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Entscheidung 11 W 47/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.02.2014
Aktenzeichen 11 W 47/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 18. November 2013 - 11 W 47/13 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Von der Niederschrift tatsächlicher Feststellungen wird - analog § 313a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 540 Abs. 2 und § 574 Abs. 1 ZPO - abgesehen (vgl. dazu OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 17.02. 1988 - 22 U 275/87, NJW 1989, 841 = MDR 1989, 168; OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.04.1995 - 1 W 2/95, NJW-RR 1995, 1212 = MDR 1995, 743; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 329 Rdn. 11; ferner Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 329 Rdn. 34; jeweils m.w.N.).

II.

A.

Die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin (GA III 677 ff.) gegen den Beschluss des Senats vom 18. November 2013 (GA III 664 ff.), mit dem ihre sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuches betreffend die gerichtliche Sachverständige durch das Landgericht in dem dort anhängigen selbstständigen Beweisverfahren zurückgewiesen wurde, ist an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig. Zwar gibt es Stimmen in der Judikatur (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18. 01.2007 - 24 W 97/06, Rdn. 10, OLG-Rp 2007, 456) und im Schrifttum (vgl. BeckOK-ZPO/Scheuch, Edition 11, § 406 Rdn. 42), die angenommen haben, über den Antrag auf Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen werde durch eine gemäß § 321a Abs. 1 Satz 2 ZPO unanfechtbare Zwischenentscheidung befunden. Dieser Auffassung kann aber unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Statthaftigkeit der Anhörungsrüge nach Zurückweisung eines Richterablehnungsgesuchs nicht beigetreten werden; dementsprechend ist fachgerichtlicher Rechtsschutz gegen eine mögliche Gehörsverletzung in allen Zwischenverfahren gemäß dem Grundsatz wirkungsvollen Rechtsschutzes in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG stets dann notwendig, wenn dort abschließend und mit Bindungswirkung für das weitere Verfahren über den jeweiligen Antrag befunden wird und die Entscheidung später nicht mehr im Rahmen einer Inzidentprüfung korrigiert werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.10.2007 - 1 BvR 782/07, Rdn. 22, BVerfGE 119, 292 = MDR 2008, 223; Beschl. v. 06.05.2010 - 1 BvR 96/10, Rdn. 15, BVerfGK 17, 298 = NVwZ-RR 2010, 545; ferner BGH, Beschl. v. 20.01.2009 - Xa ZB 34/08, Rdn. 6, MDR 2009, 520 = NJW-RR 2009, 642; BeckOK-ZPO/Utermark, Edition 11, § 321a Rdn. 6; Musielak/Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 321a Rdn. 3; Zöller/Voll-kommer, ZPO, 30. Aufl., § 321a Rdn. 5). Genau so verhält es sich bei Entscheidungen darüber, ob ein Ablehnungsgrund gegen den Sachverständigen vorliegt; diese Frage soll nach dem Willen des Gesetzgebers rasch und endgültig in dem besonderen Verfahren gemäß § 406 Abs. 2 bis 5 ZPO geklärt werden (vgl. BGH, Urt. v. 06.11.1958 - III ZR 147/57, BGHZ 28, 302 = NJW 1959, 434; ferner BeckOK-ZPO/Scheuch aaO Rdn. 44).

B.

