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Gesundheit, Hygiene, Lebens und Arzneimittel (ohne Krankenhausrecht)


Metadaten

Gericht VG Cottbus 3. Kammer Entscheidungsdatum 21.08.2014
Aktenzeichen VG 3 K 1253/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 4 Abs 3 PassivrauchSchG BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetz (BbgNiRSchG).

Die Klägerin betreibt in K. die tropische Urlaubs- und Freizeitwelt T. Hierbei handelt es sich um eine freitragende, von einer sogenannten Domehülle umspannte Halle mit einer Länge von 360 m, einer Breite von 210 m, einer Höhe von 107 m (Maximalwerte) und einem Rauminhalt/Luftvolumen von 5 Millionen m³. Innerhalb dieser Halle befinden sich auf einer Gesamtfläche von 66.000 m² verschiedene Wellness-, Sport- und Kultureinrichtungen, Gaststätten sowie Einkaufs- und Übernachtungsmöglichkeiten. Die Anlage, in der eine durchschnittliche Innentemperatur von 26° C und eine Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 % herrschen, verfügt über ein automatisiertes Lüftungssystem, über das Frischluft in die Halle eingeleitet und Abluft durch Lüftungsklappen im Hallendeckenbereich entsorgt wird.

Mit Schreiben vom 23. September 2010 und 27. März 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach dem Brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetz für drei Standorte innerhalb des T. Hierbei handelt es sich um

- Standort 1: „Kräuter-Lounge“ im 1. Obergeschoss der „Inipi-Kräuterschwitzhütte“,

- Standort 2: „Kalmoa Lounge“

- Standort 3: „Moody Lounge“ im 1. Obergeschoss des „Thai-Hauses“.

Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass sie mit der Einrichtung von Raucherräumen den Bedürfnissen ihrer Gäste weitest möglich nachkommen wolle. Die drei Räumlichkeiten erfüllten dabei schon die Kriterien des Ausnahmetatbestandes des § 4 Abs. 2 Satz 3 BbgNiRSchG. Die Standorte seien so gewählt, dass sie sich in einem gebührenden Abstand voneinander in der Halle verteilten, so dass gewährleistet sei, dass sich in ihrer unmittelbaren Umgebung keine gesundheitsgefährdende Rauchkonzentration ansammeln könne. Alle drei Räumlichkeiten befänden sich im ersten Obergeschoss freistehender Gebäude, so dass sich für die im Erdgeschoss aufhaltenden Personen keine Gefahr ergebe und Gäste auch nicht unbewusst in die Räume gerieten. Der Rauch steige nach oben auf; eine gesundheitsgefährdende Konzentration könne allein schon wegen der Größe der Halle nicht auftreten. Ergänzend hierzu übersandte die Klägerin mit Schreiben vom 20. September 2011 ein anhand von Rauchversuchen erstelltes Brandschutzgutachten der Sachverständigenpartnerschaft H. und K. vom 27. Januar 2011.

Nachdem am 24. Januar 2012 ein Ortstermin stattgefunden hatte, lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. Juli 2012 ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass es sich bei dem T. als Gesamteinrichtung um einen vollständig umschlossenen Raum handele, in dem sich verschiedene Einrichtungen befänden, für die ein gesetzliches Rauchverbot bestehe. Vergleichbar mit der Situation in Bahnhofspassagen gelte das Rauchverbot folglich für das Gesamtgebäude, so dass auch für Gaststätten innerhalb der Halle, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BbgNiRSchG erfüllten, keine Ausnahme anzunehmen sei, da der Tabakrauch in ein Gebäude abgeleitet würde, bei dem eine Ausnahme vom Rauchverbot nicht vorgesehen sei. § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG setze voraus, dass Gesundheitsgefahren für Dritte ausgeschlossen werden könnten. Daran fehle es hier, da sich der Rauch sowohl in den Raucherbereichen als auch in der Halle insgesamt frei ausbreiten könne. Zu beachten sei dabei, dass es für die schädlichen Wirkungen des Tabakrauches keine Grenzwerte gebe, so dass auch geringe Mengen von Tabakrauch in der Atemluft zu einer Gefährdung führen könnten. Auch der Einbau lufttechnischer Anlagen oder von Raucherkabinen führe grundsätzlich nicht zu einer Ausnahme vom Rauchverbot, da hierdurch ein dem absoluten Rauchverbot gleichwertiger Schutz nicht erreichbar sei.

