Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.08.2013 | |
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Aktenzeichen | VG 3 K 1087/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 38 AO, § 127 BauGB, § 242 Abs 9 BauGB |
1. Erklärungen und Annahmen der Behörde sind für die Bestimmung der räumlichen Ausdehnung einer Erschließungsanlage ohne rechtliche Relevanz.
2. Wird von einer in der Örtlichkeit vorhandenen und tatsächlich genutzten einheitlichen Anbaustraße, die noch nicht fertig gestellt im Sinne von § 242 Abs. 9 BauGB war, eine Teilstrecke durch grundhaften Ausbau erstmalig hergestellt, so genügt allein die vorgezogene Herstellung nicht, um diese Teilstrecke zu einer selbstständigen Erschließungsanlage zu machen. Es müssten vielmehr weitere, über das bloße Ausbauende hinausgehende Umstände hinzutreten, die die Annahme vertretbar erscheinen lassen könnten, dort ende eine Erschließungsanlage und eine neue beginne.
3. Wegen der Entstehung von Erschließungsbeitragsansprüchen unmittelbar aus dem Gesetz (§ 38 AO i.V.m. § 1 Abs. 3 KAG und § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG) haben Erklärungen der beitragserhebenden Behörde grundsätzlich keinen Einfluss auf den Bestand und die Höhe der Beitragsforderung. Nur ausnahmsweise kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben etwas anderes ergeben. Die Verdrängung gesetzten Rechts durch diesen Grundsatz kann allerdings nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, wenn das Vertrauen des Beitragspflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen (Anschluss an BFH, Urteil vom 4. Juli 2012 -? II R 38/10 -?). Dies ist bei der Korrektur zu niedriger, bestandskräftiger Festsetzungen von Erschließungsbeiträgen durch Nacherhebungsbescheide innerhalb der Festsetzungsfrist regelmäßig nicht der Fall (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 18. März 1988 -? 8 C 92/87 -?).
4. Der Erlass eines Nacherhebungsbescheides verstößt nicht gegen das Verbot der Doppelveranlagung, wenn damit lediglich eine bereits entstandene aber zuvor mit einem anderen Bescheid nicht ausgeschöpfte Beitragsforderung in richtiger Höhe festgesetzt wird. Ein solcher Nacherhebungsbescheid begründet eine neue Beitragsforderung nur in Höhe der Differenz zwischen der bereits festgesetzten, zu niedrigen Beitragsforderung und der nach dem Gesetz bestehenden Beitragsschuld. Verbleibende Zweifel an dem Umfang der Beitragsfestsetzung können durch eine klarstellende Erklärung der Behörde zu Protokoll des Gerichts ausgeräumt werden.
Der Bescheid vom 17. September 2010 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 werden aufgehoben, soweit der Beklagte damit eine 2.234,44 € übersteigende Beitragsforderung festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger tragen 2/3 und der Beklagte 1/3 der Verfahrenskosten.
Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Kläger im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks xxx in xxx, das als Flurstück xxx der Flur xxx im Grundbuch von xxx eingetragen ist. Das Grundstück grenzt im Süden an die xxx und im Westen an das Flurstück xxx, auf dem früher die xxx verlief. Die xxx ist in den letzten Jahren in xxx umbenannt und im Bereich des Flurstücks xxx zu einem öffentlichen Weg zurückgebaut worden.
xxx gehört zum Gebiet der von dem Beklagten vertretenen Gemeinde. Deren Gemeindevertretung beschloss am 21. Dezember 2000 mit Rückwirkung zum 1. Januar 1995 eine „Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde xxx“ (nachfolgend als „xxx“ abgekürzt). Die xxx ist im Amtsblatt für die Gemeinde xxx vom 19. Januar 2001 auf den Seiten 5 und 6 bekannt gemacht worden. Nach § 1 dieser Satzung erhebt die Gemeinde Erschließungsbeiträge nach den Vorschriften des Baugesetzbuches sowie nach Maßgabe dieser Satzung. § 4 xxx sieht einen Gemeindeanteil am Erschließungsaufwand von 10 % vor. Der nach Abzug des Gemeindeanteils verbleibende Erschließungsaufwand soll gemäß § 6 A Abs. 1 xxx auf die erschlossenen Grundstücke des Abrechnungsgebietes nach den Grundstücksflächen verteilt werden. Als Grundstücksfläche soll gemäß § 6 A Abs. 2 Buchst. b xxx die tatsächliche Grundstücksfläche bis zu einer Tiefe von 40 m von der Erschließungsanlage oder von der der Erschließungsanlage zugewandten Grenze des Grundstückes gelten, wenn ein Bebauungsplan nicht besteht. Reicht die bauliche oder gewerbliche Nutzung über diese Begrenzung hinaus, so soll gemäß § 6 A Abs. 2 Buchst. b S. 2 xxx die Grundstückstiefe maßgebend sein, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird. Für Grundstücke, die von mehr als einer Erschließungsanlage erschlossen werden, soll die Grundstücksfläche bei Abrechnung jeder Erschließungsanlage nur mit 2/3 eingesetzt werden (§ 6 D Abs. 1 xxx). Dies gilt gemäß § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx u.a. nicht für Grundstücksflächen, soweit sie die durchschnittliche Grundstücksfläche der im Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücke übersteigen. § 8 Abs. 1 xxx bestimmt, dass Straßen, Wege und Plätze dann endgültig hergestellt sein sollen, wenn
a) die Gemeinde Eigentümerin der Flächen für die Erschließungsanlagen ist und diese mit betriebsfertigen Entwässerungs- und Beleuchtungsanlagen ausgestattet sind und
b) sie auf tragfähigem Unterbau mit einer Decke aus Asphalt, Beton, Platten, Pflaster oder einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise hergestellt (befestigt) sind.
Mit der „1. Änderungssatzung der Erschließungsbeitragssatzung (xxx) der Gemeinde xxx vom 21. Dezember 2000“ fügte die Gemeindevertretung mit Rückwirkung zum 1. Januar 1995 die §§ 8 a und 8 b in die xxx ein. § 8a enthält Bestimmungen über den Beitragspflichtigen und § 8b regelt die Fälligkeit des Beitrags einen Monat nach Bekanntgabe des Beitrags- oder Vorausleistungsbescheides.
Bei der „xxx“ handelt es sich um eine – bereits seit vielen Jahren zur Erschließung der anliegenden Wohngrundstücke genutzte – Anliegerstraße, die die xxxmit der öffentlichen Straße „xxx“ verbindet und zwischen diesen beiden Straßen eine Länge von etwas mehr als 940 m aufweist. Der Straßenraum war ursprünglich je zur Hälfte den jeweils angrenzenden Grundstücken zugeordnet; die Eigentümer der Wohngrundstücke waren jeweils ebenfalls Eigentümer der davor liegenden Straßenparzelle bis etwa zur Mitte der Straßentrasse. Mittlerweile sind einige dieser Flurstücke kommunales Eigentum der vom Beklagten vertretenen Gemeinde geworden. Auf der gesamten Länge befinden sich aber immer noch zahlreiche Straßenparzellen im privaten Eigentum der Anlieger (vgl. die Übersichtskarte zum kommunalen Eigentum in der Anlage zu 4.1 der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11). Die xxx verläuft in gerader Linie von Ostsüdost nach Westnordwest. Der ansonsten gleichmäßig 12 m breite Straßenraum erweitert sich nach ca. 360 m von der xxx aus auf Höhe der Grundstücke xxx und xxx nach Süden auf eine Breite von ca. 20 m; nach weiteren 80 m (im Bereich der Flurstücke xxx und xxx der Flur xxx) verjüngt sich die Trasse auf Höhe des Grundstücks xxx wieder auf eine Breite von 12 m. In diesem Bereich mündet von Süd-Südwest (über die Flurstücke xxx und xxx der Flur xxx) kommend ein unbefestigter Feldweg in die xxx ein, der diese mit der xxx verbindet. Dieser unbefestigte Feldweg wird auch als „verlängerte xxx“ bezeichnet.
Die Fahrbahn der xxxwar im Jahr 2000 durchgehend geradlinig angelegt; dies galt auch für den Bereich der Aufweitung des Straßenraumes vor der Einmündung der verlängerten xxx; der in diesem Bereich vorhandene zusätzliche Straßenraum vor den nach Süden zurückgesetzten Grundstücksfronten stellte sich damals als – mehr oder weniger zerfahrene – Sandfläche dar (vgl. die beiden Lichtbilder auf Bl. 145 der Beiakte 1 zum Verfahren VG 3 K 1087/11 und die vom Beklagten vorgelegten Bestandspläne in der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11). Auch die Fahrbahn der Feldstraße war im Jahr 2000 eine unbefestigte Sandpiste, auf der sich bei Niederschlägen in zahlreichen Schlaglöchern das Niederschlagswasser sammelte (vgl. die Lichtbilder Bl. 144-146 der Beiakte 1 zum Verfahren VG 3 K 1087/11). Eine Straßenbeleuchtung war an den Freileitungsmasten der Stromleitung angebracht.
Im Jahr 1999 wurde ein Teil der an die xxx grenzenden Grundstücke an die zentrale Schmutzwasserkanalisation angeschlossen.
Im Jahr 2000 beschloss die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde Straßeninstandsetzungsarbeiten auch im Bereich der xxx durch Profilierung und Einbau von Recyclingmaterial (vgl. den Text des Beschlusses vom 6. Juni 2000, Anlage zu 1.1 in der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11); parallel dazu plante der Beklagte den grundhaften Ausbau der xxx im Bereich zwischen xxx und der „verlängerten xxx.“ In einem Erläuterungsbericht des vom Beklagten beauftragten Planungsbüros heißt es:
"Die xxx ist eine geradlinig verlaufende zur Zeit unbefestigte Straße mit einem Straßenraum zwischen den Zäunen von 12,00 m. Sie dient dem reinen Anliegerverkehr. Gemäß bestätigter Straßenausbaukonzeption der Gemeinde xxx vom Oktober 1996 ist sie weiterhin als Anliegerstraße geplant, im 1. Bauabschnitt mit einem auf der nördlichen Seite gelegenen Gehweg und in der Weiterführung als Mischverkehrsfläche.… Die Gesamtlänge der Baustrecke im 1. Bauabschnitt beträgt ca. 460 m. Im 1. Bauabschnitt erhält die Straße eine Breite von 4,75 m und einen 1,50 m breiten, auf der nördlichen Seite angeordneten, straßenbegleitenden Gehweg. Zur Geschwindigkeitsdämpfung sind verschiedene Maßnahmen geplant. … Die xxx existiert zur Zeit im betrachteten Bauabschnitt als unbefestigter Fahrweg. Ein befestigter Gehweg ist nicht vorhanden. … Die xxx wird durch die Planung neu gestaltet. Da kein Straßenkörper vorhanden ist, erfolgt ein grundhafter Ausbau in bituminöser Bauweise. Der Bau des Gehweges erfolgt in Pflasterbauweise. … Aufgrund des zur Verfügung stehenden Straßenraumes erfolgt die Anordnung von seitlichen Versickerungsmulden. Die Notwendigkeit der Baumaßnahme ergibt sich aus dem unbefestigten Zustand der xxx und den damit verbundenen Erschwernissen für die Anlieger. In der Vergangenheit wurde der Straßenkörper durch die Gemeinde begradigt und festgewalzt. Aber durch die sich immer wieder ausbildenden Querrinnen und Löcher würde sich dieses alle 1-2 Jahre erforderlich machen. Da dies mit erheblichen Kosten verbunden und nur von kurzer Haltbarkeit ist, ist ein grundhafter Ausbau sinnvoll. … Auf der Nordseite ist ein Gehweg von 1,50 m Breite … vorgesehen. Bauanfang ist … die Station 15,37. Von der Station 364,91 bis zur Station 458,51 wird der Gehweg nicht straßenbegleitend geführt. Er verläuft geradeaus weiter und macht die Straßenverschwenkung nicht mit. Im Bereich der Station 460,00 endet der Gehweg, da weiterführend nur eine Mischverkehrsfläche vorgesehen ist. …”
Vorgesehen waren Verkehrsberuhigungen an sieben Stellen und zwar:
– zwei (10 m lange) Einengungen der Fahrbahn auf 3,50 m kombiniert mit je einer Aufpflasterung mit Großpflaster,
– vier weitere Belagwechsel auf Großpflaster und
– eine Verschwenkung der Fahrbahn.
