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Entscheidung 9 UF 232/11


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 19.03.2012
Aktenzeichen 9 UF 232/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Rathenow vom 30. August 2011 - Az. 5 F 338/10 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Kindesmutter.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000,00 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die am …. Februar 2002 geborene S… S… ist die nichtehelich geborene Tochter der Beteiligten zu 1. und des Herrn G… St…, wohnhaft in P…. Die Eltern haben eine gemeinsame Sorgeerklärung nicht abgegeben. Der Vater hat sich nach einem Jahre zurückliegenden Zerwürfnis der Eltern zurückgezogen und seit Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr zu seiner Tochter.

Nachdem ambulante Maßnahmen in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung geführt haben, lebte S… - mit Zustimmung der unbestritten mit der Versorgung, Betreuung und Erziehung des in jeder Hinsicht deutlich auffälligen Kindes überforderten (psychisch kranken) Mutter - seit dem 1. August 2008 bei Pflegeeltern und erhielt auf Antrag der Mutter Hilfe zur Erziehung.

Im Ergebnis eines wachsenden Konflikts zwischen der Mutter und zunehmend auch den Großeltern mütterlicherseits auf der einen und den Pflegeeltern, insbesondere der Pflegemutter auf der anderen Seite, der auch im Wege eines begleiteten Umgangs mit gemeinsamen Gesprächen nicht beigelegt werden konnte, hat die Kindesmutter im April 2010 den Pflegeeltern die erteilten Vollmachten entzogen und ihre Eltern bevollmächtigt, die elterliche Sorge für die Tochter/das Enkelkind wahrzunehmen.

Daraufhin ist das Jugendamt am 27. Mai 2010 an das Familiengericht herangetreten mit dem Antrag, der Mutter das elterliche Sorgerecht zu entziehen. Ein Wechsel S…s in den großelterlichen Haushalt berge Gefahren für die weitere Entwicklung des Kindes, weil diese mit den besonderen Anforderungen an die Betreuung des in vielerlei Hinsicht problembehafteten Kindes überfordert erschienen und zudem die Gefahr erneut aufbrechender Konflikte zwischen Großeltern und Kindesmutter bestehe, die sich weiter nachteilig auf die Entwicklung S…s auswirkten. Unstreitig war bereits vor der Fremdunterbringung S…s ein Wechsel in den großelterlichen Haushalt ernsthaft erwogen, von den Großeltern allerdings letztlich abgelehnt worden.

Die Mutter ist dem Antrag des Jugendamtes, ihr das Sorgerecht zu entziehen, ausdrücklich nicht entgegengetreten, hat aber ihrerseits um Bestellung ihrer Eltern zum Vormund für S… nachgesucht. Die Mutter hat einen Aufenthaltswechsel in den großelterlichen Haushalt gewünscht, um ihre Tochter jederzeit sehen zu können und nicht um Informationen zur Entwicklung von S… bei den Pflegeeltern betteln zu müssen.

Das Familiengericht hat daraufhin die Einholung eines Sachverständigengutachtens veranlasst, mit dem die Möglichkeiten und Gefahren eines möglichen Aufenthaltswechsels des Kindes zu den Großeltern untersuchen werden sollte.

Der Sachverständige hat unter dem 31. Mai 2011 sein Gutachten vorgelegt und darin den weiteren Aufenthalt S…s in der Pflegefamilie mit näherer Erläuterung ausdrücklich nicht befürwortet, weil - ungeachtet durchaus bestehender Anhaltspunkte dafür, dass die Pflegemutter selbst psychische Auffälligkeiten entwickelt habe, die sie für die Übernahme der schwierigen Betreuung verhaltsauffälliger Kinder eher nicht qualifiziere - die Pflegeeltern für S… keine Vertrauenspersonen seien und jedenfalls die Pflegemutter darüber hinaus ungeeignet sei, in professioneller Art und Weise den wichtigen Umgang S…s mit Familienangehörigen zu bewerkstelligen. Gegen einen Wechsel des Kindes in den großelterlichen Haushalt hat der Sachverständige verschiedene Bedenken vorgebracht, die aus der besonderen Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und einer insoweit nicht sicher erkennbaren Einsicht in die Problemlagen und den unbedingten Willen, hier entsprechende Hilfen in Anspruch zu nehmen, abgeleitet werden. Deshalb hat der Sachverständige die Unterbringung S…s in einer familienähnlichen sozial-pädagogichen Einrichtung angeregt, die einen kontinuierlichen Umgang des Kindes mit den Kindeseltern und den Großeltern sicherstellen könne.