Mit Schreiben vom 20. August 2012 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Der Beklagte habe das ihm gesetzlich eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt, da er fehlerhaft schon davon ausgegangen sei, es gäbe keine baulichen und anderen Maßnahmen im Sinne des § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG, durch die eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der außerordentlichen baulichen Besonderheiten, namentlich der baulichen Dimension der T.-Halle fehle es an einer Vergleichbarkeit mit anderen baulichen Anlagen wie Einkaufscentern oder Bahnhofspassagen. Zudem seien die Voraussetzungen einer erlaubnisfreien Ausnahme vom Rauchverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 und 3 BbgNiRSchG gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2012, der Klägerin zugestellt am 15. November 2012, wies der Beklagte diesen Widerspruch zurück. Er wiederholte und vertiefte die Gründe des Ausgangsbescheides und trug ergänzend vor, dass ausgerichtet am Schutzzweck des Nichtrauchendenschutzgesetzes durch eine Ausnahmegenehmigung nicht die Möglichkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung und Gefährdung von Nichtrauchenden geschaffen werden dürfe. Bestehe eine solche Möglichkeit, sei eine Ausnahme vom Rauchverbot zwingend zu versagen. Das im T. installierte Lüftungssystem sei nicht in der Lage, einen gleichwertigen Nichtraucherschutz zu gewährleisten, da hierdurch die in der Gebäudehülle befindliche Luft umgewälzt und dabei mit einer gewissen Menge an Frischluft versetzt werde, wobei es angesichts des vorhandenen Luftvolumens in der Halle und der mitgeteilten Leistung der Lüftungsvorrichtungen 25 Stunden bedürfte, bis die Luft im gesamten umbauten Raum einmal komplett ausgetauscht wäre und auch dies nur unter der Voraussetzung, dass es zu keinen weiteren Luftverunreinigungen komme. Zudem werde nur innerhalb der Lüftungszyklen Frischluft zugeführt, die dann auch nur einen Teil der belasteten Luft ersetze. Ein Verbleib oder eine Ablagerung des gesundheitsschädlichen Tabakrauches im Objekt könne durch technische oder bauliche Maßnahmen nicht ausreichend verhindert werden. Die entstehenden Luftströmungen trügen mit dazu bei, dass sich die Tabakrauchpartikel im gesamten Gebäudekomplex verteilen, so dass eine Gefährdung Dritter noch forciert werde. Das vorgelegte Gutachten beziehe sich lediglich auf Belange des Brandschutzes.

Am 17. Dezember 2012, einem Montag, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