Mit Beschluss vom 27. April 2000 bestätigte die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde die vorgestellte Entwurfsplanung des Ingenieurbüros und beschloss den Bau der Feldstraße im 1. Bauabschnitt.
Diese Teilstrecke der xxx wurde wie geplant hergestellt. Im Bereich der Aufweitung des Straßenraums vor der verlängerten xxx verschwenkte man die Fahrbahn bei gleichbleibender Richtung um etwas mehr als 5 m nach Süden; der Gehweg wurde hingegen auch in diesem Bereich der Aufweitung geradlinig durchgeführt. Die Abnahme der Baumaßnahmen erfolgte am 20. November 2000 (vgl. die Abnahmeniederschrift in der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
Nach Abschluss der Baumaßnahmen von der xxx bis zur verlängerten xxx setzte der Beklagte gegenüber den Klägern als Eigentümer des Flurstücks xxx mit Bescheid vom 29. Mai 2002 einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 2.019,73 € fest, der bestandskräftig wurde.
Im Jahr 2002 beschloss die Gemeindevertretung wiederum die Durchführung von Instandsetzungen unbefestigter Straßen durch Profilierung und Einbau von Recyclingmaterial; als instand zu setzende Straße ist in dem Beschluss auch die xxx genannt worden (vgl. den Text des Beschlusses vom 22. Juli 2002, Anlage zu 1.1 in der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
Im Jahr 2005 erfolgte dann der Anschluss der restlichen Grundstücke in der xxx an die zentrale Schmutzwasserentsorgung. Das Leistungsverzeichnis für die hierzu erforderlichen Baumaßnahmen sah keinen Aufbruch einer Straßenbefestigung vor. Ausgeschrieben war lediglich das Ausheben und Verfüllen von Boden und das Aufnehmen und der Einbau einer 3 m breiten Recycling-Tragschicht im Bereich eines unbefestigten Weges als Fahrbahnbefestigung (vgl. die Positionen 3.1. und 7.1. sowie 7.2. des Leistungsverzeichnisses in der Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
Im Jahr 2008 plante der Beklagte Straßenbaumaßnahmen im Bereich der xxx zwischen der verlängerten xxx und dem xxx. In den hierzu verfassten Erläuterungen des Planungsbüros vom 10. Juli 2008 hieß es:
„Die xxx im Planbereich weist eine Straßenraumbreite von ca. 12 m auf. Davon sind ca. 5 m mit einer Recyclingtragschicht befestigt. Aufgrund der Befahrung durch die Anlieger muss die Straße alljährlich durch die Gemeinde reguliert werden. … Der zu betrachtende Bereich hat vom Baubeginn der Station 0,00 bis zum Bauende eine Länge von 453 m. Der Neubau der Straße soll in grundhaftem Ausbau erfolgen. ... Die Fahrbahn erhält zwischen den Borden eine Breite von 4,75 m. ... Der Gehweg erhält eine Gesamtdicke von 30 cm ... die Breite beträgt 1,5 m. Die Befestigung des Gehweges erfolgt mittels grauem Betonsteinpflaster ... da die Feldstraße eine gerade Trasse besitzt, ist zur Verkehrsberuhigung die Anordnung von 4 Stück Aufpflasterungen vorgesehen. Die Herstellung erfolgt mit 7 cm hohen Rampensteinen aus Waschbeton. ... Die Oberflächenentwässerung erfolgt über seitlich angeordnete Versickerungsmulden.”
Bereits zuvor hatte der Beklagte ein Baugrundgutachten vom 30. Januar 2007 eingeholt. Darin führte der Gutachter aus:
„Die Fahrbahn ist jetzt ungebunden in wechselnden Schichtstärke mit Recyclingmaterial befestigt. Die Altaufschlüsse weisen zum Teil noch Schüttungen aus Schotter, Beton- und Ziegelstücke und vereinzelt mit Schlacke aus, die jetzt nach der Kanalverlegung möglicherweise nicht mehr vorhanden sind. ...“
Der Gutachter hatte 6 Bohrungen im Bereich der xxx zwischen verlängerter xxx und xxx niedergebracht und daneben aber auch die Ergebnisse älterer Bohrungen aus den Jahren 1997 und 2001 berücksichtigt. Die neueren Bohrstellen wiesen – bis auf eine – allesamt eine Auffüllung mit Recycling in einer Schichtdicke zwischen 0,10 m und 0,30 m aus. Die Bohrstellen aus den Jahren 1997 und 2001 zeigten hingegen keine Recyclingschichten, sondern Auffüllungen mit feinen und mittleren Sanden teilweise durchsetzt mit Schotter, Betonstücken, Glasscherben, Ziegelspuren und Schluffklumpen (vgl. die schematische Darstellung der Befunde in der Anlage zum Baugrundgutachten, Bl. 114 der Beiakte 1 zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
Mit Beschluss vom 20. Mai 2008 bestätigte die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde die Entwurfsplanung des Ingenieurbüros für den Abschnitt der xxx von der „verlängerten xxx“ bis xxx.
Die Abnahme der Baumaßnahmen im Bauabschnitt zwischen der „verlängerten xxx“ und dem xxx erfolgte am 6. November 2008 (vgl. die Abnahmeniederschrift, Bl. 147 der Beiakte 1 zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
In ihrer Sitzung vom 28. Januar 2010 beschloss die Gemeindevertretung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde unter Bezugnahme auf § 7 EBS 2000 die Teilbeitragserhebung im Wege der Kostenspaltung für die Herstellung der Fahrbahn, des Gehwegs, der Oberflächenentwässerung sowie der unselbstständigen Grünanlagen in der Erschließungsanlage xxx (vgl. den Text des Kostenspaltungsbeschlusses, Bl. 47 der Gerichtsakte zum Verfahren VG 3 K 1087/11).
Unter dem 17. September 2010 erließ gegenüber den Klägern als Eigentümern des Flurstücks xxx einen Bescheid über die Erhebung eines Erschließungsbeitrages. Darin hieß es auf der Seite 1:
„Der auf das Grundstück xxx, ... entfallende Erschließungsbeitrag für die Herstellung der Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg, Regenentwässerungsanlagen und der unselbstständigen Grünanlagen in der xxx (von xxx bis xxx) wird auf 3.340,98 € festgesetzt. …“
Zur Begründung des Bescheides verwies der Beklagte u.a. auf die in den Jahren 2000 und 2008 durchgeführten Baumaßnahmen. Für diese Baumaßnahmen seien auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2007 nunmehr Erschließungsbeiträge zu erheben. Denn die xxx habe vor den Baumaßnahmen über keinen ausreichenden kunstmäßigen Ausbau verfügt. Es hätten keine durchgängigen und gleichmäßig starken Schichten eines homogenen, geeigneten Straßenbaumaterials nachgewiesen werden können. Da der Gesamteindruck der beiden Bauabschnitte der xxx sich hinsichtlich der Straßenführung, Straßenbreite und Straßenausstattung nicht unterscheide und die xxx deshalb bei natürlicher Betrachtungsweise als eine selbstständige Anlage von der xxx bis zum xxx erscheine, müsse die Beitragserhebung für die komplette xxx erfolgen. Daraus folge, dass bei Beitragspflichtigen, für deren Grundstück bereits im Jahr 2002 ein Beitrag erhoben worden sei, eine Erhebung der Differenz des bereits erhobenen Beitrages zu dem Erschließungsbeitrag erfolge. Der Erschließungsbeitrag werde auch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erhoben; diese habe erst mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht im Zeitpunkt des Kostenspaltungsbeschlusses vom 28. Januar 2010 zu laufen begonnen. Die Berechnung der Beitragsforderung erfolgte ausgehend von einer Fläche des zu veranlagenden Grundstücks von 856 m², die der Beklagte mit einem Nutzungsfaktor in Höhe von 1,0 für eine eingeschossige Bebaubarkeit und mit einem Beitragssatz von 3,90300882 €/Quadratmeter multiplizierte, woraus sich die festgesetzte Beitragsforderung ergab. Eine Eckgrundstücksermäßigung gewährte der Beklagte nicht. Im Anschluss an die Berechnung dieser Beitragsforderung hieß es in dem Erschließungsbeitragsbescheid:
„Der Erschließungsbeitrag wird verrechnet, mit dem ggf. durch Bescheid vom 29. Mai 2002 bereits erhobenen Beitrag.
3.340,98 € (Erschließungsbeitrag) - 2.019,73 € (bereits erhobener Beitrag) = 1.321,25 € (zu zahlender Beitrag).“
Gegen den Bescheid legten die Kläger am 5. Oktober 2010 Widerspruch ein.
Zur Begründung erklärten sie zunächst u.a., die Verjährungsfrist sei weit überschritten. Diese habe mit der Verkehrsfreigabe der xxx vor ihrem Grundstück am 1. Dezember 2000 begonnen. Dies ergebe sich auch aus den Erklärungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im Jahr 2002. Damals habe er ausdrücklich erklärt: „Die sachliche Beitragspflicht ist mit Fertigstellung der Ausbaumaßnahme am 20. November 2000 entstanden.“ Die nunmehr vom Beklagten angestrebte Konstruktion einer aus dem 1. und dem 2. Bauabschnitt bestehenden, einheitlichen Anlage treffe nicht zu. Bei der Verkehrsfreigabe des 1. Bauabschnittes sei noch kein Ausbau des 2. Teiles der xxx geplant gewesen. Der Gesamteindruck der beiden Bauabschnitte sei auch nicht gleich. Anders als im 1. Abschnitt seien im Zweiten Abschnitt keine Einrichtungen zur Verkehrsberuhigung errichtet worden und auch die unzulässige Baumbepflanzung sei im 2. Abschnitt – anders als im 1. Abschnitt – nicht durchgeführt worden.
