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Vollstreckung; gerichtlicher Vergleich; Zwangsgeldfestsetzung; Vollstreckungsabwehrklage; Titelabwehrklage; Rechtsschutzbedürfnis; Prozessökonomie;; Erfüllungseinwand; Einleitung eines Planänderungsverfahrens; Aufstellungsbeschluss; Mängel des Abwägungsvorgangs; verfahrensmäßige Ermöglichung einer Behebung; Nichtigkeitseinwand; Bestimmtheit eines Vollstreckungstitels; Anfechtung; Anfechtungserklärung; Anfechtungsgrund; Irrtum über Erklärungsinhalt; Anfechtungsfrist; unverzüglich; anfängliche Unwirksamkeit Verstoß gegen gesetzliches Verbot; Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand; Zuständigkeit der Gemeindevertretung; interne Willensbildung; Bürgermeister; Vertretungsmacht; Außenverhältnis; Widerrufsvorbehalt; Anspruch auf (ergebnisoffenes) Planungsverfahren; Abwägung; Erforderlichkeit für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 2. Senat Entscheidungsdatum 01.07.2011
Aktenzeichen OVG 2 A 14.10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 28 Abs 2 S 1 GG, § 750 Abs 1 ZPO, § 767 ZPO, § 794 Abs 1 Nr 1 ZPO, § 794 Abs 1 Nr 3 ZPO, § 795 S 1 ZPO, § 88 VwGO, § 106 VwGO, § 167 Abs 1 VwGO, § 168 Abs 1 Nr 3 VwGO, § 119 Abs 1 BGB, § 121 Abs 1 BGB, § 134 BGB, § 142 Abs 1 BGB, § 143 Abs 1 BGB, § 59 Abs 1 VwVfG, § 1 Abs 3 BauGB, § 1 Abs 7 BauGB, § 1 Abs 8 BauGB, § 2 Abs 1 S 1 BauGB, § 10 Abs 1 BauGB, § 28 Abs 2 Nr 9 KomVerf BB, § 28 Abs 2 Nr 18 KomVerf BB, § 53 Abs 1 KomVerf BB, § 57 Abs 1 KomVerf BB, § 57 Abs 2 KomVerf BB

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich.

Die Beklagten stellten am 8. September 2008 einen Normenkontrollantrag (OVG 2 A 25.08) gegen den Bebauungsplan Nr. 29-2007 „Sportplatz“ im Ortsteil Vehlefanz der Klägerin mit dem Ziel, die durch das geplante Vorhaben und den damit zusammenhängenden Zu- und Abfahrtsverkehr entstehenden zusätzlichen Lärmbelastungen für ihre Wohngrundstücke abzuwehren.

Am 9. Februar 2010 schlossen die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins, in dem für die Klägerin - die dortige Antragsgegnerin - neben ihrem Verfahrensbevollmächtigten der hauptamtliche Bürgermeister sowie der Justiziar erschienen waren, vor dem Berichterstatter des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg folgenden Vergleich:

„1. Die Antragsgegnerin wird innerhalb von 3 Monaten ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29-2007,Sportplatz‘ einleiten mit dem Ziel einer Prüfung, ob und ggf. auf welche Weise der Gesamtkomplex hinsichtlich der Immissionsbelastung des angrenzenden Wohngebiets gelöst werden kann, wobei im einzelnen insbesondere folgende Varianten zu prüfen sein werden:

a) Verlegung der nördlichen Zufahrt über die Parkplatzfläche,

b) Errichtung einer Lärmschutzwand entweder auf dem bestehenden Wall angrenzend zu dem Wohngebiet oder an der Grenze der Stellplatzfläche,

c) Errichtung zusätzlicher Stellplätze im südlichen Bereich des Plangebietes, angrenzend an den demnächst auszubauenden Schäferweg.

2. Der Vertreter der Antragstellerin erklärt, dass sämtliche Widersprüche gegen die Baugenehmigung vom 26.11.2008, soweit sie bis jetzt noch nicht zurückgenommen worden sein sollten, zurückgenommen werden.

3. Die Gerichtskosten tragen die Beteiligten jeweils zur Hälfte; die außergerichtlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben.“

In der Folgezeit gab die Gemeindeverwaltung ein - unter dem 22. März 2010 erstelltes - schalltechnisches Gutachten in Auftrag, das zu dem Ergebnis kam, dass „die vorschriftenkonform ermittelten Berechnungsergebnisse der Schallausbreitungsberechnungen (…) an allen umliegenden Wohnhäusern zu Beurteilungspegeln“ führten, „die die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV ‚Verkehrslärmschutzverordnung‘ jeweils deutlich unterschreiten“. Somit sei „nachgewiesen, dass bei dem geplanten Betrieb der Sportanlage für Schulsport, Trainings- und Wettspielbetrieb auch durch den Verkehrslärm auf der öffentlichen Straßenfläche (hier: Zufahrt und Parkplätze) keine Immissionskonflikte an den Wohnhäusern“ aufträten. Weitere Schallschutzmaßnahmen seien deshalb auch nicht erforderlich.

