Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Umsatzsteuer 2010

Umsatzsteuer 2010


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 19.06.2019
Aktenzeichen 7 K 5277/16 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2019:0619.7K5277.16.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2010 vom 21.08.2018 wird die Umsatzsteuer 2010 um 57.439,02 € niedriger festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens werden der Klägerin 94% und dem Beklagten 6% auferlegt.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Es geht um die umsatzsteuerliche Behandlung der Tätigkeiten der Klägerin im Rahmen des Vertriebs von Telefonkarten im Streitjahr 2010.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 22.09.2009 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH – mit Sitz in der B…-straße in C…, deren Satzungszweck u. a. die Vermittlung von Dienstleistungen von … aller Art, die Vermittlung von … und den Großhandel mit … aller Art umfasst. Ihr Alleingesellschafter war zunächst D…, der seit Gründung der Klägerin bis über das Ende des Streitjahrs hinaus auch ihr alleiniger und vom Selbstkontrahierungsverbot befreiter Geschäftsführer war. Es liegt ein „Darlehensvertrag“ vom 30.09.2009 (hinten in der Akte Gesellschaftsverträge) zwischen der Klägerin als „Darlehensgeber“ und D… als „Darlehensnehmer“ vor. Darin hieß es, D… bringe sein Einzelunternehmen „H…“ einschließlich der Kundenforderungen zum Buchwert ein. Er bleibe aber zum Einzug der eingebrachten Forderungen berechtigt; insoweit gewähre ihm die Klägerin jeweils ein verzinsliches Darlehen bis zum 31.12.2018. Mit Notarvertrag vom 23.02.2010 wurden 20% der Anteile auf E… übertragen, mit notarieller Urkunde vom 30.07.2010 wurde das Stammkapital der Klägerin erhöht, wodurch sich der Anteil von D… auf 80,4% erhöhte und der von E… auf 19,6% verringerte. In derselben notariellen Urkunde wurde erneut festgehalten, dass D… sein bisheriges Einzelunternehmen in die Klägerin einbringe und dass das Einzelunternehmen ab dem 01.01.2010 für Rechnung der Klägerin geführt worden sei. Aus den ergänzenden Angaben zur Schlussbilanz des Einzelunternehmens zum 31.12.2009 (Bestandteil der notariellen Urkunde vom 30.07.2010) geht hervor, dass die Pkw im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens (Buchwert insgesamt 12.454,00 €) und vorhandene „div. Telefonkarten, D2-Call und O2, O2Loop“, jeweils „minus Provision“, und „Restbestand Online Portal“ (Buchwert insgesamt 295.275,91 €) nicht mit eingebracht wurden.

Im Rahmen einer Nachschau bei der Klägerin am 25.01.2010 führte das seinerzeit für die Klägerin zuständige Finanzamt – FA – F… in einer Mitteilung an das für die Besteuerung von D… zuständige FA G… (Bl. 1 der Umsatzsteuerakte – USt -) aus, D… erziele über sein Einzelunternehmen noch Umsätze aus Verkaufsprovisionen und tätige Einkäufe für die Klägerin, weil er über ein höheres Kreditvolumen verfüge als die Klägerin. Die Klägerin veräußere die von D… für sie eingekauften Waren an Endverbraucher. Es sei von einem Organschaftsverhältnis auszugehen. In einem Vermerk des FA F… vom selben Tag (Bl. 4 der Akte Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen – USoP -) heißt es ergänzend, die Klägerin habe die Geschäftstätigkeit nach Auskunft des Geschäftsführers am 01.01.2010 aufgenommen. Gegenstand des Unternehmens sei der Handel und die Vermittlung von Telefonkarten und „…“. Weiterhin werde ein Großhandel mit Süßigkeiten betrieben. Die Kunden des Einzelunternehmens des Geschäftsführers seien von der Klägerin übernommen worden. Das Geschäft werde in einer vom Einzelunternehmer seit längerer Zeit angemieteten Betriebsstätte geführt.

Bezüglich der Geschäftsbeziehungen zwischen D… und der Klägerin liegen in den Akten vor: Eine Rechnungen von D… an die Klägerin vom 31.12.2009 über die Lieferung von … i. H. v. 5.039,38 € zzgl. Umsatzsteuer (Bl 17f. des Ordners Materialsammlung – M -); eine Rechnung bzw. Gutschrift von D… an die Klägerin vom 04.01.2010 über diverse „…“ und „…“ Telefonkarten i. H v. 55.000,00 € abzgl. 3.446,55 € „Provision“, wobei es dort heißt, nur in der Provision seien 19% Mehrwertsteuer = 550,29 € enthalten, während die „Lieferung der Karten“ nicht steuerbar sei (Bl. 19 M; gebucht Wareneingang 55.000,00 € - 52.053,45 € Storno an „Provisionerlöse 19%“ 2.896,26 € und Umsatzsteuer 550,29 €, Bl. 15 M); eine Rechnung von D… an die Klägerin vom 13.01.2010 über „…“ und „…“ Karten i. H. v. 3.300,00 € (ohne Provisionsabzug) mit dem gleichen Hinweis auf die Nichtsteuerbarkeit (Bl. 20 M, gebucht Wareneingang an Kasse, Bl. 15 M); drei Verträge über den Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen durch D… an die Klägerin vom 29.01.2010 (Bl. 21ff. M); ein Vertrag vom 23.02.2010 über den Verkauf von Inventar (Büromöbel u. ä.) durch D… an die Klägerin (Bl. 24 M).

Unter dem 01.01.2010 und 04.01.2010 verbuchte die Klägerin noch weitere „Provisionserlöse 19%“ mit dem Buchungstext „H…“ i. H. v. 14.109,61 €, 472,69 € und 13.606,81 € (jeweils zzgl. Umsatzsteuer). Barauszahlungen an die Firma „H…“ finden sich auf dem Buchhaltungskonto 1000 (Kasse) der Klägerin (Bl. 290 M) am 04.01.2010 (6.937,50 €), 07.01.2010 (5.399,22 €), 13.01.2010 (3.300,00€), am 30.07.2010 (122.897,06 €) und zweimal am 30.11.2010 (52.053,45 € und 113.387,90 €). Steuerlich wurde das Einzelunternehmen von D… zum 31.08.2010 abgemeldet.

Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens kam das FA F… zu der Einschätzung, dass im Streitjahr keine Organschaft zwischen der Klägerin und D… vorgelegen habe, weil D… an die Klägerin lediglich Umsätze im Rahmen einer auf mehrere Teilakte verteilten Geschäftsveräußerung im Ganzen erbracht habe.

Die Klägerin tätigte unterschiedliche Geschäfte im Zusammenhang mit Telefonkartenverkäufen. Dem Grunde nach unstreitig waren unter den von der Klägerin vertriebenen Karten sowohl … Karten (Aufladekarten zu Prepaidtarifen) als auch … Karten (Karten mit denen von einem beliebigen Anschluss aus über eine Einwahl bei der betreffenden Gesellschaft das Guthaben abtelefoniert werden kann, vgl. Bl. 105R M) sowie … Karten/… Karten (vgl. Bl. 176 M, solche beinhalten einen Aufladecode, der zum Aufladen einer … Karte genutzt werden kann). Streitig ist die Behandlung der … Karten. Regelmäßig gelten diese … Karten für Telefonate von Deutschland in Telefonnetze ausländischer Netzbetreiber in anderen EU-Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten. Dass die Herausgeber der betreffenden Karten, soweit sie in Drittstaaten ansässig sind, für ihre Leistungen deutsche Umsatzsteuer angemeldet und abgeführt hätten, konnte das FA F… nicht feststellen (vgl. Vermerk vom 25.04.2013, Bl. 12 USoP). Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Karten unstreitig wenigstens teilweise, nach ihren Angaben sogar ausschließlich an Unternehmer mit Sitz in Deutschland (Internetshops, Telecafés, Zeitungskioske) für deren unternehmerische Verwendung (Abgabe an Endkunden) abgegeben. Bezogen habe sie die Karten nach ihren Angaben von ca. 50 anderen Unternehmen, von denen zehn in regelmäßiger Geschäftsbeziehung zu ihr gestanden hätten (vgl. Vermerk des FA F… vom 06.12.2011, Bl. 47ff. Rb). Die … Karten vertrieb die Klägerin in physischer Form (Pappkarten mit aufgedruckten Daten) und zum Online-Abruf (Abruf durch die Abnehmer der Klägerin, sobald in deren Laden ein Endkunde eine Karte kaufte, dem dann ein Ausdruck ausgehändigt wurde). Technisch funktionieren die … Karten in der Weise, dass der Kunde von einem beliebigen Telefonanschluss aus die auf der Karte genannte Telefonnummer anruft, anschließend eine PIN eingibt und dann die Telefonnummer des gewünschten Gesprächspartners wählt. Die maximale Verbindungsdauer richtet sich nach dem Kartenwert und dem jeweiligen Tarif. Die Geschäfte der Klägerin mit den … Karten liefen in vielen Fällen so ab, dass sie die Karten von einem anderen Unternehmer bekam und dafür dem anderen Unternehmer den Nennwert der Karten abzüglich eines als „Provision“ bezeichneten Betrages zahlte. Die Klägerin gab die Karten in diesen Fällen an ihre Kunden weiter, von denen sie wiederum eine Zahlung in Höhe des Nennwerts der Karten abzüglich eines wiederum als „Provision“ bezeichneten Betrages erhielt.

Ein Ausdruck einer Unterseite von der Homepage der Klägerin vom 14.05.2012 (Bl. 202f. M) führt unter der Überschrift „hier erhältlich“ eine Vielzahl von … Karten und … Karten in Form von kleinen Symbolen (wohl die Vorderseiten der physischen Version der betreffenden … Karten) auf.

In den Akten des Beklagten liegen zwei Beispiele von physischen … Karten in Kopie vor (im Prüfungsbericht, Bl. 25 USoP): auf der Vorderseite der einen Karte befindet sich ein Label „I…“, die Bezeichnung „…“, auf der Vorderseite der anderen Karte die Bezeichnung „…“. Auf den Rückseiten beider Karten finden sich Bedienungsanleitungen einschließlich der je nach genutztem Anschluss zu wählenden Telefonnummern, die jeweilige PIN (unter einem Rubbelfeld), ein kleines Label „AB… Ltd.“ und (noch kleiner gedruckt) der Hinweis „Services provided by J…“ (= Dienste bereitgestellt von J…). Außerdem findet sich in den Akten des Beklagten (ebenfalls im Prüfungsbericht, Bl. 25 USoP) auch ein ausgedrucktes Beispiel einer online vertriebenen … Card des Typs „…“ (ohne Hinweise auf die AB… Ltd.).

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen – AGB – der Klägerin (Bl. 2 der Rechtsbehelfsakte – Rb -, Stand: 01.01.2010) heißt es auszugsweise: „… K… … vermittelt … Karten, … Karten für Handies, vorausbezahlte elektronische Pins … über das Onlineportal das K… zur Verfügung stellt. … Mit dem Erwerb der Branded-eVoucher wird dem Kunden unter Verwendung der i. d. R. auf der Rückseite befindlichen angegebenen Einzelheiten und unter Beachtung des dort beschriebenen Vorgangs die Möglichkeit eingeräumt, über die auf den Karten jeweils angegebenen Dienstleister Telekommunikations-Verbindungen herstellen zu lassen, …“. Soweit die Kunden der Klägerin Telefonkarten/Codes über deren Homepage bestellten, mussten sie sich mit ihren persönlichen Daten einschließlich Steuernummer registrieren und ein Feld „Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (die dort verlinkt waren) zur Kenntnis genommen“ abhaken (vgl. Screenshots Bl. 44ff. Gerichtsakte des hiesigen Verfahrens 7 K 5277/16 – GA -).

In einer Eingangsrechnung und Gutschrift eines in C… ansässigen Unternehmens L… vom 29.09.2010 (Bl. 4 M) stellte dieses der Klägerin „… Karte“ zum Stückpreis von 5,00 €, insgesamt 1.000,00 €, abzüglich 210,00 € „Provision“ in Rechnung. Weiter hieß es dort, „bei der Lieferung der Karten“ handele es sich um einen nicht steuerbaren Umsatz nach § 1 Umsatzsteuergesetz – UStG -. Nur in der Provision seien 19% Mehrwertsteuer = 33,53 € enthalten. Verbucht hat die Klägerin diese Rechnung Wareneingang 1.000,00 € an Kasse 790,00 €, „erhaltene Provisionserlöse 19% USt“ 176,47 € und „Umsatzsteuer 19%“ 33,53 €. Insgesamt nahm die Klägerin im Streitjahr entsprechende Buchungen betreffend L… i. H. v. 5.500,00 € Wareneingang an 4.351,25 € Kasse, 965,34 € erhaltene Provisionserlöse und 183,41 € Umsatzsteuer vor (vgl. Buchhaltungskontoauszug Bl. 3 M).

