Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat | Entscheidungsdatum | 17.12.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 2 S 12.12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 34 BauGB, § 154 BauGB, § 155 BauGB, § 146 Abs 4 S 3 VwGO, § 80 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 80 Abs 4 VwGO, § 10 ImmoWertV, § 15 ImmoWertV, § 16 ImmoWertV |
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 6. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragstellerin.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 50.466 EUR festgesetzt.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid des Bezirksamts Mitte von Berlin vom 4. April 2011 zurückgewiesen hat, ist nicht aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Oberverwaltungsgericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zu beanstanden. Die in der Beschwerdebegründung gegen die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags für das im ehemaligen Sanierungsgebiet Mitte–Spandauer Vorstadt gelegene Grundstück L... in Höhe von 201.864 Euro vorgebrachten Argumente rechtfertigen weder die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs noch die Annahme, die Vollziehung habe eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
1. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung der Antragstellerin bei der Prüfung, ob im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den sanierungsrechtlichen Festsetzungsbescheid anzuordnen ist, keinen Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, der ihrem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht gerecht wird.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO erst dann anzunehmen sind, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (BA S. 5; vgl. u.a. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. August 2006 - OVG 2 S 7.06 -; Beschluss vom 11. Juli 2006 - OVG 10 S 13.06 -). Dies folgt aus der gesetzgeberischen Wertung, die der sofortigen Vollziehbarkeit der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten zu Grunde liegt. Diese Forderungen sollen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Anfechtung durch den Pflichtigen vollziehbar sein, um die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und eine sinnvolle Haushaltsplanung zu gewährleisten. Der Abgabenpflichtige muss in der Regel vorleisten und sich im Falle eines späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren auf einen Rückerstattungsanspruch verweisen lassen, dessen Realisierung regelmäßig gesichert ist. Angesichts dieses Regelungszwecks können nur solche Einwände gegen die Abgabenforderung eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, die bei einer nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderung begründen. Dabei ist grundsätzlich von der Gültigkeit der der Abgabenerhebung zugrunde liegenden Vorschriften auszugehen, solange sich nicht deren offensichtliche Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht aus den Einwänden des Abgabenpflichtigen ergibt oder sonst aufdrängt. Die Prüfung findet dort ihre Grenze, wo es um die Klärung schwieriger Rechts- und Tatsachenfragen geht; diese bleiben dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. November 2005 - OVG 12 S 9.05 -, NVwZ 2006, 356 ff.). Auch ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Ausgleichsbetrag, den die Eigentümer der im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücke nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu entrichten haben, eine öffentliche Abgabe i.S.d. § 80 Abs. 2 (Satz 1) Nr. 1 VwGO darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1992 - 4 C 30.90 -, Buchholz 406. 11 § 154 BauGB Nr. 1).
Im Übrigen wird nicht beachtet, dass die fachgerichtliche Rechtsprechung zum Maßstab im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO, die anknüpft an den Unterschied zwischen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 VwGO) und der behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO), die Billigung durch das Bundesverfassungsgericht gefunden hat. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, dass sich in Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung die Interessenabwägung von derjenigen unterscheidet, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet, und unterstrichen, dass „in den Fällen der Nr. 1 bis 3 zu beachten (ist), dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, NVwZ 2004, 93, 94).
Ob und in welchem Umfang gegebenenfalls unstreitiges Parteivorbringen in dem angefochtenen Beschluss - wie die Antragstellerin rügt - keine Würdigung gefunden hat, ist keine Frage des Prüfungsmaßstabs.
2. Die gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides vom 4. April 2011 gerichteten Einwände verfangen nicht.
a) Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, der angefochtene Bescheid könne mangels hinreichender Bestimmtheit keinen Bestand haben, da es dem Antragsgegner nicht gelungen sei, den Regelungsadressaten hinreichend klar zu bestimmen. Die verschiedenen Hinweise im Bescheid bzw. die unterschiedlichen Verlautbarungen des Antragsgegners zum Regelungsadressaten seien derart irreführend und unverständlich, dass der Adressat des Bescheides nicht sicher wissen könne, wer tatsächlich durch die Festsetzung des Ausgleichsbetrags verpflichtet werden solle.
