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Nachbarklage; Bauvorbescheid; Errichtung eines Wohnhauses mit Gewerbeanteil; sechs Vollgeschosse bei 27 m Höhe; Sondergebiet "Wassersport" in Berlin-Wannsee; Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans; Maß der baulichen Nutzung; Vollgeschosszahl; Baumassenzahl; Grundzüge der Planung; Drittschutz; Gebietserhaltungsanspruch; Gebietscharakter; (kein) Umschlagen von Quantität in Qualität; Auslegung des Bebauungsplans; drittschützende Planungskonzeption; nachbarliches Austauschverhältnis; Klagebefugnis; allgemeines Rechtsschutzbedürfnis; rechtsmissbräuchliches Verhalten


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 30.06.2017
Aktenzeichen OVG 10 B 10.15 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 31 Abs 2 BauGB, § 15 Abs 1 S 1 BauNVO, § 7 Nr 5 BauO BE 1985, § 42 Abs 2 VwGO

Leitsatz

1. Die Entscheidung, einem Gebiet, für das ein Bebauungsplans besteht, durch Zulassung eines neuen Vorhabens eine "neue Ordnung zu geben", kann nicht zulässiger Inhalt einer Befreiung sein; sie obliegt nicht der Bauaufsichtsbehörde, sondern dem Plangeber. Das "Alter" des Bebauungsplans und eine etwaige Änderung der allgemeinen städtebaulichen Vorstellungen seither sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich.

2. Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sind nur dann drittschützend, wenn sich aus der Auslegung des Bebauungsplans ergibt, dass sie (zumindest auch) dem Schutz des Nachbarn und der Gewährleistung eines nachbarlichen Interessenausgleichs im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollen.

3. Ein Bebauungsplan und der darin inhaltlich zum Ausdruck gebrachte Pla-nungswille sind unabhängig von den konkreten Vorstellungen des historischen Plangebers auf der Grundlage des heutigen Verständnisses von den Aufgaben der Bauleitplanung und dem System des bauplanungsrechtlichen Nachbarschut-zes unter Berücksichtigung von Art. 14 GG auszulegen.

4. Einem Nachbarn ist es nach Treu und Glauben verwehrt, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts geltend zu machen, wenn er selbst gegen diese Vorschriften verstößt, sofern es sich dabei um einen quantitativ und qualitativ zumindest vergleichbaren Verstoß handelt.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beigeladene darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich dagegen, dass der Beklagte der Beigeladenen einen Vorbescheid für die Errichtung eines Wohnhauses mit Gewerbeanteil in Berlin-Wannsee erteilt und dabei die Zustimmung für Befreiungen u.a. hinsichtlich der Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse und der Überschreitung der festgesetzten Baumassenzahl in Aussicht gestellt hat.

Der Kläger, ein Segelverein, ist Eigentümer des Grundstücks K..., das direkt am Großen Wannsee gelegen, mit einem Vereinshaus sowie Wassersportanlagen bebaut ist und für Vereinszwecke genutzt wird. Die Beigeladene ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks K...(..., das ebenfalls unmittelbar an den Großen Wannsee grenzt. Auf diesem ca. 6.500 m² großen Grundstück, das ein Gefälle zwischen Straße und See von 9 m aufweist, befand sich ursprünglich eine 1870 erbaute Villa, die ca. 1970 durch ein Gebäude mit vier Vollgeschossen und einem Kellergeschoss ersetzt wurde, das zunächst zu Wohnzwecken, dann bis 2006 als Beherbergungsbetrieb und anschließend bis 2009 teilweise erneut zu Wohnzwecken genutzt wurde und seitdem leer stand. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans X-4 aus dem Jahr 1959, der die Voraussetzungen eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB erfüllt, und sind Teil eines Gebiets, das als Sonderzweckfläche „für Wassersport“ ausgewiesen ist. In den Planergänzungsbestimmungen wird für diese Sonderzweckfläche u.a. als Maß der baulichen Nutzung „eine größte Baumasse von 1,0 m³ umbauten Raumes je m² Baugrundstück, offene Bauweise, zulässige Geschoßzahl - 2 Vollgeschosse“ festgesetzt. Der Bebauungsplan X-4 wurde durch den Textbebauungsplan X-A aus dem Jahr 1971 teilweise geändert und hinsichtlich einzelner Regelungen wie etwa der Ermittlung der Baumasse den Vorschriften der Baunutzungsverordnung in der damals aktuellen Fassung aus dem Jahr 1968 unterworfen.

Die Beigeladene möchte - nach (mittlerweile erfolgtem) Abriss der Bestandsbebauung - auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus mit Gewerbeanteil und Tiefgarage errichten. Das geplante Gebäude soll insgesamt sieben Geschosse aufweisen mit einer maximalen Gebäudehöhe von 27,30 m (bezogen auf das Terrain am Großen Wannsee), wobei das unterste Geschoss wegen der Hanglage nicht als Vollgeschoss zu bewerten und ebenso wie das darüber liegende Geschoss nur von der Seeseite aus zu sehen ist; die beiden obersten Geschosse sollen als Staffelgeschosse gestaltet werden. Die vorhandenen Steganlagen am Wasser sollen erhalten bleiben und teilweise den Bewohnern des Hauses, teilweise weiterhin externen Nutzern zur Verfügung stehen. Nach der zunächst eingereichten Betriebsbeschreibung sollten ca. 20 Wohnungen und 6-8 kleinere Appartements entstehen, daneben waren Büro- und Veranstaltungsräume im Erdgeschoss und im Penthouse sowie ein auch für externe Besucher geöffneter Spa-Bereich vorgesehen, wobei der gewerbliche Anteil bis zu 40 % der Nutzung und der Wohnanteil mindestens 60 % ausmachen sollte. Die Planung geht auf einen von der Beigeladenen ausgelobten Architektenwettbewerb zurück; zur Jury gehörten u.a. der damalige Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, der damalige Bezirksbaustadtrat und die Leiterin des Fachbereichs Stadtplanung. Zur Realisierung des siegreichen Entwurfs beantragte die Beigeladene im Juni 2011 einen Vorbescheid und bat um Überprüfung, ob der dargelegten Planung hinsichtlich verschiedener im Einzelnen aufgeführter Fragestellungen zugestimmt werde.

Unter dem 29. August 2011 erteilte der Beklagte der Beigeladenen einen Vorbescheid zu den gestellten Einzelfragen und stellte darin planungsrechtlich die Zustimmung für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB für die Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse von 2 auf 6, die Überschreitung der zulässigen Baumassenzahl von 1,0 auf 4,30 und die Überschreitung der festgesetzten Straßenbegrenzungslinie, für die Abweichung von der zulässigen Art der Nutzung sowie für die Errichtung einer unterirdischen Garage vor der festgesetzten Baugrenze auf der nicht überbaubaren Grundstücksgrenze in Aussicht. Dem lag eine entsprechende Stellungnahme des Stadtplanungsamtes zur städtebaulichen Vertretbarkeit zugrunde. Der Vorbescheid wurde mit Bescheid vom 29. August 2011 auch dem Kläger bekannt gegeben.

Der Kläger erhob gegen den Vorbescheid Widerspruch und rügte die Rechtswidrigkeit der in Aussicht gestellten Befreiungen. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens teilte die Beigeladene mit, sie habe das bisherige Nutzungskonzept überarbeitet und beabsichtige, die Nutzung des Spa-Bereichs durch Externe auszuschließen und den Anteil an gewerblich genutzten Flächen erheblich zu reduzieren. Mit Bescheid vom 10. September 2012 gab der Beklagte dem Widerspruch des Klägers insoweit statt, als der Vorbescheid eine Befreiung hinsichtlich der Art der Nutzung für einen Gewerbeanteil von ca. 40 % in Aussicht gestellt hatte, und wies ihn im Übrigen zurück.