Weiter liegen verschiedene von der Klägerin im Streitjahr erstellte Ausgangrechnungen an verschiedene (den Bezeichnungen nach unternehmerisch tätige) inländische Adressaten, überwiegend mit enthaltenen Gutschriften über Provisionen vor (Bl. 27-33, 36-55, 108, 110-112, 123, 144-157 M; es liegen auch einige entsprechende Rechnungen aus 2011 vor, Bl. 123-142, 158-160 M). Als Leistungsgegenstand der Klägerin werden verschiedene Karten unterschiedlicher, den Bezeichnungen nach teilweise ausländischer Anbieter genannt. Es findet sich jeweils der Hinweis, die „Lieferungen der Karten“ seien nicht umsatzsteuerbar, und nur in der in den meisten Rechnungen vom Rechnungsbetrag (entsprechend dem Nennwert der Karten) abgezogenen Position „Provision“ sei jeweils 19% Umsatzsteuer enthalten. Nur vereinzelt weisen die vorliegenden Rechnungen auch auf die abgerechneten Preise für einzelne Karten 19% Umsatzsteuer aus (Bl. 33, 37, 52, 112 M). Die in den Rechnungen an Kartenabnehmer ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge auf die „Provisionen“ zog die Klägerin jeweils als Vorsteuer ab.

Außerdem erfasste die Klägerin im Streitjahr in einer Vielzahl von Fällen Bargeschäfte mit den Buchungen „Kasse“ an „Warenausgang (steuerfreier Umsatz)“ oder an „Erlöse 19% USt (Telefonkarten zu 19%)“ (Bl. 59ff. M); hierzu liegt beispielhaft eine Ausgangsrechnung vom 13.08.2010 (Bl. 58M) über Kartenverkäufe i. H. v. 150,00 € abzgl. Provision mit den auch in den anderen Rechnungen enthaltenen Hinweisen bezüglich der Steuerfreiheit der „Lieferung“ und der Steuerpflicht der „Provision“, aber ohne Angabe des Rechnungsempfängers vor.

Es liegen überdies verschiedene Stellungnahmen von Kartenabnehmern der Klägerin vor: Ein Abnehmer teilte dem FA F… auf Nachfrage mit (27.02.2012, M…, Bl. 162 M), er beziehe u. a. von der Klägerin … Cards. Die meisten … Cards könne er an seine Lieferanten zurückgeben, wofür er dann eine Gutschrift erhalte. Dies bestätigten auch weitere Abnehmer der Klägerin (N…, Bl. 165 M; O…, 29.03.2012, Bl. 174 M) und gaben an, es gebe mit der Klägerin keine schriftlichen Verträge. Ein anderer Abnehmer der Klägerin teilte mit (P…, 26.03.2012, Bl. 163 M), in dem Fall, dass einer seiner Kunden eine Karte reklamiere, würde er sie umtauschen und seinen Lieferanten damit belasten. Der Rechtsanwalt des Abnehmers M… teilte dem FA F… ergänzend mit (03.01.2013, Bl. 177f. M), Herr M… habe in seinem Laden für jeden Endkunden klar und deutlich sichtbar einen Aushang mit dem Text: „Achtung! Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass wir beim Verkauf von …- und … Karten nur vermittelnd tätig werden. Wir vermitteln die Karten im Namen von H…“ angebracht. Ein weiterer Kartenabnehmer der Klägerin (Q…, 11.09.2012, Bl. 187 M) erklärte gegenüber dem FA F…, die Klägerin habe als Zwischenhändlerin Telefonkarten mit einem Preisnachlass von Telefonanbietern erworben und anschließend mit einem Preisnachlass an den Endkunden weiterverkauft. Der Telefonanbieter (Kartenherausgeber) habe als Telekommunikationsdienstanbieter nur an die Klägerin als Zwischenhändlerin geleistet, und die Klägerin als Zwischenhändlerin über ihn (Q…) als bloßen Vermittler an den Kartenerwerber. Die Rechnung mit Vorsteuerausweis erhalte der Endkunde vom Telefonanbieter bzw. Zwischenhändler. Auch nicht verbrauchte Guthaben rechne der Endkunde mit dem Zwischenhändler bzw. Telefonanbieter ab. Die Differenz zwischen dem aufgedruckten Verkaufspreis der Karten und dem von ihm an die Klägerin zu zahlenden geringeren Entgelt sei die Provision für die von ihm an die Klägerin erbrachte Vermittlungsleistung.

Am 20.10.2012 (Bl. 176 M) und 08.03.2013 (Bl. 189 M) erstellte die Klägerin Kundenrundschreiben, worin sie ausführte, sie bestätige, dass aufgrund ihrer AGB zwischen den Kunden und ihr ein Vermittlungsverhältnis bestehe und die von der Klägerin erhaltenen Karten auf der Basis einer Provisionsgutschrift abgerechnet würden. Die Klägerin vertreibe die vorbezeichneten Produkte ebenfalls aufgrund eines Vermittlungsvertrages.

In den Akten des Beklagten finden sich auch einige Unterlagen, welche die Beziehungen der Klägerin zu den Unternehmen betrifft, von denen sie die Telefonkarten erhalten hat (eine tabellarische Übersicht vorliegender AGB und Lieferantenverträge findet sich auf Bl. 194ff. Rb). Insoweit liegt zunächst eine Bescheinigung der inländischen Firma R… GmbH vom 10.12.2012 (Bl. 191 M) vor, wonach die Klägerin die Produkte der R… GmbH vermittele. Die Klägerin erwerbe ihre Produkte nicht für ihren Gebrauch oder für ihren Weiterverkauf. Die Klägerin handele im Auftrag der R… GmbH, um die Produkte schließlich an den Endverbraucher zu bringen. Die R… GmbH müsse für ihre Leistungen zur Ermöglichung kostengünstiger Auslandstelefonate deutsche Mehrwertsteuer abführen. Daher gehe die R… GmbH davon aus, dass die Klägerin deutsche Mehrwertsteuer nur aus ihrer Provision für die im Auftrag der R… GmbH ausgeübte Vermittlertätigkeit schulde. Von der Schweizer Firma S… GmbH liegt eine Bescheinigung vom 28.10.2009 mit ähnlichem Inhalt vor (Bl. 192 M). Weiter gibt es in den Akten eine Mitteilung einer türkischen Firma T… Limited vom 16.11.2012 (Bl. 193 M), wonach die Klägerin von der T… Limited im Streitjahr und den Folgejahren verschiedene Telefonguthabenkarten bezogen habe mit Bezeichnungen wie „U…“, „V…“, aber auch verschiedenen Bezeichnungen ohne Namensbestandteile mit offensichtlichem Bezug zur Firmenbezeichnung der Klägerin oder eines anderen gerichtsbekannten Unternehmens. Auch von einer Firma W… AG liegt eine Bestätigung vom 13.11.2013 vor (Bl. 195R M), aus der verschiedene Produktnamen von Telefonkarten ohne erkennbaren Bezug zu einem dem Senat bekannten Unternehmensnamen hervorgehen. Von den Firmen X… und Y… GmbH, von denen die Klägerin ebenfalls einen Teil der Karten bezogen hat, liegen AGB vor (Bl. 4f., 6f. Rb). Weiter gibt es ein im Entwurf vorliegendes „Vertriebs-Übereinkommen“ zwischen der S… GmbH und der Firma H… aus dem Jahr 2009 (Bl. 8ff. Rb, ohne Unterschriften), außerdem einen Vertrag zwischen der Z… Ltd. (Türkei) und der Klägerin vom 23.03.2011 (Bl. 13 Rb), einen Vertrag zwischen der AA… SA (Schweiz) und der Klägerin vom 09.12.2009 (Bl. 18ff. Rb; dort hat der Prüfer mit Bleistift „…“ notiert), ein Bestätigungsschreiben der Firma AB… Ltd. an die AA… SA vom 23.11.2012 (Bl. 17 Rb), einen Vertrag zwischen der T… Limited und der Klägerin vom 10.12.2009 (Bl. 22ff. Rb), einen Vertrag zwischen der A… Ltd. und der Klägerin vom 31.12.2009 (Bl. 27 Rb) und Verträge zwischen der Klägerin und der AD… AG (Schweiz) vom 03.04.2010 (Bl. 38 Rb) und der AE… GmbH (C…) vom 04.01.2010 (Bl. 46 Rb).

In ihrer am 20.12.2011 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2010 (Bl. 3 USt) erklärte die Klägerin ausgehend von einer Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten Ausgangsumsätze zu 19% i. H. v. 2.081.220,00 €, Ausgangsumsätze zu 7% i. H. v. 5.448,00 €, Vorsteuern aus Rechnungen anderer Unternehmer i. H. v. 377.644,62 €, Umsätze mit Steuerschuldnerschaft des Leitungsempfängers i. H. v. 722.575,00 € und nicht steuerbare Auslandsumsätze i. H. v. 21.416.636,00 €. Sie errechnete eine verbleibende Umsatzsteuer i. H. v. 18.168,54 €. Abzüglich eines Vorauszahlungssolls i. H. v. 18.786,38 € errechnete sie einen Erstattungsanspruch i. H. v. 617,84 €. In der erklärten Position „nicht steuerbare Auslandsumsätze“ ist ein Teilbetrag i. H. v. 5.774.021,75 € aus dem Vertrieb von … Karten enthalten (entsprechend den Nennwerten der an ihre Kunden abgegebenen … Karten, wegen der Zusammensetzung dieses Betrages vgl. die Aufstellung in der Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 01.11.2018, Bl. 474ff. GA). Als umsatzsteuerpflichtig zum Regelsteuersatz erfasste die Klägerin nur die in den Eingangsrechnungen/Gutschriften ihrer Kartenlieferanten abgezogenen „Provisionen“. Die in ihren Ausgangsrechnungen/Gutschriften an ihre Kartenabnehmer ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge auf die dort genannten „Provisionen“ zog sie als Vorsteuern ab. Das FA F… stimmte der Steuererklärung nicht zu (Bl. 6 USt).

Das FA F… führte ab dem 06.12.2011 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für das Streitjahr durch. Dabei kam der Prüfer zu der Einschätzung, auf Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – (Urteil vom 03.05.2012 C-520/10 – Lebara, Bundessteuerblatt – BStBl - II 2012, 755) sei bei … Karten auf jeder Handelsstufe grundsätzlich von einer Telekommunikationsleistung und nicht von einer bloßen Vermittlung auszugehen. Eine Vermittlungsleistung eines Zwischen-“Händlers“ bei gleichzeitiger Erbringung der Telekommunikationsleistung unmittelbar durch den technischen Leistenden an den Endverbraucher könne nur ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn das Handeln in fremdem Namen und für fremde Rechnung in eindeutiger Weise vor oder bei Geschäftsabschluss zu erkennen gegeben werde und der Kunde, der dies erkannt habe, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erkläre; der Vertretene müsse bestimmbar sein (Bundesfinanzhof – BFH -, Urteil vom 16.03.2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361). Die Voraussetzungen für ein bloßes Vermittlungsgeschäft müsse die Klägerin nachweisen, was sie nicht getan habe. Weder habe die Klägerin Vermittlungsleistungen an ihre Lieferanten erbracht, noch Vermittlungsleistungen ihrer Abnehmer bezogen. Vielmehr seien von den Lieferanten Telekommunikationsleistungen an die Klägerin und von der Klägerin Telekommunikationsleistungen an ihre Abnehmer erbracht worden, deren Bruttoentgelt jeweils dem Nennwert der Karten abzüglich der jeweiligen „Provision“ entspreche.

Die AGB der Lieferanten der Klägerin lägen nicht vollständig vor, ebenso seien auch die vorgelegten Lieferantenbestätigungen nicht vollständig. Es sei auch auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen unklar, wer auf Grundlage der klägerischen Auffassung der tatsächliche Leistende sein sollte. Ob die Herausgeber der Karten mit einer Vermittlung von Verträgen zwischen ihnen und den Endkunden einverstanden gewesen seien, sei unklar; ohne ein solches Einverständnis liege ein nichtiger Vertrag zu Lasten Dritter vor.

Gegen eine Vermittlung spreche, dass die Klägerin die gekauften Karten jeweils sofort bei ihren Lieferanten bezahlt habe und die beim Weiterverkauf erhaltenen Beträge jeweils vollständig für sich behalten habe, ohne eine Abrechnung mit den Lieferanten vorzunehmen. Bei einem Vermittlungsverhältnis sei es demgegenüber üblich, dass der Vermittler Gelder erst weiterleite, wenn er sie vom Kunden des Leistenden erhalten habe.

Die auf den Karten abgedruckten Markennamen hätten regelmäßig keinen Bezug zum Namen des Herausgebers; dieser sei jeweils nur bei den physischen … Karten und dort nur auf den Rückseiten in Kleinstschrift unter „Service provided by“ vermerkt, und fehle bei den online verkauften Karten ganz, wo der Name der Klägerin der einzige genannte Firmenname sei. Auch aus den Karten selbst könnten keine Hinweise auf ein Vermittlungsverhältnis bzw. den entsprechenden Leistenden gewonnen werden. Der Ausdruck „Service provided by“ bezeichne auch nicht eindeutig ein Vermittlungsverhältnis, sondern könne auch als bloßer Hinweis auf den technisch Ausführenden verstanden werden. Dies sei vergleichbar dem Herstellerlabel auf einer Ware, welches auch nicht als Hinweis auf einen Kaufvertrag zwischen dem Endverbraucher und dem Hersteller anstelle des Händlers zu verstehen sei. Außerdem finde sich auf den Karten auch keine Anschrift des angeblich leistenden Unternehmers und nicht einmal die Angabe der konkreten Gesellschaft des betreffenden Konzerns. Z. B. bei AB… Ltd. und S… GmbH bestünden in verschiedenen Ländern Gesellschaften gleichen Namens. Das mutmaßlich auch für die Rechtsbeziehungen zur Klägerin maßgebliche Übereinkommen zwischen S… GmbH und D… stelle den Besitz- und Risikoübergang ab dem Lieferzeitpunkt fest und spreche daher für einen Eigenhandel der Klägerin. Auch bezüglich der Firma Z… Ltd. sei kein Vermittlungsverhältnis nachgewiesen. Die Firma AA… SA sei lediglich Zwischenhändlerin und könne keine wirksamen Erklärungen für den Kartenherausgeber AB… Ltd. abgeben; AB… Ltd. habe in der vorliegenden Bestätigung im Übrigen ausdrücklich von Business-to-Business-Lieferungen gesprochen. Hier habe auch D… offenbar die Vertragsverhältnisse nicht überblickt, indem er zunächst von der AB… Ltd. als Leistender der …-Karten ausgegangen sei und erst später behauptet habe, die AA… SA sei insoweit Leistende gewesen. Im Vertrag mit der T… Limited werde zwar der Begriff „Vermittler“ verwendet; die übrigen Vertragsbestimmungen widersprächen dem aber („Kauf“ der PINS, Einräumung des Rechts zum „Verkauf im eigenen Namen“). Auch der Vertrag mit der Firma AC… Ltd. belege kein Vermittlungsverhältnis.

