Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung
Aufgrund von Wartungsarbeiten konnten seit Januar 2024 keine neuen Entscheidungen veröffentlicht werden. Alle Entscheidungen mit Stand vom 31. Dezember 2023 sind jedoch abrufbar. Zurzeit werden die noch ausstehenden Entscheidungen nachgepflegt.

Entscheidung 3 U 82/19


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 3. Zivilsenat Entscheidungsdatum 07.07.2020
Aktenzeichen 3 U 82/19 ECLI ECLI:DE:OLGBB:2020:0707.3U82.19.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11.06.2019, Az. 11 O 123/15, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 23.145,50 € nebst 9 Prozentpunkte Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz aus 3.808 € seit dem 06.08.2015 bis zum 03.09.2015, aus 7.616 € seit dem 04.09.2015 bis zum 05.10.2015, aus 11.424 € seit dem 06.10.2015 bis zum 05.11.2015, aus 15.232 € seit dem 06.11.2015 bis zum 05.12.2015, aus 19.040 € seit dem 06.12.2015 bis zum 06.01.2016, aus 22.848 € seit dem 07.01.2016 und aus weiteren 297,50 € seit dem 19.08.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, an den Kläger zu 2) 7.616 € nebst 9 Prozentpunkte Zinsen aus 3.808 € seit dem 04.02.2016 bis zum 03.03.2016 und aus 7.616 € seit dem 04.03.2016 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Rechtsstreits, die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Beklagte zu 1/5 und der Kläger zu 2) zu 4/5 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Berufungsstreitwert beträgt bis zu 148.000 €.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen rückständige Miete aus einem zwischenzeitlich beendeten, im Jahre 2003 auf 25 Jahre fest abgeschlossenen Gewerberaummietverhältnis mit der Beklagten für den Zeitraum von August 2015 bis Mai 2018, die das Mietverhältnis zu Beginn des streitigen Zahlungszeitraumes außerordentlich gekündigt hat.

Die Parteien sind als Rechtsnachfolger auf Vermieter- bzw. Mieterseite in das streitgegenständliche, ein Gewerbeobjekt am K… in G… betreffendes, Mietverhältnis eingetreten, das zwischen ihnen seit Oktober 2013 bzw. (mit Blick auf den Kläger zu 2) Februar 2016 besteht. Der Vermieter war nach den vertraglichen Vereinbarungen für die Instandsetzung und Erhaltung von Dach, Fach und Heizung des Objekts verantwortlich (§ 5 Nr. 3 des Mietvertrags). Durch Austausch gegenseitiger Schreiben (Bl. 621 ff GA) vereinbarten die Parteien zum 01.05.2014 eine Reduzierung der vertraglich geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen auf monatlich nur noch 50 € anstatt wie zuvor schriftlich vereinbart (vgl. den 1. Nachtrag zum Mietvertrag vom 26./29.10.2009, Bl. 18 ff GA) 200 €, so dass sich bei unveränderter Nettokaltmiete (3.200 €) eine reduzierte Gesamtbruttomiete von nur noch 3.867,50 € (bis dahin: 4.046 €) ergab (Bl. 3, 4 GA). Bereits seit 2007 hatte die Beklagte die von den Klägern zu leistende Versicherungsprämie für ihre Grundstückshaftpflichtversicherung in Höhe von 30 € jährlich im Rahmen der jährlichen Nebenkostenabrechnungen ausgeglichen, obwohl dies vertragsschriftlich nicht vereinbart gewesen war. Spätestens Anfang Februar 2015 gab die Beklagte die Nutzung des Mietobjekts auf.

In den bis Oktober 2003 errichteten Mietgegenstand trat erstmalig im Spätsommer 2005 Wasser über das Dach ein. Auf eine Mängelrüge der früheren Mieterin, einem mit der Beklagten verbundenem Unternehmen, wurde daraufhin ein an einem Plattenstoß vorhandener Spalt abgedichtet, ohne dass konstruktive Mängel festgestellt worden waren (Bl. 449 GA).

Auf eine weitere entsprechende Mängelrüge der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 06.07.2009 teilte das mit der Mängelbeseitigung betraute Dachdeckunternehmen dem Kläger zu 1 am 07.07.2009 mit, die vorhandenen Regenwasserausläufe seien durch Verschmutzung größtenteils verstopft, so dass das sich stauende Regenwasser rückwärts unter die Sandwichplatten des Daches drücke; es wurde empfohlen, den Notauslauf zu vergrößern (vgl. 450 GA).

Am 16.10.2010 trat erneut Regenwasser in das Mietobjekt ein und die Deckenplatten weichten vollständig auf. Mit Schreiben vom 17.09.2012 wurde dem Kläger erneut angezeigt, dass die (innenliegenden) Dachrinnen bei starkem Regen überlastet seien, und mit Schreiben vom 18.09.2013 (Bl. 72 GA) und 14.10.2013 unter Aufforderung der Mängelbeseitigung mitgeteilt, dass das Dach an mindestens zwei Stellen undicht sei. Im Juni 2014 trat erneut über das Dach Wasser ein und diverse Deckenplatten weichten durch bzw. brachen heraus, was dem Kläger zu 1 angezeigt wurde. Der Kläger ließ zur Mangelbeseitigung fallabhängig einzelne Dachplatten abdichten, 2010 vier Regenwassernotüberläufe einbauen und die Regenrinnen sowie Regenwasserabläufe regelmäßig reinigen (entsprechender Beklagtenvortrag Bl. 445 ff GA, Ss. Vom 30.04.2019). Die ihm für Reinigungsmaßnahmen entstandenen Kosten versuchte er vergeblich bei der Beklagten erstattet zu erhalten.

