Gericht | VG Cottbus 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 05.11.2018 | |
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Aktenzeichen | 3 K 617/17 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2018:1105.3K617.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 61 Abs 1 Nr 1a BauO BB 2016, § 61 Abs 1 Nr 1d BauO BB, § 61 Abs 1 Nr 1g BauO BB, § 61 Abs 1 Nr 11 BauO BB, § 61 Abs 3 BauO BB, § 79 Abs 1 S 2 Nr 1 BauO BB 2016 |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Kläger sind Erbbauberechtigte an dem Grundstück zur Flurstücknummer 759 der Flur 1, Gemarkung J....
Das Grundstück liegt auf einer Halbinsel im Süden des S..., welche den kleinen S... nach Norden hin abgrenzt. Die Halbinsel liegt im Nordwesten des Ortsteils J.... Sie ist im Südwesten unbebaut und in weiten Teilen bewaldet. Mittig liegt der Yachtclub „S...“ mit Restaurant- und Hotelbetrieb. Im südwestlichen Teil des Flurstücks 108/1 befinden sich ca. 10 Wochenend- und Ferienhäuser.
Im Süden des Yachtclubs verläuft die Straße „S...“. Auf den Flurstücken 108/4, 108/8, 759, 610 und 614 befinden sich ca. 8 Wochenendhäuser aus DDR-Zeiten. Im Osten schließt an den Yachtclub S...sowie die Wochenendhäuser auf dem Flurstück 614 eine naturbelassene Fläche auf den Flurstücken 614 und 616 an. Östlich des Stichweges auf dem Flurstück 120/3 schließt Bebauung in Form diverser Vereinshäuser (Sächsischer Wassersportverein e.V. und Segelclub S... e.V.) und Wochenendhäuser an. Die dort befindlichen Flurstücke 120/2, 120/4 und 120/1 liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 14 (S... 22); die Flurstücke 499 bis 508 liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 28 (S... 18). Die östlich liegenden Flurstücke 697 bis 699 unterfallen dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 11. In den Bebauungsplänen Nr. 11 und Nr. 28 wurden Wochenendhausnutzungen und keine Flächen zum Dauerwohnen ausgewiesen.
Am 8. Oktober 2014 beantragten die Kläger den Abriss des bestehenden Wochenendhauses mit einer Grundfläche von ca. 40 qm und einer Höhe von ca. 4 m und den anschließenden Neubau eines Wochenendhauses mit einer Grundfläche von ca. 50 qm und einer Höhe von ca. 4,60 m auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück (Flurstück 759). Der Beklagte erläuterte gegenüber den Kläger im Rahmen eines Zwischenbescheides vom 28. November 2014 die Gründe einer voraussichtlichen Ablehnung des Antrages unter Verweis auf die Außenbereichslage, das fehlende gemeindliche Einvernehmen der Gemeinde, die fehlende Möglichkeit eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 26 Abs. 2 BNatSchG und die Lage in dem Landschaftsschutzgebiet „Wald- und Seengebiet z..., L...“.
Die Kläger nahmen den Bauantrag schriftlich am 19. Januar 2015 zurück.
Ein Mitarbeiter des Beklagten stellte am 11. März 2016 fest, dass die Kläger mit Umbauarbeiten an dem Dach des Wochenendhauses begonnen haben. Gegenüber der bauausführenden Firma Zimmerei D... aus F... sprach der Beklagte am selben Tag um 11.45 Uhr vor Ort einen Baustopp aus.
Mit Ordnungsverfügung vom 12. April 2016 ordnete der Beklagte gegenüber den Klägern und Erbbaunehmern die Einstellung sämtlicher Bauarbeiten zum Umbau des Wochenendhauses – Errichtung des Dachstuhls – auf dem Grundstück in S..., J..., S... 27 (Flurstück 759 der Flur 1, Gemarkung J...) ab dem Tag der Zustellung an. Für den Fall, dass die Bauarbeiten auf vorgenanntem Grundstück nicht sofort eingestellt werden, drohte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,00 Euro an. Die Errichtung eines neuen Dachstuhls sei genehmigungspflichtig. Der Baubeginn stelle einen Verstoß gegen § 68 Abs. 1 S. 1 BbgBO dar. Eine Anhörung der Kläger sei nach § 28 Abs. 2 VwVfG nicht erforderlich gewesen, da bei Durchführung einer Anhörung die Gefahr bestanden habe, dass die Baumaßnahme in erheblicher Weise fortschreiten und möglicherweise abgeschlossen würde.