Nach Hinzuziehung von anwaltlichen Bevollmächtigten ergänzten diese die Widerspruchsbegründung und erklärten hierzu u.a., für die abgerechneten Baumaßnahmen sei kein Erschließungsbeitrag, sondern ein Straßenausbaubeitrag zu erheben. Die xxx habe auch vor den Baumaßnahmen bereits über eine kunstmäßig ausgebaute Fahrbahn verfügt. Dies ergebe sich aus dem Baugrundgutachten vom Januar 2007. Danach sei die vorhandene Fahrbahn ungebunden in wechselnder Schichtstärke mit Recyclingmaterial verfestigt gewesen. Die Fahrbahn sei „teilweise durch Schotter, Beton- und Ziegelstücke, vereinzelt mit Platten, verfüllt.“ Dies belege, dass die xxx vor den Bauarbeiten und auch bereits vor dem 3. Oktober 1990 regelmäßig mit Baumaterialien verfestigt und begradigt worden sei. Daneben stehe auch der fortbestehende Straßenausbaubeitragsbescheid vom 29. Mai 2002 einer erneuten Beitragsveranlagung entgegen. Letztlich würden die Kläger doppelt, das heißt über den Erlass von 2 Beitragsbescheiden in Anspruch genommen. Der Erschließungsbeitragsbescheid vom 17. September 2010 nehme inhaltlich keinerlei rechtlichen Bezug auf den bereits am 29. Mai 2002 erlassenen Straßenausbaubeitragsbescheid. Der Beklagte hätte den ersten Bescheid aufheben müssen, bevor er den zweiten Bescheid erließ. Im übrigen sei er auch inhaltlich an die Regelung des ersten Straßenausbaubeitragsbescheides gebunden. Die Erhöhung der zu zahlenden Beitragsforderung durch den Erschließungsbeitragsbescheid stelle eine unzulässige Verböserung dar. Die Kläger hätten aufgrund des ersten Straßenausbaubeitragsbescheides aus dem Jahr 2002 darauf vertrauen dürfen, dass es ihnen gegenüber nicht zu einer Beitragserhebung für den Ausbau eines anderen Straßenteils kommen werde. Ferner stehe auch der Eintritt der Festsetzungsverjährung der erneuten Beitragsveranlagung entgegen. Es komme insoweit nicht darauf an, ob sich die xxx nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnittes als einheitliche Anlage darstelle. Vielmehr sei mit dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 22. August 2007 – 5 UE 1466/06 –) davon auszugehen, dass immer dann, wenn eine in ihrer räumlichen Ausdehnung fehlerfrei als Erschließungsanlage abgegrenzte Straße endgültig fertig gestellt sei und auch die sonstigen Voraussetzungen der Beitragsentstehung für diese Anlage vorlägen, deren spätere Verlängerung nicht bewirken könne, dass nunmehr von einer aus beiden Straßenstrecken zusammengesetzten einzigen Erschließungsanlage auszugehen sei. Die Kläger seien für die Baumaßnahmen im Jahr 2008 nicht beitragspflichtig, da ihr Grundstück von dieser Teilstrecke der xxx nicht erschlossen werde. Wenn aber die Sichtweise des Beklagten zuträfe, sei dieser zumindest verpflichtet, den Klägern den Zinsschaden zu ersetzen, der aus der rechtlich unbegründeten Zahlung eines Straßenausbaubeitrags im Jahr 2002 entstanden sei. Schließlich sei auch die als Rechtsgrundlage in Betracht kommende Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 20. August 2010 insoweit fehlerhaft, als in ihrem § 5 Abs. 6 unzulässige Regelungen enthalten seien. Der Beklagte habe es unterlassen, zu Gunsten der Kläger eine Tiefenbegrenzung vorzunehmen. Es sei nicht erkennbar, dass die erforderliche Ausschreibung ordnungsgemäß erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er verwies darauf, dass die xxx vor den Baumaßnahmen nicht über ein Mindestmaß an bautechnischer Herrichtung verfügt habe. Dem von den Klägern zitierten Baugrundgutachten lasse sich entnehmen, dass die Trasse der xxx vor dem Ausbau zum großen Teil schlicht aus Sand verschiedener Güte bestanden habe, der lediglich teilweise mit Schlacke und Ziegelstücke durchsetzt gewesen sei. Der Erhebung des Erschließungsbeitrags stehe auch der vorausgegangene Erlass eines Straßenausbaubeitragsbescheides nicht entgegen. Der Beklagte sei vielmehr zur vollständigen Ausschöpfung der ihm zustehenden Erschließungsbeitragsforderung verpflichtet. Die Bestandskraft eines vorhergegangenen Beitragsbescheides könne einer Neuveranlagung in richtiger Höhe nicht entgegengehalten werden. Der Beitragsbescheid vom 29. Mai 2002 habe auch keinerlei Erläuterungen enthalten, auf die sich ein schutzwürdiges Vertrauen der veranlagten Personen stützen könnte, eine weitere Beitragspflicht sei nicht entstanden oder werde erlassen. Aufgrund des einheitlichen Gesamteindrucks der xxx von der xxx bis zum xxx habe die Erschließungsbeitragspflicht frühestens entstehen können, nachdem die gesamte xxx hergestellt gewesen war. Weil die maßgebliche Erschließungsbeitragssatzung vom 21. Dezember 2000 als zusätzliches Herstellungsmerkmal aber den Erwerb der Grundflächen festlege, sei die Erschließungsbeitragspflicht erst mit dem Kostenspaltungsbeschluss vom 28. Januar 2010 entstanden. Die Regelungen der Erschließungsbeitragssatzung vom 20. August 2010 seien für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides irrelevant. Eine Tiefenbegrenzung habe im Fall des Grundstücks der Kläger nicht gewährt werden können, da dieses bis zur hinteren Grundstücksgrenze baulich genutzt sei. Die Bauleistungen seien für beide Bauabschnitte ausgeschrieben und nach den Bestimmungen der VOB Teil A vergeben worden.
Die Kläger haben am 17. November 2011 Klage erhoben.
Zur Begründung verweisen sie zunächst auf ihren Vortrag in der Widerspruchsbegründung. An den Rügen zur Fehlerhaftigkeit von § 5 Abs. 6 der Erschließungsbeitragssatzung vom 20. August 2010 und der fehlenden Anwendung einer Tiefenbegrenzung auf das Grundstück der Kläger haben sie ausdrücklich nicht mehr festgehalten. Ergänzend zum bisherigen Vortrag vertreten sie aber u.a. die Auffassung, die Kläger hätten ihre Verpflichtungen durch Zahlung des Straßenausbaubeitrages in Höhe von 2.019,73 € auf der Grundlage des Straßenausbaubeitragsbescheides vom 29. Mai 2002 vollständig erfüllt. Der Beklagte sei nicht mehr berechtigt, von den Klägern Erschließungsbeiträge zu fordern. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 17. September 2010 sei die Festsetzungsfrist für den Teil der xxx von der xxx bis zur verlängerten xxx bereits abgelaufen gewesen. Für den anderen Teil der xxx treffe die Kläger keine Beitragspflicht, da ihr Grundstück abseits dieses Erschließungsgebietes liege. Bei der xxx im Bereich zwischen xxx bis zur verlängerten xxx handele es sich in ihrer räumlichen Ausdehnung um eine – fehlerfrei als Ausbauanlage abgegrenzte – fertig gestellte Straße, für die mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht am 20. November 2000 die vollständigen Voraussetzungen für die Beitragsentstehung gegeben gewesen seien. Davon sei auch der Beklagte ausweislich seines gesamten Verhaltens nach der Abnahme des 1. Bauabschnittes im November 2000 ausgegangen. Mit dem Ausbau des Teils der xxx bis zum xxx sei die xxx lediglich im Nachgang verlängert worden. Die spätere Verlängerung der Straße auf der Grundlage des Ausbaubeschlusses vom 20. Mai 2008 könne nicht bewirken, dass nunmehr von einer aus beiden Straßenstrecken bestehenden einzigen Erschließungsanlage ausgegangen werde; die Kläger verweisen insoweit nochmals auf die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2007. Wenn die sachliche Beitragspflicht für den 1. Bauabschnitt tatsächlich erst mit dem Erlass des Kostenspaltungsbeschlusses am 28. Januar 2010 entstanden wäre, so sei fraglich, warum und auf welcher Grundlage der Beklagte mit Datum vom 29. Mai 2002 einen Straßenausbaubeitragsbescheid erlassen habe. Aus diesem Bescheid ergebe sich auch nicht, dass die Kläger mit einem weiteren Beitrag oder mit einer Nacherhebung für die Straßenbaumaßnahmen in der xxx rechnen mussten. Vielmehr sei in diesem Bescheid die Beitragsveranlagung ausdrücklich auf den 1. Bauabschnitt beschränkt worden. Der Bescheid sei auch nicht als Vorauszahlungsbescheid erlassen worden; die Kläger hätten auch deshalb nicht von einer Vorläufigkeit des festgesetzten Beitrages ausgehen können. Einer – sonst zulässigen – Nacherhebung stehe der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Im Übrigen hätte vor einer Neuveranlagung durch den Erschließungsbeitragsbescheid zunächst der Straßenausbaubeitragsbescheid zurückgenommen werden müssen. Hierzu sei der Beklagte wegen der nach seiner eigenen Auffassung festzustellenden Rechtswidrigkeit des Straßenausbaubeitragsbescheides (Erhebung vor Entstehung einer Beitragspflicht) verpflichtet gewesen. Der Beklagte sei dann verpflichtet, den im Jahr 2000 zu Unrecht erhaltenen Betrag zu verzinsen und den Zinsbetrag auf einen zu fordernden Erschließungsbeitrag anzurechnen.
Die Kläger beantragen,
den Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 17. September 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 aufzuheben, sowie,
die Hinzuziehung ihrer Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung vertritt er u.a. die Auffassung, dass sich die xxx vor ihrem Ausbau auf der gesamten Länge von der xxx bis zum xxx als einheitliche Erschließungsanlage dargestellt habe, die noch nicht bereits hergestellt i.S.d. § 242 Abs. 9 BauGB gewesen sei. Da der Beklagte im Jahr 2002 lediglich für die damals hergestellte Teilstrecke einen Ausbaubeitrag erhoben habe, sei er gehalten gewesen, nach erstmaliger Herstellung der gesamten xxx und Kostenspaltung bezüglich des Grunderwerbs Erschließungsbeiträge nachzuerheben. Die Festsetzungsfrist habe erst mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht zu laufen begonnen. Dies sei nicht im Zeitpunkt der Fertigstellung des 1. Bauabschnitts erfolgt, weil die Anlage damals noch nicht auf voller Länge hergestellt gewesen sei und die Gemeinde auch keinen Abschnittsbildungsbeschluss gefasst habe. Ferner habe es auch noch am Abschluss des Grunderwerbs gefehlt, den die Erschließungsbeitragssatzung als Herstellungsmerkmal vorsehe. Erst mit dem Kostenspaltungsbeschluss vom 28. Januar 2010 sei der Grunderwerb abgespalten und die Voraussetzungen für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht geschaffen worden. Erst an diesem Tag sei die sachliche Beitragspflicht entstanden.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Juli 2013 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung des Einzelrichters waren.
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.
Der angegriffene Bescheid in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides erweist sich als rechtswidrig, soweit der Beklagte für die erstmalige Herstellung der xxx insgesamt eine 2.234,44 € übersteigende Beitragsforderung festgesetzt hat. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Beklagte kann die Beitragsforderung dem Grunde nach auf § 127 Abs. 1 und § 128 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) stützen. Nach diesen Vorschriften erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der Vorschriften des Baugesetzbuches. Die Erhebung eines Erschließungsbeitrags ist im vorliegenden Fall – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht durch § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB ausgeschlossen (I.). Im Übrigen steht sie allerdings nur in Höhe von insgesamt 2.234,44 € im Einklang mit den Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts (II.).
I.
