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Grünanlage; Hirschhof; Grünanlage auf Privatgrundstück; Innenhofbereich; grundstücksübergreifende Neubegrünung zu DDR-Zeiten; Widmung; konkludente Widmung; fiktive Widmung; Öffentlichkeit; öffentlicher Zugang; bezirkliche Be-standsunterlagen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat Entscheidungsdatum 29.09.2011
Aktenzeichen OVG 11 B 31.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 1 Abs 1 GrünAnlG BE 1997, § 2 Abs 1 GrünAnlG BE 1997, § 9 Abs 1 GrünAnlG BE 1997, § 1 GrünAnlG BE 1962, § 3 VerkFlBerG, § 43 VwGO

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der rückwärtige Grundstücksbereich des insgesamt 2.485 m² großen Grundstücks der Klägerin in der K… Teil einer öffentlichen Grün- und Erholungsanlage im Sinne des Grünanlagengesetzes vom 24. November 1997 (GrünanlG 1997) ist.

Ausweislich der Beschlussvorlagen für den Rat des Stadtbezirks Berlin-Prenzlauer Berg Nr. 0406/81 und 0407/81 vom 5. Dezember 1981 zum Entwurf des Volkswirtschaftsplans 1982 bzw. des Haushaltsplans für den Stadtbezirk Berlin-Prenzlauer Berg 1982 wurden seinerzeit staatliche Mittel für die Planung und gärtnerische Umsetzung u.a. des - ursprünglich eine ca. 3.334 m² große Fläche im Bereich der Innenhöfe der Grundstücke K… - umfassenden Projekts „Wohnhof O…“ zur Verfügung gestellt. Dort wird ausgeführt: „Auf der Freifläche in der O… ist eine kombinierte Grün- und Spielanlage anzulegen“ bzw. als zu finanzierendes Projekt benannt: „die weitere Gestaltung der Spiel- und Grünanlage O…“. Nach dem Beschlussprotokoll des Rates vom 11. Dezember 1981 sind beide Vorlagen „bestätigt“ worden. Ferner ist in einem weiteren Beschlussprotokoll des Rates vom 25. Juni 1982 mit Bezug auf die Grundstücke K… ausgeführt: „Weiterhin ist die vorgesehene Grünanlage in den Standort mit einzuordnen“. In der Folgezeit, nach Angaben des Beklagten bis Sommer 1985, wurden diese Planungen, in die die Wohnbezirksausschüsse und auch die Anwohner einbezogen waren, vom „Auftraggeber: Gartenamt Prenzlauer Berg“ auf den zuvor teils brach liegenden, teils verwilderten, von Häuserzeilen durchgehend umschlossenen Innenhofflächen - allerdings unstreitig nur im Bereich einer ca. 2.240 m² großen Fläche der Grundstücke K… - staatlicherseits mittels Anlegung von Wegen, Neubepflanzung, Erstellung eines Spielplatzes und Errichtung einer Hirschskulptur, woraus sich der Name „Hirschhof“ für die Anlage ableitet, durch den VEB Kombinat Stadtwirtschaft Berlin, Direktionsbereich Stadtgrün (nachfolgend: VEB Stadtgrün), unter der Projektnummer 5521/10/82 umgesetzt.

Ab 1996 haben zwischen der früheren Eigentümerin und dem Beklagten Verhandlungen über die öffentliche Nutzung und später den Erwerb der streitgegenständlichen Fläche stattgefunden, die letztlich ergebnislos verlaufen sind.

