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Türkei; Ausweisung; Straftaten; Spezialprävention; Vier-Augen-Prinzip; kein Widerspruchsverfahren; Stand-Still-Klausel; Besserstellungsverbot; Aussetzung und Vorabentscheidung durch EuGH (verneint); Befristung der Wirkungen der Ausweisung (ohne behördliche Entscheidung); Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis; Abschiebungsandrohung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 15.08.2013
Aktenzeichen OVG 7 B 24.13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 4 Abs 5 AufenthG, § 11 Abs 1 AufenthG, § 34 AufenthG, § 35 AufenthG, § 55 Abs 1 AufenthG, § 55 Abs 2 Nr 2 AufenthG, § 58 Abs 1 AufenthG, § 58 Abs 2 AufenthG, § 59 Abs 1 AufenthG, § 59 Abs 2 AufenthG, Art 7 EWGAssRBes 1/80, Art 13 EWGAssRBes 1/80, Art 14 EWGAssRBes 1/80, Art 267 AEUV, Art 9 Abs 1 EWGRL 221/64, Art 12 EGRL 109/2003, Art 28 EGRL 38/2004, Art 31 EGRL 38/2004, Art 59 AssoziierungsAbkEWG/TURZProt, Art 2 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 8 MRK

Leitsatz

Der Wegfall des Widerspruchsverfahrens für nach dem 30. April 2006 verfügte Ausweisungen assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger im Land Berlin verstößt nicht gegen sog. die Stand-Still-Klausel in Art. 13 ARB 1/80. Eine Fortgeltung der außer Kraft getretenen verfahrensrechtlichen Regelung des Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG würde zu einer nach Art. 59 ZP unzulässigen Besserstellung gegenüber Unionsbürgern führen (Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Januar 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verpflichtet wird, die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von drei Jahren zu befristen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 9/10, der Beklagte 1/10.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der türkische Kläger wendet sich mit der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin, mit dem seine Klage gegen den seine Ausweisung verfügenden, ein weiteres Aufenthaltsbegehren ablehnenden und seine Abschiebung androhenden Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2008 abgewiesen wurde.

Der Kläger ist im Februar 1989 in Berlin als Sohn eines türkischen Arbeitnehmers geboren und hier aufgewachsen. Die Schule verließ er nach massiven Problemen im Anschluss an die 6. Klasse ohne Abschluss. Eine Berufsausbildung hat er in der Folgezeit nicht erworben. Er ist bis heute ledig und kinderlos.

Bereits ab dem 10. Lebensjahr wurden eine Vielzahl von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Kläger insbesondere im Zusammenhang mit Eigentums- und Gewaltdelikten eingeleitet, die wegen seiner damaligen Strafunmündigkeit eingestellt wurden. Nach Vollendung des 14. Lebensjahres wurde er wie folgt rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 5. August 2003 zu (391) 80 Js 381/03 Ls (122/03): Jugendstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, wegen gemeinschaftlichen versuchten Raubes in Tateinheit mit versuchter räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung in drei Fällen;

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. November 2003 zu (391) 5 JuJs 1682/03 Ls (178/03): Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten - unter Einbeziehung des Urteils vom 5. August 2003 -, Strafaussetzung zurückgestellt zur Bewährung für sechs Monate, wegen gemeinschaftlichen Raubes, versuchter räuberischer Erpressung und Diebstahls;

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Juni 2004 zu (403) 47 Js 341/03 Ls (63/04): Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten - unter Einbeziehung der Urteile vom 5. August und 4. November 2003 - wegen versuchten gemein-schaftlichen Raubes in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.

Nach Strafvollstreckung und Haftentlassung Ende Oktober 2005 wurde er im Februar 2006 erneut straffällig und wurde wie folgt rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 24. Juli 2006 zu (423) 47 Js 1511/05 Ls (62/06): Jugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung;

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. August 2007 zu (394) 47 Js 1501/07 Ls (26/07): Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten - unter Einbeziehung des Urteils vom 24. Juli 2006 - wegen gefährlicher Körperverletzung.

Nachdem er den Kläger Anfang 2006 erfolglos ausländerbehördlich verwarnt hatte, erließ der Beklagte nach vorangegangener Anhörung den streitgegenständlichen Bescheid vom 26. Februar 2008. Die hierin angeordnete, auf § 55 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung begründete er - unter Darlegung des bisherigen Sozial- und Legalverhaltens des Klägers und Verweis auf erfolglose Jugendhilfemaßnahmen sowie Abwägung mit seinen hiesigen familiären Bindungen und seinem durchgängigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit seiner Geburt - mit einer von ihm auch weiterhin ausgehenden schwerwiegenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Begehung erheblicher Straftaten. Die Ausweisung sei auch im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation (nachfolgend: ARB 1/80) gerechtfertigt. Eine Verlängerung der - zuletzt bis zum 19. Februar 2005 erteilten - Aufenthaltserlaubnis komme schon wegen der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht. Zudem lägen - insbesondere im Hinblick auf die fehlende Lebensunterhaltssicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG - die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verlängerung eines Aufenthaltsrechts für Kinder nach §§ 34 und 35 AufenthG nicht vor.

Auch nach Verbüßung der Strafhaft wegen der letztgenannten Verurteilung - die Haftentlassung erfolgte Ende Dezember 2007 - ist der Kläger weiterhin straffällig geworden und wurde wie folgt rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

- Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 10. Juli/3. Dezember 2009 zu (400 Ds) 47 Js 371/09 (216/09) Jug: 30 Stunden Freizeitarbeiten wegen Beleidigung, wo-bei wegen Nichterfüllung unter dem 3. Juni 2010 und 10. Januar 2011 zweimal Beugearrest verhängt worden ist;

- Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. Oktober 2012 zu (565) 265 Js 1401/11 Ns (64/12) im Berufungsverfahren betreffend drei strafgerichtliche Urteile des Amtsgerichts Tiergarten vom 14. Juli und 17. November 2011 sowie vom 15. März 2012: Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie Zahlung eines Schmerzensgeldes von 250 EUR - unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen - wegen Beleidigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch, wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in einem Fall, wegen unerlaubten Führens einer Waffe und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln.

Wegen dieser Straftaten befindet sich der Kläger derzeit - voraussichtlich noch bis Sommer 2014 - erneut in Strafhaft.

Die gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2008 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 24. Januar 2012 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die vom Beklagten auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Sach- und Rechtslage zunächst im angegriffenen Bescheid getroffene und zuletzt in der mündlichen Verhandlung - insbesondere auf der Grundlage der zwischenzeitlich weiterhin begangenen Straftaten des Klägers - ergänzte Ausweisungsentscheidung sei auch im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 wegen der konkreten Gefahr weiterer schwerer Straftaten rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG bestehe nach Erlöschen seines Aufenthaltsrechts aus Art. 7 ARB 1/80 durch die Ausweisung nicht. Der hilfsweise begehrten Verlängerung eines Aufenthaltsrechts aus familiären Gründen stehe die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegen. Die im März 2008 beantragte und mit der Klage hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG komme mangels Vorliegens eines Abschiebungshindernisses nicht in Betracht. Auch die Abschiebungsandrohung sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 7. Oktober 2012 sowie vom 9. Juli und 12. August 2013 bzw. in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:

Seine Ausweisung entspreche schon nicht den verfahrensrechtlichen Anforderungen des Assoziationsrechts EWG/Türkei und sei deshalb unheilbar rechtswidrig. Denn die für hierdurch begünstigte türkische Staatsangehörige wie ihn geltende gemeinschaftsrechtliche Verfahrensgarantie in Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG, die - außer in einem hier nicht vorliegenden dringenden Fall - die Nachprüfung einer Ausweisungsentscheidung durch eine zweite unabhängige Stelle noch im Verwaltungsverfahren verlange (sog. Vier-Augen-Prinzip), habe - ungeachtet ihrer Außerkraftsetzung mit Wirkung vom 30. April 2006 für Unionsbürger - wegen der Stand-Still-Klausel in Art. 13 ARB 1/80 auch für seine Ausweisung im Bescheid vom 26. Februar 2008 fortgegolten. Das Unterbleiben der danach erforderlichen weiteren Zweckmäßigkeitsprüfung im Verwaltungsverfahren stelle einen nicht unerheblichen Eingriff in seine durch Art. 7 ARB 1/80 geschützte Rechtsstellung dar. Zwar sei das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung in seinen jüngsten Entscheidungen, u.a. im Beschluss vom 15. April 2013 - 1 B 22.12 -, nicht gefolgt, diese Auffassung sei jedoch nicht überzeugend:

Soweit dort ausgeführt werde, es sei bereits fraglich, ob verfahrensrechtliche Regelungen überhaupt von den Stand-Still-Klauseln erfasst würden, widerspreche das der vom EuGH im Urteil vom 2. Juni 2005 - Rs. C-136/03 [Dörr/Ünal] dargelegten Auffassung.

Unzutreffend sei auch die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, gegen die Fortgeltung des Vier-Augen-Prinzips aufgrund des Art. 13 ARB 1/80 spreche bereits dessen Wortlaut, wonach lediglich die Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union (EU) verpflichtet würden. Dabei übersehe es, dass die Mitgliedstaaten in der Rechtsanwendung/Praxis die bedeutsamen Maßnahmen mit Rechtswirkung für türkische Arbeitnehmer träfen und dass diese Mitgliedstaaten den Organen der EU legislative Kompetenzen gerade auch im Ausländerrecht übertragen hätten. Dann aber könne die EU bei Erlass entsprechender und sodann national umzusetzender Richtlinien im Außenverhältnis zur Türkei nicht geltend machen, nur die Mitgliedstaaten seien aus Art. 13 ARB 1/80 verpflichtet. Eine andere Auffassung verbiete die durch Art. 25 GG verlangte völkerrechtsfreundliche Interpretation bzw. die von Art. 23 GG verlangte europafreundliche Auslegung.

Ferner habe auch die Europäische Kommission im Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache C-349/06 [Polat] deutlich gemacht, dass - angesichts des zeitlich engen Zusammenhangs zwischen Erarbeitung des Assoziationsabkommens und der Veröffentlichung der RiL 64/221/EWG im Amtsblatt der EU - bei der Auslegung des Abkommens bzw. des Art. 14 ARB „in etwa dasselbe Schutzniveau“ verwirklicht werden müsse, das in dieser Richtlinie vorgesehen sei. Hieraus habe die Kommission abgeleitet, dass deren Aufhebung auf die Auslegung des Assoziationsabkommens und hierauf beruhende Rechtsakte keinen Einfluss haben könne. Dass eine andere Auffassung zudem mit allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar sei, wonach derartige Verträge nicht einseitig verändert werden dürften, komme auch in der Stellungnahme der EU-Kommission in der Rechtssache C-371/08 [Ziebell] zum Ausdruck.

Rechtlichen Bedenken begegne schließlich auch die in den entsprechenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts dargelegte Begründung, die Aufrechterhaltung der in Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG getroffenen Regelung ausschließlich für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige verstoße gegen das Besserstellungsverbot in Art. 59 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen. Zum einen teile die EU-Kommission ausweislich der zitierten Stellungnahmen diese Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht, zum anderen sei maßgeblich für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Besserstellungsverbot nicht ein Vergleich der Details der Rechtsstellung von Unionsbürgern und assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen, sondern eine Gesamtbetrachtung ihrer Rechtsstellung. Dies komme im Urteil des EuGH vom 19. Juli 2012 in der Rechtssache C-451/11 [Dülger] zum Ausdruck.

Gegen die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, ein Vorabentscheidungsersuchen zum Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV sei in dieser Frage nicht geboten, weil es offenkundig sei, dass das Vier-Augen-Prinzip nicht allein für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige fortgelten könne, spreche schon der Umfang der Darlegungen des Gerichts und die Vielzahl der „Nachbesserungen“ nach seinem ersten Urteil vom 10. Juli 2012. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung in der Rechtssache C-371/08 [Ziebell], auf die sich das Bundesverwaltungsgericht zur Begründung u.a. berufe, in der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte unterschiedlich verstanden bzw. ausgelegt werde. Nach alledem bedürfe es wegen dieser Frage der Aussetzung des Berufungsverfahrens und Vorlage an den EuGH zu entsprechender Klärung.

Über die dargelegte verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit hinaus begegne seine Ausweisung zudem materiell-rechtlichen Bedenken. Sie sei vor dem Hintergrund des Mindestausweisungsschutzes aus Art. 12 der RiL 2003/109/EG und unter Berücksichtigung seiner Stellung als faktischer Inländer sowie wegen der Schutzgebote aus Art. 2 Abs. 1 und 6 GG bzw. Art. 8 EMRK auch in der Sache unzulässig.

Insoweit hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 zunächst im Wesentlichen sein Vorbringen zur Begründung des Zulassungsantrags vom April 2012 wiederholt:

Das verwaltungsgerichtliche Urteil lege einen unzureichend erforschten und unzutreffenden Sachverhalt zugrunde. So laste es ihm strafrechtliche Verfehlungen bis Februar 2003 an, d.h. für die Zeit seiner Strafunmündigkeit, ohne zu prüfen, ob der spezifische Tatvorwurf gerade auf sein Verhalten zurückzuführen sei. Hiermit werde ein verzerrtes Bild seiner Kindheit gezeichnet. Auch bleibe unberücksichtigt, dass statistisch nur der geringste Teil strafrechtlicher Ermittlungsverfahren mit einer Verurteilung ende. Zudem seien die strafgerichtlichen Entscheidungen vom 3. Juni 2010 und 10. Januar 2011 als Verurteilungen angesehen worden, obwohl es sich dabei nur um Beschlüsse zur Durchsetzung der mit Urteil vom 3. Dezember 2009 erlassenen Weisung handele.

Auch könne dem Verwaltungsgericht bei der Bewertung seiner Straftaten in ihrer Aussagekraft für sein künftiges Legalverhalten nicht gefolgt werden. Denn er sei seit seiner Haftentlassung Ende Dezember 2007 nur mit Straftaten auffällig geworden, die in ihrer Bedeutung und ihrem Unrechtsgehalt nicht mit den früher begangenen Delikten (Raub, räuberische Erpressung und gefährliche Körperver-letzung) vergleichbar seien. Die Annahme einer hinreichend schweren Gefährdung, die Grundinteressen der Gesellschaft berühre, sei deshalb im Hinblick auf seine vor allem „verbalen Entgleisungen“ nicht mehr gerechtfertigt. Seine Einstufung als „Intensivtäter“ durch den Beklagten sei verfehlt und stehe im Widerspruch zur Sozial- und Legalprognose der Jugendstrafanstalt Berlin vom 28. März 2007. Auch gehöre er angesichts seines jungen Alters und des Verbleibs im Haushalt seiner Eltern nach entwicklungspsychologischen Studien zu dem Kreis von Straftätern, die sich noch nicht verselbstständigt hätten und bei denen eine Nachreifung zum Erwachsenen noch andauere. Angesichts dessen sei die negative Gefahrenprognose verfehlt.

