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Subvention; Gesetzestreue jüdische Gemeinde Brandenburg; Förderung für das Haushaltsjahr 2000; (kein Anspruch auf) Staatsleistungen; (keine) analoge Anwendung; (keine) Ermessensfehler; sog. Folgenbeseitigungslast; Förderzweck; Differenzierungskriterien; (keine) Gewährleistung einer Grundsicherung; (keine) grundsätzliche Bedeutung; (keine) Divergenz; Aufklärungsrüge (erfolglos)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 08.07.2011
Aktenzeichen OVG 10 N 72.08 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86 Abs 1 VwGO, § 114 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 bis 5 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, Art 140 GG, Art 138 Abs 1 WRV, § 2 Ziff 3 KiStG-DDR

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Juli 2008 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 74.476 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt für das Haushaltsjahr 2000 eine über die bisher gewährte Zuwendung von 15.000 EUR hinausgehende Förderung.

Die Klägerin wurde im Januar 1999 in Potsdam gegründet und im März 1999 in das Vereinsregister eingetragen. Nach ihrer Satzung versteht sie sich als Nachfolgerin und Vertreterin jüdischer orthodoxer Traditionen und jüdischer Kultur im Land Brandenburg. Neben der Klägerin existiert der - 1991 als Jüdische Gemeinde Land Brandenburg in das Vereinsregister eingetragene - Landesverband der jüdischen Gemeinden Land Brandenburg (künftig: Landesverband), dem im November 1993 der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt wurde und der Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland ist. Dieser wird vom Beklagten seit 1991 durch jährliche Zuwendungen unterstützt.

Der Haushaltsplan des Landes Brandenburg enthielt für das Haushaltsjahr 2000 einen Haushaltsansatz in Höhe von 350.000 DM mit der Zweckbestimmung „Zuschüsse für jüdische Kulturgemeinden“. Davon wurden dem Landesverband mit Bescheid vom 16. August 2000 300.000 DM bewilligt und an ihn ausgereicht, Anträge der Klägerin auf Förderung über insgesamt mehr als 750.000 DM wurden abgelehnt bzw. nicht beschieden. Mit Urteil vom 27. Juni 2003 (12 K 4144/00) hob das Verwaltungsgericht Potsdam den Bescheid zugunsten des Landesverbandes auf, wies die auf Bescheidung gerichtete Verpflichtungsklage der Klägerin jedoch ab. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg bestätigte mit Urteil vom 10. Mai 2005 (1 A 744/03; LKV 2006, 39, juris) die Aufhebung des zugunsten des Landesverbandes ergangenen Bescheides und verpflichtete den Beklagten zur Bescheidung der Förderanträge der Klägerin.

Unter Ablehnung der darüber hinaus gehenden Anträge bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin für das Haushaltsjahr 2000 mit Bescheid vom 6. Oktober 2005 einen Zuschuss in Höhe von 15.000 EUR. Zur Begründung hieß es: Eine vollständige Antragsstattgabe komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Gesamtumfang die im Haushaltsplan bereitgestellten Mittel übersteige. Es sei eine Auswahlentscheidung zu treffen, wie die verfügbaren Mittel zwischen den beiden jüdischen Kulturgemeinden zu verteilen seien. Insoweit sei eine abgestufte Mittelverteilung entsprechend der unterschiedlichen Bedeutung der Religionsgemeinschaften aufgrund von Größe, Verbreitungsgrad, Beständigkeit, öffentlicher Wirksamkeit, kultur- und sozialpolitischer Stellung in der Gesellschaft und Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund sei berücksichtigt worden, dass der Landesverband im Jahr 2000 über 700 Mitglieder verfügt habe, die Klägerin hingegen nur über 60. Weiterhin sei beachtet worden, dass sich die Tätigkeit der Klägerin ausschließlich auf die Stadt Potsdam konzentriert habe, während der Landesverband an sieben verschiedenen Orten in Brandenburg Ortsgemeinden unterhalten habe. Bedacht worden sei auch, dass die öffentliche Wirksamkeit des Landesverbands aufgrund seines Rechtsstatus als Körperschaft des öffentlichen Rechts, seiner längeren Bestandsdauer, seines Engagements im interreligiösen Dialog und seiner Einbindung in den Zentralrat der Juden in Deutschland diejenige der Klägerin deutlich übersteige. Im Hinblick darauf sei eine Abstufung der staatlichen Mittel im Verhältnis zehn zu eins sachgerecht. Da der Landesverband einen Betrag von 300.000 DM erhalten habe, erscheine ein Betrag von 15.000 EUR für die Klägerin angemessen und ausreichend. Die von der Klägerin mit der Begründung, sie befinde sich im Gründungsstadium und auch der Landesverband habe in seiner Gründungsphase eine Anschubfinanzierung erhalten, begehrte Sockelfinanzierung könne sie nicht beanspruchen.