Nach Vorlage dieses Gutachtens und vor dem Hintergrund erneuter massiver Auffälligkeiten des Kindes mit einer Vorstellung und stationären Aufnahme im …-Klinikum in B… haben die bisher eingesetzten Pflegeeltern den Pflegevertrag gekündigt. Nach Beendigung des Klinikaufenthaltes beabsichtigte das Jugendamt, S… in der Heilpädagogischen Kleinsteinrichtung in G… unterzubringen.

Mit Beschluss vom 30. August 2011 hat das Amtsgericht der Kindesmutter das Sorgerecht für S… insgesamt entzogen und das Jugendamt zum Vormund bestellt. Die Kindesmutter sei nicht in der Lage, das Sorgerecht für S… auszuüben, was diese selbst auch nicht in Zweifel ziehe. Nachdem der Gutachter umfangreich ausgeführt habe, dass die Großeltern nur sehr eingeschränkt zur Ausübung des Sorgerechts in der Lage seien und deshalb selbst bei Begründung des Lebensmittelpunktes in ihrem Haushalt ein Vormund zu bestellen sei, der die erforderlichen Hilfe und Unterstützungen beantragen müsste, sei der Empfehlung von Gutachter und Jugendamt dahin zu folgen, dass S… in einer heilpädagogischen Einrichtung unterzubringen sei, weil die fachliche Begleitung der weiteren Entwicklung dort sichergestellt sei. Die optimale Unterbringung und Förderung des Kindes, die durch das Jugendamt und die Gerichte zu gewährleisten sei, könne nicht bei den Großeltern erfolgen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Kindesmutter mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Beschwerde, mit der sie sich allein gegen die „Person“ des bestellten Vormunds wendet und hier mit näherer Darlegung weiterhin die Einsetzung der Großeltern, hilfsweise ihrer Schwester erstrebt.

S… ist seit dem 14. September 2011 in der heilpädagogischen Kleinsteinrichtung „Pension …“ in G… (Sachsen-Anhalt) untergebracht. Sie besucht eine Schule mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Störungen - ein Angebot, das das Land Brandenburg nicht mehr vorhält. Die ambulante Psychotherapie im Anschluss an die stationäre Behandlung wurde zunächst in S… gewährleistet. Es hat zwischenzeitlich mehrere Beurlaubungen mit Übernachtung in den großelterlichen Haushalt und damit Kontakt auch zur Mutter gegeben, über die sich S… sehr gefreut hat.

Alle Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass es S… in jüngster Zeit deutlich besser gehe. Während das Jugendamt und der Verfahrenspfleger die angefochtene Entscheidung für richtig halten, sucht die Kindesmutter weiterhin um Einsetzung ihrer Eltern, hilfsweise ihrer Schwester als Vormund nach, wobei damit aus ihrer Sicht dann auch ein Wechsel S…s in den großelterlichen Haushalt einhergehen solle.

Der Senat hat die Verfahrensbeteiligten einschließlich des betroffenen Kindes sowie die Großeltern und die Tante S…s im Termin am 23. Februar 2012 ausführlich angehört und sich einen persönlichen Eindruck verschaffen können.

II.

Die gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Kindesmutter ist gemäß §§ 59 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 und 65 Abs. 1 und 2 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das danach zulässige Rechtsmittel der Mutter bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg; das Amtsgericht hat zu Recht das Jugendamt zum Vormund bestellt.

Der Beschluss des Familiengerichts ist in Bezug auf die Entziehung des elterlichen Sorgerechts der Kindesmutter nicht angefochten und stand deshalb insoweit nicht zur Überprüfung des Beschwerdegerichts.

Es stellte sich dann zunächst die - vor Einsetzung eines (Amts-)Vormundes vorgreiflich zu beantwortende - Frage, ob nicht dem bislang nicht sorgeberechtigten Vater die elterliche Sorge zu übertragen ist. Das ist nach § 1680 Abs. 3 in Verbindung mit dessen Abs. 2 Satz 2 BGB dann der Fall, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Aus den Rückäußerungen des Kindesvaters im Beschwerdeverfahren ergibt sich deutlich, dass dieser schon nicht willens und deshalb auch nicht in der Lage ist, die elterliche Verantwortung für S…, mit der er seit Jahren keinen persönlichen Kontakt gesucht hat, auch nur in Teilbereichen auszuüben.