Außerdem sei zu berücksichtigen, dass bei Vorliegen einer bloßen Vermittlungsleistung der Klägerin diejenigen Kartenherausgeber, welche in Drittstaaten ansässig seien (S… GmbH (Schweiz), AC… Ltd. (Schweiz), Z… Ltd. (Türkei), T… Limited (Türkei)), im Inland steuerbare (§ 3a Abs. 6 Nr. 3 UStG) und steuerpflichtige Telekommunikationsleistungen erbracht haben müssten; dasselbe gelte analog § 3a Abs. 2 UStG für EU-ausländische Kartenherausgeber (AB… Ltd. (Irland)). Die betreffenden Drittstaatsunternehmen hätten aber keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen in Deutschland abgegeben. Auch dies spreche indiziell dagegen, dass die Kartenherausgeber bloße Vermittlungsleistungen der Klägerin gewollt hätten. Entsprechendes gelte für die AB… Ltd., welche sonstige Leistungen an ihre deutschen Partner (u. a. die Klägerin) mit Steuerbarkeit im Reverse-Charge-Verfahren im Mitgliedstaat des Leistungsempfängers angemeldet hätten, also nicht von Vermittlungsleistungen der Partner an sie ausgegangen sei. Auch in den vorliegenden Rechnungen der Firma AD… AG werde auf die Verpflichtung des Leistungsempfängers zum Reverse-Charge-Verfahren hingewiesen. Im Übrigen träfen die Klägerin die besonderen Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 Abgabenordnung – AO -.

Schon dem D… sei in einer verbindlichen Zusage vom 15.07.2009 (Bl. 60ff. USt) im Hinblick auf … Karten, welche dieser von einer AF… Ltd. bezogen habe, mitgeteilt worden, dass nach Auffassung der Verwaltung auf jeder Handelsstufe eine Telekommunikationsleistung erbracht werde und lediglich aus Billigkeitsgründen bis zum 31.12.2009 eine Behandlung als Vermittlungsgeschäft akzeptiert werde.

Auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen sei der als „Provision“ in den Ausgangsrechnungen der Klägerin abgezogene Betrag auf durchschnittlich 15% zu schätzen. Entsprechend seien die als nicht steuerbar erklärten, auf … Kartenverkäufe entfallenden 5.774.021,75 € um 15% auf 4.907.918,49 € zu vermindern. Aus diesem Betrag seien 19% Umsatzsteuer = 783.617,24 € herauszurechnen, um die die erklärte Umsatzsteuer 2010 zu erhöhen seien. Außerdem sei der Vorsteuerabzug insoweit zu versagen, als die Klägerin in ihren Ausgangsrechnungen Gutschriften für angebliche Vermittlungsleistungen ihrer Abnehmer mit Vorsteuerausweis erteilt habe (138.285,39 €, nach Abzug darin enthaltener Beträge, bei denen der Vorsteuerabzug auch aus formalen Gründen ausscheidet noch 135.993,67 €, die Berechnung im Prüfungsbericht, Bl. 30 USoP, ist als solche unstreitig). Außerdem seien (soweit unstreitig) aus anderen Gründen die erklärten Vorsteuern um weitere (kleinere) Beträge zu vermindern.

Am 24.05.2013 beantragte die Klägerin eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO (Bl. 23 USt). Dabei verwies sie darauf, bei dem früheren Einzelunternehmen von D… habe die Finanzverwaltung die gleichartige Sachbehandlung in mehreren Prüfungen über 15 Jahre hinweg nie beanstandet (vgl. Prüfungsberichte Bl. 27ff. USt). D… sei in der verbindlichen Zusage vom 15.07.2009 unmissverständlich mitgeteilt worden, dass eine Vermittlungsleistung bejaht werden könne.

Mit Bescheid vom 05.08.2013 (Bl. 71 USt) lehnte das FA F… den Antrag auf abweichende Festsetzung vom 24.05.2013 ab und setzte mit Bescheid vom 21.08.2013 (Bl. 7 der Akte 5 K 5381/13) die Umsatzsteuer 2010 entsprechend den Feststellungen im Prüfungsbericht auf 946.699,94 € fest. Es ergab sich eine Nachzahlung i. H. v. 927.883,56 €.

Am 06.09.2013 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 05.08.2013 (Bl. 76 USt) und am 09.09.2013 gegen den Bescheid vom 21.08.2013 (Bl. 78 USt) Einspruch ein. Mit Schreiben vom 20.09.2013 (Bl. 117 Rb) erklärte die Klägerin, der Einspruch gegen den Bescheid vom 05.08.2013 sei nunmehr auf den Erlass der Steuer nach § 227 AO gerichtet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 02.12.2013 (Bl. 13ff. der Akte 5 K 5381/13) wies das FA F… die Einsprüche gegen die Bescheide vom 05.08.2013 und 21.08.2013 als unbegründet zurück. Darin wiederholte und vertiefte es die Ausführungen im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und führte ergänzend aus, es sei die sog. Ladenrechtsprechung anzuwenden. Der Steuerpflichtige müsse im Rahmen seiner Vorsorge- und Mitwirkungspflichten alles ihm Zumutbare tun, um nachzuweisen, dass ein Fremdgeschäft vorliege. Die Klägerin habe die … Karten ganz überwiegend aus Drittstaaten, zu einem geringeren Teil aus dem EU-Ausland und nur in einem verschwindend geringen Maße aus Deutschland bezogen. In allen vorgelegten AGB sei offengelassen worden, wer der Leistende sei. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass der jeweilige Kartenherausgeber ein Vermittlungsverhältnis gewollt habe. Soweit auf einzelnen Karten das „K…“-Logo aufgedruckt sei, spreche dies ebenfalls für ein Eigengeschäft. Hinsichtlich der aus dem Ausland bezogenen Karten habe offenbar niemand die an die Endkunden erbrachten Telekommunikationsleistungen versteuert. Für den Vorsteuerabzug aus den „Provisionen“ der Abnehmer fehle es schon an einer Angabe des Leistenden in den Gutschriften, soweit es die Barverkaufsrechnungen-/gutschriften betreffe. Teilweise fehle auch die Angabe der Steuernummer des Abnehmers. Bei den vorbezeichneten Vorsteuerbeträgen und auch den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen/Gutschriften mit Adressatenbenennung scheitere der Vorsteuerabzug überdies auch daran, dass überhaupt keine Vermittlungsleistungen der Abnehmer an die Klägerin erbracht worden seien. Für Eigengeschäfte spreche auch, dass die Rückabwicklung in Gewährleistungsfällen in der Leistungskette rückwärts erfolgt sei. Nachweise für ihre Behauptung, dass Leistende gegenüber den Endkunden jeweils die Kartenherausgeber gewesen seien, habe die Klägerin nach wie vor nicht vorgelegt. Was die Sachbehandlung bei D… in früheren Jahren angehe, sei auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung hinzuweisen. Im Hinblick auf die Behandlung in anderen Bundesländern und in anderen C… Finanzämtern gelte der Grundsatz, dass es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Eigene Telekommunikationsleistungen der Klägerin im umsatzsteuerlichen Sinne setzten nicht die Fähigkeit voraus, die entsprechenden technischen Handlungen mit eigenen Mitteln vornehmen zu können. Eine eventuell bestehende Möglichkeit, die Telefondienstleister durch Recherchen im Internet zu ermitteln, sei für die Feststellung eines Fremdgeschäfts nicht ausreichend. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht dargelegt, wer sich mit entsprechenden Recherchen im Einzelnen als Leistender hätte ermitteln lassen können.

Am 20.12.2013 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erhoben, die beim 5. Senat des hiesigen Gerichts zum Az. 5 K 5381/13 geführt worden ist. Im Rubrum der Klageschrift (Bl. 4 der Akte 5 K 5381/13) hat sie sowohl den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 21.08.2013 als auch den Bescheid über die Ablehnung einer abweichenden Festsetzung nach § 163 AO vom 05.08.2013 genannt. Im Klagebegründungsschriftsatz vom 30.01.2014 (Bl. 54 der Akte 5 K 5381/13) und in der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2015 (Bl. 154 der Akte 5 K 5381/13) hat sie den Antrag gestellt, den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 21.08.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2013 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer auf 27.059,03 € und die Zinsen zur Umsatzsteuer auf 0,00 € herabgesetzt werden.

Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen, sie habe lediglich Gesprächsguthaben an ihre Kunden vermittelt. Bei ihren Kunden habe es sich ausschließlich um Wiederverkäufer und somit um Unternehmer gehandelt. Sie habe ihren Kunden Preisnachlässe/Provisionen gewährt und aus diesen Provisionen Vorsteuern abgezogen. Das vom Beklagten angeführte EuGH-Urteil Lebara setze Eigengeschäfte voraus, welche hier gerade nicht vorlägen. Die Aussage, dass bei … Karten regelmäßig eine Telekommunikationsleistung vorliege, sei dem EuGH-Urteil nicht zu entnehmen. Das Finanzgericht – FG – Baden-Württemberg habe mit Urteil vom 19.10.2009 (9 K 447/06, Entscheidungen der FG – EFG - 2010, 519) die Rechtsauffassung der Klägerin gestützt.

Der Name des jeweiligen Kartenherstellers/Plattformbetreibers sei auf den von der Klägerin vertriebenen Karten mit dem Hinweis „service provided by …“ abgedruckt gewesen; der Angabe einer Adresse des Kartenherstellers habe es nicht bedurft. Im Übrigen müsse nicht einmal der Name des Vertretenen in jedem Falle dem Vertragspartner oder dem Vertreter bekannt sein. Die Endkunden seien auch durch Plakate in den Internetshops/Telecafés/Zeitungskiosken auf die jeweiligen Telekommunikationsanbieter hingewiesen worden, der dort mit Hotline-Nummer, Emailadresse, Internetauftritt und Plattformbetreiber aufgeführt worden sei. Auf Karten mit dem auf die Klägerin hindeutenden Logo „K…“ entfalle nur ein verschwindend geringer Teil der streitigen Umsätze (rund 20.000,00 €). Dass ihre AGB nicht nach verschiedenen Providern unterschieden und die Provider nicht nennen würden, liege darin begründet, dass es eine Vielzahl von Providern gebe, die sich zudem ständig änderten. Auch aus dem gesonderten Ausweis der Provisionen in den von der Klägerin ausgestellten Rechnungen gehe eindeutig ihre bloße Vermittlerstellung hervor. Der Annahme einer eigenen Telekommunikationsleistung der Klägerin stehe entgegen, dass sie nicht über die erforderliche technische Infrastruktur verfüge. Umsatzsteuerlich komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Die meisten ihrer Vertragspartner hätten ihren Geschäftssitz im Inland gehabt.

Auf den Karten seien jeweils Servicerufnummern und Durchwahlnummern angegeben worden, deren Vorwahl nicht zu ihrem Sitzort (C…) gehört habe und die der Beklagte schlicht hätte anrufen können, um festzustellen, dass die Klägerin nicht Leistende gewesen sei. Bei einer technischen Störung hätten sich die Endkunden an den jeweiligen Provider wenden müssen, nicht an die Klägerin. Der jeweils wahre Leistende sei auch im Internet mit Hilfe des jeweiligen Namens der Karte ermittelbar gewesen; insoweit sei auf das BFH-Urteil vom 15.05.2012 (XI R 16/10, BStBl II 2013, 49) hinzuweisen, wo der BFH auf die Ermittelbarkeit des Unternehmers über seine Internet-Domain abgestellt habe. Die Erwerber der Karten hätten die Telekommunikationsleistungen jeweils vom Kartenhersteller, nicht aber von der Klägerin erwartet. Unterlagen, aus denen die Erkennbarkeit des jeweils von der Klägerin vertretenen konkreten Anbieters der Telekommunikationsleistungen für den jeweiligen Kunden hervorgehe, müsse sie nicht beibringen. Die Klägerin habe keine Verträge mit den Kartenerwerbern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geschlossen. Erst der Endkunde kaufe den Zugang zu den Leistungen, sodass ein Kaufvertrag mit dem Telefondienstleister entstehe. Für jeden verständigen Kunden sei bei online verkauften Telefonkarten ohne weiteres verständlich gewesen, dass der Aufdruck der Firma der Klägerin lediglich auf eine Vermittlerstellung hindeute.