Auf die von der Klägerin im August 2009 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 25. Juni 2010 festgestellt, dass der - dort mit Koordinatenangaben eines Lageplans der Anlage K 1 der Klageschrift näher bezeichnete - zum Hirschhof gehörende rückwärtige Bereich des Grundstücks der Klägerin keine öffentliche Grün- und Erholungsanlage im Sinne des GrünanlG 1997 sei. Weder sei die in Rede stehende Fläche nach § 2 GrünanlG 1997 gewidmet worden noch falle sie unter die Übergangsvorschrift des § 9 GrünanlG 1997, wonach bestehende öffentliche Grün- und Erholungsanlagen als gewidmet gelten würden, wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in den bei den Bezirken vorhandenen Bestandsunterlagen als öffentliche Grün- und Erholungsanlage geführt seien. So lasse sich schon nicht feststellen, dass es sich um eine „bestehende“ Grünanlage gehandelt habe. Fraglich sei bereits, ob private Grundstücke nach dem - seit dem 3. Oktober 1990 auch in den Ostbezirken Berlins geltenden - Gesetz zum Schutz der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen vom 3. November 1962 (GrünanlG 1962) überhaupt als öffentliche Grünanlagen in Betracht gekommen seien. Jedenfalls fehle es auch insoweit an einer den Benutzungszweck konkretisierenden zumindest konkludenten Widmung. Darüber hinaus lägen aber auch keine bezirklich geführten „Bestandsunterlagen“ im Sinne des § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 über eine dort bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehende öffentliche Grün- und Erholungsanlage vor. Auf das Bestandsverzeichnis „Stand 1997“ könne sich der Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil es ersichtlich erst später erstellt worden sei. Auch die von ihm vorgelegte undatierte und zusammengestückelte handschriftliche Liste mit den Angaben „O…“ und dem Zahlenzusatz „3.354“ reiche hierfür nicht aus. Wegen der unzutreffenden Flächenangabe sei eher anzunehmen, dass in diese Ursprungslisten zu einem nicht bekannten Zeitpunkt, möglicherweise auch schon vor 1982, Grundstücke aufgenommen worden seien, die sich im Pflegebestand der Kommunalen Wohnungsverwaltung befunden hätten.

Zur Begründung seiner durch den Senat wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Beklagte im Wesentlichen geltend: Der streitbefangene hintere Grundstücksteil des Grundstücks K… sei Teil der Anfang der 80er Jahre, d.h. noch zu DDR-Zeiten, angelegten öffentlichen Grün- und Erholungsanlage „Hirschhof“, die aufgrund der Übergangsvorschrift in § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 als gewidmet gelte und deshalb unter den Schutzbereich dieses Gesetzes falle. Die aneinander grenzenden Innenhof-Flächen der seinerzeit vom VEB KWV Berlin Prenzlauer Berg verwalteten, teils in Privateigentum, teils im Eigentum von Erbengemeinschaften mit geringen staatlichen Anteilen stehenden Grundstücke K… seien mit Beteiligung und Zustimmung der Grundstückseigentümer, des VEB KWV und der Anwohner auf der Grundlage staatlicher Planungen aus den Jahren 1980 bis 1982 bis Mitte der 80er Jahre mit staatlichen Mitteln in Höhe von etwa 300.000 Mark grundlegend baulich umgestaltet worden. Nach Fertigstellung habe eine Einweihungsfeier in Anwesenheit der damaligen Stadträtin M… und weiterer staatlicher Stellen stattgefunden, in der die Grünanlage der „öffentlichen Nutzung“ zur Verfügung gestellt worden sei. Anschließend sei die grundstücksübergreifend angelegte, zu DDR-Zeiten durchweg vom bzw. im Auftrag des VEB Stadtgrün gepflegte, öffentliche Grün- und Erholungsanlage nicht nur durch Anwohner, sondern generell durch die Allgemeinheit, etwa durch Kindergartengruppen aus der Umgebung und dort nicht wohnhafte Bürger, aber auch für Sommerfeste, Theater- und Kinovorführungen, genutzt worden. Zumindest eine konkludente Widmung der Anlage für die öffentliche Nutzung habe deshalb vorgelegen. Zugänglich sei diese Grünanlage bis zum Beginn der Umbau- und Instandsetzungsarbeiten Ende 2004/2005 stets ohne Probleme über das Grundstück O…Straße 15 gewesen, nunmehr bestehe ein Zugang über das inzwischen landeseigene Grundstück O…Straße 19. Die öffentliche Grün- und Erholungsanlage „Hirschhof“ sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des GrünanlG 1997, d.h. am 5. Dezember 1997, auch in den bezirklichen „Bestandsunterlagen“ als eine solche Anlage geführt worden, so dass die Voraussetzungen der Widmungsfiktion in § 9 Abs. 1 Satz 1 GrünanlG 1997 erfüllt seien. Als „bei den Bezirken vorhandene Bestandsunterlagen“ seien - vor Einführung des Computerfachprogramms GAJA als elektronischem Bestandsnachweis - mangels gesetzlicher Vorgaben „jede Art von Unterlagen“ des Bezirks zu verstehen gewesen, d.h. auch das Pflegebuch des VEB Stadtgrün und der Pflegevertrag des Bezirksamtes mit dem Verein „… vom 15. August 1996. Insbesondere jedoch werde auf die vorgelegte „handschriftlich geführte Liste“ verwiesen. Diese sei, was auch die Verwendung nach der Wende umbenannter Straßen belege, noch von Mitarbeiter(innen) des VEB Stadtgrün durch Aufkleben auf die Rückseite von Listenunterlagen aus dem Jahre 1984 angelegt, nach dessen Auflösung übernommen und - wie die Korrekturen (nachträgliche Eintragungen und Streichungen) belegten - als tägliche Arbeitsgrundlage durch das Gartenamt Prenzlauer Berg fortlaufend weitergeführt worden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und macht darüber hinaus u.a. geltend:

