Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.02.2016 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 174/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 8 KAG BB |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Alte Lohmühlenstraße 32, eingetragen im Grundbuch von Bernau als Flurstück 53 der Flur 35.
Die Alte Lohmühlenstraße gehörte ursprünglich zur Lohmühlenstraße (heute L 200). Vor 1990 wurde der Verlauf der Lohmühlenstraße in der Weise geändert, dass die Lohmühlenstraße ab Höhe Einmündung Wallstraße einen neuen Verlauf in nordöstlicher Richtung erhielt. Die so verlaufende neue „Lohmühlenstraße“ wurde sowohl von der Wallstraße als auch von ihrem bisherigen Teilstück, der „Alten Lohmühlenstraße“, baulich getrennt. Ein Befahren der Wallstraße oder der Alten Lohmühlenstraße von der L 200 aus ist nicht möglich. Die Wallstraße und die Alte Lohmühlenstraße sind als durchgehende Einbahnstraße ausgewiesen, die von der Weinbergstraße aus zu befahren ist und in die Mühlenstraße mündet. Der so entstandene Straßenzug knickt am Ende der Wallstraße in etwa rechtwinklig in die Alte Lohmühlenstraße ab.
An die Alte Lohmühlenstraße grenzen heute ein Altenheim und ein Gymnasium. Im Zuge des Neubaus des Gymnasiums Mitte der 1990er Jahre wurden auf der östlichen Seite der Alten Lohmühlenstraße ein Gehweg und Pkw-Stellflächen hergestellt.
Die Stadt Bernau begann im Jahr 2004 mit den Planungen für einen Ausbau der Wallstraße/Alte Lohmühlenstraße. Hintergrund waren große Unebenheiten im Bereich des vorhandenen alten Pflasters in der Wallstraße. Bereits in einer „Vorplanung“ vom Juli 2004 hieß es, „... die Baumaßnahme“ beinhalte „den grundhaften Ausbau der Wallstraße und Alte Lohmühlenstraße“, außer der „im Zuge des Gymnasiumbaus hergestellten Stellflächen und des östlichen Gehweges“.
Der Beklagte hat – beginnend im März 2006 – zunächst die Wallstraße und im Jahr 2011 die Alte Lohmühlenstraße grundhaft ausgebaut.
Bereits am 24. Juni 2004 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der vom Beklagten vertretenen Stadt die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt Bernau bei Berlin (Straßenbaubeitragssatzung – SBS 2004), die im Heft Nr. 07/2004 des Amtsblatts für die Stadt Bernau bei Berlin bekannt gemacht wurde. Gemäß § 1 Abs. 1 dieser Satzung erhebt die vom Beklagten vertretene Stadt zum Ersatz des Aufwandes u.a. für die Erneuerung und Verbesserung von „öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen (öffentliche Verkehrsanlagen)“ nach Maßgabe dieser Satzung Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsanlagen wirtschaftliche Vorteile geboten werden.
Unter Berufung auf die SBS 2004 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 10. November 2006 eine Vorausleistung auf einen Straßenbaubeitrag für die straßenbauliche Maßnahme „Verbesserung der Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Regenentwässerung und Beleuchtung in der Wallstraße/Alte Lohmühlenstraße“ in Höhe von 1.743,18 € fest. Er ging bei der Festsetzung der Vorausleistung von der Einstufung der Wallstraße/Alte Lohmühlenstraße als Anliegerstraße aus.
Der Kläger legte gegen den Vorausleistungsbescheid am 08. Dezember 2006 Widerspruch ein.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens beschloss die Stadtverordnetenversammlung der vom Beklagten vertretenen Stadt am 29. März 2007 eine neue Hauptsatzung, die im Amtsblatt vom 04. April 2007 bekannt gemacht wurde. Ebenfalls am 29. März 2007 beschloss die Stadtverordnetenversammlung – nochmals – eine (im wesentlichen inhaltlich der SBS 2004 entsprechende) Straßenbaubeitragssatzung, die der Beklagte im Heft Nr. 9/2007 des Amtsblatts für die Stadt Bernau bei Berlin vom 05. Mai 2007 bekannt gemacht hat.