In der Sache selbst bleibt die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin jedoch erfolglos. Der Senat hat deren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt, was nach § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO Voraussetzung für die von der Antragsgegnerin zu 1) begehrte Fortführung des Beschwerdeverfahrens entsprechend § 321a Abs. 5 ZPO ist. Gemäß Art. 103 Abs. 1 GG sind die Gerichte verpflichtet, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen; hieraus folgt jedoch nicht, dass alle Einzelpunkte des Parteivorbringens in den Gründen der Entscheidung auch ausdrücklich abgehandelt werden müssen (vgl. BVerfG, Urt. v. 08.07.1997 - 1 BvR 1621/94, Rdn. 43 f., BVerfGE 96, 205 = EuGRZ 1997, 284; BGH, Beschl. v. 15.08.2013 - I ZR 91/12, Rdn. 2, juris = BeckRS 2013, 15061). Denn regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Gerichte ihrer Verpflichtung nachkommen; die schriftlich niedergelegten Gründe enthalten lediglich eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (vgl. BVerfG aaO; OLG Naumburg, Beschl. v. 30.03.2011 - 10 W 66/10, Rdn. 6, juris = BeckRS 2011, 17579, m.w.N.). Der Senat hat bei seiner Beschlussfassung am 18. November 2013 alle Angriffe, die mit der sofortigen Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts vorgebracht wurden, geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nicht durchgreifen. Nach ganz herrschender Auffassung, die der Senat teilt, können mittels Anhörungsrüge nur neue und eigenständige Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG durch das jeweilige Rechtsmittelgericht geltend gemacht werden (vgl. BGH aaO, m.w.N.). Deshalb hilft es der Antragsgegnerin zu 1) nicht weiter, wenn sie Vorbringen aus der sofortigen Beschwerde wiederholt. Ebenso ist es ihr verwehrt, im Rahmen von § 321a ZPO ihre eigenen Rechtsansichten an die Stelle der Auffassung des Senats setzen (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 27.02. 2013 - XII ZR 39/10, Rdn. 4, juris = BeckRS 2013, 05743). Denn diese steht hier nicht zur Nachprüfung. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt weder einen Anspruch darauf, dass die Gerichte der Rechtsmeinung des jeweiligen Grundrechtsträgers folgen, noch schützt er vor einer bestimmten - aus dessen Sicht unzutreffenden - Rechtsanwendung (so BVerfG, Beschl. v. 06.05.2010 - 1 BvR 96/10, Rdn. 28, BVerfGK 17, 298 = NVwZ-RR 2010, m.w.N.). Unabhängig davon hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 18. November 2013 - im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ausgeführt, dass aus einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt der gutachterlichen Äußerungen der gerichtlichen Sachverständigen keine die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände hergeleitet werden können und dass eine schematische Betrachtung von Fällen der streitgegenständlichen Art anhand von Präjudizien ausscheidet. Welcher Vortrag der Beschwerdeführerin betreffend die persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Gutachterin zu ihrem - am Verfahren nicht beteiligten - Sohn vom Senat hätte als unstreitig angesehen werden müssen und weshalb danach Befangenheit zu besorgen sei, zeigt die Anhörungsrüge nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels der Beschwerdeführerin zur Last, weil sie es eingelegt hat. Nach ganz herrschender Meinung, die der Senat teilt, ist der Rechtsmittelbegriff der zitierten Vorschrift weit auszulegen; in den kontradiktorischen Verfahren nach der Zivilprozessordnung, die - wie hier - ein Streitverhältnis zum Gegenstand haben, umfasst er auch Rechtsbehelfe ohne Devolutiv-effekt, insbesondere die Erinnerung, den Widerspruch, den Einspruch und die Anhörungsrüge (vgl. BeckOK-ZPO/Jaspersen/Wache, Edition 11, § 97 Rdn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 321a Rdn. 17; ferner OLG Naumburg, Beschl. v. 30.03.2011 - 10 W 66/10, Rdn. 11, juris = BeckRS 2011, 17579; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl., § 97 Rdn. 1; Musielak/Lackmann, ZPO, 10. Aufl., § 97 Rdn. 2; Saenger/ Gierl, Hk-ZPO, 5. Aufl., § 97 Rdn. 3). Die gegenteilige Auffassung, die - ohne nähere Begründung - in den Entscheidungen des BPatG, Beschl. v. 14.03.2012 - 26 W (pat) 56 bis 58/11, dort jeweils Rdn. 6 (juris), vertreten wird, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung, zumal der Bundesgerichtshof bei der Verwerfung oder Zurückweisung von Anhörungsrügen regelmäßig einen Kostenausspruch trifft (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 11.02.2013 - IX ZB 101/12, juris = BeckRS 2013, 03416; Beschl. v. 27.02.2013 - XII ZR 39/10, juris = BeckRS 2013, 05743; Beschl. v. 15.08.2013 - I ZR 91/12, juris = BeckRS 2013, 15061).

D.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Senat ist schon deshalb nicht möglich, weil Entscheidungen, mit denen die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, nach dem Gesetz nicht anfechtbar sind (§ 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO).

E.

Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes kann unterbleiben. Denn in Verfahren über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör entstehen nach GKG-KV Nr. 1700 keine streitwertabhängigen Gerichtsgebühren (vgl. dazu Saenger/Saenger, Hk-ZPO, 5. Aufl., § 321a Rdn. 16; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 321a Rdn. 20) und eine Wertfestsetzung für die Gebühren der Rechtsanwälte hat nur auf besonderen Antrag - in einem separaten Verfahren - zu erfolgen (arg. § 33 Abs. 1 RVG = § 10 Abs. 1 BRAGO).