Bestritten werde weiterhin, dass der streitbefangene hintere Grundstücksteil K… jemals Teil einer für die Öffentlichkeit bestimmten Grün- und Erholungsanlage gewesen sei, zumal die Zugänglichkeit der Anlage nicht rechtlich abgesichert gewesen und die staatliche Inanspruchnahme eigentumsrechtlich zu beanstanden sei. Das vom Beklagten vorgelegte, handschriftlich geführte und zusammengeklebte Verzeichnis sei angesichts der Bezeichnung „O…“ und einer bloß angegebenen Quadratmeterzahl zudem so unbestimmt, dass nicht erkennbar sei, welche Flächen welcher Grundstücke als öffentliche Grünanlage anzusehen seien. Vor dem Hintergrund des hiermit verbundenen Eingriffs in die Eigentumsrechte der Grundstückseigentümer aus Art. 14 Abs. 1 GG sei eine hinreichende Bestimmtheit aber, wenn schon ein ausdrücklicher anfechtungsfähiger Widmungsakt fehle, erforderlich. Nur so könne die Regelung in § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 aber auch verstanden werden, wenn dieser verlange, dass bei den Bezirken Bestandsunterlagen über bereits bestehende Grünanlagen vorhanden sein müssten.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung die seinerzeitigen Mitarbeiter des VEB Stadtgrün bzw. des Gartenamtes beim Rat des Stadtbezirks Prenzlauer Berg und heutigen Mitarbeiter des Bezirksamtes Frau T… und Herrn K… als Zeugen vernommen zum einen zur Bedeutung und zum Inhalt der vom Beklagten als Bestandsunterlagen öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen im Bezirk Berlin-Prenzlauer Berg bezeichneten „handschriftlichen Listen“. Zum anderen hat er diese sowie zusätzlich die Anwohnerin Frau R… als Zeugen vernommen zur Frage der Zuführung des „Hirschhofes“ für eine Nutzung durch die Allgemeinheit (Öffentlichkeit) bzw. des Fortbestandes einer solchen Nutzung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (3 Aktenordner und Anlagen K 1 bis K 18) sowie der Generalakten der Senatsverwaltung für Justiz zum Grünanlagengesetz (3 Hefter), die vorgelegen haben und, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der streitbefangene Teil des Grundstücks der Klägerin ist keine öffentliche Grün- und Erholungsanlage im Sinne des GrünanlG 1997.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 GrünanlG 1997 sind Grün- und Erholungsanlagen im Sinne dieses Gesetzes alle gärtnerisch gestalteten Anlagen, Spielplätze, Freiflächen, waldähnlichen oder naturnahen Flächen, Plätze und Wege, die entweder der Erholung der Bevölkerung dienen oder für das Stadtbild oder die Umwelt von Bedeutung sind und dem jeweiligen Zweck „nach den folgenden Vorschriften gewidmet“ sind. Eine derartige Anlage erhält die Eigenschaft als öffentliche Grün- und Erholungsanlage nach § 2 Abs. 1 und 2 GrünanlG 1997 durch eine die Zustimmung des Eigentümers erfordernde Widmung, aus der sich die Zweckbestimmung der Anlage ergibt und die sodann im Amtsblatt für Berlin bekanntzumachen ist. Sodann ist die Grünanlage gemäß § 3 Abs. 1 und 2 GrünanlG 1997 in ein beim zuständigen Bezirksamt zu führendes „Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen“ einzutragen und gemäß § 3 Abs. 3 als solche „durch Schilder einheitlich zu kennzeichnen“. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil eine solche Widmung mit Zustimmung der Klägerin - unstreitig - nicht vorliegt.

