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Pflegevereinbarung; Vergütungsvereinbarung; Qualitätsvereinbarung; Koppelung; Kündigungsrecht; Treu und Glauben; im Glauben


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 14.01.2011
Aktenzeichen L 1 KR 10/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 121 Abs 1 BGB, § 174 BGB, § 132a Abs 2 SGB 5

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit steht, ob eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, die AOK Berlin, eine Qualitätsvereinbarung mit der Klägerin wirksam gekündigt hat.

Zwischen der Klägerin, einem Unternehmen der häuslichen Krankenpflege, und der beklagten Krankenkasse bestand bzw. besteht ein Vertrag betreffend die Versorgung der Versicherten der Beklagten mit häuslicher Krankenpflege gemäß § 132 a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) (Rahmenvertrag)und eine diesen Vertrag ergänzende Vergütungsvereinbarung vom 25. Juni 2004. Der Vertrag nach § 132 a Abs. 2 SGB V kann gemäß § 20 Abs. 1 mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Vergütungsvereinbarung war zunächst befristet bis zum 30. November 2006.

Als drittes Regelungswerk wurde am gleichen Tag wie die Vergütungsvereinbarung schließlich eine Qualitätsvereinbarung abgeschlossen.

Diese lautet auszugsweise wie folgt:

„Die Vertragsparteien haben im Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V vereinbart, dass die Versicherten der AOK Berlin mit den gesetzmäßigen Leistungen der Hauskrankenpflege in der fachlich gebotenen Qualität, entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen und pflegefachlichen Erkenntnisse und auf wirtschaftliche Weise versorgt werden. Mit vorliegender Vertragsergänzung treffen die Vertragsparteien zum Wohle des krankenpflege bedürftigen Versicherten zusätzliche Vereinbarungen, die zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung in der Qualität der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege beitragen.

§ 1 permanente Ergebnis Qualitätskontrolle in der Prozesssteuerung

§ 2 Internes Qualitätsmanagement

§ 3 AVG — Qualitätsanalyse

§ 4 Zufriedenheitsabfrage

§ 5 Patienten — Beschwerdemanagement

§ 6 Bericht und Vergütung

(1)

(2) Auf der Basis der mit den Berichten eingehenden Ergebnisse nach Absatz 1 vereinbaren die Vertragsparteien die Gewährung von Qualitätszuschlägen (siehe Anlage 4)

§ 7 Inkrafttreten/Laufzeit

(1) diese Qualitätsvereinbarung tritt am 01.06.2004 in Kraft. Die Laufzeit wird an die der Vergütungsvereinbarung gekoppelt.

(2) Es besteht Einvernehmen, rechtzeitig vor Ablauf dieser Qualitätsvereinbarung Gespräche über eine eventuelle Fortführung aufzunehmen.

(3) Mit der Beendigung der Qualitätsvereinbarung endet auch die Vereinbarung über Qualitätszuschläge nach § 6 Absatz 2.

(4)

§ 8 Kündigung

(1) Diese Qualitätsvereinbarung kann von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden.

(2) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung dieser Qualitätsvereinbarung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist bleibt unberührt.

(3) Diese Qualitätsvereinbarung endet darüber hinaus unabhängig von der vorstehenden Kündigungsmöglichkeit zeitgleich mit der Beendigung des Vertrages gemäß § 132a Abs. 2 SGB V.

(4)

(5) Die Kündigung hat schriftlich durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen.

§ 9 Sonstiges

(1) Änderungen, Ergänzungen oder Erweiterungen dieser Qualitätsvereinbarung bedürfen der Schriftform.“

Die Qualitätsvereinbarung wurde seitens der Beklagten unterzeichnet mit „i.A. B“.

In der der Vereinbarung beigefügten Anlage 4 sind die Qualitätszuschläge aufgeführt, die bis zu 3 % der Vergütung betragen.

Am 17. Oktober 2006 vereinbarten die Beteiligten eine neue Vergütungsvereinbarung. Die Vergütung wurde um 3 % gesenkt. Die neue Vergütungsvereinbarung galt ohne Kündigungsmöglichkeit befristet bis zum 31. Oktober 2010.