Sie trägt unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens vor, dass sie mit der Einrichtung von Raucherbereichen eine kontrollierte Kanalisation des Rauches erreichen und verhindern wolle, dass unkontrolliert in der gesamten Halle geraucht werde. Auch habe sie darauf geachtet, dass Belästigungen und Gefährdungen der umliegenden Nichtraucherbereiche nicht eintreten. Entsprechend habe es noch nie Kundenbeschwerden deswegen gegeben. Die in Rede stehenden drei Räumlichkeiten befänden sich aufgrund ihrer isolierten Lage in einer räumlichen Trennung zu den übrigen zugänglichen Bereichen. Es handele sich jeweils um kleinere Ein-Raum-Lokalitäten, in denen Speisen zum alsbaldigen Verzehr nicht angeboten würden und die deutlich als Raucherbereiche mit Zugangsbeschränkung auf volljährige Personen gekennzeichnet seien. Zudem hätten die durchgeführten Rauchversuche der Sachverständigen gezeigt, dass Rauch im T. aufgrund der darin herrschenden Strömungsverhältnisse stets senkrecht nach oben steige. Da sich alle drei Raucherbereiche im obersten Stockwerk befänden, kämen mit dem aufsteigenden Rauch keine Besucher in Berührung. Die beträchtliche Deckenhöhe und das vorhandene Luftvolumen führten zudem zu einer sehr starken Verdünnung des Tabakrauches, so dass selbst bei Außerachtlassung des durch die Lüftungsanlage mittels vier Lüftungsgeräten sowie Be- und Entlüftungsklappen erfolgenden permanenten Luftaustausches keine gesundheitsgefährdende Rauchkonzentration auftrete. Das T. sei kein eng verbauter und umschlossener Raum und damit nicht mit Bahnhofspassagen – eher aber mit Bahnsteigen - und Einkaufscentern vergleichbar, was auch für die vorhandenen Luftmengen gelte. Zudem seien die nutzungsspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen. Aufgrund des in der Halle herrschenden feucht-warmen Tropenklimas sei für den üblicherweise mehrstündigen bzw. ganztägigen Aufenthalt ein Kleidungswechsel erforderlich; ein zwischenzeitliches Verlassen der Anlage sei nicht vorgesehen. Dem stünden auch die baulichen Gegebenheiten, insbesondere die erheblichen Ausmaße der Anlage entgegen, die es weder für gesunde noch erst recht für gehbehinderte oder kranke Gäste zumutbar erscheinen ließen, zum Rauchen die Anlage zu verlassen. Vorliegend sei bereits der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG erfüllt, da die in Rede stehenden Räumlichkeiten als separate Nebenräume von Gaststätten, Hotels und Kultureinrichtungen im Sinne dieser Norm einzuordnen seien. Aufgrund ihrer Lage im obersten Stockwerk seien sie baulich vom jeweils darunter liegenden Nichtraucherbereich und insbesondere auch von den Kinderspielbereichen abgetrennt. Die Auffassung des Beklagten, es handele sich bei dem Tropical Islands um einen vollständig umschlossenen Raum, verbiete sich bereits angesichts der räumlichen Dimensionen der Anlage. Den hier vorliegenden – und weltweit einmaligen - Umschluss mit der sog. Domehülle bei einer Höhe von maximal 107 m habe der Gesetzgeber damit offensichtlich nicht gemeint. Die Situation der Anlage gleiche vielmehr eher der Situation im Freien, zumal die Domehülle konstruktionsbedingt nicht völlig dicht sei, weshalb in einem Zeitrahmen von ca. 12 Stunden ein vollständiger Luftaustausch stattfinde. Jedenfalls aber sei insbesondere im Hinblick auf die Einzigartigkeit der Halle ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG gegeben. Eine Gefährdung Dritter sei hier durch die örtlichen Gegebenheiten der betroffenen Bereiche – Lage im obersten Stockwerk bei senkrechtem Rauchabzug – ausgeschlossen, zumal beim Tabakrauchen von einer weitaus weniger intensiven Rauchentwicklung als in den simulierten Rauchversuchen der Sachverständigen auszugehen und es nicht plausibel sei, dass sich Tabakrauch anders als Brandrauch verhalten solle, der ebenfalls krebserregende Bestandteile aufweise. Die Richtigkeit und Einschlägigkeit der von der Beklagten vorgelegten Studien zum sog. Third-Hand-Smoke werde bestritten. Das gesetzlich eingeräumte Ermessen sei hier demnach entgegen der Annahme des Beklagten eröffnet und die beantragte Genehmigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erteilen gewesen. Ausweislich der Gesetzesbegründung erstrecke sich die Vorschrift auf schwer vorhersehbare Einzelfälle und dabei u. a. auf Fälle, in denen Rauchenden ein Verlassen von Räumlichkeiten bzw. Gebäuden aus faktischen Gründen – z. B. wegen einer Gehbehinderung – nicht möglich bzw. unzumutbar sei. Um einen solchen Einzelfall handele es sich vorliegend. Abgesehen von der erheblichen Länge der zu bewältigenden Wege müssten sich die Rauchenden für jeden Rauchgang wieder umkleiden und aus- und wieder einchecken; letzteres würde zu erhöhten Wartezeiten an den Kassen und hieraus resultierenden Blockierungen führen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2012 zu verpflichten, ihr die beantragte Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG zu erteilen,