In ihrer Sitzung vom 6. Mai 2010 lehnte die Gemeindevertretung der Klägerin mit der Stimme des Bürgermeisters eine Beschlussvorlage der Gemeindeverwaltung ab, die die „Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29/2007 ‚Sportplatz‘ im OT Vehlefanz“ mit dem Ziel der Prüfung vorsah, „ob und ggf. auf welche Weise der Gesamtkomplex hinsichtlich der Immissionsbelastung des angrenzenden Wohngebiets gelöst werden kann“.

Am 19. Juni 2010 beantragten die Beklagten die Vollstreckung gegen die Klägerin aus dem gerichtlichen Vergleich.

Mit Beschluss vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 - hat das Oberverwaltungsgericht gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall festgesetzt, dass sie nicht bis zum 31. Oktober 2010 ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29/2007 „Sportplatz“ entsprechend dem in der nicht öffentlichen Sitzung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 9. Februar 2010 im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 protokollierten Vergleich einleitet und dies gegenüber dem Gericht nachweist.

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckung nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. mit § 888 Abs. 1 ZPO vorlägen. Die Klägerin habe ihre in Nr. 1 des Vergleichs übernommene Verpflichtung nicht erfüllt. Die von ihr vorzunehmenden Handlungen umfassten nach dem eindeutigen Wortlaut sowie dem erkennbaren Sinn der Vereinbarung dreierlei, nämlich erstens die förmliche Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans durch einen ortsüblich bekannt zu machenden Aufstellungsbeschluss im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB („Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans (…) einleiten“), zweitens die erneute Ermittlung der abwägungserheblichen Immissionsbelange der Anwohner sowie drittens die ernsthafte Suche nach einer Konfliktlösung („mit dem Ziel einer Prüfung, ob und ggf. auf welche Weise der Gesamtkomplex hinsichtlich der Immissionsbelastung des angrenzenden Wohngebiets gelöst werden kann“). Entgegen der Auffassung der Klägerin habe sie das im Vergleich vereinbarte Verfahren nicht bereits mit der Beauftragung des Lärmgutachtens mit dem Ziel der Ermittlung der Lärmbelastungen eingeleitet. Zur Erfüllung der in dem Vergleich übernommenen Verpflichtung sei es auch nicht ausreichend, dass das Ergebnis des Gutachtens und der Inhalt des vor dem Oberverwaltungsgericht abgeschlossenen Vergleichs in den zuständigen Ausschüssen dargestellt und beraten worden seien. Vielmehr habe die erneute Ermittlung der abwägungserheblichen Immissionsbelange der Anwohner als auch die Prüfung einer den Anwohnerbelangen möglicherweise besser Rechnung tragenden Konfliktbewältigung im Rahmen des förmlichen Bauleitplanverfahrens zu erfolgen; denn nur auf diese Weise könne das erkennbare Ziel des Vergleichs erreicht werden, die im Erörterungstermin angesprochenen Abwägungsfehler (Nichtberücksichtigung der Schutzbedürftigkeit der nordöstlich der im Bebauungsplan festgesetzten Sportanlage gelegenen Wohnbebauung, unzureichende Ermittlung der Lärmschutzbelange sowie fehlende Prüfung naheliegender Möglichkeiten einer geringeren Verkehrslärmbeeinträchtigung des benachbarten Wohngebiets ohne unangemessene Zurückstellung anderer abwägungserheblicher Belange) zu beheben.

Auch der Einwand der Klägerin, dass sich die Gemeindeverwaltung und der Bürgermeister in dem Vergleich nicht zu mehr als der Vorbereitung der Beschlussfassung der Gemeindevertretung hätten verpflichten können, greife nicht durch. Zwar handele es sich bei dem Abschluss von Vergleichen, soweit es sich - wie hier - nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handele, nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 18 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) um eine Angelegenheit, die der Entscheidung der Gemeindevertretung vorbehalten sei und die diese nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen dürfe. Diese Regelung beschränke sich jedoch auf die interne Willensbildung der Gemeinde und berühre schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht die unmittelbar auf § 57 Abs. 1 BbgKVerf beruhende Vertretungsmacht des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsbeamten im Sinne des § 53 Abs. 1 BbgKVerf. Hieraus folge, dass im Außenverhältnis auch dann eine wirksame Erklärung der Gemeinde vorliege, wenn der interne Willensbildungsakt fehle. Einen Widerrufsvorbehalt für den Fall, dass die Gemeindevertretung dem Vergleich ihre Zustimmung versagt, habe der Bürgermeister ausweislich des Terminsprotokolls nicht erklärt.

