Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 25. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.01.2011 | |
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Aktenzeichen | 25 Sa 1900/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 611 BGB, §§ 305ff BGB |
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juli 2010 - 39 Ca 1064/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Zahlung einer weiteren Sonderzuwendung für das Jahr 2009.
Die Klägerin ist seit dem 05. Februar 1990 bei der Beklagten als Etagenreinigerin, zuletzt als Spül- und Küchenhilfe in Vollzeit gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von zuletzt 1.292,- € beschäftigt. Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).
In der Vergangenheit wurde an die Mitarbeiter der Beklagten mit der Novemberabrechnung eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe der aktuellen Bruttomonatsvergütung gezahlt. Diese Sonderzuwendung wurde als Weihnachtsgeld auf den jeweiligen Abrechnungen ausgewiesen. Die Klägerin erhielt diese Sonderzahlungen bis einschließlich 2008. Mit der Abrechnung für November 2009 wies die Beklagte für die Klägerin u. a. eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.292,- € sowie ein Weihnachtsgeld in Höhe von 435,- € aus und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag an die Klägerin aus.
In der Mitabeiterkantine des Hotels der Beklagten befindet sich ein sog. Schwarzes Brett, an welchem verschiedene Mitarbeiterinformationen (u. a. die aushangpflichtigen Gesetze, aktuelle Stellenangebote, eine Geburtstagsliste etc.) ausgehängt werden. Von 1999 bis zum Jahr 2005 erstellte die Beklagte Hausmitteilungen mit dem Betreff „Sondervergütung-Weihnachtsgeld“ für das jeweilige Jahr, die im Wesentlichen inhaltsgleich waren und auszugsweise folgenden Wortlaut hatten:
„(…)
1. Allgemeines
Die Sonderzuwendung ist eine freiwillige, soziale Leistung. Sofern tarifvertragliche oder gesetzliche Regelungen zur Zahlung von Sondervergütungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und dergleichen) getroffen werden, die in ihrer Art oder in ihrer Höhe den jetzigen Stand verändern, können solche Leistungen auf die freiwillige Sondervergütung angerechnet werden.
1.1 Die im MTV § 23 geregelte Sonderzahlung wird in vollem Umfang auf die hier näher beschriebene Weihnachtsgratifikation angerechnet. (…)
8. Freiwilligkeit der Leistung
Die Weihnachtsgratifikation ist eine einmalige, freiwillige und jederzeit widerrufliche soziale Leistung, die auf das Weihnachtsfest 2005 beschränkt ist. Die Zahlung für die Zukunft daher weder dem Grunde, noch der Höhe nach, auch nicht bezüglich der Auszahlungsmodalitäten, des Personenkreises, der Bezugsberechtigten, sowie der Ermittlung der Gratifikation, einen Rechtsanspruch begründet. (...)“
Ob entsprechende Hausmitteilungen auch in den Jahren 2006 bis 2008 dort ausgehängt waren, ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Hausmitteilungen wird auf die Hausmitteilungen der Jahre 1999 bis 2008 (Anlage B2 (Bl. 25 – 46 d. A.) verwiesen.
Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin mit der am 20. Januar 2010 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage die Beklagte auf Zahlung eines weitergehenden Weihnachtsgeldes für das Jahr 2009, nämlich in Höhe der Differenz zwischen ihrem regelmäßigen Bruttomonatsentgelt in Höhe von 1.292,- € und dem als Weihnachtsgeld ausgewiesenen und gezahlten Betrag in Höhe von 435,- € in Anspruch genommen. Sie meint, diese Sonderzuwendung sei in den letzten drei Jahren ohne Vorbehalt an sie gezahlt worden, so dass ihr ein Weihnachtsgeld in Höhe einer Bruttomonatsvergütung aus betrieblicher Übung zustehe. Aushänge am schwarzen Brett bzgl. des Weihnachtsgeldes habe sie seit dem Umzug der Küche im Jahr 2006 nicht mehr bemerkt. Sie bestreite diese Aushänge deshalb mit Nichtwissen. Dies habe im Übrigen auch nicht der bei der Beklagten praktizierten Üblichkeit entsprochen. Wichtige Mitteilungen seien nicht am Schwarzen Brett veröffentlicht worden. Schließlich sei der Vorbehalt der Nr. 8 in den Hausmitteilungen als unklare Regelung unwirksam. Die Beklagte habe lediglich ein Weihnachtsgeld in Höhe von 435,- € gezahlt. Die Differenz in Höhe von 857,- € könne sie noch von der Beklagten verlangen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 857,- € brutto nebst 5 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag ab dem 01. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Klägerin habe lediglich einen tariflichen Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes nach Maßgabe des § 23 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin (im Folgenden: MTV) in Höhe von 435,- €. Diesen Anspruch habe die Beklagte erfüllt. Die in der Vergangenheit gezahlten, höheren Sonderzuwendungen habe sie als zusätzliche und rein freiwillige Leistung erbracht. Hierauf sei stets das – wenn auch regelmäßig niedrigere - tarifliche Weihnachtsgeld angerechnet worden. Für das Jahr 2009 habe sie sich wegen der wirtschaftlichen Situation entschlossen, kein freiwilliges Weihnachtsgeld zu zahlen. Die zuvor erbrachten freiwilligen Leistungen seien jeweils in den Hausmitteilungen für die einzelnen Jahre ausgelobt worden. In diesen Hausmitteilungen sei ausdrücklich auf die Freiwilligkeit hingewiesen worden. Die Hausmitteilungen hätten jährlich jeweils im November eines jeden Jahres seit 1999 bis einschließlich 2008 für mehrere Wochen am Schwarzen Brett in der Mitarbeiterkantine gehangen. Dort würden auch alle Aushänge und sonstige Informationen veröffentlicht, was den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern auch bekannt sei. Es habe deshalb kein Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin entstehen können; Ansprüche aus betrieblicher Übung bestünden nicht.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit seinem Urteil vom 21. Juli 2010 die Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf die zur näheren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch könne nicht auf eine bei der Beklagten bestehenden betrieblichen Übung gestützt werden. Die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung seien nicht erfüllt, weil die Beklagte das Weihnachtsgeld nicht drei Jahre in Folge ohne erkennbaren Freiwilligkeitsvorbehalt gezahlt habe. Die Zahlungen seien auf Grundlage der jährlich ausgehängten Hausmitteilungen erfolgt, in denen ein entsprechender Vorbehalt enthalten gewesen sei. Die Zusage eines Weihnachtsgeldes sei dort jeweils auf das jeweilige Jahr beschränkt gewesen. Ein Vertrauen der Klägerin darin, diese Leistung auch zukünftig zu erhalten, habe sich deshalb nicht bilden können. Weil diese Hausmitteilungen keine vertragliche Vereinbarung der Parteien, sondern einseitige Erklärungen der Beklagten gewesen seien, finde auch keine Inhaltskontrolle statt. Das Vorbringen der Beklagten bezüglich des Aushangs der Hausmitteilungen sei als zugestanden zu behandeln. Das Bestreiten der Klägerin mit Nichtwissen sei unzureichend, weil es bei den Hausmitteilungen als Gesamtzusage nicht auf die Kenntnis der einzelnen Arbeitnehmer ankomme.
Gegen das der Klägerin am 05. August 2010 zugestellte Urteil hat sie am 01. September 2010 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 08. November 2010 mit dem am 03. November 2010 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ist die Klägerin weiter der Auffassung, ihr stehe der Anspruch aus betrieblicher Übung zu. Das Arbeitsgericht sei unzutreffend von einem nicht ausreichenden Bestreiten der Klägerin ausgegangen. Sie habe vorgetragen, dass ihr die Aushänge nicht bekannt gewesen seien und dass wichtige Mitteilungen, die das Arbeitsverhältnis betroffen hätten, bei der Beklagten in der Regel durch persönliche Anschreiben, im Gespräch oder durch schriftliche Ergänzungen zum Arbeitsvertrag übermittelt worden seien. Der entgegenstehende Vortrag der Beklagten sei demgegenüber unbeachtlich und habe von der Klägerin nicht mehr bestritten werden müssen. Auch könne der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht gefolgt werden, dass aufgrund der Hausmitteilungen kein Vertrauen habe entstehen können. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts unterlägen die Hausmitteilungen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Der in den Hausmitteilungen in der Ziffer 8 enthaltene Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sei aber in sich widersprüchlich und daher wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB unwirksam. Dies habe zur Folge, dass in den Hausmitteilungen ein unbedingtes Angebot ohne jeden Vorbehalt gesehen werden müsse.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. Juli 2010 - 39 Ca 1064/10 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 857,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und bestreitet, dass sämtlich die Entgeltseite und Zusatzleistungen betreffende Sachverhalte durch persönliche Anschreiben oder schriftliche Ergänzungen zum Arbeitsvertrag geregelt worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvortrages der Parteien wird auf die Schriftsätze des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 02. November 2010 (Bl. 94 – 96 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 30. November 2010 (Bl. 103 - 104 d. A.) ergänzend Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchstabe b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, § 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
I.
Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin kann den von ihr verfolgten Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen dem gezahlten Weihnachtsgeld und einer Bruttomonatsvergütung nämlich nicht auf eine bei der Beklagten bestehende betriebliche Übung stützen. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil die Klage zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
1.
Die Klägerin hat aufgrund beiderseitiger Tarifbindung einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2009 nach § 23 des Manteltarifvertrages für das Hotel- und Gaststättengewerbe Berlin in unstreitiger Höhe von 435,- € gemäß § 4 Abs. 1 TVG. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt, so dass dieser Anspruch erloschen ist, § 362 BGB. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
Weitergehende Ansprüche bestehen daneben zugunsten der Klägerin nicht.
2.
Ein Anspruch auf eine Jahressonderzahlung bzw. Weihnachtsgeld ergibt sich zugunsten der Klägerin nicht aus dem mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrag vom 05. Februar 1990. Eine Regelung zu einer Jahressonderzahlung bzw. einem Weihnachtsgeld ist dort nicht ausdrücklich enthalten. Die Klägerin trägt eine derartige ausdrückliche arbeitsvertragliche Zusage selbst nicht vor.
3.
Die Klägerin kann einen weitergehenden Anspruch auch nicht auf eine bei der Beklagten begründete betriebliche Übung stützen. Der Klägerin steht deshalb die geltend gemachte Differenz zwischen ihrem aktuellen Bruttomonatsverdienst und dem bereits gezahlten Weihnachtsgeld in Höhe von 857,- € nicht § 611 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag und einer zum Bestandteil des Arbeitsvertrages gewordenen betrieblichen Übung zu. Kraft betrieblicher Übung hat sich ein entsprechender Anspruch auf ein Weihnachtgeld in Höhe einer vollen Bruttomonatsvergütung, der Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden wäre, nicht gebildet.
a)
Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus dem Verhalten des Arbeitgebers wird konkludent auf eine Willenserklärung geschlossen, die vom Arbeitnehmer nach § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (BAG, Urteil vom 28. Mai 2008 – 10 AZR 274/07 – NZA 2008, 941). Eine betriebliche Übung kann auch bezüglich übertariflicher Leistungen (BAG, Urteil vom 24. März 2010 – 10 AZR 43/09 – AP Nr. 90 zu § 242 BGB betriebliche Übung = NZA 2010, 759) und bei Einmalzahlungen (BAG, Urteil vom 28. Juli 2004 – 10 AZR 19/04 – AP Nr. 257 zu § 611 BGB Gratifikation) entstehen. Eine allgemeine Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer erwarten darf, dass die Leistung auch zukünftig gewährt wird, existiert nicht. Für Gratifikationen ist allerdings die Regel aufgestellt worden, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt (BAG, Urteil vom 28. Mai 2008 – 10 AZR 274/07 – a. a. O.). Davon ausgehend käme vorliegend ein Anspruch der Klägerin aus betrieblicher Übung in Betracht.
b)
Allerdings kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es ansonsten an einer kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (ständige Rechtsprechung: BAG, Urteil vom 28. Mai 2008 – 10 AZR 274/07 – a. a. O.; BAG, Urteil vom 20. Juni 2007 – 10 AZR 410/06 – NZA 2007, 1293; BAG, Urteil vom 24. November 2004 – 10 AZR 202/04 – BAGE 113, 29 = AP Nr. 70 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NZA 2005, 349; BAG, Urteil vom 27. Oktober 2004 – 10 AZR 138/04 – EzA Nr. 28 zu § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urteil vom 09. Juni 1988 – 9 AZR 752/85 – n. v.; zitiert nach juris). Die für die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. Koch in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 13. Auflage 2009, § 111 Rn. 22) hat nicht dargelegt, dass es für die von ihr vorgetragenen Leistungen eines vollen Bruttomonatsverdienstes in den Jahren 2006, 2007 und 2008 keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Grundlage gab.
