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Altersvorsorgezulage


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 10. Senat Entscheidungsdatum 17.10.2013
Aktenzeichen 10 K 14167/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Rückforderungsbescheid vom 17. November 2009 wird unter diesbezüglicher Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 6. Mai 2010 dahingehend geändert, dass der Rückforderungsbetrag von 964 Euro um 283 Euro für das Jahr 2006 und 199 Euro für das Jahr 2007 reduziert wird.

Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Die am ... 1953 geborene Klägerin schloss im April 2002 einen nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes -AltZertG- zertifizierten Rentenversicherungsvertrag ab. Versicherungsbeginn war der 01. Mai 2002. Der planmäßige Rentenbeginn war der 01. Januar 2019. Die Vertragsnummer der Versicherung lautete …-5.

In 2005 kündigte die Klägerin diesen Versicherungsvertrag mit der Nummer …-5 vorzeitig zum 01. April 2005. Zugleich schloss sie einen weiteren Rentenversicherungsvertrag beim selben Anbieter ab, der die Vertragsnummer …-7 erhielt. Beginn dieser Versicherung war der 01. Mai 2005.

Die Versicherungsgesellschaft teilte der Klägerin mit, dass die Versicherung zur Vertragsnummer …-5 angesichts der Kündigung aufgelöst sei. Im Rahmen der Abrechnung behielt die Versicherung der Klägerin in Höhe von 34,19 Euro gewährte Altersvorsorgezulage ein. Der Beklagten teilte die Versicherungsgesellschaft die vorzeitige Auflösung des Vertrages …-5 mit Datensatz vom 13. Mai 2005 mit.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2006 erklärte die Klägerin Altersvorsorgebeiträge in Höhe von 936,76 Euro auf den Vertrag zur Nummer …-5 geleistet zu haben, obgleich sie in 2006 Zahlungen in dieser Höhe tatsächlich auf den Vertrag …-7 geleistet hatte. Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 04. April 2007 gewährte das Finanzamt B…-2 der Klägerin eine Steuerermäßigung in Höhe von 283,00 Euro wegen berücksichtigter Altersvorsorgebeiträge in Höhe von 936,76 Euro. Im Bescheid war die Vertragsnummer des bereits 2005 gekündigten Vertrages …-5 angegeben.

Die für die Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer zuständigen Finanzämter B…-1 (2002 bis 2004) und B…-2 (2006 und 2007) teilten der Beklagten in der Folgezeit mit, man habe der Klägerin aufgrund des begünstigten Altersvorsorgevertrages mit der Nummer …-5 folgende Steuerermäßigungen gewährt:

 2002 

 122 Euro

 2003 

 121 Euro

 2004 

 239 Euro

 2006 

 283 Euro

Das Finanzamt B…-2 gab ferner an, man habe der Klägerin aufgrund eines Altersvorsorgevertrages mit der Vertragsnummer …-7 folgende Steuerermäßigung gewährt:

 2007 

 199 Euro

Mit Bescheid vom 17. November 2009 forderte die Beklagte den von den Finanzämtern gemeldeten Betrag in Höhe von insgesamt 964 Euro angesichts einer schädlichen Verwendung des Altersvorsorgevermögens von der Klägerin zurück. Sie übersah dabei, dass die Steuerermäßigung für das Jahr 2007 nicht den Vertrag mit der Nummer …-5 betraf.

Hiergegen wehrte sich die Klägerin fristgerecht mit Einspruch.

Sie habe die Versicherung bereits in 2005 gekündigt und daher in 2006 und 2007 aufgrund dieser Versicherung keinen Steuervorteil genossen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 06. Mai 2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Die auf das geförderte Altersvorsorgevermögen entfallenden gesondert festgestellten Steuerermäßigungen seien angesichts schädlicher Verwendung zurückzuzahlen.

Hiergegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage.

Die Forderung der Beklagten sei nur für die Jahre 2002 bis 2004 begründet. Die Angabe des Finanzamts B…-2, sie habe in den Jahren 2006 und 2007 einen Steuervorteil aus der Versicherung …-5 genossen, sei falsch. In den Jahren 2006 und 2007 habe dieser Versicherungsvertrag angesichts der in 2005 erfolgten Kündigung gar nicht mehr bestanden. Die für 2006 und 2007 vom Finanzamt gewährten Steuerermäßigungen beträfen den zur Vertragsnummer …-7 weiterhin bestehenden Versicherungsvertrag. Sie habe unabsichtlich die falsche Vertragsnummer im Rahmen ihrer Einkommensteuerklärung angegeben und das Finanzamt habe die falsche Versicherungsnummer in den Bescheid aufgenommen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 17. November 2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 06. Mai 2010 dahingehend abzuändern, dass der Rückforderungsbetrag von 964 Euro um 283 Euro für das Jahr 2006 und 199 Euro für das Jahr 2007 reduziert wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit der Rückforderungsbetrag das Jahr 2006 betrifft.