Darüber hinaus gelten gemäß § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 aber auch „bestehende öffentliche Grün- und Erholungsanlagen“ im Sinne des § 2 als gewidmet, „wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in den bei den Bezirken vorhandenen Bestandsunterlagen als öffentliche Grün- und Erholungsanlagen geführt sind“. Auch diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

1. Zwar spricht vorliegend viel dafür, dass der streitgegenständliche rückwärtige Bereich des Grundstücks K… als Teil des sogenannten Hirschhofs seit Mitte der 80er Jahre als Grün- und Erholungsanlage zumindest faktisch der Öffentlichkeit zur Verfügung steht.

Denn auf den zuvor brach liegenden bzw. verwilderten Innenhofbereichen der Grundstücke K… ist seinerzeit grundstücksübergreifend auf der Grundlage entsprechender staatlicher Planungen und mit erheblichen staatlichen Mitteln eine gärtnerisch gestaltete, der allgemeinen Erholung dienende Anlage mit Spielplatz, Amphitheater bzw. Bühne, Frei- und naturnahen Flächen sowie Wegen angelegt und sodann fortlaufend gepflegt worden. Das belegen die dem Senat vorliegenden Beschlussfassungsunterlagen des Rates des Stadtbezirks Prenzlauer Berg über die Anlegung einer „Grün- und Spielanlage“ und die Standorteinordnung als solche, ferner der Projektplan des VEB Stadtgrün vom 30. Juni 1982, in dem als Auftraggeber nicht etwa der VEB KWV als Verwalter der Grundstücke, sondern das „Gartenamt Prenzlauer Berg“ aufgeführt war, und zudem die Fotos über den Zustand des Innenhofbereichs vor und nach der Umgestaltung einschließlich der amtlichen Luftbildaufnahmen des Bereichs in den Jahren ab 1985 sowie das vorgelegte Pflegebuch des VEB Stadtgrün. Dass der Hirschhof, insbesondere der dortige Spielplatz im Bereich des rückwärtigen Bereichs des Grundstücks K…, nicht nur den Anwohnern der Grundstücke K…, sondern der Öffentlichkeit dienen sollte, dieser tatsächlich auch zugänglich war und von ihr genutzt wurde, haben die Zeugen T… in der mündlichen Verhandlung eindrücklich und glaubhaft bestätigt.

Dass es einer grundbuchrechtlichen oder anderweitigen Absicherung eines öffentlichen Zugangs zum Hirschhof bedurft hätte, ist nicht ersichtlich. Die entsprechende unsubstantiierte Mutmaßung der Klägerin verkennt - auch vor dem Hintergrund der von ihr selbst angenommenen staatlichen Verwaltung der betroffenen Grundstücke - die seinerzeitigen Verhältnisse in der DDR.

Entgegen der Annahme im verwaltungsgerichtlichen Urteil lässt sich das dargelegte massive Engagement staatlicher Behörden auch nicht damit erklären, „dass Teile des Grundstücks Volkseigentum waren oder zum Vermögen von Personen gehörten, die ihren ständigen Wohnsitz außerhalb der DDR hatten und vom Rechtsträger VEB Kommunale Wohnungsverwaltung deshalb staatlich verwaltet wurden“. Nach den im Berufungsverfahren inzwischen vorgelegten Unterlagen standen die Grundstücke Kastanienallee 10 bis 12 und Oderberger Straße 15 nämlich ganz überwiegend in Privateigentum. Die staatlicherseits zur Verfügung gestellten Gelder wären somit, wenn es um die Herstellung von Grünflächen der Grundstücke und für die dort wohnhaften Anwohner gegangen wäre, in Privatgrundstücke geflossen, ohne dass dies der Allgemeinheit über die öffentliche Nutzung der entstandenen Grün- und Erholungsanlage zugute gekommen wäre. Eine staatliche Subventionierung von Privatgrundstücken war dem System der DDR jedoch fremd, vielmehr sollten die knappen staatlichen Mittel dem Gemeinwohl zugutekommen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 17. April 1998 - 7 B 104.98 -, juris Rz. 1). Die Herstellung von privaten Grünflächen auf Wohngrundstücken oblag vielmehr den Eigentümern der jeweiligen Grundstücke und wäre angesichts der Verwaltung durch den VEB KWV auch unproblematisch, notfalls über die Begründung von Grundpfandrechten auf den betreffenden Grundstücken, zu finanzieren gewesen.

Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Hirschhof nach 1990 seinen tatsächlichen Charakter als öffentliche Grün- und Erholungsanlage bis zum Inkrafttreten des GrünanlG 1997 oder in der Zeit danach verloren gehabt hätte. Pflege und Unterhaltung des Hirschhofs erfolgten vielmehr nach den vorgelegten Unterlagen (vgl. auch den am 15. August 1996 geschlossenen entgeltlichen Pflegevertrag mit dem Verein „Oder Grün e.V.“, der ausdrücklich die rückwärtigen Flächen des Grundstücks K… mit Spielplatz, Bühnen- und Sitzbereich einbezieht) bzw. nach dem unbestrittenen Vorbringen des Beklagten zunächst in seinem Auftrag und inzwischen durch ihn selbst.

2. Es erscheint allerdings schon fraglich, ob der in Rede stehenden Fläche auch rechtlich die Eigenschaft einer „bestehenden öffentlichen Grün- und Erholungsanlage“ zugesprochen werden kann. Dies würde voraussetzen, dass die Fläche bis zum Inkrafttreten des GrünanlG 1997 von dem gemäß § 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28. September 1990 (GVBl. Berlin I S. 2119) seit dem 3. Oktober 1990 unverändert auch im früheren Ostteil Berlins geltenden GrünanlG 1962 erfasst war. Das wäre zu verneinen, wenn das GrünanlG 1962 nur für Grundstücke galt, die im Eigentum des Landes Berlin standen. Dafür könnte sprechen, dass das Gesetz keine Bestimmungen enthielt, unter welchen Voraussetzungen im privaten Eigentum Dritter stehende Grundstücke - mit oder (gegebenenfalls gegen Entschädigung) ohne deren Zustimmung - als öffentliche Grünanlage in Anspruch genommen werden konnten. Zwar bestimmte § 1 Abs. 1 Satz 1 GrünanlG 1962 lediglich, dass gärtnerisch gestaltete Anlagen erfasst werden sollten, „die … von Berlin unterhalten werden“. Allerdings heißt es in der amtlichen Begründung hierzu (vgl. Drucksachen des Abgeordnetenhauses von Berlin, III. Wahlperiode, Nr. 1354, herausgegeben am 22. 6. 1962, S. 2), von der Vorschrift des § 1 würden alle Grünanlagen erfasst, die zum „Grundvermögen“ der Gartenbauämter, in besonderen Fällen (Straßengrün) der Tiefbauämter, gehören. Demgegenüber hat der Gesetzgeber des GrünanlG 1997 die ursprünglich geplante Einschränkung der Begriffsdefinition in § 1 Abs. 1 auf Anlagen, „die im Eigentum des Landes Berlin stehen“, wiederum mit der Begründung entfallen lassen, dass das Land Berlin auch bisher schon öffentliche Grün- und Erholungsanlagen auf Grundstücken unterhalten habe, die sich nicht in seinem Eigentum befunden hätten; ferner sollten auch in Zukunft solche Anlagen mit Zustimmung der Eigentümer geschaffen werden können (Begründung des später ins Gesetz übernommenen Änderungsvorschlags der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie vom 24. März 1997 zum Gesetzentwurf des GrünanlG unter A. Zu § 1 – Generalakten Band III; S. 134 f.). Das legt es nahe anzunehmen, dass das auch nach der bisher geltenden Rechtslage, d.h. unter der Geltung des GrünanlG 1962, jedenfalls, möglicherweise aber auch nur insoweit als zulässig angesehen wurde, soweit eine vorherige Zustimmung des Grundstückseigentümers vorlag.

