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Straßenreinigungsgebühren


Metadaten

Gericht VG Potsdam 11. Kammer Entscheidungsdatum 24.02.2015
Aktenzeichen VG 11 K 755/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 49a StrG BB, § 6 KAG BB

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des beizutrei-benden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit zweier Straßenreinigungsgebührenbescheide für das Jahr 2012 sowie um einen Minderungsantrag für eine teilweise Nichtreinigung.

Betroffen hiervon ist das klägerische, 1.581 m² große Grundstück Gemarkung ..., Flur 2, Flurstück 171, mit der postalischen Anschrift „... 7 in ... ... “ OT ... . Hierbei handelt es sich um ein annähernd dreieckig geschnittenes Eckgrundstück, welches mit seiner östlichen Längsseite an der ... -Straße und mit seiner südwestlichen Seite der ... anliegt. Das Grundstück ist bebaut mit einem zur ... ausgerichtetem Einfamilienhaus, welches der Kläger mit seiner Familie auch bewohnt. Daneben ist es an der Front zur ... -Straße mit zwei weiteren größeren Nebengelassen bebaut.

Mit Bescheid vom 25. April 2012 zog der Beklagte den Kläger bei einer Straßenfront an der ... -Straße von 70 m und an der ... von 51 m und einem Gebührensatz für den Winterdienst von 5,56 €/m zu einer Straßenreinigungsgebühr in Höhe von insgesamt 672,76 € heran.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23. Mai 2012 Widerspruch ein, mit dem er sich im Wesentlichen dagegen wendet, dass er als Eckgrundstücksbesitzer mit schlechtem Grundstückszuschnitt über ein erträgliches Maß hinaus mit Gebühren belastet werde. Im Übrigen nehme der Beklagte bei der geltenden Satzungsregelung zu viele Gebühren ein, weil die Hinterlieger zusätzlich zu den Vorderliegern zu Winterdienstgebühren herangezogen würden, dies bei der Kalkulation der Gebührensätze aber nicht berücksichtigt worden sei.

Mit weiterem Bescheid vom 9. Juli 2012 zog der Beklagte den Kläger bei einer Straßenfront an der ... -Straße von 70 m und einem Gebührensatz in der Reinigungsklasse 5 von 3,02 €/m zu einer Gebühr von 211,40 € und bei einer Straßenfront an der ... von 51 m und einem Gebührensatz für die Reinigungsklasse 2 von 3,02 €/m zu einer Straßenreinigungsgebühr in Höhe von 154,02 €, insgesamt 365,42 heran.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. Juli 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung weist er ergänzend zu dem bisherigen Vortrag darauf hin, dass erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Gebührensätze bestehen, weil die Reinigungsklassen 2 und 5 trotz erheblicher inhaltlicher Unterschiede hinsichtlich der Reinigungsleistung denselben Gebührensatz aufweisen.

Mit gemeinsamem Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2013 wies der Beklagte diese Widersprüche zurück. Zur Begründung führte er aus, dass keine unzulässigen Gebührenmehreinnahmen durch die Veranlagung auch der Hinterlieger erzielt würden. Vielmehr würden im Rahmen der Gebührenkalkulation dem Gesamtbetrag der in der jeweiligen Reinigungsklasse ansatzfähigen Kosten die Gesamtsumme der direkten und zugewandten Grundstücksseiten gegenübergestellt und erst auf dieser Grundlage der jeweilige Gebührensatz der Reinigungsklasse ermittelt. Im günstigsten Falle könnte somit allenfalls eine Kostendeckung aber keine Überdeckung erzielt werden.

Die Gebühren für 2012 mussten im Ergebnis eines Überprüfungsverfahrens der Fachaufsicht auf der Grundlage der jetzigen Gebührenstruktur neu kalkuliert und beschlossen werden. Deshalb seien die Kosten und auch die Summe der veranlagungspflichtigen Frontmeter der Reinigungsklassen 2 und 5 zur Ermittlung des Gebührensatzes zusammengeführt worden.

Parallel zu den Veranlagungsverfahren beantragte der Kläger mit Schreiben vom 30. Juli 2012 die Verminderung der Straßenreinigungs- bzw. Winterdienstgebühren. Zur Begründung wies er darauf hin, dass die ... ab dem 30. Juli 2012 für den KFZ-Verkehr gesperrt sei, weil diese Straße im Bereich von der ... bis zur ... -Straße umfassend (Fahrbahn, Gehwege, Regenentwässerung, Beleuchtung) saniert und auch die Gas- und Trinkwasserleitung ausgewechselt würden. Ab diesem Zeitpunkt könne deshalb nicht mehr von einer Erschließung seines Grundstücks über die ... ausgegangen werden, zumal im Baustellenbereich weder eine Straßenreinigung noch ein Winterdienst stattfinden könne.

