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Entscheidung 22 Sa 531/12


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 22. Kammer Entscheidungsdatum 27.07.2012
Aktenzeichen 22 Sa 531/12 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 611 Abs 1 BGB

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08. Februar 2012 - 21 Ca 15432/11 – teilweise abgeändert:

Das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verwaltungsangestellte, beginnend ab dem 01.07.2011 im Umfang einer Dreiviertelstelle mit 28,875 Stunden wöchentliche Arbeitszeit mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 14.10.2010 anzunehmen.

II. Von den erstinstanzlichen Kosten haben bei einem Kostenstreitwert von 9.135,00 EUR die Klägerin ¼ und das beklagte Land ¾ zu tragen. Die Kosten der Berufungsinstanz hat – bei einem Streitwert von 6.851,25 EUR – das beklagte Land zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Verpflichtung des beklagten Landes, der Klägerin eine Wiedereinstellung rückwirkend zum 01.07.2011 anzubieten.

Die Klägerin war seit dem 01.01.1989 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10.04.1989 als Verwaltungsangestellte beim beklagten Land im Bereich der Betriebskrankenkasse (BKK Berlin) in mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt, zuletzt in der Vergütungsgruppe V b BAT. Nach der Zusatzvereinbarung vom 26.08.1992 (Bl. 94 d.A.) betrug die Arbeitszeit jeweils drei Viertel eines vollbeschäftigten Angestellten, was 28,875 Wochenstunden entsprach

Der Beklagte machte am 08.08.1995 von der – durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 geschaffenen – Möglichkeit des § 147 Abs. 2 Satz 3 SGB V (in der vom 01.01.1996 bis 31.12.2003 geltenden Fassung) Gebrauch, die weitere Übernahme der Kosten des für die Führung der Geschäfte der BKK B. erforderlichen Personals abzulehnen, mit der Folge, dass diese Personen, soweit sie dem zugestimmt haben, von der BKK zum 01.01.1999 übernommen wurden.

Die Klägerin erhielt, ebenso wie die übrigen hiervon betroffenen Mitarbeiter ein Schreiben des Innensenators vom 20.04.1998, in dem es heißt:

„Vorausgesetzt, dass Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die BKK B. zugestimmt haben, freue ich mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Senat von Berlin Ihnen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin für den Fall der Schließung/Auflösung der BKK B. einräumt.“

Sie unterzeichnete daraufhin am 19.05.1998 den Arbeitsvertrag mit der BKK B. zum 01.01.1999, auf den verwiesen wird (Bl. 49 f. d.A.).

Die seinerzeit zuständigen Gewerkschaften schlossen mit dem beklagten Land am 12.08.1998 eine Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung (im Folgenden: VBSV-BKK), die u.a. regelt:

„§ 2 Übergang der Beschäftigungsverhältnisse und Rückkehrrecht

(2) „Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund des § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK B. übergegangen sind, haben das Recht, im Falle einer Vereinigung (§ 150 SGB V) soweit sie selbst von Personalfreisetzungen im Zuge der Vereinigung betroffen sind, einer Auflösung (§ 152 SGB V) und einer Schließung (§ 153 SGB V) in ein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin zurückzukehren.“

Mit dem Schreiben vom 20.08.1998, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 13 d.A.), teilte der Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

„wie wir Ihnen bereits in unserem Schreiben vom 20.4.1998 mitgeteilt haben, wird Ihnen als Beschäftigte der BKK unter bestimmten Voraussetzungen ein unbefristetes Rückkehrrecht zum Land Berlin gewährt. Dieses Rückkehrrecht ist zwischenzeitlich in einer Vereinbarung, die zwischen den Gewerkschaften ÖTV und DAG und dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Inneres, abgeschlossen wurde, zusätzlich abgesichert und konkretisiert worden. Nunmehr wird auch für den Fall einer Rückkehr zum Land Berlin die bei der BKK verbrachte Zeit vom Land Berlin uneingeschränkt als Dienst- bzw. Beschäftigungszeit berücksichtigt.“