Die Kläger legten mit Schreiben vom 12. Mai 2016 Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung ein. Bei den Baumaßnahmen handle es sich lediglich um Instandhaltungsmaßnahmen weshalb eine Baugenehmigung nicht erforderlich sei. Die Maßnahmen seien nach § 55 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 7 BbgBO a.F. genehmigungsfrei. Jedenfalls greife hier das Recht des „aktiven Bestandsschutzes“, welches dem Eigentümer das Recht auf Änderung der dem Bestandsschutz unterliegenden baulichen Anlage gebe, ohne dass hierdurch der Bestandsschutz entfalle. Insofern sei es dem Eigentümer möglich Modernisierungen und begrenzte Erweiterungen vorzunehmen, sofern diese einer funktionsgerechten Nutzung im Rahmen des Bestandes dienen. Vorsorglich und höchst hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass durch das Vorhaben weder eine Zersiedlung des unterschiedlich bebauten Gebietes zu befürchten sei, noch andere öffentliche oder naturschutzrechtliche Belange dem Vorhaben entgegenstehen würden.
Mit Bescheid vom 27. Februar 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Ausweislich der vorliegenden Fotos handle es sich nicht lediglich um Instandhaltungsarbeiten. Hier sei mit dem Dachaufbau in die Statik des gesamten Gebäudes eingegriffen worden. Die Regelung des § 55 Abs. 2 Nr. 4 BbgBO finde auf Wochenendhäuser keine Anwendung. Hinsichtlich des § 55 Abs. 2 Nr. 7 BbgBO sei anzumerken, dass sich das Vorhabengrundstück weder in einem durch Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB festgesetzten Wochenendhausgebiet noch in einem bauaufsichtlich genehmigten Wochenendhausgebiet befinde. Mangels Erteilung der im Jahr 2014 beantragten Baugenehmigung sei das Vorhaben formell baurechtswidrig.
Die Kläger haben am 14. März 2017 Klage erhoben. Es sei bereits davon auszugehen, dass das Vorhabengrundstück am Bebauungszusammenhang teilnehme. Der Uferbereich des Kleinen S... werde nahezu vollständig von Siedlungsflächen beherrscht. Dies treffe auch auf den Bereich S... in J... mit dem Ufer zum Großen S... zu. Auch die vorhandene Infrastruktur in Form einer 6 m breiten Straße, Wasser- und Elektroanschlüsse würden für eine Ortsteilsqualität der Halbinsel sprechen. Des Weiteren liege ihr Grundstück in einem bauaufsichtlich genehmigten Wochenendhausgebiet im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 7 BbgBO. Bei der Ansammlung von Wochenendhäusern handle es sich zumindest um ein faktisches Wochenendhausgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 10 Abs. 1 BauNVO. Weiter stellten die Baumaßnahmen lediglich Instandhaltungsarbeiten dar. Diese umfassten neben den bestands- und werterhaltenden Unterhaltungsmaßnahmen auch Instandsetzungsmaßnahmen, bei denen einzelne Bauteile ausgebessert und gegebenenfalls ausgetauscht werden, um durch Abnutzung, Alterung, Witterung oder sonstige Einflüsse entstandene Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Hier seien die stützenden Balken des Vordachs durch Fäulnis befallen gewesen und die Dachkonstruktion habe schwerwiegende Mängel im Gebälk aufgewiesen. Weiter sei klarzustellen, dass der Carport schon immer an der Stelle bestanden habe und lediglich die durchgefaulten Stützen ersetzt worden seien. Die vorgenommenen Maßnahmen seien zwingend erforderlich gewesen. Durch die Aufschüttungen auf dem Dach des Bungalows durch die Isolierungsschicht seien auch keine neuen statischen Anforderungen an das Gebäude zu stellen. Weiter seien dem Vorhaben keine naturschutzrechtlichen Bedenken entgegenzuhalten, da die versiegelte Fläche bei den verfahrensgegenständlichen Arbeiten am Dachstuhl des Wochenendhauses gleich bleiben würde. Die minimale Erhöhung des Daches würde von einem Betrachter der bereits vorhandenen Siedlung am S...nicht als störend wahrgenommen werden. Darüber hinaus sei die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Wald- und Seengebiet zwischen S..., L... und S... nicht auffindbar bzw. einsehbar. Das Verfahren sei bis zum Abschluss der informellen Bauleitplanung ruhend zu stellen, um die Schaffung unwiderruflicher Tatsachen zu verhindern. In dem Entwurf sei das verfahrensgegenständliche Grundstück als Sonderbaufläche Tourismus ausgewiesen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 12. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2017 aufzuheben sowie
die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seinen bisherigen Ausführungen in den Bescheiden fest und weist erneut auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens hin.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstrandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht gem. § 87a Abs. 2, 3 VwGO durch die Berichterstatterin und gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.