Am selben Tag übersandte die Beklagte allen Pflegediensten ein Schreiben zusammen mit der „einvernehmlich abgestimmten Neufassung der Vergütungsvereinbarung häuslicher Krankenpflege“. In diesem heißt es: „Die mit den Mitgliedern des Avereinbarten Inhalte und Verfahren der zum 30.11.2006 durch Fristablauf endenden Qualitätsvereinbarung werden bis zum Neuabschuss einer weiterentwickelten Qualitätsvereinbarung weitergeführt. Mit Beginn des Jahres 2007 werden Absprachen gemäß Verhandlungen zur Qualitätsvereinbarung zwischen dem A und der AOK Berlin aufgenommen. Ziel ist es, auf der Grundlage der Qualitätsanalyse des A einvernehmlich neue Bewertungsmaßstäbe zur erbrachten Pflegequalität und der Bemessung der Qualitätszuschläge zu erarbeiten und zeitnah bis Mitte 2007 in die Praxis umzusetzen. Diese modifizierte Qualitätsvereinbarung löst die bis dahin prolongierte Vereinbarung nahtlos für die verbleibende Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis 31.10.2010 ab.“

Mit förmlich zugestelltem Schreiben vom 20. Juli 2007 kündigte die Beklagte die Qualitätsvereinbarung ohne Angabe von Gründen fristgemäß zum 31. Januar 2008. Die Kündigung wurde von dem Leiter des Pflegebereichs der Beklagten, Herrn B, unterzeichnet mit „i.A. B“.

Die Klägerin widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 7. August 2007. Da die Beklagte an der Kündigung festhielt, hat die Klägerin am 28. Dezember 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben, mit der sie die Feststellung des Fortbestehens der Qualitätsvereinbarung mindestens bis zum 31. Oktober 2010 begehrt.

Sie hat vorgebracht, die Kündigung der Beklagten vom 20. Juli 2007 sei aus materiellen und formellen Gründen unwirksam. Die Laufzeit der Qualitätsvereinbarung sei nach § 7 an die Laufzeit der Vergütungsvereinbarung gekoppelt und die Qualitätsvereinbarung könne daher erstmals zum 31. Oktober 2010 gekündigt werden. § 8 der Vereinbarung könne nur dahingehend ausgelegt werden, dass eine Kündigung des Qualitätszuschlages erstmals sechs Monate nach der Befristung bis zum 31. Oktober 2010, also erstmals zum 31. Mai 2011 möglich sei. Dies bestätige auch ein Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2006, in dem diese selbst davon ausgehe, dass die Qualitätsvereinbarung für die verbleibende Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis zum 31. Oktober 2010 gelte. Auch nach dessen Sinn und Zweck könne § 8 der Qualitätsvereinbarung nicht anders ausgelegt werden, da mit der Vereinbarung des Qualitätszuschlages eine extreme Absenkung der Grundvergütung einhergegangen sei. Für bestimmte Pflegedienste, die Qualitätsmerkmalen entsprochen hätten, habe der Anreiz geschaffen werden sollen, einen Absenkungsausgleich zu erhalten. Wäre vereinbart worden, dass der Qualitätszuschlag unabhängig von der Vergütungsvereinbarung mit einer Frist von sechs Monaten hätte gekündigt werden können, wäre diese Regelung nur einseitig zu Lasten der Klägerin gegangen, was nicht gewollt gewesen sei. Zudem stelle die Kündigung des Qualitätszuschlages eine unzulässige Teilkündigung dar, da die Qualitätsvereinbarung und die Vergütungsvereinbarung als Gesamtwerk zu sehen seien. Eine isolierte Betrachtung der Vergütungsvereinbarung ohne den Qualitätszuschlag hätte eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin zur Folge. Die Kündigung beruhe auch nicht auf sachlichen Gründen. Die diesbezüglichen Behauptungen der Beklagten hinsichtlich der angeblichen Weiterentwicklung im Pflegewesen seien nicht belegt und stünden leer im Raum. Zudem dürfe eine derartige Weiterentwicklung nicht zur Absenkung der Gesamtvergütung führen. Die Kündigung sei darüber hinaus mangels Einhaltung der vertraglich geregelten Schriftform auch formell unwirksam, da sie lediglich mit „i.A. B“ unterzeichnet worden sei und hieraus nicht erkennbar werde, dass Herr B in Vertretung der Beklagten gehandelt habe. Der Zusatz „i.A.“ könne aus Sicht eines Dritten lediglich als Botenhandlung verstanden werden, womit nur eine fremde Willenserklärung übermittelt und keine eigene abgegeben werde. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Wirksamkeit von Prozesshandlungen durch Behördenvertreter bei Unterzeichnung mit „i.A.“ sei vorliegend nicht anwendbar, weil diese auf den für die Vertretung in Gerichtsverfahren geltenden Sonderregelungen beruhe, wonach Bedienstete von Behörden grundsätzlich dann zur Vertretung in Prozessen berechtigt seien, wenn sie die Befähigung zum Richteramt hätten. Insoweit bedürfe es keiner gesonderten Unterschrift, da die Bediensteten schon auf Grund des Gesetzes wirksam vertreten könnten. Auch habe das BVerwG ausdrücklich festgestellt, dass dies nur für die prozessuale und nicht auch für die materiell-rechtliche Vertretung gelte. Ferner handele es sich bei einer Kündigung um eine einseitige, zum Nachteil des Empfängers abgegebene Willenserklärung, bei der der Empfänger besonderes schutzbedürftig sei. Zudem würden bei einer prozessualen Vertretungshandlung keine juristischen Laien auftreten. Schließlich könne auch nicht aus den Umständen geschlossen werden, dass eine Vertretungshandlung des Herrn Ba vorliege, denn es sei nicht allgemein bekannt, dass er wesentliche Schriftstücke mit „i.A.“ unterzeichne.