Diesen Minderungsantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. August 2012 mit der Begründung ab, dass eine Gebührenminderung nur bei einer gröblichen Verletzung des Verhältnisses zwischen der erbrachten Leistung und der Gebühr in Betracht komme. Hierzu regele § 4 Abs. 5 der Straßenreinigungsgebührensatzung, dass bei einem Ausbleiben der turnusmäßigen Straßenreinigung auf der gesamten Straße bis zu viermal im Jahr bzw. bei einem Ausbleiben der Reinigung infolge der Winterwitterung und Feiertagen kein Anspruch auf eine Gebührenminderung bestehe. Gleiches gelte auch bei unerheblichen Reinigungsmängeln, insbesondere u. a. wegen Straßenbauarbeiten nur auf einem Teilstück der Straße. Da die ... im verbleibenden Restbereich turnusgemäß gereinigt worden sei, bestehe kein Minderungsanspruch, da die Straßenreinigungsgebühren keine Gegenleistung für die Reinigung des vor dem Grundstück gelegenen Straßenabschnittes sind, sondern dafür, dass sich die gesamte das Grundstück erschließende Straße in einem sauberen und gereinigten Zustand befinde.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 12. September 2012 Widerspruch ein, zu deren Begründung er ergänzend darauf hinwies, dass nach § 4 Abs. 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung die Gebührenschuld mit Ablauf des Monats ende, in dem die regelmäßige Reinigung der das Grundstück erschließenden Straße auf Dauer eingestellt werde, was in der ... ab dem 30. Juli 2012 der Fall sei. Zudem verstosse die Regelung des § 4 Abs. 5 in der vom Beklagten vorgenommenen Auslegung gegen die geltende Rechtslage, weil die Diskrepanz zwischen erbrachter Leistung und dafür geforderter Gebühr die Toleranzgrenze überschreite. Vielmehr müsse auf die Verhältnismäßigkeit im jeweiligen Einzelfall abgestellt werden, wozu es ausreiche, dass der gesperrte Straßenabschnitt mehr als die gesamte Frontlänge seines Grundstücks umfasse, deshalb die ausbleibende Reinigungsleistung für ihn mehr als erheblich sei und für die Begründung des Minderungsanspruches ausreiche.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2013 wies der Beklagte auch diesen Widerspruch im Wesentlichen unter Wiederholung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.

Am 26. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er seine Begehren weiterverfolgt. Ergänzend trägt er vor, dass die ungekürzte Erhebung der Straßenreinigungsgebühr gegen das Äquivalenzprinzip verstoße. Aufgrund des dreieckigen Grundstückszuschnitts könne das Grundstück nur von maximal zwei Familien bewohnt werden; während es bei einem rechteckigen Zuschnitt und gleicher Straßenfrontlänge die Errichtung von bis zu vier Einfamilienhäuser und die Veräußerung entsprechender Teilflächen erlauben würde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass das eine Nebengelass, in welchem bis 2005 der Betrieb einer Gaststätte geduldet worden sei, nur noch als Abstellraum genutzt werden könne, weil es dort wegen der Nichteinhaltung der Grenzabstände aus bauordnungsrechtlichen Gründen keine Aufenthaltsräume mehr geben dürfe. Überdies sei die Ermittlung der Frontmetersumme für die ... nicht nachvollziehbar. Für den Minderungsanspruch weist er ergänzend darauf hin, dass die Bauarbeiten in der ... bis zum 17. Mai 2013 andauerten.

Der Kläger beantragt,

1. den Winterdienstgebührenbescheid des Beklagten vom 25. April 2012 und den Straßenreinigungsgebührenbescheid vom 9. Juli 2012 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 aufzuheben, und

2. den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23. August 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 zu verpflichten, dem Kläger antragsgemäß Gebührenminderung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend weist er darauf hin, dass der atypische Zuschnitt des klägerischen Grundstücks keinen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip oder einen Härtefall begründe. Das Grundstück sei mit drei freistehenden Gebäuden entlang der Straßenfronten sowie mit schrägstehenden Nebengebäuden bis in den spitzen Winkel hinein ebenso intensiv bebaut wie ein rechteckiges Eckgrundstück vergleichbarer Straßenfrontlängen hätte bebaut werden können; lediglich die verbleibenden Freiflächen seien auf dem klägerischen Grundstück kleiner als bei anderen Grundstücken.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang als auch auf die beigezogenen Satzungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist insgesamt unbegründet.