Ein Ruhendstellen des vorliegenden Verfahrens ist nicht angezeigt. Zum einen fehlt es an übereinstimmenden Anträgen der Beteiligten gem. § 251 ZPO und zum anderen wäre das Ruhendstellen aus Sicht des Gerichtes auch nicht zweckmäßig, da ein Abschluss des Bauleitverfahrens durch Erlass eines Bebauungsplanes in einem absehbaren Zeitrahmen nicht bevorsteht und mit der vorliegenden Baueinstellungsverfügung lediglich der formellen Baurechtswidrigkeit der Baumaßnahmen Rechnung getragen werden soll.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Kläger insofern nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für die Anordnung, sämtliche Bauarbeiten zum Umbau des Wochenendhauses – Errichtung des Dachstuhls – auf dem Grundstück zur Flurstücknummer 759 der Flur 1, Gemarkung J..., ab Zustellung der Ordnungsverfügung einzustellen, war bei Erlass des Bescheides vom 12. April 2016 § 73 Abs. 1 Nr. 1 BbgBO in der bis zum 30. Juni 2016 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17. September 2008 (GVBl. I S. 226), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. November 2010 (GVBl. I Nr. 39 S. 2; im Folgenden: BbgBO a. F.). Da es sich bei dieser Verfügung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, beurteilt sich dessen Rechtmäßigkeit nach der jeweils aktuellen Rechtslage (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Dezember 1993 - 3 S 507/93 -, juris Rn. 5; VG Würzburg, Urteil vom 16. Juli 2013 - W 4 K 13.604 -, juris Rn. 28), so dass nunmehr § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BbgBO in der seit dem 1. Juli 2016 geltenden Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 2016 (GVBl. I Nr. 14 S. 1; im Folgenden: BbgBO) maßgebend für die weitere Aufrechterhaltung der Baueinstellungsanordnung ist. Entgegen der Annahme des Beklagten findet § 89 Abs. 4 BbgBO hier keine Anwendung. Die Regelung bezieht sich nicht generell auf bauaufsichtliche „Verfahren“, sondern lediglich auf bereits eingeleitete Baugenehmigungsverfahren („bauaufsichtlichen Verfahren zur Erteilung einer Baugenehmigung“ in der Gesetzesbegründung zur BbgBO 2016, Landtag Brandenburg, Drs. 6/3268; Reimus/Semtner/Lange, Die Neue Brandenburgische Bauordnung, 4. Aufl. 2017, § 89 Rn. 7 ff.).
Sowohl nach der alten wie nach der neuen Rechtslage kann die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung von Bauarbeiten anordnen, wenn die Ausführung entgegen den Vorschriften über den Baubeginn genehmigungsbedürftiger Vorhaben (§ 68 BbgBO a. F., § 72 Abs. 7 bis 9 BbgBO) begonnen wird. Die Baueinstellungsverfügung soll vor allem das formelle Baurecht durchsetzen (BayVGH, Beschluss vom 27. April 2012 - 9 ZB 10.1503 -, juris Rn. 18), für ihren Erlass genügt daher regelmäßig die formelle Illegalität der Baumaßnahme bzw. des verwirklichten Vorhabens (vgl. zu allem: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2016 - OVG 10 S 42.15 - juris Rn. 3; m.w.N.).