Die BKK B. fusionierte zum 01.01.2004 mit der BKK H. zur C. BKK, woraufhin es zu einem Schriftwechsel zwischen dem beklagten Land und ver.di über die Aufhebung bzw. Beendigung der VBSV-BKK kam. Zur künftigen Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bestätigte der Beklagte mit dem Schreiben vom 21.06.2004 folgende Regelung:

"Scheidet ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach § 147 Abs. 2 SGB V vom Land Berlin auf die BKK B. übergegangen ist, aus dem Arbeitsverhältnis bei der C. BKK aus und wird in unmittelbaren Anschluss daran ein neues Arbeitsverhältnis zum Land Berlin begründet, wird das Land Berlin die bis zum 31.12.2003 bei der BKK Berlin verbrachte Zeit als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O bzw. § 6 BMT-G-O und als Dienstzeit nach § 20 BAT berücksichtigen."

Nach der Fusion der C. BKK mit den Betriebskrankenkassen Ba. und Be. zum 01.01.2005 wurde durch Bescheid des Bundesversicherungsamtes vom 04.05.2011 wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit gemäß §§ 153, 155, 164 SGB V deren Schließung zum 30.06.2011 angeordnet. Im Hinblick darauf berief sich die C. BKK auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, das sie vorsorglich auch kündigte; die hiergegen gerichtete Klage ruht derzeit. Die Klägerin ist aufgrund befristeter Verträge bei der C. BKK i. A. im Rahmen der Abwicklung beschäftigt.

Ihr Rückkehrrecht hat die Klägerin mit dem Schreiben vom 09.05.2011 (Bl. 14 d. A.) geltend gemacht. Das beklagte Land hat mit seinem Schreiben vom 07.06.2011 eine Wiedereinstellung abgelehnt und die Auffassung vertreten, ein Rückkehrrecht habe nur bezogen auf die BKK B. bestanden, die durch die Fusion zur C. BKK geschlossen worden sei, wodurch das Rückkehrrecht verbraucht sei; dies ergebe sich auch daraus, dass die VBSV-BKK übereinstimmend als gegenstandslos betrachtet worden sei.

Nachdem die Klägerin zunächst die Feststellung begehrt hat, dass zwischen ihr und dem beklagten Land ab 01.07.2011 ein Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen des zwischen den Parteien am 10.04.1989 geltenden Arbeitvertrages bestehe und hilfsweise die Verpflichtung des beklagten Landes begehrt hat, ihr ein Arbeitsvertragsangebot zum genannten Zeitpunkt und zu den genannten Bedingungen anzubieten, hat sie erstinstanzlich zuletzt – unter Rücknahme der Klage u.a. zur Anrechnung von Beschäftigungszeiten – beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verwaltungsangestellte beginnend ab dem 01.07.2011 in Vollzeittätigkeit mit Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 nach Maßgabe des Tarifvertrags zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder vom 14.10.2010 anzunehmen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit dem am 08.02.2012 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird (Bl. 71 bis 74 d.A.) den zuletzt gestellten Klageantrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe jedenfalls keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses in Vollzeit.

Gegen dieses ihr am 21.02.2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit dem am 16.03.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Frist bis zum 21.05.2012 – am 16.05.2012 begründet.

Die Klägerin vertritt – weiterhin – die Auffassung, dass ihr ein Rückkehrrecht zu den zum Zeitpunkt der Zusage geltenden Arbeitsbedingungen zustehe. Dieser Anspruch sei weder durch die Fusion zur C. BKK verbraucht worden noch untergegangen oder verjährt und beziehe sich auch auf die Schließung der Rechtsnachfolgerin der BKK B..