Der Kläger hat am 19. Oktober 2012 Klage gegen den Vorbescheid erhoben, soweit darin Befreiungen von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse und der Baumassenzahl in Aussicht gestellt worden sind. Dieser Klage hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung eines Ortstermins mit Urteil vom 15. August 2013 stattgegeben und den Vorbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides in dem beantragten Umfang aufgehoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB lägen nicht vor, weil die Befreiung die Grundzüge der Planung berühre. Tragende Grundkonzeption des Bebauungsplans X-4 seien die Gleichstellung von Wohnen und Wassersportnutzung sowie die Erhaltung des landschaftlich reizvollen Gesamtbildes durch Maßbeschränkungen gewesen. Die Befreiung von der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse widerspreche dem zentralen Planungsziel der Bewahrung des reizvollen landschaftlichen Gesamtbildes. Aufgrund der vergleichbaren städtebaulichen Situation der Nachbargrundstücke im Plangebiet habe diese Abkehr von der Plankonzeption weitreichende Folgen. Die Eigentümer der Nachbargrundstücke könnten entsprechende Befreiungen beanspruchen, weshalb die der Beigeladenen in Aussicht gestellte Befreiung dem schleichenden Eindringen von massiver Wohnnutzung Vorschub leisten und die Gefahr bergen würde, dass die Vollgeschossregelung ihre steuernde Kraft verliere. Überdies bestünde die Gefahr, dass die qualitativ hochwertige Wohnnutzung, die an diesem Standort verwirklicht werden solle, die störenden Immissionen durch den Wassersport nicht mehr akzeptieren und diesen letztlich verdrängen würde, was dann dem zweiten zentralen Ziel des Bebauungsplans widerspräche. Auch die Befreiung von der Baumassenzahl widerspreche dem Planungsziel des Erhalts des reizvollen landschaftlichen Gesamtbildes, wobei die in den Bauunterlagen errechnete Baumassenzahl von 4,30 noch weit übertroffen werde. Die objektiv rechtswidrige Befreiung verletze den Kläger in seinem subjektiven Recht auf Erhaltung des Baugebiets. Die Eigenart eines Gebiets könne sich auch aus Festsetzungen zum Maß der Nutzung ergeben, wenn ein Vorhaben wegen seines Umfangs der Eigenart eines bestimmten Baugebiets widerspreche, wenn also im Einzelfall Quantität in Qualität umschlagen und die Größe einer baulichen Anlage die Art der baulichen Nutzung erfassen könne. Der Plangeber habe durch die Maßbeschränkungen gerade das landschaftlich reizvolle Gesamtbild erhalten wollen. Die in Aussicht gestellten Befreiungen verletzten damit den Anspruch des Klägers auf Beibehaltung des vom Plangeber aufgrund der herausragenden städtebaulichen Bedeutung des Gebietes für die Erholung der Berliner Bevölkerung konzipierten besonderen Gebietscharakters. Da der Anspruch auf Erhaltung des Gebietscharakters generell nachbarschützend sei, komme es nicht darauf an, ob der Plangeber nur die öffentlichen Interessen an der Erhaltung dieses Gebietes für ausschlaggebend angesehen habe oder auch die privaten Interessen der beteiligten Grundstückseigentümer habe schützen wollen. Die Berufung des Klägers auf den Gebietserhaltungsanspruch sei auch nicht rechtmissbräuchlich. Er selbst verletze nicht das besondere Gepräge des hier maßgeblichen Gebiets.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung will die Beigeladene eine Änderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage erreichen, die sie für unzulässig und unbegründet hält: Der Kläger sei bereits nicht klagebefugt, denn eine Verletzung subjektiver Rechte sei ausgeschlossen. Zudem fehle ihm das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil er selbst gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoße. Er lasse auf seinem Grundstück eine gebietsfremde Gastwirtschaft betreiben, verletze durch ein Mastenlager das Abstandsflächenrecht und habe die festgesetzte private Grünfläche nahezu vollständig versiegelt, weshalb die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes rechtsmissbräuchlich sei. Die in Aussicht gestellte Befreiung sei objektiv rechtmäßig. Die Berechnung der Baumassenzahl durch den öffentlich bestellten Vermessungsingenieur sei zutreffend, weil der als „private Grünfläche“ umschriebene Bereich zum Bauland gehöre. Die Befreiung sei städtebaulich vertretbar, zumal auch das Vereinshaus des Klägers über fünf Geschosse verfüge und nur geringfügig niedriger sei als der geplante Neubau. Die Grundzüge der Planung seien nicht berührt. Tragendes Plankonzept sei die Ausweisung von Flächen für den Wassersport und die Wahrung des Landschaftsbildes gewesen, die Festsetzung der Maßbeschränkungen zielten dabei insbesondere auf die Verhinderung großer, ufernaher Wassersportanlagen, nicht aber auf eine Beschränkung der Wohnnutzung. Der Siegerentwurf des städtebaulichen Wettbewerbs, der äußerlich an die Villenbebauung am Wannsee angelehnt sei, beeinträchtige im Übrigen das Landschaftsbild nicht. Die Wassersportnutzung auf dem Grundstück bleibe erhalten, im Übrigen sei die Nutzungsart des Vorhabens nicht Klagegegenstand. Vorbescheid und Widerspruchsbescheid regelten bestandskräftig die Nutzung des Vorhabengrundstücks zum Wohnen, für den Wassersport und für eine deutlich untergeordnete gewerbliche Nutzung. Selbst bei Unterstellung einer objektiv rechtswidrigen Befreiung sei der Kläger jedenfalls nicht in subjektiven Rechten verletzt. Die von der Befreiung betroffenen Festsetzungen beträfen das Maß der baulichen Nutzung und seien daher nicht nachbarschützend. Sie prägten hier auch nicht die Eigenart des Baugebiets. Ein Rückgriff auf den Gebietserhaltungsanspruch wäre systemwidrig und komme nicht in Betracht, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Aufrechterhaltung eines bestimmten Nutzungsmaßes zu. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt. Der auf dem Grundstück des Klägers ausgeübte Wassersport sei nicht besonders lärmintensiv, so dass Nutzungskonflikte und bodenrechtliche Spannungen nicht zu befürchten seien.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. August 2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte, der keinen Antrag gestellt hat, hält die Berufung für begründet und schließt sich in der Sache den Ausführungen der Beigeladenen an. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die in Aussicht gestellten Befreiungen die Grundzüge der Planung berührten. Das Vorhaben der Beigeladenen zerstöre nicht das landschaftlich reizvolle Gesamtbild, die geplanten Vollgeschosse seien wegen der starken Hanglage des Grundstücks nur von der Wasserseite aus im vollen Umfang zu sehen, von der Straße aus betrachtet überrage das Bauvorhaben das Gebäude des Klägers nur geringfügig. Die Gleichsetzung von Wohn- und Wassersportnutzung bleibe gewahrt. Die Baumassenzahl sei zutreffend errechnet worden, der Bereich der „privaten Grünfläche“ gehöre nach den Erläuterungen des Bebauungsplans zum Bauland. Das erhöhte Nutzungsmaß des Vorhabens diene dem Zweck, an diesem dominanten, von der Wasserseite weithin sichtbaren Standort ein beeindruckendes Gebäude zu errichten. Die streitgegenständlichen Maßfestsetzungen seien nicht nachbarschützend und von dem Gebietserhaltungsanspruch des Klägers nicht umfasst. Die Befreiung sei auch nicht rücksichtslos.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, seine Klage sei zulässig, insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich, und auch begründet. Die in Aussicht gestellten Befreiungen seien objektiv rechtswidrig und griffen in die Grundzüge der Planung ein. Nach der Plankonzeption sollten die Maßfestsetzungen der Erhaltung des Landschaftsbildes und der Erholungsfunktion der Sondergebietsfläche dienen und hierzu sowohl die Wohn- wie auch die Wassersportnutzung beschränken. Zudem sollte das Konfliktpotential zwischen Wohnen und dem gegebenenfalls lärmintensiven Wassersport von vornherein minimiert werden. Die Befreiung sei zudem städtebaulich nicht vertretbar und mit den nachbarlichen Interessen des Klägers nicht vereinbar. Der nachbarschützende Charakter folge hier aus dem analog heranzuziehenden Gebietserhaltungsanspruch gemäß § 7 Nr. 5 Halbs. 1 BO 1958, weil die Maßfestsetzungen vorliegend die Eigenart des Baugebiets mit prägten. Die geplante Art der Nutzung sei in dieser Quantität nicht zulässig und unterscheide sich daher auch qualitativ von der im Bebauungsplan zugelassenen. Zudem sei die Befreiung rücksichtslos. Die Verwirklichung des Bauvorhabens führe zu einer Verschiebung des Gewichts zwischen Wohnnutzung und Wassersportnutzung, die eine erhebliche Beschränkung der Wassersportnutzung auf dem Grundstück des Klägers zur Folge haben werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte (drei Bände) sowie die von dem Beklagten vorgelegten Vorgänge (ein Verwaltungsvorgang, Bebauungsplan X-4 und ein Leitzordner Aufstellungsvorgang) Bezug genommen, die vorgelegen haben und - soweit wesentlich - Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die vom Senat zugelassene Berufung ist auch im Übrigen zulässig (vgl. Zwischenurteil des Senats vom 13. April 2016), aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers gegen die im Vorbescheid in Aussicht gestellten Befreiungen in Bezug auf die Zahl der Vollgeschosse und die Baumassenzahl im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Denn diese Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. 1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Zur Vermeidung von Popularklagen setzt die Zulässigkeit einer Klage voraus, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist er nicht als Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, ist er nur klagebefugt, wenn er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die (zumindest auch) dazu bestimmt ist, ihn als Dritten zu schützen, und wenn die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Unzulässig ist die Klage im Hinblick auf § 42 Abs. 2 VwGO dabei nur dann, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können, wobei die Anforderungen an den klägerischen Sachvortrag mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht überspannt werden dürfen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2016 - BVerwG 4 B 13.16 -, juris Rn. 7 m.w.N.).

Der Kläger beruft sich vorliegend darauf, dass seine nachbarlichen Interessen bei den in Aussicht gestellten Befreiungen nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht hinreichend gewürdigt worden seien, und rügt unter Hinweis auf die Massivität des geplanten Vorhabens eine Verletzung seines Gebietserhaltungsanspruchs sowie einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass § 31 Abs. 2 BauGB im Hinblick auf das darin enthaltene Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung hat und zwar unabhängig davon, ob die Festsetzungen im Bebauungsplan, die Gegenstand der Befreiung sind, ihrerseits drittschützend sind (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 -, juris Rn. 15; Beschluss vom 8. Juli 1998 - BVerwG 4 B 64.98 -, juris Rn. 5). Danach erscheint die Verletzung nachbarlicher Rechte des Klägers nach seinem Vortrag zumindest möglich; ob sie tatsächlich vorliegt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage.

2. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen fehlt dem Kläger auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Besondere Umstände, die ausnahmsweise ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zur Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs entfallen lassen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. zu den einzelnen Fallgruppen etwa v. Albedyll, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl. 2014, Vor §§ 40 ff Rn. 25 ff.). Die von der Beigeladenen angesprochene Rechtsprechung, wonach rechtsmissbräuchlich handelt, wer unter Berufung auf das nachbarliche Austauschverhältnis eine eigene Nutzung schützen möchte, die ihrerseits das nachbarliche Austauschverhältnis stört (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 23.98 -, juris Rn. 15; VG München, Urteil vom 1. Oktober 2009 - M 11 K 08.1494 -, juris Rn. 19), betrifft den Wegfall des (materiellrechtlichen) Anspruchs des Nachbarn, dem es in dieser Fallkonstellation im Einzelfall versagt ist, sich mit Erfolg auf seinen Gebietserhaltungsanspruch zu berufen, weshalb seine Klage ggf. unbegründet ist. Eine Verwirkung des (prozessualen) Klagerechts (vgl. dazu v. Albedyll, a.a.O., Rn. 35) lässt sich damit nicht begründen.

II. Die Klage ist auch begründet. Denn der der Beigeladenen erteilte Vorbescheid ist hinsichtlich der in Aussicht gestellten Befreiungen von der im Bebauungsplan X-4 festgesetzten Baumassenzahl und der zulässigen Zahl der Vollgeschosse rechtswidrig (1.) und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.). Dieser kann daher insoweit die Aufhebung des Bescheides verlangen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ohne dass dies wegen eigener Verstöße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans ausgeschlossen wäre (3.).

1. Die in Aussicht gestellten Befreiungen hinsichtlich Vollgeschosszahl und Baumassenzahl sind objektiv rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Befreiungsentscheidung ist § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Danach kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die Befreiungen berühren die Grundzüge der Planung.

Das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung soll sicherstellen, dass die Festsetzungen eines Bebauungsplans, die grundsätzlich strikt verbindlich gelten, nicht beliebig durch einen Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden können. Es trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Bebauungsplan nicht durch die Bauaufsichtsbehörde, sondern gemäß § 1 Abs. 8 BauGB nur durch die für die entsprechende Bauleitplanung zuständige Gemeinde - in Berlin in der Regel das Bezirksamt, §§ 1, 6 AGBauGB - und nur in dem dafür vorgesehenen formalisierten Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange geändert werden kann. Mit der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB steht der Bauaufsichtsbehörde ein Instrument zur Verfügung, das ihr trotz der strikten Rechtsbindung im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein Mindestmaß an Flexibilität eröffnet für Vorhaben, die den Festsetzungen zwar widersprechen, sich aber gleichwohl mit den planerischen Vorstellungen in Einklang bringen lassen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 -, juris Rn. 5 m.w.N.; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 30. April 2013 - OVG 10 N 58.10 -, juris Rn. 7). Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt dabei von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt dabei der Schluss nahe, dass es um eine Änderung der Planungskonzeption geht, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (BVerwG. Beschluss vom 5. März 1999, a.a.O. Rn. 6; Beschluss vom 19. Mai 2004 - BVerwG 4 B 35.04 -, juris Rn. 3). Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist hier davon auszugehen, dass die in Aussicht gestellten erheblichen Abweichungen von den Festsetzungen des für das Vorhabengrundstück geltenden Bebauungsplans X-4 hinsichtlich der Vollgeschosszahl und der Baumasse mit der planerischen Grundkonzeption des Bebauungsplans nicht mehr vereinbar sind und daher die Grundzüge der Planung berühren.

Der „Bebauungsplan X-4 für die Umgestaltung der Umgebung des Bahnhofs Wannsee und der Wannseebrücke in Wannsee“, der auf der Grundlage des Gesetzes über die städtebauliche Planung im Lande Berlin (in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1956, GVBl. S. 272) im Jahr 1958 beschlossen und durch Verordnung vom 9. November 1959 (GVBl. S. 1200) festgesetzt worden ist, gilt nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes 1960 (BBauG 1960) und nachfolgend des Baugesetzbuches gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als Bebauungsplan im Sinne dieses Gesetzes fort. Er wurde - zusammen mit weiteren Bebauungsplänen des Bezirks - durch den Textbebauungsplan X-A (festgesetzt durch Verordnung vom 9. Juli 1971, GVBl. S. 1233) geändert und hinsichtlich bestimmter Regelungen den Vorschriften der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Baunutzungsverordnung von 1968 unterworfen (vgl. zur jedenfalls gewohnheitsrechtlichen Geltung der A-Bebauungspläne OVG Berlin, Urteil vom 30. Oktober 1987 - OVG 2 B 5.86 -, OVGE 18, 68, LS auch in juris). Zweifel an der Wirksamkeit und Fortgeltung des Bebauungsplanes X-4 bzw. der hier maßgeblichen Festsetzungen (vgl. zu den Voraussetzungen einer Überleitung nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 BVerwG, Urteil vom 1. September 2016 - BVerwG 4 C 2.15 -, juris Rn. 13 m.w.N.) sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch sonst ersichtlich; die Fortgeltung der planerischen Festsetzung ist vielmehr Grundlage der streitgegenständlichen Befreiungen.

Das Plangebiet umfasst Bereiche beiderseits der Königstraße westlich und östlich der Wannseebrücke sowie beiderseits des Kronprinzessinnenwegs insbesondere in der Umgebung des Bahnhofs Wannsee und damit zahlreiche Grundstücke im Uferbereich vom Großen und Kleinen Wannsee. Im Hinblick auf die übergeordnete städtebauliche Bedeutung dieses Gebiets für den Ausflugsverkehr der Berliner Bevölkerung soll der Bebauungsplan - neben verkehrstechnischen Regelungen - insbesondere die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die städtebauliche Ordnung und landschaftliche Gestaltung dieses Gebiets schaffen und dabei auch die Nutzung der privaten Grundstücke für den Wassersport regeln (vgl. Begründung Abgh-Drs. III/Nr. 349, S. 1). Nach der Planbegründung soll im Interesse der Allgemeinheit eine Entwicklung festgelegt werden, die die Erhaltung und Verbesserung des landschaftlich reizvollen Gesamtbildes zum Ziel hat. Der Durchsetzung dieses Ziels dient u.a. die Forderung, dem Wassersport die notwendigen Flächen zur Verfügung zu stellen und dabei das Maß der Nutzung zu beschränken (Begr. a.a.O., S. 1 Forderung Nr. 3). Dieses Ziel wird durch Ausweisung einer Fläche mit der besonderen Zweckbestimmung „für Wassersport“ umgesetzt, die westlich der Wannseebrücke gelegen ist und (damals) acht am Großen Wannsee gelegene Grundstücke i... und d... darunter auch die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen, umfasst. Eine weitere kleine Sondergebietsfläche Wassersport befindet sich östlich der Wannseebrücke. Die streitgegenständlichen Festsetzungen betreffen diese Sondergebiete und finden sich in Ziffer 1 der Planergänzungsbestimmungen. Diese lautet:

„Innerhalb der Sonderzweckflächen für den Wassersport sind bauliche Anlagen, die dem Wassersport dienen, insbesondere zur Lagerung von Wasserfahrzeugen, sowie Wohnbauten und die dazugehörigen Nebenanlagen zulässig. Ausnahmsweise können nicht störende kleine Werkstätten für die Instandsetzung von Sportbooten zugelassen werden.

Als Maß der baulichen Nutzung wird eine größte Baumasse von 1,0 m³ umbauten Raumes je m² Baugrundstück, offene Bauweise, zulässige Geschoßanzahl - 2 Vollgeschosse, festgesetzt.“

Mit der Ankündigung, einer Befreiung zur Überschreitung der zulässigen Vollgeschosse von zwei auf sechs und zur Überschreitung der festgesetzten Baumassenzahl von 1,0 auf 4,30 zuzustimmen, werden die beiden zentralen Nutzungsmaßvorgaben für dieses Sondergebiet, das seinerseits zentrale Bedeutung für den Bebauungsplan hat, in erheblicher Weise um ein Mehrfaches übertroffen. Dies ist mit den Grundzügen der Planung nicht mehr vereinbar.