Unter dem 12.02.2015 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1 konstruktive Mängel des Daches und eine Unterdimensionierung der Regenwasserdachabläufe geltend.

Nach einem erneuten Regenwassereintritt in der Nacht vom 07. zum 08.07.2015 kündigte die Beklagte schließlich das Mietverhältnis mit Schreiben vom 09.07./15.07.2015 (Bl. 24 GA) fristlos unter Hinweis darauf, dass der Kläger zu 1 seit 2005 nicht dazu in der Lage gewesen sei, die ihm angezeigten Dichtigkeitsmängel zu beheben und es wie in den früheren Fällen erneut zu „extremen Wassereintritten in den Räumlichkeiten“ mit Durchfeuchtungen der Dachplatten gekommen sei (Bl. 24 GA).

Der Kläger zu 2 vermietete den Vertragsgegenstand ab dem 01.06.2018 neu zu einer Gesamtnettomiete von monatlich 500 €, beginnend ab 01.09.2018.

Die Kläger waren bereits erstinstanzlich der Auffassung, die Kündigung der Beklagten sei mangels Kündigungsgrundes unwirksam. Soweit der bestellte Gerichtssachverständige zu dem Schluss gekommen sei, das Dach des Mietobjekts weise technische Mängel auf, stehe, so meinten sie, jedoch nicht fest, ob aufgrund dieser Tatsache Wasser eingedrungen sei, und im Übrigen entspreche die Dachkonstruktion den Vorgaben der Beklagtenseite, die auch in anderen Objekten vergleichbare Probleme habe; im Übrigen beruhe die Kündigung auf einem Wassereintritt, dem ein nicht vorhersehbares Unwetterereignis mit Starkregen, Hagel und schweren Sturmböen vorausgegangen sei; die fristlose Kündigung scheitere auch daran, dass die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger, was unstreitig ist, über 10 Jahre hinweg den Mietzins ungekürzt entrichtet habe, so dass das Gestaltungsrecht verwirkt sei.

Die Beklagte hatte sich auf fortbestehende Mängel des Mietobjekts berufen: dessen Dachkonstruktion sei mangelhaft, weise eine zu geringe Neigung auf, die Dachabläufe und Abwasserkonstruktion entspreche nicht den Regeln der Technik und die Dimensionierung der Bauteile sei unzureichend; einen entsprechenden Zustand hätten die Parteien bei Vertragsschluss nicht aufgrund der Vorgaben des dem Vertragswerk beigeschlossenen Technischen Handbuches als vertragsgemäß anerkannt; die Kläger hätten die skizzierten Mängel nicht nachhaltig behoben.

Die Beklagte war zudem der Meinung, das Mietverhältnis sei wegen Schriftformverstoßes als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen, so dass es gemäß § 580 a BGB jederzeit habe ordentlich gekündigt werden können; denn die Vertragsparteien hätten sich im Jahr 2007 darauf verständigt, die Beträge für die Grundstückshaftpflichtversicherung von 30 € netto jährlich auf die Beklagte umzulegen, obwohl der verschriftete Vertrag dies nicht vorgesehen habe; die Beklagte hat schließlich in Abrede gestellt, dass dem Kläger zu 2 eine Neuvermietung des Objekts erst zum 01.09.2018 und nur zu dem in diesem Zusammenhang vereinbarten Mietzins möglich gewesen sei.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Landgerichts (Bl. 456 ff GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung rückständiger Mieten in einer Gesamthöhe von 131.495 € zuzüglich anteiliger Verzugszinsen verurteilt sowie festgestellt, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 09.07.2015 nicht beendet worden sei.

Zur Begründung ihrer Entscheidung hat die Zivilkammer im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe ihr Kündigungsrecht dadurch verwirkt, dass sie die geschuldete Miete ungekürzt weitergezahlt habe, obwohl die Kläger seit 2005 weder Sanierungsarbeiten zugesagt noch tatsächlich durchgeführt, sondern stattdessen etwaige Mängel als unerheblich dargestellt habe; auch eine ordentliche Kündigung habe nicht wirksam erklärt werden können, weil der Schriftformverstoß angesichts des geringen Betrages der Mieterhöhung unerheblich gewesen sei, auch nicht dem Formenzwang unterlegen habe, und es der Beklagten aus Treu und Glauben verwehrt sei, sich auf etwaige Formmängel zu berufen, nachdem sie die getroffene Ergänzungsvereinbarung jahrelang anstandslos erfüllt habe.

Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird ebenfalls gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf den Urteilsinhalt Bezug genommen.

Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie rügt eine unvollständige Tatsachenfeststellung und eine fehlerhafte Anwendung des materiellen Rechts. Sie meint, sie habe das außerordentliche Kündigungsrecht nicht verwirkt, für sie habe ein Recht zur ordentlichen Kündigung bestanden und das Landgericht habe rechtsirrig übersehen, dass ihr ein Recht zur Mietminderung zugestanden habe. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags verweist sie insbesondere darauf, der Kläger zu 1 habe infolge des Wassereinbruchs im August 2010 vier Notüberläufe einbauen und auch nach den ihm angezeigten Wassereintritten im September 2012, Juni 2014 und Februar 2015 die jeweiligen Schadstellen im Dachbereich abdichten lassen; wie der gerichtliche Sachverständige (Gutachten Bl. 216 ff GA) festgestellt habe, weise das Dach tatsächlich vielfältige konstruktive Mängel auf: Die Anschlussbleche seien schlecht abgedichtet, teilweise lose und entsprächen nicht den anerkannten Regeln der Technik; die Dachplatten seien zu kurz, liefen nur 1 cm in die Lagerrinne, wodurch Wasser unter die Dachplatten und in das Gebäudeinnere laufe, und die Notüberläufe hätten einen zu geringen Durchmesser; diese Mängel ließen sich nicht lediglich durch eine regelmäßige Reinigung der Dachrinnen beheben und seien von der Beklagtenseite auch nicht etwa in ihrem technischen Handbuch (Bl. 265 ff GA - Anlage zum Mietvertrag) vorgegeben worden, das weitgehend lediglich eine funktionale Baubeschreibung enthalte; im Gegenteil habe sich die Rechtsvorgängerin der Kläger im Rahmen der Bauausführung nicht an die wenigen darin enthaltenen konkreten Vorgaben gehalten, vor allem weder eine außenwandige Dachrinne (sondern eine innenwandige Kastenrinne) geschaffen, noch eine Dachneigung von 5 - 10 %, sondern eine solche von lediglich 3 % eingehalten;