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.02.2012 – 21 Ca 15432/11 – teilweise abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, ihr Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verwaltungsangestellte, beginnend ab dem 01.07.2011 im Umfang einer Dreiviertelstelle mit 28,875 Stunden wöchentliche Arbeitszeit mit einer Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (Angleichungstarifvertrag Land Berlin) vom 14.10.2010 anzunehmen,

hilfsweise

festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihr Angebot vom 09.05.2011 auf Abschluss eines Arbeitsvertrages als Verwaltungsangestellter, beginnend mit dem 01.01.2013 im Umfang einer Dreiviertelstelle mit einer Vergütung nach Entgeltgruppe 9 nach Maßgabe des Tarifvertrages zur Angleichung des Tarifrechts des Landes Berlin an das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (Angleichungstarifvertrag Land Berlin) vom 14.10.2010 anzunehmen

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und den Hilfsantrag abzuweisen.

Der Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, angesichts des klaren Wortlauts sei eine Auslegung, wie sie vom Arbeitsgericht vorgenommen wurde, nicht möglich. Ein abweichender Parteiwille sei bei Vertragsschluss nicht vorhanden gewesen. Im Übrigen habe der Begriff der Schließung auch den Fall einer Schließung aufgrund einer Fusion erfasst, der dem Kläger als Angestelltem einer Betriebskrankenkasse bekannt gewesen sei. Die Rückkehrzusage auch auf den Fall der Schließung eines Rechtsnachfolgers zu erstrecken, wäre mit einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko verbunden gewesen und hätte dem Ziel der „Vereinbarung über den Umgang mit der Personalüberhangsituation zur Beschäftigungssicherung“ vom 29.05.1997 widersprochen. Die Klägerin habe durch ihre Zustimmung zum Wechsel eine Zuweisung zum Personalüberhang vermeiden, in seinem bisherigen Bereich weiter tätig sein und eine wesentlich höhere Vergütung erzielen können, so dass über den Wortlaut hinaus aus Sinn und Zweck der Zusage keine weitergehende Verpflichtung abgeleitet werden könne.

Im Übrigen vertritt er die Auffassung, einem Rückkehrrecht stehe die nicht feststehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der C. BKK i. A. bzw. die befristete Weiterbeschäftigung entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG zulässige Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 518, 519 Abs. 1 und 3 ZPO.

2. In der Sache hat die Berufung der Klägerin Erfolg, da die Klage mit ihrem Hauptantrag in dem zuletzt noch aufrecht erhaltenen Umfang zulässig und begründet ist. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages zum 01.07.2011 zu den genannten Bedingungen im Umfang einer Dreiviertelstelle.

2.1 Die Klage ist zulässig.

2.1.1 Sie ist auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet, die nach § 894 ZPO mit Rechtskraft des Urteils fingiert wird. Die Klägerin hat mit ihrer umgestellten Klage, wie dies bei einer sogenannten Wiedereinstellungsklage üblicherweise der Fall ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.10.2011 – 7 AZR 743/10 – juris), die Annahme ihres Angebots vom 09.05.2011 gefordert. Dieses bezog sich von Anfang an auf die zum Zeitpunkt der Rückkehrzusage geltenden Arbeitsbedingungen.

2.1.2 Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt, da er die wesentlichen Vertragsbedingungen enthält (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 19.10.2011, a.a.O. Rn 18 ff.). Mit dem in der Berufungsinstanz geänderten Antrag hat sie nur noch eine Beschäftigung in Teilzeit mit einer Dreiviertelstelle verlangt.

2.1.3 Dass mit dem Klageantrag eine rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses begehrt wird, steht der Zulässigkeit unter dem Aspekt einer unmöglichen Leistung nicht entgegen. Seit Inkrafttreten des § 311 a Abs. 1 BGB i. d. F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26.11.2001 (BGBl I S. 3138) kommt auch eine Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder -begründung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Zwar ist nach § 275 Abs. 1 BGB der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311 a BGB jedoch klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann (BAG, Urteil vom 19.10.2011 – 7 AZR 743/10 – juris, Rn 24 f., m. w. N.).

