Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.12.2011 | |
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Aktenzeichen | 2 K 1374/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 5 Abs 1 BhV, § 6 Abs 1 Nr 4 BhV, Anl 3 BhV |
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Kommunalen Versorgungsverbandes Brandenburg vom 16. Mai 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2008 derselben Behörde verpflichtet, der Klägerin die mit Antrag vom 18. April 2008 begehrte Beihilfe für die Nutzung einer elektrischen Milchpumpe zu gewähren.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die zu 70 % beihilfeberechtigte Klägerin begehrt Beihilfeleistungen für eine verordnete elektrische Milchpumpe. Unter dem 18. April 2008 beantragte sie beim Kommunalen Versorgungsverband Brandenburg die anteilige Kostenübernahme für eine verordnete elektrische Milchpumpe. Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 167,91 Euro.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2008 lehnte der Beklagte die Kostenübernahme ab, da die elektrische Milchpumpe nicht zu den beihilfefähigen Hilfsmitteln nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Beihilfevorschriften gehöre. Den dagegen am 22. Mai 2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2008 zurück. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 der Beihilfevorschriften seien notwendige und angemessene Aufwendungen für die Anschaffung von Hilfsmitteln beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und in der Anlage 3 zu § 6 Abs. 1 Nr. 4 Beihilfevorschriften aufgeführt seien. Bis zum 31. Dezember 2003 habe es sich nach der ärztlichen Verordnung gerichtet, ob eine Handpumpe oder eine elektrische Pumpe erforderlich und damit zu erstatten gewesen sei. Durch die 27. allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 seien elektrisch betriebene Milchpumpen aber aus dem Hilfsmittelkatalog herausgenommen worden, so dass seit dem 1. Januar 2004 nur noch Aufwendungen für eine Handpumpe beihilfefähig wären.
Mit der am 24. Juli 2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Gemäß dem Positivkatalog der beihilfefähigen Hilfsmittel nach Nr. 1 der Anlage 3 der Beihilfevorschriften sei eine Milchpumpe ein beihilfefähiges Hilfsmittel, worunter sowohl Hand- als auch Elektropumpen zu fassen seien.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Kommunalen Versorgungsverbandes Brandenburg vom 16. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2008 derselben Behörde zu verpflichten, die mit Beihilfeantrag vom 18. April 2008 geltend gemachte Nutzung einer elektrischen Milchpumpe als beihilfefähig anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und verweist ergänzend auf ein Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 26. Mai 2005.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Hefter) ergänzend Bezug genommen.
Aufgrund des Beschlusses vom 6. April 2011 ist die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung über die Klage berufen (§ 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 10. und 28. Oktober 2008 ihr Einverständnis erklärt haben.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung der begehrten Beihilfe. Die Versagung der Beihilfe insoweit ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Maßgeblich sind die zum Zeitpunkt der Behandlung
vgl. nur BayVGH, Beschluss vom 5. März 2009 - 14 ZB 08.2739 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23. Mai 2007 - 6 A 1959/05 -, juris,
gemäß § 45 Abs. 3 (a. F.) des Landesbeamtengesetzes Geltung beanspruchenden Beihilfevorschriften des Bundes (BhV), welche für 2007/2008 unbeschadet des Verstoßes gegen den Vorbehalt des Gesetzes noch anzuwenden sind.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2008 - 2 C 108.07 -, juris; Urteil vom 15. Dezember 2005 - 2 C 35.04 -, ZBR 2006, 195.
Der Umfang des Anspruchs auf Erstattung krankheitsbedingter Aufwendungen bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 5 und 6 BhV. Nach § 5 Abs. 1 BhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BhV sind aus Anlass einer Krankheit Aufwendungen für die Anschaffung (ggf. Miete) der vom Arzt schriftlich verordneten Hilfsmittel beihilfefähig. Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit bestimmen sich nach Anlage 3. Gemäß Anlage 3 Nr. 1 sind die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle - ggf. im Rahmen der Höchstbeträge - beihilfefähig, wenn sie vom Arzt schriftlich verordnet und nachstehend aufgeführt sind. Bestandteil dieser Positiv-Aufzählung ist eine „Milchpumpe“.
Danach ist klar: Anlage 3 BhV unterscheidet nicht zwischen einer elektrischen Milchpumpe und einer Handpumpe. Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut der Anlage 3 sind beide Formen offensichtlich von dem Positivkatalog erfasst. Der Hinweis auf die Änderung der Beihilfevorschriften vom 17. Dezember 2003 ist angesichts des klaren Wortlautes nicht ergiebig. Zwar bestimmte der Positivkatalog der Anlage 3 vor der Änderung: „Milchpumpe, in Einzelfällen auch elektrisch betrieben“ und der Zusatz „in Einzelfällen auch elektrisch betrieben“ wurde durch die Änderung gestrichen. Diese Streichung lässt jedoch nicht allein den Schluss zu, dass durch sie eine Beschränkung gewollt war. Grund der Streichung kann vielmehr gleichermaßen die Absicht einer Erweiterung auf Milchpumpen jeglicher Art gewesen sein, gerade weil der unterscheidende Zusatz herausgenommen wurde und der beide Formen der Milchpumpen erfassende Oberbegriff beibehalten wurde. Hätte durch die Änderung der Beihilfevorschriften die Beihilfefähigkeit einer elektrischen Milchpumpe ausgeschlossen werden sollen, hätte es jedenfalls einer klaren ausdrücklichen Beschränkung auf handbetriebene Milchpumpen in der Positivaufzählung der Ziffer 1. der Anlage 3 BhV bedurft. Dies gilt gerade weil die Änderung der Anlage 3 im Bewusstsein und in Ansehung der beiden vorhandenen unterschiedlichen Arten von Milchpumpen erfolgt ist.
Die Miete für die elektrische Milchpumpe ist hier auch nicht durch Ziffer 2. der Anlage 3 BhV ausgeschlossen. Danach ist die Miete für Hilfsmittel nur beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die entsprechenden Anschaffungskosten ist und sich dadurch eine Anschaffung erübrigt. Der Mietpreis lag hier jedoch unter den Anschaffungskosten einer elektrischen Milchpumpe.
Da auch die übrigen Voraussetzungen, d. h. die ärztliche Verordnung sowie die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendung hier unstreitig erfüllt sind, sind die Kosten für die elektrische Milchpumpe beihilfefähig. Der Klage ist daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11 und 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe, die Berufung gemäß §§ 124 Abs. 2, 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 118,00 Euro festgesetzt ( § 52 Abs. 3 GKG).