Nach § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB kann für Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts bereits hergestellt worden sind, ein Erschließungsbeitrag nicht erhoben werden. Bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind gemäß § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB die einem technischen Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertig gestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen. Zu prüfen ist insoweit der gesamte Zeitraum vor dem 03. Oktober 1990, gleichgültig, ob die infrage stehende Fertigstellung zu Zeiten der DDR oder zu noch früheren Zeiten erfolgt sein soll (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 5/06 –, zitiert nach juris, Rn. 29).
1.
Die Prüfung, ob eine Erschließungsanlage oder Teile von ihr vor dem 03. Oktober 1990 „bereits hergestellt“ im Sinne des § 242 Abs. 9 Sätze 1 und 2 BauGB waren, setzt voraus, dass man bestimmt, was im konkreten Fall die Erschließungsanlage darstellt, die in den Blick zu nehmen ist.
Bei der Bestimmung der räumlichen Ausdehnung dieser (früheren) „Erschließungsanlage“ ist nach der Rechtsprechung der Kammer (Urteil vom 5. September 2012 – VG 3 K 456/09 –) davon auszugehen, dass einerseits der Begriff der „Erschließungsanlage“ im Sinne des § 242 Abs. 9 Sätze 1 und 2 BauGB inhaltlich dem Begriff der „Erschließungsanlage“ im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB entspricht (dazu nachfolgend unter a.), andererseits aber bei der Anwendung dieses Begriffes auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist, die in den Zeiträumen bestanden, in denen Ereignisse stattfanden, die zur Herstellung einer Erschließungsanlage in dem fraglichen Bereich geführt haben könnten (dazu nachfolgend unter b.).
a.
Die Frage nach der räumlichen Ausdehnung einer „Erschließungsanlage“ im Sinne von § 242 Abs. 9 BauGB ist inhaltlich nach den zum Begriff der Erschließungsanlage im Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB entwickelten Grundsätzen zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2010 – 9 C 1/09 –; so auch OVG Magdeburg, Beschluss vom 09. März 2010 – 4 L 127/10 – und VG Greifswald, Urteil vom 31. Mai 2012 – 3 A 495/10 –, alle zitiert nach Juris). Nach diesen Grundsätzen ist der Begriff der Erschließungsanlage nicht ein Begriff des Erschließungs- oder des Planungsrechts, sondern ein solcher des Erschließungsbeitragsrechts. Er stellt auf eine „natürliche Betrachtungsweise“ ab; maßgebend ist das durch die tatsächlichen Gegebenheiten geprägte Erscheinungsbild, nicht eine (etwa) nur „auf dem Papier stehende“ planerische Festsetzung. Es kommt auf den Gesamteindruck an, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Diese Betrachtungsweise ist auch geboten, wenn zu entscheiden ist, wie weit die (Straßen-)Fläche einer bestimmten Anbaustraße reicht (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1991 – 8 C 56/89 –; BVerwG, Urteil vom 22. März 1996 – 8 C 17/94 – und BVerwG, Urteil vom 07. Juni 1996 – 8 C 30/94 –; vgl. auch OVG Weimar, Urteil vom 14. Februar 2011 – 4 KO 514/08 –, alle zitiert nach juris).
b.
Der inhaltlichen Übereinstimmung der Begriffe der „Erschließungsanlage“ in § 127 Abs. 2 BauGB und § 242 Abs. 9 BauGB steht gegenüber, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Bestimmung der Ausdehnung der jeweiligen Erschließungsanlage im Sinne des § 242 Abs. 9 BauGB nicht dem Zeitpunkt entspricht, der für die Bestimmung der Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB maßgeblich ist. Während es für die Bestimmung der Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB auf den Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten ankommt, geht es bei der Prüfung der „Herstellung“ im Sinne des § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB bzw. der „Fertigstellung“ im Sinne des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB darum, welche Ausbauprogramme bzw. Ausbaugepflogenheiten es zu einem beliebigen Zeitpunkt vor dem 03. Oktober 1990 gab und ob eine Erschließungsanlage entsprechend diesem Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten fertig gestellt war. Deshalb muss auch die Bestimmung der Erschließungsanlage, deren Übereinstimmung mit dem Ausbauprogramm oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten geprüft werden soll, sich an den damaligen tatsächlichen Verhältnissen orientieren, die in den Zeiträumen bestanden, in denen Ereignisse stattfanden, die zur „Herstellung“ einer Erschließungsanlage in dem fraglichen Bereich geführt haben könnten. In erster Linie kommen als solche Ereignisse Baumaßnahmen in der Vergangenheit in Betracht, durch die in dem Gebiet der heute abzurechnenden Erschließungsanlage vor dem 03. Oktober 1990 eine Erschließungsanlage „fertig gestellt“ worden sein könnte. Baumaßnahmen, die in der Zeit nach dem 3. Oktober 1990 durchgeführt worden sind, sind wegen der eindeutigen zeitlichen Vorgaben des § 242 Abs. 9 BauGB von vornherein nicht geeignet, einen Ausschluss der Anwendung des Erschließungsbeitragsrechts nach dieser Vorschrift zu begründen.
Aus diesem Grund ist es jedenfalls an dieser Stelle ohne Relevanz, dass der Beklagte nach dem 3. Oktober 1990 – im Jahr 2000 – zunächst nur eine Teilstrecke der Feldstraße zwischen der Tieckstraße bis kurz nach der Einmündung der verlängerten Freiligrathstraße erstmalig hergestellt hat. Auch die Arbeiten zur Profilierung und Herstellung einer Tragschicht aus Recyclingmaterial in den Jahren 1999, 2000 und 2005 liegen nach dem maßgeblichen Stichtag (3. Oktober 1990) und sind deshalb für die Prüfung, ob die Anwendung des Erschließungsbeitragsrechts nach § 242 Abs. 9 BauGB ausgeschlossen sein könnte, ohne Bedeutung.
c.
Vor diesem Hintergrund ist – jedenfalls bei der Anwendung des § 242 Abs. 9 BauGB – als „Erschließungsanlage“ im Sinne dieser Vorschrift die gesamte xxx zwischen xxx und xxx in den Blick zu nehmen. Denn die xxx war vor dem 3. Oktober 1990 bereits auf der gesamten Länge trassiert und diente insgesamt als eine zum Anbau bestimmte öffentliche Straße. Zäsuren im Verlauf der xxx, die bei der anzuwendenden natürlichen Betrachtungsweise dazu führen würden, dass sich Teilstrecken der xxx zwischen xxx und dem xxx vor dem 3. Oktober 1990 als selbstständige Bestandteile des öffentlichen Verkehrsraumes darstellen würden, sind nicht ersichtlich. Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen ergibt sich vielmehr, dass die xxx vor den Baumaßnahmen im Jahr 2000 auf ihrer gesamten Länge zwischen xxx und xxx geradlinig und ohne erkennbare Zäsuren in allen relevanten Merkmalen durchlief; das Verschwenken der Fahrbahn vor der Einmündung der verlängerten xxx ist erst durch die Baumaßnahmen im Jahr 2000 geschaffen worden.
2.
Baumaßnahmen, durch die in dem Gebiet der xxx zwischen xxx und xxx, deren erstmalige Herstellung mit dem streitgegenständlichen Bescheid abgerechnet werden soll, vor dem 03. Oktober 1990 eine Erschließungsanlage „fertig gestellt“ worden sein könnte, kann der Einzelrichter nicht zu seiner Überzeugung feststellen. Die aktenkundigen Tatsachen betreffend den Zustand der xxx begründen vielmehr seine Überzeugung, dass diese Erschließungsanlage vor dem 3. Oktober 1990 nicht im Sinne von § 242 Abs. 9 S. 1 BauGB „bereits hergestellt worden“ ist.
Der Einzelrichter ist bei dieser Überzeugungsbildung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgegangen, wonach eine Straße in den fünf neuen Ländern bestimmte Mindestanforderungen erfüllen muss, um als „fertig gestellt“ im vorgenannten Sinn zu gelten (Urteil vom 11. Juli 2007 – 9 C 5.06 –). Nur wenn diese Grundvoraussetzungen erfüllt sind, kommt es darauf an, welche „örtlichen Ausbaugepflogenheiten“ es gab, d.h. welches Verhalten einer Gemeinde bei der bautechnischen Herstellung von Erschließungsanlagen über einen längeren Zeitraum üblich war.
Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 11. Juli 2007 (9 C 5/06 –, zitiert nach juris, Rn. 40) wörtlich ausgeführt:
„"Gepflogenheiten" sind nach allgemeinem Sprachverständnis ein Verhalten, das über einen längeren Zeitraum feststellbar sein muss und das auch mit den Synonymen "üblich" oder "Übung" umschrieben werden kann. Der Begriff "örtliche Ausbaugepflogenheiten" bezeichnet demgemäß ein über einen längeren Zeitraum feststellbares Verhalten der Gemeinde bei der bautechnischen Herstellung von Erschließungsanlagen. Daraus folgt, dass ein bloßes Nichtstun oder "Liegenlassen" nicht ausreicht. Das Hinnehmen von Provisorien oder das Sich-Abfinden mit einem notdürftigen Zustand, weil ein höherwertiger, an sich zu fordernder oder angestrebter Ausbauzustand nicht zu verwirklichen war (z.B. wegen des Fehlens von Baumaterialien), kann keine "Ausbaugepflogenheiten" begründen. Vielmehr geht es wie bei der ersten Alternative des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB auch hier um die aktive technische Ausgestaltung der Erschließungsanlagen oder ihrer Teile. Danach setzen die Ausbaugepflogenheiten einen Grundbestand an kunstmäßigem Ausbau voraus. Die Erschließungsanlagen oder ihre Teileinrichtungen müssen durch künstliche Veränderung der Erdoberfläche planvoll straßenbautechnisch bearbeitet worden sein; das bloße Ausnutzen und grobe Herrichten natürlicher Geländegegebenheiten ist nicht ausreichend (z.B. das bloße Verfestigen und "Hobeln" einer vorhandenen "Sandpiste"). Erforderlich ist danach ein Mindestmaß an bautechnischer Herrichtung, nämlich das Vorhandensein einer hinreichend befestigten Fahrbahn (wofür z.B. auch eine Schotterdecke genügen kann), einer - wenn auch primitiven - Form von Straßenentwässerung (ein bloßes Versickernlassen wäre dagegen nicht ausreichend) sowie einer eigenen Straßenbeleuchtung, die einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr ermöglicht …“
Der Einzelrichter hatte bereits bei der summarischen Prüfung in einem Eilverfahren (Beschluss vom 8. Juni 2011 – VG 3 L 1/11 –) nicht feststellen können, dass der Zustand der xxx vor dem 03. Oktober 1990 diese Mindestanforderungen erfüllt hätte. Hieran hat sich auch nach gründlicher Überprüfung im vorliegenden Klageverfahren nichts geändert.
Die Kläger haben keinerlei Beweismittel benannt oder vorgelegt, die die Erkenntnisse widerlegen würden, die sich aus den Lichtbildern ergeben, die der Beklagte zur Gerichtsakte gereicht hat (Bl. 144-146 der Beiakte 1). Diese Fotos zeigen, dass die xxx tatsächlich nur eine unbefestigte Sandpiste mit zahlreichen Schlaglöchern und ohne erkennbare bauliche Begrenzung war und dementsprechend nicht über eine befestigte Fahrbahn verfügt hat. Auch die Regenentwässerung der Fahrbahn war nicht sichergestellt. Bordsteine waren nicht vorhanden. Auf den Fotos kann man auch gut erkennen, dass das Regenwasser sich in Pfützen auf der Fahrbahn sammelte, soweit es nicht dort versickerte. Dem ebenfalls vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Baugrundgutachten lässt sich entnehmen, dass die Trasse der xxx vor dem Ausbau zum großen Teil schlicht aus Sand verschiedener Güte bestand, der lediglich teilweise mit Schlacke und Ziegelstücke durchsetzt war. Eine durchgehende Befestigung konnte auch bei den nachvollziehbar dokumentierten Baugrunduntersuchungen nicht festgestellt werden.