Aus der Risikoverteilung ergäben sich keinerlei Rückschlüsse auf das Nichtvorliegen einer Vermittlungsleistung. Dass im Vertrag mit S… GmbH mit dem Besitzübergang auch das Risiko des zufälligen Untergangs auf sie übergegangen sei, liege in der Natur der Sache. Denn S… GmbH müsse bei Verlust/Diebstahl der Karten die Telekommunikationsleistungen an den Finder/Dieb erbringen. Ein Vertrag mit dem Telefondienstleister entstehe aber erst, wenn der Kunde den Zugang kaufe. S… GmbH habe sich aber bei technischen Problemen zur Kundenunterstützung verpflichtet, womit S… GmbH unmissverständlich zu erkennen gegeben habe, Vertragspartnerin des jeweiligen Kartenabnehmers zu sein. Außerdem sei die Klägerin gegenüber S… GmbH zur ausschließlichen Verwendung von deren Werbematerialien verpflichtet gewesen, was ebenfalls eine Vermittlertätigkeit belege. Was den Vertrag mit Z… Ltd. angehe, so sei zu berücksichtigen, dass dort eine Vermittlungsprovision für die Klägerin vereinbart worden sei. Auch aus dem Vertrag mit T… Limited ergebe sich an mehreren Stellen die Vermittlereigenschaft der Klägerin. Vergleichbares gelte für den Vertrag mit AC… Ltd.. Ob die Unternehmen, für welche die Klägerin Vermittlungsleistungen erbracht habe, ihrerseits in Deutschland Umsatzsteuer angemeldet hätten, entziehe sich ihrer Kenntnis und sei unmaßgeblich. Wie das konkrete Rechtsverhältnis zwischen AA… SA und AB… Ltd. ausgestaltet gewesen sei, könne dahinstehen, weil es auf das Außenverhältnis ankomme. Im Übrigen könne es nicht zu ihren Lasten gehen, wenn sie Angaben korrigiere. Soweit die AD… AG in ihren Rechnungen fälschlich auf das Reverse-Charge-Verfahren verweise, komme es auf die anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen an.

Im Rahmen von Inlandsgeschäften habe die Finanzverwaltung in der Vergangenheit nie Nachweise für eine Vermittlungstätigkeit verlangt. Vielmehr habe das FA dem D… in der Vergangenheit sogar ausdrücklich den Hinweis erteilt, bei Geschäften mit … Karten liege stets eine Vermittlungsleistung vor. Im Streitjahr hätten Inlandsgeschäfte ca. 65% des gesamten Geschäftsvolumens der Klägerin ausgemacht. Inlandsgeschäfte seien auch nicht Gegenstand der verbindlichen Zusage vom 15.07.2009 gewesen; diese habe sich ausschließlich auf Geschäfte mit der AF… Ltd. bezogen, während bei anderen Geschäftspartnern das Vorliegen von Vermittlungsleistungen unstreitig gewesen sei. Bei Auslandsgeschäften habe sich das FA früher von D… nur die Vermittlungsverträge geben lassen, welche mit den heutigen Verträgen der Klägerin übereinstimmten und seinerzeit nicht beanstandet worden seien. Im Übrigen werde in anderen Bundesländern und selbst von anderen C… Finanzämtern in vergleichbaren Fällen weiterhin von Vermittlungsleistungen ausgegangen. Ein Antrag eines Konkurrenten der Klägerin auf abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen sei durch das dort zuständige FA AG… vorgelegt worden, während eine solche Vorlage in ihrem Fall unterblieben sei. Insoweit habe die Klägerin einen Anspruch auf Gleichbehandlung.

Ihre Gewinnmarge (Unterschied zwischen den von den Lieferanten erhaltenen Provisionen und den an die Abnehmer gezahlten Provisionen) habe bei ca. 2% gelegen. Vor diesem Hintergrund sei eine Belastung der gesamten Kartenwerte mit 19% Umsatzsteuer wirtschaftlich nicht darstellbar. Die Art der Durchführung ihrer Vermittlungstätigkeit sei branchenüblich gewesen. Die branchenkundigen Kunden der Klägerin hätten nicht davon ausgehen können, dass die Klägerin Verlustgeschäftige tätige.

Sie sei dem Verlangen des FA nach Vorlage der Vermittlungsverträge zwischen ihr und ihren Vertragspartnern vollumfänglich nachgekommen.

Der Beklagte hat ergänzend zu seinem vorgerichtlichen Vortrag vorgetragen, ein Ladeninhaber könne nach der Ladenrechtsprechung des BFH nur Vermittler sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er seine Waren beziehe, und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kämen. Ein Vertreter liefere selbst, wenn durch sein Handeln in fremdem Namen verdeckt werde, dass er und nicht der Vertretene die Lieferungen erbringe. Dies sei der Fall, wenn ihm vom Vertretenen Substanz, Wert und Ertrag des Liefergegenstandes vor der Weiterlieferung an den Leistungsempfänger übertragen worden sei. Dies sei auf den Streitfall zu übertragen. Es fehle vorliegend an einer Ermächtigung für die Klägerin, im Namen ihrer Lieferanten Verträge zu den Kunden zu vermitteln. Die „Service Provided by“-Hinweise auf den physischen Karten seien schon deshalb ohne Bedeutung, weil die Karten regelmäßig erst nach Vertragsschluss an die Kunden übergeben worden seien. Außerdem seien bezüglich der … Karten Substanz, Nutzen und ein wesentlicher Teil der Gefahr jeweils auf die Klägerin übergegangen, bevor sie die Karten weiterverkauft habe. Es liege damit ein verdeckter Eigenhandel vor. Die Karten hätten auch nur einen einzigen feststehenden Zweck gehabt (Anrufe zu bestimmten Tarifen in bestimmte Zielgebiete), sodass von Telekommunikationsleistungen auszugehen sei. Dass die Klägerin keine eigene Telefoninfrastruktur unterhalte, sei unschädlich, weil die technisch ausführenden Kartenherausgeber der Klägerin das Recht zur Nutzung der Infrastruktur für die betreffenden Leistungen übertragen hätten. Die Klägerin habe ihren Kunden durch die Bereitstellung der notwendigen Daten die Möglichkeit eröffnet, Telefonate zu führen. Dafür, dass Abnehmer der Klägerin im Ausland ansässig gewesen seien, bestünden keine Anhaltspunkte. Die von der Klägerin als angebliche Leistende benannten Kartenherausgeber seien dagegen alle im Ausland ansässig gewesen.

Mit Urteil vom 15.01.2015 5 K 5381/13 hat der 5. Senat des hiesigen Gerichts der Klage stattgegeben und die Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 und der Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 antragsgemäß herabgesetzt (veröffentlicht in EFG 2016, 684). Zwischenzeitlich ist zum 01.01.2016 im Zuge einer Neuorganisation der C… Finanzämter der Beklagte (FA AH…) für die Klägerin zuständig geworden. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der BFH mit Beschluss vom 27.01.2016 (V B 37/15, n. v., hinten in der Akte 5 K 5381/13) die Revision zugelassen und mit Urteil vom 10.08.2016 (V R 4/16, BStBl II 2017, 135) das Urteil vom 15.01.2015 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, wo sie nunmehr beim hiesigen 7. Senat, der nach dem zum Zeitpunkt der Zurückverweisung geltenden Geschäftsverteilungsplan für Klagen gegen das FA AH… betreffend die Umsatzsteuer zuständig war (und noch ist), zum Az. 7 K 5277/16 geführt wird. In Abschn. II Nr. 12 des Geschäftsverteilungsplans war (und ist) geregelt: „Wird eine Sache vom BFH an das FG zurückverwiesen, so richtet sich der Eingang nach den zum Zeitpunkt der Zurückverweisung geltenden Grundsätzen für Neuzugänge.“.

Nach der Revisionsentscheidung des BFH hat der Beklagte ergänzend vorgetragen, zur Ablehnung einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen habe die Klägerin keinen Antrag gestellt, sodass diese bestandkräftig geworden und nicht (mehr) Gegenstand des Klageverfahrens sei (Bl. 11f. GA).

Mit Verfügung vom 07.11.2016 (Bl. 9 GA) hat das Gericht die Klägerin aufgefordert, zu den vom BFH im Revisionsurteil genannten bislang nicht festgestellten Umständen (Feststellung der Rechtsverhältnisse, die den streitigen Leistungen zugrunde liegen, insbesondere Einbeziehung der von der Klägerin verwendeten AGB in die den Leistungen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse; Vertretungsmacht der Klägerin für die Telefonanbieter) Stellung zu nehmen und aussagekräftige Unterlagen dazu einzureichen.

Daraufhin hat die Klägerin ergänzend vorgetragen (Bl. 23 GA), sie habe die Karten nach den Vereinbarungen mit den Anbietern nur innerhalb eines bestimmten Vertragsgebiets an Kunden weitergeben dürfen. Sie habe eine Freischaltung beim Anbieter beantragen müssen, welche nur unter der Bedingung habe erfolgen können, dass die Entrichtung der Gegenleistung gewährleistet gewesen sei. Hierzu habe die Klägerin sich verpflichtet, die für den Erhalt der Telefonkarten beim Kunden angefallenen Gebühren für den Anbieter einzuziehen und an diesen weiterzuleiten. Im Falle des Nichterhalts der Gebühren habe die Aktivierung hinsichtlich noch nicht verbrauchter Guthaben noch rückgängig gemacht werden können. Aufgrund dieser Vorkehrungen habe die Klägerin sämtliche den Plattformbetreibern zustehenden Entgelte für diese oder den Anbieter (der sie seinerseits an den Plattformbetreiber weitergeleitet habe) vereinnahmt, sodass bei der Klägerin kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Ihr sei regelmäßig ein Zahlungsziel gewährt worden, sodass sich eventuelle Verzögerungen nicht auf die Freischaltung ausgewirkt hätten. Es sei ihr grundsätzlich untersagt gewesen, im Namen und im Auftrag der Anbieter sowie der Telefonplattformbetreiber Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Den Provisionssatz, den sie von den Anbietern erhalte bzw. zur Vereinfachung einbehalte, könne sie nicht frei bestimmen. Der Endverbraucher erhalte regelmäßig bereits aktivierte Karten. Auch die Klägerin habe bereits aktivierte Karten erworben und an ihre Kunden weitergeleitet, dann aber zum Schutz vor Zahlungsausfällen unter dem Vorbehalt der Deaktivierung. Die Klägerin sei nicht zur Aktivierung der Telefonkarten, sondern nur zur Einleitung bzw. Weiterleitung des Aktivierungsverfahrens verpflichtet gewesen (Bl. 25ff. GA). Die AGB der Klägerin seien im Eingangsbereich ihrer Geschäftsräume gut sichtbar ausgelegt gewesen (Bl. 40ff. GA).

Weiter hat die Klägerin schriftsätzlich die Zuständigkeit des hiesigen Senats gerügt und geltend gemacht, für die Entscheidung im zweiten Rechtsgang sei weiterhin der 5. Senat und nicht der hiesige Senat des Gerichts zuständig (Bl. 25, 40, 53 GA).

Mit Schreiben vom 15.03.2018 (Bl. 89 GA, zugestellt am 16.03.2018, Bl. 90 GA) hat das Gericht der Klägerin unter Hinweis auf die Folgen der Fristversäumnis nach § 79b Abs. 1 / Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO - aufgegeben, bis zum 30.04.2018 Muster aller im Streitjahr vertriebenen … Karten-Typen (bei den physischen Karten Kopien der Vorder- und Rückseiten, bei den Onlinekarten Ausdrucke) einzureichen, zu jedem Kartentyp sodann jeweils anzugeben, welcher Teilbetrag der gesamten als nichtsteuerbare Umsätze erklärten Summe der Nennbeträge der an die Kunden abgegebenen … Karten, der erklärten Umsätze aus erhaltenen Provisionen und der abgezogenen Vorsteuern aus geleisteten Provisionen auf den betreffenden Kartentyp entfiel; außerdem zu jedem Kartentyp ggf. bei der Klägerin vorhandene schriftliche Verträge mit den Unternehmern, von denen die Klägerin die Karten bezogen hat, sowie deren AGB, sowie ggf. bei der Klägerin vorhandene schriftliche Verträge mit den Abnehmern der Klägerin sowie sonstigen der Klägerin vorliegenden, den jeweiligen Kartentyp betreffenden Schriftverkehr mit Lieferanten, deren Vorlieferanten, Abnehmern und deren Abnehmern vorzulegen; für den Fall, dass die Klägerin selbst nicht einheitlich für alle Geschäfte die hier bereits vorliegenden AGB verwendet haben sollte, die für einzelne … Kartentypen davon abweichende AGB vorzulegen; für den Fall, dass die Buchhaltung der Klägerin eine Bezifferung der auf die einzelnen Kartentypen entfallenden Werte nicht hergeben sollte, dies mitzuteilen und ggf. wenigstens eine geschätzte Aufteilung auf die einzelnen Kartentypen vorzunehmen; soweit die o. g. Unterlagen bereits in den hier vorliegenden Akten enthalten sind, bei den einzelnen Kartentypen jeweils anzugeben, welche der bereits vorliegenden Unterlagen dem entsprechenden Kartentyp zuzuordnen sind (bereits vorliegende Unterlagen müssen nicht erneut eingereicht werden); für den Fall, dass nicht sämtlichen als zum Regelsteuersatz steuerpflichtig erklärten Provisionen auch entsprechende Gutschriften mit Steuerausweis zugrunde liegen, die darauf entfallenden Beträge mitzuteilen.