Ausweislich des Inhalts des Adressfeldes („An die L...straße 214 GbR *, c/o H... als alleiniger Geschäftsführer, G...straße 14 ... Berlin“) in Verbindung mit dem *-Zusatz („* die GbR als Eigentümerin des Grundstücks L...straße 214, G...straße 14 zum Zeitpunkt der Aufhebung des Sanierungsgebiets“) ist der angefochtene Bescheid eindeutig an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin des Grundstücks gerichtet. Das gleiche ergibt sich aus dem Tenor des Bescheides, der zunächst den Ausgleichsbetrag der Höhe nach festsetzt und in dem folgenden Satz unmissverständlich regelt, dass für diesen Betrag „die o.g. Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ in Anspruch genommen wird. Eine Zusammenschau des Inhalts des Adressfeldes und des Tenors des angegriffenen Bescheides lässt selbst einen rechtsunkundigen Empfänger hinreichend klar erkennen, dass der Bescheid an die Gesellschaft als solche und in keinem Fall an die einzelnen Gesellschafter gerichtet ist. Welchen Zweck der Beklagte mit der nach der Betreffzeile folgenden Passage verfolgte, die eine Auflistung der Eigentümer zum Zeitpunkt der Abschlusserklärung laut Grundbuch enthält, bleibt unklar. Diese, möglicherweise auf einem Irrtum über die Rechtslage beruhende Mitteilung, wirkt sich aber nicht aus, da sie mangels einer sprachlichen oder sonstigen Verknüpfung nicht am Aussagegehalt des Adressfeldes und/oder Tenors teilnimmt.
b) Angesichts der hinreichend klaren Adressierung des angefochtenen Bescheides an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche, und zwar in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümerin, ist der Festsetzungsbescheid entgegen der Ansicht der Antragstellerin ausweislich der im Verwaltungsvorgang befindlichen Postzustellungsurkunde an den alleinigen Geschäftsführer H... wirksam bekannt gegeben worden (vgl. §§ 41 Abs. 1, 43 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 BlnVwVfG).
c) Soweit sich die Antragstellerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, der angefochtene Bescheid sei ausreichend begründet, und dazu ausführt, der Antragsgegner habe sich mit dem wesentlichen Vortrag ihres Geschäftsführers im Erörterungsgespräch, insbesondere mit dem Hinweis, die Gesellschaft verfüge nicht über ein Vermögen in Höhe des angekündigten Ausgleichsbetrags, inhaltlich nicht auseinandergesetzt, ist ihr Vorbringen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. In der Begründung des Bescheides vom 4. April 2011 (vgl. S. 2 unten, S. 3 oben) wird ausdrücklich festgehalten, dass die Antragstellerin nach Angabe ihres Geschäftsführers über eine Summe in der Höhe des angekündigten Ausgleichsbetrages nicht verfüge, und anschließend (4 Zeilen später) festgestellt, dass Ratenzahlungs- bzw. Darlehensvertragsmöglichkeiten zur Finanzierung des Ausgleichsbetrages dargestellt worden seien. Die folgende Darstellung der seitens des Geschäftsführers angekündigten weiteren Prüfungs- und Erkundigungsmöglichkeiten in Verbindung mit der erbetenen – und gewährten – Verlängerung der Anhörungsfrist erklärt das Fehlen weiterer Ausführungen zu diesem Thema. Hierzu verhält sich die Antragstellerin nicht. Sie legt nicht in einer den Anforderungen an eine Beschwerdebegründung genügenden Weise dar, welchen weiteren konkreten Vortrag ihres Geschäftsführers der Antragsgegner unberücksichtigt gelassen haben soll.