Mit Blick auf die vom Landgericht angenommene Verwirkung lasse die in der angefochtenen Entscheidung dazu in Bezug genommene obergerichtliche Rechtsprechung eine solche Deutung nicht zu, zumal die Kläger stets, wenn auch letztlich untaugliche, Maßnahmen zur Schadensbeseitigung (Einbau zusätzlicher Notüberläufe etc.) ergriffen hätten und zwischen den einzelnen Wassereinbrüchen jeweils ein mehrjähriger beanstandungsfreier Zeitraum verstrichen sei; die vorbehaltlose Zahlung der Miete allein habe vor diesem Hintergrund auf Klägerseite kein dahingehendes Vertrauen entstehen lassen können, sie, die Beklagte, werde das Mietverhältnis nicht aufgrund der vorhandenen Mängel kündigen (BGH NJW 2007, 147); [Schriftsatz vom 19.3.20, Bl. 586 ff:] sie, die Beklagte, sei in diesem Zusammenhang stets davon ausgegangen, dass weiter nach der Schadensursache gesucht und diese dann beseitigt werde; aufgrund der wiederkehrenden Mängelanzeigen hätten die Kläger nicht davon ausgehen können, dass diese von der Mieterin hingenommen werden würde; zu berücksichtigen sei auch, dass sie, die Beklagte, erst zum 01.10.2013 in das Mietverhältnis eingetreten sei, wobei ihr das Verhalten der [allerdings demselben Mutterunternehmen entstammenden] Vormieter nicht anzulasten sei; sie selbst habe den nachfolgenden Wassereinbruch vom Februar 2015 umgehend unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung gerügt, wobei es zu Reparaturen gekommen sei und sie davon habe ausgehen dürfen, dass der Schaden behoben worden sei; der dann folgende Wassereinbruch habe die Kündigung ausgelöst und diese sei auch aufgrund des Entzugs der Mietsache gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB ohne erneute Fristsetzung zulässig gewesen;

das Objekt sei tatsächlich, so die Beklagte weiter, mangelhaft gewesen, und die Kläger hätten es nicht zu beweisen vermocht, dass der gegebene Zustand als vertragsgemäß vereinbart worden sei; ihr Kündigungsrecht sei nicht nach § 536 b BGB ausgeschlossen gewesen, weil sie und ihre Rechtsvorgängerin von den bestehenden Mängeln bei Annahme der Mietsache in Unkenntnis gewesen seien; aus dem Abnahmeprotokoll (Anlage K 7, Bl. 16 f GA) ergebe sich nichts Gegenteiliges;

angesichts der wiederholten fruchtlosen Fristsetzungen zur Mangelbeseitigung habe sie auf eine weitere Fristsetzung vor Ausspruch der Kündigung verzichten dürfen;

hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Schriftformverstoßes gelte schließlich, dass es ihr nach den Vorgaben der Rechtsprechung nicht als rechtsmissbräuchlich verwehrt gewesen sei, sich darauf zu berufen; dabei sei die Änderung der Miethöhe unabhängig von ihrem Umfang vertragswesentlich und unterliege deshalb der Schriftform; dabei sei es nicht lediglich um eine geringe Erhöhung der Jahresmiete, sondern um eine umfassende Regelung zur Inanspruchnahme in Haftpflichtfällen gegangen (Bl. 591 GA); für den Zeitraum der Kündigungserklärung und ihrem Wirksamwerden acht Monate später sei dabei der Mietzahlungsanspruch des Klägers infolge des vorhandenen Mangels vollständig entfallen, da es sich in einem von Wassereinbrüchen bedrohten Objekt nicht angemessen arbeiten lasse (Beweisantritt: Sachverständigengutachten, Bl. 548 GA), jedenfalls aber auf höchstens 500 € monatlich zu reduzieren; davon abgesehen hätten die Kläger gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen;

[Bl. 592 GA:] aufgrund durch Eigentümerwechsel eingetretenen Einwendungsverlusts sei der Kläger zu 2 nicht berechtigt feststellen zu lassen, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und ihr fortbestehe;

am Ende, so die Beklagte, habe das Landgericht die Fälligkeitszeitpunkte der Verzugszinsansprüche teilweise fehlerhaft berechnet (vgl. Bl. 550 GA).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11.06.2019, Az. 11 O 123/15 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kläger beantragen nach einseitig erklärter Teilklagerücknahme wegen der streitgegenständlichen Nebenkostennachforderungen des Klägers zu 1 in Höhe von 357 € und des Klägers zu 2 in Höhe von 1.666 €,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das angefochtene Urteil wie folgt zu fassen sei:

„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 23.205 € nebst 9 Prozentpunkte Zinsen hier- aus über dem Basiszinssatz seit dem 05.02.2016 zu bezahlen sowie weiterer Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.867,50 € seit 6.8.2015 bis 3.9.2015, aus 7.735 € seit 4.9.2015 bis 5.10.2015, aus 11.602,50 € seit 6.10.2015 bis 5.11.2015, aus 15.470 € seit 6.11.2015 bis 5.12.2015, aus 19.337,50 € seit 6.12.2015 bis 6.1.2016 und aus 23.205 € seit 7.1.2016 bis 4.2.2016.