Daraufhin hat die Klägerin im Schriftsatz vom 18.04.2018 auf ihren „Hilfsantrag auf abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen“ und auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 24.09.2012 (IV D 2 – S 7100/08/10004:004, BStBl I 2012, 947) Bezug genommen und mit Schriftsatz vom 29.08.2018 weitere Rechtsausführungen zu diesem Thema gemacht.

Außerdem hat die Klägerin mitgeteilt, es seien von ihr einheitlich die bereits dem Gericht vorliegenden AGB verwendet worden. Weiter hat sie die folgenden Unterlagen eingereicht:

- Kopien von physischen Karten (Anlage GV1, Bl. 97-139 GA, nochmal größer kopiert auf Bl. 427-468 GA), zu denen sie vorträgt, es handele sich um die Karten aus 2010, soweit sie noch vorhanden seien. Hier findet sich auf den Vorderseiten jeweils die Bezeichnung der jeweiligen Karte (durchgängig ohne Namensbestandteile mit Bezug auf die Firma der Klägerin) nebst Angabe eines Nennbetrags, während die Rückseiten unter der Bedienungsanleitung mindestens beim überwiegenden Teil der Karten einen kleingedruckten „Service provided by“-Hinweis auf andere Firmen enthalten; einige Karten sind aber nicht vollständig lesbar;

- Ausdrucke von Onlinekarten (Anlage GV2, Bl. 140-328 GA), zu denen sie mitteilt, es handele sich um Musterablichtungen, die mit Ausnahme der Seriennummer und PIN den Text auf den online vermittelten Karten wiedergäben. Hier wird jeweils die Kartenbezeichnung (durchgängig ohne Namensbestandteile mit Bezug auf die Firma der Klägerin) und der Nennbetrag angegeben, und es findet sich eine Bedienungsanleitung und in vielen, aber nicht allen Fällen auch ein „provided by“-Hinweis (z. B. nicht bei Bl. 144 GA (kein Hinweis), 159 GA („powered by“ T… Limited = angeschaltet oder angetrieben von T… Limited);

- eine Tabelle „Vermittelte Karten Online“ (Anlage GV3, Bl. 329-332 GA), die zu den einzelnen Kartentypen jeweils eine Bezeichnung, eine Angabe „Anzahl vermittelter Online Karten“, einen Nennwert und eine Summe (Anzahl * Nennwert) ausweist;

- eine Tabelle „Vermittelte Karten Papier“ (Anlage GV4, Bl. 333-335 GA), welche entsprechend der Anlage GV3 strukturiert ist;

- eine Tabelle „Karten – Lieferanten – Provisionen“ (Anlage GV5, Bl. 336-340 GA). Die Tabelle enthält zu den einzelnen Kartentypen jeweils die Angabe des Kartennamens, der Anzahl, des Nennbetrags pro Karte, der Summe der Nennbeträge, des „Lieferanten“ bzw. „Vertragspartners“ (jeweils mit Angabe einer deutschen Adresse), der „erhaltenen Provision“ in % und € „netto geschätzt“ sowie der „Kunde gewährten Provision“, und zwar jeweils „Minimum“ und „Maximum“ in % und € (alles „geschätzt“). Dabei finden sich in der Tabelle insgesamt 16 verschiedene „Lieferanten“ bzw. „Vertragspartner“. Dazu gibt die Klägerin an, gewährte Provisionen seien geschätzt worden, weil mit den Kunden individuelle Provisionsvereinbarungen getroffen worden seien, die Provisionen aber nicht nach Karten getrennt aufgezeichnet worden seien.

- schriftliche Verträge, „soweit vorhanden“, und Schriftverkehr mit Lieferanten sowie Rechnungen/Gutschriften von Lieferanten (Anlage GV6, Bl. 341-416 GA), die teilweise schon vorgerichtlich vorlagen. Neu ist je eine Beispielsrechnung für jeden der 16 genannten „Lieferanten“ (Bl. 342-363 GA); eine Bestätigung zur steuerlichen Registrierung der AD… AG in der Schweiz und zur „Lieferung“ von „Produkten“ an die Klägerin im Streitjahr (Bl. 369-370 GA); ein Schreiben der AA… S.A. vom 27.11.2012 (Bl. 374 GA), wonach die Klägerin deren „offizieller Agent“ in Deutschland für den Vertrieb von AB… Ltd. Produkten sei; ein Schreiben der W… AG vom 13.11.2012 (Bl. 375 GA), wonach bestimmte „Produkte“ aus dem Hause der W… AG durch die AC… Ltd. als Vermittlungspartner in Deutschland vermittelt würden; ein Schreiben der T… Limited vom 18.04.2013 (Bl. 408 GA), wonach der (bereits vorliegende) Vertrag vom 10.12.2009 einen Übersetzungsfehler enthalte, soweit dort das Wort „kaufen“ verwendet worden sei, die Klägerin aber tatsächlich Telefondienste gegen Provision vermittelt habe.

Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass vorgerichtlich auch Karten mit Nennung des Namens der Klägerin auf der Vorderseite vorgelegen hätten, während sich solche in den nunmehr vorgelegten Karten nicht mehr befunden hätten. Es gebe auch nicht auf allen Karten Hinweise auf einen anderen Anbieter. Zudem belaufe sich die Summe der Beträge aus den nunmehr von der Klägerin eingereichten Tabellen auf nur (1.647.255,50 € (Onlinekarten) + 4.028.204,00 € (Papierkarten) =) 5.675.459,50 (Anlagen GV 3 und GV4) bzw. 5.675.409,50 € (Anlage GV5), während in der Prüfung eine Summe von 5.774.021,00 € ermittelt worden sei; die Differenz müsse die Klägerin aufklären.

Hierzu hat die Klägerin entgegnet, der Hinweis des Beklagten auf das „K…“-Logo auf einigen wenigen und nur einen verschwindend geringen Umsatzanteil ausmachenden Karten verfange nicht. Hinweise auf einen anderen Anbieter fehlten nur bei fünf Kartentypen. Die Differenz zwischen den 5.675.409,50 € laut Anlage GV5 und den 5.774.021,00 € laut Prüfungsbericht beruhe mutmaßlich darauf, dass der Prüfer vermutlich auch Multifunktionskarten in die Summe einbezogen habe, was aber letztlich nur der Prüfer aufklären könne.

Daraufhin hat der Beklagte erklärt, es komme letztlich nicht darauf an, auf welchen Karten ein „Service provided by“-Hinweis enthalten sei. Außerdem hat er eine Tabelle eingereicht (Bl. 474-476R GA), deren Zeilen jeweils Angaben zum Kartennamen, Nennbetrag, Anzahl und Summe (Nennbetrag * Anzahl) enthalten und die sich auf einen Betrag von 5.774,021,75 € aufsummiert. Dazu hat er erklärt, die Werte entstammten zwei Datenbankexporten aus einem Rechnungsausgangsbuch, welche die Klägerin seinerzeit dem Prüfer ausgehändigt habe.

Mit Bescheid vom 27.08.2018 (Bl 473 GA, adressiert nicht an die Prozessbevollmächtigte, sondern die Steuerberatung der Klägerin) hat der Beklagte auf Grundlage einer zwischenzeitlich durchgeführten Außenprüfung die Umsatzsteuer 2010 aus nicht streitigen Gründen auf 947.100,94 € und die Zinsen auf 74.380,00 € geändert festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin durch ihre Steuerberatung Einspruch eingelegt, diesen aber nicht begründet. Der Beklagte hat diesen Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2018 als unzulässig verworfen.

Nach einem Hinweis des Prozessbevollmächtigten, dass ihm der Bescheid vom 27.08.2018 nicht vorliege, hat der Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 24.05.2019 zwei Abdrucke dieses Bescheides zugestellt.

Nach einem Hinweis des Gerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.06.2019 klargestellt, dass ein Hilfsantrag zur abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen nicht gestellt werde und die Ausführungen zu diesem Thema in den Schriftsätzen vom 18.04.2018 und 29.08.2018 nur an den Beklagten gerichtet gewesen seien.

In der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 hat die Klägerin beantragt, ihr zu den dort erteilten Hinweisen (insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen) Schriftsatznachlass bis zum 19.07.2019 zu gewähren.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2010 vom 21.08.2018 die Umsatzsteuer 2010 um 919.610,91 € niedriger und die Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 um 74.228,00 € niedriger festzusetzen,

hilfsweise, die beantragten Schriftsatzfristen zu gewähren,

weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen, und

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat das Verfahren betreffend die Zinsen zur Umsatzsteuer 2010 abgetrennt (Az. / K 7111/19) und vertagt.

Dem Gericht haben neben den Akten des Klageverfahrens im ersten Rechtsgang (5 K 5381/13) und zweiten Rechtsgang (7 K 5277/16, 3 Bände) und des Revisionsverfahrens (V R 4/16) fünf Bände Steuerakten zur Steuernummer … (Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen, Gesellschaftsverträge, Umsatzsteuerakte und Rechtsbehelfsakte, Betriebsprüfungsberichte), die der Beklagte für die Klägerin führt, und ein Leitz-Ordner „Materialsammlung“ vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I. 1. Das FA AH… ist im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels anstelle des FA F… in die Beklagtenstellung eingerückt, weil sich die Zuständigkeit durch Organisationsakt geändert hat (Herbert in Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 63 FGO, Rn. 21 m. w. N.).

2. Der hiesige 7. Senat ist für die Entscheidung des Rechtsstreits im zweiten Rechtsgang zuständig. Wie der BFH mit Beschluss vom 28.09.2016 (VIII B 99/15, n. v., Bl. 61ff. GA) entschieden hat, ist der Geschäftsverteilungsplan des hiesigen FG (dessen Bestimmungen, soweit sie dem genannten Beschluss vom BFH zugrunde lagen, bis heute inhaltlich unverändert sind) in der Weise anzuwenden, dass im Falle der Zurückverweisung einer Sache durch den BFH an das hiesige Gericht die Zuständigkeit neu zu beurteilen und anhand der im Zeitpunkt der Zurückverweisung für Neueingänge geltenden Bestimmungen zu bestimmen ist. Zum Zeitpunkt der Zurückverweisung im hiesigen Verfahren war Beklagter das FA AH…. Verfahrensgegenstand ist die Umsatzsteuer. Für die Umsatzsteuer betreffende Klagen gegen das FA AH… war und ist der hiesige 7. Senat zuständig.

II. Die Klage ist im Hauptantrag nur zu einem geringen Teil begründet. Der angefochtene Bescheid ist nur bezüglich einiger Kartengruppen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

1. Die Klägerin war nicht i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG als Organgesellschaft in das Unternehmen des D… eingegliedert. Zwar ist die finanzielle und organisatorische Eingliederung zu bejahen. Das Gericht geht aber übereinstimmend mit den Beteiligten davon aus, dass eine wirtschaftliche Eingliederung im Streitjahr nicht vorlag. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass D… an die Klägerin entgeltliche Leistungen erbracht hätte, die über die Leistungen im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen hinausgegangen wären. Die Ausführungen in dem Vermerk über die Nachschau am 25.01.2010, wonach D… noch Einkäufe für die Klägerin tätige und die Klägerin die von D… für sie eingekauften Waren veräußere, findet keine Bestätigung in den vorliegenden Buchhaltungsunterlagen. Diese sprechen vielmehr dafür, dass D… lediglich diejenigen aus der Zeit seiner einzelunternehmerischen Tätigkeit noch vorhandenen Vermögensgegenstände an die Klägerin verkauft hat, die nicht im Zuge der Kapitalerhöhung im Wege der gesellschaftsrechtlichen Einbringung, aber im Zusammenhang mit dem Übergang des gesamten Geschäftsbetriebs auf die Klägerin übertragen werden sollten. Denn die vorliegenden Rechnungen von D… an die Klägerin und Verträge zwischen D… und der Klägerin stammen alle aus den Monaten Dezember 2009 bis Februar 2010. Zudem betreffen die Rechnungen vom 04.01.2010 und 29.01.2010 die laut Notarvertrag nicht mit eingebrachten, zum 31.12.2009 bereits im Betriebsvermögen des D… vorhandenen Wirtschaftsgüter.

2. a) Die Klägerin hat mit der Abgabe der … Karten an ihre – nach ihrem eigenen Vortrag ausnahmslos im Inland ansässigen - Abnehmer (Internetshops, Telecafés, Zeitungskioske) in den meisten Fällen sonstige Leistungen i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG in Form von Telekommunikationsleistungen an ihre Abnehmer als Leistungsempfänger erbracht, deren Bruttoentgelt i. S. d. § 10 Abs. 1 Satz 2, 1. HS UStG in den erhaltenen Zahlungen (Nennwerte abzüglich „Provisionen“) bestand und die im Inland (§ 3a Abs. 2 UStG) steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG) und zum Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG steuerpflichtig waren. Nur in einem geringen Teil der Fälle lagen Vermittlungsleistungen der Klägerin an die Unternehmer, von denen sie die Karten bezogen hat, Vermittlungsleistungen der Kartenabnehmer an die Klägerin und Telekommunikationsleistungen von Unternehmern in der Weitergabekette vor der Klägerin an die Endverbraucher vor.

aa) Nach § 126 Abs. 5 FGO ist das FG an die rechtliche Beurteilung des BFH in dessen Urteil vom 10.08.2016 (V R 4/16, BStBl II 2017, 135) gebunden. Es ist daher von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen:

Bei einem Handeln im Namen des Vertretenen (ein solcher könnte der jeweilige Kartenlieferant der Klägerin, ein ggf. davon verschiedener Netzbetreiber oder ein in der Weitergabekette zwischen dem Netzbetreiber und dem Kartenlieferanten der Kläger stehender Unternehmer sein) ist umsatzsteuerrechtlich die dem Leistungsempfänger (dies könnte der jeweilige Abnehmer der Klägerin sein oder der Endkunde, der mit den Karten telefoniert hat) erbrachte Leistung grundsätzlich dem Vertretenen zuzurechnen. Ein Handeln in fremdem Namen kann sich auch aus den Umständen ergeben; es setzt nicht (das Wort fehlt in dem BFH-Urteil vom 10.08.2016 offenbar nur versehentlich, wie sich aus dem dort zitierten Urteil vom 16.03.2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361 ergibt) voraus, dass der Name des Vertretenen bei Vertragsschluss genannt wird. Ein Vertreter liefert (bzw. hier: leistet) dagegen selbst, wenn durch sein Handeln in fremdem Namen lediglich verdeckt wird, dass er und nicht der Vertretene die Lieferung (hier: sonstige Leistung) erbringt.