Soweit die Kläger auf Auffüllungen unterschiedlicher Stärke mit Recyclingmaterial verwiesen haben, die bei den Bohrungen im Jahr 2007 an 5 von 6 Bohrstellen festgestellt worden waren, so zeigen die Befunde der früher nieder gebrachten Bohrungen aus den Jahren 1997 und 2001, dass die Recyclingschichten damals noch nicht vorhanden waren. Sie stammen nämlich aus Instandsetzungsmaßnahmen der Gemeinde und aus provisorischen Baumaßnahmen des Wasserverbandes zur Wiederherstellung der Benutzbarkeit der unbefestigten Fahrbahn nach der Verlegung der zentralen Schmutzwasserleitung im Bereich der xxx in den Jahren 1999 und 2005. Auch das Leistungsverzeichnis der Baumaßnahmen des Wasserverbandes bestätigt, dass vor diesen Baumaßnahmen eine durchgehende Befestigung der Fahrbahnoberfläche mit Recycling nicht vorhanden war. Darin war nämlich lediglich das Aufnehmen von Oberboden, nicht aber ein Aufbruch einer Fahrbahnbefestigung oder die Aufnahme und die Entsorgung einer Recycling- oder Schotterschicht vorgesehen.
II.
Die Erhebung des Erschließungsbeitrags entspricht im übrigen den hierfür geltenden Vorschriften des Baugesetzbuches, soweit es um eine Forderung in Höhe von insgesamt 2.234,44 € geht.
1.
Gemäß § 132 BauGB haben die Gemeinden die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen, die Art der Ermittlung und Verteilung des Aufwands sowie die Höhe des Einheitssatzes und die Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage durch Satzung zu regeln. Die danach erforderliche Satzungsgrundlage findet die streitgegenständliche Beitragsveranlagung in der „Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde xxx“ (xxx) vom 21. Dezember 2000 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom selben Tage. Die Wirksamkeit dieser Satzung ist bereits Gegenstand der summarischen Überprüfung in verschiedenen gerichtlichen Verfahren gewesen (vgl. z.B. die Beschlüsse der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Juni 2007 – 7 L 18/07 – und vom 15. August 2007 – 7 L 220/07 –); sie ist auch von den Klägern im vorliegenden Verfahren nicht durch substantiierte Rügen in Zweifel gezogen worden. Die einzige Rüge der Kläger betreffend die Rechtswidrigkeit einer Satzungsvorschrift galt der Erschließungsbeitragssatzung vom 20. August 2010, die auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet; die Kläger haben an dieser Rüge nach entsprechendem Hinweis des Gerichts ausdrücklich nicht mehr festgehalten.
Soweit der vorliegende Fall wegen der besonderen Lage des Grundstücks der Kläger Anlass für eine Überprüfung der Regelungen der xxx über die Gewährung einer Ermäßigung für mehrfach erschlossene Grundstücke (§ 6 D xxx) gibt, begegnet zwar die – vom Beklagten im vorliegenden Einzelfall unzutreffend angewendete (siehe hierzu die nachfolgenden Ausführungen unter II.2.b.) – Vorschrift des § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx rechtlichen Bedenken, weil sie in ihrer Abstraktheit die Gewährung der Ermäßigung auch in Fällen wie dem vorliegenden versagen kann, in denen hierfür eine sachliche Rechtfertigung fehlt. Dieser Verstoß hat jedoch nicht die Unwirksamkeit der gesamten Vergünstigungsvorschrift des § 6 D xxx zur Folge (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. § 18 Rn. 84 am Ende). Er führt lediglich zu einer Nichtanwendung des unwirksamen Ausschlusses der Anwendung der Vergünstigungsregelung und damit zu einer Gewährung der im Übrigen zulässigen Ermäßigung für die gesamte Grundstücksfläche. Die Wirksamkeit der Erschließungsbeitragssatzung bleibt hiervon unberührt.
2.
Die auf dieser Satzungsgrundlage beruhende Veranlagung der Kläger zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags erweist sich im vorliegenden Einzelfall dem Grunde nach als rechtmäßig (a.). Rechtswidrig ist die Beitragsfestsetzung hingegen der Höhe nach, soweit sie insgesamt einen Betrag von 2.234,44 € übersteigt (b).
a.
Der Beklagte hat die Kläger dem Grunde nach zu Recht auf Zahlung eines Erschließungsbeitrags für die Baumaßnahmen in den Jahren 2000 und 2008 in der xxx zwischen xxx und xxx in Anspruch genommen.
Soweit die Kläger die von ihnen behauptete Rechtswidrigkeit des Erschließungsbeitragsbescheides damit begründen, dass
– der Beklagte die abzurechnende Erschließungsanlage falsch bestimmt habe (aa.),
– bei richtiger Bestimmung der abzurechnenden Erschließungsanlage die Festsetzungsfrist bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen gewesen sei (bb.),
– ihr Vertrauen auf den abschließenden Charakter der Veranlagung mit dem Straßenausbaubeitragsbescheid vom 29. Mai 2002 aufgrund des eigenen Verhaltens des Beklagten und des Inhalts des von ihm im Jahr 2002 erlassenen Ausbaubeitragsbescheides schutzwürdig sei (cc.),
– dem Erlass des Erschließungsbeitragsbescheides das Verbot der Doppelveranlagung entgegenstehe (dd.),
– der Beklagte verpflichtet sei, den im Jahr 2000 zu Unrecht erhaltenen Betrag zu verzinsen und den Zinsbetrag auf den von ihm geforderten zu fordernden Erschließungsbeitrag anzurechnen (ee.),
sind diese Argumente nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beitragsfestsetzung in Zweifel zu ziehen.
aa.
Die Auffassung der Kläger, die gegenüber ihnen abzurechnende Erschließungsanlage sei lediglich die Teilstrecke der xxx von der xxx bis wenige Meter nach der Einmündung der verlängerten xxx, die im Jahr 2000 erstmalig hergestellt worden sei, trifft nicht zu. Der Beklagte ist vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass sich die abzurechnende Erschließungsanlage von der xxx bis zum xxx erstreckt.
(1) Ob dies zutrifft oder nicht, ist – entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung – nicht ausgehend von Annahmen des Beklagten und darauf beruhenden Verhaltensweisen des Beklagten oder anhand von Beschlüssen der Gemeindevertretung zu beurteilen, sondern objektiv festzustellen. Die Äußerungen des Beklagten im Zusammenhang mit dem Erlass des Straßenausbaubeitragsbescheides im Jahr 2002 sind deshalb für die Bestimmung der räumlichen Ausdehnung der abzurechnenden Erschließungsanlage ohne rechtliche Relevanz.
Daran ändert sich auch nichts, wenn man die von den Klägervertretern in Bezug genommene Entscheidung des VGH Kassel vom 22. August 2007 (5 UE 1466/06, veröffentlicht bei juris) berücksichtigt. Denn auch der VGH Kassel prüft in den Gründen dieses Urteils ausdrücklich, ob sich die Gemeinde mit der Annahme einer Selbstständigkeit der zuerst hergestellten Teilstrecke „in einen Widerspruch zu einer natürlichen Betrachtungsweise bei der Anlagenbestimmung begeben“ hatte (Rn. 36 der Wiedergabe des Urteils in juris, dort ganz am Ende). Auch für den VGH Kassel war danach letztlich die Frage maßgeblich, ob sich die erste Teilstrecke zum Zeitpunkt ihrer Herstellung bei natürlicher Betrachtungsweise als selbstständige Erschließungsanlage darstellte. Allein die Annahme der Gemeinde, diese Teilstrecke sei selbstständig, und darauf basierende Beschlüsse der Gemeindevertretung hat auch der VGH Kassel nicht genügen lassen, um von einer Selbstständigkeit der Teilstrecke auszugehen.
(2) Für die Beurteilung der Ausdehnung einer Erschließungsanlage, d.h. der Frage, wo eine selbstständige Erschließungsanlage beginnt und endet, kommt es auf eine „natürliche Betrachtungsweise nach dem äußeren Erscheinungsbild der Straße“ an. Entscheidend ist weder die Parzellierung noch eine einheitliche oder unterschiedliche Straßenbezeichnung; maßgebend ist vielmehr das Erscheinungsbild, also die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie z.B. durch die Straßenführung, Straßenbreite, Straßenlänge und Straßenausstattung geprägt werden und sich im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Beitragspflichten einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen (BVerwG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 9 C 2/08 – mit weiteren Nachweisen der ständigen Rechtsprechung, zitiert nach Juris).
Unstreitig ist insoweit, dass sich die xxx jedenfalls seit dem Abschluss der Baumaßnahmen des Jahres 2008 zwischen xxx und xxx bei natürlicher Betrachtungsweise als einheitliche Erschließungsanlage darstellt. Der Beklagte hat dies durch Vorlage aussagekräftiger Lichtbilder hinreichend belegt und die Kläger haben hiergegen nichts vorgebracht.
Sie sind allerdings der Auffassung, dass schon der im Jahr 2000 grundhaft ausgebaute 1. Bauabschnitt von der xxx bis wenige Meter nach der Einmündung der verlängerten xxx als selbstständige Erschließungsanlage zu beurteilen gewesen sei, die durch den grundhaften Ausbau des Bauabschnittes bis zum xxx im Jahr 2008 nur verlängert wurde.
Richtig ist, dass – sofern dies zuträfe – ernsthaft zu prüfen wäre, ob schon durch die Baumaßnahmen im Jahr 2000 eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht entstanden ist. Der Erschließungsbeitragsbescheid aus dem Jahr 2010 wäre in diesem Fall erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen und könnte aus diesem Grund einerseits verspätet und andererseits überhöht sein, weil der Beklagte dann der Beitragsberechnung (wegen der Einbeziehung des Aufwandes für die erstmalige Herstellung des 2. Bauabschnittes) Aufwand zugrunde gelegt hätte, der nicht für die Herstellung der allein abzurechnenden Erschließungsanlage angefallen wäre.