3. Letztlich kann die Frage, ob das GrünanlG 1962 seiner Konzeption nach allein landeseigene Flächen erfasste oder ob auch nicht im Eigentum des Landes Berlin stehende Flächen zumindest mit Zustimmung des Grundstückseigentümers als öffentliche Grün- und Erholungsanlagen zulässigerweise entsprechenden Nutzungseinschränkungen unterliegen konnten, ebenso dahinstehen wie die sich anschließende Frage, ob hinsichtlich der streitbefangenen Fläche eine solche Zustimmung vorlag. Denn jedenfalls ist die (weitere) tatbestandliche Voraussetzung einer Widmungsfiktion nach § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 nicht erfüllt, dass eine bestehende öffentliche Grün- und Erholungsanlage als solche „zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in den bei den Bezirken vorhandenen Bestandsunterlagen geführt wird“. Das ist vorliegend auch nach Vernehmung der vom Beklagten insoweit benannten Zeugen nicht feststellbar.

Dass das vom Beklagten eingereichte „Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen Bezirksamt Pankow von Berlin“ mit dem Vermerk „Stand: 1997“ bzw. der elektronische Bestandsnachweis aus dem Computerfachprogramm GAJA (s. VV Originale Hirschhof Band 2 Abschnitt 1 Bl. 1/2 bzw. 3/4) ein bereits bei Inkrafttreten des GrünanlG 1997, d.h. am 5. Dezember 1997, existierender bezirklicher Bestandsnachweis war, behauptet der Beklagte selbst nicht mehr. Insoweit wird im Übrigen auf die unwidersprochen gebliebenen Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil (S. 12 Absatz 2) verwiesen.

Auch die vorgelegten Pflegenachweise einschließlich des Pflegevertrags mit dem Verein „O…“ vom 15. August 1996 sind nicht als „Bestandsunterlagen“ im Sinne des § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 anzusehen. Zwar geht die in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung der Klägerin fehl, insoweit seien die gleichen Anforderungen zu stellen, wie sie in § 3 GrünanlG 1997 geregelt seien. Erforderlich sei deshalb ein Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen, in dem deren Lage und Grenzen bezeichnet seien. Denn der Gesetzgeber hat diese Regelung seinerzeit erst geschaffen, weil ein derart detailliertes Bestandsverzeichnis in den Bezirken damals gerade noch nicht vorlag. Allerdings sollte auf eine Widmung nur dann verzichtet werden können, wenn die Grün- und Erholungsanlagen „schon in Bestandslisten und Bestandskarten erfasst“ waren (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der CDU zu § 2 Abs. 4 - dem Vorläufer des späteren § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 -, AbgH-Drs. 12/5408, S. 3, sowie die Begründung des Änderungsvorschlags hierzu – Generalakten Band II S. 157, 151). Vor diesem Hintergrund ist der Begriff „Bestandsunterlagen“ als eine listen- und/oder kartenförmige Zusammenstellung öffentlicher Grün- und Erholungsanlage bei den Bezirken zu verstehen. Dass ein einzelner Pflegevertrag wie der mit dem Verein „O…“ vom 15. August 1996 diesen Anforderungen nicht genügt, liegt auf der Hand. Auch das vom Beklagten vorgelegte „Pflegebuch“ reicht insoweit nicht aus. Denn darin sind lediglich die seinerzeit vom VEB Stadtgrün abgeschlossenen Pflegeverträge verzeichnet. Diese sind nach dem eigenen Vortrag des Beklagten jedoch ca. ein Jahr nach der Wende ausgelaufen. Schon deshalb kann das Pflegebuch - unabhängig von der Aussagekraft seines Inhalts - nicht als bei Inkrafttreten des GrünanlG 1997 gültige Grünanlagen-Bestandsunterlage angesehen werden.