Aber selbst bei einem mit dem Leistungsempfänger (hier: Abnehmer der Klägerin oder Endverbraucher) vereinbarten Handeln im fremden Namen läge zivilrechtlich ein Eigengeschäft nach §§ 177, 179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB - vor, soweit die Klägerin im Verhältnis zum „Vertretenen“ (hier: Kartenlieferant, Netzbetreiber, sonstiger Vorunternehmer in der Weitergabekette) ohne Vertretungsmacht tätig geworden ist, was umsatzsteuerrechtlich zu einer Leistung durch den vollmachtlosen Vertreter (hier: die Klägerin) führen würde.

bb) Unstreitig war die Klägerin Handelnde und hat Verträge mit ihren Abnehmern (Shopbetreiber, ggf. auch Endverbraucher) über die Weitergabe von … Karten geschlossen. Fraglich ist lediglich, ob die Klägerin als Leistende der Telekommunikationsleistungen anzusehen ist oder ob sie als Vertreterin eines anderen gehandelt hat, dem der Verkauf der … Karten zuzurechnen war (und damit Vermittlungsleistungen der Shopbetreiber erhalten und ihrerseits Vermittlungsleistungen an ihre Kartenlieferanten erbracht hat). Damit die Abgabe einer … Card durch die Klägerin an einen Abnehmer gegen Zahlung des Nennbetrags (abzüglich Provision) nicht als Telekommunikationsleistung der Klägerin zuzurechnen ist, müsste nach den Vorgaben des BFH wenigstens das hiesige Gericht feststellen können, in wessen Namen die Klägerin die jeweilige Karte an den betreffenden Abnehmer „verkauft“ hat und dass die Klägerin zur Vertretung des Betreffenden befugt war. Es ist für jede Gruppe gleichartiger Umsätze der Klägerin, also im Grundsatz einzeln für jeden Kartentyp (soweit sich nicht anhand gleicher Beteiligter und gleicher Vertragsbedingungen mehrere Kartentypen zusammenfassen lassen) jeweils zu prüfen, ob sich die Voraussetzungen eines Fremdgeschäfts auf Grundlage der konkret feststellbaren Vertragsgrundlagen zur Überzeugung des Gerichts bejahen lassen. Die Feststellungslast liegt insoweit bei der Klägerin. Auf allgemeine Ausführungen der Klägerin zu ihrem Geschäftsmodell allein kann die gerichtliche Überzeugungsbildung nicht gestützt werden. Ebenso wenig genügt es angesichts der die Klägerin treffenden Feststellungslast, wenn das Gericht lediglich das Fehlen der Vertretungsmacht für einen anderen Leistenden nicht feststellen kann.

Die erforderlichen Feststellungen kann das Gericht aber mit den verfügbaren Beweismitteln nur für einen kleinen Teil der weitergegebenen Karten im Streitjahr treffen:

Was die vorliegenden … Karten angeht, kann zwar zunächst festgestellt werden, dass ein für die Abnehmer der Klägerin (insb. Shopbetreiber) erkennbares und mit ihnen vereinbartes Handeln im fremden Namen vorlag. Die vorgelegten Screenshots von der Homepage der Klägerin belegen, dass die Abnehmer sich vor einem Online-Kauf registrieren mussten und vor der Registrierung wiederum die Kenntnisnahme der AGB bestätigen mussten. Hinsichtlich der Ladenverkäufe hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, dass ihre AGB im Eingangsbereich gut sichtbar auslagen. Damit sind die AGB nach § 305 Abs. 2 BGB in die Verträge mit den Abnehmern der Klägerin einbezogen worden. In den AGB war ausdrücklich geregelt, dass die Klägerin nur als Vermittlerin handele und nicht als Vertragspartei beteiligt sei. Auch die tatsächliche Gestaltung der meisten Karten mit dem „provided by“-Hinweis und die Gestaltung der Rechnungen mit Ausweis von Umsatzsteuer nur auf die abgezogenen „Provisionen“ passte aus Sicht der Abnehmer durchaus zu dieser ausdrücklichen AGB-Regelung. Außerdem handelte es sich bei den Abnehmern der Klägerin (jedenfalls überwiegend) selbst um Gewerbetreibende. Vor diesem Hintergrund liegt kein Fall der sog. Ladenrechtsprechung vor, welche den Verkauf von Waren des täglichen Bedarfs, nicht aber Verkäufe von Handelswaren oder die Erbringung sonstiger Leistungen an Weiterverkäufer betrifft (vgl. BFH, Urteil vom 16.03.2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361, II. 1. b) der Gründe m. w. N.). Von daher ist es auch nicht entscheidend, dass einige Abnehmer der Klägerin trotz der ihnen zugänglichen, auf Vermittlungsgeschäfte der Klägerin hindeutenden Fakten (insbesondere der AGB) anscheinend von Eigengeschäften der Klägerin ausgegangen sind (z. B. M…, vgl. Bl. 162, 177f. M, der in seinem Laden in einem Aushang auf die Vermittlung „im Namen von H…“ hingewiesen hat; ähnlich auch Q…, Bl. 187 M) und dass dem Gericht die von der Klägerin erwähnten Plakate, die in den Läden der Abnehmer der Klägerin ausgehängt gewesen sein sollen, nicht vorgelegt wurden.

Allerdings kann nur für wenige Kartengruppen festgestellt werden, dass die Klägerin insoweit mit Vertretungsmacht für denjenigen gehandelt hätte, in dessen Namen sie gehandelt haben will. Dem Grunde nach zutreffend weist die Klägerin zwar insoweit darauf hin, dass der Vertretene dem Kunden nicht unbedingt bekannt sein muss (BFH, Urteil vom 10.08.2016 V R 4/16, BStBl II 2017, 135). Er muss aber jedenfalls für das FA und das FG bestimmbar sein. Teilweise ist schon nicht ganz klar, wer überhaupt der Vertretene gewesen sein soll. Für viele der in Frage kommenden Rechtssubjekte besteht im Übrigen auch für die Feststellung einer Bevollmächtigung der Klägerin zur Vermittlung von Leistungsverträgen dieser Rechtssubjekte unmittelbar mit den Abnehmern der Klägerin oder den Endkunden keine ausreichend tragfähige Grundlage. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbst vorträgt (Bl. 27 GA), es sei ihr grundsätzlich untersagt, im Namen der Anbieter und Telefonplattformbetreiber Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Die Klägerin trägt also selbst vor, in der Regel keine Vertretungsmacht für die Unternehmen gehabt zu haben, von denen sie die Karten erhalten hat.

(1) Von Eigenleistungen der Klägerin muss der Senat zunächst bei den … Karten ausgehen, welche die Klägerin von den Firmen J… Ltd. bzw. AA… SA bezogen hat.

Ginge man davon aus, dass die Firma J… Ltd. (die auf der Rückseite vieler Karten genannt ist) als vermeintlich Vertretene bestimmbar wäre, ließe sich jedenfalls nicht feststellen, dass die Klägerin tatsächlich die erforderliche Vertretungsmacht besaß, um im Namen der Firma J… Ltd. diese verpflichtende Verträge mit ihren Kunden zu schließen. Denn die Klägerin selbst hat weder mit der Firma J… Ltd. einen Vertrag geschlossen, noch ist feststellbar, dass die Firma J… Ltd. der Klägerin auf sonstigem Wege eine Vertretungsvollmacht erteilt hat. Auch die Vertragspartnerin der Klägerin, die Firma AA… SA hat der Klägerin in dem Vertrag vom 09.12.2009 (Bl. 18 Rb) an keiner Stelle eine (Unter-)Vollmacht zur Vertretung der J… Ltd. erteilt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Firma J… Ltd. der Firma AA… SA eine Vollmacht zum Abschluss von Verträgen in ihrem Namen und zur Erteilung von Untervollmachten erteilt hätte. Das vorliegende Schreiben der IDT AB… Ltd. an die AA… SA vom 23.11.2012 (Bl. 17 Rb) spricht vielmehr dagegen, heißt es dort doch, man gehe von Business-to-Business-Lieferungen von Telefondiensten von der Firma J… Ltd. an die AA… SA aus. Im Übrigen hat die J… Ltd. selbst Leistungen an ihre Kartenabnehmer im Reverse-Charge-Verfahren gemeldet, ist also nicht von eigenen Leistungen unmittelbar an die telefonierenden Endverbraucher und erhaltenen Vermittlungsleistungen ausgegangen.

Ginge man dagegen davon aus, dass die Firma AA… SA als Vertretene bestimmbar ist, könnte ebenfalls nicht festgestellt werden, dass die Klägerin mit Vertretungsmacht für die AA… SA gehandelt hat. Denn in dem Vertrag vom 09.12.2009 (Bl. 18 Rb) heißt es in Ziff. 1.4 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich: „Zum Abschluss von Geschäften im Namen von AA… SA ist A… GmbH nicht berechtigt, es sei denn, sie wird ausdrücklich schriftlich im Einzelfall hierzu von AA… SA ermächtigt.“ Entsprechende Ermächtigungen im Einzelfall hat die Klägerin aber nicht vorgelegt. Außerdem heißt es in dem Vertrag auch (Ziff. 1.1), die Klägerin solle die … Cards „unter eigenen Markennamen und mit eigenen Kennzeichnungen vermarkten“, und es bestand nach Ziff. 1.7 des Vertrags eine Mindestabnahmeverpflichtung der Klägerin.

Auch das Bestätigungsschreiben vom 27.11.2012 (Bl. 374 GA) lässt nicht hinreichend zuverlässig eine Bevollmächtigung erkennen. Allein die Verwendung der Worte „Agent“ und „vertreiben“ genügt insoweit nicht. Das Wort „vertreiben“ sagt nichts darüber, ob der Vertrieb durch die Klägerin im eigenen Namen oder im Namen eines anderen erfolgt ist. Der Begriff „Agent“ wird im Wirtschaftsleben zwar typischerweise für Vermittler verwendet. Die Annahme eines Vertretungsverhältnisses steht aber im Widerspruch zu den klaren Regelungen in dem Vertrag vom 09.12.2009. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Schreiben vom 27.11.2012 erst geraume Zeit nach dem Streitjahr erstellt worden ist und nicht klar ist, inwieweit es sich auf die Verhältnisse im Streitjahr bezieht. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die AA… SA im Streitjahr auf Vermittlung der Klägerin in eigene direkte vertragliche Leistungsbeziehungen mit den Kunden der Klägerin oder den Endkunden treten wollte und die Klägerin zu einer entsprechenden Vertretung bevollmächtigt hat.

Außerdem müssten im Falle einer Vermittlung Vorkehrungen dafür getroffen worden sein, dass der dann an den Endverbraucher leistende Unternehmer Kenntnis von dem durch den Leistungsempfänger letztlich entrichteten Entgelt und auch von dessen Sitz/Wohnsitz erlangen würde. Dafür, dass derartige Informations- und Meldepflichten an die AA… SA oder die Firma J… Ltd. vereinbart und umgesetzt worden wären, ist den vorliegenden Unterlagen aber nichts zu entnehmen.

Tragfähige Anhaltspunkte für die Feststellung einer der Klägerin zustehenden Vertretungsmacht ergeben sich auch nicht aus der Gestaltung der Rechnungen durch die AA… SA (Beispiel Bl. 353 GA), wo der Klägerin jeweils der Gesamtnennwert der Karten abzüglich 17% „Discount“ (= Rabatt) in Rechnung gestellt wurde und weder für den Gesamtnennwert noch für den „Discount“ Umsatzsteuer ausgewiesen wurde.

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin auch gegenüber ihren Kartenlieferanten ihre AGB verwendet hätte und dass diese nach § 305 Abs. 2 BGB Bestandteil der Verträge mit diesen geworden wären und sich daraus eine Vertretungsmacht der Klägerin für die Lieferanten ergeben hätte.

(2) Soweit sich in den Akten ein Vertrag mit der Firma Z… Ltd. vom 23.03.2011 (Bl. 13ff. Rb) befindet, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass in den Listen der Klägerin für die in 2010 vertriebenen Karten (Bl. 336ff. GA) die Firma Z… Ltd. nicht auftaucht. Im Übrigen enthält der Z… Ltd.-Vertrag (in Ziff. 1.3) die gleiche Klausel zum Ausschluss des Abschlusses von Geschäften im Namen der Z… Ltd. wie der Vertrag mit der AA… SA und in Ziff. 1.1 auch eine gleichartige Regelung zur Vermarktung durch die Klägerin unter eigenem Markennamen. Auch hier kann also nicht festgestellt werden, dass die Klägerin Vertretungsmacht für einen anderen bei Abschluss der Verträge über die Abgabe der betreffenden Karten an ihre Kunden hatte (soweit sie solche im Streitjahr überhaupt vertrieben hat).