Dabei kann dahinstehen, ob die von der Beigeladenen und dem Beklagten errechnete Baumassenzahl des Vorhabens zutreffend ist oder - wie der Kläger und das Verwaltungsgericht annehmen - tatsächlich deswegen noch höher liegt, weil bei Anwendung der nach dem Bebauungsplan X-A (gewohnheitsrechtlich) geltenden Vorschriften der BauNVO 1968 die „private Grünfläche“ unberücksichtigt bleiben und daher von einer geringeren Baufläche ausgegangen werden müsste. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte bei seiner Befreiungsentscheidung eine zutreffende Vorstellung davon gehabt hat, in welchem Maße von der ursprünglichen Intention des Bebauungsplans abgewichen werden sollte. Der Plangeber hat den als „private Grünfläche“ gekennzeichneten Bereich offensichtlich als nicht bebaubare Fläche des Baulands angesehen. Dementsprechend geht die in den Aufstellungsvorgängen enthaltene Berechnung der Baumassenzahl für die Grundstücke der Beigeladenen von einer maßgeblichen Fläche von (4.512,62 + 2.045 =) 6.557,62 m² aus, was etwa dem von der Beigeladenen zugrunde gelegten Wert (6.511 m²) entspricht und sogar etwas höher liegt, so dass das Vorhaben der Beigeladenen tatsächlich die vom Plangeber ursprünglich beabsichtigte Baumasse um das ca. 4,3-fache übersteigt.

Soweit die Beigeladene geltend macht, die Grundzüge der Planung seien nicht berührt, weil die Maßfestsetzungen nur auf eine Beschränkung für bauliche Anlagen des Wassersports zielten und insbesondere großflächige Bootslagerhallen und Werkstätten in Ufernähe verhindern sollten, die das landschaftlich reizvolle Gesamtbild stören könnten, während man damals an große Stadtvillen gar nicht gedacht habe, dürfte es zutreffen, dass sich aus den Aufstellungsvorgängen insbesondere der Wille zur Begrenzung von Bootsschuppen und ähnlichen Anlagen entnehmen lässt. Auch in der Begründung des Bebauungsplans wird die Beschränkung des Maßes der Nutzung zunächst in Bezug gesetzt zur Schaffung der notwendigen Flächen für den Wassersport (Abgh-Drs. III/Nr. 349 S. 1 Forderung 3: „Dabei“). Zudem war die Baumassenzahl (auch) damals ein Nutzungsmaß, das insbesondere auf gewerbliche Nutzungen zielte (vgl. heute Spalte 4 der Tabelle in § 17 Abs. 1 BauNVO) und nach der während des Planverfahrens zunächst geltenden Bauordnung für die Stadt Berlin (vom 9. November 1929, Amtsblatt für die Stadt Berlin S. 1188, in der Fassung der Nachträge 1 - 29) in § 31 Abs. 2 nur im Zusammenhang mit Fabrik- und Geschäftsbauten thematisiert wurde bzw. nach der am 1. Januar 1959 in Kraft getretenen Bauordnung für Berlin in der Fassung vom 21. November 1958 (GVBl. S. 1104) - BO 1958 - gemäß § 7 Nr. 13 Satz 3 das Nutzungsmaß von Arbeitsgebieten bestimmte. Der Bebauungsplan differenziert jedoch innerhalb der ausgewiesenen Sondergebietsflächen gerade nicht nach dem Nutzungszweck einzelner Anlagen, sondern unterwirft die Grundstücke ausnahmslos der festgesetzten Begrenzung des Nutzungsmaßes, das damit in gleicher Weise auch für Wohnbauten gilt. Schon in der frühen Fassung der Planergänzungsbestimmungen vom Juni 1954 war eine allgemeine Beschränkung der baulichen Nutzung der Grundstücke der Sonderzweckfläche von (damals noch) 0,5 m³ Baumasse für jeden m² Grundstücksfläche vorgesehen und dazu ausgeführt, dass eine Bebauung im Ausmaß der bisher geltenden Bauklasse II angesichts der Größe der Grundstücke dem Charakter des Gebiets nicht entsprechen würde. Eine Anfang 1955 vorgenommene Berechnung zur Beurteilung von Bauvorhaben auf den Grundstücken Königstraße 3 B, 4 und 4 A in Bezug auf die damals bereits geplante Baumassenzahl von 1,0 differenzierte ebenfalls nicht nach der Nutzung zu Wohnzwecken, als Nebenanlagen oder für den Wassersport. Die von der Beigeladenen angeführte Unterscheidung in der Fassung der Planergänzungsbestimmungen vom November 1955 zwischen der baulichen Ausnutzung der Grundstücke für den Wassersport (0,5 m³, handschriftlich korrigiert auf 1,0 m³ je m² Grundstücksfläche) und dem Nutzungsmaß für Wohnbauten (2/10 der Grundstücksfläche) ist aufgegeben und auf Vorgabe des Senators für Bau- und Wohnwesen entsprechend der heutigen Fassung umformuliert worden. Im Erläuterungsbericht zur Planfassung vom 26. Februar 1958 wird die Reduzierung der für das Gebiet sonst geltenden Baumassenzahl von 1,6 m³ umbauten Raumes je m² Baugrundstücksfläche allgemein mit der besonderen Lage und dem Charakter des Gebiets begründet. Daraus wird deutlich, dass eine unterschiedliche Behandlung von Wassersportanlagen und Wohngebäuden nicht gewollt war. In der Begründung der Endfassung des Bebauungsplans wird dementsprechend allgemein auf die Grundstücksgröße und den Gebietscharakter abgestellt und ausgeführt, das Maß der Nutzung auf diesen Grundstücken sei gegenüber dem früher nach dem Bauzonenplan 1925 zulässigen Maß von 1,6 m³/m² beschränkt und gegenüber dem nunmehr geltenden Baunutzungsplan erhöht worden. Da es sich bei den Grundstücken für den Wassersport um größere Grundstücksflächen handele, würde die volle Ausnutzung im Sinne des Bauzonenplanes den Charakter des Gebietes erheblich beeinträchtigen. Entsprechende Einwendungen der damaligen Grundstückseigentümer gegen die Herabsetzung des Nutzungsmaßes wurden mit der Begründung zurückgewiesen, eine Heraufsetzung der Nutzung sei wegen der Erhaltung des Landschaftsbildes an dieser hervorragenden Stelle am Großen Wannsee nicht vertretbar, wobei nicht danach unterschieden wurde, ob die Eigentümer eine höhere Baumassenzahl für einen rentablen Wassersportbetrieb anstrebten oder die allgemeine Bebaubarkeit ihres Grundstücks und den Schutz der Wohnnutzung geltend machten. Der Plangeber wollte somit erkennbar die Bebauung im Sondergebiet insgesamt beschränken.

Die Festsetzungen zum Nutzungsmaß, insbesondere die Beschränkung der Vollgeschosse, aber auch der Baumassenzahl für die in der Sondergebietsfläche Wassersport liegenden Grundstücke waren demnach ein zentrales Anliegen des Plangebers, um das Landschaftsbild an dieser herausragenden Stelle zu schützen und den Gebietscharakter zu erhalten, wobei es um die Stärkung von Grünflächen und die Begrenzung der Bebauung insgesamt unabhängig von der Art der baulichen Nutzung oder ihrem ästhetischen Erscheinungsbild ging. Die Maßbeschränkungen sind dabei im Zusammenhang mit der Festsetzung eines 35 m breiten Grünstreifens am Ufer des Großen Wannsees und den weiteren Planergänzungsbestimmungen in Nr. 4 und 5 zu sehen, die die Gewährleistung eines ununterbrochenen Ufergrüns durch Anpflanzung und Unterhaltung von Bäumen im Uferbereich, das weitgehende Verbot von Werbetafeln und Vitrinen und die Möglichkeit der Vorgabe gestalterischer Anforderungen für vom Wasser aus sichtbare Bauten enthalten. Die Forderung, den öffentlichen und privaten Grünflächenanteil besonders groß zu halten, gehörte zu den wesentlichen Zielen des Bebauungsplans (Forderung Nr. 2, S. 1 der Begründung), die Ausflügler, die am Bahnhof Wannsee ankamen, sollten einen „durch kein Bauwerk gestörten freien Blick auf den Großen Wannsee“ haben (Begr. S. 2 oben).

Nach dem Eindruck, den der Senat bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat, ist das Konzept eines „grünen Uferbereichs“ im Wesentlichen verwirklicht worden und hat auch heute noch Bestand (vgl. Fotos Nr. 16 bis 24 der Anlage zum Protokoll). Von der Wasserseite betrachtet, vermittelt der Uferbereich am Großen Wannsee den Eindruck einer grünen, naturbetonten Landschaft, in der die Bebauung merklich zurücktritt und die einzelnen Gebäude, sofern sie nicht weitgehend durch Bäume verdeckt werden, höhenmäßig unterhalb der Baumgrenze bleiben. Der Blick wird durch die Wasserfläche des Großen Wannsee und - jedenfalls im Sommer - die an den Steganlagen liegenden Boote sowie die dem Wassersport zuzurechnenden Anlagen dominiert, wobei die Ufergrundstücke des Plangebiets Teil dieses einheitlich wirkenden Landschaftsbildes sind.