(a) An dieser Stelle kann – selbstständig tragend – bereits vorab festgestellt werden, dass – auch wenn man mit den Klägern davon ausgehen wollte, dass der grundhafte Ausbau des 1. Bauabschnittes zwischen der xxx bis wenige Meter nach der Einmündung der „verlängerten xxx“ zur Entstehung einer selbstständigen Erschließungsanlage geführt hätte – eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht durch die Baumaßnahmen im Jahr 2000 nicht begründet worden wäre. Denn die Erschließungsbeitragssatzung vom 21. Dezember 2000, die aufgrund ihrer Rückwirkung bis zum 1. Januar 1995 auch für die Abrechnung der Baumaßnahmen im Jahr 2000 Geltung beansprucht, knüpft die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage unter anderem an die Voraussetzung, dass die Gemeinde Eigentümerin der Flächen für die Erschließungsanlagen ist (§ 8 Abs. 1 Buchst. a EBS 2000). Die Aufnahme des Grunderwerbs als Herstellungsmerkmal ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte, der sich der Einzelrichter im Einklang mit der Rechtsprechung der Kammer anschließt, zulässig (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2008 – 10 S 25.08 – und BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1977 – IV C 82.74 –, beide zitiert nach juris; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 11 RN 53 und den Beschluss des Einzelrichters vom 21. Juni 2011 – VG 3 L 40/11 –, Seite 7 des Beschlussabdrucks). Der Grunderwerb war nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen im Jahr 2000 und ist bis heute – auch bezogen auf den 1. Bauabschnitt – nicht abgeschlossen (vgl. die Übersichtskarte zum kommunalen Eigentum im Bereich der xxx in der Anlage zu 4.1, Beiakte 2 zum Verfahren VG 3 K 1087/11). Auch in diesem Bereich standen und stehen nach wie vor mehr als ein Dutzend Straßenparzellen nicht im Eigentum der Gemeinde.
(b) Davon abgesehen lässt sich aber auch nicht zur Überzeugung des Einzelrichters feststellen, dass die Teilstrecke der xxx im Bereich des 1. Bauabschnitts (von der xxx bis einige Meter nach der Einmündung der „verlängerten xxx“) unter Zugrundelegung der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Fertigstellung der Baumaßnahmen im Jahr 2000 eine selbstständige Erschließungsanlage darstellte, durch deren erstmalige Herstellung bereits Erschließungsbeitragspflichten hätten begründet werden können.
Hierin liegt auch der wesentliche Unterschied zu dem vom VGH Kassel entschiedenen Fall, auf den sich die Kläger berufen (Urteil vom 22. August 2007 – 5 UE 1466/06 –). Zwar war auch dort zunächst eine und später eine andere anschließende Teilstrecke erstmalig hergestellt worden. In dem dortigen Sachverhalt stellte sich die zuerst hergestellte Teilstrecke aber im Zeitpunkt ihrer Herstellung bei natürlicher Betrachtungsweise (wegen in der Örtlichkeit vorhandener Zäsuren) als selbstständig dar (vgl. die Ausführungen des VGH Kassel zu Rn. 36). Dies ist bezogen auf den zuerst hergestellten Bauabschnitt der xxx nicht der Fall.
Denn die Erschließungsanlage xxx endete (auch) nach Abschluss der Baumaßnahmen im Jahr 2000 nicht etwa am Ausbauende (wenige Meter nach der verlängerten xxx). Sie war vielmehr schon damals darüber hinaus bis zum xxx als öffentliche, zum Anbau bestimmte Straße trassiert und wurde einheitlich auf der gesamten Länge zur Erschließung der angrenzenden Grundstücke genutzt.
(aa) Wird von einer solchen in der Örtlichkeit vorhandenen und tatsächlich genutzten einheitlichen Anbaustraße eine Teilstrecke durch grundhaften Ausbau von Fahrbahn, Gehweg, Entwässerung und Grünanlagen erstmalig hergestellt, so genügt allein die vorgezogene Herstellung nicht, um diese Teilstrecke zu einer selbstständigen Erschließungsanlage zu machen. Wollte man dies anders sehen, wäre eine Abschnittsbildung im Erschließungsbeitragsrecht (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 14 RN 19) stets entbehrlich, weil die Herstellung eines Abschnitts einer zuvor angelegten aber noch nicht auf der ganzen Länge endgültig hergestellten Erschließungsanlage dann stets zur Bildung einer selbstständigen Erschließungsanlage führen würde. Allein das Ausbauende ist deshalb – ohne das Hinzutreten weiterer Umstände – niemals geeignet, als Begrenzung einer Erschließungsanlage zu dienen.
(bb) Der Einzelrichter kann auch nicht feststellen, dass am Ausbauende des 1. Bauabschnitts irgendeine – über das bloße Ausbauende hinausgehende – Zäsur bestanden hätte, die die Annahme vertretbar erscheinen lassen könnte, dort ende eine Erschließungsanlage und eine neue beginne.
Denn dieses Ausbauende befand sich ca. 18 Meter nach der Verschwenkung der Fahrbahn und ca. 40 Meter nach der Einmündung des – als „verlängerte xxx“ bezeichneten – xxx auf gerader Strecke ohne jede Zäsur.
Selbst wenn man die schon im Jahr 2000 ausgebaute ca. 40 Meter lange Teilstrecke nach der Einmündung der „verlängerten xxx“ bei der anzustellenden natürlichen Betrachtungsweise unberücksichtigt lassen wollte, wären weder die Einmündung des xxx noch das Verschwenken der Fahrbahn in dem davor liegenden Bereich geeignet, die Annahme eines Endes der Erschließungsanlage zu begründen.
(i) Die Einmündung einer anderen selbstständigen öffentlichen Straße kann zwar die Bildung eines selbstständig nutzbaren Abschnittes einer Erschließungsanlage zulassen; die Annahme des Endes einer Erschließungsanlage vermag sie ohne Hinzutreten weiterer Umstände jedoch nicht zu begründen. Dies gilt erst recht, wenn die Einmündung nicht zu einer anderen selbstständigen öffentlichen Straße gehört, sondern zu einem Weg, der selbst keine bereits hergestellte Erschließungsanlage darstellt. So verhält es sich bei dem – als „verlängerte xxx“ bezeichneten – Weg, der im Jahr 2000 und auch noch heute lediglich als unbefestigter xxx existiert, der weder seiner Breite noch seiner Verkehrsbedeutung oder Ausstattung nach mit einer selbstständigen öffentlichen Erschließungsanlage vergleichbar war und ist. Dessen Einmündung ist für die Beurteilung der räumlichen Begrenzung der Erschließungsanlage xxx ohne Relevanz.
(ii) Auch die Tatsache, dass der Beklagte die Trasse der xxx an der Einmündung der „verlängerten xxx“ im Bereich des Flurstücks xxx nicht mit Bitumen, sondern mit Großsteinpflaster befestigte, begründet keine derart prägende Zäsur, dass die folgende Teilstrecke eine neue, selbstständige Erschließungsanlage darstellen würde. Anhand der vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder lässt sich feststellen, dass der gepflasterte Abschnitt von einem objektiven Betrachter als Fortführung der sich davor und danach in gleicher Breite fortsetzenden Fahrbahn wahrgenommen wird. Als anlagenbeendende Zäsur taugt auch der Materialwechsel an dieser Stelle nicht.
(iii) Schließlich würde auch die – 20 Meter vor dem Ausbauende des 1. Bauabschnitts endende – neu angelegte Verschwenkung der Fahrbahn um ca. 6 m die Annahme einer anlagenbeendenden Zäsur nicht begründen können. Denn sie erfolgt nur allmählich über eine Strecke von mehr als 20 Metern und führt (auch deshalb) zu keiner optischen Unterbrechung des gleichmäßigen Straßenverlaufs, der sich im übrigen in unveränderter Breite und mit gleichbleibender optischer Begrenzung durch Bordsteine fortsetzt. Der Eindruck der Einheitlichkeit der gesamten xxx wird im übrigen auch im Bereich der Verschwenkung durch den geradlinig in gleichmäßiger Breite durchlaufenden Gehweg verstärkt.
bb.
Ist danach mit dem Abschluss der Baumaßnahmen des Jahres 2000 im 1. Bauabschnitt keine selbstständige Erschließungsanlage erstmalig hergestellt worden, ist auch der Argumentation der Kläger der Boden entzogen, die Festsetzungsfrist habe bereits mit Ablauf des Jahres 2000 zu laufen begonnen und sei deshalb im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides im Jahr 2010 bereits abgelaufen gewesen.
Die sachliche Erschließungsbeitragspflicht konnte vielmehr erst mit der endgültigen Herstellung der einheitlichen Erschließungsanlage xxx von der xxx bis zum xxx entstehen.
Wann eine Erschließungsanlage endgültig hergestellt ist, bestimmt gemäß § 132 Nr. 4 BauGB die gemeindliche Erschließungsbeitragssatzung. Die xxx sieht hierzu in § 8 Abs. 1 vor, dass Straßen endgültig hergestellt sein sollen, wenn die Gemeinde Eigentümerin der Flächen für die Erschließungsanlagen ist und diese mit betriebsfertigen Entwässerungs- und Beleuchtungsanlagen ausgestattet sind und die Straße auf tragfähigem Unterbau mit einer Decke aus Asphalt, Beton, Platten, Pflaster oder einem ähnlichen Material neuzeitlicher Bauweise hergestellt (befestigt) ist.
Die xxx ist nach den vom Beklagten vorgelegten Bauunterlagen und Abnahmebescheinigungen erst seit dem 06. November 2008 auf der gesamten Länge zwischen der xxx und dem xxx mit einer befestigten Fahrbahn und betriebsfertigen Entwässerungsanlagen versehen.
Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage einer entsprechenden Karte belegt, dass die Gemeinde bis heute nicht Eigentümerin aller Flächen der Erschließungsanlage xxx sei. Soweit deshalb nach der vorstehend zitierten Regelung der xxx eine sachliche Beitragspflicht nicht hätte entstehen können, hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass § 7 xxx es zulässt, den Erschließungsbeitrag für den Grunderwerb gesondert zu erheben (so genannte „Kostenspaltung“) und dass die Gemeindevertretung den hierfür gemäß § 7 S. 2 xxx erforderlichen Kostenspaltungsbeschluss unter der Nummer V - 230/2010 am 28. Januar 2010 gefasst hat. Auch nach gründlicher Prüfung im vorliegenden Klageverfahren kann deshalb festgestellt werden, dass die sachliche Teilerschließungsbeitragspflicht für die abgerechneten Maßnahmen (Fahrbahn, Gehweg, Regenentwässerung und Straßenbegleitgrün) mit Wirksamkeit des Kostenspaltungsbeschlusses entstanden ist.
Damit war die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheides im Mai 2010 noch nicht abgelaufen.
cc.
Die Kläger haben sich schließlich weiter zur Begründung ihrer Anfechtungsklage auf die Regelungen des Straßenausbaubeitragsbescheides vom 29. Mai 2002 und das damit zusammenhängende Verhalten des Beklagten berufen. Auch dieser Vortrag ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheides dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen.
(1) Ausgangspunkt der Prüfung ist insoweit § 38 AO i.V.m. § 1 Abs. 3 KAG und § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG. Nach diesen Vorschriften entstehen die Ansprüche aus dem Erschließungsbeitragsschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz – hier § 132 Nr. 4 BauGB i.V.m. der jeweiligen Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde – die Leistungspflicht knüpft. Der Beitragsanspruch entsteht demnach dem Grunde und der Höhe nach bereits aufgrund der Verwirklichung des Beitragstatbestandes; Erklärungen der beitragserhebenden Behörde haben vor diesem Hintergrund grundsätzlich keinen Einfluss auf den Bestand und die Höhe der Beitragsforderung.