Am 8. Oktober 2010 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der streitgegenständliche Prozessvergleich sei unbestimmt bzw. nichtig. So wie ihn die Beklagten und das Oberverwaltungsgericht verstünden, verstoße der gerichtliche Vergleich gegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB sowie § 106 Satz 1 Halbs. 2 VwGO, unterlaufe die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde und verletze die originäre Zuständigkeit der Gemeindevertretung nach § 28 Abs. 2 Nr. 9 und Nr. 18 BbgKVerf, die die im Erörterungstermin anwesenden Vertreter der Gemeinde im Hinblick auf den Grundsatz der sog. Organtreue hätten wahren wollen. Eine verbindliche Verpflichtung der Gemeinde zur Änderung des Bebauungsplans spiegele auch nicht die rechtliche Risikolage der Parteien vor Abschluss des Vergleichs wider. In der übernommenen Verpflichtung, eine mögliche Änderung des Bebauungsplans wieder auf die Tagesordnung zu setzen, habe bereits ein Entgegenkommen der Gemeinde gelegen, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag gefehlt habe. Wegen der Bestandskraft der Baugenehmigung für den Sportplatz, in der abschließend alle Fragen der mit dem Betrieb zusammenhängenden möglichen Beeinträchtigungen behandelt und in Auflagen und Nebenbestimmungen geregelt würden, könne die Realisierung der Bauleitplanung nicht mehr verhindert werden. Der streitgegenständliche Parkplatz sei zudem nicht von dem Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst und selbst bestandskräftig genehmigt. Nach ihrem Verständnis habe die Gemeinde in dem Erörterungstermin daher nur zugesichert, eine entsprechende Beschlussvorlage zur Änderung des Bebauungsplans vorzubereiten und der Gemeindevertretung vorzulegen. Werde der Prozessvergleich in diesem Sinne ausgelegt, sei die Vollstreckung deshalb nicht mehr zulässig, weil die Gemeinde ihre Verpflichtung erfüllt habe.

Die Klägerin beantragt,

1.die Vollstreckung aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 - für unzulässig zu erklären,
2.den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Branden-burg vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 - aufzuheben,
3.den Vergleich vom 9. Februar 2010 - OVG 2 A 25.08 - für nichtig zu erklären,
4.gegebenenfalls die Revision zuzulassen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die Klage für unzulässig, weil sie nicht auf Gründe im Sinne des § 767 Abs. 2 ZPO gestützt sei. Die Klägerin wolle die Vollstreckungsabwehrklage als sog. Titelabwehrklage dazu benutzen, ihre nach ihrem eigenen Vortrag schon bei Abschluss des Vergleichs vorhandene Position gegen die durch das Gericht bereits erfolgte Auslegung des Vergleichs geltend zu machen. In der Sache gehe die Klägerin irrtümlich davon aus, dass sie sich durch Vergleich zur Aufstellung bzw. Änderung eines Bebauungsplans verpflichtet habe, woraus sie die Nichtigkeit des Vergleichs ableiten wolle. Dies entspreche weder dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck des Vergleichs. Da die Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans nach dem maßgeblichen materiellen Recht des Baugesetzbuches nicht erfolgt sei, könne auch der Einwand der Erfüllung nicht durchdringen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte und der beigezogenen Gerichtsakten des Normenkontrollverfahrens OVG 2 A 25.08 (OVG 2 A 11.11), des Vollstreckungsverfahrens OVG 2 AR 2.10 und des Verfahrens über den Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung (OVG 2 S 88.10) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Senat legt den Klageantrag zu 1. gemäß § 88 VwGO dahingehend aus, dass die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 9. Februar 2010  - OVG 2 A 25.08 - für unzulässig erklärt werden soll. Denn der in dem Antrag genannte Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 –, mit dem gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall festgesetzt worden ist, dass sie nicht bis zum 31. Oktober 2010 ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29/2007 „Sportplatz“ entsprechend dem in der nicht öffentlichen Sitzung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 9. Februar 2010 im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 protokollierten Vergleich einleitet und dies gegenüber dem Gericht nachweist, ist zwar einerseits ein eigener Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO für die Beitreibung des Zwangsgeldes (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - I ZB 87/06 -, NJW 2008, 2919, 2920, m.w.N.), andererseits aber auch selbst wiederum lediglich eine Vollstreckungsmaßnahme. Das Klagevorbringen lässt indes zweifelsfrei erkennen, dass sich die Klägerin nicht isoliert gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme wenden, sondern die Unzulässigkeit der gesamten Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 9. Februar 2010 geltend machen will.

In der so ausgelegten Fassung des Antrags ist die Klage als Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 167 Abs. 1, 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 767 Abs. 1 ZPO zulässig, soweit mit ihr der Erfüllungseinwand geltend gemacht wird; denn hierbei handelt es sich um eine nachträgliche Einwendung im Sinne des § 767 Abs. 2 ZPO, die den durch den in der nicht öffentlichen Sitzung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 9. Februar 2010 im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 protokollierten Vergleich begründeten Anspruch der Beklagten selbst betrifft. Soweit die Klägerin den Prozessvergleich vom 9. Februar 2010 für „unbestimmt" hält bzw. seine ursprüngliche Unwirksamkeit als Vollstreckungshindernis geltend macht, ist § 767 ZPO hingegen nicht unmittelbar anwendbar. Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in einem solchen Fall eine prozessuale Gestaltungsklage, die sog. Titelabwehrklage, analog § 767 Abs. 1 ZPO statthaft ist, die mit der Vollstreckungsgegenklage verbunden werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2003 - XI ZR 332/02 -, juris Rn. 13; OVG Weimar, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 1 KO 750/07 -, juris Rn. 37).