Der Klage, die der Kläger gegen den unter dem 27. April 2007 erlassenen Widerspruchsbescheid erhob, gab der Einzelrichter mit Urteil vom 25. Oktober 2011 – 3 K 717/07 – mit der Begründung statt, die Heranziehung des Klägers als Eigentümer eines an der Alten Lohmühlenstraße anliegenden Grundstücks zur Zahlung einer Vorausleistung (auch) für den Ausbau der Wallstraße erweise sich als rechtswidrig, weil die Alte Lohnmühlenstraße im maßgeblichen Zeitpunkt keine einheitliche Anlage mit der Wallstraße gebildet habe. Es habe sich vielmehr – ausgehend von dem geplanten Ausbauzustand – beitragsrechtlich um selbstständige Anlagen gehandelt. Im Bereich der Kurve am Übergang von der Wallstraße zur Alten Lohmühlenstraße bestehe bei natürlicher Betrachtungsweise eine anlagenbeendende Zäsur durch den Wechsel des Materials der Oberflächenbefestigung, durch die Verengung der Fahrbahn und wegen des Wechsels vom Längsparken zum Querparken. Diese in der Örtlichkeit wahrnehmbare Zäsur werde verstärkt durch den unterschiedlichen Charakter der beiden Straßen, der sich neben der Ausstattung auch aus einem Wechsel der straßenbegleitenden Bebauung ergebe. Vor dem Hintergrund der bestehenden Unterschiede im Straßenbild komme auch den – für sich genommen nicht ausschlaggebenden – Indizien „Straßennamen“ und „rechtwinkliges Abknicken“ ein gewisses Gewicht zu, zumal der Wechsel des Straßennamens durch die Aufstellung eines Straßenschildes im Bereich des rechtwinkligen Abknickens auch für den Betrachter vor Ort erkennbar sei. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Unter dem 9. November 2011 erließ der Beklagte einen neuen Vorausleistungsbescheid für die straßenbauliche Maßnahme „Alte Lohmühlenstraße, Fahrbahn, Gehweg, Regenentwässerung, Parkstreifen, Begleitgrün und Beleuchtung“ über 2.442,89 €. Die hiergegen nach Zurückweisung eines Widerspruchs erhobene Klage VG 3 K 165/12 wurde von den Beteiligten nach Erlass des endgültigen Beitragsbescheides übereinstimmend für erledigt erklärt; das Verfahren wurde eingestellt und die Kosten den Beteiligten wegen offener Erfolgsaussichten je zur Hälfte auferlegt.
Im Zuge das Ausbaus der Alten Lohmühlenstraße wurde die zuvor bereits vorhandene, aber unter dem Gehweg befindliche und schadhafte, geschlossene Straßenentwässerung erneuert und auf der gesamten Länge in den Bereich unter der Fahrbahn verlegt. Die Fahrbahn wurde grundhaft neu hergestellt und auf der (auch an das Grundstück des Klägers grenzenden) westlichen Fahrbahnseite wurden neben der neuen Fahrbahn Stellplätze geschaffen. Der zuvor direkt an der Fahrbahn verlaufende Gehweg und die dort befindliche Straßenbeleuchtung wurden in den fahrbahnabgewandten Bereich westlich der Stellplätze verlegt, wobei der Gehweg grundhaft wurde. Die letzten Baumaßnahmen in der Alten Lohmühlenstraße wurden am 8. Dezember 2011 abgenommen.
Mit dem „Endbescheid Nr. 17020106 über einen Straßenbaubeitrag“ vom 29. Oktober 2012 setzte der Beklagte für die straßenbauliche Maßnahme „Alte Lohmühlenstraße, Fahrbahn, Gehweg, Regenentwässerung, Parkstreifen, Begleitgrün und Beleuchtung“ einen Straßenbaubeitrag i.H.v. 2.557,49 € fest. Einen hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2012 zurück.