2.2 Die Klage ist mit dem – beschränkten – Hauptantrag begründet. Die Klägerin kann vom beklagten Land den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu den genannten Bedingungen verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus der vertraglichen Vereinbarung, die durch das Angebot des Beklagten vom 20.04.1998, das wegen seiner ausschließlich günstigen Wirkung der Erklärung einer Annahme durch die Klägerin gemäß § 151 Satz 1 BGB nicht bedurfte, zustande gekommen ist.

2.2.1 Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Wirksamkeit des Vertrages die fehlende Schriftform, §§ 125 Satz 1, 126 Abs. 2 Satz 1 BGB, nicht entgegen.

Bei diesem eine Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrages beinhaltenden Vertrag – Vorvertrag – handelt es sich nicht um eine Nebenabrede im Sinne des seinerzeit geltenden § 4 Abs. 2 BAT. Er betrifft die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bzw. deren Begründung. Diese Konstellation ist nicht mit derjenigen aus dem vom Beklagten herangezogenen Urteil des Bundesarbeitsgericht (vom 25.10.2007 – 8 AZR 989/06) vergleichbar, in dem aus § 242 BGB eine Nebenpflicht des Arbeitgebers auf Wiedereinstellung abgeleitet wurde, wenn es nach Ausspruch der Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsschließung zu einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB kommt. Abgesehen davon, dass mit der Einordnung als Nebenpflicht nicht die Klassifizierung als Nebenabrede verbunden ist, ist die Wiedereinstellungspflicht vorliegend selbst Gegenstand des Vertrages.

2.2.2 Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den vertraglichen Wiedereinstellungsanspruch liegen vor. Die Vereinbarung ist dahingehend auszulegen, dass sie nicht auf den Fall der Schließung der BKK B. beschränkt ist, sondern auch den Fall der Schließung einer Betriebskrankenkasse nach § 153 SGB V erfasst, die durch eine freiwillige Vereinigung gemäß § 150 SGB V als Rechtsnachfolgerin entstanden ist.

2.2.2.1 Dem beklagten Land ist zuzugeben, dass nach dem reinen Wortlaut des Schreibens vom 20.04.1998 nur an die Schließung der BKK B. angeknüpft wird; die Problematik einer Rechtsnachfolge ist nicht ausdrücklich angesprochen. Dies schließt jedoch entgegen der Auffassung des Beklagten eine Auslegung nach §§ 157, 133 BGB nicht aus.

Hiernach sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Ausgehend vom objektiven Wortlaut ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung hatte und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war. Die Auslegung inhaltsgleich gegenüber einer Vielzahl von Arbeitnehmern abgegebenen typischen Erklärungen hat nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so zu erfolgen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG, Urteil vom 20.05.2008 – 9 AZR 271/07 – juris).

2.2.2.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend die Auslegung, dass der Fall der Schließung der C. BKK von der Rückkehrzusage bzw. -vereinbarung erfasst ist.

2.2.2.2.1 Hierfür spricht bereits, dass das Schreiben vom 20.04.1998 die Fälle der Auflösung, § 152 SGB V, und der Schließung, § 153 SGB V, nennt, nicht jedoch den Fall der freiwilligen Vereinigung mehrer Betriebskrankenkassen, § 150 SGB V.

Dass über den Verweis auf § 144 Abs. 4 SGB V in § 150 Abs. 2 Satz 1 SGB V rechtliche Folge einer Fusion die Schließung der bisherigen Betriebskrankenkassen ist, führt entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht dazu, dass diese Form der Schließung vom Wortlaut der vertraglichen Regelung erfasst sein soll. § 144 Abs. 4 SGB V enthält eine gesetzliche Fiktion; durch die Vereinigung entsteht eine neue BKK, die bisherigen „sind geschlossen“. Mit einer Fusion ist nicht – anders als im Fall einer Auflösung oder Schließung – die Betriebseinstellung verbunden, die einen Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge hat bzw. haben kann. Vielmehr soll durch eine Vereinigung von Betriebskrankenkassen ebenso wie bei Ortskrankenkassen eine größere und leistungsfähigere Kasse begründet werden, die auch den Erhalt der Arbeitsplätze sichert. Ein Grund, ein Rückkehrrecht auch für den Fall einer Vereinigung – unabhängig von einem möglichen Arbeitsplatzverlust – vorzusehen, ist nicht ersichtlich.