Auch habe das Verwaltungsgericht die wiederholte Verwendung des Begriffs „Heimatland“ im Bescheid des Beklagten nicht einfach damit abtun dürfen, es sei offensichtlich das Land seiner Staatsangehörigkeit gemeint gewesen. Zudem werde im Urteil selbst fälschlich von einer „Rückkehr“ in die Türkei gesprochen, obwohl er niemals in der Türkei gelebt habe.

Zu Unrecht habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwal-tungsgericht auch unterstellt, er sei mit der türkischen Kultur vertraut und be-herrsche die türkische Sprache. Vielmehr sei zwischen dem aktiven und passiven sowie dem mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch zu unterscheiden. Er spreche türkisch nur „bruchstückhaft“, und zwar im mündlichen und passiven Sprachgebrauch etwas weniger rudimentär als im aktiven. Schriftstücke könne er nicht im Zusammenhang lesen, sie blieben ihm unverständlich. Dann aber könne auch von seiner Einbindung in die türkische Kultur nicht gesprochen werden.

Seine Ausweisung sei mit dem familiären Schutzgebot vor allem deshalb nicht zu vereinbaren, weil er seinen nach einem schweren Schlaganfall hilfsbedürftigen Vater pflegen müsse, der unter Störungen des Sprachzentrums leide und auch in seiner körperlichen Beweglichkeit erheblich eingeschränkt sei (Pflegestufe I).

Hilfsweise stehe ihm ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu. Sein entsprechender Antrag vom 22. März 2008 sei vom Beklagten nie beschieden worden. Die erforderliche Ermessensentscheidung sei auch nicht in den rudimentären Erwägungen des Bescheids vom 26. Februar 2008 zu erkennen.

Mit Schriftsatz vom 12. August 2013 und in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hinsichtlich der materiell-rechtlichen Unzulässigkeit seiner Ausweisung im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht:

Die Bewertung des Beklagten in seinen ergänzenden Ausführungen mit Schriftsatz vom 8. August 2013, dass die zuletzt begangenen Straftaten als im Rahmen einer Gefährlichkeitsprognose „erhebliche Delikte“ anzusehen seien, liege neben der Sache. Er halte daran fest, dass seine Nachreifung insbesondere mangels Ablösung vom elterlichen Haushalt und Gründung einer eigenen Familie noch nicht abgeschlossen sei. Auch sei darauf hinzuweisen, dass eine Ausweisung in Deutschland geborener und aufgewachsener Ausländer mit dem Schutz des Privat- und Familienlebens in Art. 8 EMRK unvereinbar sein dürfte. So lasse beispielsweise das österreichische Fremdengesetz die Ausweisung von Ausländern nicht zu, wenn sich diese den zeitlich überwiegenden Teil ihres Lebens und während der letzten drei Jahre in Österreich aufgehalten hätten. Auch gebe es eine Entschließung des Ministerrats des Europarats, wonach die Ausweisung von in einem Mitgliedsland geborenen und aufgewachsenen Ausländern nicht zulässig sein solle. Zwar sei die Europäische Union dem nicht gefolgt, das sei jedoch unerheblich. Jedenfalls stehe ihm nunmehr auf der Grundlage der gesetzlichen Neuregelung in § 11 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG auch angesichts des bei einer Übersiedelung in die Türkei zu absolvierenden Wehrdienstes ein Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf zwei Jahre zu.

Der Kläger beantragt,

1. unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Januar 2012 den Bescheid des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 26. Februar 2008 aufzuheben,

2. hilfsweise das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung die Frage vorzulegen, ob der verfahrensrechtliche Ausweisungsschutz gem. Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG in Anbetracht von Art. 13 ARB 1/80 auch im Falle einer nach dem 30. April 2006 verfügten Ausweisung in der Aufenthaltssache eines gem. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen verfahrensrechtliche Beachtung verlangt,

3. den Beklagten unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin zu verpflichten, dem Kläger eine auf Assoziationsrecht beruhende Aufenthaltserlaubnis gem. § 4 Abs. 5 AufenthG zu erteilen,

hilfsweise dem Kläger auf seinen Antrag vom 31. März 2008 eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen,

weiter hilfsweise die Wirkung der Ausweisung auf die Dauer von 2 Jahren zu befristen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und hat darüber hinaus mit Schriftsatz vom 8. August 2013 und in der mündlichen Verhandlung ergänzend Folgendes geltend gemacht:

Die Ausweisung des Klägers sei auch weiterhin geboten und verhältnismäßig. Mit der Erwähnung der bereits zu Zeiten seiner Strafunmündigkeit gegen ihn geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren habe man nur die bereits frühzeitig bei ihm zu Tage getretenen schädlichen Neigungen verdeutlichen wollen. Zwar seien die im verwaltungsgerichtlichen Urteil erwähnten Beschlüsse vom 3. Juni 2010 und vom 10. Januar 2011 tatsächlich keine strafrechtlichen Verurteilungen gewesen, jedoch ändere das nichts an der Vielzahl der ansonsten gegen ihn ergangenen Strafurteile und verdeutliche seine mangelnde Rechts- und Gesetzestreue. Für die Rechtmäßigkeit der Ausweisung unerheblich sei, ob er nach den Kriterien der Staatsanwaltschaft seinerzeit als „Intensivtäter“ zu bezeichnen gewesen sei, und ob die Verwendung des Begriffs „Heimatland“ in Zusammenhang mit dem Kläger verfehlt sei. Maßgeblich sei vielmehr, dass er inzwischen erneut durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. Oktober 2012 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden sei, wobei sich strafschärfend ausgewirkt habe, dass er wegen Rohheitsdelikten bereits vielfach zu Jugendstrafen verurteilt und die „Rückfallgeschwindigkeit“ hoch gewesen sei. Dass die zuletzt begangenen Straftaten angeblich weniger schwer seien und eine Nachreifung erkennen ließen, sei nicht nachvollziehbar. Härten der Übersiedlung in die Türkei seien im überwiegenden Interesse der öffentlichen Sicherheit hinzunehmen.

Im Hinblick auf den nunmehr bestehenden Anspruch des Klägers auf Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung halte man einen Befristungszeitraum von drei Jahren für verhältnismäßig. Maßgeblich hierfür sei, dass er Wiederholungstäter sei und zahlreiche Straftaten begangen habe, die sich durch grobe Rücksichtslosigkeit gegenüber hochwertigen Rechtsgütern wie körperliche Integrität und Eigentum Dritter auszeichneten (Raub, Erpressung, gefährliche Körperverletzung etc.). Persönlichkeit und Lebensumstände des Klägers, sein fehlender Berufs-abschluss und mangelndes Interesse an beruflicher Weiterentwicklung sowie fehlende Einsicht, Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit seinen Straftaten sprächen gegen eine Veränderung seines Verhaltens und für eine fortbestehende Wiederholungsgefahr. Zu seinen Gunsten seien seine Deutschkenntnisse und sein langjähriger Aufenthalt zu werten. Eine wirtschaftliche und soziale Integration lasse sich daraus jedoch nicht ableiten. Zu berücksichtigen seien ferner die Folgen der Ausweisung für seine sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhaltenden und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Familienangehörigen, insbesondere für seinen nach einem schweren Schlaganfall kranken Vater. Gleichwohl habe dieser Umstand den Kläger nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten, so dass sein Vater infolge seiner Inhaftierung ohne ihn habe versorgt werden müssen. Im Übrigen sei aber auch nicht ersichtlich, dass sein jüngerer Bruder hierzu nicht in der Lage sei.