Der Kläger hat dann gegen den endgültigen Beitragsbescheid in der Gestalt dieses Widerspruchsbescheides am 11. Januar 2013 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung verweist er zunächst auf seinen Vortrag in den vorausgegangenen Verfahren 3 K 717/07 und VG 3 K 165/12. Dort hatte er im Wesentlichen vorgetragen, der grundhafte Ausbau der Alten Lohmühlenstraße sei nicht erforderlich gewesen. Es hätte vielmehr ausgereicht, die Fahrbahndecke zu erneuern. Weder die Alte Lohmühlenstraße noch die Wallstraße seien als „Anliegerstraßen“ einzustufen. Es handele sich vielmehr um Haupterschließungsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von weit über 100-200 Kfz. Die Verkehrsteilnehmer nutzten die Straßen, um die Mühlenstraße, insbesondere bei Stau, Richtung B 2 zu umfahren und abzukürzen. Die Parkplätze in der Alten Lohmühlenstraße würden von Schülern des anliegenden Gymnasiums und Gästen des anliegenden Altenheimes genutzt und nicht von den Eigentümern der anliegenden Grundstücke. Diese besäßen auf ihren Grundstücken Garagen und Stellplätze. Auch der Ausbau der Alten Lohmühlenstraße entspreche der Straßenkategorie D III und E III, so dass auch in Zukunft mit höherem Verkehrsaufkommen zu rechnen sei.
Ergänzend trägt der Kläger vor, die abgerechneten Straßenbaumaßnahmen seien nur deshalb erforderlich geworden, weil es zu einer Überforderung der unter der Straße verlegten Zu- und Ableitungen der Medien durch das Gymnasium und das Altenheim gekommen sei. Ohne die deshalb erforderlichen Schachtarbeiten hätte es ausgereicht, lediglich die Fahrbahndecke zu erneuern. Dies wäre dann aber nur eine Instandsetzungs- bzw. Unterhaltungsmaßnahme gewesen, die nicht beitragsfähig wäre. Auch der Austausch der Laternen sei nicht erforderlich gewesen; er hätte den Grundstückseigentümern keine zusätzlichen Vorteile gebracht.
Mit Beschluss vom 10. März 2014 bewilligte die Kammer dem Kläger unter Hinweis auf die offenen Erfolgsaussichten der Klage und auf erforderliche weitere Sachverhaltsermittlungen Prozesskostenhilfe.
Mit Verfügung vom 10. Juli 2015 forderte der Berichterstatter den Beklagten zur Vorlage umfangreicher weiterer Unterlagen auf.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 03. Februar 2016 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Bernau bei Berlin vom 29. Oktober 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte zunächst auf seinen Vortrag in den vorausgegangenen Verfahren 3 K 717/07 und VG 3 K 165/12.
Er hatte bereits in diesen Verfahren die Klassifizierung der Alten Lohmühlenstraße als Anliegerstraße verteidigt und die Auffassung vertreten, dass auch der Verkehr mit Quelle und Ziel Gymnasium und Altenheim in der Alten Lohmühlenstraße Anliegerverkehr sei.
Es sei zwar richtig, dass entlang der Alten Lohmühlenstraße nach 1990 im Zuge einer Erneuerung der Straßenbeleuchtung 5 Leuchten aufgestellt worden seien. Die Lampen hätten jedoch bis zu den vorliegend abgerechneten Baumaßnahmen direkt an der Fahrbahn gestanden und nur diese ausgeleuchtet. Mit den erfolgten Baumaßnahmen seien die vorhandenen Masten mit einem Nachtabsenkungsbaustein nachgerüstet und hinter den neuen Gehweg versetzt worden. Diese Umsetzung sei bauseitig durch die Erneuerung des Gehwegs und dessen Unterbaus bedingt gewesen und damit beitragspflichtig. Aufgrund der Umsetzung sei auch eine neue Kabeltrasse erforderlich geworden. In diesem Zuge seien die bisherigen Kabel durch ein Steuerkabel für die Nachtabsenkung und ein Leistungskabel ersetzt worden. Auf den Masten seien LED-bestückte Leuchten installiert worden, die jedoch nicht in den abgerechneten Aufwand eingeflossen seien. Die Baumaßnahmen an der Beleuchtung hätten auch zu einer erhöhten Gleichmäßigkeit der Beleuchtung geführt. Ferner sei durch den Einsatz der LED-Leuchten eine Blendungsbegrenzung erreicht worden.
Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte sodann ergänzend vorgetragen, die Alte Lohmühlenstraße sei auch im Straßenausbaukonzept der Stadt Bernau aus dem Jahr 2006 ebenso wie im Verkehrsentwicklungskonzept der Stadt aus dem Jahr 1994 als Anliegerstraße mit hohem Stellplatzbedarf ausgewiesen.
Die Erforderlichkeit der abgerechneten Straßenbaumaßnahmen würden durch ein Video der Befahrung der Alten Lohmühlenstraße aus dem Jahr 1997 und eine Fotodokumentation der Alten Lohmühlenstraße aus der Entwurfsplanung des Ingenieurbüros nachgewiesen. Diesen Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Alte Lohmühlenstraße vor dem Jahr 1970 errichtet worden sei. Insbesondere der Gehweg sei verschlissen gewesen. Er habe weder dem Verkehrsbedürfnis entsprochen noch habe sich vor Ort eine barrierefreie Oberfläche befunden. Der Beklagte legte das Protokoll einer Befahrung der vorhandenen Regenwasserleitung vor, das zahlreiche Schäden an der alten Leitung dokumentierte. Er erklärte, die alte Leitung habe deshalb ersetzt werden müssen und sei entfernt worden. Die neue Leitung habe man unter der Fahrbahn verlegt. Bei der Planung und beim Bau der Regenwasserleitungen sei auch die Einbindung der vorhandenen Dränageleitungen von den privaten Grundstücken zu berücksichtigen gewesen. Deshalb habe zwangsläufig auch der Bauraum unter dem alten Gehweg in Anspruch genommen werden müssen. Es sei deshalb ausgeschlossen gewesen, den alten Gehweg nebst den vorhandenen Grundstückszufahrten zu erhalten. Bei der Vorplanung im Jahr 2004 habe man verschiedene Varianten erwogen, sich aber letztlich für die Schaffung zusätzlicher Stellplätze entschieden und damit die Verkehrssicherheit erhöht. Im Jahr 2004 seien für die Wallstraße und die Lohmühlenstraße eine Baugrunduntersuchung nach Entfernung der vorhandenen Befestigung erfolgt. Dem Gutachten darüber sei zu entnehmen, dass offensichtlich die Fahrbahn in Betonguss direkt auf den damals vorhandenen Boden ohne Frostschutzschicht aufgebracht worden sei. Weitere Ramm-Sondierungen hätten ergeben, dass unter der ca. 19 cm dicken Betondecke mit einem Asphaltsüberzug von 0,5-1 cm keine ausreichende Frostschutz- und/oder Tragschicht vorhanden gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidung des Einzelrichters waren.
I.
Der Einzelrichter konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 9. Februar 2016 und vom 11. Februar 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II.
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene endgültige Beitragsbescheid und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Mit ihnen hat der Beklagte anders als mit dem im Rechtsstreit 3 K 717/07 aufgehobenen Vorausleistungsbescheid nicht mehr auch die im Jahr 2006 abgeschlossenen Baumaßnahmen an der Wallstraße, sondern nur noch die im Jahr 2011 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen an der Alten Lohmühlenstraße abgerechnet und hierfür einen endgültigen Straßenbaubeitrag in Höhe von 2.557,49 € festgesetzt.
Die Erhebung des Straßenbaubeitrags findet ihre Grundlage in § 8 des Brandenburgischen Kommunalabgabengesetzes (KAG). Nach § 8 Abs. 1 S. 2 KAG sollen die Gemeinden bei den dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen Beiträge erheben. Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen (§ 8 Abs. 6 S. 1 KAG), wobei die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung berücksichtigt werden sollen. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 KAG dürfen Straßenbaubeiträge nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die danach erforderliche Satzungsgrundlage findet die streitgegenständliche Beitragsveranlagung in der „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt Bernau bei Berlin“ vom 29. März 2007 (Straßenbaubeitragssatzung – SBS 2007). An der ursprünglich allgemein erhobenen Rüge der Unwirksamkeit dieser Satzung hat der Kläger ausweislich des Schriftsatzes seiner Prozessbevollmächtigten vom 7. Oktober 2015 ausdrücklich nicht weiter festgehalten; beachtliche Rechtsfehler sind auch sonst nicht ersichtlich (vgl. schon den Beschluss der Kammer vom 20. Oktober 2011 – VG 3 L 64/11 –, Seite 3 des Beschlussabdrucks und den Beschluss der 7. Kammer vom 12. Oktober 2007 – VG 7 L 257/07 –, Seite 3 des Beschlussabdrucks; ferner die Urteile der Kammer vom 23. Januar 2013 – VG 3 K 860/09 –, vom 12. August 2014 – VG 3 K 1137/10 –, vom 30. September 2014 – VG 3 K 265/11 – und vom 26. August 2015 – VG 3 K 1211/11 –).