Die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen für beide Klagearten vor. Der im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 9. Februar 2010 geschlossene Vergleich im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 ist ein Vollstreckungstitel nach § 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 -), gegen den gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 1, § 795 Satz 1, § 767 ZPO die Vollstreckungsgegenklage und - in entsprechender Anwendung - die Titelgegenklage statthaft ist. Die nach § 750 Abs. 1 ZPO erforderliche Zustellung einer - von den Vollstreckungsgläubigern mit Schriftsatz vom 5. Juli 2010 im Verfahren OVG 2 AR 2.10 vorgelegten - Ausfertigung des Vergleichs mit einer durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erteilten Vollstreckungsklausel ist erfolgt. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Titelabwehrklage ist gegeben. Zwar muss die Frage, ob ein zur Beendigung eines Rechtsstreits geschlossener Vergleich wegen eines materiellrechtlichen Mangels von Anfang an nichtig ist oder im Wege der Anfechtung rückwirkend vernichtet wird, grundsätzlich durch Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits - hier des Normenkontrollverfahrens (OVG 2 A 25.08 bzw. nunmehr OVG 2 A 11.11) - geklärt werden, denn einer Vereinbarung, die keine materiellrechtlichen Wirkungen entfaltet, fehlt auch die Eignung, den Prozess zu beenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 1993 - 4 B 175/93 -, juris Rn. 9, 14; BGH, Urteil vom 29. Juli 1999 - III ZR 272/98 -, juris Rn. 11; Ortloff, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 106 Rn. 65; Geiger in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 106 Rn. 29; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 106 Rn. 15). Hiervon ist indes unter den vorliegenden Umständen aus prozessökonomischen Erwägungen eine Ausnahme gerechtfertigt. Denn die Klägerin macht nicht nur die - gegebenenfalls durch Fortsetzung des bisherigen Rechtsstreits zu klärende - Nichtigkeit des Vergleichs geltend, sondern beruft sich - wie dargelegt - zugleich auf den Erfüllungseinwand. Dieser Einwand kann aber nur im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 167 Abs. 1, 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden. Es ist daher zweckmäßig, sowohl den Erfüllungs-, als auch den Nichtigkeitseinwand gegen die Vollstreckung in dem vorliegenden, bereits anhängigen Verfahren zu prüfen.

2. Die Klage ist als Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO unbegründet.

Die Klägerin hat ihre Verpflichtung aus dem im Erörterungstermin vor dem Be-richterstatter am 9. Februar 2010 geschlossenen Vergleich im Normenkontrollver-fahren OVG 2 A 25.08 nicht erfüllt. Der Senat hält insoweit nach erneuter Beratung an seinen Feststellungen im Beschluss vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 - fest. Danach hatte die Klägerin innerhalb von 3 Monaten ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29-2007 „Sportplatz“ einzuleiten mit dem Ziel einer Prüfung, ob und ggf. auf welche Weise der Gesamtkomplex hinsichtlich der Immissionsbelastung des angrenzenden Wohngebiets gelöst werden kann, wobei im Einzelnen mehrere, in dem Vergleich näher beschriebene Varianten zu prüfen seien. Die von der Klägerin vorzunehmenden Handlungen umfassen nach dem eindeutigen Wortlaut sowie dem erkennbaren Sinn der Vereinbarung dreierlei, nämlich erstens die förmliche Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans durch einen ortsüblich bekannt zu machenden Aufstellungsbeschluss im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, zweitens die erneute Ermittlung der abwägungserheblichen Immissionsbelange der Anwohner sowie drittens die ernsthafte Suche nach einer Konfliktlösung. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat sie das im Vergleich vereinbarte Verfahren nicht bereits mit der Beauftragung des Lärmgutachtens mit dem Ziel der Ermittlung der Lärmbelastungen eingeleitet. Zur Erfüllung der in dem Vergleich übernommenen Verpflichtung war es auch nicht ausreichend, dass das Ergebnis des Gutachtens und der Inhalt des vor dem Oberverwaltungsgericht abgeschlossenen Vergleichs in den zuständigen Ausschüssen dargestellt und beraten worden sind. Vielmehr hat die erneute Ermittlung der abwägungserheblichen Immissionsbelange der Anwohner als auch die Prüfung einer den Anwohnerbelangen möglicherweise besser Rechnung tragenden Konfliktbewältigung im Rahmen des förmlichen Bauleitplanverfahrens zu erfolgen; denn nur auf diese Weise kann das erkennbare Ziel des Vergleichs erreicht werden, die Behebung der im Erörterungstermin angesprochenen Mängel des Abwägungsvorgangs (Nichtberücksichtigung der Schutzbedürftigkeit der nordöstlich der im Bebauungsplan festgesetzten Sportanlage gelegenen Wohnbebauung, unzureichende Ermittlung der Lärmschutzbelange sowie fehlende Prüfung naheliegender Möglichkeiten einer geringeren Verkehrslärmbeeinträchtigung des benachbarten Wohngebiets ohne unangemessene Zurückstellung anderer abwägungserheblicher Belange) verfahrensmäßig zu ermöglichen.

3. Die Klage ist auch als Titelabwehrklage analog § 767 ZPO unbegründet.

Der im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 9. Februar 2010 geschlossene Vergleich im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 ist weder unbestimmt noch aus anderen Gründen ursprünglich unwirksam.

a) An der Bestimmtheit des Prozessvergleichs und damit seiner Vollstreckungsfähigkeit bestehen keine Zweifel.