Die auf eine darüber hinausgehende Förderung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Mit Beschluss vom 12. Mai 2009 (2 BvR 890/06, NVwZ 2009, 1217, juris) hat das Bundesverfassungsgericht Art. 8 Abs. 1 des im Januar 2005 zwischen dem Land Brandenburg und dem Landesverband geschlossenen Staatsvertrages, der die Verpflichtung des Landesverbandes vorsah, alle jüdischen Gemeinden im Land Brandenburg angemessen an dem ihm jährlich zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens zugewendeten Betrag in Höhe von 200.000 EUR zu beteiligen, auf die Verfassungsbeschwerde der Klägerin für nichtig erklärt.

II.

Der auf alle Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Klägerin, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Maßgebend sind dabei allein die innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründe, so dass die Schriftsätze der Klägerin vom 13. November 2008 und vom 20. Juli 2010 nur insoweit Berücksichtigung finden können, als darin fristgerecht vorgebrachte Gründe näher erläutert werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 124 a Rz. 50).

1. Gemessen an den Einwendungen der Klägerin bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Vorbringen ist nicht geeignet, einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigem Gegenvorbringen in Frage zu stellen (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, juris).

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr ein Anspruch auf Bewilligung von Staatsleistungen analog Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung - WRV - und § 2 Ziffer 3 des Gesetzes zur Regelung des Kirchensteuerwesens der DDR vom 31. August 1990 - KiStG DDR - nicht zu. Insoweit macht sie mit Blick auf den Zweck der Staatsleistungen, den Kirchen eine Entschädigung für vorangegangene Eigentumsverluste zu gewähren, geltend, die den jüdischen Gemeinden in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur zugefügten Schädigungen einschließlich der Zerschlagung allen jüdischen Lebens wögen weit schwerer als die - den Großteil der Staatsleistungen an die großen Kirchen rechtfertigenden - Säkularisationen von Kirchengut in Reformation, Westfälischem Frieden, Josephinischen Reformen und Reichsdeputationshauptschluss, weshalb als Ersatzleistung die zeitlich nicht begrenzte Übernahme neuer finanzieller Dauerverpflichtungen des Staates gegenüber den jüdischen Gemeinden zum Wiederaufbau und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens in Deutschland geboten erscheine.

Zu den Staatsleistungen im Sinne des Art. 138 Abs. 1 WRV zählen nach herkömmlichem Verständnis diejenigen, vor Inkrafttreten der Norm am 14. August 1919 begründeten, auf (formellem oder materiellem) Gesetz, Vertrag und besonderen Rechtstiteln beruhenden Leistungen des Staates, die in das historisch ausgebildete System der staatskirchenrechtlichen Beziehungen hineingehören. Mit den Staatsleistungen übernahm die staatliche Gewalt, die sich vorher - hauptsächlich während der Reformationszeit, durch den Westfälischen Frieden oder durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 - kirchliches Vermögen und geistliches Territorium einverleibt hatte, die Gewähr für die finanzielle Ausstattung der betroffenen Kirchen. Diese historisch entstandene Verflechtung zwischen Kirche und Staat sollte durch die - bis heute nicht erfolgte - Ablösung der Staatsleistungen beseitigt werden. Staatsleistungen erhalten vor allem die beiden Großkirchen, die die Säkularisationsopfer erbracht haben, und deren Gliedkörperschaften und sonstigen Institutionen, daneben auch die Altkatholische und die Altlutherische Kirche, die Israelitische Synagogengemeinde, Freireligiöse Landesgemeinden und Deutsche Freigemeinden, gebietsweise auch die Methodistenkirche (vgl. von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, S. 281 f. und Korioth in Maunz-Dürig, GG, Band VII, Stand 2003, Art. 140 GG/138 WRV, Rz. 3 ff., jeweils m.w.N.). Mit dem bereits genannten Urteil vom 10. Mai 2005 (a.a.O., Rz. 60 f.) hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg entschieden, dass der Klägerin keine Staatsleistungen im Sinne von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV zustehen.