Der Kläger hat seine Klage vielmehr im wesentlichen sinngemäß mit den folgenden Argumenten begründet:
– der Gemeindeanteil sei zu niedrig und der Anliegeranteil sei zu hoch bemessen, da die Alte Lohmühlenstraße nicht als Anliegerstraße, sondern als Haupterschließungsstraße einzustufen sei (1.) und
– die abgerechneten Straßenbaumaßnahmen seien nicht erforderlich gewesen (2.).
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.
1.
Soweit der Kläger die Reduzierung des von den Anliegern (und damit auch von ihm) zu tragenden Anteils am Aufwand dadurch erreichen möchte, dass er die ausgebaute Anlage abweichend von der Beurteilung durch den Beklagten nicht als Anliegerstraße, sondern als Haupterschließungsstraße einordnet, verkennt er, dass allein das Vorhandensein von „verkehrsintensiven“ Einrichtungen an der ausgebauten Anlage, zu denen neben dem an der Alten Lohmühlenstraße gelegenen Altenheim und Gymnasium z.B. auch Bahnhöfe gehören, nichts an der Einordnung der Anlage in die Straßenkategorien nach dem Straßenbaubeitragsrecht ändern kann. Insoweit kann der Einzelrichter auf den Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 14. August 2013 (OVG 9 N 100.10) verweisen. Danach spricht z.B. das Vorhandensein eines Bahnhofs an der Straße nicht für die Einordnung in die (höhere) Straßenkategorie, weil der Verkehr zum Bahnhof Anliegerverkehr in Gestalt von Zielverkehr und der Verkehr vom Bahnhof weg Anliegerverkehr i.S.v. Quellverkehr ist (so auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 34 Rn. 32). Entsprechendes gilt dann auch für den Verkehr von und zum Seniorenzentrum und Gymnasium.
Soweit sich aus der besonderen Verkehrsbedeutung solcher Einrichtungen Fragen der Beitragsgerechtigkeit für die Eigentümer anderer Anliegergrundstücke ergeben, ist dem nicht bei der Bestimmung des Gemeindeanteils Rechnung zu tragen. Die Beitragsgerechtigkeit ist vielmehr über die „Binnendifferenzierung“ zwischen den verschiedenen Anliegergrundstücken herzustellen.
Dies hat der Beklagte auch bei der Kalkulation des Beitragssatzes im vorliegenden Fall berücksichtigt. Denn er hat sowohl das Grundstück, auf dem sich das Gymnasium befindet als auch das Grundstück des Seniorenzentrums, wegen des durch die Nutzung beider Grundstücke verursachten höheren Verkehrsaufkommens, jeweils durch Ansatz des Gewerbezuschlags von 0,5 stärker belastet als normale Wohngrundstücke (vgl. die tabellarische Darstellung der veranlagten Grundstücksflächen – Nachweis Grundstücke Stand 22.10.2012 – in der Beiakte 4, hinter dem letzten Einleger „Abrechnungsgrundlagen“; zur gesteigerten Beitragspflicht von Pflegeheimen, vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 19. November 2004 – 2 M 337/04 –, juris Rn. 8 ff.).