Zutreffend benennt die Klägerin die Grundsätze, von denen bei der Prüfung der Bestimmtheit eines Vollstreckungstitels auszugehen ist. Ein Titel ist danach nur dann bestimmt genug und zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn er den Anspruch des Gläubigers ausweist und Art, Inhalt und Umfang der Leistungspflicht bezeichnet. Das Vollstreckungsorgan muss durch ihn in die Lage versetzt werden, grundsätzlich allein mit dem Titel ohne Verwertung der Gerichtsakten oder anderer Urkunden, die nicht Bestandteil des Titels sind, die Vollstreckung durchzuführen. Das Erfordernis der Bestimmtheit des Titels soll umfassend der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen bzw. bei Prozessvergleichen der Regelungswirkung dienen (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 1 KO 750/07 -, juris Rn. 4 f.).

Hiervon ausgehend bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin gerade keine Unklarheiten darüber, welche konkreten Handlungspflichten sich für sie aus dem Vergleich ergeben. Auf die Ausführungen unter 2. kann insoweit verwiesen werden. Soweit die Klägerin geltend macht, im Erörterungstermin nur zugesichert zu haben, ihrem Beschlussorgan, der Gemeindevertretung, eine entsprechende Beschlussvorlage zur Änderung des Bebauungsplans vorzubereiten und vorzulegen, rechtfertigt dies keine andere Auslegung ihrer im Rahmen des Vergleichs abgegebenen Erklärung. Gegen die Auffassung der Klägerin spricht der eindeutige Wortlaut der protokollierten Erklärung, dass sie binnen 3 Monaten ein „Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans (…) einleiten“ wird. Dies kann schwerlich so verstanden werden, dass die Klägerin lediglich verpflichtet ist, eine Entscheidung zu treffen, ob sie ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans einleitet. Hieran ändert entgegen der Auffassung der Klägerin insbesondere auch nicht die ihr im Vergleich eingeräumte Frist von 3 Monaten etwas. Diese Frist ist ersichtlich dem Umstand geschuldet, dass der Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanänderungsverfahren durch die Gemeindevertretung zu fassen ist und daher einer gewissen Vorbereitungszeit bedarf. Weshalb hieraus folgen soll, dass von dem Beschluss auch ganz abgesehen werden kann, ist nicht erkennbar.

b) Auch mit dem Einwand der anfänglichen Unwirksamkeit des im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 9. Februar 2010 geschlossenen Vergleichs dringt die Klägerin nicht durch.

aa) Die Nichtigkeit des Vergleichs folgt nicht aus § 142 Abs. 1 BGB aufgrund einer wirksamen Anfechtung.

Ob in dem schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Verfahren, wonach der Vergleich vom 9. Februar 2010 deshalb „unbestimmt“ sei, weil sich ihre im Erörterungstermin abgegebenen Willenserklärungen nicht mit der Auslegung des Vergleichsinhalts der Beklagten deckten, eine (konkludente) Anfechtungserklärung im Sinne des § 143 Abs. 1 BGB erblickt werden kann, bedarf insoweit ebenso wenig einer Vertiefung wie die Frage, ob die Voraussetzungen einer - hier allein in Betracht kommenden - Anfechtung wegen eines Irrtums über den Inhalt der Erklärung gemäß § 119 Abs. 1 BGB vorliegen. Denn jedenfalls wäre die Anfechtung nicht fristgemäß, d.h. gemäß § 121 Abs. 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgt. Voraussetzung für die Obliegenheit, unverzüglich anzufechten, ist grundsätzlich tatsächliche Kenntnis vom Anfechtungsgrund, d.h. Kenntnis des Umstandes, dass die Erklärung im Sinne der §§ 119, 120 BGB irrig abgegeben worden ist. Zwar genügt fahrlässige Unkenntnis des Irrtums nicht, um die Obliegenheit zum Entstehen zu bringen; ebenso wenig grundsätzlich ein bloßer Zweifel oder die bloße Vorstellung von der Möglichkeit des Anfechtungsgrundes. Verschließt der Anfechtungsberechtigte vor sich aus den Umständen aufdrängenden Schlussfolgerungen geradezu die Augen, so ist dies aber der positiven Kenntnis gleichzustellen (vgl. Kramer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2006, § 121 Rn. 5).

Die Möglichkeit, dass sie sich über den Inhalt ihrer im Rahmen des Vergleichs vom 9. Februar 2010 abgegebenen Erklärungen geirrt hat, musste sich der Klägerin spätestens im Zeitpunkt der - am 5. August 2010 erfolgten - Zustellung des im Vollstreckungsverfahren (OVG 2 AR 2.10) ergangenen Beschlusses des erkennenden Senats vom 28. Juli 2010 aufdrängen. In den Gründen jenes Beschlusses hat der Senat unmissverständlich klargestellt, dass er die Auffassung der Klägerin, es sei zur Erfüllung der in dem Vergleich übernommenen Verpflichtung ausreichend gewesen, ein Gutachten mit dem Ziel der Ermittlung der Lärmbelastungen in Auftrag zu geben und das Ergebnis des Gutachtens sowie den Inhalt des vor dem Oberverwaltungsgericht abgeschlossenen Vergleichs in den zuständigen Ausschüssen darzustellen und zu beraten, nicht teilt. Der Senat hat in diesem Zusammenhang ferner dargelegt, dass die erneute Ermittlung der abwägungserheblichen Immissionsbelange der Anwohner und die Prüfung einer den Anwohnerbelangen möglicherweise besser Rechnung tragenden Konfliktbewältigung nach Wortlaut und Sinn der Vereinbarung im Rahmen des förmlichen Bauleitplanverfahrens zu erfolgen haben. Angesichts dieser unmissverständlichen Ausführungen des zuständigen Gerichts hätte sich der Klägerin spätestens am 5. August 2010, dem Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des Senats vom 28. Juli 2010, die Möglichkeit eines Anfechtungsgrundes aufdrängen müssen, so dass es ihr zuzumuten war, ihre im gerichtlichen Erörterungstermin vom 9. Februar 2010 abgegebene Erklärung zur Fristwahrung vorsorglich anzufechten. Sollte die erst am 8. Oktober 2010, mithin mehr als zwei Monate später bei Gericht eingegangene Klageschrift im vorliegenden Verfahren eine Anfechtungserklärung enthalten, wäre diese damit nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich nicht ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgt.