Die Beklagte hat die Kündigung der Qualitätsvereinbarung für wirksam gehalten. Die formelle Wirksamkeit scheitere nicht an dem Zusatz „i.A.“. Insofern sei im Rahmen der Auslegung dieser Erklärung zu beachten, dass es vorliegend um die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages durch eine Behörde gehe. Ein Mitarbeiter einer Behörde bringe mit dem Kürzel „i.A.“ lediglich zum Ausdruck, dass er im behördeninternen Auftrag und damit in amtlicher Eigenschaft handele. Dass es sich um eine bloße Botenhandlung handele, sei diesem Kürzel dagegen nicht zu entnehmen. Dies ergebe sich vorliegend auch daraus, dass Herr B üblicherweise wesentliche Schriftstücke, unter anderem auch die Qualitätsvereinbarung selbst, mit „i.A.“ unterschrieben habe.

Die Kündigung sei auch materiell-rechtlich wirksam. § 7 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung regele lediglich die Laufzeit des Vertrages, worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch lediglich die reguläre Geltungsdauer zu verstehen sei. Wäre eine Kündigung erst nach Ablauf dieses Zeitraums möglich, würde die Kündigungsregelung in § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung keinen Sinn machen, da es dann der Kündigung ohnehin nicht mehr bedürfte. Gerade der Vergleich mit der Vergütungsvereinbarung mache deutlich, dass sich die Vertragsparteien hinsichtlich der Qualitätsvereinbarung — anders als hinsichtlich der Vergütungsvereinbarung — bewusst für ein ordentliches Kündigungsrecht entschieden hätten. Dafür spreche auch, dass die Qualitätsvereinbarung ausweislich deren Präambel eine freiwillige Zusatzvereinbarung und keinen Teil eines Gesamtvertrages darstelle und dass die Klägerin durch zusätzliche Pflichten im Rahmen der Qualitätssicherung eine zusätzliche Vergütung erlangen könne. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Qualitätsvereinbarung sei nicht absehbar gewesen, wie lange es erforderlich und angemessen sein würde, solche Qualitätssicherungsmaßnahmen zusätzlich zu vereinbaren und mit einem besonderen Qualitätszuschlag zu vergüten. Hinzu komme, dass kostenträchtige Zusatzverträge ohnehin einer ständigen Überprüfung bedürften. Die Vereinbarung eines besonderen Kündigungsrechts sei daher auch interessengerecht gewesen. Der Qualitätszuschlag sei nicht Teil einer „Gesamtvergütung“, sondern es seien vielmehr ausweislich der Vergütungsvereinbarung sämtliche Leistungen der Klägerin grundsätzlich durch die vereinbarte Vergütung abgegolten, während der Qualitätszuschlag eigenständigen Charakter habe, der Aufwendungen für zusätzliche Anstrengungen der Qualitätssicherung abgelten solle. Dass bereits die Vergütungsvereinbarung eine angemessene Vergütung enthalte, werde bereits daran deutlich, dass ein großer Teil der Vertragspartner der Beklagten die Qualitätsvereinbarung gar nicht abgeschlossen hätten. Schließlich beruhe die Kündigung auch auf sachlichen Gründen, da sich die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Qualitätssicherung geändert und sich insbesondere das professionelle Selbstverständnis im Bereich der Pflege deutlich weiterentwickelt habe. Eine Umsetzung und Fortentwicklung der Qualitätsstandards sei nunmehr auch ohne zusätzliche finanzielle Mittel in Gestalt eines Qualitätszuschlags möglich.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage hat mit Urteil vom 27. November 2008 abgewiesen.