Trotz entsprechender Anregung des Senats auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte eine förmliche Entscheidung über die Dauer der Befristung der Wirkungen der Ausweisung nicht getroffen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Streitakten, die Ausländerakten des Klägers und die beigezogenen Strafakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist lediglich hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Verpflichtung des Beklagten zur nachträglichen Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2008 ist hinsichtlich der angeordneten Ausweisung rechtmäßig (dazu unten 1.). Das Verfahren ist auf den Hilfsantrag des Klägers auch nicht auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung über den verfahrensrechtlichen Ausweisungsschutz für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige vorzulegen (dazu unten 2.). Dem Kläger steht ferner nicht der weiterhin hilfsweise begehrte Anspruch auf Erteilung einer auf Assoziationsrecht beruhenden Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 AufenthG oder auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu (dazu unten 3.). Auch die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 26. Februar 2008 ist rechtlich nicht zu beanstanden (dazu unten 4.). Der Kläger besitzt jedoch einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung für die Dauer von drei Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG (dazu unten 5.).

1. Die Ausweisung des Klägers ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013 - 1 C 13.12 -, juris Rz. 9 m.w.N. - rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und § 114 VwGO). Ihre Rechtsgrundlage findet sie in § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 sowie § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80.

a) Der als Sohn eines türkischen Arbeitnehmers im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kläger besitzt unstreitig eine Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80. Demzufolge kann er gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – Rs. C-371/08 [Ziebell], juris Rz. 86). Das ist hier der Fall, womit auch schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG vorliegen.

b) Der Kläger ist jedenfalls seit Beginn seiner Strafmündigkeit zunächst als Jugendlicher und später als Heranwachsender - teils gemeinschaftlich, teils allein handelnd - durch eine Vielzahl von schwerwiegenden versuchten oder vollendeten Straftaten im Bereich der Eigentums- und Gewaltkriminalität (Raub, räuberische Erpressung, räuberischer Diebstahl, Diebstahl, teilweise in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung) straffällig geworden. Weder die Verbüßung einer ersten Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten bis Ende Oktober 2005 vermochte ihn von der anschließenden Begehung weiterer Straftaten aus diesem Deliktsbereich abzuhalten noch die Vollstreckung einer weiteren Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten bis Ende Dezember 2007 von der Begehung der dem Berufungsurteil des Landgerichts Berlin vom 4. Oktober 2012 zugrunde liegenden Straftaten. Diese hat der Kläger im Zeitraum zwischen dem 10. März 2010 und dem 15. August 2011, mithin als Erwachsener, begangen. Wegen dieses Strafurteils befindet er sich - voraussichtlich bis Anfang Juli 2014 - in Strafhaft.

Soweit der Kläger geltend macht, seit seiner letzten Haftentlassung Ende Dezember 2007 nur mit Straftaten auffällig geworden zu sein, die in ihrer Bedeutung und ihrem Unrechtsgehalt nicht mit den früher begangenen Eigentums- und Gewaltdelikten vergleichbar seien und bei denen es sich vor allem um „verbale Entgleisungen“ handele, insofern liege eine gewisse, noch nicht abgeschlossene Nachreifung nahe, vermag der Senat der hieraus gezogenen Schlussfolgerung, die Annahme einer hinreichend schweren, Grundinteressen der Gesellschaft berührenden Gefährdung sei nicht mehr gerechtfertigt, nicht zu folgen. Die dem Strafurteil vom 4. Oktober 2012 zugrunde liegenden Delikte zeigen vielmehr, dass der Kläger sein langjähriges delinquentes Verhalten fortgesetzt hat. Sie sprechen nachhaltig für eine Verfestigung bereits in jungen Jahren eingetretener Persönlichkeitsdefizite, die sich insbesondere in einer erschreckend hohen Aggressionsbereitschaft bzw. anlasslosen Aggressivität zeigen und die Begehung weiterer Gewaltdelikte auch in näherer Zukunft mit großer Wahrscheinlichkeit indizieren. Vor-aussetzung für eine Verhaltensänderung und eine daraus folgende Reduzierung der Wiederholungs- und Rückfallgefahr wäre zunächst die Aufarbeitung und Auseinandersetzung des Klägers mit seiner bisherigen Delinquenz sowie die Einsicht in die Notwendigkeit einer diesbezüglichen grundlegenden Verhaltensänderung, ggf. mit therapeutischer Unterstützung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 -, juris Rz. 17). Dafür jedoch ist auch in der mündlichen Verhandlung nichts vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Der abstrakte Verweis des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf „entwicklungspsychologische Studien“, wonach die Reifung junger Menschen, insbesondere auch Straftäter, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres andauern könne, und die Erklärung, dass der Kläger - soweit nicht in Strafhaft - noch im elterlichen Haushalt lebe und sich nicht durch Gründung einer eigenen Familie verselbständigt habe, lässt daher eine abweichende Beurteilung der vom inzwischen 24 Jahre alten Kläger ausgehenden tatsächlichen und hinreichend schweren Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten nicht zu.

c) Die Ausweisung des Klägers erweist sich auch unter Berücksichtigung seiner schützenswerten Belange als unerlässlich, um die dargelegten Gefahren abzuwenden und das sich hieraus ergebende Grundinteresse der Gesellschaft zu wahren. Insbesondere hat der Beklagte ausweislich seiner Ausführungen im Ausweisungsbescheid vom 26. Februar 2008 und zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erkannt, dass er im Hinblick auf das assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht des Klägers aus Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 eine den Maßstab des Art. 14 ARB 1/80 berücksichtigende Ermessensentscheidung treffen muss(te). Hierbei hat er die schützenswerten privaten Belange des Klägers, die sich aus seinem hiesigen Privat- und Familienleben ergeben, sachgerecht und ermessensfehlerfrei mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausweisung wegen der von ihm ausgehenden Gefahren abgewogen und ist dabei in der Gesamtabwägung aller Belange beanstandungsfrei zum Ergebnis gelangt, dass seine Ausweisung verhältnismäßig und unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, a.a.O., Rz. 86). Vor allem hat der Beklagte - wie im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK erforderlich - berücksichtigt, dass der Kläger in Deutschland geboren und aufgewachsen ist und sein gesamtes bisheriges Leben verbracht hat, seine Eltern und Geschwister ebenfalls hier leben, sein Vater infolge eines Schlaganfalls betreuungsbedürftig sein soll und eine Übersiedelung in die Türkei angesichts fehlender Beziehungen dorthin und auch nur begrenzter Kenntnisse der dortigen Sprache und Kultur für ihn durchaus erhebliche Schwierigkeiten und Belastungen mit sich bringen dürfte. Neue bislang nicht berücksichtigte Gesichtspunkte hinsichtlich einer Veränderung der persönlichen und familiären Situation des Klägers sind nicht geltend gemacht worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat daher wegen der weiteren Einzelheiten Bezug auf die Ausführungen des 11. Senats im vorangegangenen Eilverfahren (Beschluss vom 22. November 2012 - OVG 11 S 63.12 -, Beschlussabdruck S. 11/12), die er sich zu Eigen macht.