Da somit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater ausscheidet, ist für S… gemäß §§ 1773 Abs. 1, 1774 BGB Vormundschaft anzuordnen und ein Vormund auszuwählen.

Im Streitfall sind nicht schon deshalb die Großeltern S…s oder ihre Tante als Vormund zu bestellen, weil diese von der Kindesmutter benannt worden sind. Das in §§ 1776, 1777 BGB geregelte Benennungsrecht der Eltern ist auf die Fälle beschränkt, in denen die elterliche Sorge durch den Tod des Sorgerechtsinhabers endet, eine Voraussetzung, die hier offenkundig nicht vorliegt. Für den Fall, dass - wie hier - das elterliche Sorgerecht aus anderen Gründen als dem Tod verloren geht, insbesondere weil es nach §§ 1666, 1666a BGB entzogen worden ist, räumt das Gesetz den Eltern dagegen ein - nur noch nach näherer Maßgabe des § 1778 BGB zu übergehende - Benennungsrecht für den zu bestellenden Vormund nicht ein (vgl. M. und B. Hamdan in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., 2010, § 1777 BGB Rdnr. 2; Jauernig, BGB, 13. Aufl., § 1777 Rdnr. 2; NK-BGB/Fritsche, 2. Aufl., § 1777 Rdnr. 1; Palandt-Diederichsen, BGB, 70. Aufl., § 1779 Rdnr. 1). In diesen Fällen hat vielmehr das Familiengericht nach § 1779 Abs. 1 BGB nach Anhörung des Jugendamtes den Vormund auszuwählen.

Nach § 1779 Abs. 2 BGB ist entscheidendes Auswahlkriterium die Eignung und damit die Fähigkeit, das Amt im Interesse des Mündels - hier des minderjährigen Kindes - zu führen. Grundsätzlich ist der Einzelvormundschaft der Vorrang vor einer Amtsvormundschaft einzuräumen. Bei mehreren geeigneten Personen sind der maßgebliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Mündels sowie die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel bei der Auswahl von wesentlicher Bedeutung. Auch wenn Art. 6 Abs. 1 und 2 GG grundsätzlich eine bevorzugte Berücksichtigung von Familienangehörigen bei der Auswahl von Pflegern und Vormündern gebietet (vgl. BVerfG NJW 2009, 1133) und die Kindesmutter die Auswahl ihrer Eltern bzw. hilfsweise ihrer Schwester befürwortet, ist die Entscheidung des Amtsgerichts gemessen an den Auswahlkriterien nach § 1779 BGB nicht zu beanstanden.

Im Streitfall ist für den Fall der Auswahl der Großeltern (oder eines Großelternteils) wie auch für den Fall der Auswahl der Schwester der Kindesmutter zum Vormund beabsichtigt, S… aus der sie jetzt betreuenden Einrichtung heraus- und in den großelterlichen Haushalt aufzunehmen. Die Frage nach der Eignung nach § 1797 Abs. 2 BGB hängt damit maßgeblich davon ab, ob ein Wechsel S…s in den Haushalt der Großeltern ihrem Wohl entspricht. Dies ist nach gegenwärtigem Stand nicht anzunehmen.

Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass die Großeltern ihrer Enkeltochter mit viel Liebe und Zuwendung begegnen und nur das Beste für S… wollen. Allerdings bestehen durchgreifende Bedenken, dass die Großeltern die durchaus Besorgnis erregenden Probleme und Schwierigkeiten, die das heute 10-jährige Mädchen in ihrer psychosozialen Entwicklung spürbar beeinträchtigt haben und weiterhin beeinträchtigen, wahrnehmen und die insoweit notwendigen Maßnahmen einleiten können. Schon der Sachverständige hatte im Rahmen seiner Begutachtung nachvollziehbar ausgeführt, dass bezweifelt werden müsse, dass die Großeltern die Entwicklungsdefizite und das daraus erwachsende besondere Betreuungsbedürfnis inklusive therapeutischer Maßnahmen in ihrer Intensität erkennen können. Auch der Senat konnte sich des sicheren Eindrucks einer deutlich zu unkritischen und beschönigenden Haltung sowohl der Großeltern wie auch der Tante nicht erwehren. Angesichts der über die Jahre wiederholt - fachärztlich attestiert - erforderlich gewesenen kinderpsychologischen ambulanten wie stationären Krankenhaus-Aufenthalte seit dem Jahr 2003 erscheint die von der Herkunftsfamilie im Anhörungstermin ausdrücklich geäußerte Annahme dahin, das Kind könne übertherapiert sein und brauche vor allem Liebe und Zuwendung, alles andere werde sich finden, nicht ausreichend verantwortungsvoll. S… leidet an einer schweren Beeinträchtigung der wechselseitigen sozialen Interaktion und einer reaktiven Bindungsstörung (so zuletzt das … Klinikum), ist außerordentlich schwierig in größere Gruppen zu integrieren und zudem mit einer erheblichen Störung der Konzentrationsfähigkeit behaftet. Dies spiegelt sich etwa auch in der Einschätzung der - vor dem Wechsel des Kindes in die „Pension …“ - mit der Betreuung S…s in der Schule betrauten Klassenlehrerin und Sonderpädagogin wider (Bl. 60 GA) und hat seinen Niederschlag auch in dem - von der Kindesmutter im Anhörungstermin überreichten - Abschlusszeugnis des Schuljahres 2009/2010 (Wiederholung des ersten Schuljahres) der …-Grundschule in F… gefunden. Die dortigen Ausführungen belegen keinesfalls die von der Herkunftsfamilie vertretene Annahme, S… könne sich in einer allgemeinen staatlichen Schule ohne nennenswerte Probleme zurechtfinden. S… arbeitet danach motiviert und schnell, wenn und soweit Arbeiten ihr Interesse finden oder unter ihrem Leistungsstand liegen, verweigert allerdings lautstark Arbeiten, die ihrem Leistungsstand entsprechen; sie beherrscht zwar die Schrift, kann aber nicht immer fremde Texte sinnerfassend lesen. Insbesondere im Sozialverhalten attestiert die Schule erhebliche Auffälligkeiten. So spielte S… während der Pausen nicht mit Mitschülern; sie verweigerte das Hinausgehen zur Pause und auch zum Sportunterricht, hat sich leicht provozieren lassen, hört nicht auf Bitten oder Aufforderungen von Lehrern, schließt keine Freundschaften, ist für Rat und Hilfe nicht aufgeschlossen, bricht massiv und zunehmend häufig die Klassregeln und genießt ihr eigenes unangemessenen Verhalten, hat Tic-Störungen, reagiert in Krisensituationen nicht auf positive oder negative Verstärkung. Auch seitens der Schule wurde ein - nicht ausschöpfend zu befriedigender - Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich und die Notwendigkeit einer täglichen Stundengestaltung mit einem Wechsel aus kognitiven Anforderungen und therapeutischer Gestaltung/Begleitung bescheinigt. In der zitierten Einschätzung vom 5. Juli 2010 wurde der Befürchtung Ausdruck verliehen, dass die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten zunehmen und damit ein schulisches Versagen in den Fächern Deutsch und Mathematik drohen könnte. Diesem besonders intensiven - sozial-emotionalen und schulischen - Betreuungsbedarf wird in der Kleinsteinrichtung und der von dort aus besuchten Schule Rechnung getragen. In der Kleinsteinrichtung ist eine familienähnliche Betreuung in einem 6-8-Personen-Haushalt gewährleistet; auch die erforderliche - im privaten Bereich tatsächlich häufig außerordentlich schwierig zeitnah und kontinuierlich über längere Zeit zu realisierende - psychologische Betreuung und Behandlung ist in der Einrichtung sichergestellt. S… besucht eine Schule eines privaten Trägers, die sich durch einen Förderschwerpunkt für Kinder mit emotionalen und sozialen Störungen und eine außerordentlich geringe Klassenstärke auszeichnet, so dass den jeweiligen besonderen Bedürfnissen der Kinder individuell Rechnung getragen werden kann.

Auch im Zusammenhang mit dem Schulbesuch aber haben die Großeltern im Anhörungstermin vor dem Senat ausdrücklich erklärt, S… brauche keine besondere Betreuung; sie gehe auch jetzt in eine „normale“ Schule, der Unterschied sei nur, dass sie eine - im Vergleich zu den üblichen Klassenstärken von bis zu 30 Schülern - kleinere Klasse vorfinde. Nach Überzeugung des Senates zeigt sich auch hier, dass in der Herkunftsfamilie die besonderen Bedürfnisse von S… nicht wahrgenommen und ihre Probleme beschönigt oder gar nicht zur Kenntnis genommen werden.