3. Die von der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Beschluss erhobenen materiell-rechtlichen Rügen greifen gleichfalls nicht durch.
a) So beanstandet sie erfolglos, dass der Festsetzungsbescheid an die BGB-Gesellschaft und nicht an die Gesellschafter gerichtet worden ist. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang erneut geltend gemachten Unbestimmtheit des Regelungsadressaten und unzureichenden Bekanntgabe des Bescheides wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die oben angeführten Erwägungen Bezug genommen.
Im Übrigen ist das Vorbringen der Antragstellerin nicht geeignet, die auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (- II ZR 331/00 -, BGHZ 146, 341 ff.) gestützte Auffassung des Verwaltungsgerichts, ausgleichspflichtiger Grundstückseigentümer im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung sei die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR) als solche und nicht die einzelnen Gesellschafter (als Gesamtschuldner), in Zweifel zu ziehen. Bereits das Verwaltungsgericht hatte darauf hingewiesen, dass der Umstand der fehlenden Registerpublizität der GbR die Anerkennung ihrer Parteifähigkeit nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in der genannten Entscheidung nicht hindere (BA S. 9). Hierzu verhält sich die Antragstellerin nicht. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist darüber hinaus geklärt, dass eine GbR entweder unter der Bezeichnung in das Grundbuch eingetragen werden kann, die ihre Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag für sie vorgesehen haben, oder – in Ermangelung einer solchen – als „Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus…“ und den Namen der Gesellschafter (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - V ZB 74/08 -, BGHZ 179, 102 ff.).
Ebenso wenig kann die Antragstellerin aus dem Beschluss des 9. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. März 2006 (- OVG 9 S 76.05 -, juris) etwas zu ihren Gunsten herleiten. Zwar hatte der dortige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Beitragsbescheid Erfolg, der Beitragsbescheid war jedoch – anders als im vorliegenden Fall – nicht an die GbR, sondern an einen einzelnen ihrer Gesellschafter persönlich gerichtet worden, obwohl das streitgegenständliche Grundstück – wie hier – im Eigentum der GbR stand. Der 9. Senat hatte nach summarischer Prüfung angenommen, dass bis zu der dem Hauptsacheverfahren vorzubehaltenden Klärung mehr gegen als für eine originäre Beitragspflicht des Gesellschafters spreche, da unter Berücksichtigung der seinerzeit bereits vorliegenden Rechtsprechung zur möglichen Beitragsschuldnerschaft einer GbR eine (Außen-)GbR auch in Bezug auf Grundstücke Rechte und Pflichten begründen könne und die Gesellschafter insoweit lediglich akzessorisch hafteten (vgl. auch OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 7. Mai 2002 - 15 A 5299/00 -, NVwZ-RR 2003, 149). Welche weiteren („viele“, „komplexe“) Fragen sich vorliegend stellen sollen, die zwecks Klärung im Hauptsacheverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Festsetzungsbescheid rechtfertigten, legt die Antragstellerin nicht dar. Weder die insoweit pauschale Bezugnahme auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen noch die Angabe einer in der Literatur vertretenen Meinung reicht hierfür angesichts der aufgezeigten Rechtslage aus.