Dass die im Verwaltungsvorgang „Originale Hirschhof“ Band 2 Abschnitt 2 befindliche „handschriftliche Liste“, auf die sich der Beklagte vor allem beruft, ein Bestandsverzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen im Bezirk Prenzlauer Berg darstellte, vermag der Senat ebenfalls nicht festzustellen.

Diese angebliche Originalliste des VEB Stadtgrün, die - so der Beklagte - im Jahre 1990 übernommen und als Arbeitsgrundlage im Bezirksamt weitergeführt worden sei, ist aus sich selbst heraus gänzlich ungeeignet, den bezirklichen Bestand an öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen nachvollziehbar zu belegen. Sie besteht aus insgesamt sechs einzelnen DIN-A-4-Blättern ohne jegliche Heftung - nach Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung seien diese 1990 ungeheftet in einer Mappe übernommen worden. Diese Blätter weisen unterschiedliche Paginierungen in Schwarz von 1 bis 6 bzw. in Rot von 3 bis 8 am oberen rechten Rand auf und tragen eine - für ein „Original“ nicht erklärliche - Bleistiftaufschrift „Doppel“ auf Seite 1 bzw. 3 oben. Insbesondere lassen diese Blätter auch weder einen Aussteller, etwa die erstellende Behörde, noch Ort und Datum der Anlegung und nicht einmal ihre Funktion und Bedeutung, beispielweise durch eine Überschrift oder anderweitige thematische Zuordnungsmerkmale, erkennen. Die einzelnen Seiten der Liste, die auf der Rückseite von Computerausdrucken mit dem Datum „11.07.84“ angelegt sind, bestehen in tabellarischer Form - allerdings ohne erklärende Kopfzeilen - aus linksseitig aufgeklebten, ausgeschnittenen Blöcken von Fotokopien handschriftlicher Adressen und rechts daneben aufgeklebten Blöcken von drei-, vier und fünfstelligen Zahlen sowie allerdings nur teilweise - jeweils zugeordnet - auf den Blättern selbst eingetragenen Zahlen und Abkürzungen in roter und schwarzer Farbe, ohne dass diese durch Erklärungen oder aus sich selbst heraus verständlich wären.

Auch die Vernehmung der vom Beklagten benannten Zeugen für die Bedeutung und den Inhalt dieser „handschriftlichen Liste“ - angeblich als bezirkliche Bestandsunterlage öffentlicher Grün- und Erholungsflächen - führt insoweit nicht weiter. Denn beide Zeugen erklärten auf deren Vorhalt in der mündlichen Verhandlung letztlich übereinstimmend, diese Liste gar nicht zu kennen.

Die seinerzeit noch beim VEB Stadtgrün beschäftigte Zeugin T… führte insoweit zunächst allgemein, d.h. ohne Vorhalt der „handschriftlichen Liste“ aus, zwar habe es damals für die Führung der einzelnen Pflegearbeiten tatsächlich handschriftliche Listen mit Objektnummern, Gesamtfläche des Objekts und Einzelaufgliederung, etwa nach Spielplätzen, Steinplatten, Gehölzen, Stauden oder Ähnlichem, gegeben, allerdings habe diese Liste „etwa DIN-A-3-Format im Querformat“ gehabt. Auf den Vorhalt der „handschriftlichen Liste“ erklärte die Zeugin sodann, hierbei handele es sich nur um einen „Ausschnitt“ aus der soeben beschriebenen „wesentlich breiter angelegten“ Liste. Diese glaubhaften und den Senat auch überzeugenden Ausführungen belegen, dass die Zeugin T… die „handschriftlichen Listen“, die im Übrigen das Format DIN-A-4 haben, in dieser Form überhaupt nicht kennt. Dann aber kann sie auch nichts zu ihrem Inhalt sagen und vor allem nicht ihre angeblichen Bedeutung/Funktion als bezirkliche Bestandsunterlage öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen bestätigen.

Dem Verbleib der von der Zeugin T… beschriebenen „Liste mit der breiten Fahne“ im Hinblick darauf nachzugehen, dass diese erklärte, möglicherweise sei jene noch archiviert, bestand für den Senat kein Anlass. Denn diese beinhaltete nach ihren weiteren Angaben nicht nur die Objekte des Rates des Stadtbezirks, sondern auch solche der KWV sowie von Privaten oder Kindergärten und Schulen. Damit jedoch eignet sie sich nicht als Bestandsnachweis nur der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen des Bezirks.