(2) Nur ausnahmsweise kann sich aus dem (auch im öffentlichen Recht geltenden) Grundsatz von „Treu und Glauben“ etwas anderes ergeben. Die Verdrängung gesetzten Rechts durch diesen Grundsatz kann allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der Einzelrichter auch für die Fälle der entsprechenden Anwendung der Abgabenordnung auf die Erhebung von Erschließungsbeitragsforderungen anschließt, nur in besonders liegenden Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Beitragspflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. In diesem Zusammenhang verlangt der Grundsatz von Treu und Glauben (in Gestalt des Institutes der Verwirkung) einen Vertrauenstatbestand, aufgrund dessen der Beitragspflichtige disponiert hat. Der Vertrauenstatbestand besteht in einer bestimmten Position oder einem bestimmten Verhalten des einen Teils, aufgrund dessen der andere bei objektiver Beurteilung annehmen konnte, jener werde an seiner Position oder seinem Verhalten konsequent und auf Dauer festhalten (BFH, Urteil vom 4. Juli 2012 – II R 38/10 –, zitiert nach juris Rn. 60).
(3) Was die Frage anbelangt, ob der Erlass eines (bestandskräftigen) zu niedrigen Erschließungsbeitragsbescheides einen solchen Vertrauenstatbestand darstellen kann, kann auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verwiesen werden. Danach sind Gemeinden durch die §§ 127 ff. BauGB (die gemäß Art. 125 a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes in Ermangelung einer gesetzlichen Neuregelung des Erschließungsbeitragsrechts im Land Brandenburg als Bundesrecht fortgelten) zur vollständigen Ausschöpfung der ihnen zustehenden Erschließungsbeitragsforderungen verpflichtet (BVerwG, Urteil vom 18. März 1988 – 8 C 92/87 –, zitiert nach juris Rn. 13). Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter wörtlich ausgeführt:
„Dieses bundesrechtliche Gebot schließt nicht nur die Auffassung aus, der Eintritt der Bestandskraft beispielsweise eines seinem Regelungsgehalt nach einen entstandenen Erschließungsbeitragsanspruch nicht voll ausschöpfenden Heranziehungsbescheids könne zur Beendigung eines Beitragsschuldverhältnisses führen, sondern es zwingt überdies zu der Annahme, ein solches Schuldverhältnis ende erst in dem Zeitpunkt, in dem - aus welchen Gründen immer - der Beitragsanspruch selbst erlischt. Daran vermag ein „Beitragsbescheid“ (§§ 134 Abs. 1 Satz 1, 135 Abs. 1 BBauG) und dessen Bestandskraft nichts zu ändern; die Beendigung des Beitragsschuldverhältnisses ist einer Regelung durch den Beitragsbescheid entzogen.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung in der Folgezeit bestätigt (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 1996 - 8 C 14/94 -, zitiert nach juris Rn. 13). Bestandskräftige Regelungen eines vorhergegangenen Beitragsbescheides können folglich einer Neuveranlagung in richtiger Höhe innerhalb der Festsetzungsfrist nicht entgegengehalten werden, weil das öffentliche Interesse an der Erhebung des Erschließungsbeitrags in der gesetzmäßigen Höhe die privaten Interessen des Beitragspflichtigen überwiegt, der die beitragsbegründenden Vorteile aus den beitragspflichtigen Baumaßnahmen dauerhaft genießt. Dies gilt auch und gerade aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit gegenüber anderen Beitragspflichtigen.
Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger im Vertrauen auf die Endgültigkeit des Straßenausbaubeitragsbescheides aus dem Jahr 2002 Maßnahmen ergriffen oder unterlassen hätten, die sie nicht unternommen oder nicht unterlassen hätten, wenn sie mit der Geltendmachung der Nacherhebung in der gesetzmäßigen Höhe gerechnet hätten.
(4) Schließlich sei auch noch darauf hingewiesen, dass sich auch dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 2013 (1 BvR 2457/08) nichts entnehmen lässt, dass eine abweichende Entscheidung des vorliegenden Falles gebieten würde. Soweit das Bundesverfassungsgericht darin den allgemeinen Satz aufgestellt hat, der Grundsatz des Vertrauensschutzes schütze in seiner Ausprägung als Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit davor, dass lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge unbegrenzt zur Anknüpfung neuer Lasten herangezogen werden können (Rn. 41 bei juris), ist nicht erkennbar, dass im vorliegenden Fall die Erhebung des Erschließungsbeitrags an „lange zurückliegende, in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossene Vorgänge“ anknüpfen würde. Denn abgeschlossen war die – die Beitragspflicht auslösende – „erstmalige Herstellung“ der Erschließungsanlage xxx nach dem vorstehenden in bautechnischer Hinsicht erst mit der Abnahme der Baumaßnahmen im 2. Bauabschnitt im Jahr 2008 und beitragsrechtlich unter Berücksichtigung des Herstellungsmerkmals „Grunderwerb“ erst mit Erlass des Kostenspaltungsbeschlusses im Jahr 2010. Längere Zeit (nämlich ca. 10 Jahre) zurück lag im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheides lediglich die erstmalige Herstellung einer Teilstrecke der Erschließungsanlage xxx; diese begründet jedoch nach den maßgeblichen Regelungen des Fachrechts (§§ 127 ff. BauGB) keine beitragsauslösende Vorteilslage.
Dass die vor den Baumaßnahmen im Jahr 2000 unstreitig einheitliche (wenn auch noch nicht im Sinne von § 242 Abs. 9 BauGB „fertiggestellte“) Erschließungsanlage xxx zwischen xxx und xxx mit dem „Straßenbau auf halber Länge“ nicht insgesamt „endgültig hergestellt“ war, konnte jedermann den schon damals geltenden Regelungen des § 242 Abs. 9 BauGB und § 132 Nr. 4 BauGB i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung der vom Beklagten vertretenen Gemeinde entnehmen. Der Irrtum des Beklagten, der zum Erlass des Straßenausbaubeitragsbescheides im Jahr 2002 geführt hatte, beruhte auf der fälschlichen Anwendung der Straßenausbaubeitragssatzung und des straßenbaubeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs, der – anders als der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff – am Bauprogramm anknüpft. Der Irrtum über den anzuwendenden Anlagenbegriff wiederum beruhte auf einem unzutreffenden Verständnis des § 242 Abs. 9 BauGB, das zu der fehlerhaften Annahme führte, die Baumaßnahmen in der xxx seien nach Straßenausbaubeitragsrecht abzurechnen. So wie die irrtümliche Annahme der Behörde, die erstmalige Herstellung einer Straße sei nicht nach Erschließungsbeitragsrecht, sondern nach Straßenbaubeitragsrecht abzurechnen, die rechtliche Beurteilung durch das Gericht nicht verbindlich prägen kann (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 30. Juni 2009 – 4 KO 45/09 –, zitiert nach juris, Leitsatz 1), bleibt auch eine falsche Anlagenbestimmung durch die Behörde ohne Folgen für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Beitragserhebung. Das Gericht hat die Beitragserhebung vielmehr objektiv anhand der hierfür geltenden Regelungen (des Erschließungsbeitragsrechts) auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
dd.
Der Erlass des Erschließungsbeitragsbescheides erweist sich schließlich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil er gegen das beitragsrechtliche Verbot der Doppelveranlagung verstoßen würde, das sich aus dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung ergibt (allgemein zur Geltung dieses Grundsatzes im Abgabenrecht: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2012 – OVG 70 A 3.11 –; für das Anschlussbeitragsrecht: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. April 2011 – 9 B 21.09 –; für das Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2001 – 11 C 9.00 –). Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelveranlagung ist im vorliegenden Fall schon deshalb ausgeschlossen, weil es in dem angefochtenen Bescheid nicht um die nochmalige Festsetzung eines bereits entstandenen Beitrags (etwa gegenüber einer anderen Person) geht, sondern um die Ausschöpfung einer kraft Gesetzes entstandenen sachlichen Beitragspflicht durch die Festsetzung des Beitrags in der richtigen Höhe.
(1) Denn der Beklagte hatte mit Bescheid vom 29. Mai 2002 seine Beitragsforderung für die Straßenbaumaßnahmen in der xxx sowohl zu früh als auch – und darauf kommt es für die Zulässigkeit der Nacherhebung an – zu niedrig festgesetzt.
Soweit dieser Beitragsbescheid zum Zeitpunkt seines Erlasses verfrüht und deshalb rechtswidrig war, weil angesichts der fehlenden endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage xxx sowohl in bautechnischer Hinsicht als auch bezogen auf den Grunderwerb eine endgültige Herstellung der xxx nicht erfolgt und eine sachliche Beitragspflicht deshalb für die gesamte Straße (noch) nicht entstanden war, sind diese Fehler durch die anschließende bautechnische Herstellung der gesamten xxx zwischen xxx und xxx im Jahr 2008 und den Kostenspaltungsbeschluss vom 28. Januar 2010 geheilt worden, durch den erstmalig eine sachliche Erschließungsbeitragspflicht entstand (vgl. für den vergleichbaren Fall der Nachholung eines Abschnittsbildungsbeschlusses: VG Dresden, Beschluss vom 4. Februar 2003 – 14 K 1365/02 –, zitiert nach juris und Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 14 Rn. 13 und § 37 RN 17 m.w.N.).
Allerdings ging der Beklagte beim Erlass des Bescheides am 29. Mai 2002 davon aus, dass die von ihm in diesem Zeitpunkt bereits durchgeführten Baumaßnahmen im 1. Bauabschnitt zwischen xxx und „verlängerter xxx“ nach § 8 KAG und der Straßenausbaubeitragssatzung abzurechnen wären, weshalb er die hierfür geltenden geringeren Nutzungsfaktoren und Anliegeranteile am umzulegenden Aufwand ansetzte. Er hat deshalb den Beitragssatz und die auf die einzelnen Grundstücke im 1. Bauabschnitt entfallenden Beitragsforderungen zu niedrig berechnet. In der Folge hat er auch in dem Bescheid an die Kläger vom 29. Mai 2002 den Beitrag in einer Höhe festgesetzt, die sich nach erstmaliger Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht am 28. Januar 2010 als zu gering erweist. Mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 17. September 2010 behebt er diesen Fehler und setzt nunmehr auch den Differenzbetrag fest, der sich ergibt, wenn man den bereits festgesetzten und gezahlten Betrag von der Beitragsforderung abzieht, die man erhält, wenn man den Aufwand für die – zwischenzeitlich nach dem Erlass des Kostenspaltungsbeschlusses am 28. Januar 2010 festzustellende – erstmalige Herstellung der Fahrbahn, des Gehwegs, der Straßenentwässerungsanlagen und der unselbstständigen Grünanlagen in der xxx auf die Eigentümer der von der xxx erschlossenen Grundstücke umlegt.
Es handelt sich bei dieser Beitragsforderung nicht um einen neuen Beitrag, sondern um einen Teil der am 28. Januar 2010 entstandenen – mit Bescheid vom 29. Mai 2002 verfrüht und zu niedrig festgesetzten – Beitragsforderung.
Dass der Beklagte diese Beitragsforderung ursprünglich auf das Straßenbaubeitragsrecht (§ 8 KAG) gestützt hat, bleibt ohne rechtliche Folgen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich eine fehlerhaft auf das Straßenbaubeitragsrecht gestützte Beitragsforderung ohne Umdeutung als Erschließungsbeitragsforderung aufrechterhalten.