bb) Der Prozessvergleich vom 9. Februar 2010 ist ferner nicht wegen eines materiellrechtlichen Mangels von Anfang an unwirksam.

Entgegen der Auffassung der Klägerin folgt die geltend gemachte Nichtigkeit des Vergleichs weder aus einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB noch aus einer fehlenden Verfügungsbefugnis der Beteiligten über den Streitgegenstand (§ 106 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).

(1) Soweit sich die Klägerin auf die Verletzung der Zuständigkeit ihrer Gemeindevertretung nach § 28 Abs. 2 Nr. 9 und Nr. 18 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) beruft, hält der Senat an seinen diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss vom 28. Juli 2010 – OVG 2 AR 2.10 - fest.

Zwar handelt es sich nach den genannten Vorschriften sowohl bei dem Abschluss von Vergleichen, soweit es sich - wovon hier auszugehen ist - nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung handelt, als auch bei dem Erlass und der Änderung von Satzungen um Angelegenheiten, die der Entscheidung der Gemeindevertretung vorbehalten sind und die diese nicht auf andere Organe der Gemeinde übertragen darf. Ob die Zuständigkeit der Gemeindevertretung nach § 28 Abs. 2 Nr. 9 BbgKVerf berührt wird, obwohl nach dem Inhalt des Vergleichs vom 9. Februar 2010 gerade kein konkreter Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan (vgl. § 10 Abs. 1 BauGB) zu treffen, sondern ein Planänderungsverfahren, zu dessen Ergebnis sich der Vergleich nicht verhält, lediglich einzuleiten ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls beschränkt sich die Zuständigkeitsregelung des § 28 BbgKVerf auf die interne Willensbildung der Gemeinde und berührt schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht die unmittelbar auf § 57 Abs. 1 BbgKVerf beruhende Vertretungsmacht des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsbeamten im Sinne des § 53 Abs. 1 BbgKVerf. Aufgrund seiner allgemeinen Vertretungsmacht verpflichtet der Bürgermeister die Gemeinde durch seine Erklärungen deshalb auch dann, wenn er dabei ohne einen Beschluss der Gemeindevertretung, der sein Vorgehen deckt, handelt (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1978 – III ZR 81/77 -, NJW 1980, 117, 118). Bei dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs kann der Bürgermeister seiner internen Pflichtenbindung dadurch Rechnung tragen, dass er einen Widerrufsvorbehalt für den Fall erklärt, dass die Gemeindevertretung dem Vergleich ihre Zustimmung versagt. Einen solchen Widerrufs-vorbehalt hat der Bürgermeister der Klägerin im Erörterungstermin vom 9. Februar 2010, in dem er anwaltlich vertreten war und zudem durch den Justiziar der Klägerin begleitet wurde, ausweislich des Protokolls nicht erklären lassen. Zweifel an der - von der Klägerin auch nicht bestrittenen - Einhaltung der Formvorschriften des § 57 Abs. 2 BbgKVerfG für die Abgabe von Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bestehen nicht. Alle Organe der Gemeinde - auch die Gemeindevertretung - sind deshalb verpflichtet, die im gerichtlichen Vergleich vom 9. Februar 2010 durch die Klägerin im Außenverhältnis wirksam übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 9. Juni 2011 erwähnten obergerichtlichen Entscheidungen stellen die hier vertretene Auffassung nicht in Frage. Das zitierte Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Juni 2001 ist - worauf bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde - weder anhand der angegebenen Fundstelle (NVwZ-RR 2002, 64) noch über eine juris-Recherche ermittelbar. In dem weiter aufgeführten Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2007 - 3 L 159/03 - (juris) ging es um die - in der Entscheidung verneinte - Frage, ob sich eine Gemeinde, die unter Verletzung interner Zuständigkeitsregelungen einen belastenden Verwaltungsakt erlässt, im Anfechtungsprozess auf die unbeschränkte Vertretungsmacht des Bürgermeisters berufen kann. In diesem Zusammenhang hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Regelungen über die unbeschränkte Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach den einschlägigen Regelungen der Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern nur Erklärungen betreffen, die unmittelbar Rechtswirkung entfalten, nicht aber Beschlüsse, die Grundlage eines Verwaltungsakts sind (vgl. a.a.O., Rn. 32). Dass ein Prozessvergleich, der nur durch unmittelbar Rechtswirkung entfaltende Erklärungen geschlossen werden kann, aufgrund der unbeschränkten Vertretungsmacht des Bürgermeisters die Gemeinde auch bei Verletzung interner Zuständigkeitsregelungen wirksam verpflichtet, wird hierdurch nicht in Frage gestellt, sondern bestätigt.

