rdnr. 34). Denn es ist höchstrichterlich geklärt, dass zukünftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung pfändbar sind, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln (z. B. BGH, Beschluss vom 21. November 2002 – IX ZB 85/02 im LS juris). Lediglich ihr Rechtsgrund und der Drittschuldner müssen im Zeitpunkt der Pfändung bestimmt sein. Mithin können zukünftig entstehende oder fällig werdende Ansprüche grundsätzlich abgetreten, verpfändet und gepfändet werden, sofern für die zukünftige Forderung eine ausreichend konkretisierte rechtliche Grundlage besteht (so schon BFH, Urteil vom 20. August 1991 – VII R 86/90 zu § 54 SGB I a.F. im LS juris). Unerheblich ist dabei, ob die Höhe der Forderung noch ungewiss oder unbestimmt ist oder noch unklar ist, ob eine Forderung überhaupt entstehen wird. Entsteht die Forderung nicht oder liegt sie unterhalb der Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO, der im Vollstreckungsverfahren nach der VwGO entsprechend anzuwenden ist, so geht die Pfändung ins Leere. Vorliegend ist für die zu pfändende Forderung eine hinreichend konkrete rechtliche Grundlage vorhanden, denn durch die Zahlung von Beiträgen ist zwischen der Vollstreckungsschuldnerin und der Drittschuldnerin ein Sozialversicherungsverhältnis entstanden, aus dem sich ihre zukünftige Forderung ergibt (vgl. auch BFH a.a.O. Rdnr. 8 ff.). Auch die Schuldnerin hat in ihrer o.g. eidesstattlichen Versicherung selbst angegeben, Rentenanwartschaften bei der Drittschuldnerin zu haben.
5.
Zwar fehlt in der eidesstattlichen Versicherung der Vollstreckungsschuldnerin die Angabe der Versicherungsnummer; der auf Pfändung und Einziehung gerichtete Vollstreckungsantrag des Vollstreckungsgläubigers ist aber auch dann noch hinreichend bestimmt, wenn diese Versicherungsnummer nicht angegeben ist (vgl. LG Heilbronn, Beschluss vom 10. Januar 2001 – 1b T 498/00 juris zur Bestimmtheit eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses).
6.
Vorliegend ist auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt. Die beantragte Pfändung und Einziehung der Rentenanwartschaften ist geeignet, den beabsichtigten Vollstreckungserfolg zu erreichen. Sie ist auch erforderlich, da kein milderes Mittel ersichtlich ist, um die offenstehenden Forderungen zugunsten des Vollstreckungsgläubigers zu realisieren. Die Maßnahme führt schließlich auch nicht zu einem Nachteil für die Vollstreckungsschuldnerin, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Einwendungen der Vollstreckungsschuldnerin sind hier nicht substantiiert vorgetragen. Die Vollstreckungsschuldnerin wird im Übrigen durch die bereits genannten Pfändungsgrenzen in § 850c ZPO geschützt.
7.
Die Pfändung von Rentenansprüchen widerspricht auch nicht der Billigkeit i. S. von § 54 Abs. 2 SGB I. Denn zum einen betrifft diese Bestimmung nur einmalige Geldleistungen; zum anderen stehen Rentenleistungen, die wie Arbeitseinkommen grundsätzlich den laufenden Lebensbedarf der Vollstreckungsschuldnerin decken sollen, zur deren freien Disposition und sind deshalb abtretbar und verpfändbar. Aufgrund dieser Zweckbestimmung unterliegen sie grundsätzlich auch der Pfändung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 17. Juli 1998 – 4 W 106/98 juris Rdnr. 6f.).
8.
Der Vorsitzende nimmt gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz VwGO für die Ausführung der Vollstreckung die Bürgermeisterin der Gemeinde ... nach § 17 Abs. 2 Nr. 5 a) des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Brandenburg als Vollstreckungsstelle in Anspruch. Die damit für den Vorsitzenden des Gerichts des ersten Rechtszugs im Wege der Vollstreckungshilfe beauftragte Bürgermeisterin der Gemeinde ... wird gebeten, die Durchführung der Vollstreckung und das Ergebnis mitzuteilen.
9.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
10.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da nach dem Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz – GKG (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) insoweit eine Festgebühr vorgesehen ist (Nr. 5301).