Die Entscheidung, an exponierter Stelle eine „Landmarke“ und äußerlich anspruchsvolle städtebauliche Dominante zu setzen, stellt eine wesentliche Änderung dieses Planungskonzepts und einen grundlegenden Eingriff in die bisherige städtebauliche Ordnung dar. Dies entspricht auch durchaus der Intention des Vorhabens. Der zum Gegenstand der Vorbescheidsanfrage gemachte Entwurf geht auf einen Architektenwettbewerb zurück. Die Jury, die diesen Entwurf einstimmig ausgewählt hat, hat hierzu u.a. festgestellt, der gewählte Solitär sei typologisch die kompakteste Lösung und biete die Möglichkeit, alle Funktionen in sich zu vereinen. Die Präsens und Stärke am Ort formuliere zwar einen morphologischen Bruch mit der heterogenen Umgebung, der Solitär vermöge es jedoch, „dieser eine neue Ordnung zu geben und sie so zu erden“. Trotz der Baumasse des vorgegebenen Rahmenprogramms entspreche der Entwurf dem gewünschten Bild eines großen Hauses am Wannsee, insbesondere an dieser landschaftsräumlichen Schlüsselstelle (Protokoll der Jurysitzung vom 14. Dezember 2011, S. 2). Daraus wird deutlich, dass dem Vorhaben eine Schlüsselfunktion für eine neue städtebauliche Konzeption zukommen sollte. Eine solche Entscheidung kann jedoch - ungeachtet der Frage, ob sie städtebaulich sinnvoll oder nachvollziehbar ist - nicht zulässiger Inhalt einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB sein; sie obliegt nicht der Bauaufsichtsbehörde, sondern dem Plangeber. Das „Alter“ des Bebauungsplans und eine etwaige Änderung der allgemeinen städtebaulichen Vorstellungen seither sind in diesem Zusammenhang unbeachtlich (vgl. v.Feldmann/Knuth, Berliner Planungsrecht, 3. Auflage 1998, Rn. 209).

Danach ist festzustellen, dass die von der Beigeladenen geplante Überschreitung der festgesetzten Nutzungsmaße auf das Dreifache der zulässigen Vollgeschosse (6 statt 2) und (mindestens) das ca. 4,3-fache der festgesetzten Baumassenzahl in einem besonders exponierten Bereich der ohnehin nur aus wenigen Grundstücken bestehenden, für den Bebauungsplan zentral wichtigen Sondergebietsfläche Wassersport am Großen Wannsee mit dem Grundkonzept des Bebauungsplans nicht mehr vereinbar ist und daher die Grundzüge der Planung berührt. Dies führt dazu, dass die Erteilung einer Befreiung schon tatbestandsmäßig ausscheidet und die Entscheidung des Beklagten objektiv rechtswidrig ist, ohne dass es auf die Frage der städtebaulichen Vertretbarkeit noch ankommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. September 2009 - BVerwG 4 B 29.09 -, juris Rn. 5).

2. Die in dem angefochtenen Vorbescheid in Aussicht gestellten rechtswidrigen Befreiungen verletzen den Kläger auch in seinen nachbarlichen Rechten.

Da der Bauvorbescheid einen vorweggenommenen Teil der Baugenehmigung darstellt und insoweit in einem späteren Baugenehmigungsverfahren Bindungswirkung entfaltet, richtet sich die Reichweite eines möglichen Eingriffs in Nachbarrechte danach, ob die vorab entschiedene Frage einen Eingriff in Nachbarrechte präjudiziert (vgl. VGH BW, Urteil vom 18. November 2002 - 3 S 882/02 -, juris Rn. 20). Drittschutz vermitteln dabei solche Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die jedenfalls auch der Rücksichtnahme auf individuelle Interessen und deren Ausgleich untereinander dienen (BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 -, juris Rn. 11). Wie dargelegt, hat § 31 Abs. 2 BauGB im Hinblick auf das darin enthaltene Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen eine solche drittschützende Wirkung. Dabei ist allerdings zu unterscheiden: Geht es um die Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans, führt jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung bzw. hier des Vorbescheids (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 - BVerwG 4 B 64.98 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 27. August 2013 - BVerwG 4 B 39.13 -, juris Rn. 3). Betrifft die erteilte Befreiung dagegen eine nicht nachbarschützende Festsetzung, steht dem Nachbarn ein Abwehranspruch nur zu, wenn die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung über die Befreiung nicht die gebotene Rücksicht auf seine nachbarlichen Interessen genommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998, a.a.O., Rn. 5; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. Dezember 2013 - OVG 10 N 90.10 -, juris Rn. 14). Vorliegend kann sich der Kläger darauf berufen, dass die von den Befreiungen erfassten Festsetzungen nachbarschützenden Charakter haben. Dies ergibt sich zwar nicht schon aus den allgemeinen bundesrechtlichen Vorschriften (a) oder einem (allgemeinen oder speziellen) Gebietserhaltungs- oder Gebietsprägungserhaltungsanspruch (b), folgt aber aus der besonderen Konzeption des Bebauungsplans X-4 (c).

a) Die streitgegenständlichen Festsetzungen zur Vollgeschosszahl und Baumassenzahl sind nicht schon kraft Bundesrechts nachbarschützend, weil dies nur für Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung gilt (aa) und vorliegend nur Maßfestsetzungen betroffen sind (bb).

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Festsetzungen in einem Bebauungsplan zur Art der baulichen Nutzung immer nachbarschützend mit der Folge, dass sich der Nachbar unabhängig von einer tatsächlichen Beeinträchtigung auf ihre Nichteinhaltung berufen kann, während Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (ebenso wie die über die überbaubare Grundstücksfläche) nur dann drittschützend sind, wenn ihnen diese Funktion im Einzelfall nach dem Willen des Plangebers (zumindest auch) zukommen soll (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - BVerwG 4 B 29.16 -, juris Rn. 5 m.w.N.). Ist dies nicht der Fall, ist das Gebot der Rücksichtnahme nach § 31 Abs. 2 BauGB zum Schutze des Nachbarn ausreichend. Von diesen Grundsätzen geht auch das erkennende Gericht in ständiger Rechtsprechung aus (vgl. nur Beschluss vom 19. Dezember 2012 - OVG 10 N 30.10 -, juris Rn. 7; Beschluss vom 11. Dezember 2013 - OVG 10 N 90.10 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 19. Mai 2014 - OVG 2 S 8.14 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 9. Juni 2017 - OVG 10 S 34.17 -, juris Rn. 6). Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:

Die Entscheidung, ob einer Festsetzung im Bebauungsplan drittschützende Wirkung zukommen soll, obliegt grundsätzlich dem Plangeber in eigener Verantwortung. Er ist allerdings insoweit gebunden, als die Gebietsfestsetzungen nach der Baunutzungsverordnung (oder Vorgängerregelungen) bereits bundesrechtlich grundsätzlich drittschützend sind, so dass für einen abweichenden Gestaltungswillen bei der Bauleitplanung kein Raum besteht (grundlegend BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 -, juris Rn. 12; Urteil vom 23. August 1996 - BVerwG 4 C 13.94 -, juris Rn. 53; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2000 - BVerwG 4 B 87.99 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 4 B 55.07 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 13. Dezember 2016 - BVerwG 4 B 29.16 -, juris Rn. 5). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass die bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, insbesondere die Gebietsfestsetzungen, auf dem Konzept einer Ausgleichsordnung im Sinne eines wechselseitigen Austauschverhältnisses beruhen. Die jeweiligen Planbetroffenen werden im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkungen, denen jeder Eigentümer in der Ausnutzung seines eigenen Grundstücks unterliegt, werden dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer desselben Gebiets diesen Beschränkungen unterworfen sind und jeweils wechselseitig deren Einhaltung verlangt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993, a.a.O., Rn. 12; OVG Berlin, Beschluss vom 25. Februar 1988 - OVG 2 S 1.88 -, NVwZ-RR 1989, 116). Die drittschützende Zweckrichtung ist dabei bereits in der Ermächtigungsgrundlage für die Gebietsfestsetzung angelegt (BVerwG, Urteil vom 23. August 1996, a.a.O., Rn. 53). Der Nachbarschutz besteht in diesem Zusammenhang unabhängig davon, ob der Nachbar durch die gebietswidrige Nutzung unzumutbar oder auch nur tatsächlich spür- und nachweisbar beeinträchtigt wird, weil bereits das gebietsfremde Vorhaben zu einer Störung des nachbarlichen Austauschverhältnisses führt und typischerweise eine (schleichende) Verfremdung des Gebiets einleitet (BVerwG, Urteil vom 16. September 1993, a.a.O., Rn. 23; Beschluss vom 23. Juni 1995 - BVerwG 4 B 52.95 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 27. August 2013 - BVerwG 4 B 39.13 -, juris Rn. 3 f.).

Demgegenüber haben Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung kraft Bundesrechts grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion. Sie lassen in aller Regel den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke (BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 - BVerwG 4 B 52.95 -, juris LS und Rn. 4; Urteil vom 28. April 2004 - BVerwG 4 C 10.03 -, juris Rn. 27; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 9. Juni 2017 - OVG 10 S 34.17 -, juris Rn. 6). Ihnen liegt nicht von vornherein eine Abwägung der nachbarlichen Interessen und das Konzept eines wechselseitigen Austauschverhältnisses zugrunde und sie begründen daher nicht bereits kraft Bundesrechts eine vergleichbare Schicksalsgemeinschaft aller Grundstückseigentümer eines Baugebiets.