Es hat sie auf Feststellung gerichtet angesehen, dass die am 20. Juli 2007 zugegangene Kündigung der Beklagten die Qualitätsvereinbarung vom 25.Juni 2004 nicht beendet habe und die Beklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens bis zum 31. Oktober 2010 verpflichtet sei, die Vergütungszuschläge, soweit die vertraglichen Voraussetzungen vorliegen, nach der Qualitätsvereinbarung an die Klägerin zu zahlen habe.

Die auf Fortbestehen der Qualitätsvereinbarung vom 25. Juni 2004 gerichtete Feststellungsklage sei zulässig nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Durchführung eines Vorverfahrens und der Einhaltung einer Klagefrist habe es nicht bedurft, da sich die Beteiligen aufgrund des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages nach § 132 a Abs. 2 SGB V in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber gestanden seien.

Die Kündigung mit Schreiben vom 20. Juli 2007 sei indes wirksam. Das Recht der Beklagten zur Kündigung ergebe sich aus § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung. Danach könne diese von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden, ohne dass ein Kündigungsgrund vorliegen müsse. Das Kündigungsrecht bestehe jederzeit und nicht erst nach Ablauf der Vergütungsvereinbarung. Zwar sei die Vertragslaufzeit der Qualitätsvereinbarung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 an die - unkündbare - Vergütungsvereinbarung gekoppelt. Jedoch könnten § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung nur dahingehend verstanden werden, dass das Kündigungsrecht unabhängig von der Laufzeit der Vergütungsvereinbarung bestehe. § 7 Abs. 1 Satz 2 regele nur ein automatisches Ende der Qualitätsvereinbarung, sofern diese nicht vorher von einem der Beteiligten gekündigt worden sei. § 8 Abs. 1 der Vergütungsvereinbarung hätte keinen Anwendungsbereich, wenn die Kündbarkeit an das Auslaufen der Vergütungsvereinbarung gekoppelt wäre. Es könne nicht angenommen werden, dass dies vereinbart worden sein sollte. Die Annahme einer Kündigungsmöglichkeit entspreche zudem der gängigen Vertragsgestaltung bei Dauerschuldverhältnissen, etwa bei Arbeits- oder Mietverträgen, die auch im Falle einer zeitlichen Befristung häufig zusätzliche Kündigungsregelungen enthielten.