Es besteht auch sonst kein tatsächlicher Anhaltspunkt für begründete Zweifel an der Einordnung der Alten Lohmühlenstraße als „Anliegerstraße“ im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 3. SBS 2007, also als eine „Straße, die überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder der durch private Zuwegung mit“ ihr „verbundenen Grundstücke dient.“
Soweit der Kläger insoweit auf ein hohes Verkehrsaufkommen in der Alten Lohmühlenstraße verwiesen hat und dies durch Angaben zum durchschnittlichen Verkehrsaufkommen zu belegen versucht, übersieht er, dass allein aus der Anzahl der verkehrenden Fahrzeuge ein Schluss auf die Kategorisierung der Alten Lohmühlenstraße nicht gezogen werden kann. Denn es ist nicht dargelegt, wo die Quelle und das Ziel des jeweils gezählten Verkehrsvorgangs der zahlreichen Fahrzeuge lagen. Angesichts der auch vom Kläger festgestellten besonderen Bedeutung des Seniorenzentrums und des Gymnasiums für den Verkehr in der Alten Lohmühlenstraße und angesichts dessen, dass es sich bei dem Verkehr zu diesen Einrichtungen um Anliegerverkehr handelt, lässt sich aufgrund der Verkehrszählung nicht feststellen, dass die Alte Lohmühlenstraße nicht überwiegend der Erschließung der angrenzenden Grundstücke dienen würde.
Auch nach der Lage im Straßennetz kommt der Alten Lohmühlenstraße bei objektiver Betrachtung keine abweichende Funktion zu. Dies zeigt auch das vom Beklagten vorgelegte Straßenausbaukonzept aus dem Jahr 2006 und das Verkehrsentwicklungskonzept der Stadt aus dem Jahr 1994. Anhand des darin niedergelegten Verkehrskonzeptes der vom Beklagten vertretenen Stadt wird ersichtlich, dass der Alten Lohmühlenstraße nicht die Funktion einer Sammelstraße für den Verkehr innerhalb (größerer) Baugebiete oder Ortsteile oder gar die Funktion einer Durchgangsstraße für den innerörtlichen oder überörtlichen Durchgangsverkehr zugedacht ist. Sie kommt ihr auch bei objektiver Betrachtung nicht zu. Eine solche Funktion könnte sie auch nach ihrem Ausbauzustand nicht erfüllen. Ihre Verkehrsfunktion wird vielmehr geprägt durch intensiven Anliegerverkehr und einen sich daraus ergebenden hohen Stellplatzbedarf.
2.
Mit der Rüge, die abgerechneten Straßenbaumaßnahmen seien nur deshalb erforderlich geworden, weil es zu einer Überforderung der unter der Straße verlegten Zu- und Ableitungen der Medien durch das Gymnasium und das Altenheim gekommen sei; ohne die deshalb erforderlichen Schachtarbeiten hätte es ausgereicht, lediglich die Fahrbahndecke zu erneuern, zieht der Kläger die Erforderlichkeit des Ausbaus der Fahrbahn in Zweifel.
Insoweit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 8 KAG und in der Rechtsprechung der Kammer geklärt, dass im landesrechtlichen Straßenbaubeitragsrecht der Grundsatz der Erforderlichkeit aus der Vorteilhaftigkeit der Maßnahme für die beitragspflichtigen Anlieger abzuleiten ist (vgl. Becker pp., KAG Bbg, § 1 Rnr. 68). Gemäß diesem Grundsatz muss sich der mit der Maßnahme verbundene Ausbauaufwand im Rahmen des sachlich Vertretbaren halten. Das Merkmal der Erforderlichkeit ist aber nicht im Sinne einer conditio sine qua non der Beschränkung auf das Notwendigste zu verstehen, sondern markiert lediglich eine äußerste Grenze der Vertretbarkeit. Diese Grenze ist erst überschritten, wenn die von der Gemeinde im Einzelfall gewählte Lösung, sei es die Anlegung einer bestimmten Erschließungsanlage überhaupt, seien es Umfang und Art ihres Ausbaus, „sachlich schlechthin unvertretbar ist“ (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2007 – OVG 9 N 148.05 –, Seite 11 des Beschlussabdrucks, vgl. auch VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 25. September 2013 – VG 3 K 885/12 –, Bl. 38 des Urteilsabdrucks und Urteil vom 30. Oktober 2013 – VG 3 K 683/12 –, Seite 7 des Urteilsabdrucks).