Die Beklagte wird des weiteren verurteilt, an den Kläger zu 2) 108.290 € nebst 9 Prozent Zinsen hieraus seit dem 4.5.2018 zu bezahlen sowie weitere Zinsen aus 3.867,50 € seit dem 4.2.2016 bis3.3.2016, aus 7.735 € seitz 4.3.2016 bis 4.4.2016, aus 11.602,50 € seit 6..4.2016 bis 4.5.2016, aus 15.470 € seit 5.5.2016 bis 5.6.2016 ... aus 58.012,50 € seit 6.4.29017 bis 4.5.2017, aus 61.880 € seit 5.5.2017 bis 5.6.2017, ... aus 88.952,50 € seit 06.12.2017 bis 4.1.2018, aus 92.820 € seit 5.1.2018 bis 5.2.2018 ... und aus 104.422,50 € seit 5.4.2018 bis 3.5.2018.

Es wird festgestellt, dass sie von der Beklagten gegenüber dem Kläger zu 1 ausgesprochene außerordentliche und fristlose Kündigung vom 09.07.2015 unwirksam ist und demgemäß das Miet- verhältnis gemäß Mietvertrag vom 12.11./15.11.2002 nicht beendet hat.

Sie stützen mit näheren Ausführungen die erstinstanzliche Entscheidung und machen insbesondere geltend, mit ihrem im Rechtssinne neuen Vorbringen zum während der Mietzeit im Übrigen nicht geltend gemachten Minderungsrecht sei die Beklagte präkludiert; sie, die Kläger seien auch als Investoren lediglich Auftraggeber des streitgegenständlichen Bauvorhabens gewesen, während die Werk- und Genehmigungsplanung in Abstimmung mit der Beklagten erfolgt sei; wenn erstinstanzlich gutachterlich festgestellt worden sei, dass die angebrachten Innenrinnen von der Baubeschreibung abwichen und die Werkplanung fehlerhaft sei, das gesamte Dach nicht den Regeln der Technik entspreche, hätten sie dies nicht zu verantworten; jedenfalls aber seien noch andere Niederlassungen der Beklagten bewusst in entsprechender Weise - und mit denselben Folgeproblemen - gebaut worden, so dass schon kein Mangel vorliege und die Tauglichkeit des Gebäudes zu dem vereinbarten Mietzweck zu keiner Zeit gefehlt habe;

[Bl. 604 GA] die Beklagte habe sich als mit den Vormietern rechtlich verbundenes Unternehmen deren Verhalten im Zusammenhang mit der die Verwirkung des Kündigungsrechts betreffenden Umständen zurechnen zu lassen;

eine (mündliche) Vereinbarung zur Umlegung der Grundstückshaftpflichtversicherung habe es nicht gegeben (Zeuge Struve, Bl. 604 GA), der entsprechende Sachvortrag sei auch verspätet; die Beklagte habe lediglich die entsprechende Position in ihren Nebenkostenabrechnungen nicht gerügt;

die streitgegenständlichen Regenwassereintritte seien Folge von Verstopfungen der Regenwasserabläufe gewesen, hinsichtlich deren Überwachung zwischen den Parteien Streit geherrscht habe, ehe sie, die Kläger, diese übernommen hätten; eine Sanierung bzw. die Beseitigung eines etwaigen konstruktiven Mangels sei der Beklagten zu keiner Zeit in Aussicht gestellt worden; nach den Wassereintritten 2012, 2014 und 2015 hätten tatsächlich keine Reparaturarbeiten stattgefunden, sondern lediglich Reinigungsarbeiten im Bereich der Dachrinnen, wie bereits in der Klageschrift (S. 6/7) umfassend geschildert;

der am 09.07.2015 eingetretene Schaden sei erst dadurch massiv vergrößert worden, dass die Beklagte das Objekt bereits seit Jahresbeginn 2015 nicht mehr genutzt habe, ohne es zurückzugeben und ihren Kontrollpflichten nicht hinreichend nachgekommen sei, weshalb die Durchfeuchtung erst Tage später bemerkt worden sei, die im Übrigen überhaupt nur einen kleinen Teilbereich der Halle betroffen habe;

es verbleibe dabei, dass es ihnen erst nach erheblichem Zeitablauf gelungen sei, einen Nachmieter zu finden, der unter den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Standorts lediglich zur Zahlung einer Monatsmiete von 500 € bereit war;

sämtliche abgerechneten Nebenkosten überstiegen die geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen, weshalb die Vorauszahlungsbeträge als erstrangige Forderungen aus den Nebenkostenabrechnungen geltend gemacht würden; die Beklagte habe sämtliche Abrechnungen erhalten [offenbar unstreitig, da von der Beklagten nicht in Abrede gestellt], und zwar für 2015 mit Schreiben vom 19.04.2016, für 2016 mit Schreiben vom 12.04.2017 und für 2017 sowie 2018 mit Schreiben vom 23.08.2019; für 2015 werde - den Kläger zu 1 betreffend - eine Nebenkostennachforderung in Höhe von (686,55 € zzgl. Mwst.) brutto 816,94 €, für 2016 - den Kläger zu 2 betreffend, aber an den Kläger zu 1 zu leisten - in Höhe von (11 x 50 € = 550 € + Mwst.=) 654,50 €, für 2017 in Höhe von [12 x 50 = 600 € + Mwst. =) 714 € und für 2018 von [4 x 50 = 200 € + Mwst. =] 238 € klagegegenständlich erhoben;

ein Feststellungsanspruch bestehe trotz des Eigentumswechsels auf den Kläger zu 2, gerade weil noch weitere Nebenkostennachforderungen im Raum stünden und der Wert des Mietgrundstücks auch vom Bestand eines langfristigen Mietverhältnisses abhängig sei;

was die Fälligkeitszeitpunkte der klagegegenständlichen Verzugszinsen angehe, die teilweise falsch berechnet worden seien (10/2015, 01-02/2016, 05/2017, 10/2017 und 01/2018), liege lediglich eine im Beschlusswege korrigierbare offenbare Unrichtigkeit des landgerichtlichen Urteils vor (Antragsumstellung Bl. 568 GA)

II.