Soweit in der Literatur vereinzelt vertreten wird, auch Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien abstrakt-generell drittschützend, weil die Maßfestsetzungen den Eigentümer zwar in seiner Baufreiheit beschränkten, ihm aber zugleich die Vorteile einer bestimmten (baulichen) Eigenart innerhalb des festgesetzten Gebietstyps sicherten (so Wolf, NVwZ 2013, 247, 250), ist dem nicht zu folgen (ablehnend auch BayVGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 2 ZB 14.101 -, juris Rn. 10). Diese Auffassung setzt sich über den Grundsatz hinweg, dass es in erster Linie Aufgabe des Planungsträgers ist zu bestimmen, welche Ziele er mit einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans verfolgt. Er kann dabei neben städtebaulichen Aspekten auch den nachbarlichen Interessenausgleich in den Blick nehmen und den betroffenen Eigentümern zum Ausgleich der beschränkten Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke ein Recht auf Bewahrung einer bestimmten städtebaulichen Situation und damit einhergehend ein subjektives Recht auf Abwehr von Beeinträchtigungen dieses Gebietscharakters einräumen (vgl. zu einem solchen Nachbarschutz bei Festsetzungen zur Erhaltung der schönen Aussicht oder zur Zahl der Vollgeschosse schon BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1971 - BVerwG IV C 2.68 - und vom 2. März 1973 - BVerwG IV C 35.70 -, jeweils in juris). Anders als bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung ist die Schaffung eines nachbarlichen Ausgleichsverhältnisses bei Maßfestsetzungen jedoch nicht schon in der Ermächtigungsgrundlage angelegt, zumal die Grundstücke innerhalb eines Baugebiets insoweit durchaus unterschiedlichen Festsetzungen unterliegen können. Eine nachbarschützende Intention des Plangebers kann daher nicht generell unterstellt werden, sondern muss sich im Einzelfall aus dem Bebauungsplan ergeben.

bb) Eine nachbarschützende Wirkung der fraglichen Maßfestsetzungen lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht damit begründen, dass hier „Quantität in Qualität umschlägt“ und daher der Sache nach die Art der baulichen Nutzung betroffen wäre. Der Kläger bezieht sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 16. März 1995 - BVerwG 4 C 3.94 -, juris Rn. 17), wonach die Größe einer baulichen Anlage auch die Art der baulichen Nutzung erfassen kann. Denkbar ist dies etwa dann, wenn die quantitative Dimensionierung eines Vorhabens derart aus dem Rahmen fällt, dass eine in dem Baugebiet in seiner konkreten Ausgestaltung unzumutbare Qualität im Hinblick auf die Art der Nutzung erreicht wird (vgl. OVG NW, Beschluss vom 21. Februar 2005 - 10 B 1269/04 -, juris Rn. 10; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Feb. 2017, § 15 BauNVO Rn. 18 mit weiteren Fallbeispielen). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Auch wenn die räumliche Dimension des Vorhabens beachtlich ist und die Höhe des Gebäudes jedenfalls auf der Wasserseite gleichsam hochhausähnlichen Charakter aufweist (vgl. zum Begriff des Hochhauses § 2 Abs. 4 Nr. 1 BauO Bln), führt allein die Größe des Gebäudes noch nicht dazu, dass eine neue Art der Nutzung in das Gebiet hineingetragen und die dort geplante Wohnnutzung ihrer Art nach zu einer „anderen“ Wohnnutzung würde, die sich grundlegend von der unterscheidet, die der Ausweisung der Sondergebietsfläche „Wassersport“ zugrunde liegt. Auch die Argumentation, durch die Größe des Vorhabens und die damit verbundene intensive Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken sowie die angestrebte hohe Qualität dieser Wohnnutzung bestehe im Ergebnis die Gefahr der Verdrängung des Wassersports, vermag nicht ohne Weiteres zu überzeugen. Es ging dem Plangeber nicht darum, das Maß der Wohnnutzung zurückzunehmen, um dem Wassersport Entfaltungsmöglichkeit zu bieten, vielmehr dienten die hier streitgegenständlichen Maßfestsetzungen, die für Wohnnutzung und Wassersportnutzungen in gleicher Weise gelten sollten, der Erhaltung des Landschaftsbildes und des Gebietscharakters an sich. Der Widerspruch zu den Grundzügen der Planung liegt in der Dimension des Gebäudes und nicht in der Art seiner Nutzung und würde auch bestehen, wenn nur wenige Personen in dem Gebäude wohnten oder dieses in nennenswertem Umfang auch für Zwecke des Wassersports (etwa als Vereinshaus) genutzt würde. Soweit die Beigeladene in diesem Zusammenhang im Übrigen geltend macht, die Art der baulichen Nutzung durch das Vorhaben stünde bestandskräftig fest, ist dies nicht zutreffend. Denn der Bauvorbescheid enthält gerade keine positive Regelung zur Nutzung des Vorhabens. Die entsprechende Anfrage in ihrer ursprünglichen Fassung wurde wegen des zu hohen Anteils gewerblicher Nutzung negativ beschieden und das im Widerspruchsverfahren geänderte Nutzungskonzept ist nicht Gegenstand des Vorbescheids geworden, so dass nur über die Nutzungsmaße entschieden worden ist und gerade nicht über die Frage, wie das in der beschriebenen Weise dimensionierte Gebäude konkret genutzt werden soll. Die vom Kläger befürchtete „gesteigerte“ und „anspruchsvollere“ Wohnnutzung ist weder Gegenstand der Befreiungsentscheidung noch ihre zwangsläufige Folge. Dass der Wassersport im Ergebnis durch die Wohnnutzung verdrängt werden könnte, erscheint zudem wenig plausibel, zumal der Nutzungskonflikt allenfalls zwischen Wassersport und Wohnnutzung an sich bestehen kann und die Bewohner des Grundstücks der Beigeladenen nicht dadurch „schutzbedürftiger“ werden, dass dort mehr oder in ihrer Lebensqualität anspruchsvollere Personen wohnen.

b) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein Abwehranspruch auch nicht allgemein aus einer Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs des Klägers herleiten.

Der Kläger macht geltend, der nachbarschützende Charakter folge aus dem analog heranzuziehenden Gebietserhaltungsanspruch gemäß § 7 Nr. 5 Halbs. 1 BO 1958, der inhaltlich dem aus § 15 Abs. 1 BauNVO entwickelten Anspruch entspreche und auch im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen sei. Dieser Anspruch gelte auch für Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, wenn diese ausnahmsweise die Eigenart des Baugebiets mitprägten, was vorliegend der Fall sei. Derartige gebietsprägende Maßfestsetzungen seien daher im Einzelfall nachbarschützend. Diese Argumentation lässt sich nicht ohne weiteres mit den dargestellten Grundsätzen zum bauplanerischen Charakter von Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung vereinbaren und überzeugt daher nicht.

Der Gebietserhaltungsanspruch, auf den der Kläger sich beruft, ist ein vom Bundesverwaltungsgericht für den Nachbarschutz im Bauplanungsrecht entwickeltes und in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkanntes Rechtsinstitut, das auf dem Gedanken des nachbarlichen Austauschverhältnisses beruht und besagt, dass die Eigentümer von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (oder in einem faktischen Baugebiet) das Recht haben, sich unabhängig von einer individuellen Betroffenheit gegen Vorhaben zur Wehr zu setzen, die der Gebietsart und dem Gebietscharakter widersprechen. Dieser Gedanke ist - wie oben dargestellt - die maßgebliche Argumentationsgrundlage der Rechtsprechung zum nachbarschützenden Charakter von Baugebietsfestsetzungen und spielt als wesentlicher Grundsatz des Nachbarschutzes im Bauplanungsrecht nicht nur im Rahmen von Befreiungsentscheidungen eine Rolle (grundlegend BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 -, juris; zur Entwicklung des Rechtsinstituts Stühler, BauR 2011, 1576 ff.). Anerkannt in diesem Zusammenhang ist sowohl ein subjektiver Anspruch auf Abwehr eines Vorhabens, das bereits mit der Gebietsart an sich nicht vereinbar ist (allgemeiner Gebietserhaltungsanspruch), als auch der Anspruch auf Schutz vor solchen Vorhaben, die zwar in dem Baugebiet (jedenfalls ausnahmsweise) zulässig, auf Grund ihrer typischen Nutzungsweise aber gleichwohl (generell) im Hinblick auf die Zweckbestimmung des Baugebiets nicht gebietsverträglich sind (vgl. hierzu Decker, JA 2007, 55, 57, der dies als speziellen Gebietsprägungserhaltungsanspruch bezeichnet; vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2012 - BVerwG 4 C 14.10 -, juris Rn. 16 f. zum Krematorium im Gewerbegebiet; zustimmend und mit weiteren Fallbeispielen Stühler, a.a.O., S. 1580).

Diesen Anspruch auf Bewahrung der Gebietsart und des Gebietscharakters will der Kläger auf einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets ausweiten, den er aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bzw. hier der damit weitgehend vergleichbaren (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 6. Oktober 2015 - OVG 10 B 1.14 -, juris Rn. 36 m.w.N.) Regelung des § 7 Nr. 5 Halbs. 1 BO 1958 herleitet und auch auf Maßfestsetzungen erstrecken will. Er knüpft damit - ebenso wie das Verwaltungsgericht - an die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg an, das einen derartigen Anspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO auf Erhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets bejaht (HambOVG, Beschluss vom 4. Mai 2009 - 2 Bs 154/08 -, juris Rn. 13, Beschlüsse vom 8. Oktober 2009 - 2 Bs 176/09 und 2 Bs 177/09 -, jeweils juris Rn. 7) und diesen Gedanken auch auf einen Fall angewandt hat, in dem es um eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ging (Beschluss vom 5. Juni 2009 - 2 Bs 26/09 -, juris, zu einer sog. Zwei-Wohnungsklausel). Die letztgenannte Entscheidung lässt sich allerdings schon deshalb nicht auf die vorliegende Fallkonstellation übertragen, weil das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im Ergebnis davon ausgegangen ist, dass die dortige Befreiung die Art der Nutzung betraf, was vorliegend gerade nicht zutrifft.

Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung des Senats, ob ein solcher Gebietswahrungsanspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines konkreten Gebiets besteht, der unabhängig von einer individuellen Beeinträchtigung eine Abwehr von Vorhaben ermöglicht, die konkret nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (bejahend etwa BayVGH, Beschluss vom 4. November 2009 - 9 CS 09.2422 -, juris Rn. 12; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: Feb. 2017, § 15 BauNVO, Rn. 37; Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2014, § 15 Rn. 64; Aschke, in: Ferner/Kröninger/ Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 1 BauNVO Rn. 2; Möller/Knickmeier, NordÖR 2010, 138, 141; ablehnend etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 15 Rn. 7.3; Hoffmann, BauR 2010, 1859, 1864; Stühler, BauR 2011, 1576, 1586). Soweit sich die Befürworter eines aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO abgeleiteten besonderen Gebietserhaltungsanspruchs auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2002 (BVerwG 4 B 86.01, juris) berufen, erscheint dies allerdings nicht überzeugend. Zwar ist es zutreffend, dass darin als Leitsatz formuliert wird, § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vermittele auch einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets. In der Sache ging es allerdings um ein Vorhaben, das generell gebietsunverträglich war (Seniorenpflegeheim im Gewerbegebiet), weshalb das Bundesverwaltungsgericht auch ausgeführt hat, das vom Berufungsgericht herangezogene Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sei für den Fall gar nicht maßgebend (a.a.O. Rn. 10). In der weiteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Gedanke eines Gebietserhaltungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit einem (abstrakten) Abwehrrecht gegen alle der Eigenart des Gebietes konkret widersprechenden Vorhaben - soweit ersichtlich - nicht (mehr) aufgegriffen worden. Ferner muss hier auch nicht entschieden werden, ob im Falle der Bejahung eines Anspruchs aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO auf Wahrung der typischen Gebietsprägung ein solcher Anspruch auch im Rahmen von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB Geltung hat (bejahend HambOVG, Beschluss vom 5. Juni 2009 - 2 Bs 26.09 -, juris, zustimmend Söfker, a.a.O., § 31 BauGB Rn. 69; für eine analoge Anwendung Pützenbacher, a.a.O., § 15 Rn. 67 ff.; ablehnend dagegen VGH BW, Beschluss vom 30. November 2009 - 8 S 1903/09 -, juris LS und Rn. 3).

Denn ein etwaiger Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Gebietsprägung aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO kommt vorliegend schon deshalb nicht zum Tragen, weil auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nach allgemeiner Auffassung nur auf Umstände anwendbar ist, die sich auf die Art der Nutzung beziehen, nicht jedoch auf Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung (vgl. etwa OVG NW, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 7 B 1803.10 -, juris Rn. 23, Pützenbacher, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, 2014, § 15 Rn. 47; Aschke, in: Ferner/Kröninger/Aschke, BauGB, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 7). Soweit der Kläger insoweit geltend macht, dass hier „Quantität in Qualität umschlage“, überzeugt dies aus den bereits ausgeführten Gründen nicht. Da hier nur Maßfestsetzungen in Rede stehen, scheidet ein Rückgriff auf die Rechtsfigur des Gebietserhaltungsanspruchs aus, weil andernfalls die dargestellten Grundsätze zum Nachbarschutz bei Befreiungsentscheidungen und dem bauplanungsrechtlichen Charakter von Maßfestsetzungen im Ergebnis außer Acht gelassen würden. Auch Gründe des Nachbarschutzes rechtfertigen es nicht, den Gebietserhaltungsanspruch der Sache nach systemwidrig auf Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung zu erweitern (vgl. auch OVG NW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 2 A 1674/13 -, juris Rn. 16). Soweit in der Literatur die Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts wegen der Erweiterung des Schutzes des Nachbarn begrüßt und hierzu festgestellt wird, gleichzeitig würden Nachbarklagen damit zu einem Instrument weiterentwickelt, um die Konzeption des Plangebers für ein Gebiet abzusichern (Möller/Knickmeier, NordÖR 2010, 138, 141), zeigt dies deutlich die Grenze auf: Nachbarklagen sind kein Mittel, um losgelöst von individueller Betroffenheit rein objektiv die „Grundzüge der Planung“ zu sichern, sondern können nur dann Erfolg haben, wenn die individuellen Rechte des Nachbarn bzw. das nachbarliche Austauschverhältnis Teil dieser Planungsgrundzüge sind.

c) Der nachbarschützende Charakter der streitgegenständlichen Festsetzungen ergibt sich vorliegend jedoch aus der besonderen Konzeption des Bebauungsplans X-4.

Ob und inwieweit Festsetzungen eines Bebauungsplans Drittschutz vermitteln, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 8.84 -, juris Rn. 14). Da Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nicht bereits kraft Bundesrechts drittschützend sind, hängt die Frage, ob sie (zumindest auch) dem Schutz der Nachbarn und der Gewährleistung eines nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollen, vom Willen des Plangebers ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 -, juris Rn. 11; Beschluss vom 19. Oktober 1995 - BVerwG 4 B 215.95 -, juris Rn. 3; BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - BVerwG 4 B 29.16 -, juris Rn. 5; BayVGH, Beschluss vom 26. Februar 2014 - 2 ZB 14.101 -, juris Rn. 4). Dieser Wille muss sich dabei im Einzelfall aus dem Bebauungsplan selbst und der ihn tragenden Planungskonzeption, aus seiner Begründung oder aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung und der Willensbildung des zuständigen Beschlussorgans entnehmen lassen (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 1. September 2011 - OVG 2 S 65.11 -, juris Rn. 3; OVG NW, Beschluss vom 27. Januar 2014 - 2 A 1674/13 -, juris LS und Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 28. März 2017 - 15 ZB 16.1306 -, juris Rn. 10; OVG Bremen, Urteil vom 13. Februar 2015 - 1 B 355/14 -, juris Rn. 53 m.w.N.).