Die Beteiligten hätten auch nicht nur einen Gesamtvertrag abgeschlossen. Beide Vereinbarungen seien nach ihrem Regelungsgehalt ohne weiteres getrennt betrachtbar. Die Qualitätsvereinbarung sei lediglich an die Vergütungsvereinbarung gekoppelt, was in § 7 Abs. 1 Satz 2 der Qualitätsvereinbarung ausdrücklich klargestellt sei. Umgekehrt bestehe dagegen keine Abhängigkeit der Vergütungsvereinbarung vom Bestand der Qualitätsvereinbarung. Eine solche Abhängigkeit ergebe sich auch nicht nach dem Inhalt der Vereinbarungen. Bei objektivierter Betrachtungsweise folge aus § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung vielmehr die Kündigungsmöglichkeit. Aber auch inhaltlich bestehe keinerlei Abhängigkeit der Vergütungsvereinbarung von der Qualitätsvereinbarung. Letztere habe einen eigenständigen Regelungsgehalt. Für bestimmte zusätzliche Anstrengungen im Rahmen der Qualitätssicherung werde ein Vergütungszuschlag von 3 % gewährt. Gelte diese Vereinbarung nicht mehr, sei einerseits die Klägerin nicht mehr zu zusätzlichen Maßnahmen im Hinblick auf die Qualitätssicherung verpflichtet und erhalte andererseits auch nicht mehr den Qualitätszuschlag. Die Klägerin könne auch nicht erfolgreich vortragen, dass sie die Vergütungsvereinbarung im Oktober 2006 in Kenntnis der späteren Kündigung der Qualitätsvereinbarung nicht geschlossen hätte und die mit der neuen Vergütungsvereinbarung verbundene Verringerung der Vergütung ohne den Qualitätszuschlag nicht akzeptiert hätte. Eine solche Koppelung hätte sie vertraglich vereinbaren müssen.

Die Kündigung sei auch vertragsgemäß binnen einer Frist von sechs Monaten zum 31. Januar 2008 erfolgt.

Das Kündigungsschreiben habe auch die nach § 8 Abs. 5 der Qualitätsvereinbarung erforderliche Schriftform gewahrt. Die vom Gesetz geforderte eigenhändige Unterzeichnung nach §§ 126, 127 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei erfolgt. Der Unterzeichner B sei nach den Angaben der Beklagten, welchen die Klägerin insoweit nicht entgegengetreten sei und an denen kein zu zweifeln kein Anlass bestehe, im Rahmen seines Aufgabenbereichs als Leiter des Bereichs Pflege der Beklagten zur Kündigung befugt gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass seiner Unterschrift (nur) der Zusatz „i. A.“ hinzugefügt sei. Dieser Zusatz weise nicht auf bloße Botenstellung bzw. die Überbringung einer fremden Erklärung hin, sondern vielmehr auf eine Beauftragung entsprechend § 11 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch. Die Vertretung einer Behörde sei nach dieser Vorschrift ihrem Leiter oder deren Vertreter vorbehalten. Eine Unterzeichnung mit „i. V.“ eines sonstigen Behördenmitarbeiters sei im Gegenteil eher missverständlich. Hinzu komme im vorliegenden Falle, dass Herr B alle vorliegend relevanten Verträge, nämlich den Vertrag nach § 132 a Abs. 2 SGB V, die Vergütungsvereinbarungen und die Qualitätsvereinbarung selbst ebenfalls mit „i. A. B“ unterzeichnet habe. Die Klägerin habe nicht ernsthaft davon ausgehen können, dass er jeweils nur eine fremde Erklärung übermittelt habe, zumal er als Leiter des Pflegebereichs der Klägerin bzw. deren Geschäftsführer auch persönlich bekannt gewesen sei, wie dies den Äußerungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin und des Vertreters ihres Berufsverbandes in der mündlichen Verhandlung entnehmbar gewesen sei.