Die Berufung ist teilweise begründet, bleibt hinsichtlich der Ansprüche des Klägers zu 1 jedoch weitgehend erfolglos.

Den Klägern stehen Zahlungsansprüche gegen die Beklagte lediglich im tenorierten Umfang zu.

1. Das streitgegenständliche Mietverhältnis ist durch die von der Beklagten am 09.07.2015 erklärte Kündigung wirksam zum 31.03.2016 beendet worden, wobei weitergehende Mietminderungsansprüche nicht bestehen.

a) Die Kündigung ist allerdings als außerordentlich, fristlos, erklärte wirkungslos geblieben. Insofern fehlen tragfähige Kündigungsgründe und eine vorherige Abmahnung des Klägers zu 1 war nach den Umständen des Falles auch nicht entbehrlich, § 543 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB.

Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur ordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird, § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Im Falle einer im letztgenannten Sinne vorliegenden Vertragspflichtverletzung ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist zulässig, es sei denn, die Fristsetzung oder Abmahnung verspricht offensichtlich keinen Erfolg oder die sofortige Kündigung ist aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt, § 543 Abs. 3 S. 1, 2 Nr. 1-2 BGB.

An diesen Voraussetzungen fehlt es.

aa) Dem Mieter kann zwar der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache auch durch das Auftreten eines Mangels entzogen werden (BGH NJW 2007, 2474; OLG Düsseldorf OLGR 2008, 269), wie sie hier von der Beklagten in Gestalt von Undichtigkeiten des Dachs der Mietsache mit der Folge mehrfachen Eintritts von Regenwasser in die dadurch zum Teil überschwemmten Innenräume sowie durchnässter und abgelöster Deckenverkleidungen behauptet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ursache in der Beschaffenheit der Mietsache oder in deren Umfeld liegt, soweit sie nur der Sphäre des Vermieters zuzurechnen ist (Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 10. Aufl. § 543 Rn. 24). Kein Kündigungsrecht zu begründen vermögen indes lediglich unerhebliche Gebrauchsentziehungen (BGH NZM 2006, 929; OLG Düsseldorf aaO).

Davon ist fallbezogen auszugehen.

Zu Recht haben die Kläger bereits darauf hingewiesen, dass sie zwar in den 12 Jahren von 2003 bis 2015 siebenmal „mal mehr mal weniger - Wassereintritte über das Dach“ in das an die Beklagte vermiete Gebäude zu verzeichnen hatten, wie sie bereits mit Schreiben vom 21.07.2015 (Bl. 45 GA) eingeräumt hatten. Während der Dauer des zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisses haben allerdings nur zweimal - im Juni 2014 und (kündigungsauslösend) im Juli 2015 - entsprechende Ereignisse stattgefunden.

Die durch die Regenwassereintritte ausgelösten Schäden waren jedoch erkennbar nicht in einer Weise erheblich, dass sie eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Soweit die Beklagte mit Blick auf die Geschehnisse vom Juni 2014 in ihrer Klageerwiderung „große Schäden im Mietobjekt“ reklamiert und dazu näher ausgeführt hat, in mehreren Räumen habe Wasser gestanden und diverse Deckenplatten seien aufgeweicht und herausgebrochen, während die Kläger stets von nur „minimalen Schäden“ gesprochen haben, ergeben die von der Beklagten insofern vorgelegten Lichtbilder (Bl. 66 ff GA) zwar Wasserlachen und Deckenplattenabbrüche, diese jedoch nur in nicht erheblichem Umfang und insbesondere in weitgehend ungenutzten / leerstehenden Büro- bzw. Sozialräumen; auch teilweise festgestellte, auf Durchfeuchtungen hinweisende Wasserschäden sind nur in geringem Umfang ersichtlich. Nichts anderes gilt im Zusammenhang mit den unbestritten durch ein besonders starkes Unwetter in der Zeit vom 07./08.07.2015 ausgelösten Wasserschäden, wie sie sich auf den von der Beklagten einreichten Lichtbildern Bl. 47 ff GA darstellen: einzelne Deckenplatten waren zerbrochen, zum Teil heruntergefallen und beschädigt, unstreitig jedoch lediglich 20 von 128 Stück. Auch hier waren erkennbar fast ausschließlich die im Übrigen auch nicht mehr genutzten Büro- und Aufenthaltsräume betroffen, so dass keine weitergehenden Schäden entstehen konnten und die Beklagte in ihrem Mietgebrauch tatsächlich gar nicht beeinträchtigt war, hatte sie doch das Objekt spätestens zum Anfang 2015 leergeräumt und ihre Verkaufstätigkeit dort aufgegeben.

Soweit sich die Beklagte in ihrer Kündigungserklärung ergänzend auf die Schadensereignisse vom September 2005, 06.07.2009, 16.08.2010, 16.08 [17.09.].2012, 18.09.2013 und 12.02.2015 berufen hat, ist festzuhalten, dass sie diese in ihren Auswirkungen schon nicht näher beschrieben hat und der Kläger zu 1 mit den von ihm dargelegten Reparatur- und Reinigungsmaßnahmen (2005: Abdichtung einer Platte, 2010: Einbau Notüberläufe, 2012: Dachplatte ersetzt, Rinnen gesäubert, Bl. 90 ff, 94 GA) darauf reagiert hat, ohne dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgänger im Anschluss weitere (Mängelgewährleistungs-)Rechte vorbehalten hätten.

bb) Die Beklagte durfte nach Lage des Falles auch nicht auf eine vorherige Abmahnung im Sinne von § 543 Abs. 3 BGB verzichten, die unstreitig nicht erfolgt ist.