Sie räumt ein, den das Jahr 2007 betreffenden Betrag zu Unrecht zurückgefordert zu haben, weil die vom Finanzamt mitgeteilte Steuerermäßigung einen anderen Vertrag betroffen habe. Im Übrigen hält die Beklagte an ihrer Einspruchsentscheidung fest.

Zwar liege es angesichts der bereits 2005 erfolgten Kündigung des Versicherungsvertrages mit der Nummer …-5 nahe, dass das Finanzamt die Vertragsnummern verwechselt habe und der Klägerin im Einkommensteuerbescheid für 2006 versehentlich statt für die Vertragsnummer …-7 eine Steuerermäßigung für den bereits gekündigten Vertrag mit der Nummer …-5 gewährt habe. Der Inhalt des für 2006 erteilten Einkommensteuerbescheids sei für die Beklagte allerdings nach § 171 Absatz 10 Abgabenordung -AO- bindend und dem streitgegenständlichen Rückforderungsbescheid daher zugrunde zu legen. Im Übrigen sei der Vertrag zur Nummer …-7 gar kein förderfähiger Altersvorsorgevertrag.

Dem Senat hat bei seiner Entscheidungsfindung in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2013 die den Vorgang betreffende Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

1. Die zulässige Klage ist begründet, da der angefochtene Rückforderungsbescheid vom 17. November 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 06. Mai 2010 hinsichtlich der für die Jahre 2006 und 2007 zurückgeforderten Beträge rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).

a) Der Senat konnte entscheiden, obgleich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weder erschienen ist noch vertreten war. Dies ergibt sich aus § 91 Abs. 2 FGO, über dessen Rechtsfolgen das Gericht die Klägerin in der ordnungsgemäßen Ladung belehrt hat.

b) Die Beklagte hat den angefochtenen Rückforderungsbescheid für die Jahre 2006 und 2007 zu Unrecht erlassen. Für 2007 war dies angesichts der seitens der Beklagten verwechselten Vertragsnummern unstreitig der Fall, sodass der Senat von einer näheren Begründung absieht. Aber auch für 2006 durfte die Beklagte die Steuerermäßigungen mit dem streitgegenständlichen Bescheid nicht zurückfordern. Die Höhe und Vertragszurechnung der für 2006 gewährten Steuerermäßigung unterliegt zwar der in § 10a Abs. 4 Einkommensteuergesetz -EStG- normierten Bindungswirkung der gesonderten Feststellung des Finanzamts für die Beklagte (Killat-Risthaus in Hermann/Heuer/Raupach, § 10a EStG Anm. 33). Der streitgegenständlichen Rückforderung fehlt es jedoch an der in § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung enthaltenen Voraussetzung, dass mit eben jener Steuerermäßigung gefördertes Altersvorsorgevermögen - unter den in § 93 EStG näher bezeichneten Voraussetzungen - schädlich verwendet wurde. Nach dem Akteninhalt hat es für das Jahr 2006 keine schädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen durch die Klägerin gegeben, da die Kündigung des entsprechenden Vertrages, dessen Kapital schädlich verwendet wurde, bereits 2005 erfolgt war. Der Umstand, dass das Finanzamt der Klägerin aufgrund einer - nach ihren Angaben - versehentlichen Falschangabe für den 2006 nicht mehr existenten Altersvorsorgevertrag eine Steuerermäßigung gewährt hat, berechtigt die Beklagte nicht zu der hier streitgegenständlichen Rückforderung. Die §§ 93 und 94 EStG bieten keine Grundlage für die Rückforderung von Steuerermäßigungen, die das Finanzamt aus Gründen zu Unrecht gewährt hat, die nichts mit einer schädlichen Verwendung des Altersvorsorgevermögens zu tun haben. Dies könnte allenfalls im Wege der Korrektur des entsprechenden Einkommensteuerbescheids der Klägerin durch das hierfür zuständige Finanzamt geschehen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.