Dass seine im Ausweisungsbescheid lediglich erwähnte polizeiliche und staats-anwaltschaftliche Einstufung als „Intensivtäter“ bereits als strafunmündiges Kind sowie später als Jugendlicher und der Hinweis auf eine Vielzahl strafrechtlicher Ermittlungsverfahren bis zum Erreichen seiner Strafmündigkeit für die Ausweisung seinerzeit überhaupt maßgebliche Bedeutung besaßen und deshalb ggf. einen Ermessensfehler hätten begründen können, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 8. August 2013 und in der mündlichen Verhandlung vielmehr darauf hingewiesen, hiermit seien nur die bereits in jungen Jahren zu Tage getretenen schädlichen Neigungen des Klägers verdeutlicht worden, ohne dass dies von wesentlicher Bedeutung für die Ausweisung gewesen sei. Jedenfalls hätte der Beklagte einen hierin liegenden Ermessensfehler damit zulässigerweise beseitigt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO).

Der - unter Verweis auf eine entsprechende Entschließung des Ministerrats des Europarats, der die Europäische Union allerdings nicht gefolgt sei - in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Ausweisung eines in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Ausländers sei mit dem Schutz des Privat- und Familienlebens in Art. 8 EMRK unvereinbar, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bietet Art. 8 EMRK auch in diesen Fällen keinen absoluten Schutz vor Ausweisung (EGMR, Urteil vom 23. Juni 2008 - 1638/03 -, InfAuslR 2008, 333, 334; im Ergebnis ebenso: BVerwG, vgl. zuletzt Urteil vom 14. Mai 2013, a.a.O., Rz. 15).

d) Entgegen der umfangreich dargelegten und den Schwerpunkt der Berufungsbegründung darstellenden Auffassung des Klägers ist seine Ausweisung auch verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden:

Insbesondere verstößt seine Ausweisung nicht gegen das in Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG enthaltene sog. Vier-Augen-Prinzip, das nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. September 2005 (1 C 7.04 -, BVerwGE 214, 217, 221, im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005 - Rs. C-136/03 [Dörr und Ünal], InfAuslR 2005, 289) auch auf assoziationsrechtlich begünstigte türkische Staatsangehörige zu übertragen war und ihnen außer in dringenden Fällen einen Anspruch auf Überprüfung ihrer Ausweisung durch eine zweite unabhängige Stelle noch im Verwaltungsverfahren - z.B. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens - gab. Denn die Richtlinie 64/221/EWG ist zum 30. April 2006 durch Art. 38 Abs. 2 RiL 2004/38/EG aufgehoben worden. Daher kann sie für zeitlich später verfügte Ausweisungen - der vorliegend angegriffene Bescheid datiert vom 26. Februar 2008 - keine Geltung mehr beanspruchen.

Gegen die abweichende Auffassung des Klägers spricht schon der Umstand, dass der Europäische Gerichtshof in seinem die Anwendbarkeit der Verfahrensgarantien der Art. 8 und 9 RiL 64/221/EWG für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige feststellenden Urteil vom 2. Juni 2005 ausgeführt hat, diese Verfahrensgarantien seien „untrennbar mit den Rechten verbunden, auf die sie sich beziehen“. Sind jedoch - wie vorliegend - die materiellen Rechte der genannten Richtlinie infolge Außerkraftsetzung der gesamten Richtlinie durch Art. 38 Abs. 2 RiL 2004/38/EG erloschen, können die auf sie Bezug nehmenden Verfahrensrechte nicht gleichwohl hiervon getrennt fortgelten.

Jedenfalls folgt der Senat den überzeugenden Ausführungen in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 10. Juli 2012 - 1 C 19.11 -, juris Rz. 22 ff., vom 13. Dezember 2012 - 1 C 20.11 -, juris Rz. 32 ff., vom 15. Januar 2013 - 1 C 10.12 -, juris Rz. 23 ff. und vom 14. Mai 2013 - 1 C 13.12 -, juris Rz. 17 ff. sowie Beschluss vom 15. April 2013 - 1 B 22.12 -, juris Rz. 4 ff.), wonach es einer weiteren Überprüfung von Ausweisungsentscheidungen durch eine unabhängige Stelle im Verwaltungsverfahren auch für nach dem Assoziationsrecht Begünstigte nicht bedarf. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Unionsrechtlicher Bezugsrahmen für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige ist nach Aufhebung der RiL 64/221/EWG, wie der EuGH in seinem Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08 [Ziebell] entschieden hat, nunmehr Art. 12 der RiL 2003/109/EG betreffend die langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, der in Abs. 4 bezüglich der Überprüfung von Ausweisungen nur auf den Rechtsweg im betreffenden Mitgliedstaat verweist, während die Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren zur Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme nicht vorgeschrieben ist (vgl. z.B. Urteil vom 10. Juli 2012, a.a.O., Rz. 22 am Ende).

Selbst wenn aber der für Unionsbürger geltenden Art. 31 der RiL 2004/38/EG anwendbar wäre oder entsprechend angewendet werden könnte - so das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 13. Dezember 2012, a.a.O., Rz. 29 f. - ergäbe sich auch daraus keine Verpflichtung zur „Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren zur Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme“, da dies auch dort nicht vorgeschrieben sei. Dass in Art. 31 Abs. 1 RiL 2004/38/EG die Einlegung eines Rechtsbehelfs „bei einem Gericht oder gegebenenfalls bei einer Behörde eines Mitgliedsstaats“ und nach dessen Absatz 3 die Überprüfung nicht nur für Tatsachen, sondern auch für „Umstände“ vorgesehen sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Denn die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsbehelfs bei einer Behörde in Absatz 1 beziehe sich - auch unter Berücksichtigung des englischen Wortlauts - erkennbar darauf, dass nationales Recht eine solche Prüfung, etwa durch ein vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren, vorsehe. Eine unionsrechtliche Verpflichtung zur Schaffung einer solchen Regelung durch die Mitgliedstaaten ergebe sich daraus jedoch nicht. Auch aus der Verwendung des Begriffs „Umstände“ in Art. 31 Abs. 3 Satz 1 RiL 2004/38/EG lasse sich die Notwendigkeit einer Zweckmäßigkeitsprüfung nicht ableiten. Vielmehr stehe dieser Begriff im Zusammenhang mit dem dortigen Satz 2, der eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Entscheidung im Hinblick auf Art. 28 vorschreibe, wo alle zu berücksichtigenden „Umstände“ genannt seien. Im Übrigen - so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. April 2013, a.a.O., Rz. 7 bis 9 - belege auch die Entstehungsgeschichte des Art. 31 RiL 2004/38/EG, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet bleiben sollten, vor einer Ausweisung eine unabhängige Stelle einzuschalten, sondern diese Entscheidung dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten bleiben sollte, und dass dessen Absatz 3 nur eine Verhältnismäßigkeits-, nicht aber auch eine Zweckmäßigkeitsprüfung sicherstellen sollte.