Die Kläger haben vorliegend mit Bauarbeiten an dem verfahrensgegenständlichen Wochenendhaus begonnen, ohne dafür eine Baugenehmigung erhalten zu haben. Die Maßnahmen umfassten unter anderem die Verstärkung der ursprünglichen Dachkonstruktion durch das Anbringen von Balken und Spanplatten im Inneren des Gebäudes. Darüber hinaus wurde außen auf das gesamte, bestehende Dach eine Konstruktion aus Massivholz-Sparren gesetzt. Es wurde damit begonnen, die Zwischenräume der Massivholzkonstruktion mit Dämmmaterial aufzuschütten. Die Dachkonstruktion wurde teilweise über das Dach hinaus verlängert. So wurde an der Westseite des Bungalows das vorhandene Vordach, welches auf Höhe der Traufe angebracht war abgerissen und die Massivholzkonstruktion um die Tiefe des vorherigen Vordaches verlängert. Der vormals bereits vorhandene Terrassenbereich wurde von der neuen Holzkonstruktion eingefasst, wobei die untere (ehemalige) Konstruktion ebenfalls erhalten blieb und von unten verstärkt wurde. Im Osten des Bungalows bestand ausweislich des vorgelegten Bildmaterials der Kläger zuvor ein Carport, welcher baulich mit dem Wochenendhaus verbunden war. Das Dach wies eine Neigung in Richtung Osten auf. Der Carport wurde vollständig abgerissen und in denselben Ausmaßen an derselben Stelle wieder errichtet. Hierfür wurde die vorhandene Dachkonstruktion (mit Neigung in südliche Richtung) fortgeführt. Namentlich wurde das Dach an der Ostseite fortgeführt und hierbei auch der Eingangsbereich des Bungalows, welcher darunter in seinem Bestand weiterhin vorhanden ist, zusätzlich überdacht.
Die durchgeführten bzw. begonnenen Baumaßnahmen unterliegen der Genehmigungspflicht. Genehmigungsfreiheitstatbestände sind nicht anwendbar.
Zunächst finden die Regelungen in § 61 Abs. 1 Nr. 1 a) BbgBO bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 1 BbgBO a.F. – unabhängig von der Frage nach der Außenbereichslage des verfahrensgegenständlichen Vorhabens – schon mit Blick auf die vorhandenen Aufenthaltsräume sowie die Größe des Wochenendhauses von über 75 m³ keine Anwendung.
Nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 g) BbgBO ist die Errichtung bzw. Änderung von Wochenendhäusern mit nicht mehr als 50 m² Grundfläche und 4 Metern Höhe in durch Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB festgesetzten Wochenendhausgebieten oder auf bauaufsichtlich genehmigten Wochenendplätzen genehmigungsfrei. Eine derartige Regelung befand sich zuvor in § 55 Abs. 2 Nr. 7 BbgBO a.F.. Unstreitig liegt das verfahrensgegenständliche Grundstück nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Auch befindet sich das Vorhabengrundstück nicht auf einem bauaufsichtlich genehmigten Wochenendplatz. Die von den Klägern vertretene Auffassung, dass ein faktisches Wochenendhausgebiet vorliege, auf das die Genehmigungsfreiheit gleichfalls anzuwenden sei, ist – ungeachtet des Umstandes, dass aufgrund der geringen Größe des Gebietes, welches rein zu Wochenendzwecken genutzt wird, wohl nicht von einem Wochenendhausgebiet auszugehen sein dürfte – schon mit dem eindeutigen Wortlaut der Regelungen nicht zu vereinbaren (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Mai 2011 – OVG 10 N 32.09 –).