Dass eine Abmahnung des Klägers zu 1 in diesem Sinne von vornherein erfolglos geblieben wäre, kann hier jedoch gerade nicht angenommen werden, weil der Kläger zu 1 nach jeder früheren Schadensmeldung immer wieder mit Reparatur- und Reinigungsmaßnahmen reagiert, also nicht etwa eine Mangelbeseitigung endgültig abgelehnt hatte. Dass er insofern möglicherweise untaugliche Maßnahmen ergriffen hatte, begründet die offenkundige Erfolglosigkeit einer Abhilfefristsetzung dabei noch nicht, hätte doch zumindest die Möglichkeit weiterführender Erkenntnisse hinsichtlich der Schadensursachen und entsprechender Reaktionen bestanden, zumal der Kläger zu 1 bereits im Frühjahr 2015 eigenverantwortlich die Regenrinnen des Gebäudes hatte reinigen lassen.

Dass der Beklagten ein Festhalten an dem Mietvertrag schlechthin unzumutbar war, kann vorliegend ebensowenig festgestellt werden. Zwar hat es bis 2015 innerhalb von 12 Jahren insgesamt 7 Wassereintritte in die Mieträume gegeben, von denen die Beklagte allerdings wie dargelegt nur zweimal betroffen war. Der Umfang und die Auswirkungen der Schadensereignisse stellen sich jedenfalls aber nicht in einer Weise erheblich dar, dass der Beklagten nicht ein weiteres zumindest kurzes Zuwarten nach Fristsetzung zuzumuten gewesen wäre. Es gelten insoweit die bereits vorstehend zu lit. aa) getätigten Ausführungen entsprechend: Die Beklagte nutzte die betroffenen Räumlichkeiten nicht mehr oder nur noch sporadisch, Folgeschäden an Ware, Einrichtungsgegenständen und Fremdobjekten waren nicht zu verzeichnen und die Schäden selbst betrafen offensichtlich nur einige geringe Teilflächen des insgesamt 330 qm großen Gesamtobjekts.

b) Allerdings hat die Kündigung der Beklagten als ordentliche Kündigung zum Ablauf des Monats März 2016 (vgl. § 580 a Abs. 2 BGB) Wirksamkeit erlangt. Da das streitgegenständliche Mietverhältnis für eine Dauer von mehr als einem Jahr fest abgeschlossen worden war, setzt die Wirksamkeit der Kündigung allerdings voraus, dass das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu behandeln ist, § 550 BGB. Dies folgt sich hier jedoch daraus, dass die Parteien 2014 eine Vereinbarung über die Verringerung der Nebenkostenvorauszahlungen getroffen haben, die den Verschriftungsvorgaben nicht entspricht.

Dabei gilt § 550 BGB auch für nachträgliche Änderungen eines in schriftlicher Form abgeschlossenen Mietvertrages (KG NZM 2005, 457 m.w.N.). Es muss sich die für den Abschluss des Mietvertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere den Mietgegenstand, die Miete sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses - jedenfalls ansatzweise aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergeben (KG NZM 2014, 34). Deshalb bedürfen grundsätzlich Ergänzungen oder Änderungen des Mietvertrags gleichfalls der Schriftform, zumindest wenn sie für die Parteien wesentliche Punkte betreffen (KG NZM 2005 aaO). Insoweit spielt es grundsätzlich auch keine Rolle, ob die Pflichten der Parteien verschärft oder erleichtert werden. Der Formmangel eines Änderungsvertrages zu einem Miet- oder Pachtvertrag führt dazu, dass der zunächst unter Beachtung der Form geschlossene ursprüngliche Vertrag nunmehr gleichfalls der Schriftform entbehrt und als für unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt (BGHZ 125, 175; KG NZM 2005 aaO),

Gerade auch jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der Höhe der Miete, die nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann, ist unabhängig davon, ob sie zu einer dem Vermieter und damit auch dem durch die Vorschrift geschützten Grundstückserwerber günstigen Erhöhung oder aber zu einer Ermäßigung geführt hat, wesentlich und stellt damit eine dem Formenzwang des § 550 BGB unterfallende Vertragsänderung dar (BGH NJW 2016, 311 ff).

Die von den Klägern vorgelegten Schreiben der Parteien vom 19.03. und 05.05.2014 vorgelegten Urkunden tragen den rechtlichen Vorgaben in diesem Zusammenhang nicht hinreichend Rechnung. Bei einem Vertrag ist es zur Wahrung der Schriftform erforderlich, dass die Parteien dieselbe Urkunde unterzeichnen, § 126 Abs. 2 BGB. Der gesamte Vertragsinhalt muss durch die Unterschrift beider Parteien gedeckt werden. Ein Briefwechsel oder ein sonstiger Austausch einseitiger Erklärungen reicht daher nicht aus (RGZ 95, 84).