ferner ihr ein Schriftsatznachlass zur Ergänzung der Ausführungen zum Verhalten des Luftaustausches/Luftwechsels im T. unter Bezugnahme auf die Sachverständigenstellungnahme des Herr. Dr. G. bis zum 04. September 2014, 24.00 Uhr Eingang bei Gericht, einzuräumen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er nimmt auf den Widerspruchsbescheid Bezug und trägt ergänzend vor, dass sich der Raucherbereich am Standort 2 eher in einer Art Hochparterre befinde und in dessen sowie in unmittelbarer Nähe zu Standort 3 Kinderspielbereiche und Übernachtungsmöglichkeiten lägen. Bei allen drei Bereichen handele es sich nicht um jeweils einzeln zu betrachtende, kleine Ein-Raum-Lokalitäten, sondern um Verköstigungsbereiche innerhalb eines großen, gänzlich umschlossenen Raums. Das von der Klägerin in Bezug genommene Brandschutzgutachten befasse sich nicht explizit mit den Eigenschaften von Zigarettenrauch und dessen karzinogenen Bestandteilen. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass sich Zigarettenrauch in seiner Zusammensetzung anders verhalte als normaler Brandrauch. Dies gelte gerade für die karzinogenen Bestandteile, die sich in der Umgebung niederließen und ablagerten. Das Lüftungssystem der Anlage führe nicht zu einem regelmäßigen Luftaustausch. Vielmehr erfolge eine Frischluftbeimischung. Auch gebe es keine genauen Untersuchungen zu einer Verdünnung der karzinogenen Bestandteile des Zigarettenrauches. Im Gegenteil belegten mehrere Untersuchungen, auf die der Beklagte im Einzelnen verweist, dass sich diese Bestandteile gerade in ihrer Umgebung – auf Oberflächen, aber auch auf Kleidung und der Haut - ablagern und über einen sehr langen Zeitraum hinweg gesundheitsschädlich seien (sog. Third-Hand-Smoke). Dabei gebe es keine noch so geringe Dosis, die unbedenklich wäre. Die Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit eines zwischenzeitlichen Verlassens der Anlage zum Zweck des Rauchens ergebe sich nicht automatisch aus deren räumlichen Dimensionen, zumal es jedenfalls für Gehbehinderte und Kranke eher unmöglich erscheine, in die sämtlichst erhöht liegenden und ausschließlich über Treppen erreichbaren Raucherbereiche zu gelangen. Zudem sei der im westlichen Bereich der Halle gelegene Standort 1 nur für Gäste benutzbar, die sich – zusätzlich kostenpflichtig – im Saunabereich aufhalten. Ansonsten müssten sich die Gäste in den östlichen Teil der Halle zu Standort 2 oder 3 begeben und also eine vergleichbare Entfernung wie beim Verlassen der Halle bewältigen. Es habe vielmehr den Anschein, dass von Seiten der Klägerin nicht gewünscht sei, dass Gäste den Hallenkörper zwischenzeitlich verlassen. Dabei könne außerhalb der Halle ein gesondert zu betretender, beheizter und belüfteter Raucherbereich geschaffen werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei das T. mit Einrichtungen wie großen Einkaufszentren oder Bahnhofspassagen grundsätzlich vergleichbar, in denen unabhängig von den einzelnen innerhalb des Komplexes liegenden Einrichtungen ein Rauchverbot herrsche. Trotz der erheblichen Größe handele es sich auch vorliegend um eine umbaute Fläche und damit um einen in sich vollständig umschlossenen Raum. Das Gesetz unterscheide insoweit nicht nach Größe oder Konstruktion. Ausnahmetatbestände seien nicht einschlägig. Die Anlage sei als Ganzes zu betrachten, zudem müssten Nebenräume im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG eigenständige Räume mit eigener Luftver- und –entsorgung sein. Daran fehle es hier, da die in Rede stehenden Räumlichkeiten gänzlich offen gebaut seien und nicht über ein eigenständiges Lüftungssystem verfügten, so dass sich die Luft und damit auch der Zigarettenrauch frei innerhalb des Hallenkörpers verbreiten könne. Die mit der Hallenlüftung verbundenen Luftströmungen sorgten vielmehr dafür, dass sich die schädlichen Bestandteile des Zigarettenrauches innerhalb der Halle verteilen. Die vorgesehenen Raucherbereiche befänden sich innerhalb eines völlig umschlossenen Raumes und seien von diesem baulich nicht abgetrennt, ebenso wenig sei durch andere Maßnahmen eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen worden. Ohnehin seien derartige Maßnahmen generell nicht mit einem absoluten Rauchverbot vergleichbar, wofür der Beklagte auf den Sachstandsbericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe TNRS der Bundesländer vom September 2010 verweist. Die Klägerin verfüge allerdings nicht einmal über eines der diskutierten technischen Nichtraucherschutz-Systeme. Vielmehr erfolge lediglich eine Frischluftzufuhr, während die mit Zigarettenrauch kontaminierte Luft weder gefiltert noch gesondert abgeführt werde. Schließlich seien jedenfalls an den Standorten 2 und 3 Barbereiche vorhanden und durch Mitarbeiter der Klägerin personell besetzt. Auch diese seien jedoch schutzwürdige Dritte im Sinne des § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG.