b) Gleichfalls ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, der Antragsgegner habe mit dem Bebauungsplan eindeutig zu verstehen gegeben, dass er dieses Planungsinstrument für erforderlich halte, um die Sanierungsmaßnahme zu realisieren, mit der Folge, dass die Bauleitplanung nach dem eigenen planerischen Konzept integraler Bestandteil der Sanierungsmaßnahme und Letztere somit nicht vor dem Abschluss der Bauleitplanung abgeschlossen gewesen sei. Diese Argumentation verfängt schon deshalb nicht, weil die Frage, ob die Aufhebung der Sanierungssatzung einen rechtskräftigen Bebauungsplan – einen „Sanierungsbebauungsplan“ – voraussetzt, nur in Fällen Bedeutung hat, in denen die Gemeinde für das Sanierungsgebiet insgesamt oder für Teilgebiete der Sanierung gemäß § 1 Abs. 3 BauGB Bebauungspläne aufzustellen hat, denn die Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung von Bebauungsplänen bestimmt sich auch in Sanierungsgebieten ausschließlich nach § 1 Abs. 3 BauGB (vgl. Stemmler, in: Berliner Kommentar, BauGB, Stand: November 2012, § 162 Rn. 6). Dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben gewesen wären, legt die Beschwerde nicht dar. Allein der Umstand, dass der Antragsgegner zu einem späteren Zeitpunkt Bebauungspläne beschlossen hat, rechtfertigt nicht den von der Antragstellerin gezogenen Schluss, diese seien integraler Bestandteil der Sanierungsmaßnahme, zumal sie nach Angaben des Antragsgegners zur Sicherung der durchgeführten Sanierung dienen sollen. Unabhängig hiervon kann selbst bei Annahme der Erforderlichkeit einer Planung Planreife im Sinne des § 33 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB ausreichen, da das, was nach einem Sanierungsbebauungsplan als Ziele und Zwecke der Sanierung zugleich den Abschluss bestimmt, für die Durchführung der Sanierung im Sinne des § 162 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB maßgebend ist (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Juni 2012, § 162 Rn. 14).
c) Weiter teilt der Senat nicht die von der Antragstellerin gegen die Zulässigkeit der Zielbaummethode erhobenen Bedenken.
Dass es sich bei dem Zielbaumverfahren nicht um ein Vergleichswertverfahren im Sinne des § 15 Abs. 1 ImmoWertV handelt, steht der Zulässigkeit seiner Anwendung nicht entgegen. Vielmehr sieht die Immobilienwertermittlungsverordnung vor, dass der Bodenwert ebenso auf der Grundlage geeigneter Bodenrichtwerte (§ 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV) und ein solcher zwar vorrangig im Vergleichswertverfahren zu ermitteln ist, aber - mangels ausreichender Zahl von Vergleichspreisen - auch mit Hilfe deduktiver Verfahren oder in anderer geeigneter und nachvollziehbarer Weise ermittelt werden kann (vgl. § 10 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ImmoWertV). Mit § 10 ImmoWertV ist von der am 1. Juli 2009 in Kraft getretenen Erweiterung der Verordnungsermächtigung des § 199 Abs. 1 BauGB für den Bund um die Regelung der Grundsätze für die Bodenrichtwertermittlung Gebrauch gemacht worden. Dabei war dem Verordnungsgeber ausweislich der Amtlichen Begründung durchaus bewusst, dass die Anwendung des - mit einem Anwendungsvorrang ausgestatteten - Vergleichswertverfahrens dadurch eingeschränkt ist, dass in bebauten Gebieten zumeist kaum Vergleichspreise für unbebaute Grundstücke zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund ist bewusst die Möglichkeit eröffnet worden, andere geeignete und nachvollziehbare Methoden zur Ermittlung von Bodenrichtwerten heranziehen zu können, wobei der Verordnungsgeber als Beispiele hierfür in der Begründung ausdrücklich das Lagewertverfahren und die Zielbaummethode erwähnt hat (vgl. BRDrucks. 171/10, Seite 47). Insoweit handelt es sich bei Letzterer - anders als die Antragstellerin meint - um eine zulässige und hinreichend demokratisch legitimierte Wertermittlungsmethode. Ob der Anwendungsvorrang des Vergleichswertverfahrens bei der Berechnung des sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrages hinreichend beachtet wird, ist eine Frage des jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfalls und gegebenenfalls gerichtlich überprüfbar. Eine etwaige gegenläufige Behördenpraxis, wie die Antragstellerin sie behauptet, ist jedenfalls nicht geeignet, die Zulässigkeit des Zielbaumverfahrens grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Ebenso wenig führt seine Anwendung zu Rechtsschutzlücken, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren wären. Sollte die von der zuständigen Behörde vorgenommene Wertermittlung im Einzelfall für den Betroffenen nicht nachvollziehbar sein, so steht es ihm frei, um Aufklärung bzw. entsprechende Erklärungen nachzusuchen. In einem sich gegebenenfalls anschließenden Rechtsschutzverfahren besteht je nach Art und Umfang der erhobenen Einwände die Möglichkeit, ein Gutachten einzuholen, welches anschließend seitens des Gerichts anhand der allgemeinen Grundsätze zur Würdigung und Verwertung von Sachverständigengutachten zu überprüfen wäre. Hierbei handelt es sich um eine übliche und nicht zu beanstandende Verfahrensweise, die auch in anderen Bereichen praktiziert wird, z.B. bei der Ermittlung von Lärmimmissionen.