So liegt der Fall aber hier. Das Angebotsschreiben vom 19.03.2014 (Bl. 622 GA) ist nur von einer zeichnungsbefugten Vertreterin der Beklagten unterschrieben worden und das Antwortschreiben vom 05.05.2014 lediglich von einem Vertreter der Kläger; die Parteien haben mithin nicht beide gemeinsam eine Urkunde unterzeichnet. Zwar lässt § 126 Abs. 2 BGB es auch genügen, wenn über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Das setzt aber voraus, dass jede der beiden Urkunden auch die zum Vertragsschluss erforderliche rechtsgeschäftliche Erklärung des Vertragspartners enthält. Es genügt nicht, wenn eine der unterschriebenen Urkunden nur die Willenserklärung einer Partei enthält und sich die Willenserklärungen erst aus der Zusammenfassung beider Urkunden ergeben (BGH NJW 2001, 221 ff). Jedenfalls die von der Beklagten unterschriebene Urkunde enthält indes vorliegend - abgesehen von den divergierenden Angaben zum Laufzeitbeginn - nicht (auch) die Zustimmungserklärung des Klägers zu 1, indem es darin, soweit hier von Belang, lediglich heißt: “In Anbetracht der Tatsache, dass wir in der Vergangenheit immer hohe Guthaben aus den Nebenkostenzurückerhalten haben, möchten wir ... die monatliche Vorauszahlung dem Kostenniveau der Nebenkosten anpassen. Die derzeitige Vorauszahlung werden wir daher ab 01.04.2014 auf monatlich € 50,00 zzgl. Umsatzsteuer senken und bitten ihrerseits um gleichlautende neuer Dauermietrechnung zur Vervollständigung unserer Unterlagen.“ Angesichts dessen verhilft die Erklärung des Klägers zu 1 gemäß Schreiben vom 05.05.2014, zu bestätigen, „dass wir mit der Senkung der Nebenkostenvorauszahlung auf € 50,00 netto ab dem 01.05.2014 einverstanden sind“, der Vertragsänderung nicht zum Einhalten der Schriftformerfordernisse.

Soweit es in diesem Zusammenhang gegen Treu und Glauben verstößt, wenn eine Mietvertragspartei eine nachträglich getroffene Abrede, die lediglich ihr rechtlich vorteilhaft ist, allein deshalb, weil sie nicht die schriftliche Form wahrt, zum Anlass nimmt, sich von einem ihr inzwischen lästig gewordenen langfristigen Mietvertrag zu lösen (BGHZ 216, 68 = NJW 2017, 3772; BGH NJW 2016, 311; BGH NJW 2008, 365; BGHZ 65, 49 ff), verhilft auch dies der Klage nicht zu weitergehendem Erfolg. Zu Recht hat die Beklagte in Erwiderung auf die entsprechenden Rechtsausführungen der Kläger darauf hingewiesen, dass die relevante Vereinbarung für sie tatsächlich nicht lediglich rechtlich vorteilhaft war, da den Klägern ihre Zahlungsansprüche in Höhe der abrechenbaren Nebenkosten voll erhalten blieben, nur eben die Vorauszahlungen geringer ausfielen, so dass sich die Nachforderungsbeträge entsprechend erhöhten, und sie diese Abrede auch nicht zum Anlass genommen hat, sich von dem streitgegenständlichen Mietverhältnis zu lösen, ihre Kündigung vielmehr auf die skizzierten Dachundichtigkeiten gestützt hat.

Vor diesem Hintergrund bewirkte die Nachtragsabrede der Parteien vom 19.03./05.05.2014, da gegen das Schriftformverstoß verstoßend, dass der streitgegenständliche Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen fortgalt, so dass er von der Beklagten innerhalb der gesetzlichen Fristen ordentlich - mit Wirkung zum 31.03.2016 - gekündigt werden konnte.

Der Senat war insoweit nicht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO an abweichende Feststellungen des Ausgangsgerichts in dem angefochtenen Urteil gebunden. Das Landgericht hat lediglich festgestellt, dass die Parteien übereingekommen seien, die Nebenkosten auf 50 € zu senken und danach eine Gesamtbruttomiete von 3.867,50 € vereinbart hätten. Daraus folgt jedoch gerade nicht, dass die entsprechende Vereinbarung verschriftet worden wäre, zumal die Zivilkammer in diesem Zusammenhang auch nicht etwa auf bestimmte Anlagen oder Ergänzungen zum zwischen den Parteien geltenden Mietvertrag Bezug genommen hat. Im Gegenteil ist auch der Sachvortrag der Kläger eindeutig in dem Sinne zu verstehen, dass die diesbezügliche Vereinbarung mündlich abgeschlossen worden ist, weil die hierzu ausführende Klageschrift anders als mit Blick auf frühere Vereinbarungen keine Verschriftungsnachweise enthält. Der Tatsachenvortrag der Beklagten verhält sich nicht zu der skizzierten Frage, so dass zwanglos davon auszugehen war, dass die Abrede der Parteien zur Nebenkostenabsenkung lediglich mündlich getroffen worden war, worauf der Senat im Termin der Berufungsverhandlung hingewiesen hat und für die Kläger Anlass war, die sodann vorgelegten Schreiben vom 19.03.2014 und 05.05.2014 (Bl. 621 f GA) beizubringen.

2. Eine Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) auf Null für den Zeitraum bis zum zulässigen Kündigungszeitpunkt mit der Folge einer weitergehenden Reduzierung der beklagtenseitigen Zahlungsverpflichtungen kommt hingegen schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte die Miete trotz mehrerer tatsächlich erfolglos gebliebener Mängelbeseitigungsversuche stets vorbehaltlos gezahlt und auf diese Weise ihre entsprechenden Rechte verwirkt hat (vgl. BGH NJW 2003, 2601; BGH NJW 2005, 1503; Palandt/Weidenkaff, BGB, 79. Auifl., § 536 Rz. 38).