Am 7. August 2014 hat das Gericht Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Anlage. Auf die dabei gefertigten Aufnahmen und das Augenscheinsprotokoll wird ergänzend Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des Vortrages der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang (zwei Bände) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Zwar ist die Klage zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, nachdem das eigentliche Ende der Klagefrist, der 15. Dezember 2012, auf einen Sonnabend fiel, § 173 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 222 der Zivilprozessordnung (ZPO), §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Die Klägerin hat hinsichtlich der von ihr begehrten Ausnahmegenehmigung auch ein Rechtschutzinteresse. Insoweit genügt insbesondere, dass seitens der für die Durchsetzung des Rauchverbotes zuständigen Ordnungsbehörde bereits ein Verfahren eingeleitet wurde und die in § 4 BbgNiRSchG benannten gesetzlichen Ausnahmetatbestände hier jedenfalls nicht offensichtlich vorliegen. Im Gegenteil unterliegt namentlich die von der Klägerin vertretene Auffassung, bei den von ihr unterhaltenen Raucherräumen handele es sich um – räumlich hinreichend getrennte – Nebenräume von Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen i. S. d. § 4 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG, erheblichen Zweifeln.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 der VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung.

Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG.

Hiernach kann der Beklagte weitere Ausnahmen vom Rauchverbot zulassen, soweit durch bauliche oder andere Maßnahmen sichergestellt ist, dass eine Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist.

a) Für das T. besteht grundsätzlich ein Rauchverbot gemäß § 2 Abs. 1 und 2 BbgNiRSchG.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 BbgNiRSchG ist das Tabakrauchen in allen öffentlich zugänglichen Bereichen von Hotels, Gaststätten, Diskotheken, Einkaufszentren und anderen Gebäuden verboten, wobei öffentlich zugängliche Bereiche in diesem Sinne alle Gebäudeteile oder Räume sind, zu denen nicht nur ein abgegrenzter oder geschlossener Personenkreis Zugang hat, § 3 Nr. 9 BbgNiRSchG. Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf fallen hierunter beispielsweise auch Kinos, Theater, Hotelhallen und Museen (vgl. LT-Drs. 4/4895, Seite 9) und damit auch das T. als für einen allgemeinen Besucherverkehr offene Urlaubs- und Freizeitwelt.