aa)
Zwar war es zunächst ausreichend, dass die Klägerin die Zahlung eines entsprechenden Weihnachtsgeldes in drei aufeinander folgenden Jahren behauptet hat. Denn dadurch waren zunächst ausreichende Umstände dargelegt, die den Anschein einer betrieblichen Übung erwecken. Es obliegt dann dem in Anspruch genommenen Arbeitgeber seine Praxis darzulegen und ggf. den Anschein einer betrieblichen Übung zu erschüttern. Dies ist der Beklagten vorliegend gelungen. So hat sie vorgetragen, das in der Vergangenheit gezahlte höhere Weihnachtsgeld jeweils jährlich im November eines jeden Jahres durch die von ihr vorgelegten Hausmitteilungen ausgelobt zu haben. Die hat die Klägerin jedenfalls für die Jahre 1999 bis 2005 nicht bestritten. Soweit ihr Vortrag dahin geht, diese Hausmitteilungen ab dem Jahr 2006 wegen des Umzugs der Küche, also ihres zuletzt ausgeübten Arbeitsbereichs, nicht mehr zur Kenntnis genommen zu haben, erfüllt dieses Bestreiten mit Nichtwissen – wie das Arbeitsgericht zutreffend angenommen hat – nicht die zu stellenden Anforderungen an die der Klägerin obliegenden Darlegungslast. Im Übrigen steht dies auch zum Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 22. März 2010 (Seite 2, Bl. 48 d. A.) in Widerspruch, in dem sie die Praxis der Beklagten in betriebsratslosen Betrieben und eben die Bekanntgabe der Regelungen zum Weihnachtsgeld durch Hausmitteilungen dargestellt hat. Die Beklagte hat mit ihrem Vortrag substantiziiert eine andere kollektivrechtliche Grundlage für die Leistungsgewährung auch in den Jahren 2006, 2007 und 2008 behauptet, nämlich eine Gesamtzusage. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung des in der Gesamtzusage enthaltenen Angebots wird nicht erwartet; ihrer bedarf es auch nicht. Das in der Gesamtzusage liegende Angebot wird – wie die betriebliche Übung - gemäß § 151 BGB ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrages (BAG, Beschluss vom 16. September 1986 - GS 1/82 - BAGE 53, 42 = AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972 – NZA 1987, 168; BAG, Urteil vom 18. März 2003 - 3 AZR 101/02 - BAGE 105, 212 = AP Nr. 41 zu § 1 BetrAVG = NZA 2004, 1099; BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 – 9 AZR 116/04 – BAGE 113, 327 = NZA 2005, 1117) . Die jeweiligen Hausmitteilungen sind als eine solche Gesamtzusage zu qualifizieren. Nach dem – insoweit inhaltsgleichen – Wortlaut richteten sich die jeweiligen Anschreiben an alle Mitarbeiter. Sie enthalten die Erklärung eine zusätzliche Leistung erbringen zu wollen, nämlich über die Regelung des MTV hinaus eine höhere Jahressonderzahlung. Dies kommt in der Ziffer 1 und 1.1 deutlich zum Ausdruck. Dort wird ausdrücklich auf den tariflichen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung verwiesen und zugleich eine – auch tarifvertraglich nach § 23 Nr. 5 MTV mögliche – Verrechnung genannt. Sodann wird in der Ziffer 2 nach abstrakten Merkmalen der Kreis der Anspruchsberechtigten bestimmt, in den Ziffern 3 und 4 werden die Berechnungsmodalitäten erläutert, in der Ziffer 5 wird ein Rückzahlungsvorbehalt und in der Ziffer 6 der Zahlungstermin geregelt sowie in der Ziffer 8 nochmals auf die Freiwilligkeit hingewiesen.