Das Erfordernis der Einschaltung einer unabhängigen Stelle bei Ausweisungen, wie es früher in Art. 9 RiL 64/221/EWG geregelt gewesen sei, gelte - so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. April 2013, a.a.O., Rz. 11 - auch nicht als allgemeiner Grundsatz des Europarechts für Unionsbürger oder nach dem ARB 1/80 Berechtigte fort. Vielmehr sei der Richtliniengeber insoweit zu einer Neuregelung berechtigt gewesen, im Rahmen derer er den Wegfall durch einen erhöhten Rechtsschutz im gerichtlichen Verfahren ausgeglichen habe, indem er den Gerichten nicht nur eine Rechtskontrolle, sondern auch eine Überprüfung der Tatsachengrundlage aufgegeben habe. Eine derartige vollständige gerichtliche Kontrolle habe es in vielen europäischen Staaten zuvor nicht gegeben.

Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005 - Rs. C-136/03 [Dörr und Ünal], da dort nur über die Geltung der Rechtsschutzgarantien der EU-Bürger auch für den Personenkreis der nach ARB 1/80 Berechtigten entschieden worden sei und sich hieraus nichts für eine Übertragbarkeit und Aufrechterhaltung der alten, außer Kraft gesetzten Vorschriften, d.h. vorliegend der RiL 64/221/EWG, ergebe.

Diesen rechtlichen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts tritt der Kläger nicht substantiiert entgegen. An seinem ursprünglich angekündigten Antrag, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV die Frage vorzulegen, ob die Regelung in Art. 31 Abs. 1 RiL 2004/38/EG dahingehend auszulegen sei, dass auch assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen ein Anspruch auf ein verwaltungsbehördliches Rechtsbehelfsverfahren zustehe, hat er in der mündlichen Verhandlung nicht festgehalten.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass unabhängig von der für Unionsbürger gültigen Aufhebung des Art. 9 RiL 64/221/EWG für ihn als Begünstigten nach Art. 7 ARB 1/80 das Vier-Augen-Prinzip wegen der Stand-Still-Klausel in Art. 13 ARB 1/80 fortgelten müsse. Der Senat folgt auch insoweit der in den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts seit dem 10.Juli 2012 durchgehend vertretenen Auffassung, die Stand-Still-Regelung in Art. 13 ARB 1/80 lasse eine Fortgeltung des Vier-Augen-Prinzips nur für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nicht zu, weil dies mit dem Besserstellungsverbot des Art. 59 ZP nicht vereinbar sei.

Soweit der Kläger darauf verweist, die EU-Kommission habe in den Stellungnahmen vom 15. Dezember 2006 - Rs. C-349/06 [Polat] und vom 2. Dezember 2008
- Rs. C-371/08 [Ziebell] deutlich gemacht, dass die Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG auf die Auslegung des Assoziationsabkommens und die auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsakte keinen Einfluss haben könne, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. April 2013 zutreffend darauf verwiesen, dass schon der Europäische Gerichtshof selbst ausweislich seines Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08 [Ziebell] dieser Auffassung nicht gefolgt ist. Vielmehr habe er - so das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O. Rz. 15) - „für Regelungen zum Ausweisungsschutz, bei denen die für Unionsbürger geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG im Hinblick auf ihren Gegenstand und Zweck nicht auf Berechtigte nach dem Assoziationsrecht EWG – Türkei übertragbar sind, Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG als neuen unionsrechtlichen Bezugsrahmen bestimmt, nicht aber die außer Kraft getretenen Bestimmungen der Richtlinie 64/221/EWG zugunsten der assoziationsrechtlich Begünstigten für weiterhin anwendbar angesehen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 74 - 79)“.

Eine andere Auffassung rechtfertigt auch nicht der Hinweis des Klägers, dass es bei der Frage des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Besserstellungsverbot nicht auf den Vergleich der Details der Rechtsstellung von Unionsbürgern und Assoziationsberechtigten ankomme, sondern auf eine Gesamtbetrachtung der Rechtsstellung beider Gruppen. Das ergebe sich aus dem Urteil des EuGH vom 19. Juli 2012 - Rs C-451/11 [Dülger] und werde zudem von Gutmann im GK-AufenthG (Stand Mai 2012, Art 14 ARB 1/80 Rz. 125 f.) vertreten, der sich insoweit auf das Urteil des EuGH vom 18. Juli 2007 - Rs. C-235/05 [Derin], juris Rz. 61 ff. berufe. Auch insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 14. Mai 2013 (a.a.O., Rz. 20) Bezug genommen werden. Dort wird dem Argument des dortigen Klägers, ein Verstoß gegen das Besserstellungsverbot liege nicht vor, weil freizügigkeitsberechtigte EU-Staatsangehörige gegenüber assoziationsrechtlich Begünstigten „einen höheren materiellen Ausweisungsschutz besäßen“, Folgendes entgegengehalten:

„Denn soweit Unionsbürger nach der Richtlinie 2004/38/EG gegenüber Berechtigten nach dem Assoziationsrecht EWG-Türkei einen erhöhten materiellen Ausweisungsschutz genießen, beruht dieser nicht auf dem wirtschaftlich begründeten Freizügigkeitsrecht von Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten, sondern auf der besonderen Rechtsstellung der Unionsbürger, mit der die assoziationsrechtlich begünstigten türkischen Staatsangehörigen keine Gleichstellung verlangen können (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2013, 422 Rn. 68 - 74). Dem stehen auch die durch das Assoziationsrecht getroffenen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Union zum Stillstandsgebot nicht entgegen. Jedenfalls in dem Umfang, in dem sich die Vertragsparteien EWG und Türkei in Art. 59 ZP völkerrechtlich zur Beachtung des Besserstellungsverbots verpflichtet haben, durfte die Union den Wegfall einer Regelung zum außergerichtlichen Rechtsschutz, der für die Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten geschaffen worden war, auch mit Wirkung für die Berechtigten nach dem ARB 1/80 entfallen lassen (so schon Beschluss vom 15. April 2013 – BVerwG 1 B 22.12 – Rn. 14).“

Da eine Fortgeltung des Vier-Augen-Prinzips ausschließlich für assoziationsrechtlich begünstigte türkische Staatsangehörige somit bereits gegen das Besserstellungsverbot aus Art. 59 ZP verstößt, kann im Ergebnis dahinstehen, ob dem auch die vom Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen darüber hinaus geltend gemachten, letztlich aber offen gelassenen Bedenken (Art. 13 ARB 1/80 hindert nach seinem Wortlaut nur die Mitgliedsstaaten an der Einführung neuer Beschränkungen, nicht aber die Europäische Union selbst; Anwendbarkeit dieser Regelung auch für Verfahrensrechte; Vorliegen einer merklichen Verschlechterung der Rechtsposition) entgegenstehen oder ob diese angesichts der diesbezüglichen klägerischen Ausführungen nicht durchgreifend erscheinen.

Auch ein - vorliegend nicht gerügter- nationaler Verstoß gegen die Stand-Still-Klausel in Art. 13 ARB 1/80 durch das Entfallen des Widerspruchsverfahrens nach §§ 68 ff. VwGO im Land Berlin durch § 4 Abs. 2 AGVwGO im Jahre 2001 liegt nicht vor. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 (a.a.O., Rz. 34) - bezogen auf den Wegfall des Widerspruchverfahrens in Baden-Württemberg - überzeugend zum einen damit begründet, das Widerspruchsverfahren sei keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Ausweisung, sondern lediglich Prozessvoraussetzung für die Erhebung der Anfechtungsklage gewesen, zum anderen damit, dass dessen Wegfall türkische Assoziationsberechtigte und Unionsbürger in gleicher Weise treffe, so dass die Aufrechterhaltung nur für türkische Staatsangehörige nicht mit dem Besserstellungsverbot in Art. 59 ZP vereinbar wäre.