Hinzu kommt, dass das T. entsprechend seiner Konzeption eine Kombination verschiedener Einrichtungen – Theater, Schwimmbäder, Sauna mit Fitness-Raum, Spielplätze, Gaststätten, Übernachtungs- und Einkaufsmöglichkeiten - beherbergt, für die auch gesondert gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6 und 8, Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG ein Rauchverbot besteht, da sie sich in einem Gebäude oder einem sonstigen vollständig umschlossenen Raum befinden. Dabei genügt es, wenn die jeweilige Einrichtung nur auf einer Teilfläche eines umschlossenen Raumes betrieben wird; der Gesetzeswortlaut setzt nicht voraus, dass der Betrieb der genannten Einrichtungen den gesamten umschlossenen Raum einnimmt (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2009 – 4 B 512/09 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 13; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Oktober 2011 – 10 S 2533/09 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 36; jeweils zu vergleichbaren Regelungen).

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem – vollständig von der Domehülle eingefassten – T. auch um einen vollständig umschlossenen Raum i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 1 BbgNiRSchG. Hierunter fallen alle durch Wände und Decken umschlossene, also vollständig umbaute Räume (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2009 – 4 B 512/09 -, a. a. O., dort Rdn. 11). Weitere Differenzierungen etwa nach dem von dem Raum umschlossenen Luftvolumen im Verhältnis zur Bodenfläche, der Höhe des Raumes, dem Grad der Durchlüftung oder dem Anteil der von dem Rauchverbot betroffenen Einrichtung an der Gesamtnutzung des Raumes hat der Gesetzgeber nicht vorgenommen, wozu er aufgrund seiner Befugnis, typisierende Regelungen zu treffen, auch nicht verpflichtet war (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2009 – 4 B 512/09 -, a. a. O., dort Rdn. 20). Der Vortrag der Klägerin, die auf die räumlichen Dimensionen und die Einzigartigkeit der Konstruktion der Halle sowie auf die Undichte der Domehülle verweist, vermag daher eine andere Sichtweise nicht zu begründen.

b) Die Voraussetzungen für die Erteilung der von der Klägerin beantragten Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG sind nicht erfüllt. Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf dient die Regelung dazu, im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei schwer vorhersehbaren Härtefällen eine Ausnahme vom Rauchverbot zu ermöglichen, vor allem wenn das Verlassen von Räumlichkeiten oder eines Gebäudes unmöglich oder unzumutbar ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Schutz der Nichtrauchenden vor den Gefahren des Passivrauchens soweit wie möglich gewährleistet wird (vgl. LT-Drs. 4/4895, Seite 11).

Daran fehlt es hier.

aa) Schlechterdings nicht in Frage zu stellen ist, dass das passive Rauchen – also das Einatmen von Tabakrauch aus der Raumluft – im Hinblick auf die im Tabakrauch enthaltenen Kanzerogene erheblich gesundheitsschädlich ist. Auf dieser wissenschaftlich belegten Annahme basiert der Regelungs- und Schutzzweck des brandenburgischen Nichtrauchendenschutzgesetzes. Da einzelne Komponenten des Tabakrauches lange in der Raumluft verweilen und sich die Partikel an Wänden, Gebrauchsgegenständen und auf Böden ablagern und von dort wieder in die Raumluft gelangen, sind Räume, in denen das Rauchen erlaubt ist, eine kontinuierliche Expositionsquelle für die Giftstoffe des Tabakrauches, auch wenn dort aktuell nicht geraucht wird. Dabei können für die im Rauch enthaltenen Kanzerogene keine Wirkungsschwellen als Dosismaß definiert werden, unterhalb derer keine Gesundheitsgefährdung zu erwarten wäre (vgl. zum Ganzen LT-Drs. 4/4895). Dass diese Gefahren in besonderem Maße bestehen, wenn in umschlossenen Räumen geraucht wird, liegt auf der Hand. Denn dort fängt und verdichtet sich der Rauch und kann nicht, wie im Freien, entweichen und sich verflüchtigen. Dies gilt, wenn auch graduell abgestuft, auch dann, wenn sich die Raucherräumlichkeiten nur auf einer Teilfläche eines umschlossenen Raumes befinden, mag dieser auch, wie hier, relativ große Ausmaße haben (vgl. ebenso Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Oktober 2011 – 10 S 2533/09 -, a. a. O., dort Rdn. 36). Der Situation im Freien ist das T. nach dem während des Ortstermins der Berichterstatterin gewonnenen Eindrucks nicht vergleichbar. Gerade die Aufrechterhaltung des künstlich geschaffenen tropischen Klimas erfordert vielmehr die bauliche Abgeschlossenheit der Anlage, die ein Verflüchtigen des Tabakrauches wie im Freien hindert bzw. jedenfalls verzögert und begrenzt.