Dass das beklagte Land entgegen seinen nunmehrigen Ausführungen seinerzeit den Fall der freiwilligen Vereinbarung bei seiner Erklärung nicht einbeziehen wollte, wird dadurch bestätigt, dass es in seinem Schreiben vom 20.08.1998 die VBSV BKK als zusätzliche Absicherung und Konkretisierung des Rückkehrrechts bezeichnete. Die dort enthaltene Regelung zu einem Rückkehrrecht bei einer freiwilligen Vereinigung, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin von einer „Personalfreisetzung“ im Zusammenhang mit der Fusion betroffen ist, würde sich andernfalls als Beschränkung der vertraglichen Wiedereinstellungszusage aus Anlass einer Fusion darstellen. Jedenfalls hätte der Beklagte einen eventuell hiervon abweichenden Willen deutlich machen müssen.

Die Klägerin und die übrigen Empfänger der Erklärung vom 20.04.1998, denen die sozialrechtlichen Regelungen zu Betriebskrankenkassen, wie das beklagte Land betont, bekannt sein müssten, konnten deshalb davon ausgehen, dass mit der erwähnten Schließung nur diejenige nach § 153 SGB V gemeint war und die VBSV-BKK das Rückkehrrecht für den Fall von durch eine freiwillige Vereinigung veranlasste rationalisierungsbedingte Entlassungen erweitern sollte.

2.2.2.2.2 Wenn hiernach die „Schließung“ der BKK B. durch die Fusion zur C. BKK als solche kein Rückkehrrecht ausgelöst hat und auslösen sollte, ergibt die weite Auslegung, dass ein Wiedereinstellungsanspruch auch bei der Schließung (nach § 153 SGB V) einer Rechtsnachfolgerin der BKK B., also der C. BKK bestehen sollte.

Hierfür spricht bereits die Verwendung des Begriffs „unbefristet“. Es ist sicher zutreffend, dass diesem Begriff zunächst nur eine zeitliche Komponente innewohnt. Die Vereinbarung eines unbefristeten Rückkehrrechts wäre jedoch überflüssig – durch das Fehlen einer Befristungsregelung gilt die Vereinbarung unbefristet –, wenn ihr nicht noch ein weiterer Inhalt zukommt. Die von der BKK B. übernommenen Arbeitnehmer und Dienstordnungsangestellten sollten nachhaltig bei einem schließungs- oder auflösungsbedingten Arbeitsplatzverlust gesichert werden. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn es zu einer solchen Maßnahme nach §§ 152, 153 SGB V erst bei einem Rechtsnachfolger der BKK B. kommt.

Erfolglos wendet der Beklagte insoweit ein, er habe ein solches finanziell nicht kalkulierbares Risiko nicht eingehen wollen, da mit einer freiwilligen Vereinigung der BKK B. mit einer anderen Betriebskrankenkasse seine Einflussnahmemöglichkeiten erheblich reduziert worden seien.

Nicht nachvollziehbar ist bei dieser Argumentation bereits die angeführte Unkalkulierbarkeit des finanziellen Risikos. Bezogen auf möglicherweise wieder zu übernehmendes Personal stand das finanzielle Risiko fest und wurde mit zunehmender Zeit vermindert, da die Anzahl der Mitarbeiter, denen eine Rückkehr zugesagt worden ist, bekannt war und ein Teil hiervon durch Erreichen der Altersgrenze oder andere Umstände im Lauf der Zeit aus dem Arbeitsverhältnis mit der BKK B. oder ihrer Rechtsnachfolgerin ausscheiden würden,– durch das Hinzukommen weiterer Arbeitnehmer von anderen Betriebskrankenkassen, die an der Fusion beteiligt waren, erhöht sich das Risiko nicht.