(2) Ein zur Nichtigkeit des Prozessvergleichs vom 9. Februar 2010 führender Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB liegt ebenfalls nicht vor.

Soweit nach dieser Vorschrift auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen kein Anspruch besteht und ein Anspruch auch nicht durch Vertrag begründet werden kann, betrifft dies in erster Linie den Anspruch auf einen bestimmten Planinhalt. Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, dass § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht nur einen Anspruch auf eine ein bestimmtes Vorhaben ermöglichende oder begünstigende Planung ausschließe, sondern auch einen Anspruch auf ein Planungsverfahren (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 5 S 870/93 -, juris Rn. 40; Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand: September 2010, § 1 Rn. 25 b; Gierke, in: Brügelmann, Kohlhammer-Kommentar zum BauGB, Stand: Februar 2011, § 1 Rn. 214). Soweit diese Ansicht überhaupt begründet wird, beschränkt sich dies auf den Hinweis, dass die Erwägungen, die für die Ablehnung einer Verpflichtung zur Aufstellung eines (bestimmten) Bebauungsplans maßgeblich sind, „konsequenterweise auch die Verneinung eines Anspruchs auf (bloße) Verfahrensdurchführung“ verlangten (vgl. VGH Mannheim, a.a.O.; Gierke, a.a.O.). Wie die Vertragspflicht zu bestimmter Bauleitplanung erscheine auch eine Verpflichtung zur Durchführung eines Verfahrens mit der Existenz der Verfahrensvorschriften über die Bauleitplanung unvereinbar; denn schon die Einleitung eines Bauleitplanverfahrens unterliege dem Prinzip der Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB (vgl. VGH Mannheim, a.a.O.).

Ob dieser Auffassung, die sich ausdrücklich auf die vor Einführung des § 1 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 11. März 1977 - 4 C 45.75 -, juris; Urteil vom 1. Februar 1980 - 4 C 40.77 -, juris; Urteil vom 29. Mai 1981 - 4 C 72.78 -, juris) bezieht, grundsätzlich zu folgen ist, kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls unter den Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls ist eine Ausnahme gerechtfertigt. Hierfür spricht, dass das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Entscheidungen darauf abgestellt hat, dass die Entscheidung über den Erlass (und damit auch über die Änderung) eines Bebauungsplans durch das Bundesbaugesetz (jetzt: Baugesetzbuch) in ein bestimmtes, mit zahlreichen Sicherungen ausgestattetes (Rechtsetzungs-)Verfahren verwiesen werde, um so zu gewährleisten, dass die weitgehend in die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde gestellte Bebauungsplanung den rechtsstaatlichen (Minimal-) Anforderungen einer angemessenen Abwägung und eines hinreichend durchschaubaren Verfahrensganges gerecht wird. Damit lasse sich die Begründung eines diese Regelung notwendig mehr oder weniger unterlaufenden vertraglichen Anspruchs auf Bebauungsplanung nicht vereinbaren (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Februar 1980, a.a.O., Rn. 42; Urteil vom 29. Mai 1981, a.a.O., Rn. 32). Weder die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde noch die rechtsstaatlichen Anforderungen einer angemessenen Abwägung und eines hinreichend durchschaubaren Verfahrensganges werden jedoch beeinträchtigt, wenn sich die Gemeinde in einem Prozessvergleich nicht zu einem bestimmten Planungsergebnis, sondern lediglich zur Einleitung eines ergebnisoffenen Planänderungsverfahrens verpflichtet, das die Möglichkeit zur Behebung von Mängeln des Abwägungsvorgangs eröffnen soll. Ein solches förmliches Verfahren erscheint in besonderem Maße geeignet, den vom Bundesverwaltungsgericht hervorgehobenen Schutzgütern Rechnung zu tragen, da die dann anwendbaren Verfahrensvorschriften des Baugesetzbuchs die Transparenz gewährleisten, eine ordnungsgemäße Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB ermöglicht wird und die Gemeindevertretung als Beschlussorgan hinsichtlich des Ergebnisses der Planung lediglich durch den Rahmen des Abwägungsgebots beschränkt wird. Gerade in der vorliegenden Fallkonstellation, in der geltend gemacht worden war, der im Normenkontrollverfahren angefochtene Bebauungsplan unter beachtlichen Abwägungsfehlern leide, weil abwägungserhebliche Immissionsschutzbelange der Plannachbarn nicht ausreichend berücksichtigt worden, widerspricht eine derartige, in einem Prozessvergleich übernommene Selbstverpflichtung der Gemeinde, ihre Planung im Rahmen eines Planänderungsverfahrens zu überprüfen, entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dem Prinzip der Erforderlichkeit für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB; denn die Gemeinde hat die Erforderlichkeit der Planung im Grundsatz bereits bejaht und auf dieser Grundlage in der konkreten prozessualen Situation die Entscheidung für ein „ergänzendes“ Verfahren getroffen. Auch unter dem Gesichtspunkt der nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten kommunalen Planungshoheit ist kein vernünftiger Grund dafür erkennbar, weshalb es der Gemeinde verwehrt sein soll, die Unwirksamerklärung ihres Bebauungsplans durch das Normenkontrollgericht dadurch zu vermeiden, dass sie sich in einem Vergleich zur Einleitung eines - die erneute Abwägung ermöglichenden - ergebnisoffenen Änderungsverfahrens verpflichtet.