bb) Im Hinblick hierauf muss ein wirksamer Nichtrauchendenschutz, wie ihn die Regelung des § 4 Abs. 3 BbgNiRSchG voraussetzt, zweierlei gewährleisten. Zum einen muss sichergestellt sein, dass Nichtrauchende – es sei denn, sie tun es bewusst und freiwillig - und vor allem Minderjährige zu den Raucherräumlichkeiten keinen Zutritt haben. Zum anderen ist weitestgehend zu gewährleisten, dass die mit Tabakrauch durchsetzte Raumluft nicht in Nichtrauchendenbereiche gelangen kann.

Hier unterliegt es jedoch bereits erheblichen Bedenken, dass jedenfalls die „Kräuter-Lounge“, die über keinen Barbetrieb oder ähnliches verfügt, von den Mitarbeitern der Klägerin allenfalls stichprobenartig kontrolliert wird, so dass trotz entsprechender Kennzeichnung des Raumes nicht zuverlässig gewährleistet erscheint, dass dieser nicht auch von Minderjährigen aufgesucht wird. Ähnliches gilt für die „Moody Lounge“, die jedenfalls nach derzeitiger Konzeption notwendig betreten werden muss, um zu den zwei Hotelzimmern zu gelangen, die unmittelbar von ihr abgehen.

Vor allem aber hat die Klägerin einhergehend mit der Einrichtung der Raucher-Lounges keinerlei hinreichende Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass Tabakrauch in die umliegenden Nichtrauchendenbereiche gelangt. Sie hat die durchgängig in offener Bauweise gehaltenen Räume weder baulich geschlossen noch mit einem (gesonderten) technischen Entlüftungs- und Filtersystem ausgestattet. Damit besteht ein ständiger Luftaustausch mit den übrigen Räumen, so dass von diesen Bereichen Gesundheitsgefahren für nichtrauchende Dritte durch das Entweichen des Tabakrauches und diffundierende Feinstäube ausgehen.

Allein die räumliche Anordnung der Lounges in den oberen Geschossen der jeweiligen Gebäude genügt den Anforderungen des Nichtrauchendenschutzes nicht. So heißt es bereits in der Begründung des Gesetzesentwurfes ausdrücklich, „dass die Einrichtung von Rauchzonen in nicht völlig abgeschotteten Bereichen keinen ausreichenden Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens gewährleistet“ (vgl. LT-Drs. 4/4895, Seite 1 und 9; ebenso Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Februar 2011 – 4 B 1162/10 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 21).