Der weitere Einwand, das Wertermittlungsergebnis hänge entscheidend von den wertenden Vorgaben des Anwenders ab, insbesondere würden zur Ermittlung der Lagewertigkeit eines Grundstücks Eigenschaftsgruppen und Bereichseigenschaften im Wege subjektiver Wertung definiert, gewichtet und bewertet, vermag das Verfahren nicht grundsätzlich in Frage zu stellen, da die Multifaktorenanalyse gerade darauf angelegt ist, die zur Ermittlung des Anfangswerts notwendigen Wertungen durch Aufspaltung in Einzelwertungen weitgehend zu objektivieren (vgl. Urteil des Senats vom 5. November 2009 - OVG 2 B 7.07 -, juris).
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin entspricht dieses Verfahren den Anforderungen, die sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben. In dessen Rechtsprechung ist nämlich geklärt, dass das Vergleichsverfahren nur anzuwenden ist, wenn ausreichende Daten zur Verfügung stehen, die gewährleisten, dass der Verkehrswert und – im Falle der Sanierung – dessen Erhöhung zuverlässig zu ermitteln sind. Fehlt es dagegen an aussagekräftigem Datenmaterial, ist eine andere geeignete Methode anzuwenden, wobei jede Methode zulässig ist, mit der der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung und damit den Ausgleichsbetrag nach dem Unterschied zwischen Anfangs- und Endwert zu ermitteln, erfüllt werden kann. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht für das Zielbaumverfahren jedenfalls bezüglich der Ableitung des Anfangswertes aus dem Endwert bestätigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 -, NVwZ 2005, 449 f.).
d) Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Anwendung der Zielbaummethode sei mit Blick auf Ziffer 6.3.2 AV-Ausgleichsbeträge entgegen der vom Verwaltungsgericht bestätigten Ansicht des Antragsgegners unzulässig, ist ihr Vorbringen nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. So kommt es auf ihre Angaben zu den tatsächlichen Nutzungen zu den maßgeblichen Stichtagen für den Anfangs- und Endwert wie auch zur aktuellen Nutzungsstruktur nicht an, da nach Ziffer 6.3.2 AV-Ausgleichsbeträge auf die zulässige Art der Nutzung abzustellen ist. Entsprechend hat der Antragsgegner ausweislich der städtebaulichen Stellungnahme vom 21. Mai 2010 zu Grunde gelegt, dass die nähere Umgebung des Grundstücks gemäß § 34 BauGB als allgemeines Wohngebiet zu bewerten war (vgl. „9 Planungsrechtliche Situation Zulässigkeit von Vorhaben“ S. 9), und die Bewertung anhand des Bewertungsrahmens zum Zielbaumschema für Wohnnutzung und Mischnutzung der Ausprägung „W“ vorgenommen (vgl. S. 11). Dem steht nicht entgegen, dass unter Punkt „5 Städtebauliche Kennwerte“ als Nutzung des konkret betroffenen Grundstücks zum Qualitätsstichtag für den Anfangswert „Gewerbe“ und zum Wertermittlungsstichtag für den Endwert „Gewerbe/Wohnen“ verzeichnet ist (vgl. S. 9), da hiermit lediglich die tatsächliche Nutzung zu den Stichtagen erfasst worden ist.