Vorliegend handelt es sich nicht lediglich um die Änderung einzelner, in § 61 Abs. 1 Nr. 11 BbgBO aufgeführter „Bauteile“. Zum einen handelt es sich bei dem Vorhabengebäude nicht um ein „Wohngebäude“ gem. lit. b) der Regelung. Des Weiteren regelt lit. e) nur die „Bedachung“ von Gebäuden, nicht jedoch konstruktive Veränderungen. Selbst wenn also davon ausgegangen werden kann, dass die ursprüngliche Dachkonstruktion weiterhin besteht, so wurde diese von unten durch Balken verstärkt. Oben auf dem vorhandenen Dach wurde eine komplett neue Massivholzkonstruktion errichtet, welche eine statische Neuberechnung – gerade für den Fall, dass die ursprüngliche Dachkonstruktion mit ihrer Last samt den neuen Verstärkungen darunter liegt - unzweifelhaft erforderlich macht (VG Cottbus, Urteil vom 15. März 2017 – 3 K 1206/14 –, juris Rn. 28; VG Cottbus, Urteil vom 11. Mai 2017 – 3 K 523/15 –, juris Rn. 51).
Mit einer Instandhaltung im Sinne des § 55 Abs. 13 BbgBO bzw. § 61 Abs. 3 BbgBO 2016 sind Maßnahmen zum Schutz der baulichen Anlage vor Verfall gemeint. Sie bewegen sich innerhalb des Rahmens der durch den Bestandsschutz umfassten Substanz und ändern diese nicht, sondern sind (nur) auf das Wiedererrichten zerstörter oder schadhafter Bauteile und das Beseitigen von Mängeln oder Schäden durch Maßnahmen, die den bisherigen Zustand im Wesentlichen unverändert lassen oder ihn wiederherstellen und erhalten, ausgerichtet. Bestandsschutz setzt die Beibehaltung der Identität des instandgesetzten mit dem ursprünglichen (in seinem Bestand geschützten) Bauwerk voraus. Hieran fehlt es, wenn der mit der Instandsetzung verbundene Eingriff in den vorhandenen Bestand so intensiv ist, dass er die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berührt und eine statische Nachberechnung des gesamten Gebäudes erforderlich macht, oder wenn die für die Instandsetzung notwendigen Arbeiten den Aufwand für einen Neubau erreichen oder gar übersteigen oder wenn die Bausubstanz ausgetauscht oder das Bauvolumen wesentlich erweitert wird (zu allem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31. August 2011 – OVG 10 N 98.09 – Seite 3 des Entscheidungsumdrucks m.w.N.). Ausgehend hiervon gehen die Baumaßnahmen an dem Wochenendhaus über eine bloße Instandhaltung hinaus. Zwar mögen sich die Außenwände des Gebäudes nicht verändert haben, jedoch wurde durch die oben umschriebenen Maßnahmen die Bausubstanz in erheblichem Maße ausgetauscht und verändert, wodurch gleichzeitig in die Statik des gesamten Gebäudes eingegriffen wurde. Durch die neue, äußere Dachkonstruktion wurde eine Vielzahl neuer, massiver Dachbalken in dem Gebäude verbaut, welche auf den Außenwänden des Gebäudes aufliegen. Diese Massivholzkonstruktion erstreckt sich über den gesamten Dachbereich und geht im Osten und Westen noch darüber hinaus. Unabhängig von der Frage, ob die Standfestigkeit des gesamten Gebäudes tatsächlich gefährdet ist, so wird diese jedenfalls von dem Vorhaben berührt und eine statische Nachberechnung wird erforderlich. Die Frage der Statik stellt sich neu.
Nach diesen Ausführungen ist dem Beweisantrag des Klägers vom 30. Oktober 2018 nicht stattzugeben.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
zur Prüfung, ob die Aufschüttungen auf dem Dach des Bungalows durch die Isolierungsschickt zu einer statischen Veränderung des Gebäudes führen, ein Sachverständigengutachten einzuholen.
Die Klärung dieser Tatsache ist nicht entscheidungserheblich. Schon die aufgebaute Holzkonstruktion – welche unfraglich von erheblichem Gewicht ist – wirft die Frage der Statik des gesamten Gebäudes neu auf. Inwiefern darüber hinaus die Verfüllung der Isolierungsschicht mit weiteren statischen Anforderungen einher geht, ist demnach nicht relevant.