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf das von ihr vorgelegte Brandschutzgutachten darauf verweist, dass Rauch in der Halle des T. senkrecht aufsteige und unterhalb der Raucherbereiche daher nicht wahrnehmbar sei, genügt dies allein nicht den gesetzlichen Anforderungen an den Nichtrauchendenschutz, zumal es innerhalb der Halle auch höhere, von Gästen nutzbare Anlagen gibt (Hotels, das sog. Balloning in 22 bzw. 55 Metern Höhe, der sog. African Jungle Lift in 20 Metern Höhe, der 27 Meter hohe Wasserrutschen-Turm). Denn zum einen geht es beim Nichtrauchendenschutz nicht primär etwa um eine wahrnehmbare Geruchsbelästigung, sondern um den Schutz vor den krebserregenden Schadstoffen im Tabakrauch, die sich – wie bereits dargelegt – auf Oberflächen und im Staub ablagern und von dort wieder in die Raumluft freigesetzt werden. Ein wirksamer Schutz hiervor wird regelmäßig nur dadurch erreicht, dass Raucherbereiche auf durch eigene Wände und Decken abgeschlossene Räume beschränkt werden (vgl. hierzu auch das Fazit der Ad-hoc-Arbeitsgruppe TNRS, Seite 75 f).

Zudem hat schon die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, dass sich das – auf eine Überprüfung des Brandschutzkonzeptes gerichtete - Gutachten in keiner Weise zu Eigenschaften und Aufstiegsverhalten von Tabakrauch und den darin enthaltenen Schadstoffen verhält. Dass es daher ohne exakten Aussagegehalt für die sich hier stellenden Fragen ist, liegt angesichts des unterschiedlichen Aufkommens von Brand- und Tabakrauch, der unterschiedlichen physikalischen Faktoren auf der Hand. Ohnehin steigt nach den Ergebnissen der von den Sachverständigen vorgenommenen Rauchversuche auch der Brandrauch keineswegs ausnahmslos senkrecht auf, vielmehr kommt es durchaus zu leichten bis starken Ablenkungen und Einschichtungen der Rauchgase, was sich insbesondere da gezeigt hat, wo eine Rauchentwicklung unterhalb eines Daches simuliert wurde. (vgl. Seiten 2, 3, 5, 6, 8 und 9 des Gutachtens). Insofern steht ungeachtet der in der Halle herrschenden Luftströmungsverhältnisse schon der Umstand, dass die „Kräuter-Lounge“ und die „Kalmoa Lounge“ vollständig, die „Moody Lounge“ teilweise überdacht sind, der Annahme entgegen, dass der Tabakrauch hier ausschließlich senkrecht aufsteigen könnte.

Das für den Gesamtbereich der T.-Halle installierte Lüftungssystem genügt ebenfalls nicht, Gefährdungen Dritter hinreichend auszuschließen. Hierbei wird über Lüftungsklappen und –geräte im unteren Teil der Halle ein bestimmter Anteil frischer Außenluft in die Raumluft eingebracht und ein entsprechender Anteil Raumluft als Abluft durch Lüftungsklappen im Dachbereich abgeführt. Da nach dem Vortrag der Klägerin dabei das Einströmen der Frischluft durch einen in der Halle herrschenden Unterdruck befördert wird, erscheint es schon fraglich, inwieweit dieser Unterdruck nicht gerade auch verhindert, dass Schadstoffe den Raum verlassen, wie es in Raucherkabinen der Fall ist, in denen meistens mit Unterdrucklüftung gearbeitet wird (vgl. hierzu den Bericht der Ad-hoc-Arbeitsgruppe TNRS, Seite 25). Doch selbst bei Zugrundelegung des seitens der Klägerin erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung erhobenen Vortrages, dass die konstruktionsbedingte Undichte der Hallenhülle innerhalb von 12 Stunden zu einem vollständigen Luftaustausch führe, gilt nichts anderes. Denn auch in diesem Fall, der hier als wahr unterstellt werden kann, weshalb der Klägerin insoweit auch keine weitere Schriftsatzfrist einzuräumen war, wird nicht verhindert, dass der Rauch aus den – offenen – Raucherbereichen zunächst in die allgemeine Raumluft gelangt und dort auch – je nach Lüftungszyklus – verweilt. Eine gesonderte Entlüftung der Raucherräume und eine Luftfilterung erfolgen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.