e) Ebenso wenig verfängt der Einwand, das Grundstück der Antragstellerin habe aufgrund seiner Randlage nicht gleichermaßen von der Sanierungsmaßnahme profitieren können wie Grundstücke im Kernbereich des Sanierungsgebiets. Das von der Antragstellerin zur Begründung angeführte Argument, das betroffene Grundstück liege im Einzugsbereich der nördlich gelegenen Torstraße und werde daher von dieser, die nicht Teil des Sanierungsgebiets sei, geprägt, ist nicht geeignet, die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung zu entkräften, dass sich beispielsweise mehrere neu geschaffene Park- und Grünflächen in fußläufiger Entfernung zum Grundstück befänden. Denn das Grundstück der Antragstellerin liegt an der L...straße und ist von der nördlich gelegenen Torstraße durch ein mehrere Grundstücke umfassendes bebautes Gebiet getrennt. Angesichts dessen sowie mit Blick auf den Umstand, dass das Grundstück selbst Gegenstand eigenständiger Sanierungsmaßnahmen gewesen ist, hätte es konkreterer Darlegungen bedurft, um eine geringere sanierungsbedingte Werterhöhung zu begründen. Soweit die Antragstellerin auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug nimmt, genügt sie nicht den an eine Beschwerdebegründung zu stellenden Darlegungsanforderungen.
f) Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin weiterhin mit ihren Einwänden gegen die der Berechnung des festgesetzten sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrages zu Grunde liegenden Geschossflächenzahl (im Folgenden: GFZ). Soweit die Antragstellerin rügt, das Verwaltungsgericht übergehe, dass die ihr erteilte Baugenehmigung vom 27. Juni 1994 wegen Zeitablaufs ihre Wirksamkeit verloren habe und eine einmal erloschene Genehmigung für die Frage der Zulässigkeit des Maßes der Nutzung eines Grundstücks keine Aussagekraft mehr entfalten könne, missversteht sie die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss. Ausgehend von dem Ansatz, dass bei Fehlen eines in Kraft gesetzten Bebauungsplans zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung auf das „Einfügenskriterium des § 34 Abs. 1 BauGB“ zurückzugreifen ist, verweist das Verwaltungsgericht lediglich insoweit auf die Baugenehmigung aus dem Jahr 1994, als zur Genehmigung des seinerzeit geplanten Vorhabens gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zu prüfen war, inwieweit sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und diese Prüfung eine GFZ von 3,39 ergeben hat. Entsprechend ist der Antragsgegner ausweislich eines im Verwaltungsvorgang befindlichen Vermerks vom 15. Juni 2009 bei der Prüfung der zulässigen GFZ zu dem Ergebnis gelangt, die – im Jahr 2009 – zulässige GFZ entspreche der in der Baugenehmigung vom 27. Juni 1994 erreichten GFZ. Hieraus ergibt sich, dass das Ergebnis der Prüfung aus dem Jahr 1994 nicht ungeprüft übernommen worden ist. Aus § 17 Abs. 1 BauNVO kann die Antragstellerin nichts für ihre Position herleiten, da die dort genannten Obergrenzen auf die Zulässigkeit von Vorhaben, die nach § 34 oder § 35 BauGB zu beurteilen sind, nicht anwendbar sind (vgl. nur Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 17 Rn. 3). Soweit der Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung 14 Grundstücke mit der jeweils vorhandenen GFZ zur Bestimmung der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Grundstücks benennt, dürften diese entgegen der Ansicht der Antragstellerin nach der im vorliegenden Verfahren lediglich gebotenen summarischen Prüfung aufgrund ihrer räumlichen Lage zur Heranziehung als Vergleichsgrundstücke geeignet sein. Die für das Grundstück der Antragstellerin zugrundegelegte GFZ von 3,39 hält sich danach im Rahmen der planungsrechtlichen Ausnutzung der umliegenden Grundstücke.