Die Kündigung sei schließlich auch nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Insbesondere könne die Klägerin nicht vorbringen, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 17. Oktober 2006 der Klägerin mitgeteilt habe, dass mit Beginn des Jahres 2007 zwischen der Beklagten und dem Berufsverband A absprachegemäß Verhandlungen zur Qualitätsvereinbarung aufgenommen würden mit dem Ziel, durch eine „modifizierte Qualitätsvereinbarung (...) die bis dahin prolongierte Vereinbarung nahtlos für die verbleibende Restlaufzeit der Vergütungsvereinbarung bis 31.10.2010“ abzulösen. Dieser Erklärung lasse sich lediglich entnehmen, dass eine Absicht zur Verhandlung über eine neue Qualitätsvereinbarung bestanden habe. Es sei seitens der Beklagten weder ein Abschluss zugesagt worden, noch lasse sich dem Schreiben eine irgendwie geartete Erklärung entnehmen, dass die Beklagte von dem ihr nach § 8 Abs. 1 der Qualitätsvereinbarung zustehenden Kündigungsrecht keinen Gebrauch machen werde. Auch lasse sich dem Schreiben nicht entnehmen, dass die Beklagte selbst davon ausgegangen sei, dass die Qualitätsvereinbarung vor dem 31. Oktober 2010 unkündbar sei. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemutmaßt habe, dass seitens der Beklagten bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Vergütungsvereinbarung im Oktober 2006 beabsichtigt gewesen sei, die Qualitätsvereinbarung zu kündigen und dies gegenüber der Klägerin bzw. deren Verband bewusst verschwiegen worden sei, handele es sich um eine reine Vermutung. Die Klägerin habe sie nicht durch Tatsachen belegt. Sie sei durch die Beklagte auch ausdrücklich bestritten worden. Im Übrigen würde ein derartiges Vorgehen möglicherweise ein Anfechtungsrecht hinsichtlich der Vergütungsvereinbarung oder einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) begründen, hätte aber auf die Wirksamkeit der Kündigung der Qualitätsvereinbarung keinen Einfluss.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin vom 07. Januar 2009.

Sie bleibe bei ihrer Auffassung, dass die Kündigung bereits formell unwirksam sei. Selbst bei einer Kündigung mit dem Kürzel „i. V.“ sei eine Vollmacht im Original beizufügen.

Angesichts der Monopolstellung der Beklagten sei die Kündigung rechtsmissbräuchlich.

Die Qualitätsvereinbarung habe auch nicht isoliert gekündigt werden können, weil es sich um ein Gesamtvergütungssystem gehandelt habe. Die Einheitlichkeit ergebe sich ferner auch daraus, dass die Beklagte die Prüfung der Einhaltung der Qualitätsvereinbarung nicht nur auf das Wundmanagement bzw. das Dekubitusmanagement beschränkt, sondern die Gesamteinrichtung überprüft habe (Bezugnahme auf das Verfahren des Sozialgerichts Berlin - S 81 KR 185/08). Auch aus den Akten der Beklagten ergebe sich, dass bei den Verhandlungen immer nur von einem Gesamtpaket ausgegangen worden sei.

Die Beklagte habe bereits 2006 ein neues Vergütungssystem einführen wollen. Dem hätten die Verhandlungsführer der Pflegedienste zugestimmt, jedoch nur bei einer langen Laufzeit und der Maßgabe, dass eine neue Qualitätsvereinbarung die alte ablöse, jedoch bis dahin Gültigkeit entfalten solle. Es sollte also die Kündigung ausgeschlossen sein, um die Absenkung um 3 % abzufangen. Bei manchen Pflegestationen sei nicht nur eine Absenkung um 3 % zur Disposition gestanden, sondern de facto sogar um 8 % bis 10 %. Es habe keinen Grund gegeben, die alte Qualitätsvereinbarung mit einer zusätzlichen Kündigungsfrist nach Ablauf der jeweiligen Vergütungen gemäß § 8 der Qualitätsvereinbarung zu ändern. Die Verhandlungsführer, welche die Klägerin vertreten hätten, hätten auf diesen Umstand auch vertrauen können, da selbst die Beklagte diese vorhandenen Eckpunkte in ihrem Schreiben vom 17. Oktober 2006 gegenüber allen Pflegestationen, d. h. auch gegenüber der Klägerin, angeführt habe. Einzig und allein in diesem Vertrauen sei die gleichzeitig mit diesem Schreiben übersandte neue Vergütungsvereinbarung unterschrieben worden.

Auch aus dem (von den Vertretern des A erstellten) Protokoll vom 11. September 2006 gehe hervor, dass bei dem Abschluss der neuen Vergütungsvereinbarung die streitbefangene Qualitätsvereinbarung mit Inhalt gewesen sei und weitergewährt werde.