2. Das vorliegende Klageverfahren war auch nicht auf den Hilfsantrag des Klägers auszusetzen, um dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, „ob der verfahrensrechtliche Ausweisungsschutz gem. Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG in Anbetracht von Art. 13 ARB 1/80 auch im Falle einer nach dem 30. April 2006 verfügten Ausweisung in der Aufenthaltssache eines gem. Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen verfahrensrechtliche Beachtung verlangt“.

Das würde voraussetzen, dass der Kläger eine im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche und zudem klärungsbedürftige Frage über die Auslegung der Verträge - dies beinhaltet auch völkerrechtliche Verträge der Union mit Drittstaaten wie den Assoziationsratsbeschluss EWG/Türkei Nr. 1/80 (vgl. etwa Urteil vom 9. Dezember 2010 – Rs. C-300/09 u.a. [Toprak]; Kotzur in: Geiger u.a., EUV/AEUV, Kommentar, 5. Auflage, Art. 267 AEUV Rz. 8) - aufgeworfen hätte und diese nicht bereits in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs geklärt oder die richtige Auslegung derart „offenkundig“ - sog. „acte claire“ - ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (Kotzur, a.a.O., Rz. 19).

Letzteres ist nach den obigen Ausführungen, wonach auch Art. 13 ARB 1/80 nicht die Fortgeltung der Regelung in Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG für assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige zu begründen vermag, vorliegend der Fall. Der Senat schließt sich insoweit ebenfalls der höchstrichterlichen Rechtsprechung an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2013, a.a.O., Rz. 14, sowie Urteil vom 14. Mai 2013, a.a.O., Rz. 20). Entgegen klägerischer Annahme rechtfertigt weder der Umfang der dortigen Darlegungen noch die Tatsache, dass das Bundesverwaltungsgericht hierüber mehrfach entschieden hat, eine abweichende Auffassung. Letzteres ist schon dem Umstand geschuldet, dass sich diese Frage in mehreren Verfahren entscheidungserheblich stellte. Jedenfalls wird der Umfang der gerichtlichen Darlegungen und die Notwendigkeit ergänzender Ausführungen - von „Nachbesserungen“ kann vorliegend nicht die Rede sein - wesentlich durch das jeweilige Vorbringen der Verfahrensbeteiligten und deren Kritik an der bisherigen Entscheidungspraxis, d.h. den insoweit zusätzlichen geäußerten Bedenken bestimmt, mit denen sich spätere gerichtliche Entscheidungen auseinanderzusetzen haben.

Eine andere Einschätzung gebietet auch nicht der klägerische Hinweis, die - der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorangegangenen - Urteile des Bayerischen VGH vom 17. Juli 2012 - 19 B 12.417 - und des VGH Baden-Württemberg vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - ließen auf ein unterschiedliches Verständnis des Urteils des EuGH vom 8. November 2011 - Rs. C-371/08 schließen.

3. Dem Kläger steht auch nicht der weiterhin hilfsweise begehrte Anspruch auf Erteilung einer auf Assoziationsrecht beruhenden Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 AufenthG oder auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu.

Wie bereits zu 1. festgestellt, ist die verfügte Ausweisung des Klägers auch im Hinblick auf Art. 14 ARB 1/80 rechtlich nicht zu beanstanden, weil er aufgrund seines persönlichen Verhaltens gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt und die Maßnahme zur Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Damit ist sein Anspruch aus Art. 7 ARB 1/80 erloschen (vgl. EuGH, Urteil vom 25. September 2008 – C-453/07 [Er], NVwZ 2008, 1337, 1338 Rz. 30 m.w.N.); für die Erteilung einer (deklaratorischen) Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG ist kein Raum mehr.

Auch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 5 AufenthG), dem die Sperrwirkung der Ausweisung aus § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG nicht entgegenstünde, besitzt der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht. Insofern fehlt es bereits an der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines tatsächlichen oder rechtlichen Abschiebungshindernisses sind weder dargetan noch ersichtlich.

4. Die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Beklagten vom 26. Februar 2008, deren Aufhebung Gegenstand auch des Hauptantrags ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher ebenfalls nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie entspricht den Anforderungen der §§ 59 Abs. 1 und 2 i.V.m. 58 Abs. 1 und 2 AufenthG.

5. Dem Kläger steht jedoch auf seinen weiteren Hilfsantrag ein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung für die Dauer von drei Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG zu. Soweit er in der mündlichen Verhandlung weitergehend die Befristung auf zwei Jahre verlangt hat, hat sein Begehren keinen Erfolg.

Im Hinblick auf die Weigerung des Beklagten, über das bereits im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 7. Oktober 2012 geltend gemachte Begehren auf hilfsweise Befristung der Wirkungen der Ausweisung zumindest in der mündlichen Verhandlung förmlich zu entscheiden, besteht Veranlassung darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die Befristung grundsätzlich - auch in der vorliegenden Konstellation - der Ausländerbehörde obliegt. Dass die Entscheidung über die Befristung zwingend und gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar ist, verlagert den Gesetzesvollzug ebenso wenig wie in anderen Fällen in den Bereich der Judikative. Das ist vorliegend auch nicht etwa deshalb anders zu beurteilen, weil die Notwendigkeit zu einer entsprechenden Befristung bei Erlass des Ausweisungsbescheids noch nicht bestand, sich vielmehr erst im Verlaufe des Klageverfahrens durch den Erlass des - mit Wirkung vom 26. November 2011 ohne Übergangsvorschrift in Kraft getretenen - Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 22. November 2011 ergeben hat. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Juli 2012 (a.a.O., Rz. 40) ausgeführt hat, dass im Falle des Fehlens einer behördlichen Befristungsentscheidung über die konkrete Dauer einer angemessenen Frist das Gericht selbst hierüber zu befinden habe, kann dies schon angesichts des Grundsatzes der Gewaltenteilung nicht dahin verstanden werden, dass es einer behördlichen Entscheidung von vornherein nicht bedürfe. Dies gilt umso mehr, als der Senat bereits vor der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer Befristungsentscheidung hingewiesen und der Beklagte im Schriftsatz vom 8. August 2013 umfangreich dargelegt hat, warum er aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles einen Befristungszeitraum von drei Jahren nach Ausreise als verhältnismäßig ansieht.