Unabhängig davon, ob die Klägerin mit ihrem Vorbringen überhaupt einen Sachverhalt dargetan hat, der dem geschilderten historischen Ursprung der Staatsleistungen vergleichbar ist, bietet Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV schon deshalb keinen Ansatz für eine analoge Anwendung, weil diese Verfassungsbestimmung nicht selbst eine Grundlage für Staatsleistungen darstellt, sondern lediglich anordnet, dass bereits vor Inkrafttreten des Art. 138 Abs. 1 WRV bestehende, auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhende staatliche Leistungen an die Religionsgemeinschaften bis zur ihrer Ablösung fortbestehen. Anhaltspunkte dafür, dass vergleichbare, analogiefähige und vor 1919 entstandene Ansprüche der Klägerin bestanden haben könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (so schon OVG Bbg, a.a.O., Rz. 61). Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die erst im Jahre 1999 gegründete Klägerin ungeachtet ihres Selbstverständnisses als in der Tradition des Halberstädter Verbandes stehende Gemeinde nicht als Rechtsnachfolgerin dieses Verbandes oder einer anderen durch Verfolgungsmaßnahmen geschädigten jüdischen Gemeinde anzusehen ist (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. März 2011 - OVG 5 N 24.08 -, S. 8 des amtlichen Abdrucks), mithin selbst keinen nationalsozialistischen Schädigungshandlungen ausgesetzt war.

Die Auffassung der Klägerin wird auch durch die von ihr zitierten Fundstellen nicht belegt. Vielmehr beschäftigen sich alle von der Klägerin angegebenen Literaturnachweise mit Fragen der (staats-)vertraglichen Ausgestaltung von finanziellen Leistungen an jüdische Gemeinden, enthalten jedoch keinerlei Ausführungen zu einer möglichen analogen Anwendung von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV und bejahen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch nicht. So behandelt Weber („Staatsleistungen an jüdische Religionsgemeinschaften“ in: Festschrift für Peter Selmer, 2004, 259 ff.) Fragen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Staatsverträgen zwischen jüdischen Gemeinden und den Ländern bzw. dem Bund und bezeichnet die durch diese Verträge gewährten finanziellen Leistungen als „Staatsleistungen“. In der von der Klägerin in Bezug genommenen Passage (a.a.O., S. 278 f.) beschäftigt er sich damit, inwieweit der - durch Staatsvertrag erfolgenden - Neubegründung einer Pflicht zu Staatsleistungen gegenüber der jüdischen Religionsgemeinschaft das Ablösungsgebot des Art. 138 Abs. 1 WRV entgegensteht. Insoweit kommt er zu dem Ergebnis, dass selbst dann, wenn man der Mindermeinung folge, derzufolge Art. 138 Abs. 1 WRV eine Sperrklausel gegenüber neuen Staatsleistungen darstelle, im Falle der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland eine verfassungsrechtlich zulässige, wenn nicht gar gebotene Ausnahme vorliege. Preuß (in: Alternativ-Kommentar zum GG, Band III, 2001, Art. 140 Rz. 63) führt an der von der Klägerin in Bezug genommenen Stelle aus, vertraglich vereinbarte staatliche Leistungen an jüdische Kultusgemeinden stünden nicht im Kontext des Art. 138 WRV; ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung ergebe sich vielmehr aus der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 9 GG enthaltenen Ermächtigung zur Wiedergutmachung der Schäden, die durch das nationalsozialistische Regime angerichtet worden seien. Weiß („Gleichheit oder Privilegien? - Zur Stellung öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften“, KritV 83 (2000), 104 ff., 135) führt in der von der Klägerin bezeichneten Passage aus, der im Jahr 1992 zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und den als Regionalkörperschaft anerkannten Landesverbänden der jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen geschlossene Vertrag, aufgrund dessen Zahlungen von jährlich - bezogen auf das Jahr 1995 - 3,5 Mio DM geleistet würden, werde zu Recht mit der Zerstörung jüdischer Einrichtungen und Gemeinden während der Nazidiktatur legitimiert.

Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf § 2 Ziffer 3 KiStG DDR Rechte daraus ableiten will, dass sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, steht dem bereits entgegen, dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 29. März 2011 (a.a.O.) den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 14. Juli 2008 (12 K 2660/04, juris, Rz. 18 f., 23 f.), in dem dieses ausgeführt hat, die Klägerin gehöre als Neugründung weder zu den altkorporierten Religionsgesellschaften noch lasse sich der von ihr in Anspruch genommene Körperschaftsstatus aus § 2 Ziffer 3 KiStG DDR herleiten, abgelehnt hat. Damit steht rechtskräftig fest, dass die Klägerin im hier relevanten Haushaltsjahr nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besessen hat.

b) Die vom Beklagten getroffene Ermessensentscheidung ist - anders als die Klägerin meint - rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, die Ermessensentscheidung leide darunter, dass der Beklagte ursprünglich nur den Landesverband und nicht sie berücksichtigt habe, verkennt sie, dass Streitgegenstand nicht der - ohnehin bereits rechtskräftig aufgehobene - Bescheid des Beklagten zugunsten des Landesverbandes vom 16. August 2000 ist, sondern der Bescheid vom 6. Oktober 2005. Darin hat der Beklagte die beiden im Land Brandenburg bestehenden jüdischen Gemeinden in ein Verhältnis zueinandergesetzt und die unterschiedliche Bedeutung der Gemeinden herausgearbeitet, wobei er bezüglich der Höhe der Förderung von dem bereits an den Landesverband geleisteten Betrag von 300.000 DM ausgegangen ist. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, es fehle an einer „gleichzeitigen“ Entscheidung über die Förderung des Landesverbandes und der Klägerin.

bb) Die Auffassung der Klägerin, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, im Rahmen der Ermessenentscheidung sei eine sog. Folgenbeseitigungslast nicht zu berücksichtigen, geht fehl. Das Vorbringen genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Wie das Verwaltungsgericht - zutreffend - ausgeführt hat, kann eine sog. Folgenbeseitigungslast durch rechtswidriges Vorverhalten einer Behörde begründet werden. Aufgrund ihres früheren Fehlers kann die Behörde bei einer späteren Ermessensentscheidung gehalten sein, diesen zu berücksichtigen und nach Möglichkeit wiedergutzumachen. Es handelt sich um eine Ermessensdirektive, Ermessensspielräume im Sinne einer Kompensation auszunützen, die u. U. bis zur Ermessensreduzierung auf Null führen kann (vgl. Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 114 Rz. 21 und Grzeszick in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, § 44 Rz. 134 jeweils m.w.N.). Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass der vorliegende Fall nicht mit den Fällen der sog. Folgenbeseitigungslast vergleichbar sei, weil der Beklagte durch die nunmehr getroffene Ermessensentscheidung die Rechtsfolgen seiner vorangegangenen rechtswidrigen Ablehnung bzw. Nichtbescheidung der Förderanträge der Klägerin unmittelbar beseitigt habe. Der Beklagte sei seiner „Folgenbeseitigungslast“ nachgekommen, indem er trotz Abschluss des Haushaltsjahres 2000 im Jahr 2005 Haushaltsmittel für die Förderung der Klägerin bezogen auf das Jahr 2000 bereitgestellt und ausgekehrt habe. Einen Anspruch auf eine darüber hinausgehende „Wiedergutmachung“ habe die Klägerin nicht. Vor diesem Hintergrund genügt die bloße Behauptung der Klägerin, aufgrund der Folgenbeseitigungslast sei bei der nachgeholten Ermessensentscheidung auch über den Schaden zu entscheiden gewesen, „welcher einem zu Unrecht abgewiesenen Konkurrenten in der Zeit bis zur ‚heilenden‘ neuen Ermessensentscheidung der Behörde entstanden“ sei, nicht den Darlegungsanforderungen. Auch die mit Schriftsatz vom 13. November 2008 erfolgte Präzisierung der Klägerin, aufgrund des Umstands, dass sie ihren Anteil für das streitgegenständliche Haushaltsjahr erst sechs Jahre später als der Landesverband erhalten habe, weshalb es - insbesondere in Zeiten hoher Inflation - nicht ausreiche, wenn bei der nachgeholten Ermessensentscheidung lediglich der Geldbetrag zugewendet werde, der ihr schon mehrere Jahre zuvor zugestanden habe, führt zu keiner anderen Einschätzung. Abgesehen davon, dass trotz dieser Präzisierung unklar bleibt, welche konkreten Schäden (Zinsverluste, Schadensersatz oder anderes) die Klägerin meint, setzt sie sich weder mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts auseinander noch arbeitet sie heraus, weshalb der von ihr in Bezug genommene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Mai 1968 (BVerwG IV C 56/65, NJW 1968, 2350), der einen baurechtlichen Fall betrifft, in dem es schon nicht um eine - wie auch immer geartete - finanzielle Kompensation, sondern um die Ermessensreduzierung auf Null bezüglich einer baurechtlichen Ausnahmegenehmigung ging, die von ihr geäußerte Rechtsauffassung tragen soll.

