Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 62. Senat | Entscheidungsdatum | 08.08.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 62 PV 11.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 22 Abs 1 RVG, § 23 Abs 3 RVG, § 33 Abs 3 RVG, § 63 Abs 3 S 1 Nr 2 GKG |
1. Eine auf Erhöhung des Gegenstandswerts zielende Beschwerde ist bei unklarer Rechtsmittelschrift regelmäßig namens des Rechtsanwalts eingelegt.
2. Eine Absenkung des Gegenstandswerts von Amts wegen scheidet nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz aus.
Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
1. Die Beschwerde, die auf die Erhöhung des vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 23. Mai 2014 festgesetzten Gegenstandswerts von 10.000 Euro auf 20.000 Euro zielt, ist von den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1 eingelegt.
Nach § 33 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 RVG ist der Rechtsanwalt zu einer Beschwerde in eigenem Namen berechtigt. Ob der Rechtsanwalt in eigenem Namen oder namens seines Mandanten Beschwerde einlegt, ist bei mehrdeutigen Schriftsätzen auslegungsbedürftig. Die unter Wahrung der Beschwerdefrist (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) beim Verwaltungsgericht eingereichte Beschwerdeschrift der Rechtsanwaltskanzlei vom 2. Juni 2014 ist mehrdeutig. In einem solchen Fall hat sich die Auslegung leiten zu lassen davon, was im Zweifel gewollt, nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Februar 2012 - 1 Ta 288/11 - juris Rn. 16; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 32 RVG Rn. 14 m.w.N.). Dabei ist von Bedeutung, ob der Beschwerdeführer beschwert ist. Bei einem auf Erhöhung zielenden Antrag ist regelmäßig der Rechtsanwalt, hingegen nicht dessen Mandant beschwert, auch wenn dieser in der Sache obsiegt hat. Angesichts dessen soll selbst ein „namens und im Auftrag“ des Mandanten gestellter Antrag des Rechtsanwalts gleichwohl als sein eigener Antrag ausgelegt werden können (so Hartmann, a.a.O. m.w.N). Umso mehr gilt das für eine ambivalente Beschwerdeschrift.
2. Die mangels Beschwerdezulassung (§ 33 Abs. 3 Satz 2 RVG) nach dem Beschwerdewert (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der einzelne (nichtvermögensrechtliche) Gegenstand im Personalvertretungsrecht ist grundsätzlich mit 5.000 Euro anzusetzen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung), wenn nicht wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eine Halbierung dieses Wertes vorzunehmen sein sollte (so OVG Berlin, Beschluss vom 28. März 2002 - OVG 70 PV 1.02). Nach § 22 Abs. 1 RVG werden in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet. Im Personalvertretungsrecht sind allerdings nicht etwa bei einer Mehrzahl gestellter Anträge ebenso viele Gegenstände anzunehmen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. November 2007 - OVG 60 PV 15.07 - juris Rn. 3). Es kommt vielmehr darauf an, ob es sich um einen zur Entscheidung gestellten einheitlichen Lebenssachverhalt handelt oder um mehrere (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - OVG 60 PV 20.09).
Nach diesen Maßstäben betreffen jeweils zwei der ursprünglich beim Verwaltungsgericht gestellten Anträge denselben Lebenssachverhalt, nämlich (Anträge zu 1 und 2) die Position der Antragstellerin als Erste Stellvertreterin des Vorsitzenden des Beteiligten zu 1 und (Anträge zu 3 und 4) der vom Beteiligten zu 1 zu beschließende Freistellungsvorschlag zugunsten der Antragstellerin. Insoweit waren die Anträge (zu 1 und 3), die auf die Feststellung der Unwirksamkeit der jeweils anderslautenden Beschlüsse des Beteiligten zu 1 zielten, unselbständige Zwischenschritte zur Absicherung der beiden Ziele der Antragstellerin. Das Verwaltungsgericht hielt die Zwischenschritte, wie dessen Beschluss in der Sache vom 1. April 2014 erweist, zutreffend nicht für nötig, und behandelte das Fallenlassen der angekündigten Anträge zu 1 und 3 in der mündlichen Anhörung nicht als teilweise Antragsrücknahme.
3. Der Senat entscheidet nicht darüber, ob es in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit der Erwägung des Verwaltungsgerichts, es handele sich um „eine zumindest teilweise Vorwegnahme der Hauptsache“, angemessen ist, den gesetzlichen Auffangwert jeweils ganz anzusetzen (zur Reduzierung des Streitwerts „in der Regel“ auf die Hälfte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung: Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2012/2013; siehe auch OVG Berlin, a.a.O.).
Eine Änderung des Gegenstandswerts von Amts wegen ist nicht vorgesehen. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthält keine dem § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG gleichende Regelung. Der Gesetzgeber setzte dieses Gesetzeswerk in seinem Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) zusammen mit dem neu gefassten Gerichtskostengesetz in Kraft. Die Unterschiede in der Abänderbarkeit der erstinstanzlichen Wertfestsetzung sind offensichtlich gewollt. Für eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG fehlt bereits eine planwidrige Lücke im Gesetz.
Eine Abänderung ist auch nicht deshalb möglich, weil der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt und sich so dessen begünstigender Wirkung, dass immerhin 10.000 Euro und nicht weniger festgesetzt sind, begeben hätte. Nach allgemeinen Grundsätzen gilt im gerichtlichen Rechtsmittelrecht das Verbot der Verböserung (siehe Blanke, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, Vorbemerkungen zu § 124, Rn. 97), wenn der Gesetzgeber, wie in § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG, davon keine Ausnahme macht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).