Die Begründung des Bebauungsplans X-4 und die sonstigen Unterlagen in den Aufstellungsvorgängen - soweit sie noch vorhanden sind - enthalten allerdings keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine nachbarschützende Intention des Plangebers. Die Ausweisung der Sondergebietsfläche für den Wassersport erfolgte nach der Planbegründung im öffentlichen Interesse, die Beschränkungen des Nutzungsmaßes in diesem Sondergebiet dienten dabei „im Interesse der Allgemeinheit“ der „Erhaltung und Verbesserung dieses landschaftlich reizvollen Gesamtbildes“ bzw. „der Erhaltung des Landschaftsbildes an dieser hervorragenden Stelle am Großen Wannsee“ (Abgh-Drs. III/Nr. 349, S. 1 und 2). Diese Formulierungen lassen allein die städtebauliche Funktion der Maßfestsetzungen erkennen. Die Belange der einzelnen Grundstückseigentümer sind ausdrücklich nur bei der Festsetzung der Art der Nutzung berücksichtigt worden, indem zum Schutz vor Störungen die Nutzung der Wassersportanlagen begrenzt wurde und nur ausnahmsweise nicht störende kleine Werkstätten für die Instandsetzung von Sportbooten zugelassen wurden. Bei der Auslegung des Bebauungsplans ist allerdings zum einen zu berücksichtigen, dass sich der Nachbarschutz im öffentlichen Baurecht erst nach Inkrafttreten des Grundgesetzes allmählich entwickelt und das Bundesverwaltungsgericht erstmals in einer Entscheidung aus dem Jahr 1960 (Urteil vom 18. August 1960 - BVerwG I C 42.59 -, juris) ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht des Nachbarn bei Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts anerkannt hat (vgl. etwa Hoppenberg/Paar/Schäfer, in: Hoppenberg/de Witt, Handbuch des öffentlichen Baurechts, Stand Dez. 2016, H Rn. 3). Fragen des drittschützenden Charakters bauplanerischer Festsetzungen und die Bedeutung und Tragweite eines nachbarlichen Austauschverhältnisses haben daher in den Zeiten der Aufstellung und Inkraftsetzung des hier maßgeblichen Bebauungsplans im Bewusstsein des Plangebers keine Rolle gespielt. Hinzu kommt, dass es nicht allein auf die konkreten subjektiven Vorstellungen des Planungsträgers ankommen kann, denn dieser ist trotz seines weiten planerischen Gestaltungsspielraums nicht völlig „frei“, sondern hat die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 14 GG zu beachten. Daher sind der Bebauungsplan und der darin inhaltlich zum Ausdruck gebrachte Planungswille unabhängig von den konkreten Vorstellungen des historischen Plangebers auf der Grundlage des heutigen Verständnisses von den Aufgaben der Bauleitplanung und dem System des bauplanungsrechtlichen Nachbarschutzes unter Berücksichtigung von Art. 14 GG auszulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1996 - BVerwG 4 C 13.94 -, juris Rn. 52 f. zur Auslegung der - revisionsrechtlich allein zu prüfenden - Ermächtigungsgrundlage für die Bauleitplanung; siehe auch Mampel, BauR 1998, 697, 700 f.).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes kommt den streitgegenständlichen Maßfestsetzungen hier drittschützende Wirkung zu, weil sie im Zusammenspiel mit den weiteren Planergänzungsbestimmungen maßgebend zum Charakter des Sondergebiets „Wassersport“ beitragen und damit nach dem Planungskonzept Teil eines wechselseitigen nachbarlichen Austauschverhältnisses sind (vgl. zum Kriterium einer konzeptionellen Wechselbezüglichkeit BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1994 - BVerwG 4 B 261.94 -, juris Rn. 10). Die Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung sind deshalb im Allgemeinen nicht nachbarschützend, weil sie in der Regel nur Auswirkungen auf das Baugrundstück selbst und die unmittelbaren Nachbargrundstücke haben und den Gebietscharakter unberührt lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 - BVerwG 4 B 52.95 -, juris Rn. 4). Diese Überlegung trifft auf den vorliegenden Fall jedoch nicht zu, denn die Maßfestsetzungen sind hier von wesentlicher Bedeutung für den vom Plangeber konzipierten Charakter der Sondergebietsfläche „Wassersport“. Zentrales Anliegen des Bebauungsplans X-4 ist die Schaffung von Flächen für den Wassersport. Die dafür in Betracht kommenden Ufergrundstücke am Großen Wannsee wurden vom Plangeber in einem Sondergebiet zusammengefasst. Im Interesse der Grundstückseigentümer sollte dabei die Fortführung der bisher ausgeübten Wohnnutzung planungsrechtlich möglich bleiben, weshalb diese ausdrücklich zugelassen wurde und zur Vermeidung von Nutzungskonflikten die Nutzung für Anlagen des Wassersports begrenzt wurde. Der Charakter der Sondergebietsfläche als Wassersportgebiet mit Erholungsfunktion wurde durch die Planergänzungsbestimmungen gesichert. Maßgebliche Zielsetzungen waren in diesem Zusammenhang die Stärkung des Grünflächenanteils, die Gestaltung eines von Bebauung frei gehaltenen grünen Uferbereichs und die Beschränkung der baulichen Ausnutzung der Grundstücke insgesamt, wobei diese Planungsziele durch die Kombination der einzelnen Festsetzungen erreicht werden sollten. Auch die Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse und der Baumasse sollten zu der spezifischen Qualität des Sondergebiets beitragen und dienten nach dem erklärten Willen des Plangebers der Bewahrung dieses Gebietscharakters, was sowohl im Erläuterungsbericht zum Bebauungsplan vom 26. Februar 1958 (S. 3) als auch bei der Abwägung der Einwendungen der Grundstückseigentümer deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist. Die vom Bebauungsplan vorgesehene Funktion des Sondergebiets „Wassersport“ lässt sich aber nur verwirklichen, wenn alle zu diesem Gebiet gehörenden Grundstücke denselben Beschränkungen unterliegen und keines aus dem Gesamtgefüge ausbricht. Das Planungskonzept sieht daher die gleichmäßige Einbindung aller Grundstücke des Sondergebiets vor, die damit jeweils Teil dieses besonderen Gebiets mit seinen besonderen Nutzungsmöglichkeiten sind, aber auch einheitlich denselben Einschränkungen hinsichtlich der gestalterischen und baulichen Ausnutzung der Grundstücksfläche unterliegen. Die Grundstückseigentümer im Sondergebiet stehen somit in einem nachbarlichen Austauschverhältnis, nach dem sie zwar einerseits Beschränkungen u.a. hinsichtlich der baulichen Ausnutzung ihrer Grundstücke hinnehmen müssen, andererseits aber darauf vertrauen können, dass auch die übrigen Eigentümer diese Beschränkungen einhalten und den Charakter des Sondergebiets nicht gefährden. Den streitgegenständlichen Maßfestsetzungen kommt deshalb als Teil dieses Austauschverhältnisses nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen Planungskonzept nachbarschützende Wirkung zu. Dem Kläger als Eigentümer eines Grundstücks im Sondergebiet steht nach alledem ein Abwehranspruch zu gegen die vom Beklagten in Aussicht gestellten Befreiungen, die - wie dargestellt - die Grundzüge der Planung berühren und den vom Bebauungsplan konzipierten Charakter des Sondergebiets beeinträchtigen.

3. Dem Abwehranspruch des Klägers kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass er selbst gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoßen würde. Eine planwidrige Grundstücksnutzung ist allerdings nicht schutzwürdig, weshalb rechtsmissbräuchlich handelt, wer unter Berufung auf das nachbarliche Austauschverhältnis eine eigene Nutzung schützen möchte, die ihrerseits das nachbarliche Austauschverhältnis stört (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 23.98 -, juris Rn. 15). Einem Nachbarn ist es daher nach Treu und Glauben verwehrt, einen Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts geltend zu machen, wenn er selbst gegen diese Vorschriften verstößt, sofern es sich dabei um einen quantitativ und qualitativ zumindest vergleichbaren Verstoß handelt (vgl. VGH BW, Beschluss vom 29. September 2010 - 3 S 1752.10 -, juris Rn. 5). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Soweit die Beigeladene geltend macht, der Kläger lasse auf seinem Grundstück eine planungsrechtlich nicht zulässige öffentliche Gaststätte betreiben, kann dahinstehen, ob dieser Vorwurf zutrifft. Denn selbst wenn die Vereinsgaststätte des Klägers tatsächlich auch Nichtmitgliedern unbeschränkt offenstehen sollte, läge darin kein gleichwertiger Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans, weil weder eine Abweichung von den Maßfestsetzungen in den Planergänzungsbestimmungen noch eine Beeinträchtigung des Charakters des Sondergebiets als solches im Raume steht. Die Nutzung, die der Kläger mit seiner Nachbarklage schützen will, zielt nicht auf die Betreibung der Gaststätte, sondern betrifft die Hauptnutzung des Grundstücks zu Zwecken des Wassersports, die unzweifelhaft mit den Festsetzungen des Bebauungsplans im Einklang steht. Entsprechendes gilt auch für den Vorwurf der Beigeladenen, das auf dem Grundstück des Klägers befindliche Mastenlager halte den seitlichen Grenzabstand nicht ein. Auch die Rüge, der Kläger verstoße durch die weitgehende Versiegelung des Uferbereichs gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans, zeigt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers auf. Zwar ist es zutreffend, dass der im Bebauungsplan festgesetzte private Grünstreifen auf dem klägerischen Grundstück nur sehr eingeschränkt verwirklicht worden ist und weite Teile des unmittelbaren Uferbereichs befestigt sind, dies dient jedoch der Lagerung von Booten und dem Betreiben einer Slipanlage und damit Zwecken des Wassersport, so dass der Gebietscharakter des Sondergebiets dadurch nicht in Frage gestellt wird (vgl. dazu Fotos Nr. 38-41 der Anlage zum Protokoll). Von der Wasserseite aus betrachtet besteht nach wie vor der Eindruck eines ununterbrochenen begrünten Uferstreifens, so dass auch insoweit jedenfalls kein gleichwertiger Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans festzustellen ist. Dies gilt schließlich auch für die Rüge, das Vereinshaus des Klägers halte selbst das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung nicht ein. Zwar ist es zutreffend, dass das Gebäude ausweislich des in den Akten befindlichen Lageplans über drei Vollgeschosse verfügt, was auch beim Betrachten des Hauses von der Wasserseite aus erkennbar ist, zudem verfügt es über zwei Dachgeschosse, so dass sich das Haus insoweit als fünfstöckig darstellt, was ebenfalls durch die vom Senat gefertigten Fotos (Nr. 38, 39 der Anlage zum Protokoll) belegt wird. Diese Abweichung von den Festsetzungen des Bebauungsplans ist jedoch ebenfalls weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht mit der streitgegenständlichen Befreiung von der festgesetzten Zahl der Vollgeschosse vergleichbar, weil nur ein zusätzliches Vollgeschoss betroffen ist, das Vereinsgebäude insgesamt noch unterhalb der Baumlinie bleibt und hinsichtlich seines baulichen Ausmaßes insgesamt die Grundkonzeption des Bebauungsplans nicht in Frage stellt. Diese Bewertung gilt auch dann, wenn alle von der Beigeladenen gerügten Verstöße des Klägers - ihr Vorliegen unterstellt - gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans zusammenfassend betrachtet und den streitgegenständlichen Befreiungen gegenübergestellt werden. Auch in diesem Fall stellt sich die Geltendmachung eines Abwehranspruchs durch den Kläger nicht als rechtmissbräuchlich dar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO, wobei die Beigeladene als alleinige Rechtsmittelführerin die Kosten des Berufungsverfahrens allein zu tragen hat (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 25. Februar 2015 - OVG 10 B 6.10 -, juris Rn. 73 m.w.N.; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 154 Rn. 6). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen worden.