(3) Bei den Verkäufen von Karten, welche die Klägerin von der Firma T… Limited bezogen hat, kann dagegen mit den nunmehr vorliegenden Unterlagen festgestellt werden, dass die Klägerin mit Vertretungsmacht für diese Firma gehandelt hat.

In dem Vertrag vom 10.12.2009 (Bl. 22 Rb) findet sich zwar keine Vollmachtserteilung für die Klägerin. Vielmehr heißt es dort unter Ziff. 5.1 ausdrücklich, die Klägerin sei zum Verkauf der von T… Limited zur Verfügung gestellten Telekommunikationsdienstleistungen an Drittkunden im eigenen Namen befugt, und es ist auch ausdrücklich geregelt (Ziff. 1.3), dass die Klägerin die PINS „kauft“. Dass die Klägerin die betreffenden … Karten im Namen von jemandem anderen als der Firma T… Limited verkauft haben könnte und dieser andere ihr eine entsprechende Vollmacht erteilt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Auch aus der Bestätigung der T… Limited vom 15.11.2012 (Bl. 193 M) ergibt sich nichts Abweichendes, wohl aber aus der im Klageverfahren nachgereichten Bestätigung vom 18.04.2013 (Bl. 408 GA), in der die Verwendung des Wortes „kaufen“ als Übersetzungsfehler bezeichnet und nunmehr ausdrücklich klargestellt wird, dass die Klägerin für die T… Limited nur Telefondienste gegen Provision vermittelt hat.

(4) Keine Vertretungsmacht der Klägerin lässt sich dagegen für die „Lieferantin“ AI… feststellen. In den AGB der Firma X… GmbH (Bl. 4f. Rb) heißt es unter Ziff. 3: „Produktion, Vermarktung und Verkauf der … Cards werden vom Kunden im eigenen Namen durchgeführt. Die gleiche Passage findet sich auch in Ziff. 3 der AGB der Firma Y… GmbH (Bl. 6f. Rb). Hier lässt sich also keine Vertretungsmacht der Klägerin für einen anderen beim Vertrieb der betreffenden Karten feststellen.

Insoweit reicht auch die Gestaltung der Rechnungen an die Klägerin durch die Y… GmbH (Beispielsrechnung Bl. 344 GA) nicht aus, um eine bestehende Vertretungsmacht der Klägerin festzustellen. Zwar weist die Rechnung (die insoweit Gutschrift wäre) Umsatzsteuer nur auf die Abzugsposition „Provision“ aus, was mit dem von der Klägerin behaupteten Vermittlungsverhältnis vereinbar wäre. Auch hier ist nicht feststellbar, dass Regelungen getroffen worden wären, welche AI… Kenntnis von dem durch den Leistungsempfänger letztlich entrichteten Entgelt und auch von dessen Sitz/Wohnsitz verschaffen sollten.

(5) Eine Minderung der Umsätze scheidet auch in Bezug auf Karten der Firmen S… GmbH bzw. AJ… Ltd. aus.

(a) Im (allerdings nur als Entwurf vorliegenden) Vertrag zwischen der S… GmbH und D… (Bl. 8ff. Rb) findet sich in Ziff. 3 die Klausel: „autorisiert S… GmbH den Vertreter hiermit als nicht-exklusiven Vertreter für die fortschreitende Belieferung der herausgegebenen Produkte“. Zwar spricht der Vertrag im Übrigen davon, dass D… die Produkte „kaufe …, um sie an andere Vertreter oder Einzelhändler und letztlich an Endverbraucher weiterzuverkaufen“ (Ziff. 2), und der D… obliegt es laut Ziff. 4c), „das Produkt dem Endverbraucher zugänglich zu machen“. Dies und auch die Risikoverteilung (insbesondere die Zuweisung des Ausfallrisikos in Bezug auf die von den Kunden zu leistenden Zahlungen zu D… in Ziff. 5) sprechen indiziell gegen eine Vertragsauslegung in der Weise, dass S… GmbH selbst in eine unmittelbare vertragliche Leistungsbeziehung mit den Abnehmern von D…, treten wollte und D… insoweit eine Vollmacht zur rechtsgeschäftlichen Vertretung erteilt hat. Allerdings hat die S… GmbH am 28.10.2009 (Bl. 192 M) ausdrücklich bestätigt, dass in Deutschland nur Vermittler in ihrem Auftrag tätig geworden seien. Da aus dieser Bestätigung auch hervorgeht, dass die S… GmbH von einer ausschließlich schweizerischen Mehrwertsteuerpflicht ihrer Telekommunikationsleistungen an die Endkunden ausgegangen ist (was im Jahr 2009 auch der Rechtslage entsprach), stünde es der Annahme einer Vermittlungsvollmacht auch nicht ohne Weiteres entgegen, wenn S… GmbH die Umsatzsteuer auf die erbrachten Telekommunikationsleistungen nicht in Deutschland angemeldet haben sollte. Im Übrigen wären auch Pflichtverletzungen der S… GmbH als Leistender im Streitjahr (wo Telekommunikationsleistungen der S… GmbH nach § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11, Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG 2010 in Deutschland steuerbar gewesen wären) nicht geeignet, eine sich aus den sonstigen Umständen ergebende Leistendeneigenschaft der S… GmbH entfallen zu lassen. Die vorliegenden Unterlagen lassen entgegen den vom Beklagten geäußerten Bedenken auch erkennen, dass aus dem S…-Konzern gerade die Schweizer S… GmbH Leistende war. Da der Leistende dem Kunden nicht zwingend bekannt sein muss (s. o.), kommt es insoweit auch nicht darauf an, ob die Abnehmer der Klägerin anhand von Aufdrucken auf den physischen Karten oder auf sonstige Weise die Schweizer S… GmbH als Leistende erkennen konnten. Die AGB der Klägerin machten, was insoweit ausreichend ist, ihr Handeln als Vertreterin deutlich, was sich auch in der Rechnungsgestaltung widerspiegelte.

Allerdings liegt nur der Vertrag der S… GmbH mit D… als Entwurf vor, nicht aber auch ein Vertrag oder Vertragsentwurf zwischen S… GmbH und der Klägerin. Außerdem taucht in den nunmehr von der Klägerin vorgelegten Listen (Bl. 336 GA) die Firma S… GmbH gar nicht als Kartenlieferantin auf. Es gibt dort zwar einen Kartentyp, der vom Namen her auf diese Firma hindeutet (AK… 3,50). Als „Lieferant“ wird aber die Firma „AJ… Ltd.“ genannt. Zu den Vertragsbeziehungen der Klägerin zu dieser Firma liegen aber keine Unterlagen außer einer Beispielsrechnung (Bl. 342 GA) vor, die als solche keine Aussagen über eine Bevollmächtigung enthält. Der bloße Abzug eines Postens „Provision“ mit Steuerausweis in dieser Rechnung reicht für die Feststellung einer Bevollmächtigung nicht aus; insoweit wird auch auf die vorstehenden Ausführungen zur Y… GmbH verwiesen.

(6) Bejahen kann der Senat Vermittlungsumsätze der Klägerin dagegen bezüglich der … Karten, welche sie von der Firma AC… Ltd. bezogen hat.

Der Vertrag mit dieser Firma vom 31.12.2009 (Bl. 27ff. Rb) enthält in Ziff. 3.1 zwar die Bestimmung, dass die Klägerin nicht ermächtigt ist, im Namen von AC… Ltd. Geschäfte abzuschließen. Dieser Vertrag und die zugehörige Bestätigung der Firma W… AG vom 13.11.2012 (Bl. 26 GA) lassen aber erkennen, dass die Klägerin (aufgrund eines Vermittlungsauftrags der AC… Ltd., die ihrerseits einen Vermittlungsauftrag von W… AG hatte) Leistungen der W… AG vermittelt hat. Das Vertretungsverbot bezieht sich also erkennbar nur auf ein Handeln der Klägerin im Namen der AC… Ltd., nicht aber auf ein Handeln im Namen der W… AG. Denn die W… AG hat ausdrücklich bestätigt, dass die Klägerin die Kartentypen „…“, …, …, …, …“, „…“, „…, …, …, …“, „…“, „…“ und „…“ über die AC… Ltd. für sie in Deutschland vermittelt hat. Auch der so bezeichnete Vermittlungsvertrag enthält keine Bestimmungen, welche für ein Eigengeschäft der Klägerin sprechen oder gar ein Vertretungsverhältnis ausschließen, insbesondere auch keine Klauseln über eine Überwälzung von Vertrags- und Entgeltrisiken auf die Klägerin, sondern ausschließlich Bestimmungen, die auf ein Vermittlungsverhältnis passen. Vor diesem Hintergrund kann der Vortrag des Beklagten, die AC… Ltd. habe in Deutschland keine Telekommunikationsleistungen versteuert, nicht das gegenteilige Ergebnis begründen, weil die Telekommunikationsleistungen von der W… AG zu versteuern gewesen wären. Aber selbst wenn auch diese die geschuldete Umsatzsteuer nicht erklärt hätte, wäre dies allenfalls ein Indiz, welches nicht ausreichend wäre, um die sich aus den vorgenannten Unterlagen ergebenden Erkenntnisse zu widerlegen.

Auch hier ist es wieder nicht entscheidend, ob die Abnehmer der Klägerin anhand von Aufdrucken auf den physischen Karten oder auf sonstige Weise die W… AG als Leistende erkennen konnten, weil jedenfalls das Handeln der Klägerin als Vermittlerin als solches aus ihren AGB und ihrer Rechnungsgestaltung hervorging.

(7) Der Vertrag zwischen der AL… AG und D… vom 23.11.2005 (Bl. 30ff. Rb) erlaubt dagegen wiederum (auch dann, wenn man vom Bestand eines ähnlichen Vertrags mit der Klägerin ausginge) nicht die Feststellung, dass die Klägerin Vertretungsmacht für den Abschluss bzw. die Vermittlung von Fremdgeschäften für einen Dritten, insbesondere die AL… AG gehabt hätte. Hier heißt es in Ziff. 1.1 wiederum, D… habe das Recht zur Vermarktung der Karten unter eigenem Markennamen, in Ziff. 1.4 ist D… der Abschluss von Geschäften im Namen der AL… AG untersagt, es gibt in Ziff. 1.7 eine Mindestabnahmeverpflichtung, und ein Dritter, für den D… entsprechende Verträge vermittelt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Von daher kann die Frage dahinstehen, ob sich diesem Vertrag für eventuelle Leistungsbeziehungen der AL… AG zur Klägerin überhaupt etwas zu entnehmen wäre. Im Übrigen findet sich die AL… AG überhaupt nicht in den „Leistenden“ laut Aufstellung der Klägerin (Bl. 336ff. GA).

(8) Auch aus den AGB der AM… GmbH (Bl. 34 Rb) geht keine Vertretungsmacht der Klägerin für die AM… GmbH oder einen Dritten (insb. den dort genannten „Dienstleister“) hervor. Dort ist von einem „Erwerb“ der Karten durch den Kunden die Rede, die Karten werden als „vorausbezahlt“ gekennzeichnet, und eine Rücknahme und Erstattung wird nur zeitlich begrenzt gewährt.

(9) Die AGB der AN… GmbH (Bl. 35 Rb) lassen auch nicht erkennen, dass die Klägerin danach Verträge mit ihren Kunden im Namen der AN… GmbH oder eines Dritten schließen durfte. Die AGB sprechen vom Kunden als „Händler“, der auch irrtümlich oder durch einen Bedienungsfehler ausgedruckte Codes bezahlen musste (Ziff. II.5.4) und weiterverkaufen durfte. Die Preise verstehen sich nach Ziff. IV.2.1 zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer, und es war ein Eigentumsvorbehalt bezüglich der „gelieferten Ware“ vorgesehen (Ziff. IV.3.1). Auch die AN… GmbH findet sich im Übrigen nicht in den Listen der Klägerin (Bl. 336 GA).

(10) Eine Vertretungsmacht der Klägerin für einen anderen lässt sich auch nicht den AGB der AO… GmbH (Bl. 37 Rb) entnehmen. Hier ist von „Handel und Verkauf“ die Rede (A § 1.2), es ist wiederum ein Eigentumsvorbehalt geregelt (A § 3.1), die „Dienstleistungen und Produkte werden im Rahmen des jeweiligen Vertrages mit dem Händler bereitgestellt“ (B 1 § 1.1), Es ist von der Ausführung der Lieferung und vom Gefahrübergang auf den Händler bei Übergabe der Ware die Rede (B 1 § 3.3), die Preise werden als Nettopreise bezeichnet (B 2 § 1.2), und der Händler hat Vorkasse zu leisten (B 1 § 1.4). Auch die AO… GmbH ist außerdem nicht in den Listen der Klägerin aufgeführt (Bl. 336ff. GA).