bb) | bb) |
Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf die konkrete Kenntnis eines einzelnen Arbeitnehmers kommt es dabei nicht an (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – 3 AZR 92/02 – BAGE 104, 220 = AP Nr. 249 zu § 611 BGB Gratifikation = NZA 2004, 271; BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 – a. a. O.; LAG Hamm, Urteil vom 26. Februar 2010 – 10 Sa 1346/09 - juris). Demgemäß war das Bestreiten der Hausmittelungen durch die Klägerin mit Nichtwissen unerheblich. Die Klägerin hätte ihrerseits als die für das Bestehen der Voraussetzungen einer ihrem Klagebegehren entsprechenden Betrieblichen Übung den Vortrag der Beklagten widerlegen müssen. Sie hätte dazu darlegen und beweisen müssen, dass die Hausmitteilungen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 nicht mehr am schwarzen Brett ausgehangen worden sind und damit die Zahlungen des höheren Weihnachtsgeldes ohne sonstige Rechtsgrundlage und vorbehaltlos erfolgt sind. Weder hat die Klägerin einen solchen Vortrag erbracht, noch hat sie einen entsprechenden Beweis angeboten. Grundlage in der Vergangenheit für die Zahlung eines höheren als des tariflichen Weihnachtsgeldes war somit keine bei der Beklagten gebildete betriebliche Übung, sondern vielmehr die durch die jährlich ausgehängten Hausmitteilungen gegebene Gesamtzusage der Beklagten. Da ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen kann, wenn es ansonsten an einer kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlt (ständige Rechtsprechung: BAG, Urteil vom 28. Mai 2008 – 10 AZR 274/07 – a. a. O.) kann die Klägerin ihren Klageanspruch nicht auf die Grundsätze der betrieblichen Übung stützen.
4.
Schließlich steht der Klägerin das geltend gemachte höhere Weihnachtsgeld für das Jahr 2009 auch nicht nach § 611 BGB i. V. m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag zu, in den kraft Gesamtzusage ein Anspruch auf ein Weihnachtsgeld in Höhe eines vollen Bruttomonatsverdienstes aufgenommen worden ist.
a)
Eine entsprechende Gesamtzusage für das Jahr 2009 existiert nicht. Die Beklagte hat im Jahr 2009 keine Hausmitteilung zum Thema Sondervergütung – Weihnachtsgratifikation ausgehängt. Dies wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
b)
Auch aus der Gesamtzusage der Beklagten aus dem Jahr 2008 lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf eine volle Monatsvergütung als Weihnachtsgeld nicht herleiten. Die Auslegung der Hausmitteilung „Sondervergütung – Weihnachtsgratifikation 2008“ vom 01. November 2008 (Bl. 25 – 26 d. A.) ergibt, dass das darin versprochene Weihnachtsgeld freiwillig, ausschließlich im Jahr 2008 und ohne Bindung für Folgejahre gezahlt werden sollte. Dies ergibt sich bereits aus dem ersten Satz der Ziffer 1 dieser Hausmitteilung im Zusammenspiel mit den Regelungen in der Ziffer 8 Satz 2 der Hausmitteilung. Dort sind jeweils Freiwilligkeitsvorbehalte enthalten. Durch einen solchen Freiwilligkeitsvorbehalt kann der Arbeitgeber eine vertragliche Bindung für die Zukunft auf Grund eines gleichförmigen begünstigenden Verhaltens in der Vergangenheit verhindern. Er muss das Fehlen jedes Rechtsbindungswillens bei diesem Verhalten aber zweifelsfrei deutlich machen. Hierfür hat das Bundesarbeitsgericht zwar die Bezeichnung einer Jubiläumszuwendung als “freiwillige Sozialleistung” nicht ausreichen lassen (BAG, Urteil vom 23. Oktober 2002 - 10 AZR 48/02 - BAGE 103, 151= AP Nr. 243 zu § 611 BGB Gratifikation = NZA 2003, 557). Eine solche Formulierung könnte nämlich auch nur so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber freiwillig zur Leistungserbringung verpflichte, weil er hierzu nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz gezwungen sei. Als hinreichend deutlich hat es demgegenüber etwa eine Formulierung wie die, die Leistung erfolge “ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” oder den Hinweis, „es entstehe für die Zukunft kein Rechtsanspruch“, angesehen (BAG, Urteil vom 19. Mai 2005 – 3 AZR 660/03 – AP Nr. 71 zu § 242 BGB Betriebliche Übung = NZA 2005, 889; BAG, Urteil vom 13. März 1964 - 5 AZR 293/63 - BAGE 15, 300 = NJW 1964, 1690). Dadurch macht der Arbeitgeber hinreichend deutlich, dass er ohne Rechtsbindungswillen für die Zukunft handelt.
Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte vorliegend hinreichen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass das Weihnachtsgeld nur freiwillig gezahlt werden sollte und zukünftige Ansprüche dadurch nicht begründet werden sollten. Schon im Satz 1 der Ziffer 8 ist deutlich gemacht, dass das Weihnachtsgeld auf das jeweilige Jahr, zuletzt auf das Jahr 2008 beschränkt ist.
Soweit die Klägerin rügt, die Regelung in der Ziffer 8 sei widersprüchlich und intransparent, weil unzulässigerweise ein Freiwilligkeits- und ein Widerrufsvorbehalt miteinander kombiniert worden sind, schließt sich die Kammer dem grundsätzlich an. Hinzu kommt, dass die Gründe die zur Ausübung des Widerrufsrechts berechtigten, dort nicht benannt sind (BAG, Urteil vom 13. April 2010 – 9 AZR 113/09 – NZA-RR 2010, 457). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zur Auslegung ähnlicher Klauseln (vgl. BAG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 – BAGE 127, 185 = AP Nr. 274 zu § 611 BGB Gratifikation = NZA 2008, 1173).
Dies begründet aber gleichwohl keinerlei Ansprüche der Klägerin, auch zukünftig ein Bruttomonatsgehalt als Weihnachtsgeld zu erhalten.
Die Regelungen der jeweiligen Hausmitteilungen sind auch entgegen der Auffassung des Arbeitsgericht kontrollfähig, weil die Gesamtzusage Bestandteil des Arbeitsvertrages wird und die dadurch oder durch betriebliche Übung begründeten Vertragsbedingungen, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB sind (BAG, Urteil vom 16. Februar 2011 – 3 AZR 181/08 – NZA 2011, 42; BAG, Urteil vom 05. August 2009 – 10 AZR 483/08 - AP Nr. 85 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Sie unterliegen deshalb der Inhaltskontrolle entsprechend den §§ 305 ff. BGB. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass die gegebene Gesamtzusage auch noch für die Folgejahre als Anspruchsgrundlage dienen kann. Denn die Unwirksamkeit betrifft nur den Satz 1 der Ziffer 8. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Regelungen in den Sätzen 1 und 2 in der Ziffer 8 der Hausmitteilung teilbar sind und unabhängig voneinander noch einen Sinn ergeben. Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem “blauen Stift” zu ermitteln ist (blue-pencil-test; BAG, Urteil vom 21. April 2005 – 8 AZR 425/04 – AP Nr. 3 zu § 307 BGB Nr. 3). Bleibt die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält (BAG, Urteil vom 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – BAGE 118, 36 0 AP Nr. 17 zu § 307 BGB = NZA 2006, 1042) und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen. So liegt der Fall hier. Unabhängig von der Regelung des Satzes 1 der Ziffer 8 schließt der im Satz 2 enthaltene weitere Freiwilligkeitsvorbehalt das Entstehen eines Anspruchs über das Jahr 2008 hinaus aus. Durch die Regelung in Ziffer 8 Satz 2 der Hausmitteilung vom 01. November 2008 wird durch die Zahlung ein Anspruch für die Zukunft nicht begründet. Diese Regelung ist wirksam und auch nicht unangemessen. Freiwilligkeitsvorbehalte bei Sonderzahlungen, die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung auch bei wiederholter Zahlung nicht entstehen lassen, weichen nicht von allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen ab (BAG, Urteil vom 18. März 2009 – 10 AZR 289/08 – NZA 2009, 535).Sie verhindern dasEntstehen eines Anspruchs auf Zahlung für die Zukunft (BAG, Urteil vom 21. Januar 2009 – 10 AZR 219/08 – BAGE 129, 164 = NZA 2009, 310).
Die Höhe und der vom Arbeitgeber festgelegte Zweck der Sonderzahlung führen auch nicht dazu, dass der Ausschluss jeden Rechtsanspruchs für die Zukunft unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB wird.
Nach alledem hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
III.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Insbesondere betrifft die Rechtssache keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung und beruht auf den Umständen des Einzelfalls. Die Kammer hat der Entscheidung die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde gelegt.