Dies zugrunde gelegt, vermögen auch die Ausführungen der Kläger betreffend eine Genehmigungsfreiheit des an das Wochenendhaus direkt – namentlich durch Verlängerung des Daches – angebauten Carports nicht zu überzeugen. Die Regelung des § 61 Abs. 1 Nr. 1 d) BbgBO bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 4 BbgBO a.F. findet schon aus dem Grunde keine Anwendung, da es sich vorliegend nicht um ein Wohngebäude, sondern vielmehr um eine Wochenendhaus handelt, dessen Bestandsschutz jedenfalls durch die Baumaßnahmen erloschen sein dürfte.
Höchst vorsorglich weist das Gericht noch darauf hin, dass die Kläger keine Nachweise vorlegen konnten, aus denen hervorgeht in welcher Kubatur und in welchem Maß das Wochenendhaus samt Carport ursprünglich genehmigt wurde. Die vorgelegten Bilder geben zwar Aufschluss über den Bestand vor Beginn der Baumaßnahmen, nicht jedoch über die Genehmigungssituation bzw. den formellen Bestandsschutz des Wochenendhausbestandes. Dies wäre, wie das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung bereits angemerkt hat, für ein etwaiges Genehmigungsverfahren bzw. eine außergerichtliche Einigung mit Blick auf § 35 Abs. 4 BauGB sowie eine ggf. von dem Vorhaben ausgehende Vorbildwirkung indes hilfreich. Für das vorliegende Verfahren hinsichtlich des Ausspruches des Baustopps kommt es auf die Frage nach der Genehmigung des vorhandenen Bestandes nicht streitentscheidend an.
Ermessensfehler im Sinne des § 114 VwGO liegen mit Blick auf das in der Norm angelegte intendierte Ermessen nicht vor. Insbesondere stellt die Baueinstellungsverfügung bei noch andauernden Bauarbeiten ohne Baugenehmigung das erforderliche und zugleich geeignetste Mittel dar, um (weiteren) Baurechtsverstößen zu begegnen. Der Erlass einer Nutzungsuntersagung, kommt regelmäßig erst mit der Aufnahme der Nutzung nach Fertigstellung der baulichen Anlage in Betracht. Der Beklagte stützt sich vorliegend auch ausschließlich auf die formelle Baurechtswidrigkeit des Vorhabens und macht materielle Bedenken gegen das Vorhaben nicht zur Grundlage seiner Ordnungsverfügung. Der Umstand, dass der Beklagte im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens auf die materiellen Ausführungen der Kläger erwidert, lässt keinen anderen Schluss zu. Vielmehr betonte der Beklagte sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid, die Baueinstellung aufgrund der formellen Baurechtswidrigkeit auszusprechen. Soweit er auf Seite 3 unten und Seite 4 oben des Widerspruchsbescheides auf die Außenbereichslage und naturschutzrechtliche Bedenken gegen das Vorhaben eingeht, so beziehen sich diese lediglich auf das vormals seitens der Kläger beantragte Bauvorhaben und die in diesem Rahmen erläuterten Aspekte, welche aus seiner Sicht zur Rücknahme des Bauantrages geführt haben könnten.
Etwaige zivilrechtliche Verpflichtungen der Kläger gegenüber der Gemeinde J... vermögen – entgegen dem Vorbringen der Kläger im Schriftsatz vom 30. Oktober 2018 – eine anderweitige baurechtliche Bewertung des Falles nicht zu rechtfertigen.
Gegen die in dem angegriffenen Bescheid enthaltenen Zwangsgeldandrohungen ist nichts zu erinnern. Mit der Baueinstellung wird nicht in die Rechte Dritter, namentlich der Eigentümer, eingegriffen, sodass es auch nicht der Erteilung einer Duldungsverfügung bedurfte. Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach §§ 3, 27, 28 VwVGBbg sind erfüllt. Der angedrohte Betrag in Höhe von 1.500,00 Euro stellt sich auch nicht als unverhältnismäßig im Vergleich zu dem damit verfolgten Ziel dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 S. 1 VwGO. Mit Blick auf die Kostentragungslast bedarf es keines Ausspruchs betreffend die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.