cc) Auch der Einwand der Klägerin, die Ermessensentscheidung des Beklagten sei rechtswidrig, weil der gewährte Betrag in Höhe von 15.000 EUR nicht ausreiche, um die nach dem Haushaltsgesetz der Förderung zugrundeliegende Zweckrichtung - die Wiederherstellung orthodoxen jüdischen Lebens im Land Brandenburg - zur erreichen, greift nicht durch. Denn der mit dem Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Landes Brandenburg für die Haushaltsjahre 2000 und 2001 vom 28. Juni 2000 (GVBl. I, S. 74) festgestellte Haushaltsplan enthält unter Kapitel 06 810, Funktionskennziffer 685 80 190 hinsichtlich des Haushaltsansatzes in Höhe von 350.000 DM - entgegen den Ausführungen der Klägerin - lediglich die Zweckbestimmung „Zuschüsse für jüdische Kulturgemeinden“. Damit lässt schon der Wortlaut erkennen, dass der Förderung lediglich Ergänzungscharakter zukommen und keine vollständige Bedarfsdeckung erfolgen sollte. Eine solche kann auch nicht verlangt werden, weil Religionsgemeinschaften - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - grundsätzlich gehalten sind, die materiellen Voraussetzungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben selbst sicherzustellen und die benötigten Mittel aus eigener Anstrengung aufzubringen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Förderung nur im Rahmen des Haushaltsansatzes geboten war und selbst bei vollständiger Ausschöpfung desselben zugunsten der Klägerin weniger als die Hälfte ihres Antragsvolumens von mehr als 750.000 DM hätte bewilligt werden können, ganz abgesehen davon, dass die Bewilligung der gesamten 350.000 DM an die Klägerin die Rechte des Landesverbandes verletzt hätte. Der Beklagte weist im Übrigen zutreffend darauf hin, dass auch der vom Landesverband als Grundbedarf qualifizierte Betrag nicht vollständig, sondern nur zu einem gewissen Prozentsatz befriedigt wird.

dd) Ebenso wenig rechtfertigt das Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 20. Juli 2010 die Zulassung der Berufung. Dort macht sie geltend, die Ermessensentscheidung sei auch deswegen rechtswidrig, weil es vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2009 (2 BvR 890/06, a.a.O.) fehlerhaft sei, allein ein rechnerisch ermitteltes Verhältnis der Mitgliederzahl zum Differenzierungsgrund zu machen. Unabhängig davon könne sie nicht nur 10 v.H. der Wertigkeit des Landesverbandes haben. Sachgerechter Ermessensausübung entspreche es vielmehr, sowohl ihr als auch dem Landesverband eine Grundförderung zukommen zu lassen, die auf der Basis von Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit unter Berücksichtigung des Förderungszwecks die Funktionsfähigkeit sicherstelle und allenfalls bei einer darüber hinausgehenden Förderungshöhe nach Mitgliederzahl und unterschiedlichem Organisations- und Verbreitungsgrad differenzieren könne.