Bei dieser Sachlage teilt der Senat die auch vom eingesetzten Gutachter schon dezidiert vorgetragenen Bedenken gegen die Fähigkeit der Herkunftsfamilie schon zur Wahrnehmung der besonderen Bedürfnisse S…s, denen in einer individuell abgestimmten Betreuung und begleitenden Therapie Rechnung getragen werden müssen. Liebe und Zuwendung, die die Großeltern ganz sicher in hohem Maße zur Verfügung stellen können und dem Kind auch gut tun, werden allein die schon eingetretene Störung in der sozial-emotionalen Entwicklung S…s nicht beseitigen können; vielmehr besteht die Gefahr einer weiteren Vertiefung der Entwicklungsstörung, der allerdings dringend und konsequent begegnet werden muss. Wenn aber schon die Probleme des Kindes nicht als solche erkannt werden, kann auch nicht erwartet werden, dass die dann notwendige intensive Hilfe von der Herkunftsfamilie „organisiert“ wird, zumal das Vertrauen zu dem Jugendamt, das als Leistungsträger nach dem SGB VIII erster Ansprechpartner für konkrete Unterstützungsmaßnahmen ist, nach dem ausdrücklichen Eingeständnis des Großvaters massiv gestört ist. Mag dieses Misstrauen aus der Historie eines zurzeit der Unterbringung des Kindes bei der Pflegefamilie ganz sicher nicht durchgehend gelungenen Interagierens mit der Herkunftsfamilie menschlich verständlich sein, fehlen dem Senat gleichwohl hinreichend belastbare Ansätze bei den Großeltern für eine Kooperationsbasis, die über das - durchaus berechtigte - Einfordern kontinuierlichen persönlichen Umgangs mit dem Kind hinausgeht und auf konkrete Hilfestellung in der Bewältigung hier zu erwartender Probleme in der alltäglichen Betreuung S…s gerichtet ist.

S… selbst hat bei ihrer Anhörung durch den Senat ruhig und freundlich, allerdings auffällig angepasst und zufrieden gewirkt. Für S… ist alles gut; sie fühlt sich in der Einrichtung und in der Schule sehr wohl. Zwar sei es bei den Großeltern besser. Angeführt wird der dort vorhandene Hund, weitere Gründe konnte S… nicht anführen. Wirkliche Wünsche oder Gefühle auszudrücken, war S… im Rahmen dieser Anhörung nicht möglich.

Bei der gegebenen Sachlage erscheint es dem sachverständig und fachlich beratenen Senat aus Gründen des Kindeswohls dringend notwendig, eine stabile und kontinuierliche Bindung zu ihrer Herkunftsfamilie wiederherzustellen und zu erhalten, gleichzeitig aber eine Unterbringung zu gewährleisten, mit der sichergestellt ist, dass den besonderen psycho-sozialen Schwierigkeiten und Entwicklungsstörungen S…s gleichermaßen schnell wie nachhaltig und wirksam begegnet werden, damit sie nicht in eine soziale Isolation gerät, sondern zukünftig ein selbstbestimmtes und zufriedenes Leben führen kann. Das kann aber unter den gegebenen Umständen nur erreicht werden, wenn S… in der Einrichtung und damit im Wirkungskreis der dort verfügbaren besonderen pädagogischen und psychotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen verbleibt, gleichzeitig aber ein regelmäßiger intensiver Kontakt zu den Mitgliedern der Herkunftsfamilie, wie er zuletzt wieder angebahnt worden ist, sichergestellt wird. Dies wiederum ist nach derzeitiger Sachlage nicht möglich, wenn ein Mitglied der Herkunftsfamilie zum Vormund bestellt würde, weil alle hier genannten Familienmitglieder ihre Bereitschaft zur Wahrnehmung dieser Aufgabe an den Aufenthaltswechsel des Kindes in den großelterlichen Haushalt geknüpft haben.

Nach alledem konnte aus Gründen des Kindeswohls die Bestellung eines Familienangehörigen der Kindesmutter zum Vormund nicht in Betracht kommen, so dass es - mangels anderer geeigneter Personen - bei der Bestellung des Jugendamtes als Vormund verbleiben musste.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.