Gemessen an diesen Grundsätzen, hält sich die Entscheidung des Beklagten, die Alte Lohmühlenstraße wie geschehen auszubauen, in dem rechtlich vorgegebenen Rahmen. Denn der Beklagte kann die von ihm angenommene „Erforderlichkeit“ auf sachliche Gründe stützen, die die Entscheidung für die durchgeführten Straßenbaumaßnahmen zur Überzeugung des Einzelrichters nachvollziehbar und vertretbar erscheinen lässt. Dies gilt sowohl für den Gesichtspunkt der Errichtung eines Fahrbahnaufbaus, der den anerkannten Regeln der Technik entspricht (a.), als auch für die Erneuerung der Straßenentwässerung (b.), des Gehwegs (c.) und die Herstellung zusätzlicher Stellplätze (d.) sowie für die Umsetzung der Beleuchtung (e.).
a. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fahrbahn der Alten Lohmühlenstraße vor den Baumaßnahmen lediglich mit einer 19 cm starken Betonschicht ohne durchgehende Frostschutz- oder Tragschichten befestigt war (vgl. die Feststellungen in den vom Beklagten vorgelegten Baugrundgutachten, Beiakte 2). Diese Tatsachenfeststellung hat der Kläger nicht in Zweifel gezogen.
Im Zuge der Baumaßnahmen hat der Beklagte einen deutlich verstärkten und belastbareren Fahrbahnaufbau geschaffen und dadurch die Anlage insgesamt verbessert. Zwar kann eine Verstärkung einer Frostschutzschicht bzw. Tragschicht nur dann eine Verbesserung darstellen, wenn die zuvor vorhandene Tragschicht weniger gute Eigenschaften aufwies. Allein die Dicke ist insoweit als Kriterium für eine Verbesserung nicht geeignet. Es muss vielmehr vor dem Ausbau die für die Schaffung einer frostsicheren und tragfähigen Fahrbahn notwendige Dicke unterschritten sein (vgl. VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 18. März 2014 – VG 3 K 1280/10 –, Seite 13 des Urteilsabdrucks sowie Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 32 Rn. 61).
Dies war aber bezogen auf die Alte Lohmühlenstraße vor den abgerechneten Baumaßnahmen der Fall. Denn der damalige Fahrbahnaufbau aus einer verschlissenen Asphaltdeckschicht von < 1 cm und einem 19 cm starken Beton-Guss ohne durchgehende Trag- oder Frostschutzschicht entsprach nicht den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO). Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Berechnungen des verantwortlichen Planungsbüros. Dieses hat in Anwendung der RStO-01 (aus dem Jahr 2001, mittlerweile ersetzt durch die RStO-12 aus dem Jahr 2012), einen „richtliniengemäßen“ Fahrbahnaufbau mit einer Gesamtstärke von 60 cm, bestehend aus 4 cm Asphaltbeton, 14 cm Asphalttragschicht und 42 cm Recyclingtragschicht, ermittelt (vgl. die allgemeine Baubeschreibung – Ausführungsunterlagen des Ingenieurbüros vom März 2011, Beiakte 6, nach Einleger 1). Die richtige Anwendung der RStO durch das Planungsbüro hat auch der Kläger nicht in Zweifel gezogen.
Dass sich der Beklagte entschieden hat, die Alte Lohmühlenstraße mit einem den geltenden Vorschriften entsprechenden Straßenaufbau zu versehen, ist jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar und hält sich somit im Rahmen des dem Beklagten zustehenden weiten Entscheidungsspielraums bei der Beantwortung der Frage nach der Erforderlichkeit durchzuführender Straßenbaumaßnahmen. Dies gilt umso mehr, als das Video der Befahrung der Alten Lohmühlenstraße aus dem Jahr 1997 bereits den Verschleiß der Asphaltdeckschicht und einige Brüche in den darunter verlegten Betonguss-Platten zeigt.
b. Hinzu kommt, dass auch die vorhandene geschlossene Straßenentwässerung schadhaft war. Dies ergibt sich aus dem Protokoll über die Befahrung der Regenwasserleitung im Bereich der Alten Lohmühlenstraße, das der Beklagte mit seinem Schriftsatz vom 2. September 2015 zur Gerichtsakte gereicht hat. War danach aber die Erneuerung der geschlossenen Straßenentwässerung erforderlich, so zog dies auch die Notwendigkeit des Aufbruchs des Gehweges und von Teilen der Fahrbahn nach sich. Denn die vom Beklagten vorgelegten Bestandspläne zeigen, dass die schadhafte Regenwasserleitung unter dem Gehweg und auf der Teilstrecke vor dem Anschluss an die Wallstraße auch unterhalb der Fahrbahn verlegt war.
