Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat | Entscheidungsdatum | 29.10.2010 | |
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Aktenzeichen | OVG 9 S 123.09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 80 Abs 2 S 1 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 4 S 3 VwGO, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 4 Abs 2 KAG BB, § 9 Abs 1 Nr 5 SachenRBerG, § 15 SachenRBerG, § 16 SachenRBerG |
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde tragen die Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 671,00 EUR festgesetzt.
I.
Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2009, mit dem der Antragsgegner sie zu Gebühren für die Trinkwasserversorgung ihres in Potsdam belegenen Grundstücks für den Abrechnungszeitraum vom 4. Juli 2006 bis zum 31. Juli 2007 herangezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage mit Beschluss vom 7. Dezember 2009 abgelehnt. Der Beschluss ist den Antragstellern am 9. Dezember 2009 zugestellt worden. Gegen den Beschluss haben die Antragsteller am 18. Dezember 2009 Beschwerde erhoben und diese zugleich begründet.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass ein Abgabenbescheid der hier in Rede stehenden Art nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar und vorläufiger Rechtsschutz in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur zu gewähren ist, wenn die sofortige Vollziehung des Bescheides eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat oder an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ernstliche Zweifel bestehen, das heißt der Bescheid mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht verneint. Die fristgerecht dargelegten Beschwerdegründe, an die die Prüfung im Beschwerdeverfahren anknüpft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben im Ergebnis keinen Anlass zu einer anderen Bewertung.
Der Einwand der Beschwerde, dass nicht die Antragsteller, sondern statt ihrer die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland nach § 26 Abs. 2 der hier maßgeblichen Wasserversorgungs- und Gebührensatzung der Landeshauptstadt Potsdam vom 15. Dezember 2005 - WVS - als Gebührenpflichtige hätte herangezogen werden müssen, vermag ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu begründen. Gebührenpflichtige können nach § 26 Abs. 1 und 2 WVS der Eigentümer des Grundstücks, der Erbbauberechtigte oder der Nutzer nach § 9 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes - SachenRBerG – sein. Letzterer tritt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 WVS nur dann an die Stelle des Eigentümers, wenn er - der Nutzer - im Zeitpunkt des Erlasses des Gebührenbescheides sein Wahlrecht über die Bestellung eines Erbbaurechtes oder den Ankauf des Grundstücks gemäß §§ 15 und 16 SachenRBerG bereits ausgeübt hat und gegen seinen Anspruch keine nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz statthaften Einreden und Einwendungen geltend gemacht worden sind.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland als Nutzerin des Grundstücks im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 5 SachenRBerG bei Erlass des Gebührenbescheides in einer gebührenrechtlichen Schuldnerposition befunden hat, die es rechtfertigt, ihr gegenüber die streitigen Gebühren festzusetzen. Den Antragstellern ist zuzugestehen, dass das von ihnen vorgelegte Schreiben der BVVG Bodenverwertungs- und –verwaltungs GmbH - BVVG - vom 10. Dezember 1996 darauf hindeutet, dass die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland eine schriftliche Erklärung gemäß § 16 SachenRBerG des Inhalts abgegeben hat, das Grundstück der Antragsteller zwecks Zusammenführung mit dem Gebäudeeigentum erwerben zu wollen. Damit steht jedoch noch nicht fest, dass die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland auch als Gebührenschuldnerin im Sinne der WVS anzusehen ist. Mit Blick auf das Kommunalabgabengesetz bedarf die Bestimmung des § 26 Abs. 2 WVS möglicherweise einer einschränkenden Auslegung dahin, dass ein Nutzer im Sinne des § 9 SachenRBerG nur dann Gebührenschuldner ist, wenn nicht nur die in § 26 Abs. 2 WVS genannten Voraussetzungen vorliegen, sondern er das Grundstück darüber hinaus entweder selbst tatsächlich nutzt oder wenn der tatsächliche Nutzer seine Nutzungsbefugnis von ihm ableitet. Diese einschränkende Auslegung könnte geboten sein, weil es andernfalls an einer Inanspruchnahme im Sinne des § 4 Abs. 2 KAG fehlen könnte, die überhaupt nur die Erhebung einer Benutzungsgebühr rechtfertigt. Wenn eine solche einschränkende Auslegung des § 26 Abs. 2 WVS geboten sein sollte, dürfte die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland nicht als Gebührenschuldnerin in Betracht kommen. Denn ausweislich eines zwischen den Antragstellern als Veräußerern und Herrn Ralf Lehmann als Erwerber am 4. Dezember 2007 geschlossenen Grundstückskaufvertrages hat dieser das Grundstück bereits am 4. Juli 2006 von den Antragstellern gepachtet; danach ist nicht ersichtlich, dass die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland das Grundstück im Gebührenerhebungszeitraum 4. Juli 2006 bis 31. Juli 2007 tatsächlich selbst genutzt oder auch nur einem anderen zur Nutzung überlassen hätte.
Mit Blick auf das Vorstehende ist bei summarischer Prüfung offen, ob - wie die Antragsteller meinen - die Erzeugergroßmarkt eG Neufahrland oder doch die Antragsteller selbst Gebührenschuldner sind. Die insoweit offene Rechtslage genügt nach dem eingangs dargestellten Prüfungsmaßstab nicht für eine Aussetzung der Vollziehung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).