Das Vorbringen der Beklagten, die Qualitätsvereinbarung sei als Anschubfinanzierung gedacht gewesen, mache keinen Sinn. Die Qualitätsvereinbarung habe sich nämlich nur auf die Bereiche Wundversorgung und Dekubitusversorgung bezogen. Diese Bereiche hätten jedoch nur zirka 5 bis 10 % der Leistungen häuslicher Krankenpflege nach dem SGB V ausgemacht. Insoweit sei nichts anzuschieben gewesen. Deutlich werde vielmehr, dass es um eine Verbesserung der Gesamtleistungserbringung gehen sollte.

Die Klägerin bleibe weiter bei ihrer Auffassung, dass die Beklagte bei den Verhandlungen zur neuen Vergütungsvereinbarung jedenfalls die Hinweispflicht gehabt hätte, auf die in Betracht gezogene Kündigung der Qualitätsvereinbarung hinzuweisen. Die Kündigung verstoße auch gegen Treu und Glauben, weil die Beklagte den Verhandlungsführern einen anderen Sachverhalt vermittelt habe. Die Beklagte habe jedenfalls moralisch nicht integer gehandelt, indem sie mündliche Zusagen nicht einhalte. Sie wolle das bisherige Gewohnheitsrecht unterlaufen. Die Beklagte habe sachliche Kündigungsgründe nie dargelegt.

§ 8 der Qualitätsvereinbarung stehe ferner im Widerspruch zu § 7 Abs. 1. Ein eindeutiger Parteiwille lasse sich den Vertragsregelungen nicht entnehmen. Bei der deshalb anzustellenden Auslegung sei regelmäßig die Interessenlage bei Abgabe der Willenserklärung, nicht die der späteren richterlichen Entscheidung, maßgeblich. Ein vorzeitiges Kündigungsrecht habe damals alleine der Interessenlage der Beklagten gedient. Die Annahme eines vorzeitigen Kündigungsrechts führte zu einem Ungleichgewicht zwischen den Parteien. Zu berücksichtigen sei auch der wirtschaftliche Zweck des Geschäfts. Der wirtschaftliche Zweck der Qualitätsvereinbarung könne nur gewährleistet sein, wenn eine isolierte Kündigung ausgeschlossen sei.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des am 27. November 2008 verkündeten Urteils, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, festzustellen, dass die am 20. Juli 2007 ausgesprochene Kündigung der Beklagten und Berufungsbeklagten die Qualitätsvereinbarung vom 25. Juni 2004 nicht beendet hat und die Beklagte und Berufungsbeklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens bis zum 31. Oktober 2010 verpflichtet ist, die Vergütungszuschläge nach der Qualitätsvereinbarung an die Klägerin und Berufungsklägerin zu zahlen,

2. hilfsweise unter Abänderung des am 27. November 2008 verkündeten Urteils, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, festzustellen, dass die am 20. Juli 2007 ausgesprochene Kündigung der Beklagten und Berufungsbeklagten die Qualitätsvereinbarung vom 25. Juni 2004 nicht beendet hat und die Beklagte und Berufungsbeklagte auch über den 31. Januar 2008 hinaus mindestens bis zum 31. Oktober 2010 verpflichtet ist, die Vergütungszuschläge, soweit die vertraglichen Voraussetzungen vorliegen, nach der Qualitätsvereinbarung an die Klägerin und Berufungsklägern zu zahlen,

3. hilfsweise den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Sachverhaltsaufklärung unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin, Aktenzeichen S 36 KR 3528/07, an das Gericht des ersten Rechtszuges gemäß § 159 SGG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die sozialgerichtliche Entscheidung. Ergänzend führt sie aus, dass das von der Klägerin eingereichte Protokoll der Verhandlung vom 11. September 2006 deren Verlauf nicht zutreffend wiedergebe. Die neue Vergütungsvereinbarung vom 17. Oktober 2006 habe eine Umstellung des Vergütungssystems zum Gegenstand gehabt. Ziel sei es gewesen, den Leistungsaufwand angemessener zu berücksichtigen. Eine Verminderung der Gesamtvergütung sei nicht beabsichtigt gewesen. Bereits deshalb habe die Qualitätsvereinbarung nicht den Zweck haben können, eine Vergütungseinbuße in Höhe von 3 % zu kompensieren. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Qualitätsvereinbarung schon weitaus älter und im Jahr 2006 lediglich prolongiert worden sei. Die Kündigung habe nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Freiwillige Zusatzvereinbarungen seien ständig daraufhin zu überprüfen, ob sie im wirtschaftlichen Kontext noch gerechtfertigt seien. Erst gegen Ende des Jahres 2006 seien die Überlegungen auf Seiten der Beklagten in die Richtung gegangen, die Qualitätsvereinbarung durch Kündigung zu beenden.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat teilt dessen Auffassung, dass die Beklagte die Qualitätsvereinbarung wirksam gekündigt hat.