Die mit Bescheid vom 29. Mai 2002 verfrüht festgesetzte Beitragsforderung ist mit dem Kostenspaltungsbeschluss durch die Erfüllung des gesetzlichen Abgabentatbestandes entstanden, und der Beklagte ist verpflichtet, diese (durch die Regelungen des Baugesetzbuches i.V.m. der Erschließungsbeitragssatzung begründete) gesetzliche Abgabenforderung auszuschöpfen. Soweit dies mit dem Bescheid vom 29. Mai 2002 nicht erfolgt war, ist er auch zu einer Nacherhebung verpflichtet, wie er sie mit Bescheid vom 17. September 2010 verfügt hat (so zum jeweiligen Landesrecht: Oberverwaltungsgericht für das Land Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. November 2006 – 4 L 191/06 –, LKV 2008, 139; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 ZKO 610/07 –, LKV 2009, 35; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Dezember 2009 – 1 L 323/06 –, zitiert nach juris; Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 26 ff. m. w. N.; vgl. auch das Urteil der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. Juni 2011 – 5 K 739/07 –).
(2) Soweit sich aus dem Tenor des Bescheides vom 17. September 2010 der Eindruck ergeben kann, mit diesem Bescheid werde der bereits mit Bescheid vom 29. Mai 2002 festgesetzte Teil des Beitrags noch einmal festgesetzt, spricht schon die nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung des Bescheides unter Berücksichtigung seiner Begründung und des (den Klägern als Bescheidadressaten bekannten) vorhergehenden Schriftverkehrs dafür, dass mit dem Tenor lediglich die nunmehr feststehende, richtige Höhe der Erschließungsbeitragsforderung festgestellt werden, ein neuer Titel aber nur in Höhe der Differenz geschaffen werden sollte.
Dieser Wille des Beklagten wird auch nach außen klar erkennbar durch die Ausführungen des Beklagten in der Begründung des Bescheides. Dort erklärte er auf der Seite 3, Abs. 2: „Daraus folgt, dass bei Beitragspflichtigen, für deren Grundstück bereits im Jahr 2000 ein Beitrag erhoben wurde, eine Erhebung der Differenz des bereits erhobenen Beitrages zu dem Erschließungsbeitrag nach §§ 127 ff. BauGB erfolgt.“
Weiter wird auf der Seite 5 des Bescheides nach Berechnung der richtigen Höhe des Erschließungsbeitrags ausdrücklich von dem ermittelten Betrag (3.340,98 €) der bereits erhobene Beitrag (2.019,73 €) abgezogen, wobei der Bescheid vom 29. Mai 2002 – entgegen der Behauptung der Prozessbevollmächtigten der Kläger – ausdrücklich benannt wird.
Dem sich aus der anderslautenden Tenorierung ergebenden Bedürfnis nach einer entsprechenden Klarstellung hat der Beklagte dadurch genügt, dass er in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll des Gerichts erklärt hat, mit dem Bescheid vom 17. September 2010 lediglich eine Forderung in Höhe der Differenz zwischen dem bereits aufgrund des Bescheides vom 29. Mai 2002 gezahlten Beitrag und dem nunmehr im Bescheid vom 17. September 2010 festgesetzten Beitrag zu erheben und weder jetzt noch in Zukunft aus diesem Bescheid darüber hinausgehende Beitragsforderungen abzuleiten.
Jedenfalls durch diese Klarstellung ist ein möglicher Widerspruch zwischen der Tenorierung und der Begründung des Bescheides vom 17. September 2010 formgerecht behoben. Die Gefahr der Vollstreckung eines die Differenz übersteigenden Betrages ist damit beseitigt. Denn die Kläger könnten einer solchen Vollstreckung das Protokoll der mündlichen Verhandlung mit der darin enthaltenen Erklärung des Beklagten über die richtige Höhe der mit Bescheid vom 17. September 2010 festgesetzten Beitragsforderung entgegenhalten.
ee.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf eine Reduzierung der Erschließungsbeitragsforderung durch Anrechnung eines von ihnen behaupteten „Zinsschadens“.
Richtig ist zwar nach dem oben gesagten, dass der Beitragsbescheid 2002 aus heutiger Sicht verfrüht ergangen ist. Denn im Zeitpunkt seines Erlasses war eine Erschließungsbeitragspflicht – mangels vollständiger Herstellung der sich bei natürlicher Betrachtungsweise als eine Erschließungsanlage darstellenden xxx und ausstehenden Grunderwerbs – noch nicht entstanden. Diese Fehler führten allerdings nicht zur Nichtigkeit des Beitragsbescheides, sondern nur zu dessen Rechtswidrigkeit. Da die Kläger diese Rechtswidrigkeit nicht durch Erhebung eines Widerspruchs oder anschließende Klageerhebung geltend gemacht haben, ist der Bescheid trotz dieser Rechtswidrigkeit in Bestandskraft erwachsen und bildet deshalb auch den Rechtsgrund für das Behalten des auf diesen Bescheid geleisteten Betrages durch den Beklagten. Den Klägern stand zu keinem Zeitpunkt ein Anspruch auf Erstattung der auf diesen Bescheid geleisteten Zahlung zu. Eine Verzinsung dieses Betrages scheidet schon deshalb aus.
Im übrigen findet eine Verzinsung von Forderungen auf Erstattung von Zahlungen auf Abgabenbescheide, die sich später als rechtswidrig erweisen, nur in den gesetzlich geregelten Fällen statt (vgl. § 233 S. 1 AO). Die Abgabenordnung sieht bezogen auf Erstattungsbeträge eine Verzinsung erst ab Rechtshängigkeit einer Klage gegen einen Abgabenbescheid vor. Den Bescheid aus dem Jahr 2002 haben die Kläger nicht zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht. Zinszahlungen stehen ihnen auch deshalb nicht zu.
b.
Ist die Festsetzung des Erschließungsbeitrags nach dem vorstehenden dem Grunde nach rechtmäßig, so erweist sie sich aber der Höhe nach als rechtswidrig, soweit sie insgesamt einen Betrag von 2.234,44 € übersteigt.
Denn die diesen Betrag übersteigende Beitragsforderung hat der Beklagte nur deshalb festgesetzt, weil er die Vergünstigungsregelung gemäß § 6 D EBS 2000 zu Unrecht nicht auf das Grundstück der Kläger angewendet hat. Die von ihm hierfür in dem hierüber angelegten Aktenvermerk vom 17. August 2010 (Bl. 194 der Beiakte 1) gegebene Begründung rechtfertigt die Versagung der Eckgrundstücksermäßigung nicht.
Der Beklagte hat in diesem Vermerk nämlich lediglich auf § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx verwiesen und aus der Anwendung dieser Vorschrift die Folge abgeleitet, eine Eckgrundstücksermäßigung sei nicht zu gewähren.
aa. Dabei irrt er zum einen über den Inhalt der Vorschrift des § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx. Denn diese Vorschrift ordnet keineswegs an, dass bei Grundstücken, deren Fläche die durchschnittliche Grundstücksfläche im Beitragsgebiet (auch nur geringfügig) übersteigt, eine Eckgrundstücksermäßigung überhaupt nicht gewährt werden solle. Sie sieht die Anwendung der Ermäßigung vielmehr auch bei diesen Grundstücken vor, beschränkt sie aber auf eine Teilfläche des Grundstücks, die der durchschnittlichen Grundstücksfläche im Beitragsgebiet entspricht. Diese Satzungsregelung beruht auf der älteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es bei ungewöhnlich großen Grundstücken nach Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Erschließungsbeitragsvorschriften geboten sein kann, die Eckermäßigung nicht auf das gesamte Grundstück zu erstrecken, sondern nur auf einen Grundstücksteil, der etwa der durchschnittlichen Größe der übrigen von der Anlage erschlossenen Grundstücke entspricht. Dementsprechend enthält schon der Wortlaut der Satzungsregelung keinen Ausschluss der Anwendung der Ermächtigungsregelung für das „Grundstück“, wie es etwa die (davor stehenden) Tatbestände des § 6 D Abs. 2 Buchst. a bis d xxx anordnen. Sie schließt vielmehr nur „Grundstücksflächen“ von der Anwendung der Ermächtigung aus, „soweit sie die durchschnittliche Grundstücksfläche der im Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücke übersteigen.“
bb. Zum anderen begegnet aber auch die richtig verstandene Regelung des § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx rechtlichen Bedenken, weil sie die Beschränkung der Vergünstigungsregelung nicht nur für ungewöhnlich große Grundstücke vorsieht, bei denen sich die typischen Vor- und Nachteile der Situation von Eckgrundstücken nicht auf die gesamte Fläche auswirken, sondern für alle Grundstücke, deren Fläche die durchschnittliche Grundstücksfläche der im Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücke übersteigt. Hierfür ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar (vgl. hierzu: VGH Kassel, Urteil vom 19. Juni 2008 – 5 UE 1146/07 –; VG Münster, Beschluss vom 8. März 2013 – 3 L 4/13 – sowie auch VG Stuttgart, Urteil vom 6. Juli 2005 – 2 K 1890/04 –; VGH Mannheim, Urteil vom 28. September 2000 – 2 S 198/99 –).
Schon das Bundesverwaltungsgericht hat in der Ursprungsentscheidung vom 8. Oktober 1976 (IV C 56.74) entschieden, dass die Begrenzung der Eckermäßigung jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhänge. Dies steht einer pauschalen Regelung, wie sie § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx darstellt, von vornherein entgegen.
Der Beklagte hat (folgerichtig) in der nachfolgenden Erschließungsbeitragssatzung vom 20. August 2010 (xxx), die allerdings wegen ihres zeitlichen Geltungsbereichs auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden ist, die entsprechende Regelung gestrichen, vgl. § 6 Abs. 2 xxx.
cc.
Dieser Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz führt zu einer Nichtanwendung von § 6 D Abs. 2 Buchst. e xxx, mit der Folge, dass die in § 6 D Abs. 1 xxx angeordnete Ermäßigung für die gesamte Grundstücksfläche zu gewähren ist. Ist danach die Grundstücksfläche von 856 m² nur mit 2/3 (= 570,666667 m²) anzusetzen, führt dies zu einer Reduzierung der beitragspflichtigen Gesamtfläche von 89.468,75 m² auf 89.183,4167 m² und damit zu einer Erhöhung des Beitragssatzes von 3,90300882 €/Quadratmeter auf 3,9154961 €/Quadratmeter. Multipliziert man diesen leicht erhöhten Beitragssatz mit der auf 2/3 reduzierten Fläche des Grundstücks der Kläger ergibt sich eine rechtmäßige Erschließungsbeitragsforderung von insgesamt 2.234,44 €.
Der Vollständigkeit und Klarheit halber sei darauf hingewiesen, dass von dieser Erschließungsbeitragsforderung ein Teilbetrag von 2.019,73 € bereits mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 19. Mai 2002 festgesetzt und beglichen worden ist und mit dem vorliegend angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheid vom 17. September 2010 lediglich die Differenz zwischen dieser Zahlung und der rechtmäßigen Höhe des Erschließungsbeitrags von 2.234,44 €, mithin 214,71 €, festgesetzt worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 VwGO.
Die Zuziehung der Prozessbevollmächtigten der Kläger für das Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) für notwendig zu erklären, weil es den Klägern aus der Sicht einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei nicht zuzumuten war, das Vorverfahren ohne anwaltliche Hilfe durchzuführen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich um eine Streitigkeit aus dem Abgabenrecht handelt, bei der der Bürger in aller Regel nicht in der Lage ist, seine Rechte gegenüber der Verwaltung ohne rechtskundigen Rat ausreichend zu wahren (ständige Rechtsprechung, vgl. schon Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschlüsse vom 06. Dezember 1999 – 2 E 34/99, 2 E 36/99 und 2 E 38/99 –).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.