Die in der Klageschrift erwähnte Rechtsprechung, auf die sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung für ihre Gegenauffassung berufen hat, ist im vorliegenden Zusammenhang unergiebig. Dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Dezember 2000 - 4 BN 37.00 -, BauR 2001, 1060 f., ist lediglich zu entnehmen, dass das in § 1 Abs. 3 und 8 BauGB geregelte Gebot, Bauleitpläne aufzustellen, zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass die Gemeinde einen Vertrag über die Durchführung eines Bebauungsplans abgeschlossen hat, und dass auch kein Anspruch auf Nicht-Aufstellung oder Nicht-Änderung eines Bauleitplans besteht. Der - mit unzutreffender Fundstelle (NVwZ-RR 2006, 458 f.) zitierte, aber wohl gemeinte - Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Dezember 2005 - 4 BN 40.05 -, NVwZ 2006, 458, stellt klar, dass § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB es der Gemeinde nicht nur gegenüber einem privaten Dritten, sondern auch gegenüber anderen Gebietskörperschaften verbietet, sich zur Aufstellung oder Nichtaufstellung eines Bebauungsplans zu verpflichten. Im Übrigen wird in dieser Entscheidung ausgeführt, dass sich eine Gemeinde durch ihr nach außen handelndes Organ der Gemeindeverwaltung nicht auf einen Bebauungsplan mit einem bestimmten Inhalt (Hervorh. d. d. Senat) festlegen darf, weil sie dadurch der kommunalrechtlich zuständigen, aus demokratischen Wahlen hervorgegangenen Vertretungskörperschaft das Recht beschnitte, frei und unvoreingenommen darüber zu entscheiden, welche städtebauliche Entwicklung und Ordnung (§ 1 Abs. 3 BauGB) im Gemeindegebiet verwirklicht werden soll (a.a.O., S. 459). Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 1989 - III ZR 88/87 -, DVBl. 1989, 1094, enthält - soweit hier von Interesse - lediglichden Hinweis, dass nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts vertragliche Zusagen einer Gemeinde, einen inhaltlich näher bestimmten (Hervorh. d. d. Senat) Bebauungsplan aufzustellen oder doch zumindest die Aufstellung in Übereinstimmung mit dem Vertragspartner zu fördern, der Wirksamkeit entbehren. Dass sogar bereits die - in einem Prozessvergleich zur Beendigung eines Normenkontrollverfahrens übernommene - Selbstverpflichtung zur Einleitung eines ergebnisoffenen Planänderungsverfahrens wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB unzulässig sein könnte, ergibt sich aus diesen Entscheidungen nicht.

4. Die Klageanträge zu 2. und 3. haben keinen Erfolg, ohne dass die Frage ihrer Zulässigkeit im vorliegenden Verfahren vertieft werden muss. Eine Aufhebung des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2010 - OVG 2 AR 2.10 -, mit dem gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall festgesetzt worden ist, dass sie nicht bis zum 31. Oktober 2010 ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29/2007 „Sportplatz“ entsprechend dem in der nicht öffentlichen Sitzung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 9. Februar 2010 im Normenkontrollverfahren OVG 2 A 25.08 protokollierten Vergleich einleitet und dies gegenüber dem Gericht nachweist, kommt nicht in Betracht, da die Vollstreckung nach den oben stehenden Ausführungen zulässig und der angefochtene Beschluss auch im Übrigen nicht zu beanstanden ist. Eine Nichtigerklärung des Vergleichs vom 9. Februar 2010 - OVG 2 A 25.08 - scheidet aus, da der Vergleich - wie dargelegt - wirksam ist.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Revision kann nicht zugelassen werden, da Revisionszulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

BESCHLUSS

Der Streitwert wird auf 30 000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 52 Abs. 1 GKG. Bei der Volllstreckungsgegenklage bestimmt sich der Wert nach dem zu vollstreckenden Anspruch (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - IV ZB 35/08 -, juris Rn. 13). Der durch den Prozessvergleich vom 9. Februar 2010 begründete Anspruch der Beklagten auf Einleitung eines Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplans Nr. 29-2007 „Sportplatz“ mit dem Ziel einer Prüfung, ob und ggf. auf welche Weise der Gesamtkomplex hinsichtlich der Immissionsbelastung des angrenzenden Wohngebiets gelöst werden kann, ist in entsprechender Anwendung des durch Nr. 9.8.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (veröffentlicht in DVBl. 2004, 1525) eröffneten Rahmens für jeden der Beklagten mit dem Mindestbetrag von 7 500 Euro zu bemessen (vgl. auch den Streitwertbeschluss vom 9. Februar 2010 im Normenkontrollverfahren OVG 2 S 25.08).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).