Auch der Zeuge K…, der nach eigenen Angaben zunächst beim VEB Stadtgrün und später als stellvertretender Leiter des Gartenamtes Prenzlauer Berg auch für dessen Aufträge verantwortlich war - im Hinblick hierauf ist davon auszugehen, dass er mit den seinerzeitigen Vorgängen und Abläufen gut vertraut war -, bestätigte glaubhaft, dass die Flächenbestandsnachweise des VEB Stadtgrün, nach denen die Aufträge des Gartenamtes erteilt worden seien, Listen im Querformat mit geschätzt 80 cm Breite waren und die Spaltenreihe auch die Strukturierung nach Bänken, Blumen, Rasenflächen etc. enthielt. Nach anschließendem Vorhalt der „handschriftlichen Liste“ bekundete er ferner, diese seien ihm in dieser Form nicht geläufig, bekannt kämen ihm nur die ersten beiden Spalten vor, nämlich das Adressfeld und die anschließenden Quadratmeterzahlen, zu den weiteren dortigen Angaben könne er nichts sagen. Zu diesen „breiten Fahnen“ habe es noch Karten gegeben, in denen die Grünanlage genau eingezeichnet gewesen sei. Beides sei - seines Wissens nach - zwischenzeitlich zumindest überwiegend weggeworfen worden. Auf nochmalige gerichtliche Nachfrage über die Auftragsvergabe erklärte er zudem, eine weitere Liste des Gartenamtes habe es nicht gegeben.

Auch der Zeuge K…vermochte somit nicht die Behauptung des Beklagten zu bestätigen, dass die von ihm vorgelegten „handschriftlichen Listen“ die für die Begründung der Widmungsfiktion gemäß § 9 Abs. 1 GrünanlG 1997 erforderlichen Bestandsunterlagen über öffentliche Grün- und Erholungsanlagen im Bezirk Prenzlauer Berg gewesen sind. Weitere Zeugen und Beweismittel insoweit hat die Beklagte nicht benannt, solche sind auch nicht ersichtlich.

Bei dieser Sachlage kann letztlich dahinstehen, ob mit der bloßen Benennung „O…Str. …3.354“ in dieser „handschriftlichen Liste“ ohne zusätzliche, dies näher konkretisierende Angaben überhaupt die - tatsächlich nur auf einer ca. 2.240 m² großen Fläche hergestellte - Grün- und Erholungsanlage „Hirschhof“ gemeint war, ggf. in welchem Umfang (auch die ursprüngliche Planung bezog sich nicht auf eine Größe von 3.354 m², sondern von 3.334 m²), und diese Anlage als solche hinreichend deutlich bezeichnet worden wäre. Für die Notwendigkeit einer eindeutigen Bestimmbarkeit bestehender öffentlicher Grün- und Erholungsanlagen im seinerzeit maßgeblichen Zeitpunkt spricht jedoch gerade auch der Umstand, dass der Gesetzgeber des GrünanlG 1997 die zunächst durchgängig vorgesehene - und die Zustimmung des jeweiligen Grundstückseigentümers erfordernde - Widmung aller Grün- und Erholungsanlagen allein aus Gründen der Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands aufgegeben und die „Übergangsvorschrift“ für bereits bestehende Anlagen nur für solche Flächen geschaffen hat, die seinerzeit eindeutig bereits öffentliche Grün- und Erholungsanlagen waren und als solche in den Bezirksämtern in Bestandslisten und Bestandskarten auch geführt wurden (Stellungnahme der Senatsverwaltung für Inneres vom 4. November 1992 und dem folgend der Senatsverwaltung für Justiz vom 7. Dezember 1992 sowie Gesetzentwurf der CDU vom 22. März 1995, AbgH-Drs. 12/5408, – Generalakten Band II Bl. 137, 140 und 157). Gerade im Hinblick auf die Belastung des privaten Grundeigentums mit der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung einer öffentlichen Grün- und Erholungsanlage und dem hiermit verbundenen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG kann auf diese Eindeutigkeit nicht verzichtet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.