Soweit sich die Klägerin auf die von ihr erwirkte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2009 beruft, ist festzustellen, dass dieser Beschluss, der im Übrigen nur die - hier nicht streitgegenständlichen - Haushaltsjahre ab 2005 betrifft, hinsichtlich der Maßstäbe für die Verteilung von Fördermitteln zwischen konkurrierenden Religionsgemeinschaften keine neuen Vorgaben enthält. Vielmehr knüpft das Bundesverfassungsgericht auf S. 34 des amtlichen Abdrucks (juris Rz.194) an den von ihm aufgestellten - und vom Verwaltungsgericht zutreffend wiedergegebenen - Grundsatz der staatskirchenrechtlichen Parität an und bestimmt, dass das Land Brandenburg für den Zeitraum bis zur Neuregelung der Förderung der jüdischen Gemeinden der Klägerin unter Anrechnung der vom Landesverband bereits gewährten Mittel eine finanzielle Förderung zukommen lassen müsse, die gemessen an der dem Landesverband zugewandten Summe Paritätsgesichtspunkten entspreche. Hieraus lässt sich für das vorliegende Verfahren nichts herleiten.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass der angefochtene Bescheid - anders als es die Klägerin darstellt - nicht allein auf die Mitgliederzahl, sondern im Rahmen einer Gesamtschau zusätzlich auf den Verbreitungsgrad, insbesondere die Zahl der vorhandenen Ortsgemeinden, und auf den unterschiedlichen Rechtsstatus abgestellt, mithin eine wertende und nicht eine schematische - etwa rein rechnerische - Betrachtung vorgenommen hat. Diese wertende Betrachtung hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Mai 2005 (a.a.O.) gebilligt. Da die Mitgliederzahl Aussagen über Raumbedarf, Betreuungsaufwand und Veranstaltungshäufigkeit erlaubt und auch die Anzahl der für die Mitglieder vorgehaltenen Standorte für den finanziellen Aufwand in Form von Mietkosten und Kosten für Leistungen, die parallel angeboten werden, maßgeblich ist, sind die - neben der unterschiedlichen Rechtsform - zur wertenden Betrachtung angewandten Kriterien nicht zu beanstanden.

Soweit die Klägerin geltend macht, eine solche Differenzierung habe erst nach Gewährleistung einer Grundförderung erfolgen dürfen, verkennt sie, dass - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - es dem Staat wegen seiner Neutralitätspflicht gegenüber den Religionsgemeinschaften nicht gestattet sein dürfte, den vom religiösen Selbstverständnis der jeweiligen Glaubensgemeinschaft abhängigen „Grundbedarf“ von sich aus zu definieren. Außerdem folgt bereits aus den obigen Ausführungen unter cc), dass Förderzweck - schon wegen des Haushaltsansatzes von 350.000 DM für das Haushaltsjahr 2000 - nicht die nach den Vorstellungen der jüdischen Gemeinden definierte „Grundsicherung“ oder die Herstellung der Funktionsfähigkeit der Klägerin ist.

Ob vorliegend auch eine andere als die vom Beklagten getroffene Ermessenentscheidung rechtmäßig gewesen wäre, ist - worauf schon das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - wegen der gerichtlich auf die Feststellung von Ermessensfehlern beschränkten Überprüfungsmöglichkeit ohnehin unerheblich.

2. Der Zulassungsgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der von der Klägerin zwar behauptet, jedoch mit keinem Wort begründet wird, ist nicht in einer den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Form dargetan.

3. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Hierzu wäre erforderlich, dass eine bislang höchstrichterlich bzw. obergerichtlich nicht geklärte, konkrete und zugleich entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen und zudem erläutert wird, warum sie über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist und im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf (vgl. etwa OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 4. Februar 2010 - OVG 10 N 44.07 - juris Rz. 12 m.w.N.).

Soweit die Klägerin auf Seite 3, letzter Absatz, ihres Zulassungsantrags vom 28. August 2008 vorträgt, „bereits unter diesem Gesichtspunkt“ bestehe eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, fehlt es schon an der Darlegung einer entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfrage, zumal die im vorangehenden Absatz angesprochene Frage, ob ihr aufgrund § 2 Ziffer 3 KiStG DDR der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zustehe, vorliegend nicht streitgegenständlich ist.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache besteht auch nicht hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Staatsleistungen hat. Ungeachtet des Umstands, dass auch insoweit die Darlegungserfordernisse nicht erfüllt sind, insbesondere nicht dargetan ist, weshalb die Rechtsfrage über den Einzelfall hinaus Bedeutung erlangen könnte, ist diese Frage - wie bereits unter 1. a) ausgeführt - durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Mai 2005 (a.a.O., Rz. 60 f.) verneint worden, und zwar auch im Hinblick auf eine analoge Anwendung des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 WRV. Damit liegt eine obergerichtliche Klärung vor.