Die Kündigung ist formell wirksam und konnte auf § 8 der Qualitätsvereinbarung gestützt werden. Die Beklagte war auch nicht aus Treu und Glauben oder ähnlichen Rechtsgrundsätzen an einer Kündigung gehindert. Auch die –im Hauptantrag enthaltenen- Hilfsanträge sind damit unbegründet.

Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen:

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass dem Kündigungsschreiben eine Vollmacht nicht beigefügt gewesen ist. Die Vollmachtsrüge hat nach § 174 BGB unverzüglich zu erfolgen, weil es sich bei einer Kündigung um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt. Hier hat die Klägerin nach ihren eigenen Angaben am 20. Juli 2007 zugegangenen Kündigung erst rund drei Wochen später, nämlich am 07. August 2007, und damit schuldhaft zu spät widersprochen. Schuldhaftes Zögern nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt neben der objektiven Komponente, -einem nicht mehr hinnehmbaren Zeitablauf-, subjektiv ein vorwerfbares Handeln voraus. Ein Zeitraum von knapp drei Wochen ist objektiv nicht mehr hinnehmbar. Dass die gesetzlichen Vertreter der Klägerin an einer früheren Reaktion gehindert gewesen sein könnten, ist nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Die Auffassung der Klägerin, dass der leitende Mitarbeiter der Beklagten B die Kündigung habe nur als Bote mitteilen wollen, ist eher abwegig. Die Klägerin verhält sich überdies widersprüchlich, wenn sie die Beklagte an der Pflicht zur Einhaltung der Schriftform festhalten will. Nach dem schriftlich Vereinbarten endete nämlich der Zeitraum der Qualitätsvereinbarung vom 25. Juni 2004 mit dem Ende der damaligen Vergütungsvereinbarung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 der Qualitätsvereinbarung war die Laufzeit „an die der Vergütungsvereinbarung gekoppelt“. Die Vergütungsvereinbarung vom 25. Juni 2004 war nur bis zum 30. November 2006 befristet. Im Rahmen der Verhandlungen über eine neue Vergütungsvereinbarung kam es nur zu einer mündlichen Einigung über die Fortführung der Qualitätsvereinbarung. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang unwidersprochen auf ihr Angebotsschreiben vom 17. Oktober 2006 hingewiesen, auf welches die Klägerin keine schriftliche Annahmeerklärung abgegeben hat.

Es ist aus Sicht des Senats auch eher fern liegend anzunehmen, dass die Vertragsvorschriften der §§ 7 und 8 der Qualitätsvereinbarung in sich widersprüchlich seien.

Eines Kündigungsgrundes bedurfte es nach § 8 der Qualitätsvereinbarung nicht. Bereits deshalb kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die Kündigung unsachlich gewesen sei. Im Übrigen ist die Kündigung zur Einsparung von Kosten erfolgt. Ein sachlicher Grund lag also vor.

Die Argumentation der Klägerin kreist im Schwerpunkt immer wieder um die These, dass die Beklagte aufgrund der Gesamtschau der Verhandlungen mit dem Berufsverband der Klägerin das berechtigte Vertrauen erweckt habe, dass die Qualitätsvereinbarung - und insbesondere die dort enthaltenen Sondervergütungen - so lange Bestand hätten, wie eine Vergütungsvereinbarung bestehe. Es gibt jedoch - unstreitig - keine übergeordnete vertragliche Vereinbarung, welcher dies entnehmbar sein könnte. Sollte der Berufsverband der Klägerin dieser gegenüber den Eindruck eines derartigen Gesamtpaketes erweckt haben, brauchte sich dies die Beklagte nicht zurechnen zu lassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.