Für den Zeitraum nach Kündigungserklärung ist zudem nach obigen Ausführungen (Ziff. 1 a) keine wesentliche Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 3 BGB anzunehmen, so dass das Minderungsrecht ausgeschlossen wäre. Hierbei ist insbesondere auch zu beachten, dass die Beklagte das Objekt in dieser Zeit nicht mehr genutzt hat und offensichtlich auch nicht die Absicht hatte, es wieder zu nutzen. Im Übrigen ist der Schadensumfang nicht erheblich.

3. Es ergeben sich danach die tenorierten Zahlungsansprüche.

Der Kläger zu 1 als früherer Eigentümer und Vermieter kann die offenstehenden Bruttomieten für die streitgegenständlichen Monate August 2015 bis einschließlich Januar 2016 gezahlt verlangen, allerdings vermindert um den Betrag der Nebenkostenvorauszahlungen. Daraus errechnet sich eine Gesamtsumme von (6 x 3.808 € =) 22.848 €. Dem Kläger zu 2 stehen Mietzahlungen hingegen nur für die Monate Februar und März 2016 zu, ebenfalls abzüglich der Nebenkostenvorauszahlungen, woraus sich ein Betrag von (2 x 3.808 € =) 7.616 € errechnet.

Der Kläger zu 1 kann darüber hinaus auch einen offenstehenden Teilbetrag von 297,50 € aus der am 19.07.2016 erstellten Abrechnung der für das Kalenderjahr 2015 angefallenen Nebenkosten (Bl. 606 f GA) erstattet verlangen. Die Höhe des nämlichen Betrages ergibt sich unter Berücksichtigung der erbrachten Vorauszahlungen zutreffend aus den von der Beklagten nicht angegriffenen Berechnungen in den Schriftsätzen des Klägervertreters vom 24.04.2020 (Bl. 600 ff GA) und vom 17.05.2020 (Bl. 614 f GA), auf die der Senat Bezug nimmt. Die Klage erweist sich auch als insoweit weder unzulässig noch unschlüssig.

Nach Eintritt der Abrechnungsreife wandelt sich der Anspruch auf Vorauszahlungen in einen Anspruch auf Ausgleich des sich aus einer Abrechnung ergebenden Saldos. Der Anspruch auf Zahlung der Vorauszahlungen geht unter (Langenberg/Zeheleit, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl. 2019, G., Rn 80). Es besteht deshalb Einigkeit darüber, dass ein Vermieter, der den Mieter gerichtlich auf Nachzahlung von Mietrückständen einschließlich der Vorauszahlungen in Anspruch nimmt, die Klage nach Eintritt der Abrechnungsreife auf den Saldo umstellen muss. Er kann den Rechtsstreit hinsichtlich der Vorauszahlungen in der Hauptsache für erledigt erklären und den infolge ihres Ausbleibens hohen Saldo geltend machen; er kann aber auch auf Basis der schon eingeklagten Vorauszahlungen abrechnen und die Klage nur in Höhe des restlichen Saldos erhöhen. Ergibt die Abrechnung nach den Sollvorauszahlungen ein Guthaben des Mieters, hat er die auf Zahlung der Bruttomiete gerichtete Klage insoweit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, wodurch er dem Mieter das Guthaben gutbringt (Langenberg/Zeheleit, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl. 2019, G. Rn 81). Er kann weiterhin die Bruttomiete verlangen, wenn er auf die darin enthaltenen Vorauszahlungen die nach ihrer Abrechnung enthaltenen Nebenkosten anrechnet und den zugunsten des Mieters verbliebenen Saldo mit der Nettomiete verrechnet (BGH WuM 2003, 204).

Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, die Umstellung innerhalb der Anschlussberufungsbegründungsfrist des § 524 ZPO vorzunehmen.

Der Übergang von der Nebenkostenvorauszahlungsklage auf die Abrechnungsklage nach Eintritt der Abrechnungsreife ist kein Fall der Klageänderung, sondern einer gemäß § 264 Nr. 3 zulässigen Klageumstellung (OLG Düsseldorf Urteil vom 11.07.2013, I-24 U 136/12, 24 U 136/12, Rn 39). Sofern eine solche Klageumstellung ohne Anschlussberufung erst in der Berufungsinstanz erfolgt, ist sie zulässig, soweit der nach Klageumstellung begehrte Betrag den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag nicht übersteigt (OLG Düsseldorf,a.a.O, vgl. BGH Urteil vom 12.01.2006, VII ZR 73/04). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin verlangt in der Berufungsinstanz einen dem erstinstanzlich geltend gemachten entsprechenden Betrag.

Wegen des sich aus der Nebenkostenabrechnung der Kläger für das Jahr 2016 ergebenden Nachzahlungsanspruchs geht das Zahlungsbegehren der Kläger hingegen ins Leere. Der Senat kann angesichts des Umstandes, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis mit Ablauf des 31.03.2016 geendet hat, nicht feststellen, welche der in der Abrechnung vom 12.04.2017 (Bl. 607 GA) enthaltenen Kosten bis zum Ende der Zahlungspflicht aufgelaufen sind und ob welcher Betrag sich daraus errechnet.

4. Nachdem das Mietverhältnis der Parteien mit Wirkung aus den bereits dargestellten Gründen zum 31.03.2016 geendet hat, erweist sich am Ende auch das klägerische Feststellungsbegehren als erfolglos.

5. Verzugszinsen auf die den Klägern zustehenden Forderungen hat die Beklagte nach Maßgabe von § 286 Abs. 1, 3, 288 BGB zu zahlen.

6. Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Streitwert errechnet sich wie folgt: Zahlungsklagen 23.205 € und 108.290 €, Feststellungsklage bis zu 16.000 €.

7. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Zulassung ist weder zur Fortbildung des Rechts bzw. Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die vorliegende Entscheidung betrifft einen Einzelfall und der Senat weicht auch weder von der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung ab noch sind entscheidungserhebliche Rechtsfragen obergerichtlich zu klären.