c. Erforderlich war vor diesem Hintergrund auch die Erneuerung und Verbesserung des Gehweges, der vor den Baumaßnahmen aus mehr als 40 Jahre alten Betonplatten bestand, die an verschiedenen Stellen bereits leicht abgesenkt, gerissen oder sonst schadhaft waren. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Lichtbildern und dem Video der Befahrung aus dem Jahr 1997.
d. Schließlich hat sich der Beklagte auch insoweit innerhalb des ihm bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Straßenbaumaßnahmen zustehenden weiten Entscheidungsspielraums gehalten, als er entschieden hat, im Zuge der Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn, der Regenentwässerung und des Gehweges zusätzliche Stellplätze herzustellen. Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass vor den Baumaßnahmen auf der westlichen Seite der Alten Lohmühlenstraße das Parken auf der Fahrbahn in Längsrichtung erlaubt war, um den bestehenden hohen Stellplatzbedarf zu befriedigen. Die vorgelegten Lichtbilder und das Video der Befahrung zeigen auch, dass diese Möglichkeit des Parkens auf der Fahrbahn auch nahezu auf der gesamten Länge der Alten Lohmühlenstraße genutzt wurde. Durch die damit verbundene Verengung der Fahrgasse war der Verkehr auf der Alten Lohmühlenstraße beeinträchtigt. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entscheidung, den ruhenden Verkehr durch die Herstellung zusätzlicher Stellflächen auf der westlichen Seite der Alten Lohmühlenstraße von der Fahrbahn zu entfernen, nachvollziehbar und die auf der Grundlage dieser Entscheidung veranlassten Baumaßnahmen stellen sich als beitragsfähige Verbesserung der Alten Lohmühlenstraße dar. Denn durch die damit verbundene Trennung des ruhenden vom fließenden Verkehr ist die Alte Lohmühlenstraße leichter und sicherer benutzbar geworden.
e. Ist aber die Herstellung der Stellplätze auf der westlichen Seite erforderlich und beitragsfähig, so stellt sich auch die dadurch erforderlich gewordene Verlegung des Gehweges und die Umsetzung der Straßenbeleuchtung als erforderliche Folgemaßnahme dar. Denn der Gehweg und die am Gehweg stehende Straßenbeleuchtung befand sich vor den Baumaßnahmen in dem Bereich, in dem die erforderlichen Stellplätze hergestellt werden sollten. Auch die Entscheidung des Beklagten, im Zuge der erforderlichen Umsetzung der Straßenbeleuchtung nicht das alte Stromkabel in einer neuen Trasse, sondern ein neues Kabel zu verlegen, erscheint nicht als sachlich schlechthin unvertretbar. Dies gilt unabhängig vom Alter des Kabels, da eine Umsetzung regelmäßig mit der Veränderung der jeweils erforderlichen Kabellängen zwischen den verschiedenen Leuchten und der Herstellung zusätzlicher Verbindungen verbunden ist, und ein zusammengesetztes Kabel störanfälliger ist als ein durchgehendes (vgl. das Urteil der Kammer vom 11. November 2014 – VG 3 K 278/13 –, S. 11 des Urteilsabdrucks).
Der Beklagte hat auch nachvollziehbar dargelegt, dass er die Kosten für die energiesparende Ausgestaltung der umgesetzten Straßenbeleuchtung, die er im Zuge der vorliegend abgerechneten Baumaßnahmen veranlasste, nicht in die Beitragsberechnung einbezogen hat. Dies gilt insbesondere für die Lieferung und Montage der LED- Leuchtmittel und die erneuerte Anschlusssäule (vergleiche die tabellarische Übersicht über die Aufteilung der Beleuchtungskosten vom 22. Oktober 2012 in der Akte 5 „Abrechnungsgrundlagen“, dort hinter dem zweiten gelben Einleger).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.