A. Der Winterdienstgebührenbescheid des Beklagten vom 24. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).

Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Winterdienstgebühren für das Jahr 2012 sind § 49a des brandenburgischen Straßengesetzes – BbgStrG – und § 6 des brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes – KAG – in Verbindung mit der Straßenreinigungsgebührensatzung der Landeshauptstadt ... für 2012 (Teil Winterdienst) vom 7. März 2012 – WDGS-2012 – und der Straßenreinigungssatzung der Landeshauptstadt ... für 2012 (Teil Winterdienst) vom 7. März 2012 – WDS-2012 –.

Formelle Mängel dieser Satzungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere entspricht die Veröffentlichung dieser Satzungen im Amtsblatt für die Landeshauptstadt ..., Nr. 4, vom 29. März 2012 den Vorgaben des § 22 Ziffer 2 der Hauptsatzung der Landeshauptstadt ... vom 4. März 2009 in Verbindung mit der Bekanntmachungsverordnung. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass sich diese Satzungen eine Rückwirkung auf den 1. Januar 2012 beimessen, da sich ein schützenswertes Vertrauen des Klägers auf eine Nichtveranlagung für das Jahr 2012 bereits deshalb nicht bilden konnte, weil der Beklagte die von ihm beanstandeten Satzungen vom 7. und 28. Dezember 2011 zusammen mit seiner Beanstandung im Amtsblatt Nr. 18 vom 30. Dezember 2011 veröffentlicht hatte und somit der Kläger um die auch für 2012 bevorstehende Veranlagung wusste bzw. hätte wissen können.

Materielle Mängel sind ebenfalls nicht vorhanden. So enthält die WDGS-2012 zunächst den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen den Gebührenmaßstab im Hinblick auf die Ermittlung der maßgeblichen Frontmeter. Diesbezüglich hat der Beklagte bereits in dem vorangegangenen Verfahren 11 K 2254/10 nachvollziehbar dargelegt, dass die Ermittlung der Frontmeter EDV-gestützt durch das Programm „SYNERGIS Weboffice GDI“ erfolge bzw. der Kläger in seine Ermittlungen auch Grundstücke einbezogen habe, deren Grundstücksseiten wegen eines Winkels größer 45° nicht „zugewandt“ seien, die als gefangene Grundstücke ohne gesicherte Erschließung nicht erschlossen seien, die als Wald oder Grünanlage nicht erschlossen seien, oder die an anderen Straßen anlägen. Zudem beruhten gewisse Veränderungen der Frontmeter in den jeweiligen Kalkulationen auch darauf, dass zum Teil einige Straßen aus der Winterdienstwartung herausgenommen worden bzw. andere dazugekommen seien. Diesen Ausführungen ist der Kläger auch in diesem Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat er sich pauschal auf fehlerhafte Ermittlungen des Beklagten berufen, so dass bereits aus diesem Grunde seinen Bedenken nicht nachgegangen werden kann.

Im Übrigen verkennt der Kläger bei seiner Argumentation bereits, dass es bei der von ihm gerügten Fehlerhaftigkeit der Ermittlung der Frontmeter nicht auf die jeweils einzelne Straße ankommt, sondern auf die Gesamtfrontlängen der Straßen, auf denen satzungsgemäß der Winterdienst durchgeführt wird. Hierbei führt nicht jeder Ermittlungsfehler im Rahmen der Kalkulation zur Nichtigkeit des Gebührensatzes, sondern ist dem Satzungsgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Brandenburg bzw. des jetzt zuständigen gemeinsamen Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg ein sog. Fehlerpuffer von 2 – 3 % der jeweils ermittelten Einheiten zuzugestehen, es sei denn, die Fehler beruhen auf einer gröblichen Verletzung der anzuwendenden Maßstabsregelungen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 27. März 2002 – 2 D 46.99.NE –, S. 35 des Entscheidungsabdruckes; Urteil vom 22. Mai 2002 – 2 D 78/00.NE –). Diesbezügliche Abweichungen sind aber weder ersichtlich noch vorgetragen.