Auch soweit die Klägerin geltend macht, eine grundsätzliche Bedeutung bestehe hinsichtlich der Frage der „gesetzlichen Maßstäbe bei der Erfüllung eines Rechtsanspruchs einer Religionsgemeinschaft auf Entscheidung über die Gleichbehandlung bei der Teilhabe an staatlichen Geldern, die eine institutionelle Förderung von Religionsgemeinschaften bezwecken“, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Berufung. Es bleibt schon unklar, was genau Inhalt der zu klärenden Rechtsfrage sein soll. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Zitate beschäftigen sich allgemein mit Klageart und Klagebefugnis im Konkurrentenstreit, nicht aber mit materiell-rechtlichen Teilhabefragen im Staatskirchenrecht. Die staatskirchenrechtlichen Grundsätze der Neutralität des Staates in Religionsangelegenheiten und der Parität der Religionsgemeinschaften, an denen sich eine Entscheidung über die Verteilung der in einem Haushaltsplan zur Verfügung gestellten Zuwendungen für jüdische Kulturgemeinden zu orientieren hat, sind - wie die zutreffenden und umfangreichen Zitate im Urteil des Verwaltungsgerichts, auf die an dieser Stelle verwiesen wird, zeigen - vom Bundesverfassungsgericht und vom Bundesverwaltungsgericht geklärt. Im Übrigen sind diese Grundsätze durch die genannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. Mai 2005 (a.a.O.) auf die Verteilung von Fördermitteln zwischen konkurrierenden jüdischen Gemeinden angewandt worden. Die nach diesen Vorgaben erfolgende konkrete Verteilung der Fördermittel in den einzelnen Haushaltsjahren stellt jeweils eine Einzelfallentscheidung dar.

4. Eine Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist ebenfalls nicht entsprechend den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargetan. Dies würde erfordern, dass der insoweit entscheidungserhebliche Rechtssatz des Verwaltungsgerichts konkretisiert und so bezeichnet worden wäre, dass er ohne langes Suchen auffindbar ist, dass die Divergenzentscheidung und der behauptete Rechtssatz fixiert und kenntlich gemacht worden wären und dass seitens der Klägerin verdeutlicht worden wäre, worin die geltend gemachte Abweichung besteht (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 17. September 1997 - OVG 8 N 21.97 -, NVwZ 1998, 200, juris, Rz. 5 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen, wonach die angefochtene Entscheidung „aus den dargelegten Gründen die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Beachtung der ‚Folgenbeseitigungslast‘ bei Ermessensentscheidungen missachtet (vgl. z.B. BVerwG, NJW 1968, 2350)“, nicht ansatzweise.

5. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen. Die Klägerin meint, das Verwaltungsgericht habe es zu Unrecht versäumt, die tatsächliche materielle Förderung des Landesverbandes für das streitgegenständliche Haushaltsjahr aufzuklären. Insoweit rügt sie die Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO mit der Begründung, das Verwaltungsgericht habe die Verwaltungsvorgänge nicht beigezogen und es trotz des in der mündlichen Verhandlung wiederholten Beweisantrages unterlassen, über diesen zu entscheiden.

Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Die Verwaltungsvorgänge, die ausweislich der Klageerwiderung des Beklagten vom 16. Dezember 2005 zunächst nicht auffindbar waren, hat dieser mit Schriftsatz vom 9. Mai 2008 nachgereicht. Über den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 17. Juni 2008 angekündigten Beweisantrag ist vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil entschieden worden (vgl. S. 13 des amtlichen Abdrucks). Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 14. Juli 2008 hatte sich die Klägerin hiermit einverstanden erklärt (vgl. S. 2 des Protokolls).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit der erstinstanzlichen Festsetzung, die den im Haushaltsplan eingestellten Betrag von 350.000 DM im Hinblick auf die der Sache nach begehrte Neubescheidung in Anlehnung an Ziffer 1.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) zu ½ angesetzt, diesen Betrag in Euro umgerechnet, davon die bereits erhaltene Fördersumme in Höhe von 15.000 EUR in Abzug gebracht und das so erzielte Ergebnis auf einen glatten Euro-Betrag gerundet hat.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).