Eine Risikoerhöhung ergibt sich auch nicht allein aus einer Fusion, die doch gerade das Ziel einer wirtschaftlichen Stärkung der Kasse verfolgt. Ein Verlust an Einflussnahme durch eine freiwillige Vereinigung ist nicht ersichtlich. Maßgeblichen Einfluss hatte das beklagte Land bereits mit der Ausgliederung der BKK aus der Senatsinnenverwaltung aufgegeben. Die verbleibenden Einwirkungsmöglichkeiten über Aufsichtsratsmitglieder und aufsichtsrechtliche Kompetenzen, wie etwa der Zustimmungsbedürftigkeit einer Fusion, haben sich durch eine Vereinigung zur C. BKK (und der C. BKK nach Vereinigung mit den weiteren Betriebskrankenkassen) nicht wesentlich verändert.

Insoweit ist der vorliegende Fall auch nicht mit dem der vom Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14.01.2004 – 7 AZR 311/03) vergleichbar, weil dort das vereinbarte Wiedereintrittsrecht dadurch obsolet geworden ist, dass das Tochterunternehmen, zu dem der dortige Kläger gewechselt war, auf das bisherige Mutterunternehmen aufgeschmolzen worden ist, so dass das Arbeitsverhältnis ohnehin wieder auf den bisherigen Arbeitgeber übergegangen war.

2.2.2.2.3 Entgegen der Auffassung des beklagten Landes gebietet auch die Vereinbarung über den Umgang mit der Personalüberhangsituation zur Beschäftigungssicherung keine einschränkende Auslegung der Wiedereinstellungszusage. Diese Vereinbarung enthält lediglich eine Selbstverpflichtung von Personalvertretung und Tarifparteien, anlässlich eines Trägerwechsels die Forderung nach Vereinbarung eines Rückkehrrechts nur im zwingenden Ausnahmefall in Verhandlungen zu erheben. Dagegen geht es vorliegend um eine vom beklagten Land ohne kollektivrechtliche Grundlage abgegebene Zusage, die Gegenstand einer einzelvertraglichen Regelung geworden ist. Der Beklagte sah sich offenbar angesichts der wirtschaftlichen Situation der BKK B. im Jahr 1998 veranlasst, möglichst viele Mitarbeiter zu einer Zustimmung zum Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zu bewegen. Dass die höhere Vergütung allein Motivation genug gewesen sei, das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land freiwillig aufzugeben, erscheint nicht schlüssig. Hätte der Beklagte die Situation seinerzeit so eingeschätzt, wäre es zu den Zusagen nicht gekommen.

2.2.3 Der sich hiernach ergebende Wiedereinstellungsanspruch der Klägerin wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der C. BKK noch nicht rechtskräftig feststeht. Es steht fest, dass aufgrund der Schließung der Kasse ihr bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist.

Ein durch die Schließung der Kasse begründeter Wiedereinstellungsanspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn noch ein Arbeitsverhältnis mit der C. BKK bestehen sollte bzw. solange noch ein befristeter Arbeitsvertrag mit der C. BKK i. A. besteht. Eine Arbeitslosigkeit ist keine Tatbestandsvoraussetzung für den Wiedereinstellungsanspruch. Ebenso wenig hindert das Bestehen eines weiteren Arbeitsvertrages die Begründung eines weiteren Arbeitsverhältnisses für möglicherweise überlappende Zeiträume. Dies kann allenfalls vergütungsrechtliche Auswirkungen zur Folge haben.

Auf den hierzu gestellten Hilfsantrag der Klägerin kommt es demnach nicht an; er fällt nicht zur Entscheidung an.

2.2.4 Die Bedingungen, zu denen das Arbeitsverhältnis wieder begründet werden soll, sind, nachdem die Klägerin eine Vollzeittätigkeit nicht mehr geltend gemacht hat, unstreitig. Auf die Berufung der Klägerin war die erstinstanzliche Entscheidung insoweit abzuändern.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.