Rechtliche Bedenken bestehen auch nicht gegen den Gebührensatz in Höhe von 5,56 €/m-Frontlänge. Denn ausweislich des im Internet veröffentlichen Kalkulationsberichtes in Verbindung mit der Beschlussvorlage der WDGS-2012 beruht die erhebliche Gebührensatzsteigerung auf den von den Stadtverordneten mit der Gebührensatzung beschlossenen Verlustvortrages aus dem Jahre 2010 in Höhe von 829.107,79 €. Zu diesem Verlust war es ausweislich der Begründung in der Beschlussvorlage gekommen, weil es in den beiden Winterperioden des Jahres 2010 mit 98 Winterdiensttagen erheblich mehr Einsätze statt der kalkulierten 35 Wintertage gegeben hatte.

Letztlich sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, das Fehler der Gebührenveranlagung im Einzelfall vorliegen; insbesondere ist kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip gegeben. Das Äquivalenzprinzip ist der auf die Gebühr als Gegenleistung für eine Leistung der öffentlichen Hand bezogene Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG). Es betrifft das Leistungsverhältnis zwischen der Gemeinde und den Gebührenpflichtigen und besagt als solches, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der vom Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Eine Verletzung des Äquivalenzprinzipes kommt indessen nur bei einer gröblichen Störung des Ausgleichsverhältnisses zwischen der Gebühr und dem Wert der Leistung für den Empfänger in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961 – VII C 109.60 –, BverwGE 12, 162, 166); wie es auch in der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 des brandenburgischen KAG seinen Ausdruck gefunden hat.

Eine solche gröbliche Störung ist indessen nicht feststellbar. Denn entgegen der klägerischen Auffassung kommt es hierbei dann nicht auf den Gesamtbetrag der Gebührenbelastung an, wenn die Gebühr nach einer bestimmten Leistungsmenge bemessen wird. Denn anderenfalls könnte sich gerade derjenige Gebührenschuldner, der die öffentliche Einrichtung besonders intensiv oder besonders oft benutzt, auf eine Verletzung des Äquivalenzprinzipes berufen, obwohl die hieraus resultierende hohe Gebührenbelastung gerade auf der vom Gebührenschuldner zu vertretenen Benutzungsintensität beruht. Kommt es somit also nur auf das Verhältnis der Straßenreinigungs- oder der Winterdienstgebühr für den jeweils zu reinigenden bzw. zu wartenden Frontmeter an, kann eine gröbliche Störung des Leistungsverhältnisses nicht festgestellt werden, zumal die besondere Höhe der Winterdienstgebühr von 5,56 €/m für das Jahr 2012 – wie soeben dargestellt – insbesondere auf dem gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG rechtlich zulässigen Verlustvortrag aus dem Jahre 2010 beruht und auch der Kläger im Jahre 2010 von der besonders aufwendigen Winterdienstwartung entsprechend profitiert hat.

Aber auch der vom Kläger sinngemäß geltend gemachte Billigkeitserlass kommt nicht in Betracht. Die Einziehung eines Anspruches aus dem Steuerschuldverhältnis ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Zweck widersprechen würde. Das ist indes nicht der Fall. Denn entgegen der klägerischen Auffassung, kommt es auf die vom Kläger dargestellte Bebauung auf den benachbarten Grundstücken in der Reiherberg- bzw. der ... -Straße, die auf seinem Grundstück angeblich nicht möglich sein soll, gerade nicht an. Vielmehr ist die Situationsgebundenheit des Grundstücks, die sich oft genug nicht aufgrund bewusster bauplanungsrechtlicher Entscheidungen ergibt – so aber offensichtlich die Vorstellung des Klägers, wenn er seinen Überlegungen einen absolut quadratischen Grundstückszuschnitt von 40 x 40 m zugrundelegt –, sondern regelmäßig Ergebnis einer historisch gewachsenen Struktur ist, vom Kläger als Grundstückseigentümer zu vertreten bzw. hinzunehmen. Diese Situationsgebundenheit hat hier - bis heute - dazu geführt, dass das Grundstück erstens etwa dreieckig geschnitten ist, zweitens ein Eckgrundstück ist und drittens zwei Seiten dieses Dreiecks mit ihrer vollen Länge von 71 m bzw. 50 m an den beiden erschließenden Straßen anliegen. Gründe, die zu einem Billigkeitserlass führen müssten bzw. könnten, liegen hierin nicht, zumal der Kläger für die direkt angrenzenden Frontlängen die vom Beklagten vorgenommene bzw. vorzunehmende Winterdienstwartung bzw. Reinigungsleistung in vollem Umfang in Anspruch nimmt.