g) Angesichts der sich aus den Ausführungen zu Punkt 3. a) bis f) ergebenden Sach- und Rechtslage vermag die Rüge der Antragstellerin, der Antragsgegner hätte auf das vorrangige Vergleichswertverfahren zurückgreifen können, für sich genommen der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Selbst wenn die Annahme der Antragstellerin, bereits wenige Vergleichspreise genügten, um auf dieser Basis eine Wertermittlung vorzunehmen, zuträfe, und die Angabe des Antragsgegners, dass im vorliegenden Wertermittlungsfall eine ausreichende Anzahl an Verkäufen von qualitativ und strukturell hinreichend vergleichbaren unbebauten Grundstücken für die Ermittlung des Anfangswertes nicht zur Verfügung gestanden habe, so zu verstehen sein sollte, dass es Verkäufe vergleichbarer Grundstücke gegeben habe, muss die Klärung dieser Punkte dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Prüfung der Frage, ob eine - noch zu ermittelnde - Datenlage ausreicht, um zu gewährleisten, dass der Umfang einer sanierungsbedingten Erhöhung eines Verkehrswertes im Vergleichswertverfahren ermittelt werden kann, überschreitet den Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, zumal dies unter Umständen einer sachverständigen Klärung bedarf. Im Hinblick darauf, dass der Ausgang einer solchen Prüfung völlig offen ist und der vom Verwaltungsgericht bestätigte Festsetzungsbescheid im Übrigen nicht aus von der Antragstellerin dargelegten Gründen ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit im Sinne von § 80 Abs. 4 Satz 3 Alt. 1 VwGO unterliegt, ist es gerechtfertigt, den angefochtenen Beschluss nicht zu ändern. Insoweit wird zur weiteren Begründung auf die Ausführungen unter 1. Bezug genommen.
4. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin schließlich geltend, die vorläufige Vollziehung des angefochtenen Bescheides führe für sie zu einer unbilligen Härte, weil sie über ein Vermögen in Höhe des angekündigten Ausgleichsbetrags nicht verfüge, d.h. die festgesetzte Forderung nicht mit ihrem Gesellschaftsvermögen begleichen könne und die Vollziehung des Bescheides daher zu ihrer Zahlungsunfähigkeit führen würde. Dies habe sie sowohl gegenüber dem Antragsgegner als auch erstinstanzlich vorgetragen. Insoweit genügt ihr Vorbringen nicht den an eine Beschwerdebegründung zu stellenden Darlegungsanforderungen. Bereits das Verwaltungsgericht hat darauf hingewiesen, dass die bloße Behauptung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit und Auflösung bzw. Abwicklung der Gesellschaft ersichtlich nicht ausreiche. Die Antragstellerin versäumt, mit der Beschwerdebegründung entsprechende Unterlagen über ihre finanzielle Situation vorzulegen. Das bloße Angebot des Zeugnisses ihres Geschäftsführers genügt nicht und entspricht darüber hinaus nicht den Mindestanforderungen einer ordnungsgemäßen Glaubhaftmachung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. Ferner irrt die Antragstellerin, wenn sie meint, das Verwaltungsgericht hätte die von ihr geltend gemachte Zahlungsunfähigkeit als unstreitig behandeln müssen und wäre dadurch gehindert gewesen, diesen Vortrag als unsubstantiiert zurückzuweisen. Abgesehen davon, dass die Annahme, der Antragsgegner gehe von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin aus, Zweifeln unterliegt, handelt es sich bei der unbilligen Härte um eine gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbare und gegebenenfalls nach den Grundsätzen der Amtsermittlung vom Verwaltungsgericht zu ermittelnde Voraussetzung für eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).