Der Senat hält im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2013, a.a.O., Rz. 29) eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf drei Jahre aus folgenden Gründen für erforderlich und angemessen:

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG ist die Frist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei der Bemessung der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Eine zu spezialpräventiven Zwecken verfügte Ausweisung, wie vorliegend, verlangt dabei die prognostische Einschätzung, für welchen - maximal zehn Jahre umfassenden - Zeithorizont das Verhalten des Ausländers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Sodann ist diese Frist in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG) sowie den Vorgaben aus Art. 7 GRCh und Art. 8 EMRK, zu messen bzw. zu relativieren, um die Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Ausländers sowie die seiner ggf. engeren Familienangehörigen zu begrenzen. An dieser Stelle sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange zu beachten und ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine einzelfallbezogene - gerichtlicher-seits vollumfänglich nachprüfbare - Entscheidung zu treffen (BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2013, a.a.O., Rz. 32 f., und vom 13. Dezember 2012 - 1 C 14.12 -, juris Rz. 14 f.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist zunächst davon auszugehen, dass die Fristgrenze von fünf Jahren in § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG vorliegend ohne Bedeutung ist, da der Kläger - wie oben dargelegt - aufgrund rechtskräftiger strafrechtlicher Verurteilungen ausgewiesen wurde und von ihm darüber hinaus auch aktuell eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Zu Recht hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 8. August 2013 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass der Kläger über mehrere Jahre zahlreiche Straftaten begangen hat, die sich durch grobe Rücksichtslosigkeit gegenüber hochwertigen Rechtsgütern wie körperliche Integrität und Eigentum Dritter auszeichneten (Raub, Erpressung, gefährliche Körperverletzung etc.). Ungeachtet der mehrfachen Verbüßung nicht nur kurzzeitiger Freiheitsstrafen hat er weiterhin, wenn auch nicht mehr mit denselben schwerwiegenden Delikten und in vergleichbarem Umfang, erhebliche Straftaten begangen, die vor dem Hintergrund unveränderter Lebensumstände sowie fehlender Einsicht, Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit seinen Straftaten für eine hohe Wiederholungsgefahr sprechen. Diese Prognose kann angesichts des oben festgestellten, fortbestehend hohen Aggressionspotentials des Klägers bzw. seiner oftmals anlasslosen Aggressivität, die - bislang jedenfalls - als persönlichkeitsimmanent einzuschätzen ist und voraussichtlich auch künftig zwangsläufig zu erheblichen Konflikten und Gesetzesverstößen führen wird, nicht anders vorgenommen werden. Mit Blick auf die den Ausweisungsanlass bildenden strafrechtlichen Verurteilungen ist danach allein zu Gunsten des Klägers in Rechnung zu stellen, dass es sich überwiegend um Verurteilungen nach Jugendstrafrecht handelte. Zudem sprechen die Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom 4. Oktober 2012 dafür, dass beim Kläger eine Reifeverzögerung vorliegt, die unter entwicklungspsychologischen Aspekten nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben kann.

Dem sich hieraus ergebenden Zweck der Ausweisung, d.h. der Verhinderung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, stehen auf der zweiten Stufe durchaus gewichtige private und familiäre Interessen auf Klägerseite gegenüber. Dazu zählt zunächst und vor allem der Umstand, dass der Kläger in Deutschland geboren und aufgewachsen ist sowie bisher ausschließlich hier gelebt hat und die Übersiedlung in die Türkei deshalb - wie bereits im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ausgeführt - angesichts fehlender Beziehungen dorthin und auch nur begrenzter Kenntnisse der dortigen Sprache und Kultur für ihn durchaus erhebliche Schwierigkeiten und Belastungen mit sich bringen dürfte. Dass ihm andererseits ein dortiger, nicht nur ganz kurzzeitiger Aufenthalt gänzlich unzumutbar wäre, ist angesichts seines Lebensalters und eingeräumter, nicht gänzlicher Fremdheit der türkischen Sprache und Kultur nicht ersichtlich. Zu berücksichtigen ist ferner die sich bei der Übersiedlung für den unverheirateten und kinderlosen Kläger ergebende Trennung von der elterlichen Familie, bei der er - abgesehen von seinen Inhaftierungszeiten - nach eigenen Angaben weiterhin lebt. Hierbei kann jedoch nicht außer Acht bleiben, dass er bereits 24 Jahre alt und damit schon längere Zeit volljährig ist. Ferner zählt zu den schutzwürdigen Belangen, dass er nach seinen Angaben im Schriftsatz vom 7. Oktober 2012 seinen nach einem schweren Schlaganfall pflegebedürftigen Vater (Pflegestufe 1) betreue. Insoweit ist allerdings zum einen darauf hinzuweisen, dass zum aktuellen Gesundheitszustand des Vaters und seiner Pflegedürftigkeit klägerischerseits in der Folgezeit und auch in der mündlichen Verhandlung keinerlei Angaben mehr gemacht worden sind. Zum anderen ist auch der Vortrag des Beklagten, die Pflege könne auch sein im Haushalt lebender jüngerer Bruder übernehmen und ihm selbst sei eine solche schon wegen der erneuten Strafhaft längere Zeit nicht möglich, ohne Reaktion des Klägers geblieben. Zudem wird nicht dargelegt, wieso die Ehefrau seines Vaters hierfür nicht zur Verfügung steht und welches sein Anteil an der Pflege des Vaters in der Vergangenheit überhaupt konkret gewesen ist.

Anderweitige in die Abwägung einzustellende erhebliche Bindungen des Klägers an die Bundesrepublik Deutschland sind nicht ersichtlich. Von einer sozialen und wirtschaftlichen Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse kann nicht ausgegangen werden. Der Kläger verfügt weder über einen Schul- oder Berufsabschluss noch hat er ansonsten Interesse an einer beruflichen Weiterentwicklung gezeigt oder auch nur jemals eine längerfristige Erwerbstätigkeit aufgenommen, um seinen Lebensunterhalt aus eigenen Kräften bestreiten zu können.

Unter Berücksichtigung all dessen ist in Übereinstimmung mit den Erwägungen des Beklagten die Festsetzung einer Sperrfrist für die Ausweisung von drei Jahren erforderlich und angemessen. Eine weitergehende Verkürzung auf zwei Jahre würde demgegenüber dem spezialpräventiven Zweck der Ausweisung auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Klägers und der Folgen für seine Familienangehörigen nicht gerecht. Dass sich eine Befristung auf zwei Jahre, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, daraus ergeben soll, dass sein Mandant in der Türkei den dortigen (neunmonatigen) Grundwehrdienst zu absolvieren hat, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der aus dem Tenor ersichtlichen Kostenteilung liegen folgende Erwägungen zugrunde: Auf das erfolglose Verpflichtungsbegehren auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 4 Abs. 5 AufenthG und § 25 Abs. 5 AufenthG entfallen nach der Streitwertfestsetzung zwei Drittel der Verfahrenskosten, die der Kläger zu tragen hat. Innerhalb des verbleibenden Drittels der Verfahrenskosten betreffend den Komplex „Ausweisung“ gewichtet der Senat den gegen die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung gerichteten Anfechtungsantrag mit drei Fünftel - insoweit hat der Kläger die Kosten seines erfolglosen Begehrens zu tragen - und den auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung zielenden Verpflichtungsantrag mit zwei Fünftel. Mit seinem auf eine Befristung von zwei Jahren gerichteten Begehren hat der Kläger zwar nicht in vollem Umfang Erfolg, weil der Senat den Beklagten zu einer Befristung von drei Jahren verpflichtet hat. Da der Beklagte aber die Vornahme der Befristung als solches verweigert hat, erscheint es sachgerecht, ihm insoweit den überwiegenden Teil der hierauf entfallenden Verfahrenskosten aufzuerlegen und insgesamt nach Rundung zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Kostenaufteilung zu kommen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren auf jeweils 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 und 2 GKG (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 7/2004, in NVwZ 2004, 1327 ff. zu den Ziffern II.1.1.1 und II.8).

Hierbei hat der Senat für die Anfechtung der Ausweisung - im Berufungsverfahren einschließlich des Begehrens auf Befristung ihrer Wirkungen als deren Minus - und die (nicht isolierte) Abschiebungsandrohung insgesamt 5.000 EUR in Ansatz gebracht. Für die begehrte Erteilung einer (deklaratorischen) Aufenthaltserlaubnis und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist gleichfalls jeweils der Regelstreitwert von 5.000 EUR angesetzt und die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen geändert worden (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).