Und auch die vom Kläger dargestellte baurechtliche Situation auf seinem Grundstück mit der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit der ehemaligen Gaststätte rechtfertigt keine andere Bewertung, da es dem Kläger angesichts der Grundstückssituation ohne weiteres möglich ist bzw. wäre, die vorhandenen Nebengelasse abzureißen und durch Baulichkeiten zu ersetzen, die ihm die aus seiner Sicht so wichtige Ausnutzung des Grundstücks in gewerblicher oder wohnbaulicher Sicht ermöglichen. Der Beklagte weist deshalb zu Recht darauf hin, dass es dem klägerischen Grundstück nicht an der Möglichkeit mangelt, es in vergleichbarer bauplanungs- bzw. bauordnungsrechtlicher Sicht zu nutzen. Vielmehr zeigt die vorhandene intensive Bebauung, dass gerade das Gegenteil der Fall ist und nur die Freiflächen aufgrund des dreieckigen Zuschnittes des Grundstücks kleiner sind, als auf den Nachbargrundstücken. Hierin liegt indessen keine Benachteiligung des klägerischen Grundstücks.

B. Der Straßenreinigungsgebührenbescheid des Beklagten vom 9. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012 sind § 49a des brandenburgischen Straßengesetzes - BbgStrG - und § 6 des brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes – KAG – in Verbindung mit der Straßenreinigungsgebührensatzung der Landeshauptstadt ... für 2012 (Teil Straßenreinigung) vom 2. Mai 2012 – StrRGS-2012 - und der Straßenreinigungssatzung der Landeshauptstadt ... vom 15. Dezember 2010 – StrRS –.

Formelle Mängel dieser Satzungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere entspricht die Veröffentlichung dieser Satzungen im Amtsblatt für die Landeshauptstadt ..., Nr. 4, vom 29. März 2012, bzw. Nr. 16, vom 30. Dezember 2010, den Vorgaben des § 22 Ziffer 2 der Hauptsatzung der Landeshauptstadt ... vom 4. März 2009 in Verbindung mit der Bekanntmachungsverordnung. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass sich die StrRGS-2012 Rückwirkung auf den 1. Januar 2012 beimisst, da sich ein schützenswertes Vertrauen des Klägers auf eine Nichtveranlagung für das Jahr 2012 bereits deshalb nicht bilden konnte, weil der Beklagte die von ihm beanstandeten Satzungen vom 7. und 28. Dezember 2011 zusammen mit seiner Beanstandung im Amtsblatt Nr. 18 vom 30. Dezember 2011 veröffentlicht hatte und somit der Kläger um die auch für 2012 bevorstehende Veranlagung wusste bzw. hätte wissen können. Dass der Beklagte für den Bereich der Straßenreinigung und das Jahr 2012 keine separate technische Satzung erlassen hat, ist unschädlich, weil insoweit die Straßenreinigungssatzung vom 15. Dezember 2010 mangels anderweitiger Aufhebung weitergalt.

Materielle Mängel sind ebenfalls nicht vorhanden. So enthält die StrRGS-2012 zunächst den nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung bzw. wird zu den sonstigen Bedenken des Klägers auf die obigen Ausführungen zur Winterdienstgebührensatzung verwiesen. Ergänzend ist für die StrRGS-2012 nur darauf hinzuweisen, dass auch gegen den Gebührensatz für die Straßenreinigung in den Reinigungsklassen 2 und 5 in Höhe von 3,02 €/m Frontlänge nichts zu erinnern ist. Denn insoweit hat der Beklagte unter Vorlage eines Aktenvermerks über den Erörterungstermin im Ministerium des Innern des Landes Brandenburg am 21. März 2012, in dem über die o. g. Beanstandungen des Beklagten gegen die im Dezember 2011 beschlossenen Satzungen verhandelt wurde, nachvollziehbar ausgeführt, dass die Beanstandung gegen die Gebührensatzung insoweit zu Recht erfolgt sei, als der damaligen Reinigungsklasse 2 bei einer Reinigung im 4-Wochen-Rhythmus nur ein Gebührensatz von lediglich 1,69 €/m Frontlänge auferlegt werden sollte, weil hierdurch eine Subventionierung dieser Reinigungsklasse zu Lasten der übrigen Reinigungsklassen erfolgen würde. Im Ergebnis habe der Beklagte die Gebühren deshalb nochmals kalkulieren müssen und seien in der am 2. Mai 2012 beschlossenen Gebührensatzung bei einer gleichen Reinigungshäufigkeit in den Reinigungsklassen 2 und 5 gleiche Gebühren beschlossen worden. Diesen Ausführungen ist der Kläger weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten, so dass auch im Rahmen der Amtsermittlung kein Anlass Bestand, ins Blaue hinein nach möglichen weiteren Fehlern zu suchen.

C. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Gebührenminderung.

Der diesbezügliche Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Denn entgegen der klägerischen Auffassung ist die Gebührenpflicht für die ... nicht deshalb anteilig zu mindern, weil in der Zeit vom 30. Juli 2012 bis zum 17. Mai 2013 im Abschnitt von der ... bis zur ... -Straße wegen der dort stattfindenden umfassenden Bauarbeiten weder eine Straßenreinigung noch ein Winterdienst stattgefunden hat.

Denn mit den Straßenreinigungs- (und auch den Winterdienst-) gebühren wird nicht der Vorteil für die Reinigung einer bestimmten, räumlich abgegrenzten Straßenfläche unmittelbar vor dem eigenen Grundstück abgegolten, sondern derjenige Vorteil, der den Eigentümern aller von der Straße erschlossenen Grundstücke für die gesamte Reinigung zu Gute kommt. Die Frontmeter bilden somit lediglich den Maßstab, nach dem die Gesamtkosten der Straßenreinigung auf die Gebührenpflichtigen verteilt werden. Insoweit bedeutet Reinigung der gesamten Fahrbahn als zu erbringende Reinigungsleistung gerade nicht, dass jeder einzelne Quadratmeter gereinigt werden müsste. Insbesondere müssen bestimmte Unvollkommenheiten der Reinigung, z. B. aufgrund der Verkehrsverhältnisse als situationsgegeben hingenommen werden (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2005 – 16 K 2578/04 –, Juris, RN 21, 31).

In diesem Sinne weist der Beklagte zutreffend auf die Ausschlussregelungen des § 4 Abs. 5 StrRGS-2012 hin, wonach nur bei einem Ausbleiben der turnusgemäßen Straßenreinigung auf der gesamten Straße unter gewissen Umständen ein Minderungsanspruch besteht (Satz 1) bzw. ein Minderungsanspruch (u.a.) nicht in Betracht kommt bei Straßenarbeiten nur auf einem Teilstück der Straße (Satz 2). Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Ausschlussregelungen bestehen nicht, weil nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung bei im Voraus erhobenen Benutzungsgebühren nicht jegliche Minderleistung der Behörde einen Anspruch auf Gebührenermäßigung nach sich zieht; vielmehr muss eine Leistungsstörung von einem gewissen Gewicht vorliegen, damit hieraus finanzielle Folgen hergeleitet werden können (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 27. Mai 1994 – 9 A 199/94 –, Juris, RN 3; Urteil vom 2. März 1990 – 9 A 299/98 – und vom 28. September 1989 – 9 A 242/88 -; OVG Koblenz, Urteil vom 9. Februar 2006 – 7 A 11037/05 –, Juris, RN 35).

Diese Erheblichkeitsschwelle wird indessen nicht erreicht. Denn selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass der beschriebene Baustellenbereich 191 m lang ist (nach den Feststellungen des Beklagten im Verwaltungsvorgang sollen es nur 160 m sein), ist eben nicht die ganze, ca. 1,5 km lange ... von den Bauarbeiten betroffen gewesen und scheidet deshalb ein Minderungsanspruch aus. Hieran ändert auch nichts, dass es bei den historisch gewachsenen Siedlungsbereichen oft genug vom Zufall abhängig gewesen sein mag, wo eine Straße anfängt bzw. endet und/oder diese auf der gesamten Länge einen einheitlichen Namen trägt, der nunmehr der Betrachtung in straßenreinigungsgebührenrechtlicher Hinsicht zugrunde zu legen ist. Denn auch insoweit ist die Situationsgebundenheit des Grundstücks „innerhalb der Straße“ vom Eigentümer hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

B e s c h l u s s :

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 1.220,51 € festgesetzt. Dabei entfallen 672,76 € auf den Anfechtungsantrag gegen die Winterdienstgebühren und 365,42 € auf den Anfechtungsantrag gegen die Straßenreinigungsgebühren sowie 182,33 € auf den Minderungsantrag für die ... hinsichtlich Winterdienst- und Straßenreinigungsgebühren für die Zeit vom 30. Juli bis zum 31. Dezember 2012.