(11) Der Vertrag zwischen der Klägerin und der AD… AG (Bl. 38ff. Rb) lässt zwar hinreichend deutlich erkennen, dass die AD… AG Leistungen von Kartenherausgebern an Telefonkunden vermitteln will und die Klägerin als Untervermittlerin tätig werden soll; Regelungen, die damit nicht vereinbar sind, enthält der Vertrag nicht; insbesondere die Regelung in Ziff. 4.1 enthält zwar eine Garantieübernahme der Klägerin für die Zahlung des Bruttowerts der Karten. Insbesondere Ziff. 4.5 macht aber deutlich, dass nur der Kartenherausgeber Vertragspartner des Endnutzers werden soll. Es liegen allerdings keine weiteren Unterlagen vor, aus denen ersichtlich wäre, dass die Kartenherausgeber der von der Klägerin vertriebenen Karten ihrerseits eine Vollmacht an die AD… AG oder die Klägerin zum Abschluss von Verträgen in ihrem Namen erteilt hätte. Einen Abschluss von Verträgen durch die Klägerin im Namen der AD… AG schließt der Vertrag in Ziff. 1.4 aber ausdrücklich aus. Das Bestätigungsschreiben der AD… AG vom 12.11.2012 (Bl. 370 GA) ergibt nichts anderes; hier ist sogar ausdrücklich von der „Lieferung“ von „Produkten“ an die Klägerin die Rede. Im Übrigen hat auch die AD… AG Leistungen an ihre inländischen Abnehmer im Reverse-Charge-Verfahren gemeldet.

(12) Auch dem Vertrag der Klägerin mit der AE… GmbH (Bl. 46 Rb) lässt sich keine Vertretungsmacht der Klägerin für die AE… GmbH oder einen Dritten (Kartenherausgeber) entnehmen. Eine Vertretung der AE… GmbH ist in § 3 Abs. 1 ausdrücklich ausgeschlossen.

(13) Die Bescheinigung der R… GmbH vom 10.12.2012 (Bl. 191 M) bestätigt demgegenüber, dass die Klägerin von der R… GmbH zur Vermittlung von Telekommunikationsleistungen in deren Namen bevollmächtigt war. Die R… GmbH hat ihren Sitz in Deutschland, sodass sich hier auch die Bedenken des Beklagten im Hinblick auf das Erklärungsverhalten ausländischer Kartenherausgeber nicht auswirken. Bezüglich dieser Karten kann der Senat Vermittlungsumsätze daher bejahen. Ein Vertrag mit entgegenstehenden Regelungen oder sonstige für eine andere Wertung sprechenden Unterlagen oder sonstigen Anhaltspunkte liegen nicht vor.

(14) Soweit die Klägerin Karten von der Firma L… bezogen hat, liegt nur eine Rechnung vor (Bl. 4 M). Dass L… oder der unbekannte Kartenherausgeber die Klägerin bevollmächtigt hätte, Vertragsverhältnisse mit Kunden in ihrem Namen zu vermitteln, lässt sich anhand der Rechnungen aber nicht feststellen. Allein der Abzug einer so bezeichneten „Provision“ lässt weder in dieser Rechnung noch in den vorliegenden Rechnungen anderer Vertragspartner den hinreichend sicheren Schluss auf eine Bevollmächtigung zu (s. o. die Ausführungen zur Y… GmbH).

(15) Das gleiche wie bei L… gilt auch, soweit es um die in den Übersichten der Klägerin genannten weiteren Kartenlieferanten …, …, AM… GmbH, …, …, AJ… Ltd., AP… GmbH und AQ… GmbH geht. Außer den Rechnungsbeispielen gibt es zu den Beziehungen der Klägerin zu diesen Firmen keine Unterlagen.

(16) Zu korrigieren sind die streitgegenständlichen Umsatzerhöhungen auf dieser Grundlage im Ergebnis nur insoweit, als sie auf die Karten der „Lieferanten“ / „Vertragspartner“ T… Limited, AC… Ltd. und R… entfallen.

Die Summe der Nennwerte aller von diesen drei Unternehmen bezogenen Karten beläuft sich nach der von der Klägerin eingereichten Auflistung (Bl. 336-339 GA) auf 183.300,00 € (T… Limited) + 136.715,00 € (AC… Ltd.) + 39.735,00 € (R…) = 359.750,00 € (Die entsprechenden Posten hat der Berichterstatter auf Bl. 336-339 GA jeweils mit einem Punkt markiert). Der Beklagte hat die erklärten Umsätze der Klägerin jeweils um 85% der Kartennennwerte brutto erhöht. Somit ist die Umsatzerhöhung i. H. v. 359.750,00 € * 85% / 1,19 = 256.964,00 € rückgängig zu machen, was einer Steuerminderung um 48.823,16 € entspricht. Eine weitergehende Korrektur wegen der Differenzen zwischen den Summen aus den zuletzt eingereichten Listen der Klägerin und der Liste des Prüfers kann nicht erfolgen, weil die Klägerin ihre Vermutung, dass der Prüfer in fehlerhafter Weise auch Multifunktionskarten einbezogen haben könnte, nicht substantiiert und in der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 erklärt hat, hierauf auch nicht mehr näher eingehen zu wollen.

cc) Ob es sich bei den Leistungen der Klägerin an ihre Kartenabnehmer um Telekommunikationsleistungen i. S. d. § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG 2010 oder um eine andere sonstige Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG handelte, kann angesichts der unstreitigen Inlandsansässigkeit der Klägerin und aller ihrer Abnehmer dahinstehen. Für eine sonstige Leistung i. S. d. § 3a Abs. 9 UStG muss der Leistungsempfänger (irgendeinen) Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (BFH, Urteil vom 18.12.2008 V R 38/06, BStBl II 2009, 749, II. 3. a) cc) m. w. N.). Die Klägerin hat ihren Kunden den wirtschaftlichen Vorteil verschafft, Telefonate zu führen bzw. Telefonkarten, mit denen man Telefonate führen konnte, an Endkunden weiterverkaufen zu können, und dafür haben ihre Kunden ihr Geld bezahlt. In welchem Umfang und auf welche Weise die Klägerin andere Unternehmer veranlassen musste, ihrerseits noch Handlungen vorzunehmen und eine technische Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, um die betreffenden Telefonate zu ermöglichen, ist für das Vorliegen einer sonstigen Leistung i. S. d. § 3 Abs. 9 UStG nicht maßgeblich. Es ist also unerheblich, ob die Klägerin über eine eigene technische Infrastruktur zur Herstellung von Telefonverbindungen verfügte (BFH, Urteil vom 10.08.2016 V R 4/16, BStBl II 2017, 135, II. B. 1. c) der Gründe).

b) Der Beklagte hat auch zu Recht den Vorsteuerabzug für die in den Gutschriften in den Ausgangsrechnungen der Klägerin ausgewiesenen Umsatzsteuern auf die „Provisionen“ nicht zugelassen, soweit aus den vorgenannten Gründen keine Vermittlungsleistungen festgestellt werden können. Denn die Kunden haben an die Klägerin insoweit keine (Unter-)Vermittlungsleistungen erbracht, für welche die Klägerin ihnen durch Verrechnung mit der Zahlung des Kartennennwerts eine Provision gezahlt hat, sondern die Klägerin hat an die Kunden eine sonstige Leistung gegen ein Bruttoentgelt in Höhe der Differenz zwischen den Kartennennwert und der „Provision“ erbracht. Folglich ist der Vorsteuerabzug nur in Bezug auf die von den Firmen T… Limited, R… und AC… Ltd. bezogenen Karten zuzulassen. Der Prüfer hat die Vorsteuerkürzung so berechnet, dass er die Vorsteuern aus 15% der Nennwerte herausgerechnet hat. Die Rückgängigmachung der Kürzung hat also auf dem umgekehrten Weg zu erfolgen: 359.750,00 € * 15% / 1,19 * 0,19 = 8.615,86 €.

c) Eine Steuerminderung im Hinblick auf einen zusätzlichen Vorsteuerabzug aus an sie erbrachten Leistungen ihrer Lieferanten (soweit solche vorliegen und die Klägerin nicht lediglich Vermittlungsleistungen an diese erbracht hat) kann die Klägerin nicht beanspruchen. Soweit die Lieferanten im Inland ansässig waren, fehlt es an einer Rechnung mit Steuerausweis i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2, 14, 14a UStG. Soweit die Lieferanten im Ausland ansässig waren, schuldet die Klägerin die Umsatzsteuer im Reverse-Charge-Verfahren nach §§ 13b Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, 3a Abs. 2, Abs. 4 Satz 2 Nr. 11, Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG und hat nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG einen gleich hohen Vorsteuerabzug. Ob es sich bei den an die Klägerin oder den von ihr erbrachten Leistungen um Telekommunikationsleistungen oder andere sonstige Leistungen handelte, ist auch hier nicht entscheidend. Denn bei inländischen oder EU-ausländischen Leistenden richtet sich der Leistungsort in beiden Fällen nach § 3a Abs. 2 UStG (Sitzort der Klägerin). Bei drittstaatsansässigen Leistenden läge der Leistungsort im Falle des Vorliegens von Telekommunikationsleistungen nach § 3a Abs. 4 Nr. 11, Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 UStG 2010 im Inland, weil die Leistungen hier genutzt wurden (Anrufe durch Personen im Inland mit inländischen Anschlüssen), während bei Vorliegen anderer sonstiger Leistungen der Leistungsort wiederum nach § 3a Abs. 2 UStG im Inland läge.

d) Eine abweichende Sachbehandlung durch die C… Finanzverwaltung bei D… in der Vergangenheit bis einschließlich 2009 führt nicht zu einem Anspruch auf eine entsprechende Handhabung bei der Klägerin in 2010. Es geht weder um das gleiche Streitjahr (Prinzip der Abschnittsbesteuerung) noch um den gleichen Steuerpflichtigen. Von daher spielt auch der Inhalt der dem D… erteilten verbindlichen Zusage hier keine entscheidende Rolle. Auch eine von der Finanzverwaltung gegenüber den Konkurrenten der Klägerin vertretene abweichende Rechtsauffassung entfaltet für die hier zu prüfende Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 der Klägerin keine Bindungswirkung. Es geht hier nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene Entscheidung. Es gibt insoweit keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Ob die Behandlung von Konkurrenten durch die Finanzverwaltung und die Aussagen der Finanzverwaltung gegenüber D… in der Vergangenheit, die früheren Verwaltungsanweisungen (BMF-Schreiben vom 03.12.2001 IV B 7 - S 7100 - 292/01, BStBl I 2001, 1010) sowie eine der Klägerin durch die hier streitigen Steuernachforderungen ggf. drohende Insolvenz im Rahmen einer abweichenden Festsetzung nach § 163 AO eine Rolle spielen würde, kann dahinstehen, weil eine solche nicht (mehr) Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens ist. Ein weitergehender Klageerfolg kann sich auch nicht aus § 176 Abs. 2 AO ergeben, weil es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 21.08.2013 um einen Erstbescheid handelte. Soweit eine Änderung im Verhältnis zu den Voranmeldungen bzw. Vorauszahlungsfestsetzungen vorliegt, ist der Anwendungsbereich von § 176 AO nicht eröffnet (BFH, Beschluss vom 23.04.2010 V B 89/09, BFH/NV 2010, 1782).

III. Da der Hauptantrag nicht in vollem Umfang Erfolg hatte, war über den Hilfsantrag zu entscheiden. Diesem war nicht zu entsprechen. Das Gericht konnte in der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 abschließend entscheiden, ohne der Klägerin die beantragten Schriftsatzfristen zu gewähren. Nach §§ 155 FGO, 139 Abs. 5 Zivilprozessordnung – ZPO – soll das Gericht auf Antrag eines Beteiligten eine Frist bestimmen, in der der Beteiligte eine Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann, wenn dem Beteiligten eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist. Für die Frage, ob dem Beteiligten eine sofortige Erklärung möglich ist, ist nach den zur Überraschungsentscheidung entwickelten Grundätzen zu berücksichtigen, dass sich jedenfalls ein fachkundig vertretener Beteiligter von sich aus auf alle Gesichtspunkte vorbereiten muss, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens rechnen musste (Wendl in Gosch, AO/FGO, Dokumentenstand 146. Lfg. 01.06.2017, § 93 FGO, Rn. 70 m. w. N.). Die Hinweise des Gerichts beinhalteten im Kern lediglich diejenigen Rechtsgrundsätze, die der BFH bereits in seinem Revisionsurteil vom 10.08.2016 (V R 4/16, BStBl II 2017, 135, II. B. 1. b) der Gründe) dargelegt hatte, und bezogen sich auf den Inhalt der von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen und die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf diese Unterlagen. Insbesondere hat das Gericht im Rechtsgespräch mit den Geschäftsführern der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten auf den Inhalt des Vertrags der Klägerin mit der AA… SA vom 09.12.2009 und des Bestätigungsschreibens der AA… SA vom 27.11.2012 abgestellt. Der Prozessbevollmächtigte musste schon vor der mündlichen Verhandlung damit rechnen, dass das Gericht diese Unterlagen in die Beurteilung der Frage einbeziehen würde, ob die Klägerin Vertretungsmacht für die AA… SA oder die J… Ltd. hatte, und dass das Gericht diese Frage für entscheidungserheblich halten würde. Darauf, dass das Gericht die Frage der Vertretungsmacht auf Grundlage dieser Unterlagen anders beurteilen könnte als die Klägerin, musste ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter vorbereitet sein. Das Gericht hat insoweit nichts verwertet, was über die von der Klägerin selbst eingereichten Unterlagen hinausging, und mit dem Hinweis nichts Überraschendes und Neues eingeführt.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 136 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGO. Die Klägerin hat eine Minderung der Umsatzsteuer um 919.610,91 € angestrebt und eine solche um 256.964,00 € * 0,19 + 8.615,86 € = 57.439,02 € erreicht, was einer Erfolgsquote von 6% entspricht.

Die Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eine Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Revisionszulassungsgrund besteht nicht. Das Urteil beruht auf der Anwendung höchstrichterlich geklärter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.